Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, August 12, 1897, Page 2, Image 2
2 Ale Schwestern. Erzählung vo, E. M. Bocano. Die alte Skeghvferin im Triisen graben saß in der Stube am Fenster brett und flickte ihre alte schilleeseident Sonntagsjacke. Die Steghoferischen. mit dem Wildschützen!" Da warf die Mirzl einen ganz son derbaren, fast zornigen, dunklen, er sagte: „Was ist denn das? Ich mir scheint. Du weißt gar nicht, daß ich und der Jägerkarl Liebesleute sind, daß Alles richtig gemacht worden ist „Wie sollt' ich das nicht wissen?" sagte die Sopherl blutroth im Gesicht und fast trotzig. „Und was soll's denn ?run weiter?" „Nichts soll's weiter, als daß ich qlaub'. Du bist auch ganz vernarrt in Juchzer. Und wer war's? Der Jägerkarl war's, und der war aus das ausgeschichte Holz am Hasse ge sprungen und rief: „Mädeln, seid's da? Ich hab' Euch was zu sagen." Die Beiden waren im Nu an Gc nnd die Mirzl rief: „Was hast uns denn zu sagen?" Da rief der Jäger: „Gar nichts, als daß Ihr die zwei hübschesten Dirndle seid im ganzen Traisengraben! Und und ein „Psiatgott" auch, weil ich viel leicht zur alten Mahm in's „Drentere" hinübergeh' und ein paar Tag' aus paar frische Edelweiß für Li.h, Mirzl heut in aller Früh erst ge brockt für Dich eigens für Dich am Hochkogl oben, damit Du an mich denkst, und Juchu!" jauchzte er lachend auf, als ob er wer weiß wie lustig wäre, und herunter war er vom „Jesus Maria!" rief dieMirzl plötz lich, ihm nachstarrend, und all das Lä cheln war auf einmal erloschen. „Der kommt mit dem Paschernaz zusam men! Was hätt' er mir denn sonst das Edelweiß gebracht und vom Ausblei „Das ist wahr! Das ist wahr!" rief die Sopherl, ebenso bleich wie die Mirzl, und fügte bei mit zitternder Stimme: „Ich Halt's nit aus, und und wenn sie mich mit eisernen Ketten halten würden. Thu' was Du willst, Mirzl, ich laus' ihm nach, über Stock und Stein, bis ich ihn hab' " „Sopherl, Du bist doch verliebt in meinen Buben!" rief die Mirzl, und ihr Zorn wollte wieder aufflammen, Aber die Sopherl war schon über die Holzgallerie herunter und lief den Waldweg entlang, und die Mirzl Es dauerte wohl stundenlang, bis die beiden Mädel eine Spur vom Jä gerkarl entdeckten. Und die Sonne war bereits im Sinken, da kamen sie an eine Lichtung im Hochplateau und von dieser Lichtung her trat der Jägerkarl zwischen den Bäumen her vor und blieb überrascht stehen beim Anblick der beiden Mädchen. Beide schrieen auf, als sie den Jäger gesund und wohl erblickten: die Mirzl ju belnd. erleichtert, und sie fiel ihm um den Hals. „Karl, Du lebst!" schrie sie auf. „Ja, woher weißt Du denn .. „Daß Du mit dem Wildernaz hast zusammenkommen wollen? Das hab' ich Dir ang'seh'n. Karl, zu was hätt' ich Dich denn sonst lieb wie mein eige nes Leben?" „Es ist Alles ehrlich zugegangen!" rief der Jäger ernst. „Und wo ist der Naz?" schrie nun die Sopherl grell auf. „Der liegt da drin in der Lichtung, und der Hegerbub ist bei ihm. Der hat gcseh'n, daß der Naz zuerst auf mich g'fchossen hat, aus die Bäum' heraus. Ich geh' jetzt die Sach' an zeigen! Ich hab' in's Blinde den Schuß erwidert aber er ist ihm mitten durchs Hirn gegangen." „Todt! Jesus Maria!" kreischte die Sopherl auf. „Und er war mein Liebster !" Damit schlug sie grad zu Boden, wie in's Herz getroffen. AufderGallerie. Einer vom Land (zu seinem Nachbarn: „Ist dö Oper, was sie heunt spielen, von Wagner?" Commis: „Ich weiß nicht." (Nach einer Pause.) Commis: „Wie spät ist es?" Der vom Land: „Halb zwölf!" Commis: „Dann ist sie von Wagner!" Resignation. „Was hat Dir der Verleger für Deine Gedichte geboten?" „Zehn Mark." „Das ist «ine Beleidigung! Was hast Du ihm darauf geantwortet?" „Ich habe die Äeleidigung ruhig eingesteckt!" Steve's erste Leistung. In dem Städtchen Dixon, 40 Mei- Bursche, der kleitzig in der Schule ge lernt hatte und dessen höchster Wunsch .es war, Reporter einer angesehenen Zeitung zu werden. Leider hatte sein Ehrgeiz wenig Aussicht auf Befriedi gung, denn in Dixon gab es mir ein kleines Wochenblättch«n, dessen Redac teur zugleich „der Man» für Alles" und an dem nicht viel Ruhm zu ver dienen war. Aber seit Steve letztes Frühjahr die Schule verlassen, hatte er sich doch mit Erfolg dieser Zeitung nützlich zu machen verstanden, und Verhältniß mit der aufgewandten Mühe stand. Steve aber wollte, wie gesagt, höher hinaus, und sein glühen- Steve kam gerade zurecht, um die Ankunft der Rettungszüge zu beob achten, was ihn bei seinem Reporter instincte sehr interessirte. Plötzlich be merkte er, wie ein junger Mann, ein Fremder, mit dem Telegraphisten der Bahnstation sprach. „Also gar keine Möglichkeit, auch nur einige Wort« fragen.' hier und Bronxville durch mehrere tiefe Schluchten, wo der Draht jedenfalls an Dutzenden vonStellen zerrissen ist." eine andcreWeise meinem Blatte Nach richt von dem Unfall schicken?" betonte der Fremde. Der Telegraphist zuckte die Achseln bedauernd. „Wüßte nicht wie," sagt« ab, steckte sich eine Cigarre an und setzte sich auf eine Bank in der Näh«. Steve erkundigte sich bei dem Tele in Chicago, sei und sich zufällig aus Selbstverständlich sei es sein Wunsch, seiner Zeitung eine genaueSchilderung blitzte sein Auge auf und er trat be scheiden an Herrn Maxwell heran. „Sie möchten gern Ihren Bericht dere mürrisch. „Aber es scheint, es soll nicht sein. Weißt Du vielleicht einen Ausweg, mein Junge?" schen mit den hellen Augen und ge scheidtem Gesicht gespannt ansah. „Ich bin «in guter Schlittschuhläu fer ich glaube der beste in Dixon und Umgegend," sprach Steve. „Ich würde versuchen, quer über dieser Bucht des SeeS nach Cedar Grove zu lausen, und dort könnte ich die Depe rissen ist." b " ' Herr Maxwell indem er Steve beifällig auf die Schulter klopfk. „Wenn Du Dich getraust, d«n Versuch zu machen, so soll es Dein Schaden nicht sein. Wann kannst Du gehen?" «iner halben Stunde, sobald ich habe." meinen Bericht schreiben, den Du dann abholen kannst," rief ihm Herr Max well noch nach, denn der lebhasleKnabe Pünktlich zur festgesetzten Zeit trat Bucht an, die Blätter beschriebenes Papier sorgfältig in der Brusttasche seines Pea Jacket verwahrt. Denn gefahrvoll war sie. Zwar waren es nur knappe 10 Meilen bis nach Cedar Grove, aber da der Knabe wußte, daß Umwege wählen müssen, und bei dem ungewissen Schein des Mondes, denn der Himmel ivar leicht bewölkt, erfor derte das schon große Umsicht und schnellen Blick, damit er nicht aus dünne Eisschichten gerathe. Einbre chen mitten ans dem See, zur Nacht zeit, ohne jedweden menschlichen Bei stand in der Näh«, bedeutete sicheren Tod, das wußte er. Aber frohen Mu thes brach er auf, und nachdem er am Ufer seine Schlittschuhe angeschnallt hatte, glitt er pfeilgeschwind Über die glatte Fläche. Die erstell 6 Meilen legte er ohne irgendwelchen Zwischenfall zurück, denn er konnte sich in der Nähe des Ufers Halter, wo das Eis fest und hart war. Aber dann begannen die Schwie zu gelange», mußte er entweder dem Ufer bis zum Ende folgen, was «inen großen Umw«g und «inen Bogen von mindestens weiteren 8 Meilen erfordert hätte, oder er mußte jetzt diagonal über den Seearm laufen, was eine Erspar mß von mindestens einer halben Stunde wäre. Verzögerte sich sein« Ankunft in C«dar Grove durch den Umweg, so war es zweisell>aft, ob er das Telegraphenamt noch offen finde» würde, und alle feine Mühe wäre dann „Ach was/'redete Steve sich^selbst doch nicht erwehren, als er die mäch tige, unabsehbare Eisfläche vor sich liegen sah, die er nun durchkreuzen wollte. Der Mond gab nur ganz we nig Licht, aber den hellgrünen Schim mer des Eises konnte er doch deutlich erkennen. Und pfeilschnell fuhr er dahin; er hatte jetzt den Wind, der ihm bis dahin von rechts her mit ziemlicher Schärfe in's Gesicht geblasen hatte, di rect im Rücken, wodurch sich sein Lauf bedeutend verfchnellerte. geglitten war, mochte er in der Mitte der Bucht sein. Dort, das wußte er, war das Eis am dünnsten, und er sandte «inen Stoßseufzer zum Him mel. daß alles gut ablaufen möge. Deutlich fühlte er unter dem Gewichte seines Körpers die Eisschaale, auf der er sich jetzt befand, hin und herschwan ken. Wellenförmig bog sich das Eis unter ihm. Das war ein sehr unbe hagliches Gefühl, und der kluge Junge beschleunigte daher seinen Lauf bis zur äußerilen Anstrengung. Er wußte, daß darin seine einzig« Rettung lag. Ader da hört« er, gerade hinter sich, auf dem Eise, welches er >v«ben blitz schnell durcheilt, ein Knacken. Die Eisdecke barst. Wenn es vor ihm ge schehen sollte, so war er verloren, ret tungslos verloren. Und Steve s log später sah er, dort in weiter Ferne, die Lichter von Cedar Grove ausleuchten. Das Eis unter ihm war viel starker geworden. Und nun hatte er den Lan dungsplatz der Dampser erreicht, setzte sich hin, schnallte rasch die Schlitt schuhe ab und folgte dem halbverweh ten Pfade, der durch den Schne« nach fort den Inhalt zu senden. „Bist Du vom „Universe" Z" srug er. „Heute Nacht bin ichs, ja," ant wortete Steve stolz. Dann horcht« «r mit Bergnügen aus das Ticken des Instruments, das die lange Depesche an daS große Blatt in Chicago übermittelte. Und er streckte behaglich sein« etivas Wunden Glieder er, er wieder warm geworden, das Zimmer verlassen, indem er seine Schlittschuhe über die Schulter warf, da rief ihm der Telegraphist zu: „He, wollen wissen, wie Du die Depesche 500 Worte sollen'? sein." Steve stand still und «in Gefühl des Chance, nach der er sich so lange schon gesehnt. Aber würde er die SOO Worte „Universe" wollt«? Gleichviel, er muhte «s v«rsuchen. So setzte er sich wieder hin und treuen Bericht über seine Schlittschuh fahrt b«i Nacht üb«r den dünnen Ei«> Mantel des SeeS. Ganz einfach, dann unterschrieb «r'i und fügte sein« bei für möglich« Fälle. Der Telegraphist lächelte, als er ihm die beschriebenen Blätter übergab, aber er lächelte wohlwollend und ermuthi auch er. Und dann trat Steve Blattner wie der seine Heimfahrt an über den See. vom Chefredakteur des „Universe". Es lag «in Check dabei. Aber der Check freute den braven Burschen we unten aus natürlich. Mit §lO für Praxis undArau. „Nee, weißt Du Alter das Kopf sagte Albert Keller seines Zeichens ter. „Sprich Dich mal aus! Discre- Nr. iue><l. et ekir. Fritz Wolter, Uef W t ' nicht, das kannst Du Dir denken —!" „Ach was", unterbrach ihn Kel ler lebhaft, „wird in den meisten Fäl- Keller riß die Augen unnatürlich weit auf. „Ich sehe!" sagte er. „Gut", entgegnete sein Freund, „siehst Du dann auch dort an dem mittleren Fenster den alten Herrn sitzen?" Rath Walther zu schaffen?!" Bater meines Schicksals, wie Du willst!" tönte es dumpf zurück. „Jetzt weiß ich nicht, hat er „Schicksei" oder „Schicksal" gesagt", murmelte Keller vor sich hin. „Du bist kostbar!" lachte er dann, „so sieht also ein Schicksal aus etwas unra sirt, Hauskäppchen, Schlafrock, ganz gemüthliches Exemplar, finde ich!" „Ach, lache auch noch!" rief Wolter ärgerlich „dieser Rath ist ein ganz ab scheulich hartnäckiger Kerl! Wie der zu „Ah pfeift der Wind aus dem Loch!" dachte Killer und fließ einen kurzen Pfiff aus. „So, so." sagte er, „die hübsche Grethe kennst Du auch schon?!" „Schon lange!" sagte der Doktor und nahm wieder Platz. Als ich mich damals zum Examen vorbereitete, war sie gerade in Tübingen bei einer Tante zu Besuch. „Na, und weißt Du, da waren wir zusammen auf ein paar Bällen und dann gab's so nette kleine Tanzereien, und und " „Na ja, und so weiter, und so wei ter!" sagte Keller verständnißvoll. „Und so weiter, ganz richtig!" wie holte sein Freund. „Nachdem ich dann mit allem fer tig war. ließ ich mich getrost hier nie der, hatte auch das Glück, den alten Herrn im „Adler" kennen zu lernen, ich durste mich sogar an seinen Stammtisch setzen! Hierauf machte ich dann Besuch, wurde eingeladen, kurz und gut alles klappte! " „Und die Grethe?" schaltete Keller ein. „Ach. Grethe ist einzig! Einmal, denk', überraschte ich sie am Herd, wie sie Apselküchlein buck herrlich!" „Was? die Küchlein? oder —?" „Sei doch nicht so fad!" rief Wolter böse. „Na also das Mädchen war mir sicher ist's noch! aber der Alte! Ich geh- beklommenen Herzens hin, feierliches Schwarz hüllt mich ei», dazu pikseine helle Handschuhe. Lackstiefel, ich sah gar nicht schlecht aus. weißt Du! Wie der Alte mich so sieht, macht er schon ein mißtraui sches Gesicht, zieht die Nase wie ein Jagdhund, wenn er Witterung hat." „Hahaha!" lachte Keller. „Ich bitte also ergebenst um die Hand der Fräulein Tochter, setze zu seiner Beruhigung meine Familien- und Geldverhältnisse auseinander und „Na, und der Alte?" „Dankt verbindlichst für die Ehre! —" „Mein lieber, junger Freund", sagte nett, aber es vergnügt mir nicht! Se- j hen Sie, ich sitze Tag für Tag von morgens acht bis zwölf Uhr und wie der von zwei bis sechs Uhr an diesem Fenster, da sehe ich dann Alles, nur ein kleines Mädchen mit seiner Mutte' leiJhnei war und neulich noch eine alte Dame, die aber jetzt gestorben ist " „Sehr gut!" lachte Keller. „Hausarzt", fuhr der Doktor in sei ner Wiedererzählung fort, „sind Sie Häberle und weder der, noch seine Frau ist je krank! Mein lieber, jun ger Freund, wir wollen uns wieder sprechen, wenn JhrePraxis etwas grö ßer geworden ist, nichts für un gut!" Und dann frug er mich ganz harmlos, ob ich zum Abendschoppen käme!" „Der ist gut, der Alte, kann so blei ben!" meinte Keller belustigt, „wie lange ist denn das schon her?" „Vier Wochen!" seufzte Wolter. „Hm, das muß anders werden, Fritze!" rief sein Freund. „Sei mal ruhig! Hier muß es doch einen Aus „Ausweg! Jawohl! Patienten! mich wie die Pest zu fliehen! Ich kann doch keinen Hausknecht anstellen, der die Leute statt zum Haus hinaus-, in dasselbe hineinwirst!" „Nee, nicht gut, aber Du könntest vielleicht einen Mann miethen, der etwa bei Gedränge oder Glatteis die Leute anrempelt sie salken hin, schimpfen, stöhnen, eben dieser Mann richtet sie auch wieder auf, schleppt sie trotz allen Widerstrebens zu Dir, wo Du sie auf Hals-, Arm- oder Beinbruch hin untersuchst macht dann zehn Mark!" „Du bist verrückt!" brummte der Doktor und stützte sein sorgenbelastetes „Weißt Du", sagte Keller, „darüber muß ich ungestört nachdenken, mein Hirn arbeitet ietzt schon rasend! Sei überzeugt, einen Ausweg, wozu wäre ich denn Schriststeller, des sen Beruf es ist, Conflicte herbeizu führen und sein säuberlich wieder zu lösen, wobei dann die Geschichte alle mal mit einer Verlobung ausgeht, das ist meine Force! Na, adieu, sei ein Mann und raffe Dich auf!" „Der hat gut schwätzen!" murmelte Wolter ihm nach. Es war einige Tage später, und der Herr Rath Walther saß schon über eine Stunde mit einem unbeschreiblich er staunten Gesicht in seinem Lehnstuhl am Fenster und hielt die Zeitung ver kehrt m der Hand. „Nummero drei!" schrie er plötzlich und fuhr von seinem Sitz auf, „ja, was ist denn da drüben los?! Viel leicht geht die zur Posträthin ei, der Kuckuck, sie tritt in's War tezimmer ! Grethe, Grethe!" brüllte er. „hört denn das Mädel nicht, Greee the!" „Ja, Papa, was ist denn?" rief sei ne Tochter und strich eilig die blonden, etwas aufgegangenen Löckchen aus dem vom Küchenfeuer erhitzten Gesicht, „was ist denn nur geschehen?" „Um 9 Uhr kam die erste, um halb 10 Uhr die zweite und nun ging gerade die dritte zu ihm !" „Ja was denn, wo denn?" frug Grethe und trat mit dem Finger hin ter deutete nur mit dem Finger hin über. „Ach!" stammelte Grethe, plötz lich noch röther werdend, „Patien ten! ! Da kommt eine wieder heraus! Zu dumm, man kann wegen dem Schleier nicht sehen, wer's ist", sagte sie ärgerlich. ~'Ne feine Dame ist's", meinte der Rath. „Sieh! da zieht die zweite ge rade ihren Mantel an, die letzte ist bei ihm drin." „Zu dumm!" seufzte Grethe, „auch die ist verschleiert!" Nach einer Vier telstunde erschien die dritte, aber ohne „Scheuleder", wie der Rath sich aus drückte. „Ein nettes junges Ding, was mag der wohl fehlen?" sagte er mitleidig. Außer zwei Arbeitern kam an dem Tag niemand mehr. „Na, was sagst Du nun dazu?" frug der Rath seine Tochter beim Abendessen. „Ich?" sagte diese und legte die Ga bel fort, „ich habe es gar nicht anders erwartet, einmal mußten sie doch kommen! Ich begreife überhaupt nicht, wie man nur den alten häßlichen Me dicinalrath haben mag! Emmy sagte neulich, er hätte ihren Papa ganz falsch behandelt vorigen Winter." „Emmy ist 'ne Gans!" rief der Rath. „Und die zwei andern Aerzte hier sind auch nicht viel be„er", fuhr Gre the kaltblütig fort, „der Dr. Messner soll ja erst auf einen Stuhl steigen müssen, um sich die Zunge seiner Kranken besehen zu können, und der dicke Dr. Hartwig rieche ganz schreck lich nach Bier und Tabak, hörte ich „Da bliebe für die leidende Mensch heit also nur noch Dr. Wolter übrig?" lachte der Rath belustigt, „nun. mir Kurz nach diesem Gespräch begaben sie sich zur Ruhe, sie gingen beide früh schlafen. Plötzlich, es mochte schon elf Uhr sein, wurden sie durch das schrille Läu ten der Hausglocke ausgeschreckt. „Zum Kuckuck, was ist denn das!" rief der Rath, als das Läuten noch stürmischer wiederholt wurde „vielleicht 'ne Depe sche!" Hastig fuhr er in seinen Schlaf rock und rannte an das Fenster. Un ten stand ein Mann und brüllte, als er ihn sah. in die Höhe: »Der Herr Dok- den!" „Hören Sie doch!" überschrie ihn endlich wüthend der Rath, „ich heiße nicht Wolter, sondern Walther, der nahm er aber, wie jemand sagte: „Der Herr Doktor Wolter wohnt nicht hier, sondern da drüben, er wird aber wohl nicht da sein, sie haben ihn vor ei ner Stunde geholt!" „Ich wünschte die ser Mensch säße aus dem Blocksberg!" es immer verschleierte Damen („mit Hautleiden behaftete", erklärte der Rath es sich und seiner Tochter), dann sah dieser aber auch ab und zu einen hörte von diesen in der Kneipe, sie hät ten ihn, den Wolter jetzt als Hausarzt, der Medicinalrath werde sich ja ohnehin bald zur Ruhe setzen und der junge Doktor solle mit einem Male einen riesigen Zulauf haben das konnte der Rath allerdings bestä tigen. Und daß des Doktors Nacht glocke nicht mehr das „ungezogenste" Ding der Stadt war, um diesen alten Witz zu gebrauchen, davon wußte der Rath ein Lied zu singen. Es war der Nacht sein Name mit dem des anderen verwechselt wurde daß er sein Schild kürzlich hatte ent fernen lassen, seitdem genoß er unge stört wieder die Nachtruhe. „Jetzt könnte er meinetwegen mal wieder an klopfen", sagte er eines Tags zu Gre the, nachdem er die Frau BaroninHocke bei dem jungen Arzt hatte vorfahren sehen. „Scheint wirklich ein tüchtiger Kerl zu sein! Ist zudem auch ganz profitlich, einen Arzt als Schwieger sohn zu haben, was meinst Du, Gre the?" Ob nun Wolter ein ungeheuer fein ausgebildetes Ahnungsvermögen besaß, oder ob da eine gewisse kleine Person die Vorsehung gespielt hatte genau konnte es nie festgestellt «werden jedenfalls schellte es oben bei Raths etwa um halb zwölf Uhr, gleich darauf wurdeMr Herr Doktor Wolter gemel det. Wsmal schien er mit seiner Werbung mehr Erfolg gehabt zu ha ben, denn Bertha, oder das Mädchen für Alles, welches beim Conditor noch geschwind einen Nachtisch bestellte, er zählte daselbst, sie sei um was zu fra gen, in das Zimmer gegangen und fast auf den Rücken gefallen, denn da habe gerade der hübsche Doktor Wolter ihr Fräulein gelußt, und der Herr Rath sei am Fenster gesessen, als wenn Der erste, dem's der Doktor selber mittheilte, war sein Freund Keller, merkwürdigerweise bedankte er sich bei dem für den guten Ausgang und dieser erwiderte darauf: „Pah. das sind die Borth-ile einer großen Familie. Meine fünf Schwe fterlein haben Dich sehr gerne abwechs lungsweise besucht und meine Herrn Brüder mußten von ihrem Stammlo kal aus ohnehin jeden Abend an Dei nes Schwiegervaters Haus vorbei! Ei gentlich that mir der Alte leid, aber es ging nicht anders! Und nun noch mals von Herzen Glück, Dir und Dei ner Grethe!" Ergötzlicher Irrthum. Als, Alexander Dumas die Schweiz bereiste, kam er eines Tages in ein Dorf, in dem sich nur ein einziger, sehr bescheidener Gasthof befand, in dem der berühmte Romanschriftsteller noth gedrungen die Nacht zubringen mutzte. Der Wirth, der nur deutsch sprach, fragte Dumas, was er zum Abendessen wünsche, und dieser suchte ihm, aber vergeblich, klarzumachen, er möchte ihm doch einePortion Pilze bereiten. Schon wollte er den Versuch aufgeben, da kam er auf den Gedanken, dem Wirthe bild lich darzustellen, was er ihm nicht mit Worten erklären konnte; er nahm also ein Stück Kreide und malte einen Rie senpilz wenigstens hielt er seine Zeichnung dafür an die Wand. Der Wirth nickte verftändnitzinnig, ging hinaus, und der hungrige Dumas freute sich bereits über den geschickten Ausweg, der ihm das geliebte Gericht doch noch verschaffen sollte, als er schon wenige Augenblicke später den Wirth die Stiege wieder herauskommen hörte. Die Pilze konnten unmöglich in so kurzer Zeit zubereitet sein, doch Du mas brauchte nicht lange über den Grund der frühen Rückkehr des Wir thes nachzudenken, denn nach einigen Sekunden wurde die Thür geöffnet, und herein trat der Wirth, mit trium phirender Miene einer» Regenschirm seinem Gaste entgegenhaltend. Ein gebildeter Küchen dragoner. Köchin Karline: „Ach Jette, ick kann Dir ja nich sagen, wat ick jetzt vor een scheenet Buch aus die Leihbibliothek lesen dhue. Det muht Du ooch mal lesen. Et heetzt: „Kuno von Höllenbrand und die unschuldige Nonne." Jette: „So? Wer hat denn det Buch geschrieben?" Köchin Kar line: „Na nu! Wat bist Du aber noch unjebildet. In die Leihbibliothek jiebt et nur gedruckte, aber keene geschriebene Bücher!" Schneidig. „Herr Lieute nent, ich konnte Ihnen metne Cousine nicht mehr vorstellen!" „Schadet nichts, wenn bischen unglückliche Liebe weniger aus der Welt ist!" Nach Jahmi. Von Gustav Falle. Die ruhenden, stillen Felder, Davüber der Bollmond steht. Die weiten, schweigenden Wälder, Die schöne Nachteinsamteit, Und hab« den Schatz verschlossen Für kommende, dürstende Zeit. Sacht rauschen die alten Bäume, Und alles am alten Platz. Mir ist's, als könnt' ich gehen Nur grad' in's Feld hinein, Mit geschlossenen Augen sehen Kühl mich wieder an. Und die alten Sterne stehen Ueber dem träumenden Mann. TaS Rosenöl- Die Geschichte des Rosenöls ist mit derjenigen aller Culturvölker eng ver wachsen. Sind wir doch gewöhnt, die Höhe der Culturentwickelung eines Landes nach dem Grade abzuschätzen, in dem die Menschen ihre Sinne sozu sagen als Thore der Seele zu behan deln wissen. So ist auch der Geruchs sinn von jeher als „Thor des Gedächt nisses und der Seele" angesehen wor den, und die ersten Versucht, Rosenöl zurückzuführen sein, die innige, seeli sche Freude der Menschen an derßlume aller Blumen auch aus die rosenlos« Zeit deS Jahres auszudehnen. Mittelasien, das Heimathland der Rose, gilt auch für die Geburtsstätte des Rosenöls. Anfangs freilich dürfte es nur Rosenwasser gewesen sein, daS man dort gewann, indem man Rosen blätter mit Wasser übergoß und von der Sonne bescheinen ließ. Die Blume der Liebt war schon im klassischen Al terthum Aphrodite geweiht; doch auch dem Dionysos, dem Begünstiger der Tafelfreuden, galt sie als heilig, und so wurde es möglich, daß sie von den genußsüchtigen, sllditalischen Griechen, von den Sybariten, und später auch von den Römern in einer verschwende rischen Weise gebraucht wurde, die setbst die phantasiereichen Orientalen als Entweihung empfanden. Um so höher stieg di'e Werthschätzung der Rose im romantischen Mittelalter, wo sie als Symbol mit dem Marienkult verwuchs und gleichzeitig als Wahrzei chen des heiligen Blutes und des To - des galt, sowie sie ja schon von den Griechen als Sinnbild der Vergäng lichkeit aufgefaßt und bei Bestattungs feierlichleiten benutzt wurde. Anfangs des siebzehnten Jahrhunderts waren gegen vierzig Rosenölrecepte im Um lauf-, auch findet sich in Reiseberichten die Meldung» daß im Morgenlande Rosenöl theuerer sei als Gold, wäh rend es offenbar in Deutschland bereits billiger hergestellt wurde. Noch heute werden die Goldflacons, in denen das türkische Rosenöl in den Handel kommt, zum großen Theil in Deutsch land hergestellt. Mit Wattebäuschchen hatte man an. Fangs den köstlichen Oelschaum abge tupft, der sich aus dem Rosenwasser in winzigen Tropfen sammelte. Die mo derne Chemie setzt uns in den Stand, das Verfahren wesentlich zu vereinfa chen. Das Rosenblatt enthält einen unendlich geringen Procentfatz beson deren ätherischen Oeles. Es sind acht zig Rosen nöthig, um nur einen einzi gen Tropfen Rosenöl zu gewinnen. Daher sind zur Herstellung des kostba» ren Duftes ausgedehnte Rosenfelder erforderlich. Bis vor Kurzem befan den sich die größten Rofenculturen der Welt in Rumelien, wo die Bewohner von hundertundzwanzig bulgarischen Ortschaften mit der Herstellung von Rosenöl und Rosenwasser beschäftigt sind. Neuerdings ist auch Leipzig mit feinem „Rosenthal" stark an der Ge winnung des geschätzten Parfüms be theiligt. Die bessere Beschaffenheit der Apparate u»d die vorzüglichen Eigen schaften der Centifolie, der „deutschen" Rose, haben dem Präparat dort schnell ein ausgedehntes Absatzgebiet erobert. Große, kupferne Destillirblasen wer den zur Zeit der Rofenblüthe täglich mit vielen tausend Pfund frischer, in de» Morgenfrühe gesammelter Rosen blätter gefüllt. Es können bis zu 100,(X>0 Pfund Blätter verarbeitet werden. Das Verfahren besteht darin, daß man die Rosenblätter mit chemisch reinem Wasser übergießt und sie derje nigen Wärmehöhe aussetzt, die das Rosenöl löst, ohne es zu verbrennen. Der Verschluß der Gesäße hindert es, sich mit der umgebenden Luft zu ver mischen sich aus Mangel an binden de«. beschwerenden Stoffen zu ver flüchtigen. Das Rosenwasser tropft nach unten aus den geschlossenen „Bla sen" ab; es wird alsdann starker Kälte ausgesetzt, wobei das Rosenöl sofort erstarrt und nun abgeschöpft werden kann. Das Rosenwasser bildet be kanntlich ebenfalls einen verbreiteten Handelsartikel. Droguerien, Parsü-' merien und Conditoreien sind die hauptsächlichsten Abnehmer für die ge suchte Waare. Auf ähnlichem Wege wie das Ro senöl werden fast alle kunstlichen Blu- mendüste, wie „Flieder", „Maiglöck chen" u. f. w. gewonnen. Verplappert. Frau (Mor gens): „Leugne nicht, daß Du^spät Stiefel knarren gehört! Mann (eilig): „Das ist nicht wahr, denn ich habe sie schon auf der Straße Ausgezo gen l"