Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, July 01, 1897, Page 3, Image 3

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    Arme Thea!
(2. Fortsetzung.)
Dann trat er zur Thüre, um nach
dem Burschen zu klingeln und auf die
Bahn zu gehen.
Die Sporen kliirrten leise auf dem
Teppich. Er blieb stehen und stieß ein
Ivildes Lachen aus.
Die Uniform! das hatte er ja ver
gessen.... die Uniform war ihm ja von
jetzt ab versagt! Morgen schon konnte
«r, wenn er als Offizier verkleidet auf
der Straße erschien, mit dem Strafge
setz in Konflikt kommen. Der ver
schnürte Blaurock, die Bärenmützc mit
Also fort mit Schaden! In die Ecke
gerbgeströmten Schaftstiefel, daß nur
endlich einmal dies verwünschte tücki
sche Sporextlirren aufhört.... fort da
mit.... fort!....
Bequemer sahen ja der hechtgra-ue
Bummclanzug Lack
vor sich hin, und rief dem Burschen.
„Packe den Koffer!" befahl er....
„....Alles Zivil, was ich hcute von der
aus! Ab!"
Er lachte, als er dem Burschen nach
sah. Das war sein letzter Befehl ge
wesen.
111.
Natürlich erster Klasse! Hauptsach«
die Lampen verhüllt. Er stieß aus Ge
radcwohl das nächste Abtheil auf. Die
Nacht ringsuinhe:. Am Himmel die
St«rne. Vorüberflitzende Lichtpunkte
auf der Erde. UnÄ eintönig, uner
müdlich das Rasseln des Zuges. Rat-
Schriftstücke erledigt?
Oder als ein geschlagener Mann, de,
wie ein wundes Wild sich nur »och ir
gendwohin in die Einsamkeit flüchtet,
um dort ungestört zu verbluten?
Oder gar nicht? Von Berlin zer
malmt.... aufgefressen.... spurlos ver
schluckt? Das war wohl das Schicksal
der Meisten.
gierig bin ich jedenfalls, wie das nun
Wird!"
. befriedigt khnte «1 sich zurück,
während draußen schon in raschem
Grauen der frühe Sommermorgen
tagte. Es wurde zusehends Heller.
Schon sah man die Lerchen sich über
den Sloppeläckern wiegen und auf den
hohen Getroidemieten in der Ferne lag
schon ein Widerschein der in röthlichem
Dunst am Himmel aufsteigenden
Sonne.
Er blickte neugierig auf das schwer
athmende Klei>derbündel ihm gegen
über. Einen gesegneten Schlaf ' hatte
dies weibliche Wesen.... mochte es nun
jung oder alt sein. Um so besser! Wenn
sie erwachte, brauchte sie wahrscheinlich
tmiisend Dinge und noch «in paar da
zu! E, mußte dem Kellner wegen des
Frühstücks klingeln, dem Kondukteur
mittheilen, daß das Rundreiseheft vor
läufig nicht zu siniden sei, den Plaid
riemen zuschnallen, im Hendschel nach
den Anschlüssen suchen .. nein .. schla
fe Du nur immer zu!
Da fuhr sie plötzlich mit einem Ruck
empor und starrte fassungslos und er
schrocken um sich, als begriffe si« gar
nicht, wie sie eigentlich in diesen I>-Zug
gerathen.
weilig«, regelmäßige Schönheit,
tes Gesicht. Ein schwermüthigeS Zi
Punkt des deutschen Vaterlandes sie
Hoffentlich fuhr sie bis Berlin! Si
cherlich! Wohin denn sonst? Da blieb
man noch ein paar Stunden zusammen.
langendes etwas Schmachtendes. Sie
hatte die Lippen fest zusammengepreßt,
während sie hinausschaute. Ob in
Aber irgend etwas ging in ihr vor und
beschäftigte unausgesetzt ihr Inneres.
Das zeigte auch das schadenfrohe Lä
cheln, das von Zeit zu Zeit verstohlen
über die schönen Züge lief.
zig« Uhr los und zog, sie anblickend,
ungeduldig die Auaenbrau«n hoch.
„Zu dumm! Erst siins Uhr Morgens!"
konnte man auf ihrem Gesichte ablesen.
Sie schien es sehr eilig zu haben, wei
terzukommen.
Ein Königreich für einen passenden
Gesprächsstoff! Leicht war der
nicht zu smden und mit einer einmati-
ein. „Acht Minuten Aufent
sich nicht, um auszusteigen. Sie
ja Alles in ihren Wägen. Aber auf
deren Gang entstand eine Bewegung.
Ihr Reis«gesiihrte si« da
bei. Merkwürdig, wie kampflustig sie
aussah! Di« feinen Nasenslllael bläh
ten sich und um die Lippen spielte ein
Trotz, der jetzt, nachdem sie den In
halt gelesen, in ein spöttisches Lächeln
überging. Sie Sickte die schmalen
offenbarem Behagen, in winzige Stück-
Jn diese Beschäftigung vertieft,
merkte sie gar nicht, daß ein älterer,
hochgewachsener Herr, der vom Bahn
hof aus suchend durch den Gang ge
schritten war, bei ihcem Anblick stehen
blieb und, den Cylinderhut abnehmend,
„Nun ... Gott sei Dank!" sagt- er
und hüstelte, wie um eine Verlegenheit
„Gewiß hat er das!" erwiderte der
Bureaukrat ... „. ... Da er aus
Ihrem hinterlassenen Schreiben wußte,
daß Sie sich in diesem Zug befanden
. doch davon später er gab
mich zu meiner Frau!"
„Ich? .. .aussteigen?" Thea schien
verwundert . . . „Ja ... ich fahre
dock nack Berlin!"
dige Handbewegung. „Liebes Kind .."
sagte, er . . . „. . . -Ae fahren nicht
nach Berlin und nicht zu Ihrem Vater,
sondern solgen den Leuten, die es wohl
Sie setzte sich hin und lehnte träu
merisch den Kops in die Ecke. „Ich
folge nicht sie gleichmiithig
Amtsmiene an: „Sie werden
überhaupt nicht gefragt, Fräulein von
Hoffäcker . . / d sh
„Sie nicht! . . . Aber Ihr Gepäck!"
Widersehen!"
ter Unrecht!"
greis, wird niedergeboxt" .." Georg
streifte mechanisch die Manschetten
etwas zurück ... „. . . Wenn er auch
nur von ferne mit Ihrer Bagage lieb-
Sie wehrte ihm ab. „Um Gottes
willen keine Scene, solange es irgend
irgend ein Rückhalt hinter mir hab'.."
damit trat sie dem alten Herrn ent
gegen. „Also nun Scherz beiseite!"
sagte sie freundlich lächelnd ich
steige nicht aus, gebe mein Gepäck nicht
her und vertheidige mich mit allen
Mitteln! Die Beamten und die Mit
reisenden —" ihr flüchtiges Auge
streifte Georg „werden mich schon
haben doch auf seinen ausdrücklichen
Wunsch vor anderthalb Jahren sein
Haus in Rhena verlassen!"
zu Tode gelangweilt! Kennen Sie Po
sen? Nein? Seien Sie froh! Aber
meinen Onkel kennen Sie und die
Seinen! Nun denken Sie mich in der
Mitte "dieser biederen Familie! Oh..
„Uno doch hat Ihr Vater Sie stets
der alte Herr hartnäckig.
Sie seufzte: „Freilich. . . solange
er auf Reisen war ... das ganze Jahr
. . . Aber jetzt ist er in Berlin. Jetzt
such' ich ihn heim, er mag wollen oder
nicht! Es war doch immer so lustig
bei Papa! Densen Sie nur an all' die
fidelen Menschen in unserem Haufe in
Rhena. . . und die schönen Pferde
und "das ewige Getümmel. .. das heißt
Der Bureautrat wiegte traurig sein
Haupt. „Also das zieht Sie zu Ihrem
Vater?" fragte er leise. .
Sie lachte hell aus: „Ich will leben!"
rief sie . . .... Ich kann doch nichts
zu haben.
„Mein liebes Kind!" sagte er . . .
„. . . ich bitte Sie, nur um eins: sah-
ab» , h z 5 t
Glichen
Mädchens gelegt und sah ihr traurig in
das leichtfertig lächelnde Gesicht.
„Arme Tbea!" sante er leise . . .
Sie ... da scheiden wir doch a!s gute
Freunde' . . . Und nun . . ." sie ne
stelte cm den Knöpfen seines Rockes und
Ein leises Zucken ging durch den
Zug. „Mein Herr ... ich mich drin
gend bitten .. der öffnete
wäre mir bis jetzt ganz ausgezeichnet
Der Zug glitt aus der Halle. Sie
mußte den Kopf hereinziehen. Sich in
Und im Nothfalle steh' ich im Hinter
faust Ihre Koffer anrührt . . . Tritt
vor den Leib! Ab nach Kassel!..."
Der Kellner servierte den Kiffee.
„Das heißt. " . eigentlich . . ." fuhr
sie fort das Rittergut hat
auck zu Zeiten seinen Dienst!"
Sie schüttelte den Kopf. „New.
Preußischer Kammerherr ist Papa
lebt jetzt in Berlin."
„Ehrlich gesagt: Ja. Recht unsolide!
lenverqnüate Nachbarin welch eine
Tborbe-it. diese Welt z,u verlassen!
Wenn er nun den Leuten m vi»
kalter, stinkender P-ulderqualm . .
äh . . . Pfui!... Georg Textor streifte
die Asche von der Zigarette und sah
stes Gesicht. Herr Leutnant?" fragte
gens die kleine Bosheit mitzutheilen.
Auch er beugte sich nach vorn. Ihre
Stirnen berührten sich fast, während sie
so im Sonnenschein dasaßen und sich
ger Diener wurden im Laufe ihrer ge
genseitigen Schilde-Uli- :n zu wahrhast
ungeheuerlichen Fiauren. Und dann
lehnten sich die Beiden wieder zurück
und lachten hell auf, daß die verschla
fenen, verdrießlichen Reisenden neben
draußcn slog vorbei, in rastlosem Lause
näherte sich der Eilzug Berlin ...
Häuschen der Trame» . . . Vorbei an
Friodrichshagen . . . schon tagt da
und dort aus dem flachen Ackerland
der mächtiae Bsu einer Miethskaserne,
halb unterirdische Grllnkrainkeller, zer
schlissene Wäsche und dumpfiges Bett
zeug an den Fenstern der Hinterhäuser
Arbeit!" schien es rastlos im
Welt zu Und „Noth! Noth!"
Fenster. „Da ist Papa!" fubelte sie,
und dann förmlich, mit leichter Kopf
neigung zu ihrem Reisegefährten: . Le
ben Sie wohl!"
Ein Dienstmann hatte ihr Gepäck
gefaßt. Sie huschte hinter ihm her aus
dem Wagen. Georg Textor wollte ihr
nachsehen. Aber andere Kofferträger
drängten sich Kerein, die Menschenmen
gen draußen slutheten und wogten, und
trennend schob sich das Getümmel der
Weltstadt zwischen die Beiden.
(Fortsetzung folgt.)
Ktr vcMvorenc.
Plett der Tod ereilt hatte. Man fand
ten?
Die Mehrzahl der Geschworenen
glaubte selbst bei dem Eintritt in das
Berathungszimmer, nur einige Minu
stets: „Nein".
eingeschlossen bleiben, bis Stimmen-
Einheit erlangt ist. Nachdem die elf
Geschworenen ihre ganze Beredsamkeit
zwölften für ihre Ansicht zu gewinnen,
entschlossen st« sich, sich mit Geduld zu
wassnen. und zu warten, bis die
steht fest, weil ich gleich zuerst „Ja"
schüttelt. Unser College muß von der
Unschuld des Angeklagten sehr fest
überzeugt sein, weil er allen unsern
Bitten, wie allen unsern Beweisen wi
dersteht. Eine solche pflichttreue Ueber
zeugung, wie seltsam sie auch sein
schüttern, das unbeweglicher steht, wie
ein schottischer Felsen. Indem das
englische Gesch Stimmm-Einheit ver
tue andere Hälfte aus Ermattung und
Lanaweile. Nach elfstllndiaer Berir
thung sprach also das Geschworenen-
Sie, daß mich der Hunger minder
quält als Sie? Aber mein Gewissen
ist doch noch stärker als mein Magen."
Sie wissen, noch in völliges Dunkel ge
hüllt; ich will es lichten, aber schwören
Sie mir, nichts von dem mitzutheilen,
was Sie hören werden."
Alle schwuren es.
„Georg Maugham ist unschuldig."
„Woher wissen Sie das?"
„Weil ich selber der Schuldig« bin."
Die Geschworenen sahen einander
bestürzt an; der Erzähler aber fuhr
fort: „Ich wurde von Franz Plett
auf eine Weise beleidigt, die ich als ei
fersüchtiger Ehemann nie vergeben
kann. Am 11. Juli vorigen Jahres
mußte, wie ich erfahren hatte, Plett
spät auf jenem Wege seini ihn erwar
tend, aß ich im „Weißen Schwan", wo
ich das Messer fand, dessen ich mich
zur Ausübung meiner That bediente.
Ich nahm das Tuch meines Opfers,
um das Blut von meinen Händen zu
wischen, warf es aber darauf weg.
Alles dies stimmte mit den Aussagen
des Angeklagten überein. Als ich er
fuhr, daß Waugham wegen des Mor
des verfolgt werde, wollte ich mich
selbst anzeigen, um den Unschuldigen
zu retten. Aber eine genauere Ueber
legung sagte mir, daß, wenn ich dies
thäte, man die Ursachen meiner That
ermitteln würde, und daß meine ehe
liche Ehre befleckt worden wäre. Uebri
gens hoffte ich. daß es unmöglich sein
würde, Waugham des Verbrechens zu
überführen. Da ich zu den Ge
sollte. so schwieg ich um so eher, weil
ich, ohne den wahren Schuldigen zu
verrathen, den Unschuldigen bestimmt
und sicher retten konnte. Dieses Mit
tel kennen Sie, und ich habe mich des
selben aus Ihre Kosten bedient. Jetzt
ist meine Frau todt, und in drei Ta
gen werde ich England verlassen ha
ben; mögen Sie nur das Geheimniß
drei Tage bewahren, wie Sie mir es
ja auch geschworen haben."
Nach diesen Wortenginger fort.
Die Geschworenen schwiegen, bis der
Mörder England verlassen hatte.
Entschuldigung. Lieu»
tenant A.: „Hast Dich halt jetzt doch
der kleinen Irma ergeben!" Lieute
nant B.: „Ja mein Gott wenn man
MachtderMusik. „Mein
Mann schwärmt für Musik! Wenn ich
's Klavier gehen,so fragt er mich schon,
»<is ich will!" 3