Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, June 03, 1897, Page 2, Image 2

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    2 Die Spiele unserer Kinder.
hervorragende Stelle ein, doch wir»
dasselbe oft nicht gebührend als Erzie
hungsmittel gewürdigt. Das Spiel
ist die Kinderpoesie, die jedes Kind
durchlebt, dasselbe ist für den Kindes
«eist ein ebens« nothwendiges Nah
rungsmittel wie Essen und Trinlen
für den Leib. Durch das Spiel wird
die geistige und körperliche Gewandt
beii>kcs Kindes gefördert, ferner Sinn
für Schönheit, Genauigkeit und Aus
da»°r geweckt und genährt. Ein ganz
kleines Kind kennt noch kein schassen
des Spielen, sondern ein empfindendes,
erst später, wenn die Phantasie sich
regt, hebt die größere Freiheit des
Selbstspiels an. Das Kind hat zweier
lei Spiele solche mit Spielsachen
und solche mit anderen Kindern. Mit
seinen Spielsachen schafft es sich ein:
lebendige Welt in seiner Einbildungs
kraft und ahmt mit ihnen gern Be
schäftigungen der Erwachsenen nach.
Diesen Nachahmungstrieb im Spiele
müssen die Mütter unterstützen, indem
sie ihren Kindern geeigneteSpielgeräthe
in die Hand geben. Die Eltern soll
ten besonders darauf acht haben, welche
Spiele ihre Kinder am meisten und
am liebsten spielen, da sich aus der
Vorliebe derselben oft schließen läßt,
sür welchen Aerus sie später das meiste
Interesse und die meiste Geschicklichheit
besiken. Wird durch die Spiele mit
Spielsachen hauptsächlich des Kindes
Einbildungskraft entwickelt und nütz
lich und angenehm beschäftigt, so wir?
bei gemeinschaftlichen Spielen Heiter
keit, Eifer, Muth, Verträglichkeit unv
Nachgiebigkeit geweckt. Zur Ausfüh
rung solcher geselligen Spiele müssen
die Mütter für möglichst gleichaltrige
Spielgenossen sorgen, ein älteres Kind
findet nämlich an einem Spiele, das
jiinaere Kinder spielen, keine Befriedi
gung. Eltern, welche nur ein Kind
haben, sollten es nicht unterlassen, oft
sür kindliche Genossenschaft xu sorgen.
Eine sehr hohe Bedeutung hat das
Spiel auch für die körperliche Ausbil
dung der Jugend, insbesondere für die
körperliche Entwickelung der weiblichen
luaend. Namentlich in den Städten
und in solchen Familien, wo die Mäd
chen wenig Gelegenheit haben, ihre
Körperkräfte zu üben, bietet das Spiel
das best- Mittel zur Kräftigung und
Stärkung der Gesundheit. Betrachten
»vir z. B. das Ballspiel. Alle Theile
des Körpers werden dabei angestrengt
und durch die Anstrengung gekrästigt.
Doch wenn die Mädchen ein gewisses
Alter überschritten haben, so sind die
meisten nach ihrer Meinung zu alt für
solche Spiele. Dieses Vorurtheil der
jungen Mädchen, zum Spielen zu alt
zu sein, müßten die Mütter im Inter
esse der Gesundheit ihrer Töchter zer
stören. Namentlich sollten die Müt
ter. welche Töchter haben, die in ihrer
körperlichen Entwickelung zurückblei
ben, dieselben zum regelmäßigen Spie
len im Freien anhalten, sie würden zu
ihrer größten Freude wahrnehmen,
daß diese Thätigkeit den vortheilhafte
sten Einfluß auf das leibliche Wohlbe
sinden ihrer Töchter ausübt. Wenn
aber der Nutzen des Spiels nicht be
einträchtigt werden srll, so muß eine
andere Forderung, welche die Rücksicht
auf die Gesundheit der weiblichen Ju
gend erheischt, erfüllt sein und dies ist
die Kleidung. Das Tragen zu eng
anschließender Kleidung, sowie das
Schnüren, wodurch viele Theile des
Körpers an ihrer natürlichen Ausbil
dung gehemmt werden, sollten die
Mütter überhaupt nicht dulden. Es
giebt aber leider so viel eitle Mütter,
welche ihre Töchter schon vom zehnten
Lebensjahre und früher ein festes
Corsett tragen lassen, damit, wie sie
sagen, „Gleichen eine bessere Haltung
hnbe." Daß aber hiermit das Gegen
theil erzielt wird und es außerdem den
Mädchen zum größten Schaden ge
reicht. wollen die Mütter durchaus nicht
einsehen. Wie viele junge Mädchen
würden weder Doctor noch Medika
mente gebrauchen, hätte sie die Mut
ter ein einfaches, von festem Stoff an
gefertiges Leibchen tragen lassen, denn
die Kleidung muß so einfach und be
quem sein, daß sie eine sreie Bewe
guna aller Muskeln gestattet, dann
wird das Spiel seinen Zweck voll und
«an, erfüllen und zur Förderung der
körperlichen Gesandheit beitragen.
LicbcSwcrber.
In des Lindenbaums Geäst,
Nah des Baumes Spitzen,
Seh' ich vor dem lausch'gen Nest
Eine Drossel sitzen.
Singt gar zart und minniglich:
„Kommst du nicht, so hol' ich dich."
Wo die Winde Ros umflicht,
Sitzt das Drosselweibchen,
Immer schneller wird der Schlag,
Stürmischer die Weise...
Unten aus dem Rosenhag
Huscht es leise, leise '
In den Zweigen wird es still.
Weißt Du, was das deuten will?
A u s fassung. Besucher (im
Besucher:
Eitt Abenteuer im Heöirge
»Wißt Ihr, was ein Cuguar ist?
Na, ich konnte mir's denken, daß Jhr's
nicht wißt, denn diese Bestien sind
heutzutage etwas seltener geworden,
als sie damals waren, zur Zeit da mei
ne Geschichte spielt", sagte der alte
Oberst Drhden, indem er seine Cigarre
in Brand setzte und einen neuen
Schluck „heißen Stoff" zu sich nahm.
Um ihn herum war ein Kreis jüngerer
Officiere des 10. Cavallerie - Regi
ments in Fort Bladensbury. „Ich
war damals in den Cascade-Bargen,
und zwar m jen«m Theile des jetzigen
Staates Washington, wo das prächti
ge, romantische Simcoe - Thal sich er-
Fort sich erhebt. Jetzt ist das zum
Theil schon angebaut, aber damals
war es noch die reine Wildniß. Als
junger Osficier und eifriger Sports
mann gefiel mir's dort sehr gut, ob
wohl wir häufig Scharmützel und re
gelrechte Kriegszüge mit den Nex Per
ces und Wyandottes durchzukämpfen
hatten und der Scalp eines weißen
Mannes auch noch nicht so hoch im
Markte stand wie dies heute der Fall
ist. Aber das Wild, das massenweise
in den dichten, herrlichen Wäldern vor
ßig mit einsamen Jagden im Gebirge.
Die Wälder waren voll von Roth
wild. aber auch Raubzeug gab's viel,
auch fälschlich in Kalifornien? Oregon
und Washington Panther und Berg
löwe genannt wird. Es ist eine mäch
tige Katze, solch' ein Cuguar, das ein
zige einheimische Gethier dieser Art,
das nördlich vom 30. Grad auf dem
tain Llon oder California Lion) hat
er wohl von der Farbe seines Fells,
das wie das des wirklichen Löwen ein
noch hat er die Mähne, die jenen aus
zeichnet. Ein sehr starkes, wildes
Thier ist er aber doch, und wenn vom
fällt, aber erblickt hatte ich trotz meiner
klettert, im Dickicht der Wälder auf,
gen Sprung.
64 Meilen entfernt jenseits der Cas-
zu bringen. Ich sattelte
steil für Mann und Pferd war. Das
Regenbogens glänzten, wechselten ab
mit lieblichen Thälern voll saftigen
Grüns und Sonnenscheins und diese
laubten Kronen fiel. Dazu die pracht
vollen Effecte der Beleuchtung auf den
kahlen Felsenrücken, vom rosigen
nein auf bei dieser erhabenen Schön
heit der Natur, und bei einer Pfeife
aromatischen Tabaks von dem mir die
wackere Pocahontas zwischen den
Schenkeln was fehlte mir?
„So ritt dann tapfer darauf!
»er beschwert, und das Wetter blieb !
Aber gegen Abend hatten wir den äu
ßerst beschwerlichen Zickzack-Pfad über
den Rücken des Madisonberges zu
lich hören, und das Pferd schien sich
gerade wie ich äußerst wohl zu fühlen.
Der Mond war ausgegangen und goß
sein silbernes Licht aus über die Scene,
daß es glänzte wie seine Silberfäden.
Laternen. Dicht vor uns erstreckte sich
ein Gehölz, und das Buschwerk, das
bis auf wenige Schritte von uns sich
daß die Leine beinahe gebrochen wäre.
Ich ergriff die Leine, die im Bereiche
meiner Hand war, schnell und zog das
Pferd zu mir heran. Pocahontas zit
terte an allen Gliedern, augenscheinlich
aus Furcht. Ich streichelte das sam
metweiche Fell meines Pferdes und
sprach beruhigende Worte. Pocahon
tas rieb ihre Nase an meinen Aermel,
aber ihre Nüstern blähten sich in Erre
gung. Was gab's? Ich blickte um
mich. Alles still. Kein lebendes We
sen sichtbar. Sollte sie ihr Jnstinct
getäuscht haben. Ha! Dort in dem
Dunkel desGebllsches erblickte ich plötz
lich etwas, das mein Blut gerinnen
machte. Zwei mächtige grünliche Au
gen starrten auf uns und ein seines
lein, wurde hörbar. Augenblicklich
dachte ich an die Erzählungei», die ich
gehört. War's ein Cuguar?
„Mein Thier zitterte noch immer,
aber mein Entschluß war schnell ge
faßt Festen Schrittes trat ich auf,
riß den Pflock heraus, nahm die Leine
ab, zog den Sattelgurt etwas fester,
und saß im Sattel. Das hatte nur
wenige Secunden genommen. Dann,
ohne daß ich Pocahontas angetrieben
hatte, rannte das Thier dann, den
Pfad entlang, der nach dem Blockhaus
führte. Der Weg dahin führte zuerst
am Saume eines Waldes dahin, aber
durchschnitt dann eine enge, ziemlich
dunkle Schlucht, wie ich mich erinnerte.
Würden wir dem Cuguar entrinnen?
Folgt« er uns? Hatte er's nur aus
mein Pferd oder auch auf mich abgese
hen? Das waren Fragen, die mir das
Gehirn zermarterten. Pocahontas lief
so schnell sie laufen konnte, aber im
mer noch glitt dieses nervöse Zittern
über ihren glänzenden Leib. Ich
drehte mich rasch im Sattel um und
blickte zurück. Da, mitten auf dem
von Mondschein klar erhellten Pfad,
kaum einen Steinwurf hinter uns,
galoppirte der Cuguar, und seine
sslanken wurden gepeitscht im Lause
von seinem großen Schweif. Seine
grünen Augen glühten in phosphores
cirenden Feuer. Er verfolgte uns.
Ein eiskalter Schauer des Entsetzens
erfaßte mich. Was thun? Daß wir
ihm durch schnelle Flucht nicht entkom
men würden, das sah ich jetzt, denn
Pocahontas konnte diese rasende Eile
nicht mehr lange aushalten und es
kamen bald Stellen auf unserem Pfa
de, wo das Laufen ausgeschlossen war.
Der Cuguar aber schien im Stande zu
sein, die ganze Nacht in demselben
Tempo weiter zu galoppiren. Nein,
unsere Rettung, wenn sie möglich war,
gen und ich meinen Revolver parat
hielt, im Falle die Bestie uns doch at
tackiren sollte. So riß ich dann plötz
lich mächtig in die Zügel und zwang
das Pferd, langsam zu gehen. Sofort
auch, wie ich merkte, hielt der Cuguai
an und folgte uns nun ebenso bedäch
tigen Schrittes. Hatte er Furcht vor
uns? Oder war es nur eine Kriegs
list von ihm? Ich wußte es nicht, aber
hinter uns her, immer in derselben
Entfernung, gerade außerhalb Schuß
weite, hörte ich das weiche Pet! Pet!
seines Zotteltrabes.
Doch hier ist die Schlucht. Langsam
und vorsichtig ritten wir in dieselbe.
Als ich mich umblickte, erblickte ich die
grünen Augenlichter des Raubthiers.
Dann wurde der Pfad so enge, und
die Dunkelheit um uns herum würd,
zu groß, als daß ich hätte etwa
wahrnehmen können. Plötzlich härt«
ich über uns im Gebüsch ein Krachen
und Fauchen, und das Pferd macht«
einen verzweifelten Satz vorwärts
doch zu spät. Denn im selben Mo
ment sauste etwas Schweres durch dii
Luft und fiel dicht hinter meinen
Rücken nieder der Cuguar. der das
Pferd an der Kruppe gepackt hatt«
und seine Pranken in das zuckend«
Fleisch schlug, wobei er ein rollendes,
knurrendes Gebrüll ausstieß. Was
dann folgte, das geschah so geschwind,
daß ich selbst mir hinterher keine Re
chenschast darüber ablegen konnte. Ich
weiß nur, daß ich mich instinctiv um
drehte und alle süns Kammern meines
Revolvers aus das Ungethier abge
feuert habe, ohne zu zielen, ganz un
stinctiv. Und dann auf einmal hiel!
Pferd drehte mir den klugen Kopf
zu und wieherte. Ich wandte dasPserd
und ritt eine kurze Stecke zurück.
„Und Pocahontas?"
„Ist Feldzug Eitting
Mensch."
Tic Tciitobmgcr Schlacht.
Von Fr. W.
zogen sie", wie es in dem bekannten
Liede heißt, „nach Deutschlands Nor
den". Natürlich tonnten sie dies nicht
thun, ohne einen General dabei zu ha
ben, und darum gab der Kaiser Au
gustus ihnen den Barus mit, der be
reits den Militärverdienstorden besaß.
Als nun Arminius eines Tages in
der Zeitung las, daß drei Legionen
„behufs größerer Uebungen im Ge
lände" nach dem Rheine zogen, da
sprang er mit einem ahnungsvollen
.Aha!" auf und eilte zu seinen Freun
den, die gerade auf ihren Bärenhäuten
lagen und ihm lustig ihre Humpen
„Komm, Bruder, trink' mit!" riefen
sie ihm zu, dock, Arminius versetzte:
„Nichts da. jetzt ist keine Zeit zum
Trinken. Laßt uns erst die Römer
aus dem Lande jagen, sonst könn«n
wir keine Maß mehr in Ruhe trinken!"
Mit einem hestigen„Donnerwetter!"
sprang die ganze Gesellschaft auf.
Dann hoben fi« die Humpen in die
Höhe und riefen: „Arminius soll le
ben! Hurrah!" und tranken aus.
Hurtig «ilt«n sie dann von Stamm zu
Stamm, überall rufend: „Die Römer
kommen!" und überall tlang ihnen
die Antwort: „Werft's 'naus!"
In kurz«r Zeit war die deutsche
Landwehr einberufen; bald stand der
deutsche Heerbann in guten Verstecken
im Teutoburger Walde. Auch die
Römer ließen nicht wnge sich
die bekannte Frage: „Wer hat dich,
du schöner Wald?" Aber die Ger
manen machten wenig Umstände; sie
sangen: „Sie sollen ihn nicht haben!"
und Steine, Pfeile und Wurfspeere
die in dem vom Regen aufgeweichten
Waldboden ihren ganzen Drill ver-
Als die Germanen genug geworfen
hatten, erscholl das Commando: „Fällt
das Gewehr, marsch, marsch!" und mit
betäubendem „Hurrah!" rannten di«
Hausen des Arminius in die gelichte
ten Legionen, die gerne ausgerissen
wären, wenn es nur in dem Walde
dem Anglicht lang^zu;
„Futsch sind wir einmal", sagte er
blasirt, „also Schluß!" rief er laut
und stürzte sich Schwert.
Wald, und während in Rom die
Kammer stürmische Sitzungen hielt
über Neubildung von Legionen,
Wäldern unter dem fröhlichen Gesang
der „Wacht am Rhein" und des „Heil
Dir im Siegerkranz" ihre vollen Hum
pen, die eine» bestimmten den Platz
für das spätere Hermannsdenkmal,
andere gründeten einen Kriegerverein,
und einer, der von den Römern einige
lateinische Brocken aufgeschnappt hatte,
meinte: didnuni»!"
Der Hirlcntuabc.
Dort oben Berge
Da steht der Hirtenknab'
Und blickt von tiefster Trübniß
Jn's tiefste Thal hinab.
Denn in dem Thal dort unten
Ein kleines Häuschen steht,
Dorthin sehnt sich der Knabe
Von Früh bis Abends spät.
Ach, in dem kleinen Häuschen
Geht's heut' gar lustig zu,
Drum packt die herbste Wehmuth
Den armen Hirtenbu.
Schier möchte er verzweifeln
Und in den Abgrund jäh
Vor Schmerz hinunterstürzen»
So thut das H«rz ihm weh.
Das Häuschen ist die Wald'
Dort gibt's heut' Hirsebrei
Und boinbengroße Knödel
Doch er ist nicht dabei!
Warnung. Vater (zur Gat
tin, die den kleinen Fritz züchtigt):
„Aber hör' doch auf, Fritz Hot schon
genug Hiebe gekriegt!" Fritz: „Papa,
schweig' lieber, sonst kriegst Du auch
noch welche!"
Bei der Schmiere. Herr:
„Ihre Schauspieler sprechen aber un
deirtttch, da versteht man ja kaum ein
sie sicher!"
Neue Krankheit. Ser
geant: „Kerl, Sie seben ja so versof
fen aus als hätten Sie das „galop-
Kerzliönig.
Eine heitere LicbeSgeschichie von E, Bcltel-
Zwischen dem Besitzer d«s in dem
Städtchen Z. seit !Uienschengedenken
exiftirenden Gasthofes zur blauen
Weltkugel und seinem Sohn«, dem Dr.
jur. Eugen Möllenbach, kam es zu fol
gendem Ablommen: Der jung« Rechts
sreund sollte auf seinen Lieblings
wunsch, sich in Berlin alsßechtsanwalt
niederzulassen, zu Gunsten seiner Hei
mathsstadt verzichten, wogegen ihm
der alte Möllenbach einen Theil seines
väterlichen Erbes sofort ausfolgen und
seine sämmtlichen in der Hauptstadt
hinterlassenen Schulden begleichen
wollte. Nach einigem Widerstreben ging
der „Herr Doctor" auf des Vaters
Vorschläge ein und erzielte dadurch ein
vorläufiges Taschengeld von monatlich
zweihundert Marl, das ihm der Alte
in der ersten Auswallung seiner Freude
über die Nachgiebigkeit seines Sohnes
„Aber nun kommen wir auf einen
anderen Punkt", fuhr der alt« Möllen
bach fort, indem er mit einer Federpose
das Mundstück seiner Tabakspfeife
Antlitz.
„Um hier als Rechtsanwalt durchzu
dringen, ist es vor allem nöthig, Dich
mel? Mit dem habe ich bereits Rück
sprache gepflogen. Er wäre nicht abge
neigt, Dir seine Tochter Adele zur
Frau zu geben. Sie soll ungefähr 100,-
o<X> Thaler Mitgift erhalten waS
„Lieber Papa, da wir auf dieses
Thema geriethen, so will ich Dir «in of
fenes Geständniß ablegen. Während
mel als der«» Freundin Louise, die
Tochter des BankiersSempersdorf, auf
dem Balle in der Ressource kennen ge
lernt, und mein Herz hat sich sür die
Letztgenannte entschieden."
„Sempersdorf? Hm, hm! Du weißt
wohl nicht, daß er bei den letzten Wah
„Ach so! So weit seid ihr also
schon?" brummte der Alte. „Hättest
mir aber auch eher etwas davon sagen
Nachdem der alte Mellenbach das
Mundstück seiner Tabakspfeife wieder
an das Rohr befestigt hatte, stellte er
dieses bei Seite und versicherte seinem
Sohne, daß er in Gottes Namen auch
in den sauren Apfel beißen und bei dem
liberalen Bankier Anfrage halten wolle.
noch am selben Tage sprach er
reits durch sein« Frau Kenntniß erhal
ten hatte. Nachdem zwischen den bei
den Vätern die Mitgiftfrage zur gegen
seitigen erledigt war,
des jungen Rechtsanwalts werden zu
„Aber Kind, Du liebst ihn doch! Du
hast es ja Deiner Mutter gestanden!"
„Ich kann nicht die Seine werden,
Papa! Ich kann es nicht!" wiederholte
sie unter schluchzen.
„Ich kann nicht, Papa!"
„Habt Ihr Euch etwa gezankt?"
und daß sie von Dir nichts wissen
wolle!"
„Aber das ist ja ganz unmöglich!"
Hand schob. >
„Wissen Sie denn nicht, Marie, was
in den letzten Tagen vorgefallen, und
was Ihre junge Herrin zum dem Ent
schlüsse trieb, mir alle Hoffnung auf
ihre Hand z» rauben?" fragte er sie.
Mühe, Herr Möllenbach es ist gar
nichts mehr an der Sache zu ändern!"
Als Engen aus diesen Worten ent
nahm, daß Marie mehr wisse, als si« zu
verrathen entschlossen schien, drang er
mit dem Aufgebot all fein«rßeredtsain
keit in sie:
„Sie sollen es ni« nie zu bereuen ha
ben, wenn Sie mir den Grund mitthei
len, lieb« Marie, glauben Sie mir,
es ist ja auch in Fräulein Louifen'sJn
teresse, daß ich es erfahr«, was sie Plötz
lich gegen diese Heirath einzuwenden
hat;'denn daß sie mich immer noch
liebt, fühle ich noch wohl."
„Versprechen Sie mir mit Ihrem
Ehr«nwort, mich niemals zu verra
then?" Eugen schwur natürlich sofort
hoch und theuer, sie niemals bloßzustel
gann, sie:
„Ja, Sie hab«n wohl Recht, Herr
Möllenbach, Fräulein Louise liebt
„Aber warum denn!"
„Mein Gott weil sie Sie verloren
hat."
lla, mein Herr, verloren, richtig
„Was sagen Sie da?"
„Geben Sie Acht, ich werde Ihnen
das erklären: Si« können sich kein«
Idee von der Freundschaft machen,
welche Fräulein Louise mit Fräulein
Adele Grimme! seit ihrer frühesten
Kindheit verbindet. Trotzdem sich die
beiden Bäter nie leiden mochten, trafen
deren Töcht« fast täglich auf ihren
Spaziergängen zusammen und tausch
„Was Sie sagen!"
kl'ch sSp' l?" s E
Nachdem er seinen Plan gefaßt hat
te. sucht« er das Fräulein Adele Grim
mel im Stadtwäldch«n auf, wo sie täg-
Brllderchen zu fpaziren pflegte.
Sie freute sich sichtlich, als er auf sie
zutrat und einige Höflichkeiten mit ihr
nicht auch, Fräulein
vollständig gleichgiltig sind."
sten, daß ich auf ihren Besitz verzichte.
Reden wir nicht mehr davon! Ich
theil« Ihnen bei dieser Gelegenheit
übrigens mit, mein Fräulein, daß ich
in den nächsten Tagen Deutschland den
Rücken kehr«."
„Me?" antwortete sie, indem sie sich
„Ja, mein Fräulein!"
„Sie wollen sich nicht bei unZ etabli«
ren?"
„Ach so!" versetzte Adel«, während sie
Stadt zulenkte.
Kerze.
«klärte, daß ihr Bräutigam fürchte,
durch die Erfüllung ihres Wunsches
kaum vernarbte Wunden wieder auszu
reißen, und sie ihr daher keine Einla
dung zu ihrer Hochzeitsfeier zugehen
lassen könne.
Dieser Absagebrief erfüllte Adele mit
solcher Bitterkeit, daß sie ihren Bater
vor der mit großem Gepränge vorbe
reiteten Hochz«itsfcier ihrer Jugend
freundin nach der Residenzstadt ab-
Kaiscr uud Mönch.
Um 1830, so erzählt man sich !n
Rußland, tauchte in Tomsk in Sibi-
Herkunft. Er lebte ärmlich in Gesell-
Staatswisscnschaften entwickelte. Im
Jahre 1861 starb er? und da verbrei
tete sich in Tomsk plötzlich das Gerücht,
der Mönch sei kein Anderer als Zar
Alexander l. gewesen. Man weiß, daß
dieser mächtige Herrscher in seinen letz
ten Regierungsjahren tief verbittert,
krankhaft erregt und frömmelndenEin-'
slüssen zugänglich war man denke
an den Einfluß, den die Mystik einer
Juliane von Kriidener auf den Zaren
gewann —, daß er schließlich, vollends
verdüstert und gebrochen durch den
Tod seiner einzigen, heißgeliebten na
türlichen Tochter, durch die furchtbar«
Überschwemmung, die Petersburg im
Jahre 1824 heimsuchte, und durch die
ständige Fürcht vor einer russisch-pol
nischen Verschwörung gegen das Haus
Romanow, auf einer Reise in der
Krim im September 1825 an einem
der Halbinsel eigenthümlichen Fieber
erkrankt, voll Todesahnung sich nach
starb. Nun behauptet die Legende, er
sei damals gar nicht gestorben, sondern
habe in einem Zustande tiefster Nieder
geschlagenheit abgedankt, um den Rest
seiner Tage in stiller Abgeschiedenheit
zu verbringen und den seelischen Frie
den wieder zu erlangen, ähnlich wie es
dereinst der mächtige deutsche Kaiser
Karl V. gethan und die Königin Chri
stine von Schweden. Aus seinem Tod
tenbette soll eine solche Aussage auch
sein Begleiter Khromofs thatsächlich
gemacht und ausdrücklich bezeugt ha
ben, daß dev Mönch von Tomsk Zar
Alexander I. gewesen. Merkwürdig ist
allerdings, daß die Portraits, die von
dem Einsiedler Theodor Kuzmitsch
existiren, eine ganz auffallende Aehn
lichkeit mit dem Zaren haben. Außer
dem berichtet der Reisende I. I.
dieser Legende zu Grunde liegen,
Nachforschungen angestellt hat, fol
gende merkwürdige Einzelheiten: Er
sei in Begleitung einesKosalenofficiers
durch den Ural gereist. Dieser Ossi
cier, der nie von Theodor Kuzmitsch
hatte sprechen hören, erzählte, daß er
als Kind in Petersburg gewohnt habe
und sich vollkommen eines Gerüchts ent
sinne, das auftauchte, als der Zar
Alexander beigesetzt wurde. Damals
hatte nämlich Jedermann behauptet,
der Sarg enthalte nicht die Gebein«
Alexanders 1., und diese Behauptung
sei besonders auch dadurch bestärkt
worden, daß entgegen dem Gebrauche
das Publikum nicht an der in der
Kirche aufgebahrten Leiche des Zaren»
vorbeitxsiliren durfte. !
D«rAll«sverschlinger.
Junger Ehemann (im zoologischen
Garten das Straußenmännchen neben
seinem Weibchen betrachtend): „Ja, du
mit deinem Magen du hast zut
heirathen."