2 Psychologie. " Der Herr Professor legte da« Buch fort und lehnte sich in tiefem Nachsin nen in feinen Lehnstuhl zurück. „Ja," sagte er dann, es ist merkwür dig, wie wenig Individualität in je dem von uns steckt. Wie wenige ton nen von sich sagen, ich bin Ich. Ich bin mein wirkliches, wahrhaftes Ich, ich bin mein eigenes Selbst." „Ich kann Deinem Gedankengang nicht folgen," sagte die hübsche Frau Professorin, „allein ich bin überzeugt davrn, daß das, was Du da eben ge jagt haft, ein großer Unsinn ist." „Das verstehst Du eben nicht, liebe Therese." erwiderte Professor Fried rich Schmidt, in seiner sanften, sal bungsvollen Weise, „und ich meinte damit auch nur,wie wenig verantwort- lich ein Mensch für seine Thaten ge macht werden könne. Denn alles was wir thun, thun eigentlich nicht wir, sondern es ist die Folge jener Eigen schaften der Seele und des Leibes, die auf uns durch Vererbung von Ge schlecht zu Geschlecht überlommen sind. Ich will Dir gleich ein Beispiel für die Richtigkeit dessen geben, was ich da eben gesagt habe. Ich nehme zum Bei spiel Dich selber." Frau Therese warf ihrem Manne «inen sonderbaren Blick zu, sagte aber Nichts. „Du wirst z. B. doch wahrhaftig nicht behaupten wollen, liebes Kind, daß Deine Schönheit eigentlich die Deine ist. Nein, wie Dein Geld, daS Geld, das Du in unsere Ehe mitge bracht hast, eigentlich das Geld Dei nes Vaters war, das Du nur von ihm geerbt hast, so ist Deine Schönheit «igentlich nur die Deiner Mutler, das wirst Du doch zugeben?" „Ja, man sagt, ich sehe meiner Mut ter ähnlich, das ist richtig," gab Frau Therese zu. „Nun siehst Du. Wenn also Deine Schönheit ein Geschenk der Vererbung ist, wo, frage ich Dich, hört diese Ver erbung auf? Deine Stimme z. V..." „Meine Stimme?" unterbrach ihn jedoch Therese, „lieber Fritz, ich bitte Dich, blamire Dich nicht. Du sagtest, doch selber, daß meine Stimme „ent zückend" ist, so viel ich aber weiß, hat weder mein Vater noch meine Mutter gesungen." „Dafür aber ist Dein Großvater, «he er Deine Großmutter nahm, wie Du mir selber erzähltest, mit einer Theatersängerin durchgebrannt." „Aber Fritz ... und dann, sei ver sichert, ohne meinen Fleiß, meinen Ehrgeiz und meine seste Willenskraft hätte ich es nie so w:it gebracht..." „Ja gewiß. Aber von wem hast Du diesen Fleiß und diese Willens kraft. Dein Urgroßvater, liebe The rese. hat sich, durch seinen Fleiß und seine Willenskrast vom Schmiedegesel len bis zum Bürgermeister emporgear beitet und was Deinen Ehrgeiz anbe langt. so ist er zweifellos die Folge je nes krankhaften Ehrgeizes, der Deinen Großoheim Heinrich beseelt hat, dem Du übrigens auch einige moralische Defecte verdankst." „Friedrich!" rief Frau Therese em pört, „wenn Du mir moralische De secte vorwirfst, Du ... Du ..." „So ist das immer noch kein Grund, liebe Therese, sich zu ärgern und zwar schon deshalb nicht, weil ich Dich für dieselben nicht verantwortlich mache, sondern wohl weiß, von wem Du sie hast." „Friedrich, ich rathe Dir ...!" Er aber fuhr unbeirrt fort: „Deine Großmutter hatte bekanntlich einen so ungestümen, so unverträglichen Cha rakter, daß sie eines Tages mit der glühenden Feuerzange hinter Deinem Großvater herlief und ihn aus dem Hause jagte. Ich erinnere mich aber auch, daß Dein Ur-Urgroßvater, liebe Therese, ein so gemeiner Mensch war.. ,„ das wird ja immer besser. Also gemein bin ich, unverträglich bin ich, ich bin Dir wohl auch schon mit der Feuerzange nachgelaufen, und mora lische Defecte hab ich. Nun gut. nur weiter, nur weiter ... Das aber sage ich Dir, ehe ich mich von Dir so miß handeln lasse ... eh- ich mich von. Di, so behandeln lasse, eher gehe ich aus dem Hause, eher lasse ich mich schei „Scheiden?" „Jawohl scheiden, scheiden, schei den!" und sie schrie es förmlich her aus. Er aber sann einen Augenblick nach. Dann leuchtete es Plötzlich über sein Gesicht und „da siehst Du wieder," sagte er, „wie recht ich habe, und wie wenig der Mensch für sein Thun und Lassen lann. Du willst Dich also von mir scheiden lassen, nicht wahr? Nun denn, da erinnere ich Dich nur an den Skandal, den Deine Großtante Ann« Marie im Jahre 33 dadurch erregte, daß sie ihrem Manne davonging und sich von ihm trennte. Und nun sage noch, daß Du Du bist, und nicht eine Zusammensetzung aus den Leibes- und Seeleneigenheiten Deiner Vorsahren, was doch, liebt Therese, gerade zu b«- AucheinPrincip. „Sag' mir nur, alter Junge, warum bezahlst Du Deine Schulden nicht? In Deiner leichtes. Deine Gläubiger einigerma ßen zu befriedigen." „Ja, weißt Du, ich habe so meine Grundsätze wenn ich jetzt zahlte, gäben sie mir sofort neuen Credit und würden mich aus dttse Weise schließlich noch ganz ruini ren!" Individuell. Schadchen: „...Ich wüßte Ihnen ein Mädchen mit 100,000 Mark, aber sie ist nicht hübsch." Junger Mann: „100,000 Mark? Wie haißt?! Wie können Sie das sagen, das Mädchen ist nicht Kübsch?!" . Aer Bidam des Krösus. sagter Dr. Grau ist nämlich der typi sche deutsche Gelehrte mit all' der Be scheidenheit, dem schüchternen Wesen, Marks, einer der kühnsten Wall Street spalt der hatte mich da in einiger Entfernung, und da Miß Ethel, das schöne Töchterlein, so plötz lich und scheinbar nicht unbedeutend und um es kurz zu sagen, es entwickelte sich ein wirkliches Liebesverhältniß auS einer anfänglichen bloßen, „Flir tation". Allein was wollte das besagen? Der alte Herr Barrelle war zäh das wußte man allgemein. Und da er den Werth der Menschen nach einem Maß stab bemaß, der junge tief MeS geglückt. Was er angerührt sinn und Unternehmungsgeist des Mannes zu verdanken waren. Bisher hatte Herr Barrelle indeß niemals da des Glück als etwas Selbstverständli- Und das kam so: Eines Tages besuchte ihn Dr. Grau natürlich damals noch als Arzt, „Um Gottes Willen, Doctor. was Anzüge?" frug ganz bestürzt der Alte. Dr. Grau lächelte. „Nein, so meinte ich's nicht," sagte er dann, „im Ihr Kopf ist kühl, Ihre Füße warm. Ihr Gehirn funktionirt vortrefflich. Ihr Gedächtniß ist tadellos. Sie sind ein Wahrha unhemi^ mich entschieden. Aber jetzt habe ich von P 2,600,000 für mich aus, die ich Der Millionär überflog ihn rasch. „Grand Pacific Consolidated 95, macht Z 12.000 in meine Tasche; Union K 27.000 Gewinn- für mich; Toledo -5: Wabash Preferred 87 wieder P 36.- Martes genommen ich nicht, reiner Zufall übrigens. Resultat: der alte Barrelle ist P 75.000 reicher." mit?" gehört?" „Polly polly wie heißt er?" „Polykrates." „Nein, kenne Niemand, der so heißt. Wohl ein Ausländer, nicht? Vielleicht einer Ihrer Freunde, Doctor?" „Nicht ganz der Mann ist schon lange todt, Herr Barrelle. War ein melte der alte Herr. „Ja, alter Grieche, Herrscher der Insel Samos, wo noch heute ein fa moser Wein wächst. Dieser Mann hatte auch so ein unheimliches Glück wie Sie, Herr Barrelle —" „So, wirklich?" „Ja, aber es nahm kein gutes Ende mit ihm es nimmt selten ein gutes Ende mit Leuten, die ein so verzei hen Sie das harte Wort unver schämtes Glück haben wie Sie, Herr Barrelle." Der alte Herr wurde weiß wie eine erschrecken mich Sie er schrecken mich wirklich. Herr Doctor was würden Sie mir denn rathen zu thun? Was thäten Sie z. B. an mei ner Stelle, Doctor?" „Ja. das ist eine GewissenSsrage vor Allem müssen Sie dem Schicksal etwas anbieten, gewissermaßen als Opfer. Gerade wie es jener Herr Po lykrates that. eimn gewissen Punkt,'und dann brach das Unglück über ihn Hertin. Aber Ihnen, Herr Barrelle, würde es viel leicht etwas helfen. Um Ihnen dazu Gelegenheit zu geben, halte ich hiermit um die einzigen sie liebe.l Wir sind schon im Reinen. Sie brauichen nur noch Ihre Einwilli gung M geben," sagte der junge Arzt mit Todesverachtung. Indem ein etwa! erzwungenes Lächeln über sein offene« Gesicht huschte. „Na, hören Sie mal, Herr Doctor," brummte der alte Millionär, „Ihnen meine Tochter zu geben. Wie viel ha- ZlO,OOO werth." so mehr Geld wenigstens heute noch. Geben Sie mir die P 76.00, die Sie eben so leicht verdient haben, als Mit- Uebrigen dies ist ja gerade Ihre Chance, dem Schicksal ein Opfer zu bringen verschmähen Sie dieselbe nicht. Es ist vielleicht Ihre letzte Ge- Wieder erbleichte der Alte. „Spre qfsenbar sehr nahe gegangen. „Natürlich, mein bester Herr, völlig im Ernst sagen Sie Ja wollen Sie? Sie machen Ihre Tochter und mich glücklich und wenden das drohende Unheil von Ihrem Haupte ab. Denn ich will Ihnen ganz ehrlich und ossen sagen, daß Ihr jetziges Glück in der That unheimlich ist." Der Alte seufzte. Dann sah er den jungen Arzt nochmals ernsthaft an. Und dann ergriff er schweigend dessen Hand und schüttelte sie. „Nehmen Sie meinetwegen Ethel," flüsterte er kaum hörbar, „aber schnell, ehe mir's wieder leid wird." So ist Dr. Grau der Schwiegersohn des reichen alten Barrelle geworden. Ich brauche Wohl kaum besonders zu erwähnen, daß Beide, der Alte wie der Junge, dem seligen Herrn Polykrates dankbar sind, daß er jjch einst von Des Aok ors Verlobung. Doctor Kraus war ein behäbiger, älterer Junggeselle, der aus seiner Ad» vokaturpraxis sich ein erkleckliches Sümmchen man sprach von hun derttausend Gulden hinüber geret tet hatte in sein Privatleben, in das er zurückgezogen hatte. Er war noch ein sehr rüstiger Herr, kein Härchen auf seinem Kopfe grau und seine Stirn noch ohne das kleinste Fältchen. Sein Herz konnte noch rascher pochen, wenn ein hübsches Mädchen ihm lächelnd in die Augen sah. Freilich, eines tieferen Empfindens hielt er sich nicht für fähig. Er war eigentlich ein rechter Flatterkopf, denn ihm gefielen alle jungen Mädchen, wenn sie ein rothes Mündchen und lachende, große Augen hatten. Doctor Kraus sagte sich daher in einsame» Stunden, wenn ihm ärger licherweise kein Schlaf in die Augen kommen wollte, daß er ein« Frau nur unglücklich machen würde, denn «r zweifelte nicht daran, daß ihm auch nachher noch hübsche Mädchen gefallen würden. Philisterhaft ängstlich wich er jedem Wege aus, der ihm ein Holz weg dünkte, auf dem seine männlich« Tugend hätte Schisfbruch erleiden können. Wenn es irgendwie anging, mied er weibliche Gesellschaft, denn eine angeborene Schüchternheit trieb ihm, wie sehr er auch dagegen an kämpfte, selbst im Mannesalter noch eine verlegene Nöthe in die Wangen, wenn ein Femininum unerwartet in seiner Nähe auftauchte. Doch brachte «r in seiner Art dem Weibe, wie er es wissenschaftlich nannte, reges Jnteress« entgegen. Er war ein genauer K«nner jener Litera tur, welche die Frauenfeele zum Stu dium sich «rkoren. Mit Eifer hatte Doctor Kraus alle diese Werke gelesen und analysirt. Diese Analysen erga ben aber sast immer ein negatives Re sultat und so würd« «r ein Pessimist, der die moralischen Qualitäten des weiblichen Geschlechts recht niedrig be werthete. So hatte er einmal in vorgerückter tische mit wehmüthigem Bedauern von der Verderblich gesprochen, die durch das Weib in die Welt gekommen. Mit lächelndem Schweigen hatten Alle zu gehört, und nur Schriftsteller Roder, der ihm zunächst an dem großem, run den Tische saß, hatt« di« harmlose Frage gestellt, woher denn ihm, der die Weiber mied, diese kluge Erkenntniß gekommen sei. Stotternd hatte Dr. Kraus das Geständniß abgelegt, daß er diese geläuterte Erfahrung aus der Literatur geschöpft habe. Ein Höllengelächter lohnte s«in« Aufrichtig keit und mit gutmüthigem Svotte klopfte ihm der Schriftsteller auf die Schulter: „Ich bin just auch Einer von der Literatengilde und wenn ich in meiner Eh« jene Erfahrung gemacht schildert, hätte ich mir oder einem An dern ein Stückchen Blei durch die Schläfe gejagt. Ab«r ich l«b« trotz meiner unerquicklichen Schilderungen in glücklichster Ehe, meine Alte betreut mich mit geradezu rühr«nd«r Sorg« und da kommt d«r liebe Doctor und er zählt, daß er feine Kenntniß des Wei bes aus der Literatur geschöpft hab«. Ha ha!" Der Doctor war blutroth geworden bei diesem Geständnisse des Roman dichters. Sein idealer Traum über den hohen Werth der Literatur war in Nichts zerflogen und damit leider auch seine ganze Kenntniß d«s Weib«s, die er darauf aufgebaut. Und doch fühlte er, wie mit diesem schmerzlichen Ge fühl« ein anderes, eigemhümliches, ja gar nicht unangenehmes in sein Herz zog. Es überkam ihn —er wußt« nicht wie ordentlich wie eine Er leichterung, daß die ungesunden Triebe. mit welchen die moderne Literatur die Frauen auszustatten pflegt, eigentlich Wi« «In zündender Blitzschlag war es in sein fünfzigjähriges Herz gefal len, die graudüstere Nebelstimmung hinw«zgtfegt und mit lachenden Augen wie einst, da er als flotter Eorpsslu dent im ewig fidelenJena tolle Streich« vollführt, blickte «r in die Welt, die mit Gegenüber dem „Schwan", in dem Doctor Kraus die gute Hälfte seiner freien Zeit und «r hatte deren vier undzwanzig Stunden täglich zu bracht«, lag ein hübsches, einstöckiges Haus. Mit dem hellen, soliden An gem Seufzer der Doctor, wenn er sich dabei an die fechszehn unwirthlichen Wänd« «rinnerte, die er sein Heim nannte. Frau Kathi, seine alte Haus gcnossin, verstand es leider so wenig, ihm dasselbe wohnlich zu gestalten. Es litt ihn daher nicht in der einförmigen Stille, die nur das Ticken des Holz wurmes unterbrach. Da war «s im „Schwan" gemüth licher. Die behäbig« Frau Wirthin begrüßte ihn immer mit ihrem süßesten Lächeln und die flinke Theres kredenzte ein fo süffiges, schäumendes Bräu, daß es fürwahr kein Wunder war, wenn ihn engere Bande an den mit ihrem «wig«m Schnupfen, den sie bekämpfte. Gewöhnlich faß er schon Morgens um neun Uhr im „Gart«n" des Hotels. er bestand aus ein paar grün ange strichenen Kästen, an deren Holzspalier Epheu kümmerlich sich rankte. Diese hätten. An dem Hause mit dem hellen, soli den Anstrich«, das in die graue Stil ren eigentlich gar nicht hineinpaßte, blieb sein Blick haften. Da wurde im ersten Stockwerke «in Fenster geöffnet, zwischen dessen Flügeln zierliche, röth liche Blumen in Töpfen blühten und chen kokett prangte, erschien in dem selben. Ein molliges, zartes Perfön chen mit braunen Haar Mit seltsamem Gefühl schaute Dol- Weben der Frau Lilli Wall«r, der Lan desgerichtsraths - Wittwe, die vor Kurzem nach dem Städtchen ü berge sie- ersten Stock, diese Dame eingezogen s«i. Mit kritischem Auge betrachtete «r das hübsch« Sinn gekommen war. Unwillkürlich lüftete er grüßend den weichen Filz hut. Mit einem einfachen, reizenden Nicken des Kopfes dankte Frau Lilli, dann verschwand sie vom Fenster. Wohl noch eine Stunde saß^voktor seinen gewohnten Platz im „Garten" ein und wie gestern öffnete sich einFen ster im erste» Stock des gegenüberlie genden Hauses: ein brauner Frauen topf erschien in demselben und stäubte ein Blick herüber zu dem einsamen Gaste, der ihn herzllopfend .aussing und mit einer tiefen Verbeugung griM. sich Dr. Kraus überzeugen, ob es nur Zufall sei, daß drüben just immer dann die Gardinen gelüftet wurden^ in der Gaststube, wo er von einem Winkel aus ungesehen das Fenster be obachten konnte. Richtig! Es öffnete sich drüben ein Fenster, die FrauLandesgerichtSrathS- Wittwe erschien an demselben und be goß die Bumen. Aber plötzlich schoß das Wasser auS dem Fenster auf die Straße hinunter, dem unglücklichen alten Briefträger Frank mitten in seine Briefe hinein und als er er schreckt in die Höhe sah, ergoß sich ein kalter Strahl in ftin Gesicht, daß er einen furchtbaren Schrei ausstieß. Die schölle Wittib hatte den Doktor nicht an jenem Platz gesunden, an dem sie ihn seit Wochen zu sehen gewohnt war, und in der Aufregung darüber hatte sie ihr« Blumen vergessen. An jenem Vormittage schüttelte die zwanzig Jahren zum Frühschoppen drei „Gespritzte" trank, heute aber schon sechs hinter die Binde gegossen hatte und dabei, wiewohl er allein war. nächsten Tage erwachte Doktor Kraus erst gegen Mittag mit einem dicken Kopfe,'in dem verworrene Gedanken Frank hatte lallend in der „Schwein hübschen Landgerichtsraths - Wittwe erzählt, die ihm für seinen Schrecken, den Wunsch aussprach, es möge noch ein Kranz liebreizender Kinder des Doktors künftiges Heimwefen mit fröhlicher Jugendlust erfüllen. Vergeblich zerbrach sich der Doktor den Kopf, weshalb Roder gerade die ses Thema sich erkoren; er hatte doch mit Niemandem darüber gesprochen, was sein fünfzigjähriges Mannesherz seit gestern bewegte. So sah er mit halbgeschlossenen Au mung wollte ihn überlommen, da er scholl plötzlich aus der Küche ein fürch terliches Getöse, ein Klirr«n von zer brochenen Gläsern und Tellern, daß Doktor Kraus erschrocken mit beiden Füßen aus dem Bette sprang. Die Küchenthüre wurde aufgerissen und herein stürmte mit rothem Kopfe Frau Kathi, «in noch feuchtes Zei tungsblatt die soeben ausgegebene „Wahrheit" des Schriftstellers Roder in der Hand haltend. „Das ist also der Lohn für meine dreißigjährige treue Dienstzeit, während welcher ich Leid und Freud mit dem H,rrn Dok tor getheilt hab, daß ich jetzt erst aus der Zeitung erfahren muß, daß der Herr Doktor in den heiligen Stand der Ehe treten will, so kam es zwi schen Schluchzen und Seufzen zornig von ihren Lippen. Der Doktor hatte unwillkürlich den Mund geöffnet, als die Redefluth fei ner Kathi über ihn sich ergoß. Endlich stammelt« er fassungslos: „AberKathi, liebe Kathi, Sie träumen wohl. Ich, ich hätte . . . sollte Heirathen wollen, das ist..." „Ich träume gar nicht, Herr Dok tor," sagte Frau Kathi scharf und sah den gänzlich Zusammengeknickten ver ächtlich an, „da lesen Sie, hier steht eS schwarz auf weiß", und damit hielt sie ihm di« „Wahrheit" unter die Nase. Mit zitternden Händen griff der Doktor darnach, klemmte den Zwicker aus die Nase, aber auch dies« b«bt« so, daß jener herunterfiel und zerbrach. Endlich war ein Referveglas zur Stelle und der Doktor las mit tonloser Stimme die Annonce, welche einen breiten Raum in der „Wahrheit" ein- Lilli Waller Dr. Karl Kraus empfehlen sich als Verlobte. Toll wirbelt« es in seinem Kopfe und feine Zähn« schlugen hörbar auf- Was würde Frau Lilli Waller sa gen, wenn sie diese Verlobungs - An zeige las, von der sie kein« Ahnung ha ben konnte. Wie mußte er in ihren Augen dastehen als ein Unwürdiger, ein Harlekin, der mit dem Heiligsten Possen trieb? Das rüttelte ihn aus seinen Gedan ken auf, er mußte sofort zu der Frau Landgerichtsraths - Wittwe hin, ihr erklären, daß dies« Meldung nur das Werk eines verruchten Bubenstreiches sei. Mit fiebernder Hast legte er den eleganten Salonanzug an, den er wü thend von Frau Kathi verlangt hatte, die bei seinem Zornesbeben sich ver schüchtert in die Küche zurückgezogen hatte, durch das kleine Fensterchen ihn aber heimlich beobachtete, wobei man che Thräne über ihre Wange rollte über ihren „unglücklichen H«rrn". In scheuer Eile durchmaß Doktor Kraus mit gesenktem die Stra- Augen sehen. „Hallo," rief ihn plötz lich eine bekannte Stimme an, „wohin so eilig?" Es war der Schriftsteller Roder, der eben vom Frühschoppen heimkehrte. Aber wortlos sauste der Doktor vorüber. „Ich gratulire," er noch hin ter sich rufen, dann hatte er die Apo theke erreicht und stieg herzklopfend die Stiege zum ersten Stock empor. Kaum hatte er die Glocke gezogen, als die Thüre schon geöffnet wurde. Das Mädchen wis ihn in den Salon, einem vornehm-einfach ausgestatteten Ge mach« mit rothen Plüschmöbeln. Kaum hatte er Zeit, seinen Cylinder Schweiß zu irocknen, der ihm auf di« Stirne getreten war, als aus dem Ne benzimmer die FrauLandgerichtsrath. Wittwe hereinrauscht«. „Doktor Kraus," stotterte er und verbeugte sich tief. „Mein Herr," sagie Frau Waller mit vibrirender Stimme, „Sie haben ein seltsames Spiel mit ein«r Frau getrieben, die Ihnen nie ein Leid zu gefügt/' st, - hinüber, die an der schneeigen Gar dine lehnt«. Ein Zug d«s Unwillens lag auf dem hübschen Gesicht, das dem Doktor in der Nähe noch viel schöner vorkam als aus der Fern«. „Verzei hung, es thut mir außerordentlich leid, leid thu/ eS Jh- I nen, metn Herr?" Ein zlliMMr zürnender Blick setzte des Doktors Ge sicht in brennend« Gluth. „Ich habe mich unrichtig ausg«- drückt. Verzeihung, Gnädige, ich meinte, das heißt, ich würde mich ja außerordentlich glücklich schätzen, wenn jemals mein Name in so inniger Ver bindung mit d«m Ihren genannt wür de. Mit Recht nämlich, daS heißt, wenn ich dazu berechtigt wäre, aber so .. . Verzeihung ..." Er faßte die kleine schmale Hand und wollte sie küssen. „Mein Herr . . . Und wi« g«d«nk«n Si« meine Ehre, die durch diese Ver lobungsanzeige in der „Wahrheit" tangirt ist, wieder zu rehabilitiren?" frug Frau Lilli mit etwaS unsicher«! Stimme und blickte scheu an dem Dok das Haar, daß es zu Berge stieg! «inen Augenblick schwieg er, dann nahm er einen mäch dann immer wärmer werdend: »Meine Gnädigste, ich fühle, daß ich Ihnen Genugthuung schulde, aber ich soll. Mir wirbelt noch Alles bunt der Welt sich langweilt, noch nicht zu alt scheint. Das heißt, w«nn Sie nur einen Funken wärmeren Empfindens büngs zu Recht bestehen und wäre das Ungeheuerliche ein«« Wider rufs damit aus d«r Welt geschafft. ES flotter Bursch, d«r um Liebe freit, aber vielleicht weckt es in Ihrer Brust «in gleich«« Empfinden ... Verlegen zupfte Frau Wall«r an den Spitzen der eleganten Seiden kleid gebunden hatte, dann hob sie langsam di« Augenlid», ein fröhliche« Leuchten ging über ihr Gesicht und als Doktor Kraus in diesem feierlichen Augenblick die Arm« öffnete, sank sie erröthend an s«in« Brust. Eine Stunde später schritt Doktor Kraus am Arm« seiner Vrast, der Frau Landgerichtsraths - Wittwe Waller, langsam über den Marktplatz. Mit verbindlichem Lächeln nahmen sie die Glückwünsche der Bekannten ent gegen, die unverhohlen ihr Erstaun«» mit zärtlichem Augenausschlage zu Doktor Kraus: „O, es war nicht so plötzlich, wir waren schon lange einig. Nicht wahr, Karl?" Mit verlegenem Lächeln bestätigte es dieser. So wurde Dr. Kraus in Hymens an den Tag. Roder ser widersprach dieser Insinuation so energisch, daß er an seiner Behaup tung irre wurde. Ter NM Bauer. Wie süd Ii denn mit Jugen nien Leh rer tosreden? Bauer: O, dat geiht woll an. Aewer hüt ward jo nix Rechts mehr denn lihrt? Bauer: Reken und Schulrath: Wo vel Stüer bethalt Ii Sch.: Und de Nahwer? B,: Sößun- B.: Ja, det iS en riken Kerl; del ie tahlt hunnertunachteihn Mark. Sch.: Wer is denn dat Krüz: B.: Ja ja Verändern To n r>. Herr Meyer (in seinen: ?l.!>:!j'm dudelt!" kuri?', ) , Ich bitte mir Ruh» aus:' klcchii! wohl noch vertrag« könne!" Herr Meyer l>olc:)i „i'.l,. Z>- nur, Käthchen, ich d.,j>--. es wäre meine Frau." Mitundohneßart. Ein Aus de r ul e. Profef
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