Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, January 21, 1897, Page 2, Image 2

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    2 Im Keuer geprüft,
i.
Kein Zweifei, Peter Depp«, das F»c
totum des Majori, war zugleich der
«inzige Mens» aus der ganzen Ranch,
der etwas vo» Obst- und Weinbau ver
stand. Und eigentlich verstand auch er,
der biedere Westphale, nicht viel davon.
Es war nicht seine Specialität, von
Hause aus war er Forstmann. Aber
wie das s» geht, Peter hatte den gan
zen C o
men und war zum Superintendenten
Abhängen des Nepo-Thals lag, er
nannt worden. Superintendent
das klang so schön! Wie er seinen
neuen Titel zum ersten Male in einem
Briefe an die Lieben daheim erwähnt
hatte, da war ihm das Herz geschwollen
vor Stolz und Glück. Superinten
dent! In seiner Vaterstadt hatte es
aber der bebaute einen anderen
Weinberg, den Weinberg des Herrn,
<«ndent. Freilich ein ganz anderer.
Denn bei Lichte besehen war sein neues
Amt gar nicht so etwas Hohes. Im Ge
richt die Fracht- und Verpackungs
ilheil des Verkaufspreises verschlan-
Horden entlassen, und Peter
Deppe mit Hülfe seines „Boß" und
«iniger irischer Knechte, begann nun die
denen man allmählig reichen Gewinn
,u ziehen hoffte. Aber das kg noch
In weiter Ferne. Vorläufig präsen
chen, grauen Bäumchen, die aus einiger
Entfernung wie Unkraut aussahen.
Und dabei gab's doch viel zu thun da
ran, denn oiese Bäumchen verlangten
Pflege, sorgfältige Pflege, und regel
mäßige künstliche Bewässerung, sodaß
Peter viel Noth hatte mit seinen Ar
deitern, ohne doch auf mehrere
hinaus greifbare Ergebnisse seiner un
«rmlldlichen Bestrebungen sehen zu
können. Und das hatte ihn schon oft
recht mißmuthig gemacht, denn es war
seinen „Job" aufzugeben an
derswo nach lohnender Beschäftigung
umzuschauen. Aber immer wieder
hatte » sich besonnen und war geblie
seine schöne, junge Mrs. Edith
Ellitthorpe, schuld. Der konnte er
nichts abschlagen.
rr.
Und kein Wunder. Edith war ein
liebreizendes Geschöpf. Ihre Mutter
war eine Mexikanerin gewesen und ibt
Bater gehörte zu jenen waghalsigen
Rittern des neuen goldenen Vließes,
denen man nicht mit Unrecht den Na
men Argonauten gegeben; er war nie
mals nach seinem Heimachstaate Maine
zurückgekehrt, und so war Edith ganz
in Calisornien aufgewachsen und erzo
gen worden, und aus ihren dunklen
Augen leuchtete und glühte die Sonne
des Südens. Der, Major hatte sie,
als er mit Empfehlungsschreiben frisch
von England weg in San Francisro
den gelernt, und bald darauf fand die
Hochzeit statt und sein Bräutchen folgte
ihn nach der Ranch im Nepo-Thal.
Sie war so schön, so duftig, so un
schuldig wie eine Blume aber auch
so gedankenlos. Als sie Major Ellit
thorpe, den jüngeren Bruder eines bri-
Wohllebens zu fallen. Und nun
pellte sich's heraus, daß ihr Mann gar
nicht reich, nicht einmal wohlhabend
einkünfte verzehrt, sodaß a?so that
sächlich Schmalhans Küchenmeister
war auf Edith Ranch wie der Ma
jor sie zu Ehren seiner Frau getauft
und sogar das kleine MonatSsalär de?
last sein«» Post«, nicht'' auf. Er
hatte den Major sehr gern das wa»
«in großer, stattlicher Mann mit dem
Herzen eines Kindes, der von den prak
tischen Dingen des Lebens keine
Ahnung hatte und der eigentlich nur
etwas von der Jagd und sonstigem
Sport verjiand,weshalb er auch feinem
„Superintendenten" die Sorge süv
Alles überließ. Wer für die junge
Frau, ja, für die hält- Peter, "der un
geschlachte Riese aus dem Teutoburger
Wald, seine Haut gelassen. Und wenn
sie ihn jedesmal so bittend und ruhrend
zugleich aus ihren großen, dunklen Au
gen anblickte, so Hatte er nicht den
Much, ihr etwas abzuschlagen.
Leider aber langweilte sich Edith.
Das Wachsthum der jugendlichen
Olivenpflanzung zu verfolgen, das
war eigentlich die einzige Unterhal
tung, die die Ranch bot, und diese war
nicht gerade aufregender Natur, fodaß
'Edith, an das lebhafte Leben in San
Trancisco gewöhnt, oft nicht wußte,
wie sie di« Zeit todtschlagen solle. Und
aus Langeweile hatte sie sich denn an's
Malen gemacht. Alles hatte sie schon
mit leuchtenden Farben auf die Lein
wand gebracht den prächtigen Son
nenauf- und Untergang, die in schil
lernden Blumen prangenden Hügel
rings umher,, die geringfügigste Scene
in der Landschaft; sogar ihren Mann
und Peter hatte sie häufig konterfeit,
wie sie bei der Arbeit waren oder auf
die Jagd zogen, sodaß auch diese
Beschäftigung, die sie Anfangs interes
sirt hatte, ihrem Thätigkeitsdrange
nicht mehr genügen wollte.
IN.
Da langte eines Nachmittags ganz
unvermuthet Arthur Selfridge an, ein
Officier der britischen Armee, der mit
dem Major im selben Regiment ge
dient hatte und um mehrere Jahre
jünger als dieser war. Jetzt befand
er sich auf einer langen Vergnügungs
reise um die Welt, sodaß er seinem
Freunde Ellithorpe sofort bereitwil
ligst einen langen Besuch in Aussicht
stellte. Und der brachte Leben in die
Monotonie auf Edith Ranch. Die
junge, schöne, lebhafte Frau seines
Freundes schien ihn ausnehmend zu
gefallen. Das war deutlich zu merken,
als er ihr das erste Mal vorgestellt
wurde. Aber auch ihre Augen glänz
ten und ihre Wangen nahmen ein
höheres Eolorit an, als sie ihn verstoh
len betrachtete. Denn Arthur Self
ridge war ein schöner Mann, viel
distinguirter als der Major in seinem
Wesen und seinen Manieren, und mit
seinen schmachtenden Augen und wohl
gepflegten, seidenweichen Schnurr
bart, konnte er wohl irgend einer Dame
gefallen. Die Beiden schlössen sich
auch sofort an einander an sie wa
ren den ganzen Tag bald unzertrenn
liche Gefährten, und für ihre Malstu
dien hatte nun Edith ein neues, inte
ressantes Sujet. Bald mußte er sich
als Kreuzritter verkleiden, bald als
Ehemann, schon als etwas Fremdes,
als etwas Feindliches mieden. In
dessen Peter mußte schweigen, wenn er
ü-IVt« der Beiden manchmal zu ma
chen. Er hatte ja kein Recht sich einzu
mischen in diese delikate Familienange^
würde, wo das Herz jenes großen, un
beholfenen Mannes da, des Mannes
mit dem Kindergemüth, zerbrechen
würde.
IV.
ES war mehrere Wochen lang heiß
gewesen, drückend heiß. Kein Tropfen
Regen war gefallen vom ewig blauen,
fernung vom Hause damit beschäftigt,
eine Wand des Schafstalles zu repari
ren. Peter war mit Bewässerung der
Zwei. Das Skizzcnbuch lag aufge-
GasteZ. Der Gegenstand des Ge
spräches war ein verfänglicher, und
daS junge Weib hatte sich eben etwa» I
matt gegen die Zumuthvng des An
standen theukiste Edith Si« erlau
ben, daß ich Sie so nennen darf? —"
dir junge Frau senkte das Haupt wie
in halber Beschämung und Reue, aber
widersprach nicht „Sie bedürfen
eines zartfühlenden Herzens, eines
Herzens, das jede Regung des Ihrigen
zu würdigen und zu ergründen ver»-
mag, nicht eines Herzens, das nur für
materielle Dinge, für Sport und für
Rohheiten des Landlebens schlägt, ist'S
nicht so?"
In diesem Momente erhob sich Ar
thur Selsridge sehr plötzlich, zog die
Luft tief ein, und blickte dann scharf
um sich. Edith halte, von einem unbe
stimmten Gefühl der Angst ergri>i«n,
das Gleiche gethan. Der Anblick, der
sich dem Auge der Beiden jetzt bot, war
ganz darnach angethan, ihnen Tcuuru
higung einzuflößen.
Vom Thale her wälzte sich eine brei
te, dichte Rauchwolke, auf deren Kamm
hie und da rothe Flammen schon zün
gelten, und diese Mauer oon Qualm
und Feuer wuchs sichtbar an Höhe und
Allsdehnung. Sie rannte jetzt »»t der
Schnelligkeit eines Rosses d:re:t aus die
Abhänge zu. auf denen die Raüch lag.
Zwar waren in der Nähe des Hauses
und in dem Hause selbst Vorbereitun
gen gegen solche Zufälle getroffen, und
doch würde, bei dem dünnen, mageren
Futter, das den Flammen hier auf der
Ranch geboten war, auch ta-im ernstli
che Gefahr für's Leben gewesen sein,
zumal wenn ihr Mann und Peter dort
gewesen wären, um sie zu stützen.
Ab«r wie bis zum Hause gelanacn?
Dazu war offenbar nicht :,iel,r Zeit,
denn selbst bei schnellem Lauf Hütte die
immer näher kommende Wand von
Rauch und Feuer sie schon auf dem
Wege eingeholt. Also was ihr», ? Und
Edith blickte verzweifelnd um sich »ach
Rettung. Da bemerkte sie zu ihrem
furchtbaren Schrecken, daß:hr Beglei
ter, daß Arthur Selfridge, -elbst schon
Sicherheit in der Flucht gesucht hatte.
Flucht ohne sie aufzu'ord.'rn, sein
Schicksal mit ihm zu theilen; ohne ei
nen Versuch nur zu ihrer Rettung zu
machen, ohne ihr nur ein Wort desAb
schieds zu sagen schmählich! Und
vor Schreck und Zorn stand Edith wie
gelähmt und die bitteren Thränen der
Reue stürzten ihr aus den Augen.
„Walter, Walter! Hilfe!" schrie sie
jetzt, in der Hoffnung, von ihrem Gat
ten gehört zu werden.
Und da, mitten durch den tickten,
beißenden Qualm, den das senginde
Gras schon erzeugte, kam die mächtige
Gestalt ihres Mannes gelaufen, und
neben ihm, wie ein Schildträger, leuch
te Peter, mit mehreren nassen Decken
behangen. Ohne ein Wort zu verlieren,
nahmen die Beiden daS junge,vorAngst
nahezu wahnsinnige Weib bei den Ar
men, und so schnell sie laufen konnten
ging's nach einer Lichtung in der Pla
ntage, wo der Boden frisch aufgeackert
und »och ein wenig feucht war. In
«ine Furche, mitten in ''cm Acker, war
fen sich alle Drei platt auf's Gesicht,
und Peter breitet« schnell und vorsorg
lich die feuchten Decken über sie.
Dann hörten sie's erst dich! hinter
sich sausen und zischen und prasscln,
und der Athem ging ihnen sast aus in
dem brenzlichen Rauch, der jctzt wel
lenartig über sie dahinzog. Dann
hörte man das unheimliche Geräusch
neben sich ganz dicht. Und schließ
lich trug ihnen der Schall die scharsen,
knatternden Laute vsn der anderen
Seite zu.
Sie waren gerettet. Gerührt und
die Augen voll flehender Liede auf ih
ren Gatten gerichtet, sank Eoith in des
sen Arme, während Peter schmunzelnd
dabei stand und sich sein i'chte.
Der Major hat nie erfahren, wie na
he der Schiffbruch seinem Eheglück ge
wesen. Ja, er machte sogar trampf
hafte Anstrengungen, um feinen Freund
Arthur Selfridge zu längerem Verwei
len auf Edith Ranch zu bestimmen.
Allein Herr Selfridge hielt seine etwas
scheuen, schuldbewußten Augen aus
das Antlitz der jungen Frau gerichtet.
Und darin mochte er wohl sein Ur'heil
gelesen haben, denn er reiste noch am
selben Abend ab.
Verhängn i ß v o l l e r
Irrthum. Mann (spät nach Hause
kommend, zur Frau): „Heute ist mir
ein Malheur passirt. Ich hab' in den
Musik - Automaten beim „Grünen
Baum" ein zehn Kronenstück statt einen
Kreuzer geworfen." Frau: „Na, daS
hast Du doch dem Wirth gesagt und
der hat das Goldstück Dir zurückgege
ben?" Mann: „Das schon; aber so
lange der Automat spielt, kann man
dort bleiben müssen, bis er 6öt> Mal
den Radetzkymarsch gespielt hat!"
Unmöglich. Na, Cohn, wa
rum sind Sie so ärgerlich? Nun,
ich bin wüthend; Rosenthal sagt mir
den geschmettert? Wie heißt zu Bo
— Wissenschaftlicher Ei
— Probates Mittel. Jung
— E r k a n n t. „Möchten Sie mich
Engländer, dort vorstellen?" „Wie
oiel brauchen Sie denn?"
Der Martinsvogel.
»Eine jute, jebratene Jans Ist ein«
jute Jabe Jottes" sagt mit einem Ge
sichtsausdruck. daß dem Zuhörer un
willkürlich das Wasser im Munde zu
sammenläuft, der Spree - Athener.
Aber auch außerhalb des Bannkreises
der großen Metropole gibt es Leute,
die diesen, speziellSankt Martinus ge
widmeten Booel zu schätzen wissen und
die, wenn die allzeit geschäftige Frau
Fama Recht hat, von dem Dasein des
ehrwürdigen Kalenderheiligen nur
durch besagten Leckerbissen unterrichtet
sind. Warum eigentlich der fromme
Märtyrer zu der Ehre, Pardon,
wollte sagen wie der Gefiederte vom
uralten Geschlecht „Anser", die schon
bei dem bekannten römischen Kapital
«ine hervorragende Rolle gespielt, zu
der hohen Auszeichnung gekommen, in
einem Athemzug mit einem so berühm
ten Heiligen genannt zu werden, ist
wohl den meisten «in ungelöstes Räth
sel und wenn Du, verehrter Leser,
es nicht weiter sagen willst mir
auch!
Die Hauptsache ist und bleibt, daß
diese unstreitbare Thatsache auch einen
Nichtberliner, den jovialen, wohlha
benden Partikulier Erasmus Schnipp
chen in Dresden veranlaßt hatte, an
seinen inßerlin lebenden einzigen Bru
der, den Tobias, zu schreiben, daß er
am elften November, Mittags 2 Uhr
bei ihm eintreffe und mit ihm und des
sen erwachsenem Töchterchen, seinem
Pathenkinde, das er aber seit dem
Taufschmause nicht wieder gesehen,
einen r«cht schönenGänsebraten zu ver
zehren wünschte.
„Ja ja, mein lieber Tobias," so
schloß die lange Epistel des alten
Junggesellen, „man wird älter und da
fühlt man denn das Bedürfniß, seine
Verwandten mal wiederzusehe».
Hauptsächlich verlangt es mich, auch
Deine Alma kennen zu lernen, da sie
nach Recht und Gesetz doch diejenige ist,
welche mich einst na, alles übrige
mündlich man muß den Pferde
fllßigen nicht an die Wand malen!
Dein getreuer Erasmus."
Mit athemloser Spannung las Herr
Tobias Schnippchen früh morgens am
Kaffeetisch den Brief seines reichen
Bruders, dessen angekündigter Besuch
«in Ereignis; in seinem Leben bildete,
welches seit Alma's Taufe nicht dage
wesen war. Nicht, daß etwa die bei
den Brüder sich schlecht gestanden, im
Gegentheil, sie liebten sich auf das In
nigste, aber Erasmus war bequem und
Tobias durch sein Geschäft gebunden,
außerdem trotz aller redlicher Arbeit
und Mühe nicht in der Lag«, Vergnü
gungsreisen zu unternehmen. Krüh
verwittwet, war ihm aus seiner kurzen
Ehe nur ein Töchterchen, seine jetzt in
vollster Jugendfrifche blühende Alma
geblieben und nahm „das Kind" seine
ganze Ait und Gedanken in Anspruch.
Schmunzelnd studirte er noch einmal
den verheißungsvollen Schlußsatz des
Briefes, na, wenn Erasmus weiter
kein Verlangen trug, da konnte dem
guten Manne ja geholfen werden!
Mit geheimer Sorge hatte er näm
lich bemerkt, daß sein Liebling sich
mehr, als es die allgemeine Nächsten
liebe erforderte, mit dem Ergehen sei
nes jungen Nachbarn, der sich seitKur
zem als Kaufmann etablirt, beschäf
tigte. Dieser war im Uebrigen ein
der aber Alles noch von der Zukunft
hoffte, auch öfter, als es gewöhnliche
kräftig.
deren Morgenanzug trat über die
Schnelle.
„Aber Alterchen, ich habt d?ch so
bedeutet doch stets, daß etwas Beson
„Da. lies!" schob Tobias der Zwei-
Lrhnstuhl. Die gehofft« Wirkung
lich mühsam sein Lachen über ihren
Schreck bekämpfend. „Ach. entschul
dige Väterchen, ich dachte ich meinte
und knusperig muß sie sein knus
perig besonders die Beine!"
„Natürlich, natürlich, lieber Vater,
es soll etwas ganz Exquisites werden,"
versicherte Alma eifrig, heilfroh, so
gnädig mit ihrem Verplappern davon
gekommen zu sein. Gottlob, der Alte
schien ja noch nichts zu ahnen, sonst
wäre ein ordentliches Hagelwetter auf
ihr Haupt niedergeprasselt. Merkwür
dig, wie Väter so blind sein können,
glaubte er wirklich, daß Arthur seinet
wegen so oft käme? kalkulirte sie bei
sich im Stillen. „Hm, hm, eigenthüm
liche Einbildung!"
Der Martinstag erschien. Alles
war auf das Schönste besorgt. Mit
Dore, ihrem Mädchen ftr AilcS.^war
geputzt und gescheuert, die gute Stube
gelüstet, die weißen Kattunüberzüg«
entfernt und die mit einer
dicken Blätterguirlande und leuchten
den Georginen bekränzt. Der Tisch
war auf das Sauberste gedeckt mit dem
guten, grüngeränderten Service, das
noch von Mutterns Aussteuer herrühr
te, und in der Küche brodelte die nach
allen Regeln der Kunst zubereiteGans,
mit ihrem Aepsel- und Majoningeruch
dick/neben°dem Bratofen postirt und
hatte die strengste Weisung, alle fünf
Minuten tüchtig zu begießen, welches
Geschäft Alma aber zur Sicherheit noch
selbst überwachte, da die heutigen
Dienstboten im Allgemeinen zu unzu
verlässig sind und Dore's Wiege im
Besonderen ganz in der Nähe der be
rüchtigten Insel Borneo gestanden ha
ben mußte, ihren manchmal haarsträu
benden Exercitien nach.
Zu des Onkels Empfang war nun
alles bereit und dennoch seufzte Alma
tief betrübt, ihrer Meinung nach
fehlte noch die Hauptsache! Ihr ge
liebter Arthur wußte nämlich noch kein
Sterbenswörtchen von dem sensatio
nellen Ereigniß, das ihr Gemüth in so
große Aufregung versetzte und wie un
endlich viel hing jedoch für sie Beide
von diesem Besuche ab! Nein, es war
wirklich nicht zu ertragen! In zwei
Stunden konnte der Onkel da sein,
dann war es zu spät. Sie mußte ver
suchen, Arthur sofort aus «ine Minute
zu sprechen. Der Vater war noch im
Geschäft, also war jetzt der günstigste
Moment. Mit Schwierigkeiten war
dies weiter nicht verknüpft, sie brauchte
nur hinunter auf den Hof zu gehen,
auf den ja auch das Fenster seines
Comptoirs sah und das Uebrig« würde
sich dann schon finden! Gedacht ge
than! wie der Sturmwind sauste sie
noch einmal in die Küche, inspicirte den
Gänsebraten und stellte Dore Folter
qualen in Aussicht, falls sie sich vom
Bratofen fortrührte. Die Küchenfee
verschwor sich hoch und theuer, nichts
zu versäumen und hinaus war Alma.
Eine Minute nach der andern ver
strich mit bleierner Langsamkeit, Dore
räkelte sich und gähnte, daß das ganze
Gesicht nur als ein großes Loch er
schien. Es war doch eine starke Zumu
thung von ihrem Fräulein, daß sie wie
angenagelt am heißen Ofen stehen soll
te. Zu dem war sie von den vielen
Scheuern und Arbeiten redlich müde,
ein wenig hinsetzen konnte sie sich wohl
mal. Ach wie gut das that! nun die
Augen ein Bischen zugeklappt, der
Gans konnte ja nichts Passiren, sie
hörte ja, wie sie sanft und leise schmor
te, es klang so lieblich, so süß und be
ruhigend, beinahe wie das Wiegenlied,
was sie immer sang, als sie noch bei
Schulzens in der Grünstraße Kinder
mädchen war. Sum, fum, fum
der Kopf sank immer tiefer auf den
Busen und bald verkündigten tiefe, re
gelmäßige Schnarchtöne, daß Dore
sanft und selig entschlafen!
Huh, wie schadenfroh die Fun
kengeister im Bratofen knisterten und
stoben, als sollte der ganze Bau aus
einandergesprengt werden schwar
zer Rauch drang aus der Osenthür
und ein penetranter, brenzlicher Ge
ruch erfüllte die ganz in qualmende
Wolken gehüllte Küche und stieg end
lich auch in das tiefgesenkte Riechorgan
der schlummernden Küchenfee. Blöde
öffn«te sie die schmerzenden Augen und
erwachte dann mit einem furchbaren
Schrei zum Bewußtem.
In demselben Augenblicke wurde
auch mit Vehemenz dieKüchenthür auf
gerissen und schreckensbleich standAlma
hast Du mit der Gans gemacht?" kam
es in Tönen des höchsten Entsetzens
über ihre bleichen Lippen.
„Wahrhaftig nichts," b«theuerte ton
los, aber wahrheitsgemäß die zitternd«
Dore, „ich hotte mich blos «in bischen
hingesetzt"
„Bist dann natürlich eingeschlafen
und unterdeß ist die Gans total ver
brannt," wimmerte Alma händerin
gend, „o Gott, was wird Vater sagen,
ich darf ibm gar nicht wieder unter die
Augen treten. Dore, Du Unglücks
wurm, nicht eine Minute kann man
Dich allein lassen!" Daß diese „Mi
nute" über eine halbe Stunde seligen
Plauderns mit Arthur gedauert, schien
sie über den Schreck total vergessen zu
haben. Aber Arthur, Onkel, Alles
verschwand in diesem Moment "or der
Sorge, den unausstehlichenGeruch und
Qualm zu entfernen und das Malheur
vor dem Hausherrn zu verheimlichen.
Um die heillose Verwirrung noch grö
ßer zu machen, schellte es plötzlich wie
rasend an der Flurglocke; Alma öffnete
höchst unanädig und vor ihr stand ein
alter, freundlicher Mann, der nach
Herrn Tobias Schnippchen fragte.
„Vater ist nicht zu Hause," gibt sie un
wirsch. das ganze Gesicht von Thränen
überströmt, zur Antwort und will eilig
die Thür .zuschlagen. sieht^
getrieben von dem Bedürfniß, sich einer
mitfühlenden Seele anzuvertrauen,
ihm mit der Geschwindigkeit eines
Mokkakäfers ihr ganzes, schwer bela
denes Herz ausschüttet.
„Na. wenn es weiter nichts ist," trö
stet sie der Alte gutmüthig schmun
zelnd, „da will ich dem armen Fräu
lein gern«, recht gerne helfen. Wenn
Sie gestatten, so besorge ich Ihnen so
fort aus einer Restauration einen ge
bratenen Gansvogel »ebst Zubehör, am
heutigen Martinstag ist >a an dieser
Spezies kein Mangel, und weder der
Herr Vater, noch der schlimme Onkel,
der ja an dem ganzenUnglück schuld ist,
merken ein Sterbenswort davon!"
„Ach, Sie lieber, bester Herr, wollen
Sie wirklich so gut sein?" jubelte Al
ma, plötzlich vorFreude strahlend, „wie
soll ich Ihnen für Ihre Güte danken!
Hier haben Sie ein Zehnmarkstück,
aber bitte nun auch recht schnell, ehe
Vater kommt. Ach, Sie guter, präch
tiger Herr, ja wie heißen Sie denn
eigentlich?" I' b s K' d
habe jetzt keine Zeit, es macht mich
nur glücklich, daß ich Ihnen Helsen
Tiesgerührt drückte Anna dem Ret
ter die Hand und es fehlte nicht viel,
so wäre sie ihm um den Hals gefallen.
„Aber bitte, bitte, reinen Mund ge
halten!" rief sie dem Davoneilenden
nach.
Rasch machte sie sich nun mit der
vollständig geknickten Dore daran, die
letzten Spuren der Bratofen-Orgie zu
»«rwischen und das verkohlte Corpus
delicti zu beseitigen.
Keine Viertelstunde war verstrichen,
als ein Hotelbediensteter an der Hin
terthür erschien und ihr in «in«m Kor
be eine delikat«. f«tte. gebratene Riesen
gans, ein wahres Prachtexemplar nebst
der dazu gehörigen Tunke überreichte.
Wer war froher als Alma und
Dore!
Sofort wurde der unschätzbare Vo
gel in den in Ordnung gesehen Ofen
prakticirt, um im richtigen Moment,
als Glanz- und Kernpunkt des Me
nüs, heiß und dampfend, wie ein eben
fertig gestelltes Kunstwerk, aus der
Tafel zu erscheinen. Es war aber
auch die höchste Zeit gewesen, Vaters
Schritte «schalten bereits wuchtig auf
der Treppe und mit ihm schien bereits
der Onkel zu kommen, der lebhasten,
freundlichen Unterhaltung nach zu
schließen.
Richtig, die auteStube wurde ge
öffnet und gleich darauf erscholl kräf
tig der Ruf: „Alma, Bombenelement,
wo steckst Du denn?"
„Da bin ich schon," und frisch und
rosig angehaucht von der überstande
nen Aufregung und der Küchentempe
ratur, schlüpfte Alma in das Zimmer,
um den Onkel zu begrüßen.
Aber Himmel! was war das!
Grün und schwarz wurde es ihr vor
den Augen und ganz entgeistert starrte
sie den vor ihr stehenden, aus vollem
Halse lachenden Onkel an, der o,
Schrecken kein anderer war als der
menschenfreundliche Helfer aus der
Noth!
„Na, komm an mein Herz, geliebte
Nichte, bin ich denn so fürchterlich, daß
Du ganz blaß von Schreck wirst," und
das erröthende Mädchen in seine Arme
schließend, flüsterte er ihr leise zu: „Es
bleibt unter uns. Bater erfährt kein
Wort, nur Dein Arhur" und laut
fügte er jovial hinzu: „Nun Kinder,
jetzt zum delikaten Martinsbraten, ich
habe einen mordsmäßigen Hunger!
Tie siinf Sinuc und der Wein.
Ich seh' vor mir erblinken
Den edeln Feuerwein!
Er ladet mich zu trinken
Mit blankem Gruße «in!
Ich rirche seine Düfte!
Berauschend wunderbar
Erfüllen sie die Lüfte
Als eine Geisterschaar!
Ich höre! o ich höre
Erklingen Glas an Glas:
Wie helle Engelschöre,
So lieblich tönet das!
Ich schmecke ihn! o Wonnen.
Wie das hinunterfließt.
Als wie ein frischer Bronnen
Sich in den Sand ergießt.
Ich fühle ihn! mein Magen
Empfindet seine Kraft:
Unendliches Behagen,
Das mich zum Gotte schafft!
Durch dießlume. Gast:
„Sind Sie der Wirth?" Wirth:
„Allerdings mein Herr, was wünschen
Sie?« Gast: „Sie können mir eine
Auskunft geben. Haben Sie vielleicht
dem Kellner gesagt, er solle mit dem
Beefsteak so lange fortbleiben, daß Sie
nachher Logis berechnen können?"
Das Entbehrlichste.
Ehemann (am Telegraphenschalter
eines Badeortes): „Bitte das Tele
gramm zu befördern hier sind fünf
zig Pfennige." Beamter: „Es sind
aber elf Worte." Ehemann: „Dann
lassen Sie „treuer" bei „Gatte" fort."
Kaufmän n ch erD ä m-
Kundfchaft!
Bor Gericht. Richter: Sie
gezogen? Angeklagter: Ja!
Richter (überrascht): Was, Sie geste
hen die That ein? Angeklagter:
Nee! Abschwören will ich se!
Gefährlicher Moment.
das Zimmer eines Gastes treten will):
Lassen Sie den Mann jetzt c.llein; er
hat soeben die Rechnung bekommen!
Dil DoiS-Rcymond.
In dem hohen Alter von 73 Jahren
ist der berühmte Pbnliologe Emil du
Bois-Reymond in Berlin auö dem Le
ben geschieden. Der Verstorbene ist
am 7. November 1818 als der Sohn
eines Schweizers, Felix Henri du
Bois-Reymond aus Neuchatel, der es
vom Uhrmacherlehrling bis zum Mi
nisterrath in Berlin gebracht hatte, ge
boren. Der junge du Bois-Reymond
begann imJahre 1837 das theologische
Studium, trat aber schon im nächsten
Jahre in die medicinische Facultät
über und erwarb sich neben den Fach«
sche sowie mathematische Bildung.
Schon seine Doktordissertation ent
hielt Untersuchungen über die chemische
Beschaffenheit des Muskels und die
Veränderungen, welche sie bei der Zu
sammenziehung erleidet. Im Jahre
1841 trat er an die Untersuchung der
Beziehung des Muskels zur Elektrici
tät heran und veröffentlichte bcreits
1843 eine Reihe grundlegender Ergeb
nisse. Im weiteren Verlaufe seiner
Arbeiten beschenkte er die Wissenschaft,
deckungin, mit einer Reihe der zuver
lässigsten Werkzeuge zu weiterer For
schung.
Emil du Bois-Reymond.
Diesen wissenschaftlichen Leistungen
fehlte es nicht an äußeren Erfolgen.
18L0 18S3 folgte du Bois-Rey
er Mitglied der Berliner Academie der
Wissenschaften. Seine Arbeiten wäh
rend der nächsten Jahre faßte er in
zwei Bände „Ueber thierische Elektrici
tät" zusammen. 1858 wurde er der
academie gelehrt hatte. Seine wissen
schaftliche Thätigkeit im Einzelnen
weiter zu verfolgen, würde zu weit
Ueberzeugung gewonnen hatte, daß der
elektrische Schlag dieser Thiere nichts
anderes sei als ein verstärkter Muskel
strom. Er machte seine Beobachtun
iibergeben.
Aber du Bois-Reymond's Bedeu
tung liegt nicht allein auf fachwiffen
schastlichem Gebiete. Kaum Professor
geworden, begann er die öffentlichen
ster Forni eine Darstellung der natur
wissenschaftlichen Weltanschauung
überhaupt unfeinen Ueberblick über
Aha!
sie gar nicht leiden.
Cousin (Student): Merkwürdig,
Cousine! Mir geht es genau so mit
A' Wettersäule
nachher Vorstellung d«s HanSjörgl,
Moderne Auslegung.
„Wie nennt man «in Kind, das nie
lügt?" „Ein «n/ant tcrridle!"
Bitter Ich sag Ihnen,
so 'ne Ehe ist dir reine Strafanstalt!"
„Ja, und Sie scheinen nicht mal
Director zu sein!"