Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, November 26, 1896, Page 2, Image 2

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    2 Uom Sauerkraut.
' DaS ist ein echt deutsches National
gericht, das sich neben jedem anderen
wohl sehen lassen darf, denn es er
scheint auf den Tafeln der Reichen
ebensowohl wie der Armen, der Für
sten sowohl wie des Bauern und deS
Tagelöhners. Aber auch von anderen
Nationen ist es gewürdigt worden, so
gar von den Herren Franzosen, die sich
die ersten Feinschmecker der Welt diin-
Ein Deutscher hat's zuerst gebaut,
Drum ist's ein deutsches Essen."
Die erste urkundliche Erwähnung
des Sauerkrautes geschieht in den Ca
pitularien Karl's des Großen, »o auch
bereits Andeutungen über die Art und
die Zeit des Einmachens zu finden
sind. Vielleicht verdankt das seitdem
zu so großer Verbreitung und hoher
Anerkennung gelangte Gemüse seinen
Küchenmeister in einem der damals
ausblühenden Klöster. Es hat daher
»in recht ehrwürdiges Alter.
Läßt der oben erwähnte Dichter sich
dann weiter vernehmen:
„Und wenn ein Fleischchen weih und
mild
Im Kraute liegt, das ist ein Bild,
Wie Venus in den Rosen"
so bringt dieser schöne, dichterischeVer
gleich uns auf die zum Sauerkraut ge
hörenden üblichen Beilagen. Am mei
sten wird es mit etwas „Schweiner
nem" genossen, und die Annahme, daß
diefeZusainmenstellung ebenfalls deut
schen Ursprunges sei, dünkt uns keine
allzu gewagte, da schon die alten Ger
manen eifrige und erfolgreiche
Schweinezüchter waren. Deshalb wer
den sie auch als die Erfinder des Ein
pökeln« und Räucherns angesehen wer
den können. Wenigstens verstanden die
altdeutschen Hausfrauen diefeKunst so
vortrefflich, daß selbst die römischen
Feinschmecker Rauchfleisch aus Germa
nien bezogen, und der westfälische
Schinken bereits zur Zeit Diocletian's
als Delicatesse galt. Als nun das
Sauerkraut erfunden war, da lag
nichts näher als die Vermuthung, daß
das Schweinerne vorzüglich dazu pas-
Genießen uiif're duft'ge Speise,
Dann tritt zunächst das braveSchwein
In seine vollen Rechte ein.
Und des durchwachs'nen Speckes Saft
Durchdringt das Kraut mit würz'gem
Saft."
leberpaftete, Leberklöße, Gänsebraten,
Krammetsvögel, Rebhühner, Wild
braten, gebacken«? Aal, gespickter Hecht.
das Sauerkraut auf feinem Tische
nicht fehlen durfte. Kaiser Wilhelm I.
liebte es mit Erbsenbrei oder den hifto
es in Musik setzen können, wie die
Sein Standpunkt. Alter
Trinker: „Was nützte es den Phöni-
Wunsch. Man»
<zu seiner Frau): „Alte, Tag für Tag
wirst Du älter! Könnt'st Du nit a—j
Lasserl Wein sein?"
Das neue Ziel.
Vo« Roseiilraiitz Johnsen.
Capitän Robert Smith ging stolz
und froh auf der Kommandobrücke der
.Ellida" auf und ab. Es»war seine
erste Reise als Capitän, und ging nun
alles gut, so würde er in ein paar Ta
gen niit der Ladung im Hafen sein
als erstes von allen Schiffen, die nun
Wille aller Welt ihre Verlobung anzei-
Ramscheer herum", sagte der Lotse.
„Außen herum?" Der Capitän blieb
stehen und sah sich um.
„Ach, was! Es hat keine Gefahr,
ist ja so hell."
salin^
ihr gerade jetzt spazieren! Er ballte
die Faust in derTasche —vielleicht tanzte
jemand mit ihr, begleitete sie aus eine»
Gesellschaft nach Haufe vielleicht
spät am Abend. Er entsann sich, wie
er selbst einmal Nachts Maja Bömer
von einer Gesellschaft nach Hause ge
sie sonderlich Widerstand leistete
machen.
Ach, nein, Elisa war wohl treu.
Ihre Augen logen nicht. Und nun
war er ja in materieller Beziehung
obenauf; viel weiter konnte er nicht
kommen. Ihr Vater konnte nichts
Vernünftiges gegen die Verlobung
Mensch auszusetzen. Ach was! Es
würde schon gehen. Wenn er nur wie
der wohlbehalten von der Ostsee da-
Seine Pfeife war ausgegangen, und
er mußte sich eine neue stopfen, aber
den Tabak hatte er unten in der Ca
jüte liegen. Ehe er hinunter ging, um
den Tabak zu holen, betrachtete er
sorgfältig den Kurs, in dem.Ellida"
' > ' ei
auf. Ha, ach, ja, was für ein schöner
Sommerabend! Hält sich das Wetter
so, dann sind wir in zwei Tagen zu
Hause."
Wie es auch zusammenhing, ob es
In hellerSommernacht, bei stiller Lust
und spiegelblankem Fjord. Es
war ja wohl wahr, daß der Lotse sich
auf Deck befand, als es geschah; abei
Wesen, um sich eine Pfeife zu stopfen,
als das Schiff auslief.
Und weil er ihre Photographie bese
hen und ihren letzten Brief durchgele
sen hatte, darum war das Schiff auf
gelaufen! Aber das erzählte er der
Rhederei nicht, noch den Männern des
Seegerichts; auch ihr nicht, um derent
von der seinen Abschied. All^
trafen haben. Und EUsa hatte Gele-
Berlobung zwischen ihnen sein könnte;
jedenfalls jetzt nicht. Ihr Vater wäre
so empört über den Schiffbruch. We
versichert.
Versichert! Diese Vermischung ih
res Liebesverhältnisses mit dem Werth
des Schiffes und der Fracht diese
Werthschätzung in baarem Gelde
zer Wuth geballt. Er lachte sich selbst,
aussetzen, daß jemand es sich einfallen
lassen sollte, ihm sein Mitleid auszu
drücken. Er brauchte kein Mitleid!
lenskrast, er war tüchtig in dem, was
zu einem Fach gehörte. Die Welt war
groß. Man konnte überall tüchtige
Leute brauchen wenn nicht hier un
ter diesen kleinlichen, selbstgefälligen
Krähwinklern, so doch im Auslande!
absetzender oder mitleidiger Weise von
ihm sprachen. Sie wußten, daß er
ein tüchtiger Mann wäre; aber gleich
viel er hatte Pech gehabt, und das
war nun einmal die größte, die
gehen konnte. Jetzt machte man na
türlich alle möglichen Fehler bei ihm
ausfindig, einige mit mitleidigen Be
selbst Pech gehabt hatten. Hätten sie
jetzt vor ihm gestanden, während er
herumging und sich härmte, er hätte sie
mit seiner kräftigen Faust zu Boden
geschlagen.
Und dann sie, die ihn nun imStiche
gelassen hatte, da sie gerade als ehrliche
und treue Kameradin hätte hervortre
ten und gegen alle andern seine Partei
nehmen müssen. Was für ein erbärm
licher Zug! Er richtete sich straff
empor und spuckte voll Verachtung
aus Gott sei Lob, daß niemand
von ihrer Verlobung gewußt hatte.
Aber nun bekam er wohl bald einen
Nachfolger, und dann würde sie sich
interessant machen und erzählen, daß
er, der arme Robert Smith, vergeblich
um sie gefreit hätte.
Es vergingen noch einigeTage, wäh
rend deren seine Sachen in Ordnung
gebracht wurden. Und eines Nachts
verließ er mit einem Billet nach Hull
die Stadt.
Das thut doch gut, hinauszukom
men! Nun war er die fragenden Au
gen, die taktlos redenden Mäuler los.
Aber der Gedanke daran, daß man
daheim in den Kreisen der Collegen
über seine Fehler und Mängel als
Seemann räsonnirte,wurmte ihn doch.
Es war nur gut, daß er nichts davon
hörte; aber in der Phantasie rief er sich
die Stimme von dem und dem in's
Gedächtniß zurück, den er als beson
ders selbstzufrieden kannte, und är
gerte sich gründlich über ihn. Dort
war nun einmal seine Welt, und in
ihr hatte er eine Niederlage erlitten.
Und das sozusagen um eines elenden
Frauenzimmers willen, das ihn ge
rade im Stich gelassen, als es darauf
fultate dir Niederlage zeigen! Seine
stahlblauen Augen flammten, und er
biß die Zähne knirschend gegeneinan
der und ballte die Faust. Er wollte
wieder von vorn anfangen,wollte spar
sam leben und arbeiten, und es muhte
dann doch toll auf der Well zugehen,
wenn nicht ein ordentlicher, fleißiger
und verständiger Mann sich eine neue
Stellung sollte schaffen können. Die
englische Sprache beherrschte er wie ein
Eingeborener, seine Name Smith war
so echt englisch, wie Olsen norwegisch
ist, und breitere Rücken und kräftigere
Fäuste als die seinigen gab es wohl
kaum dort oben in England.
Bereits ein paar Tage nach seiner
Ankunft in Hull bekam er Dienst als
Matrose auf einem englischen Dampf
schiff, das mit Getreide nach-dem Mit
telmeer ging. Er brachte seine Sachen
an Bord und ging aus ein Telegra
phenbureau, um seinen Eltern seine
neue Adresse mitzutheilen. Während
legraphenbureaus stand, guckte er
durch das kleine viereckige Fensterchen
in der Wand in das Abfertigungs
zimmer hinein. Dort drinnen sah er
den Kopf einer jungen hübschen Tele
graphistin, gleichsam umrahmt von dei
Umfassung des FensterchenS. S«
hatte braunes lockiges Haar, braun,
Auaen und ein seine! griechisches Pro-
fil. In dem Ohr, das sie ihm zu
wandte. blitzte ein ganz kleiner Edel
stein. Smith betrachtete mit Wohlge
fallen ihren Kops, während er abge
fertigt wurde.
Teufel auch, dachte er. sonderlich
lange Zeit braucht's gerade.nicht. bis
wir Männer einen neuen, angenehmen
Eindruck von einem Weibe bekommen.
Uebrigens soll es von nun an mit den
Frauenzimmergeschichten zu Ende sein.
Sie sind einem Manne, der im Leben
Wege.
Und in diesem Sinne lebte er die
ganze Zeit, während er als Matrose
mit der „Ambra" suhr. Einfach und
tlar in seinem Denken und Handeln,
forderte er dasselbe Auftreten auch
von andern, auch von den Frauen.
Sie waren gewiß alle gleich schlecht.
Geld und Putz, das war ihr A und O.
Sicher und zuverlässig machte er
seine Arbeit. Niemals klagte er, nie
mals machte er irgendwelche Schwie
rigkeiten. Der Capitän und die
Steuerleute entdeckten bald, daß er
ein gebildeter Mann wäre und zu
Allem gebraucht werden könnte. Und
Smith nahm das in seiner gegenwär
tigen Stellung wie ein Cvmpliment
aus. Einen besonders guten Eindruck
machte es auf seine Umgebung, daß er
Abstinenzler war. Es bereitete ihm
freilich einen kleinen Seeleniampf,
nicht in guter Gesellschaft einmal ein
Gläschen zu trinken. Aber das half
nichts: er hatte sich das Ziel gefetzt,
seinen alten Rheder daheim und des
sen Tochter und nicht weniger seinen
Collegen zu zeigen, was ein braver
Kerl erreichen könnte, wenn er wollte.
Ein schwieriges Hinderniß, das er
überwinden um in England
hier noch einmal machen, und dazu ge
hörte Geld. Darum wurde er der
Geizigste an Bord der „Ambra"; da
rum hörte er auch auf, Tabak zu rau
chen. Rauchen und trinken konnte er
später, meinte er, wenn bessere Zeiten
kamen und er mehr Geld hatte. Je
desmal, wenn er sich versucht fühlte,
diese Gelübde zu brechen, sah er in der
Phantasie den alten Wille und Elisa
und die Collegen daheim, und dann
war er plötzlich stark genug, die Ver
suchung zu überwinden.
sich an. Er dachte sich wohl, daß die
übrige Mannschaft ab und zu darüber
sprach, wer er fei und warum er als
gewöhnlicher Matrose fahre«; aber
wenn jemand ihm mit Fragen näher
klug waren, wie zuvor.
Er schrieb fleißig nach Hause und
bat seine Eltern und sein» Brüder,
daß es ihm ganz gut gehe und daß
er beabsichtige, demnächst das englische
Steuermannsexamen zu machen, so
bald er erst die Mittel dazu hätte.
mit dem ersten Steuermann aus der
„Ambra", Henry Hawkins. Si« spra
chen viel zusammen, besonders an den
ganze W«lt.
Es dauerte auch nicht lange, bis
Hawkins Gelegenheit fand, seine
Freundschaft zu beweisen. Als sie
nach Hull zurückkamen, wurde der Ca-
Posten berufen. Hawkins bekam die
Führung des Schiffes, und das erste,
was er that, war, Smith zum Quar
termaster zu machen. Dies machte
Smith so froh, daß er sich nur wenig
um dic Nachricht kümmert«, die er
gleichzeitig von Hause betam, daß
Elisa Wille mit dem Capitän Egge
verlobt wäre und sich bald verheira-
Er ging in's Telegraphenbureau,
um seine neue Adresse nach Hause zu
melden. Zu seiner Ueberraschting traf
er dort seinen neuen Capitän im Ge
spräch mit der schönen Telegraphistin,
die er das vorige Mal gesehen hatte,
als er in der Stadt war. Der Capi
tän nickte freundlich und stellte ihn ihr
vor: es war seine Cousine Miß Mary
Hawkins. Smith fühlte, daß er vor
der hübschen jungen Dame erröthete,
und machte, indem »r sich galant ver
beugte, eine scherzhafte Bemerkung
darüber, daß er sie schbn früher ge
sehen hätte. Und da sowohl sie als
auch Hawkins hierüber erstaunt er
schienen, mußte er ihr die Situation
näher erklären, in der er sie gesehen
hatte.
Nun begann eine neue Zeit für
Smith. Die „Ambro" ging dieselbe
Route wie früher, und er tonnte in
jedem Brief nach Haufe berichten, daß
es ihm gut ginge. Wenn er das näch
ste Mal nach Hull käme, wollte er wie
der eine Weile am Lande bleiben, flei
ßig studiren und sich dem Examen un
terwerfen. Sobald er damit fertig
wäre, würde er bei Hawkins einen
Steuermannsposten bekommen. Er sei
ein sehr intimer Freund von Hawkins
und kenne auch mehrere von dessen
Verwandten, schrieb er.
Als die „Ambra" nach beendeter
Contractzeit nach Hull zurückkehrte,
trennte sich Smith von Hawkins, um
zu arbeiten.
Diesmal war es für ihn nicht ei
gentlich nothwendig, kuf das Telegra
phenbureau zu gehen: denn er wollte
ja einige Zeit an Land bleiben, so daß
ein Brief nach Hause denselben Dienst
gethan hätte, wie ein Telegramm; aber
es hatte sich während seiner langen
Abwesenheit eine gewisse Sehnsucht in
ihm geltend gemacht, mit Frauen zu
plaudern, und im Telegraphenbureau
konnte er vielleicht Miß HawkWs tref
fen. Er ging also auf das Telegra-
Oft aber, wenn er zuhause saß und
studirte, mußte er an Miß Hawkins
denken. Aber er leugnete es vor sich
selbst, daß es der Gedanke an sie war,
der ihn jetzt so lebhaft zur Arbeit an
die Cousine Miß Mary.
bei ihrer Mutter, der Wittwe e!nes
Zufriedenheit. Die Gesellschaft aß bei
Mrs. Hawkins zu Abend, und Smith
durste Miß Hawkins nach Hause be-
Der Chef der Firma, Mr. Robert
und seine alten Eltern begrüßen könn
te. Es war fast zu viel zu hoffen, daß
so etwas bald geschehen würde; aber
Hawkins, und vergaß niemals, die be
sten Grüße seiner Familie und Miß
Hawkins zu senden.
Als er einige Zeit später nach Hull
zurückkam, ging er abermals an's
Grüße auch für Miß Mary," schloß
sein Brief.
Es war mitten im Winter, als
Smith zu studiren begann, und im
Monat Mai war er fertig, Er be
nachrichtigte nach glücklich bestandenem
Examen seinen Chef, Herrn Winche
ster, und ging darauf zum Telegra
phenamt, um die Begebenheit seinen
Eltern und gleichzeitig Miß Hawkins
mitzutheilen.
„Nun brauchen Sie sich meiner
nicht zu schämen", sagte er zu ihr,
„nun bin ich geprüfter britischer Ca
pitän."
„Ich bin stolz, einen so energischen
Mann wie Sie zu kennen", erwiderte
sie, mit einer feinen Röthe auf den
Wangen.
Smith drückte ihre Hand und sagte:
„Ich danke Ihnen. Es kommt nicht
ost vor, daß eine junge Dame so
spricht. Wollen Sie mir das Vergnü
gen bereiten, morgen Vormittag zu
Ihrer Tante hinauszukommen, damit
tie zusammen machen können? Sie
wissen ja, daß wir Seeleute so gern zu
Land fahren."
Miß Hawkins versprach, sich beur
lauben zu lassen und zu kommen.
Am nächsten Vormittag kam Smith
strahlenden Antlitzes in das Haus der
Mrs. Hawkins hineingestürzt. Er
war außer Athem, so daß er sich einen
Augenblick setzen mußte, bevor er reden
konnte.
„Was mir passirt ist! Nun steht
mir der Weg offen. Ich habe ein
Schiff bekommen. Gestern Abend be
reits wurde ich als Capitän auf Mr.
Winchefters Dampfyacht angestellt,und
in einem Monat reisen wir nach Nov
wegen."
„Mary wird sich freuen, wenn sie es
erfährt", sagte Mrs. Hawkins.
„Mary Mih Hawkins, meine ich
! weih es bereits. Ich muhte ja auf's
Amt und meinen Eltern die Neuigkeit
telegraphiren. Da sprach ich zufällig
mit ihr. In einer Stunde kommt sie
übrigens her. Auch ihre Mutter kommt
Junitag glitt „The Mayflower", Mr.
Robert Winchester's hübsche Dampf
yacht, in den norwegischen Hafen hin-
Es war Mr. Winchester's Wunsch,
hier einen Tag Halt zu machen, damit
der Capitän Gelegenheit bekam, seine
Eltern und seine Verlobte, Miß Haw
ausgereist war.
Eine Menge Menschen standen neu
gierig aus dem Auslughügel, um
„The Mayflower" ankern zu sehen.
Alle wußten, wer der Capitän wäre.
Und mit freudiger Genugthuung beob
achtete Smith sie von seiner Comman
dobrücke.
Smith und Mr. Winchester gingen
an's Land und wurden von den Eltern
und der Braut empfangen.
Aus dem Heimwege begegnete Smith
vielen alten Bekannten, die ehrerbietig
grüßten. Nur einen Augenblick war
er tieftraurig, als sie nämlich das
Haus des alten Wille passirten. Hin
ter einer Gardine in Frau Willi's
Zimmer sah er das abgehärmte und
abgemagerte Gesicht Elisas, die un
glücklich verheirakhet war und jetzt
neugierig nach den Fremden, nament
lich nach Miß Hawkins ausspähte.
Als er daheim bei seinen Eltern auf
Mr. Winchefters Glückwünsche zur
Verlobung antwortete, konnte er in
Wahrheit sagen, daß dies für ihn ein
großer Tag wäre vielleicht der
größte seines Lebens; dieses Tages
würde er immer gedenken, denn an ihm
hatte er sein Ziel erreicht.
Auf dem Wurme.
i ——
Der langjährige, kürzlich im Alter
von 91 Jahren verstorbene Verwalter
der Londoner Paulskirche, Mr. Hohn
Boxwell, erzählt aus seinen Erinne
rungen folgende Episode:
Der Blitzableiter, der sich über der
obersten Kuppel unsez-r Kirche erhebt,
war schadhaft geworden. AufAnord
sen und dann genauer zu untersuchen.
Bis zur Platform der Kuppel gelangt
man auf bequemen Treppen. Ueber
der Platform aber erhebt sich noch in
einem umfangreichen Knopfe und da
rüber von der obersten Blitzableiter
stange gekrönte Spitze. Dort hinauf
geht der Weg nur noch auf Leitern;
durch die Oeffnungen hat man einen
schönen Ausblick. Doch möchte ich
Niemand, der nicht gegen Schwindel
dreifach gepanzert ist, bis hierher zu
steigen rathen, denn dort schützt keine
Brüstung mehr. Wer sällt, der stürzt
von Kuppel zu Kuppel, über den
schmalen Vorsprung der Platform
hinweg hinunter auf das Pflaster der
Straße.
Während ich und der Zimmermann
in diesem kleinen Raume verblieben,
stieg der Schieferdecker in der letzten
Kuppel weiter empor, öffnete die Luke
neben der Fahnenstange und stieg durch
dieselbe auf «in bereits daneben be
festigtes schmales Gerüst. Von dort
erklomm er dann aus einer mitge
brachten kleinen Leiter den Thurm
knopf. Dort harrte seiner ein noch
schlimmeres Stück Arbeit. Die Leiter
reichte genau bis zur weitesten Aus
bauchung des Knopfes. Der Schiefer
decker aber mußte über die Ausbau
chung hinweg die Fahnenstange fassen
und sich daran emporziehen, bis er auf
den Knopf selbst sich stellen, von hier
die Fahne und.von dieser aus wieder
die Spitze des Blitzableiters erfassen
tonnte, um dieselbe dann auszuschrau-
Wir hatten unter unserer Kuppel
erst kurze Zeit gewartet, als wir plötz
lich von oben herab ein ängstliches
„Hilfe! Geschwiko! Hilfe!" er
tönte es von oben.
Als wir unsere Blicke nach auswärts
richteten, erblickten wir den Schiefer-
Sein Oberkörper befand sich über dem
Knopfe, während die Füße frei über
der gräßlichen Tiefe schwebten. Die
Helsen!"
zufassen.
„Nun. in Gottes Namen, laß los!"
rief er dem Unglücklichen zu.
Ich will es nicht zu schildern versu
chen. welche Angst mein Herz zusam
menschnürte, als ich den Körper de!
Bewegung mußte ihm und dem
braven Helfer Tod und Verderben
bringen.
Jedes Aechzen und Knarren der Lei
ter ging mir durch Mark und Bein.
Jedes kleine Schwanken der Bnken
frage mich aber nicht, wie wir den
Unglücklich«, schließlich von der Leiter
und dem beängstigenden schmalen Ge-
Arbeit: deän der letzte Rest der Besin-
Bewußtlosen fortzuschaffen. Jeder Er
fahrene weiß, wie schwer das selbst auf
ebener Erde ist.
Genug, wir brachten ihn glücklich
hinein und athmeten nun erleichtert
auf. Zwar war es noch immer schwie
rig den Ohnmächtigen auf endlosen
steilen Leitern bis zur Platform zu
schaffen. Jeder falsche Fußtritt konnte
auch noch jetzt uns zerschmettert in die
Tiefe stürzen. Endlich hatten wir
festen Boden unter den Füßen. Und —
es war die höchste Zeit, denn ich war
von der übermaßigen geistigen und
körperlichen Anstrengung wie gebro
chen. Ich mußte mich platt auf denßo
den legen und die Augen schließen.
Das Gleicht that auch der Zimmer
mann. Das Rettunaswert war gelun
gen, der Himmel aber behüte mich, daß
ich jemals wieder in eine solche Lage
gerathe!
Vorwärts.
Von Max Rciny.
Vorwärts! Vorwärts!
Fröhlich und frei!
Folge dem leuchtenden Ziele des Stre
bens,
Das dir flammt durch die Nebel des
Lebens,
Fliehe der Menge
Wirres Gewühl!
Lasse die Menschen dich nicht be-
Wenn sie mit hämischen, lauernden
Blicken
das Ziel! "
Jeder lebt in des
Tags Einerlei,
Aber nur Wenigen ward es gegeben,
Ueber das sliicht'ge, das tägliche Leben
Sich zu erheben
Fröhlich und frei.
Immer nur vorwärts!
Nimmer zurück!
Ahnt sie auch keiner, die heimlichen
Thränen,
Keiner das heiße, das glühend»
Herrlichem Glück.
Kämpfen und Ringen
Stählt dir die Kraft.
Willst du dich gegen den Feind nicht
wehren,
Bringt dich auch nimmer ein Sieg zu
Ehren,
Fliehst du den Kampf, wird der
Preis dir entrasst.
Wer des Gebirges
Gipfel besteigt,
Darf der Beschwerden des WegeS nicht
Bald^st's'erreicht'
Geistesarbeit weckt einen Bronnen
Ungeahnter, seliger Wonnen:
Strebe nur vorwärts,
Fröhlich und frei!
Vaterstolz. Fremder: „Im
ganzen Local ist kein leererStuhl mehr
zu finden das kleine Kind hier
könnte wohl auf den Schooß genom
men werden!" Einheimischer: .DaS
Kind behalt' sein' Stuhl; wer
weiß, ob's net mehr Bier trinkt, wie
Sie!"
Vorsichtig. Dame (beim
Engagement eines Kiadermädchens):
Ich hoffe, daß Sie Liebe zu den Kin
dern haben werden - meinen achtzehn
jährigen Sohn schließe ich natürlich
Lehrlings -Stolz. Erster
Schusterlehrling (zu seinem Collegen,
der eben vom Meister Hiebe bekommen
hat): Läßt Du Dir solch« Behandlung
denn so ruhig gtsallen? Zweiter
Lehrling: Ick sühle mir überhaupt
jarnicht getrossen.
AucheineOase. Wiistenrei
sender: Sie können sich die Gefühle
nicht vorstellen, wenn nach beschwerli
cher Reise eine Oase zur Ruh' und Rast
einladet. Studio: Als ob ich aus
dem Heimweg von der Kneipe noch nie
'nen Laternenpsahl gesunden hätte.
Boshastbemerkt. —Sag'
mal, der Herr, der Dich gestern Abend
begleitete, ist wohl ein Maler? —Wes-
halb? Nun, ich meine, er hat so ei
nen pinselhasten Anstrich!
Seine Freu de. A.: Aber
Ihren eignen Jungen so sürchterlich?
Lehrer: Das ist mein Privat-Ver
gnügen, meine einzig» ungetrübt«
Freude—denn hi«r kann mir Niemand
was dr«inr«den!