2 Hoitette einer 'Römerin. Es ist, besonders watz dir Putzsucht vnd die Toilettenkünste der Frauen anbelangt, eine sehr verbreitete Ge wohnheit, die Einfachheit der „guten alten Zeit" zu loben und dagegen als schreienden Gegensatz den Luxus unse rer Tage hinzustellen. Kehren w^zur sache doch einmal zur ältesten Zeit^zu- Mit dem Augenblicke, wo eine vor nehme Römerin das Lager verließ, und dies Pflegte in der Regel zu keiner sehr frühen Tageszeit, etwa um 10 oder 11 Uhr Vormittag?, zu geschehen, begann das wichtige Geschäft, sür die Erhal tung und Vermehrung ihrer Schönheit zu sorgen. Ihre Sklavinnen bereite ten ein Bad, trugen sie dahin und rie ben sie mit Bimsstein. War dieser Act vorüber, so begannen die Dienste der Cosmeten, Sklaven, welche ganz be sondere Geheimmittel zur Verschöne rung der Haut besaßen. Zu diesen Mitteln gehörte besonders ein erwei chender Umschlag, der auf das Gesicht gelegt wurde und dort oft Stunden lang liegen blieb. Häufig wurde auch diese Larve am Abend wieder vorgenommen und wäh rend der ganzen Nacht getragen, um das Gesicht vor jeder Berührung der Luft zu schützen. Mit Recht sagt da her Lucian: „Wenn man eine solche Dame in dem Augenblicke sieht, da sie vom Morgenschlafe erwacht und auf steht, so glaubt man, eine Meerkatze zu erblicken." Ueber ihr ganzes Gesicht ist nämlich eine Lage von Brodteig mit Eselsmilch geklebt, wodurch der Teint erhalten wird. Bei der Toilette nun nahm eine der Sklavinnen ihrer Her rin dm Umschlag ab und wusch ihr das Gesicht mit einem in Eselsmilch ge tauchten Schwamm, während eine an dere die Haut sanft rieb, um ihr die möglichste Frische zu verleihen. Pli nius erzählt, man habe zu diesen Rei bungen die Asche von Schnecken oder große, in Salz zerquetschte Ameisen gebraucht, ebenso beliebt waren Honig, Hühnerfett mit Zwiebeln vermischt, am geschätztesten aber das Schwanenfett, welchem die Zauberkraft innewohnen sollte, die störenden Runzeln vertrei ben zu können. Darauf bringt eine zweite Sklavin Salben und Schminke. Sie malt kunstreich das Angesicht ihrer Herrin mit Weiß und Roth und deu tet sogar mit zartem Blau die Adern an den Schläfen an. Ist nicht alles nach dem Wunsch der Gebieterin, die bisweilen in den Spiegel sieht, so er hält sie einen Nadelstich, auch wohl eine derbe Maulschelle. Eine andere Künst lerin reicht der Herrin Mastix, um dem Athem Wohlgeruch zu verleihen, putzt ihr die Zähne mit Marmcrstaub, und setzt in die Lücken künstliche ein. Das schwierigste Amt haken endlich die Haarkräuslerinnen. Eine derselben bestreicht die spärlichen Locken der Da me mit einer Goldsalbe, die «in galli scher Parfüineur geliefert; denn der Schmuck des Hauptes muß goldgelb sein, so will es die Mode; eine zweite formt mit einem Brenneisen unzählige Löckchen, eine dritte gießt geschickt mit dem Munde einen sanften Thau von Nardenöl darüber. Die letzte der enge Tourniire von weißer, egyptischer Leinwand, die, einem Hemde ähnlich, doch ohne Aermel, unmittelbar den Körper umhüllt, dann eine zweite von feinem, durchsichtigem Stoff, und hier auf die faltenreiche, seidene Stola. Dieses Gewand ist oben aufgeschlitzt, aber durch Spangen über den Schul tern zusammengeheftet, unter der Brust gegürtet und heraufgezogen, wodurch ein Theil malerisch über den Gürtel herabfällt. Den unteren Rand umgibt eine reich in Gold gestickte Fal bel. Ueber den ganzen Anzug wird che Falten bis über die Kniee reichen. Nachdem schließlich noch der meergrüne, seidene Schleier auf dem Haupte befe stigt, und Ringe, Armbänder und kost bare Ketten angelegt sind, begrüßen die Sklavinnen ihre Herrin mit lautem Jubel als das Meisterwerk der Schöp fung. Man gehe heutzutage in da» Toilet tenzimmer einer putz- und gefallsüchti gen Dame, und man wird sicher nicht den zehnten Theil der Künste ange wendet finden, die eine Römerin von Stande als unerläßlich zum guten Ton gehörig erachtete. Trost. Von H. Bellair, Scheint Mutterglück das Höchste Dir Und ist Dir's nicht beschieden, O klage nicht! Aus tiefstem Leid Erblüht oft reinster Frieden! Vor Deinem Blick liegt xa die Welt In sonndurchglänzter Weite, Wohlan! Folg' ihrer Schönheit Spur In fröhlichem Geleite! Weh, — Auf dieser Welt O heile sie Und kann Dir dieses Alles doch V Ersetzen nicht das Eine, Dann bleiben nur die Thränen Dir! ! . In stiller Nacht, dann weine! 1 AerVtam» mit dem Hold paar. gen Schmelzwerten und Laboratorien herrschte seit einigen Monaten eine un angenehme Spannung. Selbst der alte Herr Breckinridge, der in seiner Eigen schaft als erster Vice - Präsident und Geschäftsführer der großen Gesell schaft fast das ganze Jahr an Ort und Stelle zubrachte und der sonst immer mit heiterer, lächelnder Miene umher ging, denn es war vor Kurzem eine besonders goldreichc Quarzader in dem neuen Schacht angetroffen worden und die Ausbeute des gelben Metalls per Tonne Bruttogewicht war riesenhaft in die Höhe geklettert, selbst er zeigte jetzt häufig ein düsteres, beklommenes Gesicht. Und kein Wunder war es doch seit einiger Zeit constatirt wor den, daß Diebstähle an dem Goldstaub innerhalb des Laboratoriums zu den täglichen Erfahrungen zählten. Aber vergeblich hatte sich Herr Breckinridge bemüht, den Schuldigen ausfindig zu machen. Die 20 Assayers und Chemi ker, die in dem Laboratorium beschäf tigt wurden, waren fast ohne Aus nahme Leute, auf die man keinen Ver dacht hegen konnte. Zum großen Theil waren sie schon seit einer Reihe von Jahren in ihrer Stellung, und ihr ganzer Lebenswandel war derart, daß ein Mißtrauen in ihre Ehrlichkeit aus geschlossen schien. Und doch waren die Diebstähle nicht zu leugnen. Herr Breckinridge verfiel auf die List, die verschiedenen Angestellten, die in dem Plätze und die Zimmer vertauschen zu lassen, und ein alter, erfahrener De tectiv aus Sacramento half ihm, be hutsam Beobachtungen anzustellen. Aber auch das führte zu keinem Resul tate. Jeden Abend, wenn die genaue Untersuchung des genannten Personals aus dem Laboratorium vorgenommen ward, zeigte sich absolut nichts Ver dächtiges; nicht einmal genug Gold je an einem der Leute vorgefunden, und doch blieb es bei dem Fehlen ganz bedeutender Quantitäten dieses gelben Staubes, wenn die Erzeugung des Ta ges an feinkörnigemGoldc mit mathe auf diese Weise allein gegen 200 Un langer Discussion indeß wurde be schlossen, sämmtliche Angestellte des Laboratorium zu entlassen, wenn sich innerhalb der nächsten 4 Wochen der llrheber der systematischen Entwendun gen nicht herausgestellt haben sollte. Herr Breckinridge wurde Vollmacht er theilt, bei Ermittelung des Diebes keine Unkosten und Mühen zu scheuen. Am nächst«, Tay suchte Herr Breckinridge den berühmten „Old Sleuth" der Minendistricte, Phil. lich versank er in Nachdenken. Dann drückte er auf den Knopf ferner elektri schen Klingel. „Schicken Sie Richter her", befahl er dem eintretenden Boten. Der Verlangte kam. Er war ein jun ger, beinahe bartloser Deutscher, der gen in die Welt guckte. „Um Gottes Willen, den wollen Sie doch nicht etwa mit der Sache betrauen, die von ausfallendem Scharfsinn und völligerßeherrschung der Lage zeugten, sodaß sich Hnr Breckinridge sein Ge genüber nochmals, aber diesmal etwas aufmerksamer aufsah. Nach kurzem Zwiegespräch bemerkte Nichter: „Ich > glaube, ich weiß, wo der Haken steckt. dort das Terrain und die Personen studiren. Sie brauchen sich indessen um nichts zu kümmern. In einer, späte stens in zwei Wochen sollen Sie Ihren Marm in dni Fingern haben. Darauf Verdutzt blickte ihm Herr Breckin ridge nach. I n,ver—" be gann er, wurde aber durch Herrn Saunders unterbrochen. „Lassen Sie ihn nur machen," sagte dieser, „er wird das Geheimniß schon enträthseln." Der alte Herr kehrte nach der Mine zurück und sah und hörte nichts von dem Detectiv. Am Tage seiner Rück kunft hatte er allerdings einen zer lumpt und frech dreinfchauendenTramp bemerkt, der in dem.Camp" umher zustreichen schien und sich auch in der Nähe des Laboratoriums zu schaffen machte, der dann aber auf sein bar sches Gebot bald Fersengeld gab. Der Mensch war ihn gänzlich unbekannt und ziemlich verdächtig vorgekommen. Er vermuthete aber nicht im Entfern testen seinen „Greenhorn", wie erßich ter in Gedanken benannte, unter dieser Verkleidung. Im Lause der Woche nahm der junge Cranston, einer der im Labora torium angestellten Assayer, Urlaub auf drei Tage, um seine alte Mutter in Sacramento zu besuchen. Dies hatte der junge Cranston schon häufig ge than, ohne daß es irgendwie Miß trauen erregt hatte, und auch diesMal wurde ihm die Einwilligung bereitwil lig ertheilt, denn der jungeMann war einer der Lieblinge des alten Herrn Breckinridge; sein Vater war bei einer Explosion in der Golconda Mine vor 10 Jahren um's Leben gekommen, und der alte Herr hatte immer das Gefühl gehabt, daß die Gesellschaft dem Sohne etwas schulde. Das war auch der Grund, warum der 24-Jährige schon seit mehreren Jahren die glänzendeAn stellung und brillante Besoldung als Assayer bekommen hatte. Nach Ablauf seines dreitägigen Ur laubs kehrte der junge Cranston zu rück und nahm prompt seinen Posten wieder ein. Er sah noch bleicher und angegriffener als gewöhnlicher aus, aber als der alte Herr Breckinridge ihn theilnehmend frug, ob ihm etwas fehle, da hatte er nur lächelnd die Achseln gezuckt und erwidert, es sei nichts von Bedeutung. Doch am Abend desselben Tages er schien auf einmal Herr Richter im Privatbureau des Herrn Breckinridge, setzte sich auf einen Stuhl neben dem Schreibpult und sagte völlig gleich müthig: „Wa —a —a—s? Sie haben ihn? Wo ist er denn? Und wer ist's?" „Vordem ich Ihnen das sage, möchte ich vonJhnen wissen, ob es auf alleFälle bei der versprochenen Belohnung von HSOOO bleibt?" „Aus alle Fälle." „Ferner, ob Sie unter allen Umstan den den Schuldigen verhaftet haben wollen?" „Natürlich," stotterte d?r alte Herr. schädlich machen." „Auch wenn Milderungsgründe für ihn vorliegen?" „Hm, hm —was meinen Sie mit— Milderungsgründen? Ich will nicht hoffen, daß Sie mich zum Besten ha ben, Herr." der junge Detectiv. „Aber es wäre doch möglich, daß Sie Ihre Ansicht über den Dieb ändern, wenn Sie die nähe „Ja, ja, das wäre ja möglich—doch jetzt lassen Sie mich nicht länger inUn gewißheit. Heraus mit der Sprache, wenn Sie wirklich den Schuldigen ent deckt haben." „Entschuldigen Sie —ich will Ihnen das alles später mittheilen. Jetzt drängt die Zeit. Es ist halb 6 Uhr. tere Viertelstunde in Anspruch. Wol len Sie dann den Beweis für die Schuld des Betreffenden haben, so lassen Sie sofort Jim Cranston hier in Ihr Privatbureau rufen. Ich werde für das Weitere sorgen." Damit verschwand Herr Richter wie- Fünfzebn Minuten nach 6 Uhr stand Richter hinler dem hoben Ofen schirm im ein wenig verlegen, gegenüber. Mit schnellen Schritt trat Herrßich ter an die Thür des Zimmers und ver „Junger Mann Ihre Schuld ist Cranston aber schwieg hartnäckig. „Es nützt Ihnen nichts —Hier ist ein großes Becken mit klaren Wasser, wie Sie sich überzeugen können. Wol len Sie so freundlich sein und Ihren Kops da hinein stecken!" Jetzt wurde der Ertappte todten-; bleich, und mit den Händen fuhr er sich verzweifelt in's Haar. Es war ein mächtiger Schopf Haar, buschig und von eigenthümlich fahler, röthlicher Farbe. Dem scharfen Auge des Detec tivs entging es nicht, daß bei dem Um herwühlen der schlanlen, weißenFingei in diesem Haar ein feiner Regen Gol dstaub herausrieselte. „Ganz recht." sagte Richter, „Ihr len, Ihren Kopf in das Wasser zu stecken und ihn dort einige Minuten zu lassen, so werden wir das von Ih nen heute geraubteGvld sofort aus dem Boden des Beckens wiederfinden. Nun, stimmt's?" Der junge Mann fiel auf die Kniee. „Verzeihung—ja, ich bekenne mich schuldig," schluchzte er, „wie Ihnen es nicht. Aber es ist wahr, ich habe die Company seit Monaten fast täglich be stohlen, ich ganz allem. Aber, ob Gott, ich that es für einen guten Zweck. Es galt, das Leben meiner Mutter und das Glück meiner Schwester erhalten— es war unrecht von mir, ich gestehe es, aber lassen Sie Gnade für Recht er gehen, ich flehe Sie an!" Und er hob verziehen. Er erhielt einen anderen Posten, als Aufseher in einer Mine des Herr Breckinridge in Arizona, wo er nicht in ähnliche Versuchung geführt wurde und wo ihm das Gold nicht mehr in den Haaren kleben bleiben Die Geschichte, die Geheimpoli zist Richter dem alten Herrn jenen schloß daraus, daß Jener allein ver dächtige Umstände zeig.e: —Haarfär bemittel, ein dickes, buschiges Haar; eine Art, sich bei der Arbeit des Gold bei den Hantirungen mit dem kostba ren Metall sich fortwährend ablagerte, durch die Haare zu fahren sodaß jedesmal etwas von den Staub sich in den langen Haarschopf verfan gen mußte; feine Besuche inSacramen to und in San Francisco, wo er seine Beute an einen verschwiegenen Makler regelmäßig absetzte; und schließlich die Thatsache, daß er für seine Mutter, die lungenleidend war, ein hübfchesHäus chen dicht am Meeresstrande gekauft hatte, wo reine, milde Luft herrschte. Der alte Herr hörte betäubt zu. Dann schlug er den jungen Richter auf die Schulter. „Sie gefallen mir, junger Mann," rief er. „Treten Sie in unsere Dienste. Ich zahle Ihnen das Dreifache, was Sie von dem alten Bluthunde, dem Phil. Saunders, er halten. Gilt's?" Topp, schlug Richter in die darge botene Hand des Alten ein. Und von jener Stunde an ist nie wieder ein Diebstahl in der Golconda Mine vor gekommen. Japanische Sprichwörter. geil uns selbst." „Faule Leute ar beiten an Festtagen." „Wer schnell lernt, vergißt schnell." „Wenn ein Hund zu bellen anfängt, so bellen sie „Wenn Jemand seine Krankheit kennt, ist er schon halb geheilt. —,, U nbekannte in der Rühe sind besser, als kann in der Welt nicht steigen, wenn man sich ihrer Weise nicht beugt." „Ter Meister ist oft der Diener." „Ter Besiegte ist häufig der Zieger." „Der Fisch, dm man nicht gefangen hat. ist immer groß." „An die Götter wenden wir uns nur. wen» wir in Noth sind." „Seines Paters Liebe erkennt man erst, wenn man selbst Kinder hat." „Liebe ist ci.i Myste — Umschreibung. Freier: „Und wie viel geben Sie Ihrer Toch ter mit?" Vater: „So viel Tausender als sie Jahre zählt!" Freier: „Wie alt ist sie?" Vater: „38 Jahre!" Freier: Mi?gift." ° Ausdem medizinischen Examen. „Was können Sie mir über die Ursache der Seekrankheit sa gen?" „Sie entsteht, weil dem Men schen natürlich übel wird, wenn er Ueberfl ü 112 112 i g. „Ich ver nimmer schlafen, so bin ich in Tochter verliebt!" „Na da heira then Sie sie halt!" „O, meine Mama war in früheren Jahren ein rencmmir ter Klavier-Virtuose. Richter: „Umso bedauerlicher, daß Ihre jetzigen „Fin- Bauer: „Geh Michel, mach's Maul , Weng auf!" Michel: „Zu w>:s denn?" Bauer: „Ich möcht n>a fcho Teifi's Wind löscht ma alle aus." Sein Ideal. Herr (erzäh lend): „Da plötzlich verfinsterte sich der Himmel durch eine colossale Windhose, weit und breit. . Gigerl: „Weit und breit? Muß 'ne Prachthose gewe sen sein!" Kervstfäden. es für unmöglich erklären, wenn ihr erführt, daß sie schon einen vierzehn jährigen Jungen hat! sehr ernst. Mein Willy! und Griechisch schwitzen mußt, reist Deine Mutter in der Welt herum und läßt sich als junge Wittwe bewundern Willy, Geduld, suchte sich Frau Clara zu beschwichtigen, nur noch kurze Zeit, und wir sind wieder vereint. Heute bermorgen, der in den Gräsern des Rasens, in dem sich färbenden Laub der Bäume lächelte und diamantenbe setzte Silberfäden von Zweig zu Zweig spann. Schon war das Nahen des Herbstes zu spüren, aber noch war Bad Ems gut besucht, und eine bunte, in ternationale Gesellschaft versammelte sich in dieser Stunde bei den Brunnen, während die Kurkapelle mit lichten Tongeweben die klare Morgenluft er füllte. Frau Clara, auch hier viel an geschaut, ging leichten Schrittes zum Kesselbrunnen, wandte aber jäh den Blick ab, als sie ihr Glas in Empfang nahm, um schon im nächsten Augen blick das Auge, voll aufgeschlagen, auf der schönen männlichen Gestalt ruhen zu lassen, die dort zum Kaiserbrunnen schritt: eine eindrucksvolle Erschei nung; große blaue Augen unter bu schigen Brauen, eine kühne Adlernase über einem stolzen schwarzen Bart, in dem sich ebenso wie in dem unter brei tem Schlapphut hervorquellenden Haar Weiß dem Schwarz gesellte. Wieder mußte sie ihres Willy ge denken. Mein Gott, war es denn eine so große Sünde, daß sie das vaterlose, von dem zu früh verstorbenen Vater zu fest ausgeprägtem Willen erzvgene Kind in strenge Zucht gab, sich bluten den Herzens von ihm trennte? Es war doch kein Frevel, daß sie in ihrem Alter noch nicht sich einspinnen wollte in endloser Wittwentrauer, daß sie noch Ansprüche an's Leben stellte, und sie entsprach doch dem letzten Willen ihres lieben Verstorbenen, wenn sie dem Willy einen neuen Vater gab und einen solchen Vater, wie den, der jetzt ihren Schritten in die Bergeinsamkeit folgte. Mächtig klopfenden Herzens durch eilte sie das Dorf Forbach, nun war sie draußen, nun ging der Mann dicht hinter ihr, er trat an ihre Seite, ihre Brust wogte „Was springt denn da so wild den halsbrecherischen Berg pfad herunter, sehen Sie nur, gnä dige Frau, wenn das nur nicht verun glückt." Sie erbebte unter den Worten des Mannes, aber noch mehr bei dem An blick der in sausendem Lauf bergab stürmenden Gestalt, sie eilte an den ab schüssigen Weg, sie wollte rufen, das Wort erstickte ihr in der Kehle, da er tönte schon eine helle Knabenstimme von der Höhe: „Mütterchen, Mütter chen!" Der Hut flog fort und im nächsten Augenblick hing ihr Junge an Dr. Gustav Ziel und hielt Mutter und „Aber Willy!" sagte Frau Clara, dem erhitzten Gesicht. „Willy, Du Woher kommst Du?" „Ja Mütterchen," sagte Willy, „das Glück, das Du in Ems bist, daß ich Dich erreichen kann. Und jetzt gehe ich nicht eher wieder fort, als bis ich lange Hofen habe." „Mein Gott, Willy!" Frau Clara sagt« es tadelnd und sah dabei mit stolz leuchtenden Augen den Knaben an. „Ja Mutter, das halt' ich nicht aus. ben konnte. Mit dem Nachtschiff bin Jahre ist, schadet das nicht. Ich habe bis die langen Hosen fertig sind." „Also einAusreißer, ein Deserteur!" Clara erschrak, als sie die tiefe so sprechen hörte, eine Blutwelle schoß ibr In's Gesicht i jicht war ihr Geheimniß enthüllt. Aber Dr. Ziel fuhr lehrend fort: „Wird denn bei Euch im Vensionat so schlecht aufaepaßt, daß Du so unbe merkt durchbrennen konntest, Kleiner?" „Nein, wie im Gefängniß sind wir; aber Nachts glaubt man, daß wir Doctors Grundsatz, der stets aus sei „Mütterchen, und lange Hosen muß ich doch haben, sonst geh' ich nicht in die Pension zurück!" So lustig, wie das Frühstück, war der Rückweg nach Ems. Als die Drei im Hotel anlangten, meinte Frau Clara, Willy müsse sich nun erst um kleiden und ein Bad nehmen. Sie be stellte ein Zimmer für ihren Wildling, sie wußte, daß sie ihn nun doch nicht los würde, ehe sie ihm seinen Willen that. Und Recht hatte der Junge im Grunde; es war auch nur ein Stück Eitelkeit, daß sie ihn in der kindlichen Kleidung umhergehen ließ was mußte Dr. Gustav nur von ihr denken, diese Blamage! Als Frau Clara bei der Table die vielen fragenden und staunenden Blicke der Tischgenossen auf sich ge richtet fühlte, legte sie die Hand auf die Schulter des Knaben, und da er das rosige Gesicht zu ihr erhob, sah sie ihm leuchtenden Auges in die großen blauen Kindersterne, die ihr entgegen strahlten. „Und ein Tennisplatz ist hier auch," jubelte Willy, „Mütterchen, nach dem Essen spielen Du, Dr. Ziel und ich!" „Nach dem Essen schläfst Du ein bischen, Willy!" „Ich schlafen? Ach Mütterchen, ich bin gar nicht müde und faullenzen schickt sich doch nicht?" Sie mußte es schon zugeben, daß Gustav mit ihrem Buben aus den Ten nisplatz ging und sah erfreut dem Spiele zu. Doch was war das? Ein Ball des Doctors hatte Willy's rechtos Knie ge troffen, der Schlag war kräftig gewe sen; der Junge spielte weiter, aber schwächer und schien das Lahmen auf dem rechten Bein verbergen zu wollen. Nun sah Clara auch einen Blutstreifen über ihres Knaben Knie rieseln, sie sprang auf, lief zu ihm und fing den Erbleichenden in ihren Armen auf. Im nächsten Augenblick war Gustav an ihrer Seite. „Was ist?" fragte er bestürzt. „Der elastische Ball kann das nicht ange richtet haben." Er untersuchte die Wunde und verband sie. „Schmerzt es sehr, Kleiner?" „Na," sagte Willy lächelnd, „ein bischen weh that es schon, aber das macht nichts. Daran sind auch die kurzen Hosen Schuld." ihr das bleiche Gesicht des Kindes ein Vorwurf; nicht der Ball, ihre Eitelkeit Thräne ihr über die Wange lief, und sie verstohlen fortwischend that sie in diesem Augenblick ein stilles Gelübde: ihr Leben sollte fortan nur dem Jun gen. ihrem heiligsten Glück gehören. „Mütterchen ist Dir etwas in's Auge geflogen?" fragte Willy, als sie sich wieder zu ihm wandte. Sie konnte nicht antworten, auch überhob sie der Doctor sogleich der Verlegenheit. Wie in jäher Aufwallung schloß er den Jungen in seine Arme und küßte ihn, daß des Kindes Gesicht in seinem Bart zu verschwinden schien. „Ist es so schlimm?" fragte Clara bestürzt. „Na, an's Leben geht es noch nicht, aber wir müssen aufpassen. Lassen Sie mich nur machen, gnädige Frau, ein bischen Mediciner bin ich ja auch als Fabrikant des ärztlichen Hand werkszeuges, ich weiß Bescheid, wenig stens mit diesen Sachen." Willy wurde in's Bett gelegt, der Doctor reinigte die Wunde und ver band sie, während Frau Clara starren Auges ihm zusah, die Hand auf das angstvoll pochende Mutterherz gepreßt. Und wie dann alles wieder gekom men war. sie wußte es kaum Bangend um ihres Kindes Wohl, voll quälender Anklagen gegen sich selbst, hatte sie, als Willy eingeschlafen war, mit dem Doctor das Zimmer verlassen und angstvoll und zugleich vertrauend hatte sie den Mann mit Fragen bestürmt, ob es schlimm werden könne, ob ihr Kind nachhaltige Folgen des Leicht sinns ach. ihres Leichtsinns! zu tragen haben werde. Sie kam sich so klein vor. so elend neben ibm. der sich I?tzt zu ihr neigte, so trostvoll zu ihr sprach, so männlich und edel, der so begeistert die Zähigkeit ihres Jungen rühmte und seinen Widerstand gegen die Schmerzen. in der Grotte, wo sie jetzt saßen, hatte er sie an sich gezogen, und getröstet und beseligt halte sie vertrauend ihre Hand in die seinige gelegt, in der sie jetzt noch ruhte noch jetzt. Es war einTraum und doch Wirklichkeit. Drüben um den Rücken des waldi gen Berges floß das glühende Roth der verdämmernden Abendsonne, vorn. spielte der Wind mit den Zweigen der Bäume, hier in verschwiegener Grotte > saß der Mann an Hrer Seite, der nun der ihre war aber anders, als sie es heute Morgen gedacht hatte. Und jetzt beugte er sich zu ihr und flüsterte: „O Du thörichte kleine Eitelkeit, Du glaubst, ich hätte Dich weniger ge liebt, weil Du den prächtigen Jungen Dein eigen nennst? Ich wäre nicht stolz darauf gewesen, Vater eines sol chen kraftsprudelnden, frischen, jungen Lebens zu werden? Aber was ist mal ein kurzes Stechen am Kopf, und als sie aufsah, hielt er ihr lachend zwei vom Strahl der Abendsonne beschie nene weiße Haarfäden entgegen. „Weiße Haare," flüsterte sie, nun ebenfalls lachend, „nicht versillht, es Wangen da. Kräftige reg«mäßige Athemzüge entrangen sich seiner Brust. Gustav hob ihn aus dem Bett. „Aber lange Hosen bekomme ich doch, ja?" sprach das Kind mit jenem fremden Tonfall des Träumenden. „Gewiß, mein Junge, gewiß!" rief Gustav und küßte den Jungen stür misch. „Hast Du mich auch recht lieb?" Da schlug der Knabe die großen blauen Augen zu dem Manne auf, schlang die Arme um seinen Hals und schmiegte sich fest an den Vater. Tlis Bikrblatt. Es suchten in dem grünen Klee Der Hans und Nachbars Liese Dort an dem dunkelblauen See Ein Vierblatt auf der Wiese. Hier ging der Hans die Liese da Und keines sprach zum Andern, Doch öfter man die Blicke sah Hin- und herüberwandern. Wie seufzte doch der Hans so sehr; Das kam gewiß vom Bücken! Wie seufzte doch die Liese schwer; Das kam gewiß vom Pflücken! Hoffnung und Erinnerungen. Hoffnung und Erinnerung haben etwas Gemeinsames, bilden aber einen noch größeren Gegensatz und bezeich nen daher auch einen charakteristischen Unterschied zwischen den Menschen. Sie führen uns aus der Gegenwart heraus und zeigen uns das Zukünftige oder das Vergangene in einem idealen Lichte. „Hoffnung gießt in Sturmnacht Morgenröthe." Sie ist eine Biene, welche aus jedem Gegenstände Honig saugt und ihn zum süßen Genuß in's menschliche Herz trägt. Die Hoffnung ist ein Hauch, der die Thräne von matt geweinten Augen weht, ein» Leitstern, der den Sterblichen durch die steilen Pfade des Lebens führt, ein Lichtstrahl in der Nacht der Bedrängniß. eine Mutter der Waisen, ein Labequell dem Lebensmüden, eine Streitgefähr tin im Todeskampf. Was wäre der Mensch ohne Hoffnung! Sie ermun tert den Dulder, sie bedingt alles Streben und Schaffen, da ohne Aus sicht auf Erfolg Niemand etwas un ternehmen möchte; aber sie verführt auch zur Geringschätzung der Gegen wart, zum Spiel mit Luftschlössern und zur Tollkühnheit. Wehmuth Gefährtin. O selige Erin- und läutert unsern Schmerz über den herben Verlust zu einer süßen Weh muth. Sie macht uns aber auch zu Hoffnung und Erinnerung weisen, selbst verschieden, auch auf eine ver schiedene Gemüthsverfassung hin. Die Jugend eignet sich die Zukunft an, sie hat alles Ideale vor sich liegen. Sie hofft, daß jede Freude, die sie genos sen, ihr einst in noch höherein Maße zu Theil werde. Wer aber fühlt, daß er des Lebens Mitte überschritten, wer eine schöne, reiche Vergangenheit hinter sich hat oder, auf Wünsche und Pläne verzichtend, es bereits gelernt hat,sein, Tage „nach des Dienstes ewig gleichge stellter Uhr" einzurichten, für den ver liert die Hoffnung ihren Zauber. Je älter der Mensch wird, desto mehr lebt er in der Erinnerung vergangener Zei den Vernichtung durch die Krone des Menschen bläst und die welken Blätter abstreift, so führt die Erinnerung den Alternden freundlich zu ihrem lachen den Hügel und er pflückt an theuren Gräbern ein tröstendes Vergißmein nicht. Wohin nun dein Gemüth sich neigen mag, deutsche Jungfrau, baue dein Glück auf einen besserenGrund als auf bloße Hoffnungen und sorge in deiner Jugend dafür, daß sich einmal in deine Erinnerung nicht die Bitterkeit der Reue mischt. Denn: „Wie schön der Hoffnung Bilder la chen: Nur die Erinn'rung redet wahr, Die Hoffnung ist ein Traum im Wa chen."
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