Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, October 01, 1896, Page 2, Image 2

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    2 ZNe Ko senken.
Von M> r. Geltow.
Unter den alten -ritterliche?. Kesten
'der grünen Steiermark ist eim der
«rhaltensten dic »on der streitbaren
Katharina Gallerin erbaute Niegers
burg. Aber dv. „schlimmr Liesel",
wie die tapfere Frau von ihren Zeit
genossen genannt wurde, befaß nicht
nehmbare Burg bildet in der ganzen
Anlage viel d«s> architectmiischSchönen.
So war es natürlich, d.ih auch ich das
wollte ich mich endlich verabschieden.
Aber da sagte der Alte:
„'s nik nit aus! Das Schönste
kiinmt m'! Das Hexenzimmer Ha
ben's ja noch net g'seh'gen. Das, von
vor dessen breitem Fenster sich ein
Balkon über schwindelnerregender
Tiefe erhob.
Die «inst prächtige Holzverkleidung
der Wände war wurmstichig; aber
Hingen schwarzem, breitem Holzrah
men das große Oelbild der schönen,
unglücklichen Katharina Paltauff.
Eine schlanke, dennoch volle Gestalt,
in weiße, schleppende Gewänder ge
kleidet; um die seine Taille einen brei
ten Goldgurt mit daran hängendem
Ledcrtäschchen und Schlüsselbund.
Ueber die welligen, braunrothen Haar
häubchen, von dem eine zarte weiße
Spitze über die halbe Stirn Hinabsiel.
Das Antlitz blühend, die Züge sanft
und milde; aus den graugrünen
Nixenougen sprach Träumerei und
Zärtlichkeit. Dic schmalen kleinen
Hände hielten einen Strauß vielfarbi
ger. kostbarer Rosen, auch der Boden
zu Füßen der lieblichen Jungfrau
schien mit Rosen bestreut.
Was der Burgwart weitschweifig
erzählte, gebe ich hier in Kürze wieder:
Das Portrait der schönen Katha
rina Paltauff glich der edelsten Frei
frau aus dem Geschlechte der Baben
berger. Dennoch war Käthchen keine
Edeldame, sondern des Pflegers, des
Burgtvoat Paltauff Töchterlein. Die
Mutter starb dem Kinde früh schon.
Der Vater, ein pflichtgetreuer, stiller
Mann, erzog die Kleine selbst. Für
die Blumen, speciell die Rosen, hatte
Käthchen eine wahre Leidenschaft, die
auch den Bater freute. Bon meilen
weit her verschasfte er seinem Liebling
die seltensten Rosen.
Als'Käthchen kaum 18 Lenze gese
hen. starb auch Matthäus Paltauff
«in neuer Vogt kam auf's Schloß, und
die damalige alt« Freifrau von Uebe
trost nahm daS trauernde Mädchen
als Gesellschafterin in's Schloß. Ka
tbarina besaß das damals unfaßbare
Geheimniß, „im Sommer und im
Winter frische Blumen, auch seltene
Mosen ziehen zu können." Ein aus
Schiras gebürtiger Gefangener des
Schlosses Riegersburg lehrte sie diese
Kunst, die ihr Unglück werden sollte.
Der neue Pfleger, alias Burgvogt,
«in mißgestalteter, rachsüchtiger, ego
istischer Patron, faßte eine heiße Liebe
zu dem bescheidenen und lieblichen
Käthchen.
Es war in strenger Decemberkälte,
als er eines Nachmittags sich in das
Thurmgemach begab, um der Tochter
seines Vorgängers seine Neigung zu
gestehen. Er fand Katharina bei ih
ren Lieblingen. Duftende, seltene Ro
sen standen blühend auf Fensterbret
ter» und Regalen, und blaue Veilchen
lugten aus frischem Laube. Das er
schien dem Vogte als Wunder der
Hölle.
Und als nun Katharina den An
trag des buckligen Freiers gleich
darauf bestimmt abwies «sie werde
sich niemals verheirathen" da zog
der Haß und die Rachsucht in die
Seele dieses Finsterlings.
Weil alle Versuche, Katharina um
zustimmen, fehlschlugen, verfaßte der
abgewiesene Vogel eine Anklageschrift,
in welcher er sie als „Hexe, dir mit
dem Teufel einen Bund geschlossen,
um in jeder Jahreszeit blühende Ro
sen zu ziehen", hinstellte.
Diese Anklage firl in jener »sm
Aberglauben verfinsterten Zeit ans
fruchtbaren Boden. Man schlug das
arme, junge Geschöpf «n Bande, setzte
«S in «inen feuchten Kerker und warf
feinen unschuldsreinen Körper auf die
Folter, um das Geheimniß zu erpres
sen. Das arme Käthchen weinte und
flchte vergebens. Endlich gestand
die Gequälte AlleS, was man wollte.
An den schönen, langen Haaren riß
-man sie zum Scheiterhaufen —in
wurde Katharina Paltauff
als „böse Rosenhexe" lebendig ver-
Entsprungen. H«rr (auf
der Station zum Coupee hinerussprin
gentH: „Sie verlassen den Z»g nicht,
meine Dame, bis ich mit dein Sta
(zitternd): „Was wollen Sie, habe ich
Sie vielleicht beftohlen?" ..Dal
wird sich finden mein erster Kirnst
ier ist fort ich brv Besitzer «n«H
fslohlheatecs!"
Auch ein Gr ««d. „Denk
Dir, Emilie, da lese ich ebm, daß schon
«rfnnde» hat!" „Ach. ich wünschte,
es wäre schon fertig!"
denn? Du mSchtest Dir Wohl die
Lustschlösser ansehen. die Du tagtäg
lich baust?'
der Dieb.
'Aussicht hatte, etwas gute Musik wäh
hören. Gerade als das Boot sich zur
Abreise rüstete und schon das «.'ste
Signal gegeben war, langte noch ein
großen Hitze eigentlich g»r nicht passen
wollte. Außerdem aber besaß er nur
wenig Gepäck, trotzdem er auf der
Schiffsliste als Juan Bereira aus
Brasilien bezeichnet war, aber schon
eine lange Reis: hinter sich haben
mußte. Der Mann war klein, sehr
braun und trug einen langen, schwar
zen Bart, der oben in seinen langen
Rock eingeknöpft war. Alles in Allem
sah er etwas unheimlich aus. Nie
umsomehr alö er nur sehr gebrochen
Englisch und gar kein Deutsch sprach.
Er hielt sich fast beständig auf Deck auf
und schritt, so regelmäßig wie ein«
Schildwache, auf und ab, einmal auf
dem oberen Deck, dann auf dem unte
ren.
Die übrig: Gesellschaft aber war um
so angenehmer, und> es ging bei Tisch
und im Damensalon stets sehr lebhast
und lustig?u. Ein allgemeinerLiebling
war Rosa Milka, die beliebte Sou
brette, die durch ihre komischen Cou
plets, ihre Duetts mit Herrn Wach
slein, dem großen Reisenden für die
Firma Allmoney >KCo., und durch ihre
prächtigen Schmucksachen, sämmtlich
Geschenke ihrer unzähligen Verehrer in
New Jork -und Chicago, die allgemeine
Aufmerksamkeit zu fesseln verstand.
Eines Nachmittags indeß, kurz nach
der Mittagstafel, kam sie in Thränen
aufgelöst «uf Deck und schritt schnellen
Schrittes zum Capitän, dem sie eine
Leidensgeschichte sehr ausführlich er
zählte. Der Capitän war über ihre
Erzählung selbst aanz bestürzt. ?!ch
hörte ihn sagen: „Wie ist das mög
lich?" und dann wieder,, llnglaubiicy/'
und am Ende ging er mit ihr nach dem
Bureau des Zahlmeisters hin, wo sich
die Drei noch eine Zeit lang aufhiel
ten.
Im Lause des Nachmittags verlau
teie es denn, worum es sich handelte.
Dem Fräulein waren ihre Schmuck
sachen auf unerklärliche Weife gestoh
len worden. Sie hatte ihre Cabine
fest verschlossen gehabt, und trotzdem
waren ihr die Kostbarkeiten, die in ei
nem größeren Kästchen aufbewahrt
wurden, aus ihrem Bett, wo sie diesel
ben der größeren Sicherheit halber auf
bewahrt hatte, abhanden gekommen.
Alles Suchen hatte nichts gefruchtet.
Sie waren weg. Wer war der Dieb?
Diese Frage stellten wir uns Alle.
Am Abend desselben Tages wurde
ihm war seine goldene Cigarettendose
und die Uhr nebst Kette entwendet
worden. Auch er wußte ganz sicher,
daß er seine Eabine verschlossen gehabt
kleinen Schiffsjungen anzustellen, der
dem Mann aufpassen mußte. Allein
die Diebstähle dauerten fort und es
im Gegentheil es wurde festgestellt,
daß der Brasilianer zur Zeit als der
letzte Diebstahl sich ereignet hatte, un
leugbar auf Deck gewesen war. Nur
der Mann nicht unten gewesen sein,
sonst hätte ihn Jemand die Treppe zu
den Cajüten hinabsteigen sehen. Und
an dem Fremden zu bemerken.
Am Tage vor unserer Ankunft in
Srmthampton indeß passirte etwas,
Schatten stillte. De« Zahlmeister
Niemond Verdacht warfen. Das
Bureau stand auf Deck. Die Thür
war verschlossen gewesen darauf be
sann sich der Beamte ganz genau. Das
Schloß war ein sogenanntes Schnapp
schloß, mit «Sner Patenteinrichtung
versehen, die das Oesfnen, ohne Ge
walt zu brauchen, unmöglich machte.
Auch war das Schloß nicht im gering
sten beschädigt. Das Geld indeß, eiire
Summe von Bedeutung, war von,
Tische verschwunden, wo es, als der
Zahlmeister einem Rufe des Capitäns
schnell Folge leistete, liegen gelassen
worden war. Das Wetter war wieder
waevi und sonnig geworden, und des
halb stand dai runde Fensterchen, das
Nif ging, offen, um frische Luft
in den Zaum zu Aber diese
Oeswung war «i Tvtunn nicht "groß
genug, um eine« Menschen durckHulas-
sc«. Auch wir d«s Fenster, wen»
Ii« n seinen Mm durchsteckte, noch im«
wer mehrere Fuß vcs>> Tischt entfernt';
.<lso lonnte «uch Niemand kündurchz'--
'iongt und Sias Geld so gestohlen haben.
Auf dem 'zanzen Schiff herrschte die
größte Aufregung und Jeder sah den
Andern mit 'Mißtrauen an. Es wurde
Krochen. eineJnvignations-Versamm
lung abzuhalten und die Schisfsver
waltung in einer Reihe von Beschlüssen
für dic »nertlärlichea Diebstähle zu
tadeln. Herr Seymonr, ein ihemali
gks Congreß'Miiglied, der sich auch
unter den Opfern befand, hatte sogar
die Resolution schor abgefaßt und
mehreren der Passagiere vorgelesen.
Die übliche Abendunterhaltung nebst
Concert zum Besten der Schiffsbedie
besonders glänzend ausgefallen wäre,
da sich soviel musilalisches und mimi
sches „Talent" an Bord befand, fiel
ganz avs. Es herrschte eine Panik
unter den Passagieren. Manche von
ilüien verließen ihre Cabine überhaupt
nicht mehr, sondern saßen auf ihren
Schätzen, wie die Henne auf den Eiern,
Tag und Nacht. Das Einzige, wovon
noch gesprochen wurde, aber nur im
Flüstertöne, weil sich Jeder vor dem
Nachbar fürchtete, Ware» die mysteriö
sen Diebstähle. Sogar Herr Welling
ton Ganzheimer, der für sein Haus den
Oce« schon 40 Mal gekreuzt hatte
und on Alles gewöhnt war, fluchte und
sagte, so etwas wäre ihm noch nicht
passirt, und die Pokerparthie, die sonst
12 Stunden jeden Tag mit ihm im
Rauchsalon gesessen hatte, war aufge
brochen. Wer konnte unter solchen
Umständen, wenn man jeden Augen
blick >n seine Cabine laufen und nach
sehen mußte, ob die Siebensachen noch
da wären, einen „Bobtail Flush" oder
eine» Hollen „Pot" nach Gebühr wür
dige»?
Der bestohlene Zahlmeister hatt
mittlerweile nur sehr wenig über sei
nen Verlust gesagt, aber dafür hatte er
um st> energischer Umschau gehalten.
Und dabei hatte er besonders ein Auge
auf den unheimlichen Fremden, den
Brasilianer, geworfen. Und dabei
machte er plötzlich eine sonderbare Ent
deckung. Diese behielt er indeß für sich.
Er ging hinunter in die Cajüte, wo er
Herrn Bill Booth, den Operntenor,
traf, mit dem er einige Worte ganz un
bemerkt wechselte. Herr Booth war
derEigenthümer vieler schöner „l<,>t>p
— edelsteingeschmückte Ta
baksdosen, Busennadeln, Studs,
Ringe.etc., etc., alles Präsente von gro
ßen Herren in Europa und Amerika,
die er mit seiner schönen, weichen
Stimme entzückt hatte. Diese Schätzt,
von denen bis dahin noch Niemand et
was zu sehen bekommen halte, brachte
Herr Booth zum Dessert am Mittag
zum Berschein, und sie wurden gebüh
rend bewundert. Der Brasilianer sah
sie auch >aus der Entfernung, denn er
faß weit weg am andern Tische, aber er
schien nicht darauf zu achten. Dann
brachte Herr Booth die ganzen schönen
Sachen wieder zurück nach seiner Ca
bine und ging dann mit dem Zahlmei
ster nach dessen Bureau.
Eine Stunde später kam auf einmal
Christian, der Schiffsjunge, in dieses
Bureau gestürzt und sagte athemlos:
„Wir haben ihn!" Ohne weiter ein
Wort zu verlieren liefen der Zahlmei
ster und Herr Booth ihm nach. Auf
dem untersten Deck trafen sie den
Fremden, Ivan Bereira, mit seinem
langen, schwarzen Rock? er sah ganz
wie gewöhnlich aus kalt und gleich
gültig. Der Zahlmeister aber packte
ihn beim Krage». In demselben Mo
ment wurde unter dem Rocke ein krei
schendes Geräusch laut, und zugleich
sprang ein kleiner Affe daraus hervor
avf Deck. Der Brasilianer wehrte sich
verzweifelt, und in seiner Hand blinkte
ein langes Messer, als er sich seiner
Angreifer zu erwehren suchte. Doch
im nächsten Augenblick schon war er
entnxiffnet und seine Hände mit ei
nem starkenTau gefesselt. Dann wurde
er trotz seines Sträubens in das
Bureau des Capitäns geschleppt, der
ein kleines Verhör mit ihm anstellte
Dn Sache verhielt sich nämlich so:
Der Zahlmeister hatte, nachdem er
Juan Bereira einige Stunden lang
genau beobachtete, entdeckt, daß der
Mann einen kleinen Affen bei sich un
ter dem Rocke versteckt trug. Das gab
ihm zu denken. Er sagte sich, daß der
Mann dies jedenfalls nicht thun
würde, wenn er nicht einen Zweck da
mit verfolgte. Dann fielen ihm die
eigenthümlichen Umstände ein, unter
denen alle die Diebstähle erfolgt waren
und die es fast unmöglich erscheinen
ließen, daß ein Mensch sie ausgeführt.
Sollte es der Affe sein? Wenn der
chenstill auf dem Boden gelegen hatte,
bis ihn die Glieder schmerzten, war
seine Geduld mit Erfolg belohnt wor-
Gcsicht d«s Brasilianers an der Ocff
fein Aeffchen durch die Luke hinab, ihm
mit den Fingern das Etui mit den
Schmucksachen, dai offen auf dem
Dsch lag, zeigend. Und der Affe hakte
auch seinen Auftrag unt großer Ge
wandtheit und Schnelligkeit ausge
führt und war dann »on seinem Herrn
wieder unter den langen, schwarzen
Rock gesteckt worden.
Jcxlo war zum Berräther an seinem
Herr« geworden.
In der Cabine des Brasilianers
fand ma» alle verschwundenen Kost
barkeiten, sowie einen kleinen Käfig,
der so aussah wie eine Reisetasche, aber
mit Luftlöchern versehen war, um dem
Tbierc das Athmen zu ermöglichen.
Es stellte sich später heraus, daß Juan
Bereira, nachdem er schon mehrere
Jahre lang seinen dressirtrn Affen auf
verschiedenen südamerikanischen Dam
pferlinien zur Begehung zahlloser
Diebstähle veranlaßt hatte, endlich sem
Operationsfeld auf die noch größeren
nnd lohnenderen Dampfer zwischen
New Aork und Europa verlegt hatte,
wobei ihm aber, wie man sieht, das
Unglück passirte, daß er auf der ersten
Reife gleich abgefaßt wurde.
Am nächsten Tage wurde er, bei der
Landung in Southampton, der Polizei
Aas Kormakollliin
Von Lauterbrunnen im Berner
Oöerland führt, eine Schöpfung der
Neuzeit, die Drahtseilbahn in fast be
ängstigender Steilheit nach dem Al
pencurort Murren hinauf. Obgleich
manchen Touristen, besonders den
weiblichen, etwas beklommen bei die
sem 20 Minuten dauernden „Langen
mnd Bangen in schwebender Pein"
wird, ist jeder der fortwährend auf
und ab cursirenden Wagen in de»
Meisezeit immer besetzt.
Die merkwürdigsten Gestalten und
Toiletten aus allen Ländern kann
man dabei studiren.
Heute sah man nichts Seltenes
mehr im Sommer 1896 —zwei jugend
liche Wesen einsteigen, welche die aller
neueste Normaltracht, weite türkische
Hose, Wadenstrümpfe, geschlossene
Weste mit loser Jacke darüber und
Filzhut von der dunklen Farbe des
Costüms trugen.
Gustav Wendel kam Beiden gegen
über zu sitzen, und wir müssen es ihm
verzeihen, daß er mehr auf sie, als auf
die Wunder der Bahn und die sich all
mälig entwickelnde Aussicht schaute.
Er hatte von dieser neuesten Mode
schon gelesen, sie aber noch nie gesehen,
denn in Stuttgart, seinem Heimaths
orte. zeigte sie sich bisher nicht. Daß er
ein Freund aller derartigen Neuerun
gen, erschien begreiflich, da er Besitzer
eines Confectionsgeschästes war.
Man stieg höher und höher, der
Staubbach sah bereits ganz dünn und
klein, das Thal unten wie ein tiefer
Abgrund aus.
„Aber Willi, dann sieh doch nicht
schlank Obgleich die Ähnlichkeit zwi
schen Beiden sie sofort als Geschwister
kennzeichnete, konnte man Cilli wohl
Platz anbieten? Ich fühle nie etwas
sympathisch, wie das liebe Gesichtchen.
Als der Tausch vollzogen war ver
schwand auch allmälig die Blässe auf
Wege dem Eurort zuzustreben, wußte
Gustav es lo einzurichten, daß er sich
einen Stuhl neben Willi eroberte, denn
„O, diese wundervollen Schnee
berge!" rief Billi begeistert. „Wie mö
gen sie nur alle heißen? Cilli, sag'
doch!.
„Erlauben Sie mir, Ihnen auszu
helfen," erbot sich Gustav sogleich.
„Sehen Sie dort: Wetterhorn, Eiger,
fluh—- z, l
echtes Bayerisch belommen eine
Seltenheit in diesen Bergen."
„Da haben Sie recht," meinte die
ältere Schwester. „Wir sind aus
München, und wenn wir hier in dieser
großartigen Gegend etwa» vermissen,
so ist es unser Bier."
Hotel Eiger," rief Willi in fröhliche?
Unbefangenheit. »Sehen Sie dort die
hübschen Zelte vir der Thür, dz muß
eS sich schön sitzen. Also auf Wieder
sehen, lieber Herr!"
Mittels einer kleinen Pferdebahn
fuhren die Beiden jetzt auf der Land
straße dem Curhause zu.
Gustav sah ihnen lange nach.
„Lieber Herr, hat sie gesagt," ging
es ihm durch den Kops. „Die Bayern
sind doch viel, viel zutraulicher, als
wir Schwaben. Und wie reizend dem
Kinde dasCostüm steht, viel besser, als
der etwas corpulenlen Schwester!
Wenn ich Willi reizender Name
ansehe, dann kommt mir zum ersten
Male der Gedanke, wie gern ich ein
hübsches Weibchen mein Eigen nennen
moDe! Sie ist freilich noch recht jung,
vielleicht 17 Jahre aber jung ge-
Jn der Nacht träumte -r, Willi
stände in ihren Lodenhöüche'i hinter
seinem Ladentisch und legte mit ihrem
herzigen Lächeln den Damen die neuen
Sportrostüme vor, welche fabelhaft ge
kauft und mit Gold aufgewogen wur
den. Das Klappern der Goldstücke
ging unaufhörlich, und er hörte sich
selbst zu Willi sagen:
„Du hast mich zum reichen Manne
gemacht, mein Herzchen!"
Am nächsten Morgen durchforschte
er die in der Nacht gedruckte Fremden
liste.
„Geschwister C. und W. Heidebrand
aus München," las er darin. „Heide
brand? O, das ist ja die Firma des
großen Reise- und Sport - Ausstat
tungsgeschäfts, von dem ich schon oft
hörte. Welch' netter Zufall; daher
auch die Costüme."
Er saß vor der Thür, als er plötzlich
Willi's zierliche Gestalt die kleine An
höhe leichtfüßig herausstürmen sah.
„Ah, da sind Sie ja, Herr —"
„Gustav Wendel, zu dienen."
„Also Herr Wendel ich bin mei
ner Schwester ausgerissen. Sie will
mich immer gar zu sehr bemuttern,
denkt, ich komme zu Schaden, wenn ich
einmal frei herumspringen möchte.
Jetzt bin ich heimlich fortgelaufen, um
ganz warm und weich um's Herz
wurde. Er bot dem jungen Wesen ei
nen Stuhl.
„Wenn ich es wagen dürfte, auch
mit einem Glase Bier aufzuwarten?"
„Sie sind sehr gütig. O, ich kann
früh!'"'
eben Ihren Namen. Darf ich fragen,
ob die bekannte Firma Heide
brand—"
führen seine neuesten Costüme jetzt
durch die Alpen. Ich sage Ihnen, das
bringt bedeutend mehr ein, als wenn
seien Reclame wegen, ebenso, wie wir
alle Zahnrad-, Drahtseil- und sonstige
Bahnen abfahren, um, wie Papa sich
„Das freut mich; Sie sind ein net
ter, lieber Herr, ich bin Ihnen gut.
Jetzt aber muß ich zur Mittagstafel,
gestern hat man uns schon brav ange
guckt. Dank sür's Bier! Morgen
komme ich wieder!"
tet, Herr Wendet?"
„Ja, recht sehr, Willichen!"
Er lonnte sich gar nicht entschließen,
„Fräulein" zu sagen, denn dies würde
ja doch nur vorübergehend sein.
„Ich halte sobald wie möglich um
sie an," dachte er, in ihren Anblick ver
sunken, während sie in durstigen Zü
gen das gute Bier trank. „Dies Ju
wel wird mir sonst bald weggekapert,
da es als wandernde Reclame zu viel
sie mir in allerKindlichkeit deutlich ge
nug."
Laut sagte er jetzt:
„Sind Sie auch nicht böse, Willi, daß
rede?"
»O, nein, gewiß nicht! Ich bin ja
noch solch' ein Wildfang, wie Papa
sagt. Ich heiße übrigens nach dem
guten, seligen Kaiser Wilhelm."
„Könnten Sie sich," versuchte Gu
stav auf seinThema einzulenken, „wohl
denken, wie es Ihnen gefallen würde,
wenn Sie vonMünchen nach Stuttgart
zögen?"
„Das geht nicht, liebster Herr Wen
del; ich soll nämlich studiren. Meine
Eltern sagen, ich hätte einen hellen
Kops, und da sei es schade, wenn ich
„Studiren? O, das möchte ich Ih
nen nicht rathen. Für das viele Ler
nen ist mir Ihr hübsches Köpfchen zu
schade."
Sanft und zaghaft fuhrGustav dem
Kinde dabei über das dunkle, kurzge
schorene Lockenhaar. Willi ließ es sich
ruhig gefallen.
„Sie sind ganz meiner Ansicht. Herr
Wendel. Ich mache mir (hier schnipple
Willi mit den Fingem) nicht so viel
ckus dem Studiren. Bitte, besuchen
Sie uns doch in München »nd sagen
Sie meinen Eltern, was Sie über mich
denken. Ich selbst würde ja recht gern
nach Stuttgart kommen; vielleicht
könnte ich in Ihrem Geschäft verkau
fen, wenn Sie mich haben wollen."
„Ja, Willi, ich möchte Sie Sie
allein auf der Welt, nicht nur, um mir
im Geschäft zu helfen, sondern
um —"
„Aha, Du Wildfang, hier steckst
Du?" tönte es plötzlich von der Land
straße herauf. Der grausam gestörte
Liebhaber sah Cilli den Berg hinaus
kommen.
mein Fräulein. Vielleicht machen Sie
gütigst die Fürspre.cherin bei Ihren
Eltern. Ich liebe Fräulein Willi und
biete ihr hiermit meine Hand an!"
Hochausathmend sah er auf Beide,
um nichts wie ein grenzenloses Stau
nen in ihren Blicken zu lesen.
Plötzlich stieß Willi einen lauten
Freudenschrei aus, und ehe sich's der
Liebende versah, vollführte sie auf dem
kleinen Plateau vor'm Hotel drei
wohlgelungene Purzelbäume.
Sprachlos starrte Gustav sie an, für
so kindlich hatte er sie doch nicht mehr
gehalten. Jetzt lag die Geliebte in
Cilli's Armen und lachte, daß sie sich
nur so schüttelte.
„O, das ist unvergleichlich! Er hat
mich er hält mich o Cilli, was
sagst Du dazu?"
Diese hatte Alles begriffen, der
junge Mann that ihr leid. Sie blickte
ihn gütig an und sagte, ihm ein ver
stohlenes Zeichen machend:
„Nicht wahr, Herr Wendel, Sie ha
ben sich nur eiÄn kleinen Scherz mit
meinem wilden Brüderchen machen
wollen, um uns zu beweisen, daß die
Normalcostüme auch unter Umständen
ihre Schattenseiten haben können?"
Gustav ergriff dankbar den Ret
tungsanker.
„Ja, ja, natürlich," 'tammelte er,
dem ihm zweifelnd anblickenden hüb
schen Jungen wieder über das Locken
haar fahrend.
„So meinten Sie eigentlich Cilli mit
Ihrem Antrage?" platzte dieser treu
herzig heraus.
„Aber Kind, was richtest Du für
Verwirrungen an!" schalt die Schwe
ster, hoch erröthend.
Ihre Verlegenheit stand ibr gut und
sprach ebenso zum Herzen Gustav's,
wie das vorhin bewiesene Tactgesiihl.
„Darf ich Sie vor der Hand auf
Ihrer weiteren Reise begleiten?"
fragte er, Cilli die Hand reichend.
„Wenn Sie es wünschen sehr
gern," meinte sie zaghaft.
Als sie alle drei später in München
ankamen, hatte Gustav so viele gute
Eigenschaften an Cilli entdeckt, daß es
zu Willi's Jubel ein feierliches Verlo
bungsfest gab. Die weiblichen Klei
der machten Gustav's Braut so viel
hübscher, daß sie versprach, nie wieder
in Normalcostiimen zu erscheinen.
Trotzdem führte er dieselben aber doch
in seinem Geschäfte ein.
Willi schmeichelte am Verlobungs
tage den Eltern das Versprechen ab,
nicht studiren zu müssen, um statt des
sen bald nach Stuttgart zum lieben,
spaßhaften Schwager in die Lehre zu
kommen.
UnNarr Familienverhältnisse.
Auf einem Hosball läßt sich „Sere
nissimus" das neu in die Gesellschaft
eingeführte Fräulein vom Storch vor
stellen und beehrt sie mit einer huld
reichen Ansprache.
Serenissimus: „M.. m.. «ein
gnädiges Fräulein, ich .. ä.. bin au
ßerordentlich erfreut, in Ihnen die
Tochter eines so alten und hochange
sehenen Geschlechtes, wie derer vom
Storch zu begrüße». Danke Ihnen,
danke Ihnen sehr. Und sagen Sie
mir noch eins, mein gnädigstes Frau
lein, wie.. ä.. wieviel, wenn ich fra
gen darf, wieviel Geschwister sind
Sie?"
Fräulein vom Storch: „Drei,
Durchlaucht, ich habe noch zwei Brü
der."
Serenissimus: „Zwei Brüder. So,
so. Sehr schön. Und wo.. wenn
ich fragen darf., wo befinden sich
Ihre beiden Herren Brüder?"
Fräulein vom Storch: „Der eine
ist anwesend, Durchlaucht, der andere
steht in Potsdam."
Serenissimus: „So, so. „M.. ä..
ich danke Ihnen sehr, mein gnädiges
Fräulein, ich danke Ihnen."
Er entläßt sie huldreichst. Im wei
teren Verlauf des Festes wird ihm
dann auch der eine Bruder, Lieutenant
vom Storch, vorgestellt.
Serenissimus:
plaudern. Weiß ganz genau Bescheid,
l habe mich immer lebhaft für ihre Fa
milie interessirt. Nicht wahr: Sie
sind drei Geschwister?"
Bruder."
Serenissimus: „M.. ä.. wie? >
Ihre Fräulein Schwester hat mir doch
Potsdam und ich."
Serenissimus (ungnädig): „Wie?
Nun, jedenfalls Herr Lieutenant,
ä.. unklare Familienverhältnisse,
herrschen könnten. Ich danke Ihnen."
Die folgenreichste Prüfung ist
daZ Brautexamen.
HcrW.
An meinem Stock die letzten
Die wollen nimmer mir gedeih».
Durch Kiese Nebel, bleich und kalt.
Zu meinen Rosen kehre bald!
O kehre den Freudelose«,
O komm noch heute, Sonnenschein!
Es könnten morgen meine Rosen,
Ter blauc Grnnd.
Die berühmten De Beer'schen Dia
mantengruben bei Kimberley nehmen
Formation ist vulkanischen Ursprungs.
Es ist ein Riß in die Erde getrieben
und an den Seiten befindet sich der er
manten eingebettet sind. Jetzt werden
i>„ Gegensatz zu früher wirklicheGänge
in den blauen Grund hineingetrieben,
um die blitzenden Steine zu gewinnen.
Einige Schächte sind 1000 Fuß tief,
sehnte „blaue" Grund, in dem die Dia
wie Fels geworden. Aber sobald die
Luft hinzutritt, zerbröckelt er. Wenn
die blaueErde hinaufgefördert ist, wird
sie auf „Böden" ausgeschüttet. Die
Wirkung der Luft macht sich bald gel
tend und das Gestein wird zu Pulver.
Dann beginnt der Waschproceß. Die
Erde gelangt durch Siebe und die
Diamanten bleiben in ihnen. Darauf
kommen die Steine in die Sortirzim
mer. Dort werden sie gewogen und
nach der Größe geordnet. Schließlich
werden sie in Säckchen von russischem
Leder verpackt, unter starkem Geleite
nach dem Postamt befördert, versichert
und nach England, dem Diamanten
markte, abgesandt. Es gibt in Kim
berley ein eigenes Postamt für die
Diamantenbestellung. Dieses hat ei
nen diebes- und feuersicheren Waggon,
in dem die Diamanten direct unter
sicherem Geleit nach dem Postdampfer
befördert werden. In den Diamanten
gruben ist elektrische Beleuchtung ein
geführt. In den De Beer'schen Gru
ben sind 800 Weiße, etwa 2000 Ein
geborene und 700 Verbrecher beschäf
tigt. Die Weißen erhalten bis zu 7
Pfd. Sterl. Wochenlohn, die richtigen
Bergleute k bis 8 Pfd. St. und die
Sortirer 4 bis L Pfd. Sterl. Die
Löhne sind nicht so hoch, wie es scheinen
mag. Denn die Kosten des Lebensun
terhaltes in jener Gegend sind außer
ordentlich. Die Eingeborenen in jener
Gegend erhalten nur 4 bis 6 Shilling
die Woche und volle Beköstigung. Ihre
Contracte lauten wenigstens auf drei
Monate. Unter keinerlei Bedingungen
dürfen sie das Bergwerk wieder verlas
sen, wenn sie den Contract unterzeich
net haben. Sie wohnen in Baracken,
welche streng bewacht werden. Ob die
Eingeborenen streng nach Diamanten
untersucht werden? Nun, erstlich haben
sie ein adamitisches Costllm. Zweitens
ist ihnen das Verschlucken der Steine
schwer gemacht. Das Schmuggeln,
das in früherer Zeit stark betrieben
wurde, geht nicht mehr. Schlecht
den die Verbrecher bezahlt. Die De
Beer'sche Gesellschaft zaM der Regie
rung der Capcolonie nämlich 2 6. für
Jeden, hat aber natürlich für seine Be
köstigung zu sorgen.
Gedankensplitter.
Mancher lernt bei einem Sp
aziergange mehr, als ein anderer bei
?! n heißer Redeschlacht schmilzt
heit.
Gar manches muß als „Geist der Zeit"
Die Weltgeschichte still verbuchen,
ssllr Dich durch's Feuer geht er dann!
Lehr' alle Künste einer Kuh,
Sie brüllt doch nur ihr alles „Muh."
Gefällt im Herbst ein Mantel Dir,
So kauf ihn!
Doch wenn der Sommer wieder naht,
Ber—trink ihn!
Gerissen. „Ein Riesen
zahn!" —sagt der Herr Doctor, nach
dem er ihn mit Mühe ausgerissen hat.
„Seh'n Sie sich blos das Luderchcn
an!" »Das Luderchen?" —wimmert
das Opferlamm. „Weeß Knebbchen,
ä gerissenes Luderchen!"
Mutter: Ot
to, bist Du in der Sonntagsschule ge
wesen? Otto: Ja, Mama! —Mut-
ter: Deine Hände riechen ja aber so
nach Fischen! Otto: Ja, Mama,
wir haben heute die Geschichte von Jo
nas und dem Walfisch gehabt!
—lhr P ech. Director: Ich würde
, Sie wirtlich gern engagiren, Fräulein!
Dem Publicum haben Sie ja gefal
len, aber der Rezensent, der Rezensent!
Der spricht Ihnen leider die musikali
sche Befähigung ab! Sängerin: Oh,
na ja! Der hat allerdings bei mir
kein Gehör gefunden. Deshalb!
Stolz. Flickschuster (der die
Gemeindedienerstelle erhalten): „So.
das Werkzeug heb' ich mir auf, damit
ich meinen Kindern einmal zeigen
kann, wie klein ich angefangen habe!"
Schwärmerei. „Also Du
bist mit dem berühmten Virtuosen S.
verlobt?" „Ja!" „Ist er denn s».
zärtlich?" „O ja! er lüßt s«'