Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, September 10, 1896, Page 3, Image 3

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    Revanche!
(8. Forls«l'>uug).
Unlv«it davon hält Viltor; regungs
los, in völliger Bestürzung starrl er
p d ch
und les«nd zu verbringen. Die „gute
Hausfrau", die sie aus Deutschland
heimgebracht und die sie vordem mit
was alles einerlei, seit Viktorchen ge
gangen als wenn sie selbst auch nicht
mehr lange zu bleiben hätte!
Mit der Lektüre suchte sie sich Uder
das Dahinschleichen der Tageslee- hin
wegzutäuschen. Wie viele von diesen
französischen Romane» hatte sie nun
schon verschlungen! Nichts als die zum
Elel verbrauchte Schablone des Ehe
bruchs als wenn Treue und Glau
be und Liebe zu den lächerlichen Ma
rotten gehörten. Zuerst die kurzen,
mehr oder weniger Mrschlvenglichen
Honigmond«! dann breitet sich ver
Frostthau der Gleichgiltigkeit über das
Heitisch.' zarte Glück; nun erscheint der
oder die „Andere" oft ist es ein still
schweigender Kontrakt, daß man nichts
sthen und alles dulden will jedes
geht seine Wege zuletzt ein Eklat
und damit die Sensation nicht leer
ausgeht, ein Schuß, ein Giftbecher oder
ein temperamentvoller Dolch, der mit
einem Theatercfftlt die Ehekomödie
schließt.
Ist das nicht das Bild ihrer eigenen
Ehe? O, sie hat sich akklimatisirt! Sie
braucht nicht tugendhaft heuchlerisch
das deutsche Näschen zu rümpfen über
die französische Lerderbtheit!
Seit dem Tode des Kleinen lag der
gegeinustrecken. zu ibm hinzustürzen,
an seine Brust zu sinken und ihn ihrer
grausamen Harte w.'gen um Äerzei-
Fieber des Spielteusels verzerrten Ge,
sichtern gewahren. Auf diese Weise
versuchte er den Schinerz über den Nie-
dergang seines häuslichen Glückes zu
betäuben.
Es war der Zeitpunkt, wo nach der
Schablone der „Andre" in die Hand
lung einzutreten hätte.
War der „Andre" nicht schon da?
Beim heiligen Gott! Sie war sich
keines Gedankens einer Untreue be
wußt! Damals auf dem Balkon der
Nue Soufflot hatte sie das Gelüste an
geflogen, sich nach Pariser Art zu rä
chen. Nichts anderes, als ein Ansall
jenes unerklärlichen Schwindels, der
einen vor einem Abgrund dazu zwin
gen möchte, hinabzuspringen. Vor ei
nem wirtlichen Hinabspringen bewahr
te sie wohl jetzt der kleine Schatten; er
erschien ihr als eine Art Schutzgeist.
Sie hatte die Zeuners seit des Kin
des Tode oft besucht. Heimlich geschah
das. Jetzt noch heimlicher als in der
ersten Zeit. Viktor hatte immer noch
nichts von der Begegnung im Tuile
ner zu zweiten Mutter geworden?
Welch schmerzlich süße Freude gewähr
te es ihr, mit Margret über verto
nen Nichtigkeiten zu erinnern, die das
Mutterglück ausfüllen wie er lächel
te, wie cr sich das geballte Fäustchen
schmecken ließ, wie er so wohlig mit d«n
chnen das wunderschöne, alle Besucht,?
des Psre-Lachaise anlockende Blumen
beet seines Grabes zu besuchen. O, er
freundlicher Stimme» in seinem burrk
keln Kämmerlein zu hören bekommen...
Er würde ihr zum zweitenmal ge
raubt, wenn sie diese Besuche in der
Rue Soufflot einstellen müßte. Denn
Viktors Eifersucht würde sofort erMa
chen und ihr den Umgang uütersagen.
sei. Aber die Majestät des Mutter
tagsstunden ihres Besuches, wo dieGe
schästshast sich steigert«, freizumachen,
um sie noch zu sehen. Und «r machte kein
Hehl daraus, daß er ihretwegen kam.
„Meine liecke Frau Jaminet...."
Derselbe wanne, aus innigem Mit
gefühl stammende Ton seiner Mutter.
Er streckte ihr schon von Weitem die
der Begrüßung fest, ihr Antlitz in Dok
das letzte Mal.
männlich schöne, von dem Prachtstück
des seidenweichen Vollbartes gezierte
Gesicht glühte vor Eile und Erregung.
„Ich bin so geeilt, ich fürchtete, Sie
nicht mehr zu treffen..."
Sie entzog ihm mit einem leisen,
dankenden Druck ihre Hand. Sie
meinte den weitoffenen Blick seiner
stahlblauen Augen ausweichen zu müs
se^ — doch ein
len selbstischen Schlacken befreite Gold
Schatten ihr?
„Guten Tag, Mutter wir haben
uns lange nicht gesehen?"
Friedrichs hohe Gestalt mußte sich
l>crabbeug«n, um das Dreieckchen zu
lüssen, das die gebauschten Silberwel
len auf der Stirn seiner Mutter frei
ließen.
Sre gab ihm einen schelmischen,
halbverwunderten Schlag auf die
Wange. Erst vor kurzer Zeit, nach dem
Dejeuner, hatte er das .Haus verlassen,
und nun war er schon wieder da?
„Ich habe Frau Jaminet das letzte
Mal ganz versäumt," sagte er zur Er
klärung, wenn eine solche überhaupt
auf der Stelle!"
Die Seiden Damen protestirten. So
wußte er sofort mit feinem Kommen
fühik sie sich hier. Und wenn dann die
im Abendroth erglühende Kuppel des
Pantheons sie zum Abschied mahnte, so
stärkt. Sic hatte einige Stunden in si
cherem Port verbracht nun hatte sie
wieder Muth gewonnen, in das von
den kleinen Schmetterlingskummer des
Tages; sie hatte sich dort wie zur Fa
milie gehörig gefühlt: Frau Zeuner ih
re Mutter, Friedrich Zeuner ihr Bru
der. lind sie gedachte dagegen der Di
war ihr bei Tische eine Frage aus
deutsch entschlüpft. Verdutzt schaute
Vütor von seinem Teller auf, was der
ist der Typus des Franzosuithums,
Zeuner ist der Typus des Deutsch
thums. Dort viel Blendung, viel Char-
F.aa Wahl hatte ihren Besuch gleich
ihre Tochter hatte ihr von der Reise
cßgerathen, so sehr ihr Herz nach sol
chem Trost lechzte. Gertrud schämte
sich, ihr braves Mütterlein als Zeugin
ihres verblassenden Glückes zuzulassen;
nur den bitteren Stoßseufzer: „Man
Haus!" Sie wollte lieber selbst nach
Anfang Juni entschloß sie sich auch,
zu reisen. Als sie ihrem Manne die
Absicht kund gab und das Datum der
Abreise vorschlug, sah sre einen Strahl
freudiger Ueberrafchung über sein Ant
litz gleiten. Und er nickte schnell zu
stimmend, als wenn die Nachricht ihiy,
wirklich hoch willkommen wäre.
Sie stutzte nur ganz kurz gleich
deutete sie richtig: er hofft, er wünscht,
er weiß, daß die Entfernung das alte
Warum sie dieses altbewährte, fast ver
brauchte Mittel nicht schon längst an
gewandt? Sie hätte langst reisen sol
len die Ding« durften nicht so weit
kommen!
Und auch über ihr Antlitz fuhr ein
Heller Schein, ja sie brachte es sogar zu
einem Scherz: „Du freust Dich wohl,
daß Du mich loswirst?"
linken Wange sichtbar wurde, zum er
stenmal wieder seit Monaten.
„Komm, wir sind thöricht —wir sind
und mit sanftem Zwang zog er die
Widerstrebende an sich. Seine Stimme
bebte wie durch Thränen.
„Ach Viktor Viktor —"
Schluchzend schmiegte sie ibr Köpf
chen an seine Brust. Doch erst die Wie
derkehr von der Reise würde die radi
kale Heilung bringen mit einer
flüchtigen, wenn noch so thränenreichen
Riihrszene ist es jetzt nicht gethan! Si:
setzten beide alle Hosfnung aui diese
Wiederkehr. Es war fast widersinnig
anzusche», wie sehr sie nach der Abreise
drängten, wie sie diese nicht erwarte»
früh erschienen, erregt von gewaltiarr
Ungeduld stürmte cr auf dem Pflaster
vor der Ankunftshalle auf und nieder,
und diese halbe Stunde deucht- ihm
noch länger als die Ewigkeit der sechs
Wochen. Endlich gellte das Pseisen der
von dem ersten Begecincn ihrer Blicke
das Heil ihrer Zukunft ab?
Endlich sah er aus der Menge ihr
sioxfchen nicken und winken. Wie süß
sie aussieht! Wie reizend si: ist!
Ah und si: lacht wied-r! Gottlob,
nun ist alles gut!
Seine Ungeduld hätte am liebsten
das Gitter durchbrochen, um sie aus der
ben und vor allen Leuten über den
Platz hiniveg in den Wagen zu tra
gen.
les gut fei; nun durfte man doch wie
der frei aufblicken!
Der Alp schien von dem Hause ge
wieder lächeln sah. Bis in das Labora
torium hinein, wo der personifizirte
Preußenhaß sein Wundertränklein
braute, erstreckte sich die frohe Stim
mung. Denn selbst Armand zeigte bei
der Begrüßun., der Schwägerin eine
Herzlichkeit, über die alle staunten.
„Nun, was macht Dein Elixir?"
fragte Gertrud mit schelmischem Ue
derinuth. „Ist «s wahr, daß Du es
beim Kriegsministerium eingereicht?
Wir lasen sogar die Notiz in der Zei
tung."
Armands Augen blitzten und er
machte sich daran und pries ihr die
wundervollen Vorzüge seines Spreng
mittels, das fortan jeden Festungsbau
überflüssig machen würde, mit solchen!
Enthusiasmus, und sie wußte so hübsch
zuzuhören und sich über den Erfolg der
Erfindung zu freuen, als wäre diese
irgend ein deliziöses neues Zuckerwerk,
das alle Leckermäuler «ntzücken mußte.
es Dir abkaufen, Armand?" scherzte
sie.
Lachend verwahrte sich der Adept.
Doch der Schatten des kleinen Tod
ten hatte noch nicht endgiltig seine Ein
willigung zu dem neuen Frieden gege
ben.
Gertrud machte sich am Morgen zu
einem Ausgang bereit. „Wo willst Du
hin, süßes Herz?" fragte Viktor.
Zuerst wollte sie einen gleichgiltigen
Gang vorschützen. Gleich stutzte sie.
Erst recht muß er mit! Viktorchen soll
des neuen Friedens Zeuge sein! Soll
ten sie ihm nun ausweichen mit ihrer
Versöhnung?
„Komm, mache Dich fertig Du
begleitest mich, Viktor!"
Als er mit ihr an den Wagen trat,
fand er den Rücksitz mit kostbaren
Blumen überdeckt; es bedurfte nicht
erst der Weisung, die sie dem Diener
gab, um ihm zu sagen, daß es nach
dem Kirchhof ginge. Sie saßen im
Wagen, der Blumenfülle gegenüber,
und er hielt stumm ihre Hand um
schlossen.
ihm während der ganzen Dauer ihrer
Abwesenheit nicht besucht worden. Es
wäre ihm schwer geworden, die Ver-
Hand: „Wie danke ich Dir, Viktor!"
sagte der Blick -- „nein, nein!" wieg!«
das Köpfchen.
„Ich wiuß wirklich nicht —" stain
hervor und hielt dem Mann ei» Geld
stück hin. Nichts weiter, als daß er ihn
belobte, weiter s-ineSache gut gemacht.
alte Dame und der aroße Herr..."
gann, er die Mütze in der Hand dre
hend und die vom Tabatsrauch ge-
— die Zeuners!" «ntfuhr es
Also nicht Viktor hat den Schmuck
besorgt? Sie fühlte im Herzen einen
Kunst?"
Keine Lüze fetzt! Keine Aus
flucht! Nicht in Viktorchens Gegen
wart! Es ist heraus —wohlan! Sie ist
sich k-iner Schuld bewußt! Sie strahlte
ihm mit offenen Augen tapfer in's
Antlitz; das war fablblaß.
„Ich hatte der alten Dame geschrie
ben."
Ein paar fliegende Herzschläge lang
„Und Du hast Du hast sie geb
leute."
„Hinter meinem Rücken? Ohne mir
ein Wort davon zu sagen?"
„Du brauchst Dich nicht aufzuregen
es gibt nichts Harmloseres —"
„Hinter meinem Rücken heim
lich —" knirschte er, und seine Fäuste
ballten sich unwillkürlich.
„Scht!" machte sie, auf das Grab
deutend, das die Entweihung solcher
Worte nicht verdiente.
„Ich erzähle Dir Alkes nachher."
Schweigend, mit ungestümen, me
chanischen, wie bewußtlosen Griffen
pflanzten sie die mitgebrachtenßlumen
ftöcke in das Prachtbeet, dessen Harmo
nie zerstörend. Schweigend harrten sie
dann eine Weile, mit verlorenen Au
gen hinabstarrend. Ihre Lippen bebten,
aber es war kein Gebet.
Das Viktorchen hatte seine Einwilli
gung zu der Versöhnung also nicht ge
geben.
Schweigend, einem eisigen
Schweigen, das sie wie eine Lähmung
Mang, schritten sie nebeneinander den
Hauptweg hinab. In der Sonnengluth
schimmerten und leuchteten die Grab-
Stille nur der Klang ihrer Schritte
in dem leicht rasselnden Kies. Und diese
Schritte beeilten sich, dem entsetzlichen
Schwergen zu entfliehen.
mung an; wie durch einen Schleier sa
hen sie die Läden, die Menschen und die
Fuhrwerke an ihren stummen, rath
losen Blicken vorübergleiten, als wären
es Marionetten.
Plötzlich fuhr von seinen Lippen ein
Wort zischelnd, drohend, höhnend,
brutal: „Preußenbande!" hallte es
deutlich durch das Straßengetöse.
Wie mit einem jähen Arthieb zer
trennte das Wort ihre Liebe und ihr
Leben.
Siebzehntes Kapitel.
und Umstände ihrer Besuche bei den
Zeuners zu erläutern. Es geschah in
einer so würdigen, fast hoheitvollen
Art, ste wußte so sehr dabei das Vi
briren ihrer Erregung zu bemeistern,
sk hielt dabei so tapfer den brennenden
Blick seiner Augen aus, daß er sich sa
gen mußte: entweder ist sie eine vollen
dete Heuchlerin, oder meine Anklage ist
eine Uebertreibung. Aber er wollte sich
nicht geirrt haben! Er wollte nicht von
der Grundlosigkeit seiner Anklage
überführt werden! Er wollte unge
recht und grausam sein! Er lechzte nach
einer Gewaltthat weil jener ein
Preuße ist!
Plötzlich lebte die längstvergessene
Schmach seiner Gefangenschaft wieder
auf, und er gedachte des Tages, da er
sich winselnd wie ein Thier aus dem
Boden seines Zeltes gewälzt, ob des
Falles von Metz. War seine Liebe nicht
damals in der heißen Eifersucht auf
geblüht? Nun sollte dieselbe Eifer
sucht auch seinen Haß zum Sieden
bringen! Nichts von Vernunft und Er
wägung! Er hatte lange genug die Au
gen zugedrückt über die Preußenwirth
schast im Haus«! Wohlan, nun sollen
sie den Franzosen kennen lernen!
Gibt sie nicht selbst z». daß sie den
Preußen monatelang hinter Viktors
Rücken getroffen? O, der nationale
Instinkt" des Ehebruchs steckt ihm zu
sehr im Blut, als daß er eine Harmlo
sigkeit gelten ließe.
„Wenn ich ihn nur auf dem gering
sten Beweis ertappe beim heiligen
Gott, so schieß' ich ihn nieder wie ei
nen Hund!"
Mit einer unheimlichen Ruh: ließ cr
die Worte in die Pause hineintonen,
mit der ihre Auseinandersetzungen spät
am Abend geendet hatten; es klang
wie die Urtheilsverkündigung eines
Nichters. Doch durch den erregten
Qualm seiner Zigarette, den der
Sck>ein der Lampe röthlich färbte wie
den Dampf einer Feuersbrunst, schös
sen die scharfen Stichflammen seiner
Augen nach ihr hinüber, die fanatischen
Stichflammen seines BrudersArmanb,
die man zischeln zu hören wähnte.
Und er erhub sich, iveidete sich einige
Seiunden lang, niit einem zuckend?»
Grinsen um die Mundwinkel, an dkn
starren Schreck, der sie mit seinen Wor
ten überfallen, und an dem hilslosen
Versuch ihrer Lippen, etwas dagegen
„Du da:sst itm nicht verdächtigen
er ist unschuldig!" wollte sie verzweifelt
rufen, das, was sie ihm schon zehnmal
betheuert hatte. Sie wußte nicht ein
mal, ob der Ruf wirklich geschehm
wie gelähmt von, Entsetzen stierte sie
ihm nach als er langsam, absichtlich
festen Trittes, mit einem gewissen dan
dyhaften Wiegen des Oberkörpers,
das ihm eigen war, umwallt von dem
auspuffenden Qualm der Zigarette,
merig beleuchteten Räume schritt und
dann hinter einer Thür verschwand.
Da stürzte sie auf, schlug die Hände
gegen daS Antlitz und ein schriller Hil
feschrei gel'te von ihren Lippen durch
hie Still«.
Sie hatte kürzlich der Aufführung
eines Dumas'schen Smsationsstückes
schoßt- td^B^l
len in die Augen gepreßt hielt, sah sie
die Szene deutlich dort stehen, vom
grellen Bühnenlicht Übergossen. In der
Mittelthür ist plötzlich der Rächer er
schienen, den Zylinder aus dem Kops;
in seiner wagerecht ausgestreckten Rech
kleine schwarze Oessnung dieses fun
kelnden Dinges ist auf den Schuldigen
hingewandt,' der aufgerichtet
mit dem ganzen frechen Trotz, mit dem
Jenem gegenüber steht. Das ehrverges
sene Weib hat die nackten weißen Ar
me mit dem glitzernden Geschmeide
schildartig abwehrend gegen die dro
hende Waffe ausgereckt. Der ganze
Zuschauerraum zittert vor Erregung,
die Damen blinzeln viele
Waffe das letzte Wort nicht sagen
will. Endlich! Roth zuckt ein Schein
durch das iveiße Bühnenlicht, und der
cherin! Was soll das Bild?
wohl im Stande, seine Drohung aus
zuführen! Die Eifersucht, aufs Aeu
ßerste gereizt durch den Rassenhaß,
wird sich nicht besinnen, den Schuß ab-
Heiß überrieselte es sie vielleicht
ist er schon auf den. Weg, um das Ur
theil zu vollstrecken? Ah, er muß und
er will doch erst seinen Beweis ertap
pen er ist doch kein Wahnsinniger!
Es bedarf doch erst einer Szene, wie
jene dort auf dem Theater oder
würde seine Wuth sich schon mit einem
weniger deutlichen Beweis zufrieden
geben?
Welch widersinnige Furcht! Man
muß Zeuner warnen - sie will ihm
schreiben gleich! daß er auf der Hut
fein soll, daß die Eifersucht ihn be
lauert daß sie sich nicht wiedersehen
dürfen, und alle Versuche irgend einer
Verbindung zu vermeiden seien....
Sie ließ sich an dem reizenden, mit
allerlei Nippes überladenen Spielzeug
eines Schreibtisches nieder; vor ihr lag
die Mappe mit den Briefpapieren auf
gewühlt, und sie stützte die Arme da
rauf, vergrub die Augen abermals in
beide Hände.
Ein Abschied ... sie soll die liebe
prächtige alte Dame, ihre zweite Mut
ter, nicht mehr sehen? Sie soll des
Trostes entbehren, sich mit ihrer bra
ven Margret über Viktorchen zu unter
halten? Sie soll den Sonnenschein
dort oben in den Vogelkäfigen missen?
Sie soll damit völlrg oon dem Gebrauch
der Muttersprache ausgeschlossen sein?
Sie soll Zeuners synipathischeStim
me nicht mehr hören.... nein, nein
seinetwegen fürchtet sie den Abschied
doch nicht? Sie fühlte, wie ihr unter
den Händen eine Gluth bis in die
Stirne schoß. Nicht seinetwegen...
Als wenn plötzlich ein grelles Licht
auf eine gewiss- verborgen«, vergessene
Stelle ihres Herzens gefallen wäre und
diese taghell beleuchtete. Sie schauerte
vor dieser plötzlichen Helle. „Nicht sei
netwegen!" stammelte es geheim in
ihr; es klang matt und schwach und
wehrlos. Sie stöhnte laut auf.
Jetzt rückte sie einen Bogen zurecht,
um zu schreiben. Wem? Der alten Da
me? Das hreße sie in Furcht sitzen.
Nein, ihr nicht also ihm!
Sie stutzte. Das wäre gefährlich.
Das hieße ein Dokument anfertigen,
das ein Einverständniß zwischen ihm
und ihr bewiese, und der Zufall übt
solch treffliche Polizei! Also nichts
Schriftliches aus Vorsicht. Also ist
es besser, ihn noch einmal zu treffen....
Sie beschloß also, ihn aufzusuchen
in aller Vorsicht um ihn zu war
nen. Sie schlug die Mappe wieder zu
und wollte sich erheben. Doch sank si«
auf den Stuhl zurück. Ihr Herz pochte
so gewaltig und sie trampfte beide
Hände gegen die Brust, um das Häm
mern aufzuhalten. Was ist das?
Als,wenn sich in all die Angst dieser
Stunde ein Jubel drängt«! Sie soll ihn
wiedersehen, nach so langer Zeit.... war
cs das, was das Hämmern bedeutet«?
Ein so unselig süßes Gefühl durch
rieselte sie: sich mit ihm vereint zu wis
sen gegen die Gefahr! Wie ein Mantel,
der sie beide geineinsam umhüllte, und
mit einer Art wollüstigen Behagens
schmiegte sie sich in die Falten dieses
Mantels. Vergebens, sich gegen die
Versuchung zu wehren mein Gott,
o mein Gott, was ist das....
In völliger Wirrniß suchte sie ihr
Lager auf, doch das Wogen und Wüh
len' ihrer Gedanken ließ sie nicht zu
einem festen Schlafe kommen. Immer
wieder schreckte sie aus dem nervösen
Halbschlummer empor. Fiel nicht ein
Schuß? Sie meinte ihn deutlich durch
das nächtliche Schweigen hallen zu hö
ren. Angstvoll bebend horchte sie. Al
les still. Nur das Ticken der Uhren aus
einzelnen Taktschläge sich kreuzten, so
gab es ein wildes, hastendes Durchein
ander von Tönen es war, als hört«
Das Bett neben ihr war noch unbe
rührt; in der fahlen Monddämmerung.
die durch die Vorhänge drang, schim-
Nacht außer Hause zu wissen. Aber
heute..»
(Fortsetzung folgt.)
Al'ir die Küche.
Suppe n In roioo Uarxak.
Won zwei guten Suppenhühnern kocht
man nur mit einigen Petersilienwur
zeln gewürzte GeflUgelbouillon, die
man gut entfettet und dann durch
seiht. Zur selben Zeit hat man zwei
junge Hähnchen saftig gebraten, er
kalten gelassen und dann das Brust
fleifch abgelöst und feingestoßen und
alles übrige Fleisch nebst dem Gerippe
zerhackt. Ueber die zerhackten Fleisch
theile gießt man etwa
der Gefliigelbouillon und kocht sie da
mit langsam eine Stunde. Dann
gießt man die Brühe durch, röstet zwei
Unzen Mehl in zwei Unzen Butter
blaßgelb, verkocht dies langsam mit
der durchseihten Hähnchenbrühe, thut
das gestoßene Geflügelfleisch dazu und
gießt endlich alles in die Hühnerbouil
lon, in der man es unter beständigem
Rühren bis vor's Kochen bringt.
Acht Kartoffeln röstet man in der
Asche, schält sie, drückt sie fein und
thut sie nun ebenfalls an die Suppe,
welche man jetzt mit einem Pint süßer
Sahne verbindet und mit vier Eigelb
abquirlt. Man würzt die Suppe zu
letzt noch nach Belieben mit etwas
Eayenne oder Muskatnuß. Sie darf
nicht stehen, weil sie sonst sowohl an
Wohlgeschmack wie an Ansehen ein
büßt.
Gemüfetimbale in Schne
cke nfo r m. Aus einem Pint Mehl,
drei Eidottern, zehn Unzen Butter,
etwas Salz arbeitet man rasch einen
elastischen Teig von der Beschaffenheit
eines Mürbeteigs, dm man einige
Zeit an einen kühlen Ort stellt. Wäh
menkohl gießt. Man stellt den Blu-
Ofen ein/Stunde/ stürzt sie
belegt hat, daneben. Im Winter füllt
man solche Timbale mit Sauerkraut
und giebt gebackene Gänseleber dazu,
im Frllhsominer nimmt man zur Fül
lung Spargel oder ein ganz junges
Erbsengemüse.
Gefüllte Hammelfchuk
te r. Ein abgeschlachtetes Hammel
blatt (Schulter) marinirt man drei
Stunden in Weinessig, Citronensaft,
feinen Kräutern und Gewürz, bereitet
von den Abfällen des Fleisches. Harn-
Kräutern, Gewürz und feingewiegten
Pilzen ein Hachee, bestreicht hiermit
das Blatt, dessen Knochen man aus
löste, rollt es zusammen, wickelt es in
ein Kalbsnetz und brät es in Butter,
nach und nach ein wenig Wasser unter
gießend. Mit dem Fond angerichtet,
fügt man diesem ein Glas Rothwem,
einen halben Theelöffel voll Fleifch
extract und einen bis zwei Eßlöffel
voll feinen Estragonessig bei. Di« Bei
„S? i eßli" (fchweizeris ch.)
häutete Kalbsleber wird in fingerdicke,
ca. zwei Zoll lange Stücke geschnitten,
jedes Stück mit Pfeffer und Salz be
bis fünf Stück an klein« hölzerne
Spießchen steckt und in heißer Butter
hellbraun hackt. Paßt besonders gut
zu Bohnen.
Aalroulade. Die Haut des
Aales wird heruntergestreift,
herausgenommen und glatt hingelegt
wie «in Band. Nun wird er zuerst
mit gehacktem Weiß von hartgekochten
Eiern, dann mit dem gehackten Gelben
kocht ihn in Essig, weißem Wein unv
etwas Gewürz einige Minuten lang
und preßt ihn zwischen zwei Brettchen,
welche man etwas beschwert. Ist er
erkaltet, so wird er in feine Scheiben
geschnitten und mit Essig oder Citro
nensaft, Oel, Senf und Zucker zusam
men abgerührt, fervirt. Sollte der
Aal sebr groß fein, so daß die Rolle zu
nach einmal durchschneiden.
Tomaten. Auf ein noch wenigbe
kanntes Recept dürften Tomaten auf
folgende Art bereitet sein. Man
schneide die Frucht quer durch, ent
ferne den weichen Inhalt (welcher zur
Suppe oder Sauce verwendet werden
kann), fülle eine dicke Mayonnaise in
die Oeffnung, schiebe einige Hummer
stückchen hinein und lege die Tomaten
auf eine mit Kopfsalat und Hummer
fcheeren garnirte Schüssel. Einzeln
kann man dieselben auch recht hübsch
mit Salatblättch-n verziert auf kleine
Teller zur Tafel geben. Oder man
füllt sie mit grünen Erbsen unk»
schmüÄ mit Petersilie 3