Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, June 11, 1896, Page 2, Image 2

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    2 Ter größte deutsche Segler.
> Den Beginn mit der Einstellung rie
'Higer Segler hat die Rhederei von Bor
des und Sohn in Bordeaux gemacht,
deren grötztes Schiff „La France", ein
Fünfmaster, eine Wasserverdrängung
«on 6160 Tonnen besitzt. Auch dießick
mers'sche Rhederei in Bremen besitzt
Segelschiffe von 6000 Tonnen Deplac
ement. Gegen Ende des vorigen Jahres
ist nun auch die Hamburger Flotte
durch eines der grötzten Segelschiffe be
reichert worden. Es ist dies die „Poto
si", ein für den Salpetertransport von
Ehile nach Europa bestimmtes Schiff,
der Rhederei von F. Laeitz in Ham
burg gehörig. Dieses Fahrzeug ist ein
Fünfmaster von 6160 Tonnen Wasser
scheu den Perpendikeln von 110.36 Me
ter, während die größte Breite 16.20
DerFünfmaster.Potosi."
und die Raumtiefe 9.60 Meter beträgt.
Das Schiff ist aus Stahl auf der
Teklenburg'fchen Werft in Geestemün
de erbaut worden und ist mit all den
Neuerungen und Verbesserungen verse
hen, welche der Dampfschiffsbau gezei
tigt hat. So besitzt es mehrere wasser
dichte Querschotten und einen Doppel
boden nach Art der Schnelldampfer
und Kriegsschiffe, welcher zumEinneh
inen von Wasserballast eingerichtet ist.
Die stehende Takellage des Schiffes be
steht ganz aus Stahl, die Masten,
Stengen und Raaen sind aus Blech
ronstruirt und statt des vergänglichen
und schweren Tauwerkes sind Draht
-tabel angewendet.
Die Masten sind außerordentlich
hoch. Der Großmast mißt vom Kiel
bis zur Spitze 64 Meter und es dürste
eine solche Höhenentwickelung bis jetzt
sonst nicht erreicht sein. Der Durch
messer desselben am Deck ist 0.86 Me
ter. Das Segelareal umfaßt insge
sammt 4700 Quadratmeter.
JmDroome.
Ich sah im Droome mich so recht ge
miethlich,
Ich daht mich in der Kneipe boomig
gietlich,
Beeses,
Da nahte meine Alte o HerrjeseZ.
Da war de Freede aus!
Arg dehnbar.
Mann: „Das ist meine Frau! Ich
sag's Ihnen, eine guteHaut!" Freund:
„Ich glaub's die Haut hat aber
auch was ausz'halten!"
' Unbeabsichtigte Grob
heit. Herr (zum Barbier auf eine
kleine Wunde an der Stirne deutend):
Wie das entstellt! Da bekomme ich jetzt
einen Auswuchs! Barbier: Ei ei,
und gerade auf so einer dummen Stell!
GanzwasAnderes. Nach
barin (zu ihrem Nachbar, der gerade
mit seinem Weibe gestritten hat): „O,
ich kann Ihnen glauben, wie arg das
ist, lieber Herr Nachbar, ich bin doch
auch verheirathet ich aber mit einer
Frau."
Einbrillanter Erfolg.
Mrs. Manhattan: „War Mrs. Lake
fide's letzte Heirath ein Fehlschlag?"
Mrs. Wabash: „O, nichts weniger al»
das. Sie erhielt Scheidung und Ali
mente in zwanzig Minuten, nachdem
der Fall aufgeruixn war."
Weiden MnSern.
Bon Maurus Jokai.
Der Baron erzählte:
Sie erinnern sich ja alle der jungen
Gräfin Repey. Eines Abends kam sie
auf den unglücklichen Gedanken, sie
müsse auf den Ball nach Arad. Sie
müsse auf den Ball. Und sie ließ an
„Lieber Baron", bat sie mich, „kom-
Ja, was sollte ich dazu sagen? „Es
ist ja draußen stockdunkel, wir können
keinen Schritt weit sehen. Der Wagen
kann stürzen und wir brechen uns das
Genick. Oder wir fahren in den Fluß
hinein und ertrinken. Und dann der
große Wald, der dazwischen liegt! Wir
werden ermordet, Gräsin. Ich denke,
wir fahren morgen."
Nein sie mußte heut fahren. „Es
ist ja so herrlich bei Nacht zu fahren.
Denken Sie nur: Sterne und Mond
schein!" Also kurz, es war nichts zu
machen, ich mußte mitreisen.
Unterwegs schlief sie; und als ihre
Gesellschaftsdame mich anfing von
Kopfschmerzen und anderen
zen zu unterhalten, that ich auch, aIH
ob ich schliefe.
Plötzlich stand der Wagen und be
gann sich auf die eine Seite zu nei
gen. Die Gräfin erwacht und fragt
verdrießlich, was los sei. Der Kutscher
«ntwortet, er habe sich verirrt. „Ach
was," sagte die Gräfin, „fahr' nur
zu." „Ich glaube aber "!-«>< daß es
hier sehr sicher ist." „Du bist ein Angst
meier. Wo sind wir hier?" „Im Sza
lontaer Walde."
Die Gräfin sprang aus dem Wagen.
„O, was für eine herrliche Nacht. Kom
men Sie nur, Baron, und sehen Sie!"
„Sehen? Ja, was soll ich denn se
hen? Es ist ja pechfinster. Ich sehe
nicht."
„Nicht? Auch nicht das Licht da drü
ben?"
Na, da haben wir's ja. Da haben
wir ja die Räuberhöhle. Richtig, der
Kutscher sagt es seie in Wirthshaus, in
dem Räuber verkehrten.
„Also gehen wir hin," sagte die
Gräfin. „Wo sollen wir denn sonst die
Nacht über schlafen?"
Ich gerieth in helle Verzweiflung.
„Um Gottes willen, Gräfin, was wol
len Sie thun? Es ist eine berüchtigte
Räuberhöhle, und der Wirth im Ein
verständnisse mit den Mördern. Ich
las neulich in der Zeitung—"
„Ach, das sind ja Märchen," entgeg
nete sie lachend. Finden wir kein Hotel,
so müssen wir eben mit dem Wirths
hause fürlieb nehmen." Und damit be
fahl sie dem Kutscher, mit dem Wagen
nachzukommen, so gehe sie allein.
Schon von weitem konnten wir wil
des Geheul aus dem Wirthshause hö
ren. Aber die Gräfin hatt? keine Furcht,
sie öffnete die Thür und trat ein. Es
war ein langes, angeräuchertes Zim
mer, in das wir kamen. Neun Banditen
tanzten und sangen darin, —neun, den
Wirth und dreiMustkanten mitgezählt.
Na, na, fünf waren auch gerade genug,
und ich wünschte sie jedenfalls dahin,
wo der Pfeffer wächst. Das half nun
aber wenig. Fünf große starke Kerle,
die fast bis an die Decke reichten. Ihre
Pistolen jeder hatte eine lagen
in der einen Ecke. Als die Räuber un
serer ansichtig wurden, hörten sie auf
zu tanzen und sahen mit großen Au
gen aus uns. Aber die kleine Gräfin
trat an sie heran und sagte mit ihrem
entzückenden Lächeln:
„Ich hoffe, Sie entschuldigen, daß
wir Sie stören. Wir haben uns ver
irrt und tonnten in dieser Dunkelheit
nicht weiter. Können wir für die Nacht
hier Herberge erhalten?"
Jetzt trat Einer von ihnen der
Schönste und Größte auf «ns zu,
drehte sich seinen Schnurrbart recht
schneidig, nahm den Hut ab, schlug die
Sporen zusammen, daß es klirrte, und
sagte mit einer Verbeugung vor der
lächelnden Gräfin, wir störten gar
nicht, er fühlte sich sehr geehrt, daß wir
gekommen seien. Er, Fekete Joszi
mir lief es kalt über den Rücken; Fekete
Joszi, der berüchtigte Räuber! er
also sei heut bei Kasse, und als Wirth
erlaube er sich zu fragen, mit wem er
die Ehre habe.
Bevor ich der Gräfin ein Zeichen ge
ben tonnte, antwortete sie schon, sie sei
die Gräfin Repey.
„Den Namen bin ich so glücklich zu
kennen. Ihr Vater, der alte Graf,
sandte mir mal eine Kugel nach, traf
mich aber nicht. Bitte nehmen Sie
Platz, Gräfin."
Gemüthliche Bekanntschaft!
Die Gräfin setzte sich auf die Bank.
Fekete nahm neben ihr Platz. „Es ist
hübsch, daß Sie hierher kamen. Wir
haben hier ein Tanzvergnügen. Wenn
Sie meine Einladung nicht ablehnen,
werden Sie sich, glaube ich, gut amü
sieren. Wir haben ein paar Zigeuner,
die großartig spielen. Spielt einen
Csardas! Aber gut!"
Der Unverschämte fragte nicht e:st,
sondern indem die Musik begann, fatz
te er die Gräfin um den Leib. Und
wahrhaftig, nie habe ich sie schöner und
verführerischer gesehen, als in dieser
Stunde. Ich habe oft ungarische Tän
ze gesehen. Aber so, wie diese beiden
Csardas tanzten! Ich werde es nie
Zuerst führte sie der Betyar mit ma
jestätischen Schritten einiae Male
durch's Zimmer, dann sprang cr plötz-
und immer wilder klangt die ichöne
Ungarmelodie. Langsam und anmu
thig begann die Gräfin den Tanz. Wie
ein Sommervogel schwebte sie dahin.
Ab und zu neigte sich der Bursche zu
ihr, als ob er sie umfassen wollte, blieb
dann plötzlich stehen, warf den Kopf
zurück und drehte sich rundum, wäh
rend die entzückende kleine Fee bald
zu ihm hineilt?, als wollte sie sich in
seine Arme werfen, bald sich zurückzog
und ihn hierin und dahin lockte. End
lich drehte sich der Betyar rund um,
stellte sich vor die Zigeuner, und als
ob er nun erzürnt allein tanzen wol
le, wandte er feiner Dame den Rücken.
Aber plötzlich sprang er zurück, die
Hände fanden sich und wie ein Blitz
drehte er sie rund herum, herum und
herum ich wurde ganz schwind
lig
Der Räuberiauptmann führte feine
Dame an ihren Platz, küßte ihr ehrer
bietig die Hand und wandte sich darauf
vertraulich zu mir und legte mir die
Hand auf die Schulter:
„Na, und Sie alter Herr, tanzen Sie
nicht?"
Scheußlich! Ich alter Herr.
»Danke, ich kann nicht."
„Ja so, das ist etwas Anderes." Da
mit wandte er sich wieder zur Grafin.
„Sie müssen entschuldigen, gnädige
Frau, daß wir nicht angemessen vor
bereitet sind so hohe Fremde zu
empfangen, und mit dem fürlieb neh
men, was da ist. Es ist nicht viel, aber
gut ist's."
Ja, das war ein herrliches Souper,
das mutz ich sagen! Einen kleinen Topf
»i!t Lammfleisch setzten sie auf den lan
gen Tisch. Um den Tisch lagerte sich
die ganze Bande. Mit Hülfe eines
Stückes Brod und eines Taschenmessers
fischte man das Fleisch heraus.
Aber die kleine Gräfin aß, ils ob
sie drei Tage lang nichts Nasses und
nichts Trockenes gekostet hätte Der
Hauptmann selbst suchte ihr die besten
Stücke heraus und schnitt ihr einStück
Weißbrod nach dem andern ab. Und
sie aß.
Da bemerkte er, daß ich nicht ah. Er
runzelte die Brauen. Aber die Miß
stimmung ging schnell vorüber uizd er
fragte lächelnd, warum ich nicht ätze.
„Sie müssen essen, alter Herr; gestohle
nes Fleisch giebt Kraft." Der Schlin
gel genierte sich durchaus nicht.
Den Wein tranken sie aus der Fla
sche. Fekete Joszi trank zuerst, trockne
te mit seinem Aermel ab und reichte
der Gräfin die Flasche, die sie sofort
an den Mund setzte und trank ja,
denken Sie sich, sie trank richtig!
Während die Zigeuner traktirt wur
den, kam der Hauptmann zu mir. „Na,
Sie, alter Herr, Sie essen nicht, Sie
trinken und tanzen nicht, womit ver
treiben Sie sich denn die Zeit? Spielen
Sie Karten?" Damit griff er nach ei
nem Spiele Karten. Aha, nun wollte
er natürlich herauskommen, wie viel
Geld ich bei mir hatte.
„Nein, ich spiele auch nicht Karten,"
antwortete ich.
„Na, dann werde ich's Sie lehren.
Es ist sehr leicht." Er mich das Spiel
lehren! Als ob es mich nicht zwei Gü
ter gekostet hatte, es zu lernen! Aber
ich mutzte mich hinsetzen und von ihm
mich unterrichten lassen. Ich hatte ein
paar Kupfer- und Silbermünzen in
der Tasche. Die will ich riskiren dachte
ich.
„Sie wollen doch wohl nicht um
Kupfergeld spielen? Wofür halten Sie
mich, Verehrtester? Hier ist die Bank."
Und damit warf er ein paar HändeDu
katen auf den Tisch.
Ich hatte ein paar Goldstücke. Zit
ternd setzte ich auf eine Karte. Die
Karten wurden gemischt und ich ge
wann. Der Räuber bezahlte. Um keinen
Preis durfte ich das Gewonnene be
halten. Ich lietz es also als Einsatz ste
hen. Ich gewann wieder. Ich lietz es
weiter stehen, und gewann zum dritten,
vierten, fünften und sechsten Mal. Der
Schweitz stand mir auf der Stirn. Ich
sandte innige Gebete zu Gott: Herr,
laß den Räuber auch mal gewinnen!
Umsonst. Ich gewann zum achten Ma
le. Fekete schlug auf den Tisch, untz die
Münzen tanzten. „Wenn Sie so wei
ter gewinnen, alter Herr, könnte ich
in einer Stunde den ganzen Haufen
verlieren," rief er lachend und steckte
das Geld, das er noch hatte, in die
Tasche.
Ich wagte ihm den Gewinn anzubie
ten. Aber stolz wie ein König sagte er
zu mir: „Wofür halten Sie mich? Be
halten Sie das Geld oder ich werfe Sie
'raus." In meiner Verlegenheit ,oarf
ich die ganze Summe den Zigeunern
zu. Sofort umringten sie mich und ba
ten mich zu sagen, welche Melodie ich
am liebsten hörte; sie wollten sie so spie
len, wie ich's noch nie gehört hätte. Um
sie los zu werden, sandte ich sie zu der
Gräfin.
Die Gräfin lietz sich nicht lange
bitten und sang ein Volkslied so herr
lich, datz ich ganz vergaß, wo ich war,
und zu klatschen begann, als ob ich im
Parquett säße. Auch der Räuberhaupt
mann applaudirte, sang dann seiner
seits einen von unseren wild wachsen
den Gesängen und wandte sich zu mir:
„Nun ist die Reihe an Ihnen, alter
Herr."
Ich gerieth in schreckliche Verlegen
heit. Ich singen! Ich, der ich nie ein
anderes Lied gekannt habe, „So leb'
denn wohl. Du stilles Haus." „Ich
kann nicht singen, nein, wirklich nicht."
Aber die Gräfin bat mich auf fran
zösisch nachzugeben. Ich könnte sie in's
Unglück stürzen. Was sollte ich thun?
ich meine Arie. „So leb' denn wohl.
Du stilles Haus," sang ich, daß es an's
Herz griff und in's Ohr schnitt. Es
fiig zu fein.^
Die Gräfin war unermüdlich. Bis zum
frühen Morgen tanzte sie in einem fort.
Erst als die Sonne durchs die Fenster
Na, nun kommt's, dachte ich. Gctt
sei uns gnädig!
Der Räuber ging hinaus, weckte den
Kutscher, kam wieder herein und mel
dete, daß der Wagen fertig sei.
Sie wollten also uuterwegs mit uns
«in Ende machen.
Der Räuberhauptmann stieg zu
Pserde und begleitete uns bis zurLand
stratze. Dort zeigte er uns den Weg,
grüßte, wünschte viel Vergnügen und
ritt zu seinen Kameraden zurück.
Erst als wir nach Zeried kamen, ath
mete ich frei. Ich begann sofort der
Gräfin begreiflich zu machen, wie un
besonnen sie gehandelt habe und wel
cher Gefahr sie nur durch mein impo
nirendes Auftreten entgangen sei. Sie
hörte mich ruhig an, und wie ich fertig
„Ach feien Sie doch so gut, dasLi^d
fertig wurden."
Da wurde ich auf einmal schläf
rig
Auf dem Balle war sie die schönste.
Allerdings tanzte sie nicht; sie entschul
digte sich, sie sei zu müde. Das glaube
ich: in einer Nacht achtzehn Csardas zu
tanzen! Ich war gräßlich müde, ob
wohl ich nicht getanzt hatte.
Ich ging sofort zu den Kartsnti
schen. Heut ist das Glück Dir hold,
heut mußt Du wagen, dachte ich. .Heut
werde ich euch rupfen, ihr Dümmlinge.
Ja wohl rupfte ich! Ich verlor meine
ganze Baarfchaft und als ich ging,
schuldete ich obendrein noch 1000 Gul
d»n.
Ein halbes Jahr später las ich in
der Zeitung, daß Fekete Joszi in «ze
gedin zum Tode verurtheilt und hin-
Sofort eilte ich zu der kleinen Grä
fin und erzählte ihr das.
„Schade," sagte sie, „so famos, wi«
er tanzte"...
Aas Stelldichein.
„Montag um 7 Uhr Abends!"
Kein Wort weiter aber er wutzte
genug. Ihm flimmerte es vor den Au
gen, sauste es vor den Ohren —Zorn
und Wuth drohten ihn zu ersticken.
Sie hatte ein Stelldichein —Montag
um 7 Uhr Abends sie, seine Frau!
Er wutzte nicht mit wem und sie
würde es ihm auch nicht gestehen. Er
hatte keine Gewalt über sie, das hatte
er sich schon oft in ohnmächtigem Grol
le gesagt. Er bezwang sich, faltete das
Blättchen wieder zusammen und ver
barg es da, wo er es gefunden in
dem großen Makarbouquet. Einer
seiner Gäste würde es hier gleich suchen
und finden er hatte kein« Ahnung,
wer. Aber er zweifelte nicht, daß dies
die, wenn auch ungeschickt verstellte
Handschrift seiner Frau war.
Er wußte nicht, was er mit ihr, was
er mit ihm beginnen würde, vorerst
wollte er sie überführen.
Er, der Gatte, war der Sohn eines
reichen Mannes; reich an Ueberfluß
gewöhnt, von Kindheit auf. Kaum ein
Wunsch war ihm versagt geblieben. Er
hatte ein armes, wunderbar schönes
Mädchen geheirathet. Sie liebte ihn
nicht, sie opferte sich für ihre Familie,
aber seine Leidenschaft setzte sich darü
ber hinweg. Es würde ihm wohl ge
lingen, ihre Gegenliebe zu erringen;
sie würde mindestens nicht wagen, ihm
untreu zu werden, obgleich er 26 Jah
re älter war als sie. Bisher hatte sie es
nicht gewagt in den zwei Jahren
einer kalten und glücklosen Ehe hatte
sie ihm niemals den geringsten Anlaß
zum Mißtrauen gegeben, war kein
Schatten auf ihren Ruf gefallen. Aber
sie liebte ihn auch nicht —sie hatte eine
eigenthümliche Art ihn kalt und fremd
anzublicken und sie fchien in einer
Welt zu leben, die ihm nicht zugänglich
war in einer fremden, unbegreifli-
Die Gäste hatten sich entfernt die
glänzende Gesellschaft war zerstoben.
dem blendend erleuchteten Sa»
lon, mitten unter dem stilvollen Kro
nleuchter, stand Energie,- sie trug ei
ne prächtige Toilette und kostbare Ju
welen! der Fächer von echten Strau
ßenfedern allein, den sie leise bewegte,
hätte den Bedarf einer armen Familie
auf ein Jahr gedeckt. Eugenie war
ein wenig blaß und sah starr vor sich
hin. Sie verrieth lein Zeichen von Mü
digkeit, sie schien weder erfreut noch ge
hoben durch die Artigkeiten, durch die
Huldigungen, die sie heute eingeerntet.
Er betrachtete sie mißtrauisch, lauernd,
rachgierig.
Das Zeitlichen aus dem Makartbou
quet war verschwunden, aber er hatte
durchaus nicht bemerken können, daß
einen wärmeren Blick tauschte.
Sollte er sich doch getäuscht haben?
War es nicht ihre Handschrist?
„Wir gehen morgen, Montag, in die
Oper, Eugenie ich habe morgen eine
Loge bestellt!" sagte er jetzt.
„Morgen, Montag o Du mußt
mich entschuldigen—morgen Abend —
bin ich verhindert!"
Also doch! Aber er sagte laut und
kühl: „Wie Du wünschest! —So gehe
ich allein —"
„Ich danke für Deine freund
liche Absicht.'
unnahbar mit dem frem e
licher als sonst.
Die Schlange sie wollte ihn in
Sicherheit wiegen!
Er ging aber nicht weit. Er legte I
sich aus die Lauer in einem kleinen
dunklen Nebenraume voll Garderoben
schränken, in welchem die feinen Par
füms, welche Eugenie benutzte, zu spu
ken schienen. Eugenie schien das Haus
nicht zu verlassen. So war die Diener
schaft im EinVerständniß —so kam der
Verräther in's Haus!
Jetzt schlich der lauernde Gatte her
an an das Schlüsselloch bohrt sei
nen Blick in das
Eugenie's Boudoir war leer. Nun
stürzte er in das Gemach, dann in das
anstoßende Schlafzimmer, welches nur
durch eine Milchglasampel schwach er
leuchtet war.
Auf den ersten Augenblick erschici.
ihm auch dieses leer.
Wo war sie hingekommen, die Treu
lose,diePflichtvergessene?Da lag sie auf
dem Teppich, leise röchelnd, ein schwa
cher Geruch nach bittern Mandeln füll
te das Gemach. Das schöne Gesicht der
jungen Frau war bläulich, verzerrt,
Mund und Augen angstvoll geöffnet—
sie rang mit dem Tode. Der Gatte, sei
ner Eiferzucht vergessen, riß an der
Glocke.
„Schnell, schnell, den Arzt, der über
„Der lief eben nach dem Nachbar-
Haufe. dort hat sich soeben der jung«
Musiker erschossen, Herr Commerzien
rath, derselbe, der gestern hier Geige
spielte! Aber der Arzt kannuvohl ab
kommen, denn da ist nichts zu machen
fahren und ist darum in Ohnmacht ge
fallen ich renne hinüber nach dem
Arzt."
Und das Mädchen lief fort. —
Der junge Musiker, der gestern hier
Geige gespielt hatte! Ein stiller, be-
Chopin spielte. Welche närrische Idee!
Und dieser Trauermarsch war vielleicht
die Antwort auf das Billet Eugenie's.
Sie liebten sich wer weiß, wie
lange!
Aber Eugenie hatte auf den Namei»
ihres Gatten auch nicht den leisesten
Ewigkeit!
Denn der Arzt kam auch zu ihr zu
spät
Gcdcnlcn.
O du schöne, wunderbare
Zeit der Jugend und des ScherzenS,
O ihr Lebenslenzesjahre,
Gold'ne Zeit des Menschenherzens;
Wo um's Haupt von Mutterhänden
Blumen wurden uns gewunden,
Uns gestreut, daß wir sie fänden
Auf dem Weg zu allen Stunden
Du bist's, die in hoffnungslosen,
Später'n Herbst- und Wintertagen,
Wenn's das Schicksal »ill, statt Rosen
Leichter läßt uns Dornen tragen!
Harte Zucht.
Ein Beispiel harter Zucht wird un»
aus der Jugendgeschichte des Mark
grafen von Bayreuth berichtet. Dieser
hatte im zwölften Lebensjahre seine
letzten Verwandten verloren und war
unter die Obervormundschaft des Gro
ßen Kurfürsten gekommen. Die Er
ziehung des jungen Prinzen war dem
Präceptor Lochmann anvertraut.neben
den im Jahre 1652 noch der Eandidat
Brunnenwasser in Dienst trat. Die
Unterrichtsmethode des Letzteren grün
dete sich vorzugsweise auf „Schul
streiche", das ist Schläge. Am IV.
September 1663 schrieb Brunnenwas
ser in einem Berichte an den Kurfür
sten, „daß der junge Prinz beim Va
terunser gestutzet und sich habe einhel
fen lassen, auch dazu gelacht, bis end
lich die scharfe liuts prneeeptoris
(die Ruthe des Lehrers) ihm das Ge
bet herausgezwungen." Aber es kam
noch schlimmer. Einmal zeigte der
Prinz, wie Brunnenwasser weiter be
richtet, „solche Abneigung zur Cour
toisie und Tugend, daß man ihn mit
allerGewalt während dieser Festtage zu
seinen Devoirs (Pflichten) hat treiben
müssen, wobei ich ihm gestern Mittag
über'm Lesen, wahrscheinlich durch
Mißlingen eines Schulstreiches, Nase
und Maul gefärbet."
Ueber die Art dieses „Schulstrei
ches" gibt folgende Randbemerkung
des Präceptors Lochmann Aufschluß:
„Ist eine Maulschelle gewesen, so ihm
Brunnenwasser versetzet, davon der
Prinz über'm Haufen gefallen, sehr ge
blutet, daß man es in etlichen Tagen
nicht aus den Dielen hat waschen kön
nen."
Diese harte Behandlung macht es
erklärlich, daß der Prinz einmal in
Verzweiflung ausrief: „Da will ich ja
lieber ein Ochsenhirt werden, als bei
meinem Hofmeister länger bleiben, und
wenn man mich dazu zwingt,so springe
ich aus dem Fenster."
Ein Kunstwerk. Rentier:
Der Geldschrank, den Sie mir gestern
verkauft haben, ist aber miserabel: ich
schließe schon seit einer Stunde daran
herum und krieg' ihn nicht auf.
Kunstschlosser: Daraus sehen Sie. wie
vorzüglich er ist; wenn Sie ihn mit 'm
Schlüssel nicht öffnen können, da kann
doch ein Dieb ohne Schlüssel erst recht
Inder Eonditorei.
Fremder: „Wie, erst lassen Sie die To
rte zur Erde fallen und dann ferviren
Sie sie noch?" Kellner: „Es ist ja
Sandtorte!"
Solidarität. „Warum
streiken die Eommis in Eurem Ge
schäft denn?" „Weil der Chef einem
von ihnen feine Tochter nicht geben
will!"
Ein unöekannterKeld.
Bei de» beliebten Unterhaltung der
grauhaarigen Beteranen des mörderi-
Nothfalle sich ihrer Väter werth zu zei
gen. Manche solcher Geschichten, in
ihrer schmucklosen Art und von einfa
chen Leuten erzählt, tragen so deutlich
sie thatsächlich historischen Werth ha
menlos geblieben ist und von dem man
sogar die letzte Ruhestätte nicht mal
weiß, will ich hier wiederholen, unge
fähr so, wie ich sie eines Abends beim
„Wachtfeuer" eines der beliebten „Po
sten" der G. A. R. gehört.
Der alte Stewart, ein großer Bra
marbas, hatte eben verschiedene Aben
teuer zum allgemeinen Besten gegeben,
die er zum Theil selbst erlebt, theils
auch gutverbürgt gehört haben wollte,
und es knüpfte sich hieran eine Discuf
sion über die bekanntesten Heerführer
des langen Krieges, indem jeder feinen
besonderen Liebling nach Kräften her
ausstrich. So kamen dabei allerhand
Anecdoten von Grant und Sherman,
Thomas und McClellan, Fremont und
Sheridan zum Vorschein, und ein
deutscher Kamerad theilte uns einige
charakteristische Einzelnheiten über den
seiner Zeit sehr geschätzten und belieb
ten General Siegel mit, in dessen un
mittelbarer Umgebung er längere Zeit
während des zweiten Virginia-Feld
zuges gewesen war. Er erwähnte auch
die stattliche Erscheinung und die
schmucken Uniformen dieses Kriegshel
den selbst und seines Stabes.
„Der deutsche Soldat, der mir der
liebste war während des ganzen Krie
ges," sagte Jim Doyle, der Einarmige,
„war mein Lebensretter. Er sah aber
durchaus nicht aus wie General Sie
gel. Im Gegentheil. Er war sehr
unscheinbar in seinem Aeutzeren. Wie
er eigentlich geheißen hat, das weiß ich
nicht. Es war ein langer, komischer
Name, den doch Niemand behalten
hätte. Da er aber der einzige Deutsche
in unserer Compagnie war, so hieß er
allgemein „Dutchy"! Wir meinten
nichts Böses damit. Dutchy war aber
zu merkwürdig anzuschauen. Er war
eigentlich Schneider von Profession,
und er hatte zapplige Bewegungen, als
wenn er fortwährend die Nadel führe.
Dazu war er sehr bleich, voll Som
mersprossen und hatte röthliches Haar
und keinen Bart. Seine Uniform
schlotterte ihm auf den mageren Glie
dern. Kurzum, Dutchy sah durchaus
nicht wie das Ideal eines Kriegers
aus, und wir machten uns alle eine
Zeitlang über ihn lustig, namentlich
seitdem wir bemerkt hatten, daß er, so
bald er Pulver roch und die Kugeln
pfiffen, immer tödtlich blaß wurde
eigentlich grau, aschgrau, denn blatz
war er stets. Niemand glaubte, daß
was in ihm stecke, zumal er ein sehr
weichmüthiges Herz hatte und leicht
Thränen vergoß. Nach dem ersten Ge
fecht, das er mitgemacht hatte, wurde
er verspottet, weil er im Feuer seine
Farbe gewechselt hatte, und einer von
uns, „Pete" Alexander, der der größte
Feigling war, spottete am schlimmsten.
Da sagte Dutchy in seinem gebroche
nen Englisch ganz ruhig: „Du, Pete,
wenn Du soviel Angst gehabt hättest
wie ich, so wärst Du davon gelaufen."
Wir lachten denn thatsächlich war
Dutchy nicht davon gelaufen, sondern
hatte gestanden wie eine Mauer.
Später, nachdem er schon eine ganze
Reihe von Gefechten und Schlachten
mitgemacht hatte, hörten wir alle auf,
unfern Scherz zu treiben mit Dutchy,
denn er war der ruhigste, gleichmü
thigste Soldat von uns allen. Keine
Wimper zuckte bei ihm. wenn rechts
und links die Kugeln pfiffen, so tapfer
war er. Nie sah man ihn zurückwei
chen, außer auf Befehl von Oben, und
er hatte schon eine ganze Reihe von
Beweisen seines außerordentlichen
Muthes gegeben, sodatz wir sammt
und sonders, das ganze Regiment, bei
ihm schworen. Jeder liebte ihn, denn
er war ein guter Mensch und ein bra
ver Kamerad, der seinen letzten Bissen
theilte, Wenn's Noth that. Sonderbar
aber sobald die Schießerei losging,
wurde er immer noch so eigenthümlich
fahl im Gesicht es mußte in seiner
Natur liegen, vermuthe ich.
„Ich selbst war damals Trommler
war noch nicht trocken hinter den
Ohren, kaum 17, aber das Soldaten
leben gefiel mir mit seiner Ungebun
denheit und seinem rauhen Spaß im
Lager. Das Regiment hatte mich
gern, seitdem ich bei einer Gelegenheit
es war in einem Gefecht nahe Po
tomac Flats und die Unsrigen hatten
schon angefangen zu weichen durch
ein rechtzeitiges Trommelaerassel die
wankende Colonne zum Stehen ge
bracht batte. Nun hatte ich, wie
dumme Jungen dies stets thun, nicht
viel für Dutchy übrig aebabt. weil er
mir ?u still war ich liebte die Lusti
gen. die Svaßvöael. Aber es kam ein
lich bei mir änderte."
„Hier, Jim, stärke Dich erst mal,"
unterbrach „Rednose" Mack. der Wirth
des Locals, und der that dies denn
a»ch, einen tiefen Zug des kühlen
Bieres zu sich nehmend. Dann fuhr
er fort:
schen Kartätfchenfeuer auch ebenso oft
Wieder vertrieben worden. Bei dem
letzten Ansturm traf mich auf einmal
was es fühlte sich an, als ob mir
Jemand einen heftigen Stoß an der
Schulter gegeben und ich dabei zu Fall
gekommen sei. Es war aber thatsäch
lich ein Granatsplitter gewesen. Als
ich versuchte, mich aufzurichten, fiel ich
stöhnend wieder hin auf den steinigen
Boden, der sich mit meinem Blut rö
thete. Ich verspürte plötzlich fürchte»
lichen Durst und suchte mich nach dein
Bache zu schleppen, der da, nur unge
fähr 20 Schritt unter mir, so einla
dend plätscherte. Ich kam aber nicht
so weit, denn ich wurde bewußtlos und
blieb liegen. So verging einige Zeit
auf beiden Seiten beschränkte man
sich mit Geschützfeuer, und ab und zu
schlug eine Granate in den Reihen
diesseits oder jenseits ein. Manche der
Geschosse fielen auch in meiner Nähe
nieder, so daß die Erde um mich herum
aussah.als ob sie geackert worden wäre.
Davon natürlich wußte ich in meiner
Bewußtlosigkeit nichts, aber unser Re
giment, das eine ziemliche Strecke ent
fernt den Rand des Waldes besetzt
hielt und genau sah, wie die Chancen
für mich immer geringer wurden, sah
dies alles und man bedauerte mich.
Da sagte Dutchy in seiner ruhigen Art:
„Boys, ich will Jim holen!" Gesagt,
gethan. Ohne Waffen, ganz gemüth
lich, als ginge er spazieren, schritt er
nach der Stelle hin, wo ich lag. Zuerst,
als die Feinde noch nicht wußten, was
er wollte, wurde auf ihn gezielt und es
raschelte von Kugeln »m ihn her. Aber
Dutchy ließ sich nicht stören. Gemäch
lich blieb er auf seinem Gange. Und
als er mich erreicht ich war noch
immer nicht zur Besinnung gekommen
da hob er mich behutsam auf und
lud mich gerade so bedächtig auf die
Schulter. Darauf trat er einen geord
neten Rückzug an.
Jim holte tief Athem. „Na, was
soll ich da noch lange erzählen. Ihr
könnt's Euch ja denken, wie das Ende
ist. Als die Rebs drüben sahen, was
los war, den langen, dürren Kerl mit
mir auf den Rücken den Bach durch
waten und nach unserem Regiment
lossteuern sahen, da hörten sie plötzlich
zu feuern auf. Wie auf Commando.
Sie sahen, daß es sich um ein Helden
stück handelte, und die Rebs sind ja
selbst tapfere Männer. So konnten sie
diese That Dutchy's auch würdigen.
Kein Schuß wurde abgefeuert, wäh
rend Dutchy unter seiner blutenden
Bürde sich langsamer und langsamer
dahinschleppte. Am Waldessaum stot
terte er noch: „Boys, da ist Jim." Unt>
dann sank er selbst um. Drüben aber,
unter den Rebs sprangen wohl 20 oder
3V vor die Front, schwangen ihre Hüte
hat's hinterher ja auch gefreut zur
Zeit wußte ich aber nichts davon. Ich
hatte einen schlimmen Schuß davonge
„Und Dutchy?" frug Mack.
„Ja der arme Kerl," sagte Jim
Doyle und eine Thräne glänzte in sei
nem braunen Gesicht, „der arme Kerl
er hatte nicht weniger als drei
Schüsse erholten natürlich auf dem
Wege nach mir hin, denn auf dem
Rückwege, wie gesagt, hatte das Feu
ern aufgehört. Zwei davon waren
bloße Risse Streifschüsse, die nicht
selbe Hospital geschickt 20 Meilen
und wo er sonst hätte ich ihm
schon längst einen Grabstein setzen
lassen. Hm! Hm!"
Jim mutzte husten. Es war ihm
etwas in die Keble aekommen. Dann
bob er sein frifchaefiilltes Glas unk
saate nur: „linvx, t»
Diitc'liv!" X
Und sie thaten Alle Bescheid.
Tic Laune dos Mondes.
Gestern stand ich an dem Fenster,
Lauschte in die Nacht hinaus.
Meine Liebe anvertraut.
Doch verbarg der Alte schließlich
In den Wolken sein Gesicht,
Wenn man ihm von Liebe spricht.
Einschläfernd. In einer
Gesellschaft trägt ein Dichterling ein
längeres, selbstversaßtes Gedicht vor,
und ein Gast benutzt ein- Pause, unv
sich heimlich davon zu schleichen. Im
Grob. Frau sdie aus derSom»
merfrische zurückgekehrt ist): „Ich sa
ge Dir, ich hatte mich schon ganz an
die Schweine habe ich gelocht!"
Mann: „Haben sie es auch gefressen?"
O. weh!' Braut: Ich weiß ja^
Braut: Was? Gewiß! Was für
Fehler hab ich denn?