Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, May 01, 1896, Page 2, Image 2

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    2 Tomparativt.
Als er mir noch von ferne
So schöne Verse schrieb:
Da las ich sie erröthend,
Da war er mir schon lieb!
Er kam in meinen Garten
, Und sprach mit mir sogar:
Da fühlte ich ganz sicher.
Daß er mir lieber war!
Wir saßen in der Laube,
Er nahm mir einen Kuß;
Wie kommt's, daß ich den Räuber
Den „Liebsten" nennen muß?
Er bat: „Wenn Du, mein Engel,
Nur einen Kuß mir gibst,
Dann nenn' ich Dich mein Bräut
chen"
Ich fand ihn allerliebst!
Doch seit ich als sein Weibchen
Ihn ganz mein nennen kann,
Herzallerliebste Mann!
ZrWing.
Wenn der Frühling alljährlich wie
derkehrt, spürt auch die Menschenseele
etwas von der Verjüngung, von dem
Auferstehen, womit sie sich ringsumher
in der Natur umgeben sieht. Es wer
den nicht Alle in gleicherWeife von die
sem jährlich wiederkehrenden Wunder
berührt. Schicksale und Erfahrungen
öffnen die Augen oder stumpfen den
Sinn dafür ab, aber nur selten ist Je
mand für diese Schönheit ganz un
empfindlich. Immer ist es ein neuer
Lebensmuth, wenigstens ein neu er
wachtes Interesse, mit dem wir das
Keimen und Wachsen von Tag zu Tag
in der Natur sehen, bis der Frühlings
tag anbricht. Holdselig, im jungen
Laub und junger Saat, in Blüthen
im goldenen Sonnenschein. Die Ju
gend hat eitel Jubelton auf den Lip
pen, ihr vor allen Anderen gehört der
tur gegenüberstehen, uns klingt der
Frühlingsgesang mit weichen Moll
occorden in die Seele, Wehmuth und
Sehnsucht wachrufend. Wohl Jede
von uns hat ihren Frühling gehabt.
War's eine kurze Stunde, waren es
sonnenheitere Tage oder Jahre, ein
mal standen wir Alle im Frühlings
glanz, und wenn wir heute wieder das
Lenzwunder schauen, denken wir zu
rück an unsere Jugend, an Alles, was
sie versprach und bot. Ungerusen kom
men Erinnerungen an Leid und Freude
jener Zeit, und dies Erinnern, dies Ge
denken sind Thauwässer, die durch die
Seele sluthen. Härte, Bitterkeit und
Trotz lösen sich und Alles wird wegge
waschen. Wir spüren dann neue
Kräfte, neuen Muth zum Dienen und
Arbeiten nach Frauenweise. Dürfen
wir doch blos die Augen auflhun, da
stehen Viele um uns. Zuerst die Kin
der. eigene und fremde. Jetzt ist die
Saatzeit, und was wir ausstreuen,
wird über kurz oder lang keimen, und
wenn wir das Blühen und Reifen auch
. nicht mehr erleben, ganz umsonst, ganz
vergeblich ist keine Arbeit an jungen
Menschenseelen, Die zarteste Kindheit
sollen wir lehren, den Frühling zu
»erstehen, ihr sollen wir dessen holde
Wunder zeigen. Die Freude daran
wird den jungen Wissensdrang in ge
segnete Bahnen leiten, und so erwecken
wir Verständniß und Liebe für die
Natur. Unsere heranwachsendenSöhne
und Töchter freuen sich mit Bewutzt
sein der Frühlingstage. Ihre jungen
Seelen sind aber auch erschaffen als
-fruchtbares Gartenland, darin die
Lenzgestalt des Lebens zur Erschei
nung kvmmen soll. Von uns wird
»erlangt, der Seele Lenz zu pflegen
durch Lieben und Verstehen, durch
Bersagen und Gewähren. Demuth,
Barmherzigkeit, Genügsamkeit, Milde
muß gesäet werden und mancher Trieb,
der in Eitelkeit, in Ungeduld, Zorn,
'Unzufriedenheit und Rücksichtslosigkeit
auszuarten droht, bedarf der Vered
lung. In allen diesen empfänglichen,
«„geschulten Herzen regt sich das Ver
langen nach Glück, welches wir kaum
jemals befriedigen können. Dennoch
können wir das Leben der Jugend
schön und anmuthig gestalten, auch
«hne Reichthümer und Kostbarkeiten
Aber sie auszuschütten, und je mehr
«ns dvs mit kleinen Freuden, durch
Arbeit und Erholung gelingt, desto
größeren Einslutz übt diese Jugendzeit
auf das spätere Leben, und die Erin
nerung an Jugend und Vaterhaus
Iwird stets ein Sonnenschein sein.
Hieb und Schuh. Mann
<dom Schiitzenplcche schwer bezecht
heimkehrend): Siehst, Mauserl, an
guten Schuß hab' i kriegt! Frau: A
was Schvh, a Mvrdshieb hast'!
Verurtheilt. Frau (zur
neuzugezogenen Köchin): Was, von
meinem Manne lassen Sie sich küssen?
habend
Er auch. Dame: „Haben Sie
auch noch nicht ungestraft unter Pal
men gewandelt?" Herr: „Pst pst
nicht so laut, habe ich mich ja mit
meiner Frau im Palmenhause ihres
Baters verlobt!" ...
Ein echter Münchener.
Stammgast: Kathi, jetzt
zweit! Kathi: Aber, Herr Trinkhuber,
's ist ja scho d' dreizehnte Maatz!
Stammgast: Red' nit so dumm da
her i Ml' nit die einzeln Maaß, i
zähl' nach'em Dützens!
Im Eden Saloon.
1.
Stunde am Horizont versunken; die
ersten Sterne blinkten am tiefblauen
Himmel und der Mond versilberte mit
seinem milden Glänze die ganze
Scene. Es war eine heihe, schwüle
Nacht. Kein Blatt regte sich auf den
Kronen der Auccabäume, und die
brennendrothen Blätter der ungeheu
ren Cactusstauden hingen matt in
der schweren Luft . Die fürchterliche
Sonnenhitze stak noch in den Lehm
wänden der Adobehäuser, und die
Fußsohle schmerzte, wenn sie über den
glühenden Sandboden schritt.
Aber die Stadt war jetzt aus ihrer
Siesta erwacht, und es regte sich schon
etwas Leben in Main Street. Freilich
viel Gutes war's nicht. Wo hätte das
auch herkommen wollen in La Palud,
Arizona? War doch die ganze Stadt
nur gebaut zur Ausbeutung der rau
hen Männer, die als Cowboys oder
Miners in den Bergen, 20 Meilen ent
fernt, ihren sauren Erwerb fanden.
Dort, quer über die Straße, wur
den eben die Fenster hell im „Last
Chance" - Hotel, wo jede Nacht hohes
Spiel war. Nebenan stiegen eben ei
nige dunkle Gestalten von ihren Po
nies, die dann in den erleuchteten
Raum traten. Im Eden Saloon war
augenscheinlich ein Tanz, denn mehrere
Ponies waren schon an den Duccabäu
men gefesselt, die vor dem grobgezim
merten Holzhause standen, und einige
andere Reiter koppelten eben ihre Gäule
vor dem Baue zusammen. Im großen
Saale oben mußte es, bei dem hellen
Schimmer der Lampen, drückend heiß
sein, und durch die geöffneten Fenster
drang die schrille Stimme des Vortän
zers deutlich herab, wie er die Figuren
des Lanciers anordnete:
<lo!n von,' partol>l's! Ktcuilv!"
Im Schatten des Hauses, gegen eine
Säule gelehnt, stand ein Mann und
sah in die Dunkelheit. Er überlegte,
ob er zum Tanze hinaufgehen eine
Zeit lang oder ob er sofort hinüber ge
hen sollte zum Montespiel bei Jack
McAlister's, wo er gewöhnlich spielte.
Denn der Mann war ein professionel
ler Spieler. Er war nicht mehr ganz
jung, wenn man die Falten um Au
gen und Mund bemerkte. Aber er
hatte sich sehr gut conservirt in diesem
trockenen, gesunden Klima, und seine
schlanke, ebenmäßige Gestalt verlieh
ihm etwas entschieden Jugendliches.
Dabei war Will Custer ein wahrhaft
schöner Mann, dessen feingeschnitten«
Züge, schwerer blonder Schnurrbart
und hellbraune Augen trefflich harmo
nirten mit seinem tadellosen Anzüge
nach modernem Schnitt. Er war der
Elegant vo-n La Palud, aber man er
zählte sich von ihm, daß er, obwohl sein
Auge so unschuldig blickte wie das ei
nes jungen Mädchens, ein gefährlicher,
gewissenloser Bursche sei, der dasGlück
manchen Frauenherzens und das Le
ben mancher Mitmenschen auf dem
Kerbholz habe. Wenn man ihn indeß
zum ersten Male sah, so war dies
schwer zu glauben, denn er hatte bei
seinem einnehmenden Aeußern auch
noch viel bessere Manieren als die
Uebrigen, sprach ein fehlerloses Eng
lisch und sehr geläufiges Spanisch und
citirte häufig Shakespeare in einer
Weise, daß man unwillkürlich aus die
Vermuthung kommen mutzte, er sei
früher Schauspieler gewesen. In der
That hietz es auch, daß er einst mit ei
ner reisenden Gesellschaft in Santa F6
stecken geblieben und später nach Ari
zona verschlagen worden sei.
Wie dem auch sei, Will Custer hatte
jetzt seinen Entschluß gefaßt, und mit
elastischen Schritten begab er sich hin
auf in den Tanzsaal, wo er vorerst
nahe der Eingangsthür Posto faßte.
2.
Dem Auge des Fremden bot sich im
Saale, trotz der wahrhaft tropischen
Hitze, manches von Interesse. In der
Mitte der breiten Wand war ein Po
dium, auf dem ein klappriges Piano
stand, an dem sich ein langhaariger
Cowboy abmühte; und in seinem Falle
schien die übliche Warnung:
nicht ganz unnütz zu sein, denn er
quälte das Instrument wirklich aus
unerhörte Weise. Manchmal wischte
er sich den Schweiß vom Gesicht und
spielt« dann weiter. Neben ihm wurde
ein Banjo maltraitirt, und über Alles
erhoben sich die quiekenden, unschönen
Töne einer Geige und einer Clarinette.
Der Cowboy am Clavier war ein
Deutscher, das sah man ihm auf den
ersten Blick an. Die anderen waren
Amerikaner oder „Greasers" (Mexika
ner), jeder mit seinem blinkenden Re
volver oder Machete im Stiefelschaft
und die Hosen hochgekrempelt. Manche
tanzten in Hemdsärmeln, das roth
seidene Halstuch flatternd im Zuge.
Es waren alles rauhe Gesellen, und
auch die Mädchen, die übrigens in der
entschiedenen Minderheit waren, sahen
aus wie verlorene Seelen. Was gibt
es auch sonst noch ihres Geschlechts >n
jener Gegend, als Geschöpfe, deren gu
ter Ruf längst in alle Winde verstreut
ist!
Doch halt! Da, an die Wand ge
lehnt, steht ein Mädchen, das einen an
deren Eindruck macht. Sie ist noch
sehr jung, wahrscheinlich kaum 20
rosige Wangen und hellbraune, leuch
tende Augen, schlanken Wuchses und
mit einem Anflug mädchenhafter
Schüchternheit. Entzückt blickt sie in
das Gewühl hinein, dem sie eben am
Arme eines sonnverbrannten Miners
entronnen. Ihr Athem fliegt und ihr
zarter Busen wogt.
„Wo kommt denn die her?" fragt
sich Will Custer, geht dann aber sosoU
auf sie zu und frägt sie mit seiner wei
chen, wohllautende« Stimme, ob sie
tanzen will. Sie nickt statt der Ant
„Und wie heißt Du?" frägt er weiter.
„Maud," flüstert sie, „ich bin noch nicht
„Das steht man," bemerkt Will, und
im nächsten Moment schwingt er die
reizende Gestalt durch die Reihen der
Einen Augenblick später bricht das
Clavier mit einem Mihklang ab, und
eine Bewegung entsteht unter den Tan
zenden. Eine rauhe, feste Hand legt
sich auf die Schulter Will Custer's.
„Lah das Mädchen los. Will," sagt
in zornigem Tone der junge Cowboy,
der den Clavierspieler gemacht. „Wa
rum? Ich will mit ihr tanzen," schreit
Will zurück. „Sie ist meine Braut
und ich will sie nicht in Deinen Händen
sehen." „Oho! Was sagst Du dazu,
Maud?" frägt Will das Mädchen.
Sie verbirgt ihr Antlitz in ihren Hän
den und die Thränen rieseln sofort
Man mischte sich ein. Der Cowboy,
Fred. Stammer, hatte die Hand am
Revolver, und Will Custer ebenfalls.
„Croß - Eyed" Pete, der Eigenthü
mer des Locals, sprach gütlich zu.
Aber die Beiden waren tief erzürnt
und wollten auf keine Einrede hören.
„Dann will ich Euch was sagen
macht die Geschichte auf M Schritte
ab das ist immer das Beste geht
schnell und stört das Vergnügen der
Uebrigen nicht. Soll's so sein?" sprach
der Wirth.
„Meinetwegen," sagte Will, und der
Kampfplatz wurde sofort mit starken
Schritten abgemessen. Die anderen
Gäste, jetzt ausgesöhnt mit der momen
tanen Unterbrechung, gruppirten sich
als Zuschauer längs der Wände. In
diesem Augenblick Will hatte noch
immer dagestanden neben dem Mäd
chen, dessen Hand er gefaßt zuckte
er zusammen.
„Wo hast Du diesen Ring her,
Maud?" frug er, auf einen alterthüm
lichen Ring deutend, den das Mädchen
am Mittelfinger der linken Hand trug.
„Von meiner Mutter," erwiderte sie
schluchzend. „Von Deiner Mutter
wie hieh sie und wo wohnte sie?"
„Langley Caroline Langley, und
in Cincinnati wohnte sie bis zu ihrem
Tode vor 3 Jahren."
3.
Ueber Will Custer's energische Züge
blitzte es. Dann beugte er sich an ihr
Ohr. „Höre, Maud, dann sind wir
Geschwister —Du und ich. Ich habe
meinen Namen verändert hier in Ari
zona, aber Du mußt meine Mutter
von mir haben reden hören Will,
der mit 17 Jahren auf die Bühne
ging und seit 20 Jahren verschollen
ist, nicht wahr?"
„Ja, allerdings," sagte Maud wie
im Traume. „Aber, um Gotteswillen,
warum willst Du Dich da mit Fred
schießen, wenn Du doch mein Bruder
bist? Ich will's ihm sagen, und Ihr
könnt Euch aussöhnen."
„Nein, Kind, das geht nicht hier im
Westen die weiße Feder zeigen, jetzt
wo die Dinge so weit sind geht ein
fach nicht. Aber sage mir, bist Du
wirklich seine Braut und liebst Du
ihn?"
liebe ihn und er will mich Heirathen.
Er hat blos noch nicht die Mittel da
zu, aber nächstes Jahr da wird's
gehen."
„Und was treibst Du hier? So ganz
allein?"
„Auf der Ranch bin ich helfe
Donna Solaris im Hause und mit den
„Ah so," und Will athmete erleich
tert auf.
Mittlerweile waren die Vorberei
tungen beendet. „Croß - Eyed" Pete
stellte sich in die Mitte des leeren Rau
len habe. Dies geschah. Mit einem
Lächeln der Zufriedenheit gab Pete die
beiden schweren Navyrevolver wieder
zurück. Und nun traten Will und
Fred auf ihre Plätze, sich die Rücken
zukehrend. Will war merkwürdig ru
hig. Sein Gesichtsausdruck war ein
anderer geworden beinahe freund
lich.
Das Commando erscholl Eins—
Zwei Drei!
Im selben Moment drehten sich die
Zwei um. erhoben den rechten Arm mit
der Waffe, und es blitzte auf jeder
Seite auf. Will hatte seinen Schuß
in die Luft abgefeuert, aber während
die Rauchwölkchen sich noch dicht über
der Stelle lagerten, fankWill mit dum
pfem Aechzen zu Boden, und ein Blut
strom quoll avs seiner Brust. Die
Kugel mutzte ihn schwer getroffen ha
ben.
letzterer flüsterte der Sterbende: „Zich'
mir aus der Brusttasche ein Packet
es sind §l3OO darin es genügt, um
Euch zu heirathen. Seid glücklich!"
Fred hörte es und staunte. Aber
Maud sah ihm bittend in die Augen.
Eine halbe Stunde später war Will
todt.
So hatten sich Bruder und Schwe
ster getroffen.
NachAdamßiefe. Literat:
Herr Baron, Sie waren so freundlich,
mir voriges Jahr 23 Mark zu leihen
Baron: Ach, bitte, das hätte ja gar
nicht prefsirt. Literat: Wenn mir
halt der Herr Baron noch 28 geben
wollten dann wären es gerade fünf- j
Z'g. .. ... .
Der Waschtag.
Skizze aus dem Wiener Leben von Joseph
Wich» ll>
„Lieber Carl," sagte die junge Frau
«ines kleinen Beamten, „morgen mutzt
Du schon auf meine Gesellschaft ver
zichten und den gewohnten Spazier
gang allein machen; denn morgen ha
ben wirWaschtag, den ersten in unserer
glücklichen Ehe, und da gibt's für eine
wackere Hausfrau, die sich mit einer
Bedienerin behilft, alle Hände voll zu
thun. Wir waschen im Hause, weil ich
da zum Rechten schauen und verhüten
kann, datz die schöne Wäsche durch
Laugenstein und weitz Gott was für
ätzende Zugaben verdorben wird und
weil's auch viel billiger kommt, als
wenn man die Sachen fortgibt und
für jedes Stücklein zählen muh. Ich
habe auch bereits eine tüchtige Wäsche
rin aufgenommen.die WabiGschwandt
nerin, die in den besten Familien der
Nachbarschaft im Taglohn arbeitet.
Sie verlangt 1 fl. SV kr. und die Kost,
und morgen Früh um 4 Uhr steht sie
bereits in der Waschküche und dürste
wohl bis zum Abend leicht fertig wer
den."
Der liebe Carl that was ein ver
nünftiger Mann in häuslichen Angele
genheiten alleweil thun soll, er nickte
und gab seiner Rosa einen zärtlichen
Kuh... war sie ja auchgar so ein her
ziger Schatz, mit allen weiblichen Tu
genden geziert; ihr fehlte, wenn man
den schnöden Mammon aus dem
Spiele ließ, rein nichts, als viel
leicht ein bischen Lebenserfahrung
und die kann man jeden Tag machen,
am ersten Waschtag nicht zum minde
sten.
Also wurden unter der thätigen
Mitwirkung der alten Bedienerin, die
sich jeden Morgen und jeden Mittag
einfand, die nöthigen Vorbereitungen
getroffen, die Wäsche gezählt, Holz und
Kohlen aus dem Keller geschleppt, de«
Kessel mit Wasser gefüllt, Seife und
Soda zurecht gelegt, zur ersten Stär
kung ein „Häferl" Kaffee und ein „La
berl" auf den Herd gestellt, und sinte
malen die zartsinnige Wabi noch spät
am Abend den Waschküchenschlüssel
geholt hatte, um die „Gnädige" nicht
so früh stören zu müssen," begab sich
die junge Frau mit den schönsten Er
wartungen zur Ruhe.
Daß die Wabi die Holz- und Koh
lenvorräthe noch am selbigen Abend in
bedenklicher Weise gelichtet hatte und
daß während des Waschtages ein Ben
gel von einem Gassenjungen wieder
holt mit einem großen Deckelkorbe auf
Besuch kam, erfuhr die gute Frau sitt
lich erst nach etwa einer Woche, als der
redliche Hausmeister das Sperrsechserl
verlangte und bei einem freundlich dar»
gebotenen Glase Wein gesprächig wur-
Zuschuh zu
etwas mit.... warum sollte sie d»nn
nicht die Hemden ihrer eigenen Fami
lie mit durch die Lauge laufen lassen?
Das ging thatsächlich in einem Auf
waschen!
Es war noch nicht sieben Uhr, da
schrie das stämmige Weib aus dem
Hofraume zum Küchenfenster des zwei
ten Stockwerkes hinauf:
„Gnä' Frau, was ist 's denn mit
rief hinab, es möge sich die Frau Wabi
doch ein wenig gedulden, die Bediene
rin komme erst um halb acht Uhr, oder
„A na", schrie die Wabi, „das gibt's
gensteigen da muh die Gnädige
schon selber ihre Fußl'n anstrengen....
i' muh mei' Ordnung haben um
Schrie's und schlug die Thüre der
Waschküche hinter sich zu, dah es
krachte. Völlig verzagt und erröthend
schloß die gute Frau Rosa den Flügel;
denn es zeigten sich in allen Fenstern
schadenfrohe und spöttisch lächelnde
Dienstmädchengesichter, die ihre Freude
Und so trug sie das Frühstück selber
hinab, und also hatte die Wabi Gele
genheit, dem „jungen Dinge" zu be
deuten, was man einer ordentlichen
Waschfrau schulde.
„Wissen S', gnä' Frau", war der
Schluß dev langen Rede, „i' komm' in
zu vielen Häusern herum, als daß i'
mi' nach allen den Gnädigen mit allen
fach nach mir richten, wenn d'
Freundschaft dauern soll! Und....
daß i's sag', zum Kaffee gebührt mir
jedesmal ein Stamperl Schnaps und
drei Semmeln, aber keine Schuster
labln und zum Gabelfrühstück bitt' i
mir an' Schinken und ein Glas Wein
aus... zu dera Arbeit muß der Mensch
sei' Kraft haben!"
Mit deni Prager Schinken war die
Wabi richtig zufrieden, wenigstens
stocherte sie nicht allzulange daran
herum; am vollen Glase aber nippte
sie nur ein Bischen, spuckte aus und
sagte:
„Pfui Teurel, so an elendigen Heu
rigen vertrag' i nit, dev thät' mir den
Herzwurm aufwecken, daß i acht Tag'
ka Ruh' nit hätt'! Ich bin den Alten
g'wohnt vom Jagerwirth über der
Gassen, den Sechzehner, das ist ein
Tropfen, der riegelt's Blut auf....
Wenn die Gnädige nit selber gehen
will, kann sie d' Hausmeisterin schi
>cken, schadet ihr auch nit, wenn sie a
Trinkgeld macht!"
So mutzte denn auch die Hausmei
sterin aushelfen, und nun schickte sich
die junge Frau an, ein recht schmack
haftes und kraftiges Mittagessen zu
bereites, um die waschende Dame nur
Also wand sie die Bermel an ihren
viel weißen Armen bis über die Grüb
chen des Ellenbogens und schürte das
Feuer und waltete mit „rührender"
Geschäftigkeit am blankgescheuerten
Tische und am reinlichen Herde, und
wie der liebe Carl heimkam, dalschnup
perte er bereits auf der Stiege gar
vergnüglich, war'S ja sein Leibgericht,
das so herrlich duftete... Knödel
und Geselchtes und würziges Sauer
kraut!
Und pünktlich war Frau Rosa auch,
weil die Wabi ihre Ordnung haben
mußte. Mit dem Glockenschlage Zwölf
stand das Essen bereit, nochmal so
viel, als die Herrschaften zusammen
erhielten, und die Wabi bemühte sich
sogar, indeß ihr Junge das Feuer und
die Kohlen hütete, eigensüßig die Stie
ge herauf.
Die Wabi aber kam doch nicht ganz
allein. An ihrem rechten Arme hing
ein geräumiger Korb, im Korbe stand
ein tiefes Häfen und ein weites Reindl,
und wie sie das Essen auf dem Küchen
tische erblickte, hub sie zu jammern
an:
„O mei', o mei', was hat jetzt die
Gnädige wieder ang'stellt! A g'selchte
vertragt mei' Magen absolut net, und
's G'selchte und 's Kraut schon gar
nit! So junge Frauen, die nichts zu
thun haben, die wissen rein nit, was
der Magen von unser ei'm leiden mutz
'zwegen der verschiedenen Kost in den
Häusern herum. Na... i bin g'witz
nit heiklig, aber da muh i schon um
was anders bitten, das bin i mei'm
guten G'sund schuldig!"
Und indetz sie so jammerte, goß sie
die Suppe in's tiefe Häfen ihres Kor
bes und die übrigen Speisen leerte sie
in's weite Reindl; es sei das allweil'
Brauch bei den Wäscherinnen, die da
heim hungrige Schnäbel hätten, meinte
sie und so müsse sich halt die Gnä
dige in ihre Ordnung schicken....
der!"
Frau Rosa war der Verzweiflung
nahe? die Küche fing sich an zu drehen,
daß sie sich am Rande des Herdes fest
halten mußte.
Aber... was hätte es geholfen,
wenn sie dem selbstherrischen Weibe
nach Gebühr den Text gelesen
hätte?
Ja... dann hätte die „gesuchte"
Wäscherin einfach ihren Lohn gefordert
und die halb vollendete Arbeit ihrem
Schicksale überlassen.
Also faßte Frau Rosa die magenlei
dende Dame mit Handschuhen an und
die Wabi meinte begütigt:
„Alsdann... i will weiter ka Ung'-
legenheit machen... Lassen S' mir a
gut's Supperl aus'm Wirthshaus her
überholen und schlagen S mir an Ei
drein, nachdem braten S' mir a
Schnitz! schön marb, und... Eomplott
haben S' eh da auf'm Speiskasten....
machen S' halt a Glasl auf... alles,
was recht ist!"
So geschah's, und einstweilen war
der Friede im Hause.
Als die Bedienerin kam, um das
Geschirr abzuwaschen, ging der liebe
Carl ausnahmsweise in's Kaffeehaus,
und die junge Frau, die es als Mäd
chen nicht verschmäht hatte, bei allen
häuslichen Arbeiten Hand anzulegen,
entschloß sich, dev sanften Wabi etliche
StundenGefellschaft zu leisten und das
Werk zu fördern.
Als sie aber in den Waschtrog griff,
gerieth das Weib völlig aus dem
„Häusl".
„Gengen S' nur gleich wieder und
schauen S', daß S' 'naufkommen,"
surrte sie, „das könnt' i noch brauchen,
daß mir die Gnädigen in's Handwerk
pfuschen! Wenn S' an Maler im
Haus haben, dürfen S' dann nach dem
Pinsel greifen und mitmalen, und
wenn S' an Schuster haben, dürfen S'
dann mitschustern... ha? So ist 's
Waschen mei' Handwerk und wie's i
mach', muß es recht sein und waschen
thu' i allein!"
Leider konnte aber die Wabi doch
nicht verhindern, daß die junge Frau
einfarbiges Riesenhemd erwischte, das
mehr Flecke aufwies, als der Schalt
monat Tage hat und durchaus nicht
Eigenthum ihres Mannes sein konnte
und ein zerrissenes Knabenhemd, das
Frau Rosa, nunmehr recht neugierig,
aus der braunen Schaumsluth zog,
paßte gewiß auch nicht in eine vor
wenigen Wochen gegründete Familie.
„Ja, was soll denn das heißen?!"
sraate sie. vor Erregung zitternd, die
Wabi und hielt ihr die zwei Fremd
linge unter die Nase.
Aber, was eine echte Waschfrau ist,
das hat Haar auf den Zilhnen und
sung.
„Was das heißen 5011.... na....
mei' Wäfch' soll's heißen und die von
mei'm Mann und die von mei'm Bu-
Also erkundigte sie sich höflichst, bis
und wqnn und was sie zu speisen ge
denke.
.Wann? Na... ans nach dem an-
„Morgen?!"
Dachboden könnt' laufen!"
In selbiger Nacht fieberte die gute
Rosa, und tags darauf lag sie mit ver-
Angst eine Dummheit um die an
dere.
Auf datz aber der Wäsche doch ihr
Recht werde und sie nach Gebühr an
abgesehen, dermaßen, datz sie um
zwölf Uhr Mittags richtig fix und fer
tig waren.
Das Essen für vier Leute der
Rose war der Appetit völlig vergan
gen holte die Bedienerin vom
Jagerwirth, der den guten Wein hatte,
und die Auszahlung nahm de« Carl
vor.
„Gelt", sagte die Rosa mit schwa
cher Stimme, „das nächstemal geben
wir die Wäsche aus dem Hause und
wenn sie in zwei Jahren lauter Zunder
wird?"
„GeWitz, Herzerl", sagte der see
lenguter Carl, „Dein Wille geschehe
wie im Himmel also auch auf Er
den!"
Mcrkwiirdige Rettung.
Die Soldaten des Fürsten Leopold
von Dessau, des allbekannten „alten
de, mutzte Spießruthen laufen, im
Wiederholungsfalle aber mutzte er un
barmherzig hängen.
Damals lebte und wirkte in Halle,
der Garnison des alten Dessauers, Jo
hann Junker als Arzt und Professor
chen, die, obgleich der alte Dessauer
fleißig henken lietz, doch nicht fo leicht
zu beschaffen waren, weil gewöhnlich
die Angehörigen der Gehenkten die Lei
chen reclamirten und in der Heimath
begruben. Aber eines Tages geschah
es, datz dem Professor zu seiner Ueber
raschung und großen Freude die Lei
chen zweier gehenkter Deserteure ange
das Arbeitszimmer des Professors, in
welchem er an jenem Tage bis spät in
die Nacht an seinem Schreibtische thä
tig war. Da hörte er plötzlich im
Anatomiesaale ein starkes Geräusch,
und in dem Glauben, Katzen könnten
zu den Leichen gekommen sein, stand er
auf, um die Eindringlinge zu verja
gen. Wie er nun mit dem Licht an
den Secirtisch tritt, findet n zu seinem
größten Erstaunen das Tuch, mit wel
chem die Leichen bedeckt waren, zurück
geschlagen, und einer der Leichname
war verschwunden! Wo konnte die
Leiche hingekommen sein? Der Profef
er in einen offenstehenden Schrank
hineinleuchtete, traute er seinen Augen
nicht, denn darin hockte der Gehenkte in
zusammengekauerter Stellung. Der
erschreckte Professor zögerte, näher zu
treten, ein Gefühl des Grauens kam
über ihn, und er dachte im ersten
Schrecken an Flucht, doch siegte der
Wissenstrieb bald über die Furcht,
denn die Aussicht, die Wissenschaft mit
einem neuen Beispiel des Wiedererwa
chens vom Tode bereichern zu können,
war verlockend genug, und er redete
den Mann beherzt an. Nun kam der
Unglückliche aus seinem Verstecke her
vor, fiel dem Professor zu Füßen und
bat diesen unter Thränen um Rettung.
Der Professor, ohnehin gutherzig,
ward erschüttert und beschloß, den
Mann, welcher so wunderbar dem
nahm die Decke vom Secirtisch, schlug
sie um den frierenden Mann und
führte ihn in sein gut erwärmtes Ar
beitszimmer, wo er ihn über seine Fa
milienverhältnisse befragte. Der Un
glückliche erzählte, daß er Adrian
Momper heiße und der Sohn wohlha
bender und achtbarer Eltern sei; er
habe sich in einem leichtsinnigen Au
genblick für das Regiment des Fürsten
anwerben lassen, aber dabei keine Ah
nung davon gehabt, daß er nun für
immer zum Soldatendienst verpflichtet
sei. Zweimal habe er, jedoch erfolglos,
versucht, sich loszukaufen, dann sei er
mit einigen Kameraden bei Gelegenheit
des Brotempfangs, welcher draußen
vor dem Thore stattgefunden, entflo
hen; die Flucht sei nicht geglückt, man
habe sie eingefangen, und er würde
wohl als erstmaliger Deserteur nur zu
Spießruthen verurtheilt worden sein,
allein man habe ihn und seinen mitge
henkten Kameraden für die Rädels
führer gehalten und sie deshalb ge
henkt. Der Professor untersuchte nun
den Mann und fand, daß nicht, wie
dies bei Gehenkten meist der Fall ist,
die Wirbelsäule gebrochen war; Mom
per war im Augenblick der Urtheils
vollstreckuna in eine tiefe Ohnmacht j
gesunken, aus welcher er zu letnem
Glücke erst auf dem Secirtifche des
Professors erwachte.
Professor Junker beschloß also, den
bedauernswerthen Mann zu retten;
er lietz ihn essen, stärkte ihn mit Wein
und gab ihm Kleider und darüber ei
nen Mantel, dessen aufgeschlagener
Kragen fast sein ganzes Gesicht be
deckte. So lietz er Momper vor sich
hergehen, auch lietz er ihn eine bren
nende Laterne tragen und sich damit
voranleuchten. Beide gelangten glück
lich durch die Stadt und vor das Thor.
Der Professor gab hier an, er wolle
vor dem Thore einen Schwerkranken
besuchen, und die Thorwache ließ ihn
mit seinem vorgeblichen Diener passi
ren. Noch hatten sie die geöffnete
Pforte nicht überschritten, da trat eine
Hünengestalt in Begleitung mehrerer
Ossiciere an sie heran und musterte sie
mit durchbohrenden Blicken. Dem
Professor und seinem Schützling ge
rann das Blut fast zu Eis, denn es
war der Fürst, der alte Dessauer, der
vor ihnen stand. Doch der Gefürchtete
ging vorüber, und der Professor hörte,
wie er zu den Officieren sagte: „Hätte
ich den Kerl heute nicht henken lassen,
so würde ich schwören, daß der Beglei
ter des Doctors der Deserteur Mom
per vom Regiment sei."
Der Professor und Momper eilten
nun rasch vor dasThor und verschwan
den in der Dunkelheit. Nach einer ge
nügenden Entfernung von der Stadt
entlietz Junker seinen Schützling mit
der Mahnung, nun schnell zur nahen
Grenze zu eilen und das preußische
Staatsgebiet zu verlassen. Der Pro
fessor hatte Mühe, die überwallenden
Dankesäußerungen Momper's zu stil
len, dann trennten sich die beiden
Männer.
Zwölf Jahre später reiste der Pro
fessor Junker in
genheit nach Amsterdam. Eines Ta
ges blieb er auf einem Rundgange
durch die Stadt vor dem Börsenge
bäude stehen. Da trat aus der Menge
ein vornehm gekleideter Herr auf ihn
zu, begrüßte ihn höflich und lud ihn
ein, das Mittagsmahl mit ihm in sei
ner Wohnung zu theilen.
„Herr Professor," sagte er, „kennen
Sie mich nicht wieder? Ich bin Adrian
Momper, der gehenkte Soldat des al
ten Dessauers, der auf Ihrem Secir
tifche zum Leben erwachte, und den
Sie in so edelmüthiger Weise gerettet
haben!"
Der Professor war sprachlos vor
Erstaunen, als er aus dem Mund« sei
nes ehemaligen Schützlings erfuhr,
wie dieser nach Holland entkommen
sei, wie er sich in Amsterdam imDienst»
eines reichen Rheders dessen Vertrauen
und die Liebe seiner Tochter, seiner
jetzigen Gemahlin, erworben und wie
er nach und nach zu Reichthum und ei
ner ehrenhaften Stellung im Leben ge
kommen sei. Oft habe er nach Halle
kommen und seinem Lebensretter dan
ken wollen. Allein ein Grauen vor
dem Orte, an dem er so schrecklich ge
litten. habe ihn stets von diesem
Schritte zurückgehalten.
Professor Junker blieb noch Wochen
hindurch der Gast Momper's, und als
er endlich Abschied nahm, um nach
Hause zurückzureisen, da reichte ihm
Momper beim Abschiede einen noch
jetzt vorhandenen goldenen Becher zum
bleibenden Andenken, welcher die fol
gende Inschrift trägt:
„Ich, Momper genannt, auch Adrian,
Gefehlt ich hatt' im Jugendwahn,
Drum ward ich an den Galgen ge
henkt,
Doch Gott mir hat das Leben ge
schenkt,
So daß ich erstand aus Todesnacht
Und endlich zu Glück und Ehren eZ
bracht'!"
Auchdasnoch!
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Was hat dein Auge so erhellt?
Was macht die bleichen Wangen glü
hen?
„Ich sah, von siitzer Kraft geschwellt.
Die ersten Frühlingsblumen blühen."
Und sprich, was pochst du, thöricht'
Herz,
Als wolltest du vor Lust zerspringen?
„Vorbei ist Winters Nacht und
Die ersten Lerchen hört' ich singen!"
<kincr sproscn Jungfrau.
Gleiche niemals einer Distel:
Spröde sticht sie und vermessen,
Und am Ende wird sie doch von
Einem Esel aufgefressen.
Erkannt. Herr Arthur (be
kannt als Renommist): „. .Für nächste
Woche bin ich von einem Grafen zu
einer Bergtour eingeladen " Ein
Zuhörer (dem andern in's Ohr):
„Wird ihn eingeladen haben ihm
den Buckel hinaufzusteigen!"