2 Tomparativt. Als er mir noch von ferne So schöne Verse schrieb: Da las ich sie erröthend, Da war er mir schon lieb! Er kam in meinen Garten , Und sprach mit mir sogar: Da fühlte ich ganz sicher. Daß er mir lieber war! Wir saßen in der Laube, Er nahm mir einen Kuß; Wie kommt's, daß ich den Räuber Den „Liebsten" nennen muß? Er bat: „Wenn Du, mein Engel, Nur einen Kuß mir gibst, Dann nenn' ich Dich mein Bräut chen" Ich fand ihn allerliebst! Doch seit ich als sein Weibchen Ihn ganz mein nennen kann, Herzallerliebste Mann! ZrWing. Wenn der Frühling alljährlich wie derkehrt, spürt auch die Menschenseele etwas von der Verjüngung, von dem Auferstehen, womit sie sich ringsumher in der Natur umgeben sieht. Es wer den nicht Alle in gleicherWeife von die sem jährlich wiederkehrenden Wunder berührt. Schicksale und Erfahrungen öffnen die Augen oder stumpfen den Sinn dafür ab, aber nur selten ist Je mand für diese Schönheit ganz un empfindlich. Immer ist es ein neuer Lebensmuth, wenigstens ein neu er wachtes Interesse, mit dem wir das Keimen und Wachsen von Tag zu Tag in der Natur sehen, bis der Frühlings tag anbricht. Holdselig, im jungen Laub und junger Saat, in Blüthen im goldenen Sonnenschein. Die Ju gend hat eitel Jubelton auf den Lip pen, ihr vor allen Anderen gehört der tur gegenüberstehen, uns klingt der Frühlingsgesang mit weichen Moll occorden in die Seele, Wehmuth und Sehnsucht wachrufend. Wohl Jede von uns hat ihren Frühling gehabt. War's eine kurze Stunde, waren es sonnenheitere Tage oder Jahre, ein mal standen wir Alle im Frühlings glanz, und wenn wir heute wieder das Lenzwunder schauen, denken wir zu rück an unsere Jugend, an Alles, was sie versprach und bot. Ungerusen kom men Erinnerungen an Leid und Freude jener Zeit, und dies Erinnern, dies Ge denken sind Thauwässer, die durch die Seele sluthen. Härte, Bitterkeit und Trotz lösen sich und Alles wird wegge waschen. Wir spüren dann neue Kräfte, neuen Muth zum Dienen und Arbeiten nach Frauenweise. Dürfen wir doch blos die Augen auflhun, da stehen Viele um uns. Zuerst die Kin der. eigene und fremde. Jetzt ist die Saatzeit, und was wir ausstreuen, wird über kurz oder lang keimen, und wenn wir das Blühen und Reifen auch . nicht mehr erleben, ganz umsonst, ganz vergeblich ist keine Arbeit an jungen Menschenseelen, Die zarteste Kindheit sollen wir lehren, den Frühling zu »erstehen, ihr sollen wir dessen holde Wunder zeigen. Die Freude daran wird den jungen Wissensdrang in ge segnete Bahnen leiten, und so erwecken wir Verständniß und Liebe für die Natur. Unsere heranwachsendenSöhne und Töchter freuen sich mit Bewutzt sein der Frühlingstage. Ihre jungen Seelen sind aber auch erschaffen als -fruchtbares Gartenland, darin die Lenzgestalt des Lebens zur Erschei nung kvmmen soll. Von uns wird »erlangt, der Seele Lenz zu pflegen durch Lieben und Verstehen, durch Bersagen und Gewähren. Demuth, Barmherzigkeit, Genügsamkeit, Milde muß gesäet werden und mancher Trieb, der in Eitelkeit, in Ungeduld, Zorn, 'Unzufriedenheit und Rücksichtslosigkeit auszuarten droht, bedarf der Vered lung. In allen diesen empfänglichen, «„geschulten Herzen regt sich das Ver langen nach Glück, welches wir kaum jemals befriedigen können. Dennoch können wir das Leben der Jugend schön und anmuthig gestalten, auch «hne Reichthümer und Kostbarkeiten Aber sie auszuschütten, und je mehr «ns dvs mit kleinen Freuden, durch Arbeit und Erholung gelingt, desto größeren Einslutz übt diese Jugendzeit auf das spätere Leben, und die Erin nerung an Jugend und Vaterhaus Iwird stets ein Sonnenschein sein. Hieb und Schuh. Mann l's! Ktcuilv!" Im Schatten des Hauses, gegen eine Säule gelehnt, stand ein Mann und sah in die Dunkelheit. Er überlegte, ob er zum Tanze hinaufgehen eine Zeit lang oder ob er sofort hinüber ge hen sollte zum Montespiel bei Jack McAlister's, wo er gewöhnlich spielte. Denn der Mann war ein professionel ler Spieler. Er war nicht mehr ganz jung, wenn man die Falten um Au gen und Mund bemerkte. Aber er hatte sich sehr gut conservirt in diesem trockenen, gesunden Klima, und seine schlanke, ebenmäßige Gestalt verlieh ihm etwas entschieden Jugendliches. Dabei war Will Custer ein wahrhaft schöner Mann, dessen feingeschnitten« Züge, schwerer blonder Schnurrbart und hellbraune Augen trefflich harmo nirten mit seinem tadellosen Anzüge nach modernem Schnitt. Er war der Elegant vo-n La Palud, aber man er zählte sich von ihm, daß er, obwohl sein Auge so unschuldig blickte wie das ei nes jungen Mädchens, ein gefährlicher, gewissenloser Bursche sei, der dasGlück manchen Frauenherzens und das Le ben mancher Mitmenschen auf dem Kerbholz habe. Wenn man ihn indeß zum ersten Male sah, so war dies schwer zu glauben, denn er hatte bei seinem einnehmenden Aeußern auch noch viel bessere Manieren als die Uebrigen, sprach ein fehlerloses Eng lisch und sehr geläufiges Spanisch und citirte häufig Shakespeare in einer Weise, daß man unwillkürlich aus die Vermuthung kommen mutzte, er sei früher Schauspieler gewesen. In der That hietz es auch, daß er einst mit ei ner reisenden Gesellschaft in Santa F6 stecken geblieben und später nach Ari zona verschlagen worden sei. Wie dem auch sei, Will Custer hatte jetzt seinen Entschluß gefaßt, und mit elastischen Schritten begab er sich hin auf in den Tanzsaal, wo er vorerst nahe der Eingangsthür Posto faßte. 2. Dem Auge des Fremden bot sich im Saale, trotz der wahrhaft tropischen Hitze, manches von Interesse. In der Mitte der breiten Wand war ein Po dium, auf dem ein klappriges Piano stand, an dem sich ein langhaariger Cowboy abmühte; und in seinem Falle schien die übliche Warnung: nicht ganz unnütz zu sein, denn er quälte das Instrument wirklich aus unerhörte Weise. Manchmal wischte er sich den Schweiß vom Gesicht und spielt« dann weiter. Neben ihm wurde ein Banjo maltraitirt, und über Alles erhoben sich die quiekenden, unschönen Töne einer Geige und einer Clarinette. Der Cowboy am Clavier war ein Deutscher, das sah man ihm auf den ersten Blick an. Die anderen waren Amerikaner oder „Greasers" (Mexika ner), jeder mit seinem blinkenden Re volver oder Machete im Stiefelschaft und die Hosen hochgekrempelt. Manche tanzten in Hemdsärmeln, das roth seidene Halstuch flatternd im Zuge. Es waren alles rauhe Gesellen, und auch die Mädchen, die übrigens in der entschiedenen Minderheit waren, sahen aus wie verlorene Seelen. Was gibt es auch sonst noch ihres Geschlechts >n jener Gegend, als Geschöpfe, deren gu ter Ruf längst in alle Winde verstreut ist! Doch halt! Da, an die Wand ge lehnt, steht ein Mädchen, das einen an deren Eindruck macht. Sie ist noch sehr jung, wahrscheinlich kaum 20 rosige Wangen und hellbraune, leuch tende Augen, schlanken Wuchses und mit einem Anflug mädchenhafter Schüchternheit. Entzückt blickt sie in das Gewühl hinein, dem sie eben am Arme eines sonnverbrannten Miners entronnen. Ihr Athem fliegt und ihr zarter Busen wogt. „Wo kommt denn die her?" fragt sich Will Custer, geht dann aber sosoU auf sie zu und frägt sie mit seiner wei chen, wohllautende« Stimme, ob sie tanzen will. Sie nickt statt der Ant „Und wie heißt Du?" frägt er weiter. „Maud," flüstert sie, „ich bin noch nicht „Das steht man," bemerkt Will, und im nächsten Moment schwingt er die reizende Gestalt durch die Reihen der Einen Augenblick später bricht das Clavier mit einem Mihklang ab, und eine Bewegung entsteht unter den Tan zenden. Eine rauhe, feste Hand legt sich auf die Schulter Will Custer's. „Lah das Mädchen los. Will," sagt in zornigem Tone der junge Cowboy, der den Clavierspieler gemacht. „Wa rum? Ich will mit ihr tanzen," schreit Will zurück. „Sie ist meine Braut und ich will sie nicht in Deinen Händen sehen." „Oho! Was sagst Du dazu, Maud?" frägt Will das Mädchen. Sie verbirgt ihr Antlitz in ihren Hän den und die Thränen rieseln sofort Man mischte sich ein. Der Cowboy, Fred. Stammer, hatte die Hand am Revolver, und Will Custer ebenfalls. „Croß - Eyed" Pete, der Eigenthü mer des Locals, sprach gütlich zu. Aber die Beiden waren tief erzürnt und wollten auf keine Einrede hören. „Dann will ich Euch was sagen macht die Geschichte auf M Schritte ab das ist immer das Beste geht schnell und stört das Vergnügen der Uebrigen nicht. Soll's so sein?" sprach der Wirth. „Meinetwegen," sagte Will, und der Kampfplatz wurde sofort mit starken Schritten abgemessen. Die anderen Gäste, jetzt ausgesöhnt mit der momen tanen Unterbrechung, gruppirten sich als Zuschauer längs der Wände. In diesem Augenblick Will hatte noch immer dagestanden neben dem Mäd chen, dessen Hand er gefaßt zuckte er zusammen. „Wo hast Du diesen Ring her, Maud?" frug er, auf einen alterthüm lichen Ring deutend, den das Mädchen am Mittelfinger der linken Hand trug. „Von meiner Mutter," erwiderte sie schluchzend. „Von Deiner Mutter wie hieh sie und wo wohnte sie?" „Langley Caroline Langley, und in Cincinnati wohnte sie bis zu ihrem Tode vor 3 Jahren." 3. Ueber Will Custer's energische Züge blitzte es. Dann beugte er sich an ihr Ohr. „Höre, Maud, dann sind wir Geschwister —Du und ich. Ich habe meinen Namen verändert hier in Ari zona, aber Du mußt meine Mutter von mir haben reden hören Will, der mit 17 Jahren auf die Bühne ging und seit 20 Jahren verschollen ist, nicht wahr?" „Ja, allerdings," sagte Maud wie im Traume. „Aber, um Gotteswillen, warum willst Du Dich da mit Fred schießen, wenn Du doch mein Bruder bist? Ich will's ihm sagen, und Ihr könnt Euch aussöhnen." „Nein, Kind, das geht nicht hier im Westen die weiße Feder zeigen, jetzt wo die Dinge so weit sind geht ein fach nicht. Aber sage mir, bist Du wirklich seine Braut und liebst Du ihn?" liebe ihn und er will mich Heirathen. Er hat blos noch nicht die Mittel da zu, aber nächstes Jahr da wird's gehen." „Und was treibst Du hier? So ganz allein?" „Auf der Ranch bin ich helfe Donna Solaris im Hause und mit den „Ah so," und Will athmete erleich tert auf. Mittlerweile waren die Vorberei tungen beendet. „Croß - Eyed" Pete stellte sich in die Mitte des leeren Rau len habe. Dies geschah. Mit einem Lächeln der Zufriedenheit gab Pete die beiden schweren Navyrevolver wieder zurück. Und nun traten Will und Fred auf ihre Plätze, sich die Rücken zukehrend. Will war merkwürdig ru hig. Sein Gesichtsausdruck war ein anderer geworden beinahe freund lich. Das Commando erscholl Eins— Zwei Drei! Im selben Moment drehten sich die Zwei um. erhoben den rechten Arm mit der Waffe, und es blitzte auf jeder Seite auf. Will hatte seinen Schuß in die Luft abgefeuert, aber während die Rauchwölkchen sich noch dicht über der Stelle lagerten, fankWill mit dum pfem Aechzen zu Boden, und ein Blut strom quoll avs seiner Brust. Die Kugel mutzte ihn schwer getroffen ha ben. letzterer flüsterte der Sterbende: „Zich' mir aus der Brusttasche ein Packet es sind §l3OO darin es genügt, um Euch zu heirathen. Seid glücklich!" Fred hörte es und staunte. Aber Maud sah ihm bittend in die Augen. Eine halbe Stunde später war Will todt. So hatten sich Bruder und Schwe ster getroffen. NachAdamßiefe. Literat: Herr Baron, Sie waren so freundlich, mir voriges Jahr 23 Mark zu leihen Baron: Ach, bitte, das hätte ja gar nicht prefsirt. Literat: Wenn mir halt der Herr Baron noch 28 geben wollten dann wären es gerade fünf- j Z'g. .. ... . Der Waschtag. Skizze aus dem Wiener Leben von Joseph Wich» ll> „Lieber Carl," sagte die junge Frau «ines kleinen Beamten, „morgen mutzt Du schon auf meine Gesellschaft ver zichten und den gewohnten Spazier gang allein machen; denn morgen ha ben wirWaschtag, den ersten in unserer glücklichen Ehe, und da gibt's für eine wackere Hausfrau, die sich mit einer Bedienerin behilft, alle Hände voll zu thun. Wir waschen im Hause, weil ich da zum Rechten schauen und verhüten kann, datz die schöne Wäsche durch Laugenstein und weitz Gott was für ätzende Zugaben verdorben wird und weil's auch viel billiger kommt, als wenn man die Sachen fortgibt und für jedes Stücklein zählen muh. Ich habe auch bereits eine tüchtige Wäsche rin aufgenommen.die WabiGschwandt nerin, die in den besten Familien der Nachbarschaft im Taglohn arbeitet. Sie verlangt 1 fl. SV kr. und die Kost, und morgen Früh um 4 Uhr steht sie bereits in der Waschküche und dürste wohl bis zum Abend leicht fertig wer den." Der liebe Carl that was ein ver nünftiger Mann in häuslichen Angele genheiten alleweil thun soll, er nickte und gab seiner Rosa einen zärtlichen Kuh... war sie ja auchgar so ein her ziger Schatz, mit allen weiblichen Tu genden geziert; ihr fehlte, wenn man den schnöden Mammon aus dem Spiele ließ, rein nichts, als viel leicht ein bischen Lebenserfahrung und die kann man jeden Tag machen, am ersten Waschtag nicht zum minde sten. Also wurden unter der thätigen Mitwirkung der alten Bedienerin, die sich jeden Morgen und jeden Mittag einfand, die nöthigen Vorbereitungen getroffen, die Wäsche gezählt, Holz und Kohlen aus dem Keller geschleppt, de« Kessel mit Wasser gefüllt, Seife und Soda zurecht gelegt, zur ersten Stär kung ein „Häferl" Kaffee und ein „La berl" auf den Herd gestellt, und sinte malen die zartsinnige Wabi noch spät am Abend den Waschküchenschlüssel geholt hatte, um die „Gnädige" nicht so früh stören zu müssen," begab sich die junge Frau mit den schönsten Er wartungen zur Ruhe. Daß die Wabi die Holz- und Koh lenvorräthe noch am selbigen Abend in bedenklicher Weise gelichtet hatte und daß während des Waschtages ein Ben gel von einem Gassenjungen wieder holt mit einem großen Deckelkorbe auf Besuch kam, erfuhr die gute Frau sitt lich erst nach etwa einer Woche, als der redliche Hausmeister das Sperrsechserl verlangte und bei einem freundlich dar» gebotenen Glase Wein gesprächig wur- Zuschuh zu etwas mit.... warum sollte sie d»nn nicht die Hemden ihrer eigenen Fami lie mit durch die Lauge laufen lassen? Das ging thatsächlich in einem Auf waschen! Es war noch nicht sieben Uhr, da schrie das stämmige Weib aus dem Hofraume zum Küchenfenster des zwei ten Stockwerkes hinauf: „Gnä' Frau, was ist 's denn mit rief hinab, es möge sich die Frau Wabi doch ein wenig gedulden, die Bediene rin komme erst um halb acht Uhr, oder „A na", schrie die Wabi, „das gibt's gensteigen da muh die Gnädige schon selber ihre Fußl'n anstrengen.... i' muh mei' Ordnung haben um Schrie's und schlug die Thüre der Waschküche hinter sich zu, dah es krachte. Völlig verzagt und erröthend schloß die gute Frau Rosa den Flügel; denn es zeigten sich in allen Fenstern schadenfrohe und spöttisch lächelnde Dienstmädchengesichter, die ihre Freude Und so trug sie das Frühstück selber hinab, und also hatte die Wabi Gele genheit, dem „jungen Dinge" zu be deuten, was man einer ordentlichen Waschfrau schulde. „Wissen S', gnä' Frau", war der Schluß dev langen Rede, „i' komm' in zu vielen Häusern herum, als daß i' mi' nach allen den Gnädigen mit allen fach nach mir richten, wenn d' Freundschaft dauern soll! Und.... daß i's sag', zum Kaffee gebührt mir jedesmal ein Stamperl Schnaps und drei Semmeln, aber keine Schuster labln und zum Gabelfrühstück bitt' i mir an' Schinken und ein Glas Wein aus... zu dera Arbeit muß der Mensch sei' Kraft haben!" Mit deni Prager Schinken war die Wabi richtig zufrieden, wenigstens stocherte sie nicht allzulange daran herum; am vollen Glase aber nippte sie nur ein Bischen, spuckte aus und sagte: „Pfui Teurel, so an elendigen Heu rigen vertrag' i nit, dev thät' mir den Herzwurm aufwecken, daß i acht Tag' ka Ruh' nit hätt'! Ich bin den Alten g'wohnt vom Jagerwirth über der Gassen, den Sechzehner, das ist ein Tropfen, der riegelt's Blut auf.... Wenn die Gnädige nit selber gehen will, kann sie d' Hausmeisterin schi >cken, schadet ihr auch nit, wenn sie a Trinkgeld macht!" So mutzte denn auch die Hausmei sterin aushelfen, und nun schickte sich die junge Frau an, ein recht schmack haftes und kraftiges Mittagessen zu bereites, um die waschende Dame nur Also wand sie die Bermel an ihren viel weißen Armen bis über die Grüb chen des Ellenbogens und schürte das Feuer und waltete mit „rührender" Geschäftigkeit am blankgescheuerten Tische und am reinlichen Herde, und wie der liebe Carl heimkam, dalschnup perte er bereits auf der Stiege gar vergnüglich, war'S ja sein Leibgericht, das so herrlich duftete... Knödel und Geselchtes und würziges Sauer kraut! Und pünktlich war Frau Rosa auch, weil die Wabi ihre Ordnung haben mußte. Mit dem Glockenschlage Zwölf stand das Essen bereit, nochmal so viel, als die Herrschaften zusammen erhielten, und die Wabi bemühte sich sogar, indeß ihr Junge das Feuer und die Kohlen hütete, eigensüßig die Stie ge herauf. Die Wabi aber kam doch nicht ganz allein. An ihrem rechten Arme hing ein geräumiger Korb, im Korbe stand ein tiefes Häfen und ein weites Reindl, und wie sie das Essen auf dem Küchen tische erblickte, hub sie zu jammern an: „O mei', o mei', was hat jetzt die Gnädige wieder ang'stellt! A g'selchte vertragt mei' Magen absolut net, und 's G'selchte und 's Kraut schon gar nit! So junge Frauen, die nichts zu thun haben, die wissen rein nit, was der Magen von unser ei'm leiden mutz 'zwegen der verschiedenen Kost in den Häusern herum. Na... i bin g'witz nit heiklig, aber da muh i schon um was anders bitten, das bin i mei'm guten G'sund schuldig!" Und indetz sie so jammerte, goß sie die Suppe in's tiefe Häfen ihres Kor bes und die übrigen Speisen leerte sie in's weite Reindl; es sei das allweil' Brauch bei den Wäscherinnen, die da heim hungrige Schnäbel hätten, meinte sie und so müsse sich halt die Gnä dige in ihre Ordnung schicken.... der!" Frau Rosa war der Verzweiflung nahe? die Küche fing sich an zu drehen, daß sie sich am Rande des Herdes fest halten mußte. Aber... was hätte es geholfen, wenn sie dem selbstherrischen Weibe nach Gebühr den Text gelesen hätte? Ja... dann hätte die „gesuchte" Wäscherin einfach ihren Lohn gefordert und die halb vollendete Arbeit ihrem Schicksale überlassen. Also faßte Frau Rosa die magenlei dende Dame mit Handschuhen an und die Wabi meinte begütigt: „Alsdann... i will weiter ka Ung'- legenheit machen... Lassen S' mir a gut's Supperl aus'm Wirthshaus her überholen und schlagen S mir an Ei drein, nachdem braten S' mir a Schnitz! schön marb, und... Eomplott haben S' eh da auf'm Speiskasten.... machen S' halt a Glasl auf... alles, was recht ist!" So geschah's, und einstweilen war der Friede im Hause. Als die Bedienerin kam, um das Geschirr abzuwaschen, ging der liebe Carl ausnahmsweise in's Kaffeehaus, und die junge Frau, die es als Mäd chen nicht verschmäht hatte, bei allen häuslichen Arbeiten Hand anzulegen, entschloß sich, dev sanften Wabi etliche StundenGefellschaft zu leisten und das Werk zu fördern. Als sie aber in den Waschtrog griff, gerieth das Weib völlig aus dem „Häusl". „Gengen S' nur gleich wieder und schauen S', daß S' 'naufkommen," surrte sie, „das könnt' i noch brauchen, daß mir die Gnädigen in's Handwerk pfuschen! Wenn S' an Maler im Haus haben, dürfen S' dann nach dem Pinsel greifen und mitmalen, und wenn S' an Schuster haben, dürfen S' dann mitschustern... ha? So ist 's Waschen mei' Handwerk und wie's i mach', muß es recht sein und waschen thu' i allein!" Leider konnte aber die Wabi doch nicht verhindern, daß die junge Frau einfarbiges Riesenhemd erwischte, das mehr Flecke aufwies, als der Schalt monat Tage hat und durchaus nicht Eigenthum ihres Mannes sein konnte und ein zerrissenes Knabenhemd, das Frau Rosa, nunmehr recht neugierig, aus der braunen Schaumsluth zog, paßte gewiß auch nicht in eine vor wenigen Wochen gegründete Familie. „Ja, was soll denn das heißen?!" sraate sie. vor Erregung zitternd, die Wabi und hielt ihr die zwei Fremd linge unter die Nase. Aber, was eine echte Waschfrau ist, das hat Haar auf den Zilhnen und sung. „Was das heißen 5011.... na.... mei' Wäfch' soll's heißen und die von mei'm Mann und die von mei'm Bu- Also erkundigte sie sich höflichst, bis und wqnn und was sie zu speisen ge denke. .Wann? Na... ans nach dem an- „Morgen?!" Dachboden könnt' laufen!" In selbiger Nacht fieberte die gute Rosa, und tags darauf lag sie mit ver- Angst eine Dummheit um die an dere. Auf datz aber der Wäsche doch ihr Recht werde und sie nach Gebühr an abgesehen, dermaßen, datz sie um zwölf Uhr Mittags richtig fix und fer tig waren. Das Essen für vier Leute der Rose war der Appetit völlig vergan gen holte die Bedienerin vom Jagerwirth, der den guten Wein hatte, und die Auszahlung nahm de« Carl vor. „Gelt", sagte die Rosa mit schwa cher Stimme, „das nächstemal geben wir die Wäsche aus dem Hause und wenn sie in zwei Jahren lauter Zunder wird?" „GeWitz, Herzerl", sagte der see lenguter Carl, „Dein Wille geschehe wie im Himmel also auch auf Er den!" Mcrkwiirdige Rettung. Die Soldaten des Fürsten Leopold von Dessau, des allbekannten „alten de, mutzte Spießruthen laufen, im Wiederholungsfalle aber mutzte er un barmherzig hängen. Damals lebte und wirkte in Halle, der Garnison des alten Dessauers, Jo hann Junker als Arzt und Professor chen, die, obgleich der alte Dessauer fleißig henken lietz, doch nicht fo leicht zu beschaffen waren, weil gewöhnlich die Angehörigen der Gehenkten die Lei chen reclamirten und in der Heimath begruben. Aber eines Tages geschah es, datz dem Professor zu seiner Ueber raschung und großen Freude die Lei chen zweier gehenkter Deserteure ange das Arbeitszimmer des Professors, in welchem er an jenem Tage bis spät in die Nacht an seinem Schreibtische thä tig war. Da hörte er plötzlich im Anatomiesaale ein starkes Geräusch, und in dem Glauben, Katzen könnten zu den Leichen gekommen sein, stand er auf, um die Eindringlinge zu verja gen. Wie er nun mit dem Licht an den Secirtisch tritt, findet n zu seinem größten Erstaunen das Tuch, mit wel chem die Leichen bedeckt waren, zurück geschlagen, und einer der Leichname war verschwunden! Wo konnte die Leiche hingekommen sein? Der Profef er in einen offenstehenden Schrank hineinleuchtete, traute er seinen Augen nicht, denn darin hockte der Gehenkte in zusammengekauerter Stellung. Der erschreckte Professor zögerte, näher zu treten, ein Gefühl des Grauens kam über ihn, und er dachte im ersten Schrecken an Flucht, doch siegte der Wissenstrieb bald über die Furcht, denn die Aussicht, die Wissenschaft mit einem neuen Beispiel des Wiedererwa chens vom Tode bereichern zu können, war verlockend genug, und er redete den Mann beherzt an. Nun kam der Unglückliche aus seinem Verstecke her vor, fiel dem Professor zu Füßen und bat diesen unter Thränen um Rettung. Der Professor, ohnehin gutherzig, ward erschüttert und beschloß, den Mann, welcher so wunderbar dem nahm die Decke vom Secirtisch, schlug sie um den frierenden Mann und führte ihn in sein gut erwärmtes Ar beitszimmer, wo er ihn über seine Fa milienverhältnisse befragte. Der Un glückliche erzählte, daß er Adrian Momper heiße und der Sohn wohlha bender und achtbarer Eltern sei; er habe sich in einem leichtsinnigen Au genblick für das Regiment des Fürsten anwerben lassen, aber dabei keine Ah nung davon gehabt, daß er nun für immer zum Soldatendienst verpflichtet sei. Zweimal habe er, jedoch erfolglos, versucht, sich loszukaufen, dann sei er mit einigen Kameraden bei Gelegenheit des Brotempfangs, welcher draußen vor dem Thore stattgefunden, entflo hen; die Flucht sei nicht geglückt, man habe sie eingefangen, und er würde wohl als erstmaliger Deserteur nur zu Spießruthen verurtheilt worden sein, allein man habe ihn und seinen mitge henkten Kameraden für die Rädels führer gehalten und sie deshalb ge henkt. Der Professor untersuchte nun den Mann und fand, daß nicht, wie dies bei Gehenkten meist der Fall ist, die Wirbelsäule gebrochen war; Mom per war im Augenblick der Urtheils vollstreckuna in eine tiefe Ohnmacht j gesunken, aus welcher er zu letnem Glücke erst auf dem Secirtifche des Professors erwachte. Professor Junker beschloß also, den bedauernswerthen Mann zu retten; er lietz ihn essen, stärkte ihn mit Wein und gab ihm Kleider und darüber ei nen Mantel, dessen aufgeschlagener Kragen fast sein ganzes Gesicht be deckte. So lietz er Momper vor sich hergehen, auch lietz er ihn eine bren nende Laterne tragen und sich damit voranleuchten. Beide gelangten glück lich durch die Stadt und vor das Thor. Der Professor gab hier an, er wolle vor dem Thore einen Schwerkranken besuchen, und die Thorwache ließ ihn mit seinem vorgeblichen Diener passi ren. Noch hatten sie die geöffnete Pforte nicht überschritten, da trat eine Hünengestalt in Begleitung mehrerer Ossiciere an sie heran und musterte sie mit durchbohrenden Blicken. Dem Professor und seinem Schützling ge rann das Blut fast zu Eis, denn es war der Fürst, der alte Dessauer, der vor ihnen stand. Doch der Gefürchtete ging vorüber, und der Professor hörte, wie er zu den Officieren sagte: „Hätte ich den Kerl heute nicht henken lassen, so würde ich schwören, daß der Beglei ter des Doctors der Deserteur Mom per vom Regiment sei." Der Professor und Momper eilten nun rasch vor dasThor und verschwan den in der Dunkelheit. Nach einer ge nügenden Entfernung von der Stadt entlietz Junker seinen Schützling mit der Mahnung, nun schnell zur nahen Grenze zu eilen und das preußische Staatsgebiet zu verlassen. Der Pro fessor hatte Mühe, die überwallenden Dankesäußerungen Momper's zu stil len, dann trennten sich die beiden Männer. Zwölf Jahre später reiste der Pro fessor Junker in genheit nach Amsterdam. Eines Ta ges blieb er auf einem Rundgange durch die Stadt vor dem Börsenge bäude stehen. Da trat aus der Menge ein vornehm gekleideter Herr auf ihn zu, begrüßte ihn höflich und lud ihn ein, das Mittagsmahl mit ihm in sei ner Wohnung zu theilen. „Herr Professor," sagte er, „kennen Sie mich nicht wieder? Ich bin Adrian Momper, der gehenkte Soldat des al ten Dessauers, der auf Ihrem Secir tifche zum Leben erwachte, und den Sie in so edelmüthiger Weise gerettet haben!" Der Professor war sprachlos vor Erstaunen, als er aus dem Mund« sei nes ehemaligen Schützlings erfuhr, wie dieser nach Holland entkommen sei, wie er sich in Amsterdam imDienst» eines reichen Rheders dessen Vertrauen und die Liebe seiner Tochter, seiner jetzigen Gemahlin, erworben und wie er nach und nach zu Reichthum und ei ner ehrenhaften Stellung im Leben ge kommen sei. Oft habe er nach Halle kommen und seinem Lebensretter dan ken wollen. Allein ein Grauen vor dem Orte, an dem er so schrecklich ge litten. habe ihn stets von diesem Schritte zurückgehalten. Professor Junker blieb noch Wochen hindurch der Gast Momper's, und als er endlich Abschied nahm, um nach Hause zurückzureisen, da reichte ihm Momper beim Abschiede einen noch jetzt vorhandenen goldenen Becher zum bleibenden Andenken, welcher die fol gende Inschrift trägt: „Ich, Momper genannt, auch Adrian, Gefehlt ich hatt' im Jugendwahn, Drum ward ich an den Galgen ge henkt, Doch Gott mir hat das Leben ge schenkt, So daß ich erstand aus Todesnacht Und endlich zu Glück und Ehren eZ bracht'!" Auchdasnoch! '--1 « ' W Was hat dein Auge so erhellt? Was macht die bleichen Wangen glü hen? „Ich sah, von siitzer Kraft geschwellt. Die ersten Frühlingsblumen blühen." Und sprich, was pochst du, thöricht' Herz, Als wolltest du vor Lust zerspringen? „Vorbei ist Winters Nacht und Die ersten Lerchen hört' ich singen!"