Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, February 14, 1896, Page 6, Image 6

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    6 Ss liegt im Wut.
Die feuchten Ncbelschlangen ringel
ten sich durch die Luft, sie klammerten
sich an Allem fest, was sich ihnen ent
gegenstellte. Es schneite und regnete
toll durcheinander. Oede lagen die
Straßen. Der Donaukanal floß rasch
einher. Auf den schwarzbraunen Wel
len tanzten im Dunkel der Nacht
röthliche Lichter, die Spiegelung der
Gasflammen, die von einen- dichten
Nebelhof umgeben waren. Herr
Gstreiner strebte von der Stadt über
die Ferdinandsbrücke heimwärts, der
Leopold zu. Den Kragen aufge
stülpt, brummte er ärgerlich Flüche
Über das Hundewetter in den vereisten
Bart. Da auf der Brücke... er steht
neben einem jungen Weibe. In die
schwarze, murmelnde Wassertiefe hin
ab ist ihr Blick gerichtet... ein schwe
rer Seufzer dringt an sein Ohr...
Teufel auch! Ein nettes Abenteuer!
Das Weib schwingt sich über die Brü
stung. Er faßt sie an. „Lassen Sie
mich!" ruft sie ihm wie verzweifelt zu.
„Mir wird da unten w0h1!..."
„Nichts da! Hilfe!" ruft er, denn er
fürchtet, daS Weib in der Kraft der
wirklichen. Sie aber wendet ihm jetzt
das Antlitz zu. Ein Paar großer,
grauer, schreckensstarrer Augen blicken
ihn an. „Rufen Sie nicht die Poli
zei!" kommt es bebend von ihren Lip
pen. „Was wollten Sie thun!"
sagt der Mann vorwurfsvoll. „Ei
nem verfehlten Leb°n ein Ende ma
chen!" klingt es leise zurck. Das Weib
scheint wie gebrochen, ein paar Tro
pfen rollen die Backen hernieder.
Gstreiner faßt die Willenlose unter
dem Arm und führt sie fort. Dort
der Ecke ist ein kleines Gasthaus. Das
Weitere findet sich; zu einer Aus
sprache unter freiem Himmel ist, weiß
Gott! der Decembergraus gar nicht
einladend. Sie fragt nichts, sie scheint
jedes Gefühl verlören zu haben. Sie
schleppt sich an dem Arme des ihr
Fremden fort,nur der keuchende Athem
Jetzt sind sie Beide in das kleine
sitzen sie wortlos einander gegenüber.
Der schläfrige Kellner hat mit ver
wundertem Gesich? den bestellten Thee
gekommen. War das Weib schön! Um
das bleiche, jugendliche Gesicht ringel
ten sich röthlich blonde Haarflechten.
Knospe war im Schwellen begriffen.
Er, alter Junggeselle daß ihm das
Passiren mußte. Fast ärgerte er sich,
d»ß er eine edle That verübt, das
Menschenleben gerettet hatte.
Sie sagte ihm dann leise ihren Na
men. Anna hieß sie. Er erschrak,
uiedrigung, von der Flucht aus den«
Elternhaus, bis sie der Elende verließ.
Wohin? Jn's Wasser! Dann ist's aus.
t» unsagbar schmerz
Hier muß man helfen! Aber wie?
Sie heimführen zu den Ihren? Die
haben sie ja hinausgejagt. Was thun?
Sie solle ihm versprechen, leben zu
wollen, drang er in sie. Anna schwieg.
Ueber ihn, den stillen, linkischen Men
schen, den Mann, der Frauen gegen-
es wie Gotteseingebung.
Er fand Worte des Trostes, flammen
de Mahnworte und auch Rath. „Gut,
ich ergebe mich darin! Ich will leben,
um zu büßen," hatte sie gesagt.
„Aber helfen Sie mir, den rechten
Weg finden!"
Wenige Tage darauf trat sie bei
den?"
Guter Gstreiner, Du warst kein
Menschenkenner, da Du das jähe Zu
cken! Was sollte sie thun? Ehrlich
das den dunkle» Fleck ihrer Vergan
genheit hatte, war für sie dieser An
trag nicht eine Ehre? Sie würde eine
anständige Frau, eine reiche Frau, um
deren Leben sie so Manche, Bessere
beneiden konnte!... „Nein, nein! Es
geht nicht! Mach' den edlen Mann
nicht unglücklich!" tönte es leise. „Es
wird unglücklicher, wenn Du ihn zu
rückweisest!" zischelte es wieder... Sie
schwieg. Er nahm das Alles für
Freude, die sie wortlos machte und
umarmte sie.
Anna duldete seinen Kuß. Es über-
des „Ja!"
Sie sind ein Paar! Das stille
Weib ist seitdem wie verändert. Wie
wenn sie sich scheute, mit dem Gatten
allein zu sein, stürzte sie sich in den
Strudel der Unterhaltungen. Gäste,
Besuche, Theater, Bälle, Unterhaltun-
Er liebte sie ja so innig. Sie war
sanft und gut. Etwas kühl! „Mein
Gott! Das ist ihr Temperament!"
Du unwohl?" „Nichts! Ein plötz
licher Frost!" hatte sie erwidert. Der
Oberlieutenant war auf das Paar zu
getreten und hatte sich als Cousin ga
lant nach dem Befinden der Cousine
erkundigt. Der Gatte war sehr er
freut, den Verwandten kennen zu ler
nen. Der Blinde sah nicht, wie tod
tenbleich sie wurde. „Der Herr Ober-
Ueutenant erweist uns doch die Ehre
seines Besuches?" Anna stößt einen
unartikulirten Laut aus. Es ist zu
viel. Sie sinkt zusammen. „Die
Hitze!" entschuldigt sie der Gatte...
Natürlich ist der Oberlieutenant so
freundlich, sich Taas darauf nach dem
Befinden der gnädigen Frau zu er
siegend Ihre Pflicht ist es zu sagen:
„Hinaus mit Dir!" Aber sie kann es
nicht. Eines Tages ist sie verschwun
den, der Herr Cousin gleichfalls. Es
liegt im Blut!
Monate verstrichen. Gstreiner ist
ein Greis geworden. Der gesellige
Locken, die tiefeni grauen Augen. Das
elastische Schreiten hört er. Und er
weint. Es läutet. Ein Amtsdiener.
„Herr Gstreiner?" „Jawohl! Was
wünschen Sie?" „Ich bin Diener
im Krankenhaus; Ihre Frau liegt bei
Ende..."
Mit verglasten Augen starrt Gsirei-
Kopfe. „Ich komme!" bringt er müh
sam hervor. Der Diener geht. Sie
im Elend? Er ist schwer gerächt. „O,
Bestie! Bestie!" So mußte es kom
men! Ob er wM hingeht? Nein!...
Nein! Und doch... Sie bittet ihn ja
darum. Es ist die Bitte einer Ster
benden, seines Weibes. Er eilt hin.
Er erkennt sie fast nicht. Das ist nicht
die Jugcndblülhe.von der er geträumt.
athmet schwer. Er ist an das Bett
getreten: sie schlägt die Augen auf,
blickt ihn lange an. „Karl..." klingt
es rauh und voll wilden Schmerz.
Er sinkt weinend an dem Bette nie
der.
„Vergib mir!" Er streichelt leise ihre
Hand. „Mi: wird- so wohl!" Ein
Seufzer. Sie hat gebüßt.
Es ist der Tag, da er ihr das Le
ben gerettet hatte, da stand Gstreiner
als einziger Leidtragender vor der
Grube, in der sie schlafen wird sürder.
Die Sonne küßt die nackten, gefrore
nen Erdbällen, sie küßt den Sarg. Sie
verzeiht der Sünderin, wie er ihr ver>
ziehen!
Znlnlnftseiitii.
Von Paul v. Schiinthan.
Im ZUr>chcr„Tageblatt" war dieser
Tage folgendes Heirathsgesuch zu le
sen:
„Eine junge, hübsche, akademisch
gebildete Dame, welche im Stande ist,
scheidenes, sanftes Wesen habend Et-
S. 2331 mit Photographie und Sit-
D s I s t h t "cht'
schlagen. Das Fach für postlagernd«
Briefe war täglich überfüllt mit Brie
fen von Heiraihs-Candidaten. die ihre
lieb hat, soll sie gar nicht in die
tes Wesen ist sprüchwörtlich also
stimmt Alles. Der gesuchte Mann
Auflage von I. Christ. Aug. Hevse's
ChristlicheSekte des 111. Jahrhunderts,
tes Fräulein in Hetlingen, so haben
wir nicht gewettet! Nur zum Kochen,
Staubwischen und zum Warten der
Kinder, die Sie offenbar aus einer
früheren Verbindung mit einem Nicht-
Abstinenten in die Ehe bringen wol
len, wird sich kein Mann, der auf
seine Mädchenwürde etwas hält, her
geben. Wenn man schon heirathet,
will man geliebt sein und wieder
lieben, ohne Abstinenz, und die
Rechte und Pflichten wie die Frau ge
nießen.
Wer uns heimführt, soll uns nicht
nur ernähren können, wie jene junge
Ehestands-Cattdidatin im Inserat es
verspricht, vermuthlich, um so und so
viel Männern durch diese Zusicherung
den Kopf zu verdrehen, sondern wir
wollen auch um uiiserer selbst willen
geliebt werden, wie wir es verdienen.
Wir wollen dafür die treuen Genossen
unserer Frauen sein, ihre Leiden und
Freuden, besonders letztere, redlich
theilen und die Falten des Unmuthes,
die der gemeine Kampf um's Brot nun
einmal auf jedes Antlitz zeichnet, mit
unserem Frohsinn und unter Schli
ckern und Lächeln von ihrer Stirn
scheuchen. Wir sind am Ende doch
etwas mehr als cigarrenrauchende
Puppen, denen man einen Schlafrock
anzieht und ein Hauskäppchen auf
stülpt und die man dann auf eineif
Stuhl in die Ecke postirt: da bleib'
ruhig sitzen, Herr der Schöpfung, Ge
bieter, Gatte!
Wir wollen auch genießen, wie
-Ihr!
Das Inserat der Züricher Zeitung
ist von der Herrenwelt,'weit über die
Schweizer Gauen hinaus, mit Jubel
und Rührung begrüßt worden. Es
war die höchste Zeit für den Eintritt
dieser Wandlung. Wie viele unter
uns, die jetzt ihre schönen Jugendtage
im Wirthshaus versitzen und ihre ein
samen Abende in einem Nachtcas6 ver
trauern, könnten ruhig einen Haus
stand gründen, wenn sie eine Frau
fänden, die im Stande ist, einen
Mann standesgemäß zu erhalten. Aber
wie wenig Frauen können das. Es
ist wahr: ein Mann ist kostspielig. Da
heißt es alle Augenblicke: „Weibchen,
ich brauche einen neuen Hut, mein
Cylinder wird schon schäbig!" dann
wieder: „Weibchen, was dächtest Du,
wenn ich meinen Winterrock wenden
ließe?" Dann diese Kravatten! Es
gibt Männer, die ein kleines Vermö
gen dafür ausgeben. Und was sie
nur an stinkenden Cigarren verrau-'
chen! Bleibt die Ehe, wie die meisten
akademisch gebildeten, kinderlos, so
wird der Mann leicht einen Vorwand
findig sich, während die Frau ihrem
Beruf nachgeht, vom Hause zu ent
fernen und das Kaffeehaus aufzusu
chen, wo er im Billard- oder Karten
spiel in einer halben Stunde sein gan
zes Taschengeld verlleren kann. Die
Langweile wird überhaupt das Glück
dieser Ehen in hohem Grade bedro
hen. Was thut so ein Mannsbild,
wenn das Haus bestellt ist? Mit den
Stiefeln auf dem Divan liegen usid
qualmen. Ist das Dienstmädchen
sauber, wird er länger als es seine
Pflicht erfordert, in der Küche stecken
oder vielleicht gar außer dem Hause
galante Zerstreuungen suchen. Es
wird nichts daran ändern, wenn sich
auch alle Frauen dazu verbünden,
solch ehrvergessene Männer Knall und
Fall aus dem Hause zu jagen und
zu ihrer Mutter heimzuschicken; die
Männer sind all ihre bekannten
und hohen Vorzüge und ihren berü
ckenden Liebreiz in Ehren schwach,
flatterhaft und unberechenbar, selbst
die besten und treuesten. Nicht umsonst
nennt man sie die „holden Räthsel der
Schöpfung". Die Frauen werden gut
daran thun, vorsichtig zu sein, und
sich den Mann, dessen Hand sie ver
langen, und den sie zum Vater ihrer
Kinder machen wollen, gut anzusehen,
ehe sie ihn heimführen.
Aber heimführen sollen sie ihn. Das
meist unfreiwillige Loos einer alten
Jungfer ist oft in trübseligen Farben
geschildert worden, und selbst der
tüchtigste weibliche Arzt, der meistbe
schästigte weibliche Advokat, die ge
nialste Ingenieurin, sie Alle werden
wenn der Wangen Pracht verflogen
ist, wenn ihre Reize zu verblühen be
ginnen mit Wehmuth an ihr ver
säumtes Liebes- und Eheglück den
ken! Man stelle sich so einen weibli
chen Advokaten im vorgeschrittenen
Frauenalter vor. Das Embonpoint
meldet sich an; die Taille wird fast
unförmlich, die Büste Hat die zarten
Rundungen aus der Studentenzeit
Schicksal der Vereinsamung bewah
ren. Und Ihr die Ihr bereits eine
Lebei Vstellung erreicht Habt und einen
stcrn, die Win blinden Zufall"einen
Gatten erhoffen, kurz entschlossen auf
und bewerbt Euch keck um die Hand
des Mannes, den Ihr als Patienten,
Klienten, Geschäftsfreund oder sonst
etwa in Eurem Beruf kennen gelernt
habt, und der Euch würdig erscheint,
Eurem Hause in Ehren vorzustehen.
Ihr werdet in den seltensten Fällen
einen Korb bekommen, und so wird
beiden Parteien gedient sein, wäh
rend jetzt.... ach, Du lieber Gott!
Wie viele reizende, unverdorben«,
gemüthvolle und häusliche, ja sogar
schöne Junggesllen von imposanter
Figur, aus gutem Hause u. s. w. ver
blühen in stillen Wirthshauswinkeln,
ungenossen, ungeliebt, ohne die Aus
sicht auf sichere Versorgung für die
Tage des Alters. Da muß etwas ge
schehen. Die Schweizerin hat mit
ihrem Inserat den löblichen Anfang
Alciisur im Vallsaal.
Der Probirstein für das Gelingen
eines Balles ist und bleibt der Cotil
lon; ist dieser langweilig, so wird das
Urlheil aus den ganzen Ball ausge
dehnt, ist er „interessant", so wird
mancher andere Uebelstand gern mit in
den Kauf genommen. Aber interes
sant heißt hier so viel wie: neu, und
es ist über aye Maßen schwer, auf dem
Gebiete der „Cotillonllberrqjchungen",
das von ingeniösen Köpfen nun schon
seit vielen Jahren studirt wird, etwas
Neues zu finden. Umsomehr wird es
beim Beginn der Saison alle Freunde
und Freundinnen des Cotillontanzes
zu hören freuen, daß aus Frankreich
soeben eine ganz nagelneue und ebenso
elegante wie amüsante Cotillontour
gekommen ist. Die Tour trägt den
Namen „Mensur im Ballsaal".
Ihr Princip ist im Grunde wie das
vieler älterer „Nummern" die Wahl,
welche eine Dame zwischen zwei ihr
präsentirten Tänzern zu machen hat.
sonst entweder der Zu
fall oder ver freie Wille der schönen
Richterin die Entscheidung zu treffen
hatte, kommt es bei der neuen Tour
auf die Tüchtigkeit und Gewandtheit
der beiden Tanzbewerber an, denn es
handelt sich um einen Waffengang mit
Stoßdegen.—Die Requisiten bestehen
ganz ordnungsgemäß in zwei Fecht
hauben, zwei Handschuhen und zwei
Fleurels, an deren Spitzen sich je ein
mit Puder gefülltes Kissen befindet.
Die Hauben sind zierlich, mit dünnem
Drahtgeflecht versehen, und wenn sie
auch nur Galanteriearbeit sind, so
macht doch das Ganze einen ganz krie
gerischen Eindruck, zumal da die Fleu
rels zwar besonders leichte, aber doch
immerhin reguläre Vertreter ihrer Art
sind.
Der Verlauf, den diese -Tour zu
nehmen hat, ist folgender: Der Tanz
ordner führt zwei Herren an eine
Dame heran, vor welcher zu gleicher
Zeit das „Fechtzeug" deponirt wird,
und beide Herren bitten die Begehrens
werthe zugleich um einen Tanz. Sie
zuckt aber die schöne» Schultern und
weist mit dem Fächer auf die Waffen
und sonstigen Festrequisiten, mit denen
dann die beiden „Feinde" sofort von
herbeieilenden, mit Fuchsschwänzen ge
schmückten „Schleppsüchsen" bekleidet
werden. Ali die Seite jedes her
„Paukanten" stellt sich ein „Sekun
dant", in einiger Entfernung steht der
„Unparteiische", der auf das förmlich
vorgebrachte Ersuchen: „Herr Unpar
teiischer/ wir bitten um Silentium für
einen Gang Stoßdegen, siebzehn und
eine halbe Minute, eventuell bis zur
Abfuhr" feierlich verkündet: „Silen
tium für,die Mensur." Dann erschal
len die übrigen vorbereitenden Com
myydos, und auf den Ruf „los!" be
ginnt ein mehr oder weniger regelrech
ter Gang Fleurets, bis der eine der
Paukanten die durch das Puderkissen
klar bezeichnete weiße „Todeswunde"
auf der Brust des Fracks auszuweisen
hat. Nun ruft der Sekundant des
Siegers: „Halt!... Herr Unpartei
ischer, ich bitte, drüben einen „Bluti
gen" zu konstatiren." Der „Unpar
teiische" betrachtet die Wunde, und der
Sekundant des Besiegten erklärt „Ab
fuhr". Nun tritt die Dame, der holde
Kampfpreis, wieder in Aktion. Mit
einer Cotillonschleise verbindet sie
graciös die „Wunde" des Blessirten,
mit dem Sieger jedoch walzt sie ebenso
„Mensur im Ballsaal."
Es liest aus vergilbtem Buche
Andächtig die Mutter vor,
Die Tochter sitzt am Fenster
Und hört mit halbem Ohr.
Die Mutter schlägt Seite um Seite,
Sie schließt die großen Augen
Und hört auf die Mutter nicht
Es huscht ein seliges Lächeln
Ueber ihr stilles Gesicht.
Und träumt nun im Herzen tiefinnen
Den allerschönsten Roman.
Zweiglückliche Väter.
Unbegreiflich. „Ihre Ge
mich aber ganz kalt gelassen!" Dich
ter: „Und ich habe doch beim Dichten
so viel geschwitzt!"
Uaiieristie polkstrachtcn.
I Je mehr in dein alten Vaterlande
die straffe Gliederung der einzelnen
Stände und die verschiedenen
Fürstin denselben Schnitt wie dem
Kattunkleid des Küchenmädchens vor
schreibt, und auch bereits auf dem
nen Erwerbsverhältnisse auf die
Dauer keinen Widerstand zu leisten
vermögen, und über kurz oder lang
werden auch in den abgelegensten
Gauen Deutschlands Volkstrachten
besteht, erscheinen Aus diesem lang
schößigen Rock hat sich durch Nachah
mung des Lodenhemds »der tyroler
Floßknechte die jetzt überall gebräuch
liche Juppe herausgebildet. Das ur
glatte und kragenlose Lodenhemd
wurde allmälig mit Knöpfen, Hals-
und Aermelauffchlägen ausgeschmückt
und bis zur gegenwärtigen Salonfä
higkeit ausgestaltet. Der Aufputz war
grün, das von jeher als Lieblingsfarbe
der Gebirgler gilt. Im ganzen Ge
birge sieht man die Miesbacher Tracht.
Die Dirndln mit dem grünen, edel
weiß- und goldfchnurgeschmückten
Brautpaar und Jungfer
aus Neustadt a. S.
Filzhütchen, dem schwarzen, weißaus
genähten Mieder, das ein reiches Sil
bergeschnür, Schauthaler und etwa
ein schwerer Silberlöffel ziert, dem
seidenen „Fürtuch" (Schürze) und
dem schillerndenNock, und die „Buam"
mit dem kleinen, von Adlerflaum und
Spielhahnstoß verschönten Hut auf
dem linken Ohr, der grüngrauen
Joppe, der buntgestickten kurzen Le
derhose, den Wadenstrümpfen und
Bandelschuhen sind Prachtgestalten.
Rein alemannisch ist die Tracht der
Dachauerinnen mit den dreißig Ellen
weiten Bollenröcken, welche die Taille
fast bis zur Halsgrube hinaufrücken,
und den niedlichen schwarzen Spitzen
hauben und großen Florschnallen aus
Silberfiligran unter dem Kinn; die
wngen schwarzen Tucyrock und rothe
Die größte Fülle und Mannigfal
tigkeit an alten Trachten weist noch
Main. Die Männer fallen durch ihre
eigenthümlichen Kopfbedeckungen auf.
Am meisten vertreten ist der schwarze
Regenwasser rückwärts herablaufen
läßt. Der Rock der Franken ist von
dunkelblauem Tuch mit schmalem auf-
rechtstehendem Kragen, die Weste vc,<i
grünem Sammet oder hochrothem
aus Münzen, de.en Oesen angelöthet
Bäuerinnen aus Nieder-
Bayern.
wurden, und wenn es im Wirthshause
einmal lustia hergeht und die Taschen
des flottenTänzers leer geworden sind,
hilft das Messer: die Knöpfe fliegen
vom Nock und durchwandern wieder,
ihrer Bestimmung gemäß, die Welt.
Die malerische Tracht der unter
fränkischen Bauern kann man noch bei
Hochzeiten In ihrer ganzen Originali
tät bewundern. Eine Braut trägt die
cylindersörmige, hohe, mit Gold- und
Silberflittern, Glasperlen, Zitterna
deln undMiinzen aufgeputzte „Krone".
Das Halstuch ist, wie an vielen unter
fränkischen Orten, nach rückwärts ge
schlungen und liegt über der entweder
dicht den Hals umrahmenden, oder in
herzförmigem Ausschnitt herabfallen-
Bauern aus Hahnenkamm,
den „Spitze". Den Rand des „Mützle",
eines Mieders mit Aermeln, schmückt
eine bunte Borie, wie eine ähnliche
Tuchrock hat sich die städtische Weste
Kniehose Schuhe und Strümpfe noch
zur Geltung kommen läßt. Die
„Schmulmad" (Brautjungfer) zeichnet
lingen, Kinder der armen Rhön. Das
schlichte weiße „Maschentuch" vertritt
Brautpaars usNiidlin gen.
die reiche Brautkrone, und das uralte
„Bernsteinpaterl" (Halsgehänge von
großen Kugeln) ist der Braut einziger
Schmuck. Auch bei dem Liebsten, der
sich ihr in der Lichtstube (Spinnstube)
verlobt hat, reicht es nich'. zu dem lan
gen Bratenrock des Gauländers. Der
dürftige Rhöner muß sich mit einem
kurzen, kaum bis zur Hüfte gehenden
Kittel begnügen und mit dem „Tu
backsbeulel" im Knopfloch statt der
Silberknöpse. Ein silberbeschlagenes
Pfeiflein aber hat er doch in der Ho
rvfe" und Goldtroddel auf dem Drei
master mußten die Spargroschen her
halten.
goldene „Bödeleshaübe", wie die nie
derbayerische» Mädchen die Passauer
Goldhaube nebst den „Schupfärmeln"
„Slrohzegerer", der als Vorrathssack
beim Ausgang stets üblich, und eine
Abensberg«!» mit dem spitz zulaufen
den weihen Häubchen, dem silbernen
„Gschnür" und der geblümten Seiden
schürze.
Ebenso verschieden wie die Trachten
in den einzelnen Gauen sind die Na
tionaltänze. In wilden Sprüngen
tummeln sich die „Berchentänzer". In
muthwilligcm Hüpfen und Stampfen,
lärmend und jauchzend, tanzen die
„Schuhplattler", daß die Dielen dröh
nen. Zierlich schwingen sich die Unter
franken im „Winneweh", der Tanz der
Mädchen und Bursch aus
Dingol 112 i n g.
Murnauer ist der „Leutascher", wäh
rend die Pfälzer den „Siebensprung",
die Laufener den „Bandeltanz" und
die Oberbayern den „Tetscher",.culti<>
viren.
glänzenden „Wodansfraue" geweiht,
und der „Schuhplattler", seit Jahr
hunderten im bayerischen Oberlande
üblich, ist einer der ältesten „Dörper
tänze" (Bauerntänze), während der
„Bandeltanz" aus dem Mittelalter
stamint; dagegen ist der „Winniweh"
Hochzeiter aus Ochsenfurt.
im Grunde ein französisches Menuett,
das mit manch' Anderem in der Pfalz
sich eingebürgert hat.
Das Slnti-Kcnterboot.
Es giebt schon viele Vorrichtungen,
die das Kentern von Fahrzeugen auf
dem Wasser verhüten sollen. Die
jüngste wird auf unserem Bilde den
Lesern vorgeführt. Im Boot ist ein
Hebel angebracht, vermittelst dessen ein,
Pendel mit runder eiserner Scheibe
senlrecht in das Wasser nach unten
gedrückt wird. Der Pendel ruht bei
stillem Wasser oder wenn das Boot
Kiel. Dem Steuerniann ist der Hebel
leicht erreichbar. Der Erfinder des
Anti-Kenterbootes, Herr Bien, hat
dasselbe aus dem Wannsee bei Berlin
Ber.such mit dem Boot,
aufgenageltes Brett wurde die eine
Lustkästen.
„Gnädiges Fräulein Tochter sehen
recht angegriffen aus?" Bankiersgat
tin: „Das arme Kind hat gestern wie
— Mit Borbehalt. Der
sonen speisen." LP
Nichts zu machen. Ver
sicherungsagent: „Mein Herr, wer
seine Habe nicht gegen Feuersgesahr
versichert, den nennt man leichtsinnig.
Unverantwortlich ist es aber,sein Leben
nicht zu versichern, denn, mein Herr,
Güter sind noch zu ersetzen, ein Er
nährer aber nicht. Wenn Sie z. B.
stürben —." Herr: „Würde meine
Frau sofort wieder heirathen!"
Aufmerksam. Frau (zu
ihrem vom Spaziergang heimkehren
den Gatten):?, Daist eine Todesanzeige
vom Finanzrath Knopf aus Leipzig
angekommen. Kanntest Du den?"
Mann: „Ein liebenswürdiger Mensch!
Bin nur einen halben Tag mit ihm
auf Helgoland zusammen gewesen .
und hat die Aufmerksamkeit, mir sein»
Todesanzeixt ,u schicken!"