Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, January 24, 1896, Page 3, Image 3

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    Im
WNiilMWz
(11. Fortsetzung.)
Er legte seinen kräftigen Arm um
sie: „Schließen Sie die Augen... es ist
«in wenig Schwindel.... Sie haben sich
für den Anfang zu viel zugemuthet.
Wenn es Ihnen wieder etwas besser
ist, wollen wir die hundert Schritt bis
zu jenem Schlitten dort versuchen....
ich fahre Sie dann zurück... Glauben
Sie. daß Sie noch bis dahin kommen
können?"
Sie antwortete nicht, und er fühlte,
wie sie sich fester an ihn klammerte. Die
Augen hielt sie noch immer geschlos
sen, aber ihre Wangen hatten sich wie
der rosig gefärbt. Sie stieß einen tiefen
Seufzer aus und stainiiielte: „Ich
glaube, ich kann keinen einzigen Schritt
mehr machen."
Er reckte sich in die Höhe und mit
einem sicheren Griff nahm er sie in
seine Arme und trug sie über das Eis.
Sie schrie leicht aus, und ihre Augen,
vo>, denen sie die schweren Lider ge
hoben hatte, funkelten. Er sah ihr in
die schön n, sinnlichen Züge, über die
«in wehmüthig schmachtendes Lächeln
flog. Fern von den Menschen, auf der
«isigen Fläche, von den Schatten der
hereinbrechenden Nacht umgeben, hatte
er die Angebetete allein, ganz allein für
sich. Er hielt sie gegen seine Brust ge
drückt und es schien ihm, als ob sich ihr
Herzschlag mit dem seinen vereine.
Plötzlich, ohne in seinem Laufe innezu
halten, neigte er seinen Kopf auf den
bezaubernden Mund herab, der seinen
Lippen so verführerisch nahe war, und
drückte einen glühenden Kuß darauf.
Ihre schönen Augen schlössen sich, und
er fühlte ihren Körper, den er wie ei
ne Beute davontrug, zusammen
schauern. Wie todt lag Lydia; re
gungslos und stumm. Er gelangte zu
dem Schlitten, setzte seine kostbare Last
Bernheimer sie erwartete. Als er Ly
dia im Schlitten sah, rief er ihr ent
gegen: „Mein Gott, was ist denn ge
schehen?"
Die junge Frau antwortete selbst:
„Es schwindelte mir ein wenig... aber
es ist schon besser."
Sie wollte sich erheben.
„lch bin wie zerschlagen." Und sich
an Roquiere wendend, sagte sie: „Ich
hatte unrecht, mich Ihnen anzuver
trauen."
Ihre Lippen umspielte ein so eigen
thümliches Lächeln, daß der junge
Mann nicht wußte, ob sie auf die
Fahrt, die sie zusammen gemacht hat
ten. oder aus den Kuß, den er ihr ge
geben, anspielte. Sie löste die Schlitt
schuhe von ihren Füßen und nahm
Bernheimers Arm.
„Ich will jetzt nichts genießen... Mei
nen Wagen.... ich will nach Hause."
„Sehen Sie, ich habe es Ihnen gleich
„Gewiß nicht aber vielleicht sollte
es Passiren."
Am Ausgang des Sees drehte sie sich
noch einmal nach Roquiere um, und
mit demselben Ausdruck in den Augen,
wie in dem Moment, wo er sie in seinen
Armen getragen hatte, sagte sie: „Auf
baldiges Wiedersehen, nicht wahr?"
Er verneigte sich sehr tief, ohne zu
antworten, und sie entfernte sich.
Ploerne war sehr verstimmt, als «r
am folgenden Tag beim Durchblättern
der Zeitung folgende Notiz läse „Aus
der Bahn des Eislausverins herrschte
gestern ein bewegtes Leben. Unt«r den
hervorragenden Mitgliedern dieses
Klubs bemerkte man...." Von den an
geführten Namen stach ihm vor allem
einer in die Augen, der Name seiner
Frau: der Gräsin Ploerne. Wo war
«r denn zu jener Stunde gewesen? Ent
weder hatte er sich mit Geldangelegen
heiten beschäftigt, oder sich im Klub ge
langweilt, oder sonst irgend etwas mit
irgend jemand gethan, anstatt mit Ly
dia zu sein, die ganz gut ohne ihn fer
tig geworden und unter lauter Frem
den schlittschuhgelaufen war. Vern
heimer und Roquiere und Clairesont
und Bligny waren zwar da gewesen,
aber es erschien ihm in ihrer Gesell
schaft nicht passender, sich solchen Ein
fällen hinzugeben, ohne zuvor mit ihm
in trübe Gedanken versunken in einem
kleinen Salon, wo ihn Lydia zum
Frühstück abholen wollte. Sie trat denn
auch bald herein, frisch und rosig, in
Auf den ersten Blick hatte Ne es her
aus, daß er schlechter Laune war, und
ohne Zögern und mit selbstbewußter
Ueberlegenheit fragte sie: „Was gibt
es? Warum ziehst Du denn solch ein
Gesicht?"
Er antwortete mit einer Frage:
„Warum hast Du mir nicht erzählt,
daß Du gestern schlittschuhgelaufen
bist?"
„So, das beschäftigt Dich!"
„Es geht doch wohl kaum anders,
wenn sogar die Zeitungen davon er
zählen."
„0.... sie haben eben, wie es scheint,
viel Platz übrig.... sonst könnten sie
ihre Spalten nicht mit so etwas Unin
teressantem füllen.... Nun ja! Ich bin
gestern mit Bernheimer und Roquiere
schlittschuhgelaufen. Hast Du etwas
dagegen?"
bedaure, daß Du mir nichts
davon gesagt hast, ich hätte Dich be
gleitet."
würde? Ich war nur hingegangen, um
zuzusehen. Der Zufall, die Gelegenheit,
ein plötzlicher Einfall verleiteten mich,
es auch einmal zu versuchen... Ist dai
ein solches Verbrechen?"
„Wenn Dir etwaS zugestoßen
wäre!"
l „Wie soll mir denn etwas zusto
ßen?" ,
„Ich weiß nicht. Du hättest hinfal
len und Dich vernetzen können."
Sie lach:- und verzog spöttisch den
Mund.
„Was wäre denn gewesen! Wie es
im Liede heißt:
w'!
Sie drehte sich lustig auf dem Ab
satz herum und nahm ihren Gatten
beim Arme.
„Komm, wir wollen frühstücken.
Schneide kein solches Gesicht; es steht
Dir gar nicht. Innerlich bist Du wü
thend, weil Dir die Gelegenheit ent
ging. mich mit Deinen Talenten zu
blenden.... Du läufst jedenfalls groß
artig."
„Nein, durchaus nicht.... nicht besser
als die meisten."
„Jedenfalls besser als Bernheimer."
„O, Bernheimer, der zählt nicht."
„Das müßtest Du ihm einmal sa
gen! Er ist sehr von sich eingenommen
und würde es Dir nie verzeihen."
„Macht Dir Bernheimer etwa auch
den Hos?«
„Sie machen mir alle den Hof,
aber er mehr als jeder andre."
„Armer Bernheimer... Ich kann
Dich versichern, Lydia, daß ich nicht
die Spur eifersüchtig bin."
„Auf ihn?"
will."
wenn , V ß ch
Er erblaßte ein wenig, verlor jedoch
seine Ruhe nicht.
thun?"
in mir die traurigsten Erinnerungen
weckt."
Er schwieg eine Weile still, dann
sagte er plötzlich: „Solche Qualen aus
stehen.... Gütiger Gott! Daran hat
than hatte, und es war mehr als kühn
von ihm, es ihr ins Gedächtniß zu
rufen. Ohne zu wissen, ob sie oder
einen Menschen gemordet, und eben
hatte er es ja zu verstehen gegeben,
daß er wieder einen, ja selbst sie um
unheimlichc Freude bei der Gewißheit,
daß sie Angst vor ihm haben mußte.
Sie hatte ihn für harmlos, für ge
sie spielte, erhob sie in ihren eigenen
Augen über sich selbst. Für ihre stolze
Seele war dies eine Genugthuung,
denn es widerstrebte ihr, ein Opfer
ohne Gegenwehr zu vernichten. Sie
wuchs mit dem Gedanken, daß sie ei
nem Manne, der zu todten im stände
war, die Stirne bot.
Er fuhr aus seinem Sinnen auf
und sagte: „Nicht weil ich irgend et
was von Deiner Seite fürchte, habe
ich Dein gestriges Benehmen getadelt.
Aber Du bist noch so jung und uner
fahren und -denkst nicht daran, wie
schnell ein schlimmes Gerede entsteht.
barer Leichtsinn; da nimmt sich schließ
lich wirklicher Leichtsinn unter einer
ernsten Maske wohl besser aus. Nicht
als ob ich dies bei Dir wünschte! Aber
das Dekorum ist so viel in der Welt,
und dem, der öffentlich den Anstand
wahrt, ist Im Geheimen gar manches
gestattet. Kleide also Deine Bravheit
nicht in ein frivoles Gewand. Wenn
Dich irgend eine Laune ankommt, so
sprich mit mir erst darüber, damit
ich >den kleinen Erzentrizitäten, denen
Du Dich hinzugeben Lust haben soll
test, durch meine Gegenwart den
schlimmen Stachel nehmen kann."
Dieser vorsichtige und weise Rath
mißfiel Lydia bei weitem mehr als
feine Heftigkeit. Er bewies ihr, daß
Raimond sehr rasch seine gewohnte
Ruhe wiederzugewinnen imstande war,
und daß sie die Macht nicht hatte, ihn
in eine dauernde und tiefe Erregung
zu versetzen. Sie mußte, wie es schien,
sehr weit gehen, um ihren Gatten ernst
lich aus dem Gkichgewist »u brinaen.
Sie hätte ihn, den sie haßte, so gern
bei einer Schwäche ertappt, und irgend
ein Charaklerfehler an ihm hätte sie
entzückt. Ohne daß sie es sich einge
stand, imponirte er ihr durch seine
Grvßmuth, seine Festigkeit und Güte.
Er war zu vollkommen; das störte sie
in ihrem Grolle gegen ihn.
Nur durch den Tisch von ihm ge
trennt, saß sie ihm gegenüber und beob
achtete ihn; und wie sie ihn so ruhig
und harmlos sah, erfaßte sie namen
lose Wuth. Er Iva? ein schöner Mann,
Welch Feuer loderte aber in seiner
Seele, welch hingebende Zärtlichkeit!
Jede Frau hätte sich glücklich geschätzt,
Bitterkeit und Unruhe. Er fühlte sich
Seit sie den Entschluß gefaßt hatte,
sich in ein Kloster zurückzuziehen, hatte
Raimond es versucht, seine Jugend-
Wenn er sich vor sich selbst entschul
sie zu sehen, indem cr als Motiv an
führte, daß er ja doch nur trübe Erin
nerungen in ihr wecken würde, klagte
ihn trotzdem sein Gewissen der Härte
an. Seine Logik lautete: „Ich gehe
nicht zu ihr, weil ich ihr wehe zu thun
fürchte." Die innere Stimgie entgeg
ihr fürchtete. Er hatte den Wunsch,
„Selbstverständlich. Ich war diese Wo-
Grund ihres Entschlusses, ins Kloster
daß Fräulein Letourneur bittere Er
fahrungen in ihrer Liebe gemacht ha
ben müsse. Da dies schon zuvor Bern
heimers Vermuthung gewesen war, be
festigte sich in ihm die Ueberzeugung,
daß Therese eine Neigung zu Ploerne
im Herzen getragen habe, als dieser sich
Zu was sollte ihm aber diese kluge
Auslegung der Thatsachen dienen,
wenn er seinem Pathenlind doch nicht
Helsen konnte? Ploerne war nun ein
mal Lydias Gatte, und Lydia be
herrschte ihn vollständig. Er drängte
also das, was er wußte, in einen Win
kel seines Gehirns zurück, um es bei
gegebener Gelegenheit wieder hervorzu
holen. Er konnte nicht umhin, aufs
tiefste zu bedauern, daß Raimonds
Wahl auf Fräulein de Saint-Maurice
gefallen war und daß er Therefes Liebe
zurückgestoßen oder verkannt hatte.
Therese war wie für Ploerne geschaf
fen; die andre dagegen, die schöne und
alles besiegende Lydia, paßte nicht zu
dem ruhigen, ernsten Mann, und in
die gerade mußte er sich verlieben, wäh
rend die andre abseits trauerte.
Be:nheimers Gedankengang war:
„Damit alles in Ordnung käme, muß»
wie könnte ich ganz Paris mit Lydia
! blenden.... der kleinen Frau fehlen nur
die Millionen, und die könnte ich ihr
zu Füßen legen. An meiner Seite wä
re sie, was sie sein möchte, mehr als
Gräfin: Marquise, Herzogin, Für
stin! Man kennt ja die Macht des
sie offen vor der Welt die Meine nen
nen zu dürfen und sie mit dem Rah
men zu umgeben, der ihrer werth ist.
zende Frau geliebt, aber keine je wie
diese Kreolin. Man wußte, welche
Tollheiten er für Charlotte Billeroy
winn hatten ziehen wollen und die den
Muth gehabt hatten, sich an den Ope
rationen zu betheiligen, ruinirt und
von der durch die beiden Finanzplane
ten erzeugten Ebbe und Fluth ver
schlungen worden waren.
Kurz, alles, was Bernheimer für
diese Frauen einPfunden hatte, Wal
das ihm Lydia einflößte. Wenn er die
Möglichkeiten, sie zu der Seinen zu
machen, bei sich erwog, ging er nick
und woraus er den Vortheil gezogen
hätte, annehmbar erscheinen zu lassen.
Wer aber sollte der andre sein? Der
Unbekannte, der Zufall, irgend ein Ro
quiere, gegen den der Gatte ausfällig
wurde und der dann, beleidigt, den
Ehemann ins Jenseits beförderte. Ei
ne solche Lösung hatte aber etwas von
einem Theatereffekt an sich, erinnerte
an die Katastrophe im fünften Akt ei
nes Dramas, oder die sensationellen
Berichte der Tagesblätter, die nicht
auf dem Boden des wirklichen Lebens
stehen, und der praktische und nüchter
ne Bernheimer lachte sich selbst ob- die
ser Phantasien aus.
Und trotzdem tauchten sie immer
wieder in ihm auf. Sollte dies alles
nicht dennoch möglich sein bei «iner
koketten Frau, einem kühnen Verehrer
und einem eifersüchtigen Manne? Wie
herrlich es wäre! Denn Lydia mußte
dann einen Mann zurückweisen, der
sich mit dem Blute ihres Gatten befleckt
hatte, und hernach war es Bernheimers
Aufgabe, die für einen Moment kom
promittirte junge Frau wieder zu Eh
ren zu bringen. In diesem Zukunfts
bilde war allerdings ein duntler Fleck:
der Verehrer. Roquiere, der bestimmt
war, mit seinem Schwerte den gordi
schen Knoten zu durchhauen. Es
brauchte ja aber zwischen ihm und der
Gräfin nichts weiter als der Schein
vorzuliegen. Eine kleine belanglose Ko
nug, um den Gatten aufzureizen und
um Bernheimer von Nutzen zu lein.
So malte sich der gute Mann die Din
ge aus, wenn er nach einem opulenten
träumten Chimären, denen er kaum
Gestalt zu geben wagte, und begnügte
sich einstweilen mit der Rolle eines
platonischen Anbeters. Er traf Ma
dame de Ploerne täglich, entweder in
Gesellschaft oder im Vois, oder er
suchte sie bei sich zu Hause auf. Sie
behandelte ihn theils wie einen alten
Onkel, theils wie einen Untergebenen,
indem sie ihrer Herzlichkeit eine be
trächtliche Dosis Grobheit beimengte.
Wenn er zu ihr ins Zimmer trat, war
ihr erstes Wort: „Wie stehen unsre
Papiere?" und wenn er eine immer
befriedigend ausfallende Auskunft gab,
belohnte sie ihn mit ein paar liebens-
und prüfte die Fortschritte, welche die
ständigen Gäste des Hauses in der In
timität der Gräfin allenfalls gemacht
deß bald eine Erklärung werden, die
ihn wie ein Blitzstrahl traf.
Siebentes Kapitel.
Der Wagen des Bankiers fuhr des
wißheit zu verschaffen. Dies war sei
ner Ansicht nach das beste, was er
thun konnte, md er befahl daher dem
immer vor ihnen her, in der Richtung
»ach den Champs-Elysees, und erst
beim Arc de Triomphe verlor Bern
heimer sie aus Augen.
Lydia hielt, folgen zu wollen. Was
ging denn in ihm vor und woher rühr
te die plötzliche Aufregung, die ihm
ten!" Die Entdeckung war nieder
schmetternd für ihn. Kaum daß er sie
hatte sehen können, und doch zweifelte
Lydia war und daß sie nur ein Liebes
abenteuer in das fünfstöckig« Haus ge
führt haben konnte. Warum er dessen
so sicher war, er hätte sich selbst keine
Antwort darauf gewußt. Nichts bewies
ihm, daß es sich um die Gräfin Handel'
te, und selbst wenn sie es war, hatte
er kein Recht, der Sache eine solche
Auslegung zu geben. Alles war un
sicher, alles ungerecht, wiederholte sich
Samuel hundertmal, und doch blieb er
überzeugt, daß er Lydia vor Augen
gehabt hatte, und er hätte geschworen,
daß sie nicht in dieses Haus ging, um
Almosen zu spenden, es sei denn einem
nach Liebe Dürstenden.
fen! Und doch wieder, welch glucklicher
Zufall, der gerade ihm dieses Geheim
niß in die Hände spielte! Ei, wie
schlau und geschickt sie war. die entzü
ckende Gräfin, denn nichts in ihrem
Auftreten hätte ihn dies vermuthen
lassen. Er hätte seinen Kaps gewettet,
daß sie brav sei; ein wenig kolett, wei
tend gezeigt hätte. Das allerdings aber
hatte er nicht von ihr erwartet. „Mit
wem?" fragte er sich. Er rieth nicht
die Wahrheit los. Wenn ein Verhält
alles auf Roquiere, vor allem sein auf
fallendes Wegbleiben in der letzten
Zeit. Wenn er die junge Frau nicht
Maurice nicht mehr in der Rue Ncm-
Der Gedanke, die Rolle des geprell
ten Alten zu spielen, brachte Bernhei
scinein Wagen zu lauten Schimpfwör
ter, und Drohungen hinreiße«. Welche
Heuchelei und welche Ruchlosigkeit steck
te hinter dieser Lydia! Nach all den
Beweisen von Hingebung und Auf
opferung seinerseits ihm das anzu
still hinnehmen, das fiel ihm denn doch
nicht ein; im Gegentheil, e: wollte ihr
seine Meinung rech! deutlich sagen und
ein für allemal mit ihr brechen. Dann
daß wenn sie schon einmal einen Ge
liebten hatte, es nicht unmöglich wäre,
daß sie auch diesen, und zwar mit ihm,
betröge. Das Schwerste war stets der
erste Sieg über den Gatten; war diese
Grenze einmal überschritten, dann war
alles viel leichter. „Ja." schloß Bern
heimer, „erst einen Geiiebten aus Lei
nen Stoß versetzt und meine Lage ist
dieselbe geblieben. Was sage ich? Sie
hat sich eher verbessert!"
Der Wagen hielt jetzt vor der Thür
der Villa; Bernheimer sprang rasch
aufs Trottoir und trat ein. Im Vesti
„Jst die Frau Gräfin zu Haufe?"
fragte der Bankier.
Er erhielt die Antwort, daß die
Frau Gräfin ausgegangen sei, gegen
fünf Uhr aber zurück sein wollte. Ob
der Herr nicht warten wolle? Samuel
hätte sich gern danach erkundigt, um
wieviel Uhr Lydia das Haus verlassen,
ob sie den Wagen benutzt und was
für eine Toilette sie angehabt habe. Er
brachte es jedoch nicht über sich, den
Diener auszufragen. Wenn es wenig
stens eine der Kammerjungfern gewe
sen wäre. Frauen sind mittheilsamer,
leichter zu bestechen und doch wieder
verschwiegener als Männer. So mußte
sich der Bankier mit der Mittheilung
genügen lassen, daß Lydia aus war.
Er ging in den Salon. Hier in dem
eleganten Rahmen, wo er sie zu sehen
besondere gegen den Dummkopf von
Gatten, der feine Frau ruhig in ihr
Verderben rennen ließ. In dem Au
um Ihnen Gesellschaft zu leisten."
Erst freute sich Bernheimer, als sich
?eitsvereiüs, der in dem Saale Albert
le-Grand einen Bazar zum Besten der
Armen vorbereite. Den Wagen habe
sie wahrscheinlich benützt, behaupten
könne er es jedoch nicht. Und anstatt zu
ein Gespräch über das Comptoir
Fran?ais. Die Gesellschaft, die nun
vollständig im Gange war, hatte in
professionellen Financiers Leute aus
der vornehmen Welt gesetzt. Welche
Tragweite dieser Schritt für die Zu
kunft der Bank haben könnte, fragte
Raimond. Und der Bankier, der seinen
Aerger in sich hineinfraß, mußte nun
dem Grafen ausführlich die Gründe
tung veranlaßt hatten. Nach dem Er
folg, mit dem das Comptoir Fran
?ais seine Existenz begonnen hatte,
hielt man es für nöthig, durch eine
ausschließlich aristokratische Zusam
mensetzung des Verwaltungsrathes die
Richtung des Unternehmens ganz be
sonders zu betonen. Diese Vereinigung
von Marquis, Fürsten und Herzögen
an der Spitze des Comptoirs verleihe
der Sache er? ihren eigentlichen Cha
ken was er sagte; er hatte eZ daein zu
einer wahren Virtuosität gebracht,
und während er die Sätze aneinander
srin? Wils treibt sie?' Selbst wenn ich
annehme, daß msin Pferd ihren
Droschkengaul um eine Viertelstunde
Ueberdies ist es die Stunde, Ivo sie täg
lich Besuche empsatigt."
Ploerne verbiß sich imm« mehr in
Uhr vernahm er einen leichten Schritt,
und die Gräfin erschien. Bernheimer,
der sie fast mit den Augen verschlang
und den Athem vor Erregung anhielt,
empfand eme furchtbare Enttäuschung
Straßeizroilette mit einem reizenden
HauskNd vertauscht. Di« Fassungs
losigkvt Bernheimers war so ausfal-
daß Lydia sie unmöglich nicht
bemerken konnte. Nachdem sie Rai
mond zugenickt hatte, begrüßte sie den,
Bankier.
, , (Fortsetzung folgt.j
Ziir t>ic Küche.
Legirte Wcinsuppe. Mair
kocht eine Flasche weißen Wein, je nach
dem die Suppe stärker oder schivächer
dazu.
Gebratene Hamnrel-Co«
telettes. Man verwendet dazu
daS Rippenstück, löst das Fletsch mit
da wo die Rippen an demselben befe
stigt sind, recht glatt ab. Hierauf
schneidet man das Rippenstück, je nach
dem die Eotelettes größer oder kleiner
ausfallen sollen, zwischen jeder oder
zwischen je zwei Rippen durch, macht
an jeder Cotelette etwa einen halben
Zoll breit über dem Fleisch einen Ein
schnitt rings um den Knochen, schabt
das Fett und die Haut von demselben
und haut ihn etwa einen Zoll über dem
Fleisch ab. Dann schneidet man die
das Fleisch umhüllenden Sehnen und
das Fett rein ab, schlägt die CoteletteS
mit dem Hackmesser ein wenig breit,
schneidet sie rund, bestreut sie mit Pfef
fer und Salz und bratet sie, und
geriebener Semmel panirt, oder auch
unpanirt, in zerlassener Butter, von
beiden Seiten rasch gelbbraun. Die sl>
bereiteten Eotelettes kann man mit kla
rer Jus und gebratenen Kartoffeln als
ein selbstständiges Gericht geben, oder
und Bauchtheil in Stücke theilen, den
Kopf spalten; dies mit Herz, Leber
und Lunge tüchtig mehrmals waschen.
Halb Butter, halb Rindsfett oder Bra->
bräunlich rösten, dann mit Wasser
nachfüllen. Hierzu: Salz, Pfeffer,
einige Nelken, zwei Lorbeerblätter, noch
«in Stückchen Butter und etwas Essig.
muß man anderen Essig nehmen.
(Selbstverständlich findet in ersterem
Falle das exakte Reinigen statt, ehe
man sie in Essig legt.) Die Sauce
muß pikant säuerlich schmecken un!»
recht dicklich sein, indessen ist es eigent
lich blos Ragout und dient als Ersatz
des echten Hasenpfeffers, z» welchem
von rechtswegen Blut gehört, welches
man mit Essig vermischt und zuletzt
mit durchkochen läßt. In diesem Falle
braucht man vorher die Sauce nicht dick
zu haben, das Blut verdickt sie.
Köni g s be rge rKI op ps: IL
Pfund Schweinefleisch, Pfund
Rindfleisch, fein gehackt; hierzu ein
Viertel Laib einen Tag altes Weißbrod
gerieben, ebenso ein« große Zwiebel.
Dann fügt man hinzu: je eine Messer
spitze voll Muskatblitthe, Nelken. All
spice, Pfeffer, Salz nach Bedarf, zwek
Eier. DaS Alles gut vermischt, giebt
ungefähr 20 Klopps, die in einen Topf
mit Wasser 16 Minuten gekocht wer»
den. Dann schwitzt man Mehl in zwei
Eßlöffel Butter hellbraun, füllt mit
der Brühe nach, gjebt dann das fein
gehackte Fleisch von zwei Häringen,
welche am Abend vorher geputzt und in
Wasser gelegt wurden, hinzu, auch «ine
feingeriebene Zwiebel. Die Sauce muß
schön sämig seim Man würzt sie nach
Geschmack mit Essig, und giebt «in«
halbe Flasche Kapern dazu. Nachdem
sie durchgekocht und der richtige Ge
schmack erprobt ist, werden die Klopps
hinein gelegt und der Tops wird auf
«inen Untersatz bei mäßigem Feuer
eine Stunde lang so stehen gelassen.
Sie werden »it Citronenscheiben ser
virt.
G uly as. Drei Pfand Rind
fleisch (man kann auch Rind- unti
Schweinefleisch halb und halb nehmen)
wird in eigroße Stücke geschnitten, eS
sollte Lende oder Wade sein. Fett
oder Speck heiß machen;, 3 4 groß«
Zwiebeln hineingegeben, dann ein«
Prise Kümmel. Zwiebel gelblich dün
sten, das Misch hinzu, zudecken, unter
öfterem Umrühren eim Stunde däm
pfen lassen. Drei große rothe Toma
toes, oder die entsprechende Menge
KannentvmaloeS hinzu, wieder eine
Stunde dünsten. Damr eine halbe rohe
Kartoffel hinzureibe»; nach Geschmack
salzen, ein« Messerspitze Paprika hin»
«in, wieder eine halbe Stund-
Von einem flachen Eßlöffel Mehl in
Fett eiire braune Röste machen, mit
kaltem Wasser anrühren, ein« .halbe
Minute ungerührt stehen lassen, dann
zu dem Fleisch geikn, noch einigemal
Apfeltort e». Ij Pfund Aepfek
werden fein geschnitzelt, Saft' und
Schate «iner Citrone, ein Achtel Pfund
Butter, ein Viertel Pfund Zuckn und
mit hinein un> schließlich dm Schnee
der sechs Eier. Die Masse muß etwa
eine Stunde bei Mittelhitze in einer
Stunde lang und fügt nach und nach
3j Unzen zerlassene Batter, zwei Eier
becher voll lauwarmen, siißeir Rahms,
7 Unzen fein«s Mehl und den Schnee
d«r vier Eierklar dazu. Ist Alles gut
verrührt, so gibt man da» Backpulver
darunter, füllt den Teig in eine mit
Bröseln ausgestreute F»«n und bäckt
«Ken Kuchen langsam.
In dem Augenblicke, m dem
«in Weib zu einem Manne „Du" sagt,
wird er zur zweiim Person 3