Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, December 13, 1895, Page 6, Image 6

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    6 Die Dipljtlieritis.
' <?in Würgengel der schlimmsten Art
ist die Diphtheritis. Diese Krankheit
entsteht niemals infolge individueller
Veranlagung, sondern ist in allen Fäl
len von außen her in den Körper ein
gedrungen. Eine Insertion örtlicher
Art soll seltener sein, als ein« solche
persönlicher, d. h. also, daß es seltener
vorkomme, daß eine gewisse Localität
für ein starkes Umsichgreifen der
Krankheit verantwortlich gemacht wer
-d«n könne, als daß vielmehr die Ueber
tragung von «iner Person auf die an
dere stattfinde. Die Zeit, welche der
in den Körper gedrungene Krankheits
keim gebraucht, um sich an Ort und
Stelle festzusetzen, dort zu wuchern
und durch sein Gedeihen die Funktio
nen aus ihrem normalen Getriebe zu
drängen, ist «ine kürzere, wie bei an
deren Krankheiten. Sie betr^^L^bis
4 den Masern 10. dem Keuch
husten gar 11 Tage zugesteht. Es ist
daher geboten, bei dem kleinsten Anzei
ckDx den Arzt zu benachrichtigen und
»I Zeiten, -da die Krankheit gerade
«üthet, muß für uns der Wahlspruch
/gelten: lieber zu ängstlich, als zu forg
/los!
Es schadet nicht, in solchen Zeiten
die Kinder etwas davon zurückzuhalten,
mit allen Anderen auf dem ersten besten
Spielplatze zu spielen, denn man kann
ja nicht wissen, ob sie da nicht mit Kin
dern in Berührung kommen, die be
reits inficirt sind und bei denen die
Krankheit morgen früh zum Ausbruch
lommt. Tritt sie bei einem unserer ei
genen Kinder auf, oder ist nur der leise
Verdacht vorhanden, so halte man auch
die noch gesunden von jedem Umgang
fern, um -fremder Leute Kleinen zu
schützen, denn „was Du nicht willst,
das man Dir thu', das füg' auch kei
nem Andern zu." Wer weiß, ob die
Krankheit so um sich gegriffen hätte,
wenn alle Eltern hierin etwas gewis
senhafter gewesen wären! Man hänge
ferner den Kindern, wo diese die noch
offene Schule eines so inficirten Di
striktes besuchen müssen, ein Säckchen
mit etwas Kampher um den Hals.
Ist die Krankheit im Hause, so ist
strengste Jfolirung des kranken Kindes
die erste Bedingung. Zum Kranken
zimmer wähle man auf keinen Fall
«inen in der Mitte der Wohnung bele
genen Raum, sondern sehe, daß der
selbe erstens, directen Luftzufluß habe,
zweitens, daß ein Hindurchgehen und
überhaupt ein Betreten desselben von
einer anderen Person vermieden wer
den kann. Wo eben die Räumlichkei
ten zu beschränkt sind, so daß man die
übrigen Kinder nicht weghalten kann,
da muß die Ueberführung in's Hospi
tal stattfinden. Vor der Thüre des
Zimmers stelle man in einem Gefäß
eine öprocentige Carbollösung aus.
Aus dem Zimmer selbst entferne man
alle unnöthigen Draperien, - Kissen,
Decken, Polstermöbel, Portieren, Gar
dinen. Man nehme aus den Schrän
ken die Kleider, aus den Schubladen
die Wäsche und sonstigen Gebrauchs
gegenstände. Ein Teppich sollte über
haupt in keinem Schlafzimmer, am
allerwenigsten in einem Zimmer liegen,
wo «in Patient mit einer ansteckenden
Krankheit ringt. Wenn man erst ein
mal allgemein aus angenagelte Tep
piche in den Schlafzimmern verzichtet
haben wird, wird viel Gutes bewirkt
sein.
De« Fußboden wird mehrmals des
Tages mit einem feuchten Tuche über
gewischt und dieses wird sofort in eine
Schmierseifenlösung (ein gehäufter
Eßlöffel einen Eimer Wasser) ge
steckt. Am einfachsten ist es, man halte
sich in der Ecke des Zimmers, in dem
ausgeräumten Schranke u. f. w. drei
neue Eimer mit solcher Seifenlöfuiig.
In -ixn «inen kommt dieser Wischlap
pen, in dem andern wird alles von dem
Kranken -benützt« Eß- und Trinkge
schirr gewaschen und bleibt gleich im
Zimmer, in den dritten steckt man die
abgelegte Wäsche, Hand- und Taschen
tuchs Wo eine Schleimabsonderung
stattfindet, da benütze man hierzu nicht
Taschentücher, sondern kleine Stücke
alt»n, aber reinen Mouss«lins, die man
dann in «ine Zeitung wickelt, in der
man etwas krystallisirtes Vitriol
(copporu«) hält. So wird das ganze
Bündel verbrannt. Am besten ist es,
wenn die Pflegerin im Zimmer bleiben
kann, sich so wenig wie möglich in den
übrigen Räumen zu bewegen braucht.
Muß sie das doch, so sollte sie Gesicht
von einem Zehntel Procent abwaschen,
die Kleidung wechseln und das Haar
zubinden.
Bezüglich der Behandlung der Kran
kheit selbst stehen mir zwar verschiedene
Quellen zu Gebote, ich unterlasse aber
absichtlich jede Erwähnung eines noch
so unschuldigen Mittels, um eine Mut
ier nicht dazu zu verlocken, „erst ein
mal das zu probiren", ehe sie zum
Arzte schickt. Bei dem kleinsten ver
dächtigen Anzeichen sehe sie dem Kinde
in den Hals und findet sie «ine noch so
kleine entfärbte Stell« an den Mandeln
oder dem sog. „Zäpfchen", so sollte sie
den Arzt citiren, obwohl sich diese „er
sten Anzeichen" von den Symptomen
«iner einfachen catarrhalischen Affek
tion durchaus nicht unterscheiden im
Gegentheil: das Gesammibefinden des
Kindes wird oft von der letzteren
schneller und heftiger afficirt, als von
der trügerischen Diphtheritis in ihrem
ersten Stadium. Sie zeigt sich oft bis
zur Zeit der thatsächlichen Lebensge
fahr nach außen hin nicht schlimmer
als «in tüchtiger Schnupfen mit ge
schwollenen Drüsen und Halsweh
und dann packt sie ihr Opfer und wir
müssen es dulden, wie unser Liebling
dahin geht. In langsamen Fällen
schwebt das Kind (wenn überhaupt)
zwischen dem dritten und siebenten
Tage in Lebensgefahr, dann hat es die
Krisis überstanden. Ein ausmerksa-
meS Erhalten der Lebenskräfte Ist die
Hauptsache, denn diese Krankheit zehrt
trotz ihres verhältnißmäßig schnellen
Verlaufes die Kräfte in erschreckender
Weise auf.
von aller frischen Luft hermetisch abge
schlossenen, überheizten Zimmer, bis
zum nie unterbrochenen Schweiß in
Federdecken s. w. gewickelt hielt, sind
hoffentlich, zu unser Aller Bestem, für
immer dahin gegangen.
vas Haus—das Reiä> der Zrau.
Jede Frau hat eine Mission auf
meinsames Leben lebt sie entzieht
sich ihrer Pflicht, wenn sie mit lässiger
Hand, leerem Herzen und
bens sich entfallen wollen, deren Arena
der Ballsaal ist. die in ihrer Kinder
stube sich gar wie in einem Gefä igniß
eine warmherzige, edelsinnige Schwe
ster ist köstlicher als hundert gute
Freunde. Die Grundpfeiler aber,
Das stille, freundliche Ertragen der
kleinen täglichen und stündlichen Be
schwerden, der sogenannten Nadelstiche
Niemand dankt, ja, die von keinem bc
achtet werden-; das sanfte Hinnehmen
und Dulden von mancherlei Demüthi
gungen und Unfreundlichkeiten, gegen
die man nicht kämpfen, deren nian sich
nicht erwehren kann alles dies ist
tausendmal schwerer, als in großen
Kämpfen tapfer zu sein, wo die ganz«
Welt zusieht und bewundert, oder als
große, in's Auge fallende Leiden und
Schmerzen ohne Murren und Klagen
zu erdulden. Bei diesen letzteren
nimmt das Mitleid und die Fürsorge
treuer Menschen die «ine Hälfte der
Last ab und verklärt die andere init
der Glorie des Märtyrerthums. Das
Erstere aber ist mehr oder minder das
Loos jeder Frau, sie sei Gattin und
Mutter oder alleinstehend. Aber dies
ihr Kreuz ist auch wieder ihre Größe;
ihre Waffe ist die Liebe, welche nicht
trennt und zerschneidet, welche -ine ver
bindende Macht ist, die alle Familien
glieder zusammenhält und ihnen das
Haus zu einer Stätte des Glücks und
des Friedens macht.
Ist doch das Haus die Stütze des
Staates. Alle jene Verbinoungen
und Einrichtungen, welche unserem ge
sellschaftlichen Leben zum Segen xe
reichen, wurzeln in ihm als ihrem
Nährboden. Diejenigen, welche unter
einem Dach miteinander gelebt und sich
an ein und demselben Mutterlcicheln
gesonnt haben, in deren Adern das
selbe Blut fließt, sind durch ein heili
ges Band auch mit einander ver
knüpft, «in Band, welches niemals zer
rissen werden kann. Entftrnung mag
räumlich trennen, Zwiftigkeiten mögen
entstehen, aber alle die, welche eine
Fähigkeit zu lieben empfangen haben,
müssen zu dem Erinnerungsund Ver
jüngungsquell der Liebe zurückkehren,
welcher in jenen seligen, längst ent
schwundenen Tagen der Kindheit zum
erstenmale aufsprudelte.
„Im trauten Heim, im liebumwob'nen
HauH
Streu', deutsche Frau, des Friedens
Gaben aus!"
Die Alplnrose.
Von Feodor Löwe.
Hoch auf dem Berg im braunen Moos«,
Von Eis u-m-glänzt und halb verschneit,
Blüht still empor die Alpenrose:
Ein süß' Gedicht der Einsamkeit.
Der la-uen Frllhlingslüfte Fächeln-
Küßt ihre jungen Blätter nicht;
Sie steht wie ein verloren- Lächeln
Im starren Felsenangesicht.
Die kalten Gletscherwände -steigen-,
Anthürmend mächtig Stück für Stück,
Und unbemerkt im ew'gen Schweigen
Wächst sie, wie ein oerschwiegen. Glück.
O selig der, dem tvohlgeborgen,
Im oft durchfrosteten Gemüth,
Hoch über allen Lebm-sso-rgen,
So eine süße Blume blüht!
Munter.
Eine Musitschülerm will sich auf dem
Heimwege vom Confer-vatorium «in
nen Laden und mustert -die Sorten.
Erstaunt bleiben ihreßlicke längere Zeit
an einem etwas zu reifen Schmierkäse
hä-ngen, weshalb die Berläuferi-n denkt,
-daß sie gerade von diesem haben
möcht«. Si« fragt also:
„Darf ich Ihnen von diesem geben,
Fräukin?"
Di« Musikfchülerin- aber we-ndet ihre
Augen hastig ab und meint, das Näs
chen indign-irt emporhebend:
zu sehr „Allegro"!"
Die Freundschaft zweier
Frauen ist meist eine Verschwörung
gegen «ine Dritte.
All Bord tmcs AchlachtfGsses.
Wer die ausgedehnt« „Navy Aard"
in Brooklyn betritt, dem fallen sofort
die gewaltigen Massen des im dortigen
Trockendock befindlichen Panzerschiffes
„Texas" in die Augen.
Man könnt« diese Docks gleichsam
die Ruhe- und Krankenstätten der
Schiffe nennen, wo diesen nach den
Strapazen «iner langen Kreuzerfahrt
die wohlverdiente Ruhe zu Theil wird,
und wo die kundige Hand des Inge-
Wetter geschlagenen Wunden am Leibe
des Leviathans wieder zuflickt und
heilt.
Mißmuthig und unbeholfen liegt
dort der gepanzerte Gesell, seinem Ele
mente'entrissen und auf dem Lande in
Ketten geschlagen. Er, der gewohnt,
von den Wogen umplätschert und ge
tragen zu werden, er, der durch das
schwerste Unwetter Dank der ihm inne
wohnenden gewaltigen Kraft pfeil
schnell dahinzufliegen vermag, muß
nun hier auf dem Trockenen gebettet
liegen, gestützt durch Hunderte von
Balken, die ihn, gleichwie den Inva
liden die Krücken, vor dem Umfallen
Welch' gewaltiger Unterschied besteht
zwischen solch' einem modernen
Schlachtschiffe und einer alten Kriegs
sregatte. Wo sind die schlanken bieg
s'inen Masten mit ihren schwellenden,
schneeigen Segelflächen geblieben? Was
wir hier heute an ihrer Stelle vor Au
gen haben, sind hohen Thürmen äh
nelnde eiserne Rohr«, die dort, wo bei
den Seglern die Mars war, jetzt ge
panzerte Plattformen tragen. Hier
finden die kleintalibrigen Hotchkiß-
Kanonen Aufstellung, mit denen die
auf dem Deck des feindlichen Schiffes
kämpfenden Mannschaften von oben
herab mit Geschossen überschüttet wer
den.
„Texa s".
Wie lustig sah es aus, wenn in ver
gangenen Zeiten das Commando „Alle
Mann aufentern" erscholl und in einem
Hui die Raaen von flinken Gestalten
wimmelten. Heute führt eine pro
saische Wendeltreppe in dem hohlen
Mast hinauf, dessen Wände die Auf
enternden vor dem feindlichen Feuer
schützen.
Dicht unter der untersten Plattform
des Mastes steht auf der sogenannten
Kommandobrücke, alles übersehend und
einen weilen Aus- und Rundblick ge
stattend, das Kartenhaus, das den
Friedenssteuerapparat in -sich birgt.
Außer diesem besitzt die „Texas" noch
das im Kartenhaus befindliche Steuer
lediglich für Friedenszeiten und außer
halb des feindlichen Feuers gebraucht
wird, so tritt das im Gesechtsthurm
stehende, auf den wir noch zu sprechen
kommen, in Thätigkeit, sobald „Klar
zum Gefecht" gemacht worden ist. Der
dritte Steuerapparat lieg! im Batte
rie-Achterdeck, der vierte im Steuer
raum. All« diese werden mit Dampf
gesteuert; außerdem sind noch zwt<
Nothsteuer vorhanden, die mit der Hand
Theil des Schiffes außer Gefecht ge
nen Stellen angebracht.
Wir betreten nun den Gefechts
thurm. Mehr denn je hängt heutzu
tage die Kampfkraft des Schwchtschif
«in Rad in das andere richtig eingreift.
Um dem Fall« möglichst vorzubeugen,
daß der erprobte Commandant, in
dessen Hand das Schicksal des Schif
fes und seiner Besatzung raht, von dem
feindlichen Blei getroffen wird, bat
man ihm einen festgepanzerten Thurm
als Commandsstelle im Gefecht ange
wiesen.
Am Torpedogefchütz.
Einst, da der allmächtige Dampf
fechte hoch oben auf der Kommando
brücke, in vollem Aegesichte seiner ihm
zujubelnden „blauen Jungens". Klar
und deutlich ertönten seine Befehle
über das Deck hin, einem Jeden ver
ständlich.
Wie ganz anders heute. Unzehört,
ungesehen, fliegt von dem Gefechts
thurme, in dem der Commandant ein
geschlossen ist, das Befehlswort mit
Windeseile bis in die entferntesten und
tiefsten Winkel des riesigen Baues.
Der Commandant legt nur seine Lip
pen an das in dem Thurme angebrachte
Sprachrohr, entsendet seinen Befehl
und in wenigen Augenblicken geht in
' d«rselben geheimnißvollen, Weise bei
ihm die Meldung eiy, haß Alles richtig
ausgeführt ist.
Das Sprachrohr vom G«f«chtsthurm
läuft nur bis zur sogen. Centralstation,
die sich auf dem Citadellendeck befin
kadetten steht. Hier laufen alle
Sprachrohr« aus den verschiedenen
Theilen d«s Schiffes zusammen und
können je nach Befehl mit einander oder
mit dem Gefechtsthurm in Verbindung
Gcschoßaufzug fllr 12 Zoll
Granaten.
Um die Sprachrohre vor einer Ver
letzung durch Geschosse zu sichern, haben
sie einen 12zölligen panzernen Schutz
mantel erhalten.
von einem jedem anderen auf gewöhn
lichen Dampfern unterscheidet, und ge
langen zu dem sogen. Compressions
raum, in dkm die Luft für die Torpe
dos zusammengepreßt wird. Der für
brachte Aimosphärendruck beträgt für
gewöhnlich 1,390 Pfund auf den Qua
dratzoll, doch läßt sich derselbe auf
200 V Pfund steigern. Die erstere La
dung gibt dem Torpedo «ine Flugweite
von 800 Aards bei einer Gefchwindig
k«it von 32 Meilen in der Stund«.
W«it«r gelangen wir in den Lade-
Kammern, in denen Schießbaumwolle
und Torpedozünder lagern.
Tiefer geht es hinab in den Bauch
des Leviathan's. 20 Fuß unter dem
Wasserspiegel liegt der Geschoßraum,
in dem 8 Mann beschäftigt sind. Der
selbe ist ein 6 Fuß breiter, 6j Fuß ho
her und 20Fuß langer stählerner Tun
nel, dessen Wände, ebenso wie die da
ranstoßenden Magazin« zur Vermei
dung einer Explosion mit Holz beklei
det sind. ,
Ein großer quadratischer Schacht
läuft von hier aus direkt nach den
Panzerthürmen, in denen die 12 Zcll
Geschütze stehen. In demselben bewegt
sich ein Aufzug, auf dem die Granate
mittels «in«r Gleitbahn vom Magazin
befördert wird.
Geschoßaufzug für 6 Zoll
Zoll und 11.96 Zoll Durchmesser
wiegt nicht weniger als 830 Pfund.
Rund um dn: Geschoßraum liegen
die Kessel, die, wenn Thätigkeit, eine
Temperatur von 130 Grad in dem
Raum verursachen. Doch die hier Be
schäftigten find an diese Höllengluth
gewöhnt und gehen, unverdrossen, wenn
auch im Schweiße ihres Angesichts, ih
rer harten Arbeit nach. Nur matt
fällt der elektrische Schein durch die
dichten Oberlichter und dumpf schlägt
das Geräusch aus den anderen Räumen
hier an's Ohr; wenn das Schiff im
Untersinken wäre, würde man hiervon
nichts eher wahrnehmen, als bis die
Fluthen durch den Schacht eindrängen.
Wir steigen jetzt wieder an's Ober
licht, und sehen uns noch die verschie
denen Winden an, die die Geschosse aus
der Tiefe hinaufbefördern. Diese lie
gen direkt über den Geschoßmagazinen;
die größeren derselben werden mit
gung gesetzt.
Kühnes Lob. „Herr För
ster, ist es wahr, daß Ihre Tochter so
gut schießt?" „O, die schießt bei
nahe so gut wie ich die reinste Wil
helmine Tell!"
Käthe-derblüthe. Ein
Professor kommt kauend in die Kla«e.
Diese erhebt sich pflichtschuldigst.
„Bleiben Sie sitzen!" ruft er den Schü
lern zu, „ich bin noch nicht da ich
frühstücke noch!"
Das Einfachste. „Trink
i Bier, is mei Tod, meint der Arzt.
Trink i kei Bier, is mei Tod, fell weis
de: Doktor Recht hat."
Erkannt. Herr (der ein
Pferd leihen will): „Wie rechnen
Sie? Den ganzen Nachmittag, oder
nur die Zeit, die ich ausbleibe?"
Pferdeverleiher: „Die Zeit, welche
das Pferd ausbleibt!"
Nützliche Lehren. Tante:
„Nun gehst Du schon ein Vierteljahr
zur Schule. Da hast Du gewiß auch
schon viel Nützliches gelernt."
Willy: „O gewiß, Fritz Northeim hat
mir schon gezeigt, wie man Vog«lnestc»
ausnimmt!"
Per kranke Man».
ChaoS herrscht am goldenen Horn.
Die Krebsschäden, an denen das türki
sche Reich seit Jahren- leidet, sind -neuer
dings in, so acuter Weise zu Tage ge
treten, daß die Mächt« sich veranlagt
sahen, auf dem diplomatischem Wege
und durch gewaltige Mottendenwnstr-a
-tio-nen zum Schutz« der bedrängten ar
menischen Christen ein-zutretenc Der
Sulta-n A-bd-ul-Hamid scheint wohl
-den Willen zu habe-w, di« verlangten
Reformen einzuführen-, ollein- dieMacht,
seiner» Willen durchzuführen, hat er
nicht. Seltsame Dinge dringen- aus
dem Innern -der Sulkms-gemächer in
di« Welt; bald handlet es sich um Ver
schwörungen, bald um Bestrafung der
Verschwörer, ja -der Telegraph meldet
sogar die Vergiftung 'des Sultans,
richten -nicht durchweg als baare
Münz« zu nehmen. Die Lag« des Sul
tan« ist äußerst schwierig, den-n um
ma-nn zum Herrscher über die Rajah
eingesetzt ist, die Alles von ihm em
pfängt, so lange sie ihm gehorsam ist.
An dieser Ueberlieferung rütteln, in
dem man die Rajah auf eigene Füße
stellt, ihr neben den Pflichten auch
Rechte verleiht, schlicht imm«r einen
Angriff auf di« Gefühle der streitbaren
mus«lmürmischen Welt in sich.
Als Abd-ul-Hamid 11., welcher am
21. September 1842 als der zweite
Sohn des Sultans Abd-ul/Merfchid
geboren ist, am 31. August 1876 als
34. Sultan der Osmaniden seinem
Bruder Muraid V. in der Regierung
folgte, war die Lage des Reiche? über
aus mißlich, denn der Credit war ver-
Abd-ul-Hamid 11.
nichtet, in Bulgarien und der Herzego?
Win« tobte ein Aufstand, Serbien sowie
Apri^ lB7B
von San Stefano machte sich Rußland
zum Herrn auf der Balkan-Halbinsel
und der Psorte wurde nur ein«
Schattenexistenz gelassen, allein dieser
Fried« erregte die Beforgniß der Mäch
te, besonders Englands. Der Frie
densvertrag wurde dem Berliner Con
greß, der am 13. Jun-i 1878 zusam
mentrat, vorgelegt. N«h langen Ver
handlungen kamen die Vertreter" der
und die von einem christlichen Statt-
Malier M «gierende Provinz Ost-Ru
melien geschaffen würd«. Oesterreich
erhielt den Austrag, Bosnien und die
-traut und Rußland bekam di« Gebiete
von Kars, Ardahan- sowie Batum.
Dies waren nicht alle Heimsuchungen.
>Mt dem Westen und der Erschließung
der alde-n Cultu-rländer Klein-AsimZ
zu Tage trat.
Jmme-r Fachmann.
Karlchen (Sohn eines Gymnasial
lehrers): „Papa, darf ich noch eine
zweite Birne essen?"
Vater: „Nein, mein Sohn; Obst ist
stets Singulm'."
Unvollständig. „Eine
Empfehlung vom Herrn Sergeant'
und er könnt' den Liebesbriefsteller
nicht gebrauchen!" „Warum denn
nicht?" „Weil nix d'rin st«ht Von
Würst' und Schinken!"
>, Der Zklolkenlmrort Gais.
Vom freundlichen St. Gallen führt
«ine Straßenbahn an den industrierei
chen Orten Teufen und Bühler vorbei
in das schöne Appenzeller Bergländ
chen. Namentlich zur Zeit der Mol
kenkur, wenn die Fremden aus allen
Gegenden hier zusammenströmen,
herrscht ein lebhafter Verkehr.
Ein freundlicher Empfang ist je
dem Besucher sicher, nur glaube man
ja nicht, daß hier befrackte Kellner und
uniformirte Bedienstete aufwarten,
denn fashionable ist's hier nicht. Ein
fach wie das Land und seine Bewohner
sind auch die Sitten. Selbst die Kur
einrichtungen bleiben bescheiden, wenn
auch fllr ein gemüthliches und dabei
behagliches Unterkommen gesorgt ist.
Obschon die Molkenanstalten in Hel
den, Gontenbad und Weißbad bei
Appenzell ebenfalls fleißig benutzt wer
den, so gebührt doch Gais der Ver
schon seit dem Jahre 1749 besteht.
Ansicht von Gais.
sie dann nochmals und füllt dann den
Zieger durch Abschrecken mit kaltem
Wasser heraus. Jener „Labmagen"
besteht aus Vormagen der Ziegen, des
sen Pepsin enthaltende Schleimhaut
die Eigenthümlichkeit besitzt, den Käse-
KvHen und Entiäsen der
Milch.
stosf gerinnen zu machen. Man hat
auch «ine andere Methsde zur Herstel
lung v«r Molken, indem man z. B. die
Milch langsam gerinnen läßt, nachdem
zuvor «in Theil bei Seite gesetzt wur
de; k-5 geronnene Käfie wird dam,
vom Senne» herausgeschopst und ge
knetet,' zu der übrig bleibenden Flüs
sigkeit Mäsemrlch) wird ckie vorhin bet
Seite gesetzte Milchportieiv wieder zu
gegeben und fällt dann den noch vor
handen« Käschosf (Zieger) mit vors
räthiger, sau« gewordener Molke
(Siiur)., Die noch warinen Molkem
Transport der lr»«rm e n
Molke.
werden in der Nacht oder «n frühen
Morgen vor Sonnenaufgang in fest
verschlossenen „Tanfen" (auch „Brän
ten" gewinnt) von den S«nn«n auf
dem Rücken in die verschiedenen Kur
orte getragen. Da die Molke warm
genossen wird, so stellt man die Ge
säße in heißes Wasser. Di« Kurgäste
stellen sich dann zahlreich ein; unter
zwanglosem Plaudern nimmt man sein
Glas Molke entgegen, daS eine schöne,
junge Appenzellen» in Landestracht
credenzt. Zumeist wird die Molke ge
gen Aeizzuständ« der Alhmungs-
Im Kurgarttn.
Schleimhäute, gegen HalS-, Kehl» und
Asthma angewendet, auch bei Flechten
dyskrasie und chronischen Hautaus-
.Schlägen bringt sie großen Nutzen, in
st>em die mit der Molke verbundene
kommt und nach Beendi
gung der Kur wird ihm der Aufenthalt
im Appenzeller Land «ine lieb« Erin
nerung gewähren.
Die «arola-Br»»« t« DreSde«.
Zu dm reizvollsten Brücken
Deutschlands gehört seit einiger Zeit
di« neu« Elbbrück« Dresdens, die Ka
rola - Brück«, die vi«rt«, wtlche daS
breite Bett des Elbstromes überspannt;
eine fünfte, die Eisenbahnzwecken die-
Bett« des Stromes empor. Die neue
Karola - Brücke, welche nur mit drei
Bogen von Eisenconstruction, den
die „alte", sogenannte AugustuS»
Brücke, deren vierzehn aufweist, ist an
sich schon ein stattliches Werk moderner
Technik. Schlank und schmal stehen
-die Sandsteinpfeiler im Wasser, grani
ten« Widerlager sind in den Sandstein--
bau eingelegt, auf welchen di« Eisen
construction -der drei Bogen ruht, über
di« granitene Fußsteige und die asphal»
tirte Fahrstraße laufen. Sehr origi
nell sind die Zufahrten zur Brücke, ele
gant« Sandsteinwölbungen, die aber
nicht in einer geraden Linie zur Wasser
spannung heranlaufen, sondern ein
leichtes Zickzack bilden, indem sie vor
der Brühl'schen Terrasse auf Altstädter
Seite vor dem neuen Finanzpalast ein«
Ansicht d«r Brücke.
Ecke mit dem Brückenkopf bilden. In
ihrer constructiven Anordnung und
Ausführung ist diese Brücke ein Werk
des königl. sächs. Bauraths Bilette, daS
Verdienst der reizvollen Gliederung im
Einzelnen und des ganzen architekto
nisch-ästhetischen Aufbaues aber ge
bührt dem jungen Architekten Bastirick-
Correno, einem Baukünstler der Wiener
Schule und Schüler Hasenauers. Bon
ganz außerordentlicher Schönheit a-b<f
ist der Blick, -den man von dpi Höh«
dieser Brücke selbst auf das umgebende
Dresden mit seinen monumentalen
Bauwerken g«nießt. Die Verkürzun
gen und Perspektiven, rn denen man
von hier die Terrasse mit der Kunst
akademie, die katholisch« Hofkirche so
wie die gewaltige Kuppel der Frauen
kirche, die Sempersche Galerie und daS
Hofopern-Haus sieht, ergeben das schön
ste, architektonische interessanteste Städ
tebild, das Deutschland zur Zeit auf
weist und mit dem landschaftlichen Hin
tergrund dazu eines der schönst» -
Städtebilder der Welt überhaupt.
Amüsante Wissenschaft.
Rücke einen Schemel gegen die
Wand, stelle dich davor, so daß deine
Entfernung von der Wand doppelt so
groß ist als der Schemel breit, bücke
dich «nd fasse den Schemel zu beiden
Seiten und stemme dann den Kopf
gegen die Wand. Hierauf hebe den
! Schemel empor und versuche dich auf»
! zurichten.
Den Kopf an die Wand.
Hast da gewettet, das Stück fertig
zu bringen, so wird es ein Gelächter
geben, denn trotz aller Anstrengung
! wird es dir nicht gelingen. Warum?
, Weil jetzt der Schwerpunkt deines
Körpers so weit nach vorn verlegt ist,
daß die Kraft deines Rückens und dei
ner Bein« nicht hinreicht, die Last zu
überwinden. Ja, manche werden nicht
im Staude sein, sich aufzurichten,
nxnn sie den Schemel niedersetzen.
Einst und jetzt. i
Was weint Ihr an ihrem Sarge?
Sie schläft so selig wie nie; Z
Wie doch die Zeiten sich ändern!
Wer hätte das gedacht? W
Einst weinte sie viel Thränen W
Ihr habt dazu gelacht. W
—-
Aus dem Lebon.
Ich habe die Menschen studirt. /
Die Meisten intttessirt, <
Di« W«nigsten interessant.
—
Glück beim Unglück.
Madame: „O, Bridget, Du hast diese
prachtvolle japanische Vase zerbrochen."
Bridget: „Ja, Madame, e! ist
nur gut, daß sie l««r war."