2 H«rdstw«h-a. Sinkt das letzte gelbe Blatt Nun von der beraubten Höhe Aus dem feuchten Grund hinab, Stöhnend fährt des Herbstes Wehen Durch d«s Waldes Kronen hm: Alles, alles muß vergehen Selbst der Menschheit stolzer Sinn. Die Sünden der Junge. Als Jnterpretin der Gedanken hat spielt sie in der Entwicklungsgeschichte der Menschheit «ine Rolle von hervor ragendster Bedeutung aber kaum minder unbegrenzt ist das Bereich ihrer Sünden: Schmeichelei, Lüge, Zank «nd der süße Klatsch. Dort sehen wir dichtgedrängte Volksmassen dem belehrenden Worte eines Trägers der Wissenschaft aufmerksam lauschen oder der flammenden Rede eines Kämpen für neuzeitlich« Ideen begeistert entge genjubeln hier sehen wir das arg listige Gewebe holder Schmeichelei, schlaugesponnener Lüge um den Ah nungslosen schlingen, hören den leise rieselnden Tropfen böser Nachrede auf die Grundfeste eines guten Namens fallen, bis sie allinälig und unmerk lich unterwaschen -- das auf ihr ru hende Gebäude ehrlichen Rufes zusam menbrechen läßt. Die Gewandtheit in solchem subver siven, nie stockenden Geplauderist eine dem weiblichen Geschlecht besonders eigene Fähigkeit. Der bekannte Frauenrechtsgegner Dr. med. Eduard Reich stellt in seinem Buche: „Stu dien über die Frauen" die kuriose Be hauptung auf, daß diese Eigenschaft der Frauen auch einen der Gründe ih rer Unfähigkeit bilde, in Staat und Gesellschaft dieselbe Stellung einzu nehmen wie der Mann. „Die Ursa das Mädchen früher spricht als der Knabe und die Frau i«erhaupt mehr und lieber spricht als der Mann) liegen darin," sagt Dr. Reich, „daß die Frau sich rascher entwickelt als der Mann und daß im Lauf des Lebens die je dem Geschlecht eigenthümliche Geistes richtung immer mehr zur Geltung kommt: bei dem Manne legt sich der Schwerpunkt der Entwicklung in die dem Verstände, bei der Frau in die der Einbildung vorstehenden Gehirnor gane. Wo die Phantasie überwiegt und das Gefühl beweglich, lebhaft ist, dort wird viel gesprochen, wo Willen und Verstand vorherrschen, und beson ders wo Vernunft waltet, dort wird wenig gesprochen. Es besteht ein ge wisses Verhältniß zwisches Sprechen mnd Handeln: Individuen, welche weniger sprechen, handeln mehr, und umgekehrt. Das weibliche Geschlecht ist mehr zum Sprechen angelegt als zum Handeln. Vorkämpfer der Frauenemancipation lassen diese That sache ganz außer acht, vergessen ganz, dcch Vielsprechen von Oberflächlichkeit und Flüchtigkeit in allen höheren Gei siessunktionen Zeugenschaft gibt und daß bei den Vertreterinnen des schönen Geschlechts eben die höheren Verrich tungen der Intelligenz auch mit aller Gewalt nicht so weit potenzirt werden, wie es erforderlich wäre, um dem Den ken und Handeln das Uebergewicht Aber das Fühlen und Sprechen zu sichern." Ohne Zweifel ist die dem weiblich«» Geschlecht eigenthümliche Zungenser rigtert ein Vorzug und ein Uebel zu gleich. Eine zur anmuthig und be haglich anregenden Geisteserquickung dienende Fähigkeit, wenn sie sich in der leicht fließenden Unterhaltung äußert, die. von allen zu berührenden Ge sprächsstoffen nur den prickelnden Schaum nippend, ebenso über die Un tiefen pedantischer Docentengründlich keit wie über die Klippen schroffer Meinungsgegensätze elastisch hinweg gleitet, gleicht einem zwischen maleri schen, wechselvollen Ufern über leise be wegte Fluth dahinfchauklnden Kahne. Aber diese Fähigkeit kann leider auch schmerzhafteßetäubung und erstickende, qualvolle, öde Langweile hervorrufen, wenn sie als jene durch nichis ein dämmbare Geschwätzigkeit hervorbricht, mißbehaalich beklemmenden, aber doch im Grunde harmlo'en Geschwätzigkeit ist es zu suchen, —wohl aber in der ihr ekr<»n<zuv s«alltliUeuBi.>, in der Lüge und Verleumdung! Es sind recht häßliche Worte ich bin mir dessen wohl bewußt die ich da niederschreibe. Wo findet sich in der guten Gesellschaft einer oder eine, die es andern oder auch sich selbst ein gestehen möchten, daß ihre Zunge sich der Lüge, der Verleumdung (Pfui!) oder der Ohrenbläferei („Nachbarin, euer Fläschchen!") schuldig gemacht? Aber ehrlich gestanden: kommt es nie vor, daß in einem intimen Kreise, manchmal unbewußt, oft auch wohl be rechnet, ein böses Wort von der Lippe gleitet? Ein Wort, das geeignet ist, dem guten Namen, der Ehre des lieben Nächsten (natürlich eines Abwesenden, bißchen, ein klein bißchen nur, zu scha den? Daß dieses Wort, eine Rund reif« von Mu»d zu Mund antretend. in seder Station schwillt und wächst und sich schließlich, zu einer den guter. Ruf des also Verlästerten befleckenden Märe herausgestaltet, in die Welt als Ohrenbläser«! oder in manchen Fällen, wenn die Unwahrheit des ver breiteten Klatsches dem Urheber wohl bewußt ist nackte Verleumdung? Vorliebe vom zarten Geschlecht in dm hierfür berühmten Kaffeegesellschaften und tlvo o'cloek tc-k'« betrieben Seneca schrieb: „Es gibt Frauen, die stets auf ihrer Zunge eine Bosheit tra gen, sie wissen sie zu ihrem Vortheil Schmeichele! zu verbergen. In dem Augenblick, in welchem ihre T eulzsig keit zunimmt, heucheln sie erhöhte An hänglichkeit und zeigen alsdann wach sende Geneigtheit, allen Wünschen des Gemahls nachzugeben." Kenner des gesellschaftlichen Lebens werden aber bestätigen, daß der Gift büum böswilligen Urtheils und übler Nachrede nicht ausschließlich im Boden des weiblichen Gemüths üppig empor wuchert und daß bartumrahmte Lippen den Pfeil liebenswürdiger Verleum dung genau so gewandt abzuschnellen wissen, wie die gesürchtctsten bösen Zungen der Frauenwelt. Der Mangel ernster Geistesihätig keit, das ist das große Treibhaus der Verleumdung und Schmähsucht. Je hohler und leerer der Kopf, desto un bedachter die Zunge; je geringer der eigene Werth, desto liebloser das Ur theil über andere unter Männern Der berühmte Gelehrte Cesare Lom broso behauptet, daß die den Frauen zur Gewohnheit gewordene Lüge, die Mnen „fast physiologisch eigenthüm lich," eine tief in das Bewußtsein des Volkes eingegrabene Thatsache sei. Es genüge, meint er, eine beliebige von Frauen geführte Unterhaltung zu be obachten, um sich hiervon zu überzeu gen: die Complimente, die von Liebe überfließenden Ausdrücke, die bei jeder sich darbietenden Gelegenheit mit der vollkommensten Ungezwungcnheit zwi schen Frauen gewechselt werden, weiche sich durchaus gleichgiltig sind oder gar feindselig gegenüberstehen; di« Küsse, die der Erstbesten verabreicht werden, als ob es sich um die intimste Freundin handelte; die Geschicklichkeit, mit der sie über all das, was ihrem Ansehen bei der Männerwelt schädlich sein könnte wie beispielsweise meist über ihr Alter Lügen vorbringen u. s. w. Eine Reihe von Ursachen hat, nach drückte Geschlecht ist und der Geknech tete, weil er keine Kraft besiht, zur List und Lüge seine Zuflucht nehmen muß; eher zu stellen, als sie in Wirklichkeit auch das, was ihr erzählt wird oder wcis sie selbst erfindet, leicht für ge schehene und gesebene Dinge nehmen Also Lombroso. heit des Urteils ist S? gr ß d'ß sie selbst den Blick eines sonst so schirf der Mann ebensowenig wie die Frau sich zu entziehen imstinde ist. Der Mann lügt aus andern al»! den ron Nebenbei bemerkt können die hohe Politik, die Diplomatie, das Parteige- triebe in europäischen Landen bis jetzt ausschließlich vom Manne be herrschte Domänen gerade auch nicht als ein unentwegter Offenheit und Aufrichtigkeit besonders günstiger Nährboden bezeichnet werden. Wenn sich Lombroso aber a s Beleg seiner Anschauung, wie sehr die Luge den Frauen zur Gewohnheit geworden, auf die „in allen Sprachen sich findenden Sprichwörter" beruft, so scheint er ein recht vielgebräuchliches und, da die Journalistik mit all ihren Nebenzwei gen bis vor kurzer Zeit eine nur von den Männern betriebene Berufsthätig keit bildete, auf die Lüge nicht gerade als auf Frauengewohnheit hiiiiveisen des Sprichwort vergessen zu haben: „Er lügt wie gedruckt." Dagegen hat Lombroso vollkommen Recht, wenn er die Lüge als einen Feh ler der Unterdrückten und Geknechteten beznchnct. Ebenso wie die Unter» drücktheit und Schwäche auch beim Manne, gegenüber dem Mächtigen, er in seiner Stellung abhängig ist, oft mals Ursache der Lüge wird, so liegt auch die Wurzel der Schlauheit der Frauen, die nicht selten zu Falschheit ausartet, in der gedrückten Stellung des Weibes. Sehen wir nicht, daß dieser Charakterfehler vorzugsweise den unterdrückten Nationen, den die nenden Ständen anhaftet? Wer das Recht nicht besitzt, seine Zwecke und Absichten ssinem freien Willen gemäß durchzuführen, der wählt naturgemäß I Schleich- und Umwege, um an sein. Ziel zu gelangen. Knechtschaft ist die Mutter der Feigheit und die Großmut ter der Lüge. Der Freie und Kühne kennt dieses Laster nicht; seine Stirn umleuchtet die Sttahlenkrone stolzer, keuscher Wahrheitsliebe. Wenn aber die energisch« Zurückwei sung der Behauptung, daß die Lüge mehr Eigenart des weiblichen als des männlichen Geschlechtes sei, berechtigt ist, so wäre man zu solcher Zurückwei sung betreffs einer anderen Zungen siinde leider meist nicht befugt: der Sünde des bösen, nervenzerrütten den, lebenverbitternden, kleinlichen und um Kleinliches sich drehenden, die langmiithigste Geduld zum Reißen bringenden Zankes, des nörgelnden, wegen eines zerbrochenen Topfes, eines nicht an die richtige Stelle gerückten Stuhles ausbrechenden Krikeels, der imstande ist, den Familienfneden von Grund aus zu zerstören, das häusliche Leben zu einer Qual zu machen, den Ehemann in das Wirthshaus oder in den Club zu scheuchen, die nicht ent fliehenden Angehörigen mit täglichen Nadelstichen langsam zu Tode zu mar- Gewiß, es ist oft garnicht so böse ge meint, ein kleiner Aerger mag manch mal die Ursache des ersten bitteren Wortes sein. Aber die Wickung auf den Nächsten, auf den von der üblen Laune Betroffenen ist die gleich unse lige. Eine minutenlang geübte Selbst beherrschung würde das herbe Wort von der Lippe zurückdrängen, der bit tere Zank wäre vermieden, der Friede gewahrt. Die birmanische Zrau. Nirgends in der Welt hat ein Volk seinen Frauen solch' absolute Freiheit, solch' gänzlich« Verfügung über ihr Le ben und Eigenthum zugestanden, wie die Birmanen dies gethan. In Bezug aus Gesetz, Religion und Sitte steht die Frau dem Manne' völlig gleich. Kna ben und Mädchen erben als Gleichbe rechtigte. Die Frau verwaltet selbst ständig ihr Eigenthum, und wenn sie heirathet, gehört es ihr allein. Ihr Mann hat keine Gewalt darüber, auch hat er keine gesetzliche Gewalt Über sie. Bon Kindheit an ist sie frei. Das Rit tenvesen, welches die Frau als Göttin pries und sie als Sklavin behandelte, ist niemals nach Birma gekommen. Kein birmanischer Verliebter besingt die Ge liebt« als ein überirdisches Wesen und behandelt sie später als ein ihm unend lich untergeordnetes Geschöpf. Di« birmanische Religion hat die Frauen nicht als die Quelle ihres Uebels be die zur Hölle führen, und kein Papst hat sie je „die einzige Hoffnung der Kirche" genannt. Keine mittelmäßi- Welt der Wirklichkeit auszufüllen, -un aehindert von Conventionalität und Regeln. Sowohl die Männer als ihr eigenes Geschlecht haben ihnen stets freien Spielraum gewährt, und man bat sie selbst für die besten Richter über heirathet oder ledig, hat fast jede Frau vom 16. bis 17. Jahre a» eine Be schäftigung neben ihren häuslichen Pflichten. In den höheren Klassen vernv'.tet sie ihr eigenes Vermögen, in den niederen treibt sie ein Gewerbe. In Birma gibt es keine besonderen Be schäftigungen, welche die Frau treiben es für di« Männer keine Kaste gibt, so existirt auch keine für die Frauen. Man hat ihnen die Freiheit gelassen, Alles zu versuchen, worin sie glaubten, sich der öffentlichen Meinung. Diese Frei heit in der Wahl des Berufes >isl dazu benutzt worden, eine Auswahl zu tref fen, und ein Geschlecht hat dem ande ren dasjenige überlassen, woui es kein« Befähigung fühlte. Merkwürdiger weise finden wir, daß Nähen und «stükm in Birma speciell männlich« Beschäftigungen sind. Di« Frauen sind meist Ladenbesitzerinnen. Der Detailverkaus in Birma liegt in den Händen der Frauen und soft alle füh ren ihr Geschäft für «igen« Rechnung. Ebenso wie die Männer selbst ihr Land bebauen, betreiben die Frau«n ihr eige nes Geschäft. Sie verlaufen nicht im Austrage Anderer, sie sind selbststän dige Geschäftsleute und hindert diese Thätigkeit sie nicht daran, ihr« Pflicht als Hausfrauen zu «rfüllen. Di« Ver kaufszeit dauert drei Stunden und die Frau'hat daher vollauf Zeit, sich ihrer Haushaltung zu widmen, wenn 'der tägliche Besuch des Bazars vorüber ist. Ihre Häuslichkeit bildet stets den Mit telpunkd ihres Lebens, sie würde die selbe um keinen Preis vernachlässigen. Aber die Wirkung dieser Gepflogenheit, daß jede Frau ein eigen«s Geschäft be sitzt. hat großen Einfluß auf ihr Le ben. Ihr Blick erweitert sich, s« lernt Dinge, die der enge Kreis der Häus lichkeit sie niemals lehren würde. Sie erwirbt so die Toleranz und das Ver ständniß, die Jedem so sehr auffallen, der sie kennt. Sie lernt ihre «igen« Stärke und Schwäche kennen und da mit recknen. Die Ehescheidung ist über aus leicht zu erlangen, aber unter hun dert Ehen wird kaum eine geschieden. Ucrsohnung. Liebe, lange Angewöhnung Los, lein rascher Zank im Nu, Und am Ende, die Persölmung Zieht den »nolen scstcr zu." Diese sinnige Strophe aus Rückerts „Li-besfrühling" hat sich gewiß schon oft auch im Freundschajtsleben be wahrheitet! Ost haben sich wiederver söhnte Herzen, deren Freundschaft ein Streit, «in Mißverständniß gestört und getrennt hatte, wieder um so inni ger und wärmer an einander geschlos sen. nachdem erst das gegenseitige Ver missen und Entbehren sie recht empfin den gelehrt, wie theuer, wie unentbehr lich sie eines dem anderen sind. Gewiß wird jeder gern, eine Kränkung oder Beleidigung vergessend, die ihm darge botene Hand der Versöhnung ergrei fen, oder, wenn er der Schuldige war, freudig die Hand bieten, die zerrissenen Freundschaftsbande neu zu knüpfen, oder nach des Dichters Worten, den Knoten fester zu schnüren, der die Her zen verbindet. Dennoch gibt es Fälle und Verhältnisse, wo die Bemühungen, eine Versöhnung zwischen Getrennten zu Stande zu bringen, besser ungesche hen bleiben. Entspringt ein Zerwürf niß aus tiefinneren Herzens- und See lenconflikten. aus der schroffen Ver schiedenheit der beiderseitigen Tempe raments- und Charakteranlagen, der Meinungen und Ansichten, des Ge fühls- lind Gemüthslebens, aus der Erkenntniß der Unmöglichkeit eines innigen, herzlichen Verkehrs, ist der Bruch somit ein fast unvermeidlicher gewesen, so kann eine Versöhnung auch nur ein loser, unhaltbarer Kitt sein, der bei der ersten Berührung aufs Neue zu einem Bruch, zu neuer Ent fremdung führen muß. Verzeihend, ohne Groll und Haß, gehe man in sol chen Fällen lieber getrennten Weges weiter, den, welchen wir einst unsern Freund nannten, dem wir einen Theil unseres Herzens schenkten, zu den uns Fremden, Gleichgiltigen zählend. lich ohne Kummer, ohne Herzweh voll zieht sich eine Trennung zwischen Men schen, die einander nahe gestanden, nie, und ein Stachel bleibt nach solcher Er fahrung im Herzen zurück, so viel auch die Vernunft gegen die weichen Her zensregunzen ankämpfen mag. Um uns solche Schmerzen zu ersparen, müssen wir sehr vorsichtig im Schlie ßen von Freundschaftsbündnissen sein. Nicht nach flüchtigem Gefallen, nach oberflächlicher Werthschätzung, erst nach ist es etwas Heiliges und Großes, sie ist ein eines der herrlich sten Güter, welche uns das Erdenleben Namen Freundschaft bezeichnen. Doch auch die wahre Freundschaft kann Trübungen und Störungen unterwor treuer Freund ist mit keinem Geld noch Gut zu bezahlen. Ein treuer Freund ist ein Trost des Lebens." Alt« Legend«. Eh' Gott das Weib erschaffen, Doch als des WeibeS Wange Di« Rosen überbot. Da schämten sich die Roseir Uni, wurden rosenroth! Unsterbliche Rügen. Von OScar Preller. Napoleon I. hat einmal den Aus spruch g«than: „Eine Unwahrheit in die Welt gesetzt, »st nicht wieder aus zurotten." Bekanntlich verdanken nicht wenig Unwahrheiten Napoleon I. ihr Dasein, so daß er also als ein vollgil tiger Sachverständiger anzusehen ist. Mit diesem seinem Wort hat er aber die Wahrheit gesprochen, denn aus allen Perioden der Geschichte existiren zahlreiche Ueberlieferungen, die allent halben geglaubt und immer wieder hervorgeholt, dennoch jeder Begrün dung entbehren, so daß sie mit Recht als unsterblich« Lügen bezeichnet wer den können. Schon das klassische Alterthum ist reich an derartigen Geschichtsfälschun gen. Selbst der Sonderling Dioge nes, der nicht nur einen Menschen am Tage mit der Laterne, sondern- die Wahrheit suchte, hat es sich gefallen lassen müssen, daß sich gerade um seine Person di« Legende rankte. Allge mein wird angenommen, daß Dioge nes, um einen Beweis seiner Bedürf mßlosigkeit zu geben, in einem Faß gehaust hab«. Leider beruht diese An sicht auf einemMißvevständniß. Dioge nes bewohnte vielmehr, wie di« ande ren Sterblichen, ein regelrechtes Haus, das allerdings nur sehr bescheidenen Ansprüchen genügen konnte. Und diese Behausung nannten die jeder Zeit witzelnden Athener wegen ihrer Man gelhaftigkeit Faß, wie wir heutigen Tages ein verfallenes Haus als Bude oder «in« unfreundlich« Wohnung als Loch bezeichnen. Es giebt einen berühmten mathema tischen Lehrsatz, der kurzweg der pytha goräisch« genannt wird, weil «r von Pythagoras aufgefunden sein soll. Der Beweis hierfür ist noch nicht erbracht worden. An die Entdeckung dieses Lehrsatzes durch Pythagoras knüpft sich aber noch di« Ueberlieferung, daß der glücklicheEntdecker den Göttern IVO Stiere als Freude über das Resultat seiner Forschungen geopfert habe, wo ran sich dann noch die maliiiöse Be merkung schließt, daß von diesem Tage an alle Ochsen zittern, sobald «ine neue Wahrheit entdeckt wird. Mag nun Pythagoras den erwähnten Lehr satz aufgefunden haben oder nicht, auf jeden Fall hat er kein Blutbad unter der gehörnten Thierwelt angerichtet. Denn Pythagoras hat in seinen Leh ren ausdrücklich dieTödtung der Thiere verboten, so daß er auch als der erste Vertreter des Vegetarianismus gelten darf. Besser ist es einem dritten Weisen des Alterthums ergangen. Nicht we nige Leser wird es wohl mit Bewun derung erfüllt haben, wenn sie auf der der Vertheidigung von Syrakus die römischen Schiffe durch Brennspiegel angezündet habe. Die Sache scheint außerordentlich klug ausgedacht und kann sich aber trotz aller Gelehrsamkeit dieses Verdienst um seine Vaterstadt nicht zuschreiben. Denn keiner der klassischen Autoren berichtet uns von diesem Vorfall. Erst in einem Werke aus dem 6. Jahrhundert wird die be wußte Verwendung der Brennspiegel erwähnt und von hier hat sich dann die Fabel durch die folgenden Jahr hunderte fortgepflanzt. „Otvium eeiiseo Uebrigens bin ich der Meinung" geläufig, mit dem der älter« Cato imm«r wieder seine Aufforderung zur Zerstörung Kartha gos eingeleitet haben soll. Die Nieder werfung der Nebenbuhlerin Roms ist leute ohne Unterlaß angespornt hat, so zweifelhaft ist es, daß er bei seinen Ermahnungen den für uns gewicht!- braucht hat. Kein Schriftsteller des Alterthums erwähnt diefeWorte. Viel mehr sind sie nur die lateinische Ueber setzung der entsprechenden griechischen Stille aus Plutarch und entstammen deshalb keineswegs dem Munde Ca tos. Die Zerstörung Karthagos führt uns zu der Zerstörung einer anderen Stadt, Roms, bei der der deutsche Volksstamm der Vandalen in der Weise mitgewirkt haben soll, daß man noch jetzt eine rohe Vernichtungswulh als Wandalismus bezeichnet. Die na turwüchsigen Vandalen mögen es sich ja nach ihrer Art in Rom recht bequem gemacht haben und dabei mit den Kunstwerken nicht allzu glimpflich ver fahren sein, aber an der völligen Zer trümmerung der Kunstschätze tragen nicht sie die Schuld, sondern die römi schen Adelsgeschlechter, die sich im Mit telalter ingrimmig befehdeten und bei der Eroberung ihrer Stadtburgen die antiken Kunst'.verke auf das Rücksichts loseste verwüsteten. Das Schlagwort Vandalismus ist denn auch eine Schö pfung der neueren Zeit. Sein Vater ist der französische Abb6 Gregoire, der es am Ende des vorigen Jahrhunderts in die Welt setzte. Da wir uns auf italienischem Bo den befinden, so sei des Ausspruchs Erwähnung gethan, den Galilei gc thau haben soll, als er am 23. Juli 1633 seine Lehre abschwören mußte: sick/doch! Zu den Gefühlen des For fchers, der seine Ueberzeugung verleug nen mußte, paßt dieser Ausspruch aus gezeichnet, aber dennoch ist er nicht ge schichtlich erwiesen; der Gerechtigkeit?- sinn der Nachwelt hat ihn erdichtet. Auch wenn für die Richtigkeit oiesr,. Auffassung nicht andere Gründe sprä chen, so würd« st« schon durch d«n Um stand genüg«nd gestützt werden, daß Papst der Palast und Garten l'i'intu, «io'iunnti bei Rom zum Auf enthalt angewiesen wurde, während er sonst, wenn er gleich darauf durch den erwähnten Ausspruch die Absage von seinen Lehren wieder aufgehoben hätte, sicherlich in den K>rk«r.gewan- Während der angebliche Ausruf Galileis citirt wenn die Freiheit der Wissenschaft verfochten wird, ist ein anderer Ausspruch nicht weniger beliebt, wenn es sich um die politische Freiheit handelt: Der Freiheit eine Gasse! Bekanntlich soll der Schwei zerheld Winkelried in der Schlacht bei Sempach 1316 dadurch den Seinen den Sieg verschafft haben, daß er sich in den Lanzenwald der Schaaren Leo polds von Oesterreich stürzte, mit sei nen Armen die Speer« umfing und hierdurch den Schweizern den An griff auf die Ritter ermöglichte. Diese heroisch« That soll der Ausruf begleitet haben: Kommt Kinder, ich will der Freiheit eine Gasse bahnen! Es steht jetzt fest, daß ebenso wi« Tell auch di« Person Winkelrieds dem Reich der Sage angehört. Zudem hätte Winkelried auch gar nicht in der geschilderten Weise vorgehen kön nen, da di« Ritter nicht in Reih' und Glied, sondern zerstreut kämpften. Auch den gekrönten Häuptern sind vielfach Worte in den Mund gelegt worden, die in Wirklichkeit niemals über ihre Lippen gekommen sind. Wer kennt nicht das herriische Wort Lud wigs XIV.: 1/ stat e'est luvt der Staat bin ich? Ludwig XIV. soll diese Aeußerung im Jagdrock, die Peit sche in der Hand, gethan haben, als er im April 1636 auf die Bemerkungen des ersten Präsidenten des Parlamen tes, der das Interesse des Staates her vorhob, antwortete. Die zeitgenössi schen Dokumente wissen aber von einer derartigen Antwort nichts. Vielmehr besagt ein handschristliches Joumal, das die Parlamentsscene schildert, nur: „Nachdem Seine Majestät sich schnell erhoben hatten, ohn« daß irgend Je mand in der Versammlung ein einzi ges Wort geredet hatte, kehrten sie nach dem Louvre und von da nach dem am Morgen gekommen waren und wo sie vom Herrn Cardinal erwartet wurden." Der Cardinal war Ma zarin und um Vieles mehr als Lud wig selbst war «r damals der Staat. Nicht weniger bekannt als dieses dem Sonnenkönig unterschobene Wort ist ein anderes, das die Russen in Um lauf gebracht haben. In der blutigen Schlacht bei Maciejowicze am 16. Oc tober 1794 wurden die Polen von den Russen unter Suwarow aufs Haupt geschlagen. Der polnische Anführer Kosciuszko wurde verwundet und ge fangen. Von den Wunden erschöpft, sank er mit den Worten zu Boden: lens! Das ist der landläufige Bericht. Kosciuszko selbst dagegen hat diesen Ausruf entschieden in Abrede gestellt der Hervorbringung historischer Legen den betheiligt. Es sei hierbei nur einer Episode aus dem Leben eines rung zurückgerufen wird, Napoleons Jahre 1846 soll wie be poleon landete, wirklich ein zahmer Adler befand. Derselbe gehörte aber dem Obersten Parquin und Napoleon braucht, wenn es nur gut erfunden ist. Wie richtig dieser Gedanke ist, zeigt die Unausrottbarkit d«r historischen Tagen, sondern auch in kommenden Jahrhunderten unsterblich sein dürf ten. Revers seite. Sie wollen leben und atzen nur, nur. Mißosrständniß. Erster Student: „Denke Dir nur, da schreibt mir mein Onkel, er kann mir momen tan kein Geld schicken, er müsse es «rst flüssig machen." Zweiter Student: „Und was hast Du geantwortet?" Erster Student: „Ich schrieb ihm, er möge es nur schicken, das Flüssigmachen besorge schon ich." Wahrscheinlich. Wittwe Schulze /-u ihrer Schwester): „Was meinst Du, ob ich den Antrag des then; Dein Mann, wenn er noch am Leben wäre, würde Dir jedenfalls auch abrathen." Die nämliche Her'. Ein deutscher Prinz macht seine Hochzeitsreise. Am herrlichsten Früh lingsnachmittage sitzt er mit seiner rei zenden jungen Frau dadroben im baye rischen Hochgebirge in der lauschigen Einsamkeit eines Tannenwaldes. „Ob's wohl auf Erden zwei andere Sterbliche gibt, die so selig sind, wie ich und Du!" ruft er, nach oben blickend. Ein Wort gibt das andere. Man ergeht sich in theoretischen Be trachtungen aller Art und kommt zu dem Schlüsse, daß es für die Möglich keit der Glückes gleichgiltig sei, ob man in der Hütte oder im Palast« wohne. Wie das Paar eben im besten Plaudern ist, kommt ein junger Bauer lustig sin gend des Weges daher. „Geliebter", raunt die Prinzessin ihrem Gatten in's Ohr, „laß uns den Landmann fragen, ob er auch das Glück kennt wie wir!" Er winkt den Landmann heran. „Sagt, mein Freund," beginnt er, nachdem er den Menschen durch einige Vorfragen zutraulich gemacht, „seid Ihr eigentlich glücklich?" „Wie meint der Herr das?" „Nun, ob Ihr mit Eurem Schicksal zufrieden seid?" „Frei lich," versetzte der Bauer, „I wüßt nöt, was mir abging. I hab' mei gutes Auskommen, Frau und Kind sind, Gott sei Dank, gesund, Essen und Trinken schmeckt mir und von Sorgen und Aerger weiß i halt nix." „So," sagte der junge Prinz be hutsam, „aber besinnt Euch einmal, habt Ihr im Ernste gar keine Sorgen? Erwächst Euch nie und nirgends ein mal ein Verdruß?" „Daß i nöt wüßt'! Höchstens, nun ja, das steht lichtig. Manchmal ja...." Die Prinzessin horchte auf. „Nun," er munterte der Prinz, „sprecht ungenirt. Was habt Ihr zu klagen?" „Ja," sagte der Bauer, sich hinter dem Ohr kratzend, „manchmal hab' i halt was mit mei'm Wei! Schauen's, so am Sonntag. Unter der Woch' gang i' halt nöt viel in's Wirthshaus; oder wenn i gang', trink i halt ein oder zwei Glas. Des Sonntags aber, Ihr wißt halt, wie's da geht. Da sitzt mer auch a viertes oder a fünftes, und dann kommt der Herr Lehrer, der gar a lustiger Herr ist, und da trinkt mer a sechstes und a siebtes, und zuletzt kommt der Feldgendarm, der hat an Durscht, Über den geht gar nix, und da trinkt mir a acht's und a neunt's und manchmal auch a zehnt's und a elft's Und wann i nun gar a zwölft's trinke und komme heim und bin a bissel fidel, dann fängt mei Weib an zu keifen und zu räfonniren!" „Was," unterbricht ihn die Prinzessin entrüstet, „Ihr wollt Eure arme Frau zweiflung geräth? Ihr seid ja auf ganz abscheulichem Wege! Zwölf Glas? dem Munde? Bedenkt Ihr denn Zar" schließlich der ganze Hausstand rück wärts geht, daß die Kinder mißrathen, wenn der Vater Ihnen dieses schänd liche Beispiel gibt? Könnt Ihr denn nicht vergnügt sein, ohne diese gräß lichen Ausschweifungen?" Da stößt der Bauer den Prinzen augenzwin- kernd mit dem Ellbogen in die Seite und sagt mit verständnißvollem Blick auf die erglühende Prinzessin: „Accu rat di« nämliche Hex' wie mei Marie!" Sprichts und verläßt mit einem Jodler den Schauplatz. Eine Corsctt-Steuer. Von einem Weltverbesserer Namens Claverie aus Tarbes ist der „Academie de Medicine" in Paris ein Schreibern unterbreitet worden, in welchem er eine Corfettsteuer befürwortet. Die merk würdige Epistel lautet wie folgt: „Im Augenblick, da die ganze Welt über die Entvölkerung Frankreichs in Aufre gung ist, da die Regierung alle mögli-, chen hygienischen Maßregeln trifft, um die Sterblichkeit zu vermindern, halten gleichzeitig eine Einnahmequelle für den Staatsschatz oilden wird. Alle Aerzte schwerden verursachen und der freien Ausdehnung der Brust sich widersetzen. Di« Corsetts, di« die französischen Da men tragen, sind immer zu sehr ge schnürt und verursachen Störungen im nerationen übergehen und sich gerades» wie der Altoholismus und dieSchnnnd sucht vererben. Da das Corsett viel mehr eine Luiuskleidui-g, als ein abso lut nothwendiger Kleidungsgegenstand ist, so könnte es ebenso g'<t besteuert werden, wie ein Liter Alkohol und ein Kilogramm Tabak. Die Corsettsteiier würde nur die verhältnißniäs-ig wohl habenden Klassen treffen. Wir über lassen der Regierung und den.xl I>»o bestellten Versammlungen die Sorge, diese wichtige Frage zu studiren. Wir wären glücklich, lixnn wir auf diese We>ise zum Wohle Frankreichs und der Menschheit unser Theil beigetragen hätten." Die gelehrten Herren Aka demiker hörten die Verlesung dieses sonderbaren Schreibens mit dem wür digen Ernste an, d-er ihnen «igen ist. Undenkbar. „'S ist alles schon dagewesen, aber daß bei einem Streit mit meiner Alten 'mal ich statt sie das letzte Wort gehabt hätte, daS ist doch nicht dagewesen."
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