Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, November 01, 1895, Page 2, Image 2

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    2 Die Wolken zieh'n wie Trauergäste
Den Mond zu Grabe zu geleiten;
Der Wind durchfegt di« starren Aeste
Und sucht ein Blatt aus bess'ren Zei
ten.
D'e grünen Tannen schau'n so düster
Auf eine junggeknickte Eiche,
Als blickten trauernd« Geschwister
Auf der geliebten Schwester Leiche.
Schon flattern in der Luft die Raben,
Des Winters unheilv"lle Boten;
Bald wird er tief in Schnee begraben,
Die Erde seinen großen Todten.
Ein Bach läuft hastig mir zur Seite;
Er ahnt des Winters Eisesketten
Und stürzt sich fort und sucht das
Weite,
Als könnt' ihm Flucht das Leben ret
ten.
Da möcht' ich länger nicht inmitten
So todesnaher Oede weilen;
Es trieb mich fort mit hast'gen Schrit
ten.
Dem slücht'gen Bache »achzueilen.
Höchste Vaterüede.
Tin Erleb,ich in der Wüste von Utah -von
W. v. Schierbrand.
Wie eine dünne, schwarze Schlange
wand sich der Ueberland-Zug, der auf
dem Wege vom Osten und durch den
Continent nach San Francisco dahin
drauste, durch die unabsehbare Wüste
Won Utah hin. Die Erde weiß, stau
big, ausgetrocknet von der unbarmher
zigen Gluth des Sommers; die heiße
!Luft zitterte, und die Ebene, soweit
das ermüdete Auge blicken konnte,
zeigte jene Alkali-Sterilität, auf d«r
nichts gedeiht außer rothbräunlichem
Unkraut. Fern am Horizont nur ver
wischten sich die Linien, Hunderte von
Meilen fern, als ob dort Hügel in wel
lenförmiger Bewegung seien aber es
war eine Täuschung der Sinn«, denn
auch dort nur streckte sich das flache
Land. Weit und breit lein Tropfen
Wasser, und der tiefblaue, leuchtend«
Himmel spannte sich schier unermeßlich
Kber das Ganze. Auf dem Riesen
gebiete, durch das der Blitzzug jetzt
dahinstöhnte und ächzte, nichts Leben
des, außer den wenigen Menschen im
Zuge selbst.
Im Emigrantenwagen saß ein Ba
ker mit seinem kleinen Kinde, das Kind
heiter und lächelnd, der Vater düster
und sorgenvoll. Er hatte Ursache dazu,
denn jeden Augenblick erwartete er, daß
der Betrug, den er durch seine längere
Gegenwart an der Bahngesellschaft
verübte, entdeckt werde.
hatten erquicken können. Manche von
ihnen lagen in gedrückter, unnatürli
cher Stellung quer über die Bänke, um
auf diese Weise etwas Ruhe zu finden
und sich für den geraubten Schlum
mer der Nacht zu entschädigen. An
dere wieder unterhielten sich im Flu
ten von der einfachen Kost, die sie mit
genommen oder lasen in alten Zeitun
gen oder Büchern.
Immer noch brütete der Mann
dumpf vor sich hin, während fein klei
nes Töchterchen mit der Sorglosigkeit
der Kindheit eingeschlafen war und das
das zarte Oval des Gesichtchens sah
im Schlafe noch reizender aus. Die
Züge des Mannes waren nicht schön;
im Gegentheil, sie waren entschieden
häßlich und gemein, und der struppige
Bart, der seit Wochen keine Pflege
gehißt, der Ruß und Staub, der sich
wie eine Kruste über die gebräunte
Haut laaerte, gaben seinem Aussehen
noch mehr Unschönes. Und doch war
«ine Aehnlichkeit nicht zu verkennen
zwischen Vater und Kind nur war
das Weiche, Jugendliche des kleinen
Mädchengesichts bei dem Manne starr
und knochig und wie ausgehöhlt durch
Elend und Kummer. Aber er liebte
sein Kind das konnte man sofort
sehen oh, wie liebte er es! Und
mit seiner haarigen, breiten und schwe
ren Hand strich er jetzt gerade sacht
und lind über das goldige Seidenhaar
seines KindeS.
Der Mann hieß Albert Studt, und
befand sich aus dem Wege nach Cali
formen, wo er hosste, ein Ende seiner
Noth zu erreichen. Es war eine trau
rige Geschichte, wenn sie auch eigent
lich nur alltäglich war.
Vor einem Jahre war er aus seiner
pfälzischen Heimath ausgewandert mit
Weib und Kind. Er war Blechschmied
lseines Zeichens, und da der Verdienst
in seinem Vaterstädtchen an der
Haardt so gering war, daß er kaum ge
nügte um die nöthigsten Bedürfnisse
des Lebens zu bestreiten, so war er
nach Amerika gegangen. In New
Dork glückte es ihm zu Anfang. Er
erhielt lohnende Arbeit und war im
Stande, nicht unbedeutende Erspar
nisse zurückzulegen. Da kam die Er
krankung der Frau. Das lange Siech
thum fraß alles Ersparte auf, und
schließlich, als sie gestorben, kam auch
juoch das theure Begräbniß.
eines Tages in feinem ödm,
«nwirthlichen Stübchen in der Hest.r
Street, hoch oben unterm Dache eine»
von armen Hausirern und schmutzigen
Kindern wimmelnden Tenementhau
ses, die kahlen Wände anstarrte und
nicht wußte, wo das nächste Stück
Brot herkommen sollte. Denn auch er
hatte durch Krankheit und Aitver
säumniß seinen „Job" verloren, und
noch jetzt war er fast zu elend zur Ar
beit. Aber was thun?
Er hatte sich einen Monat vorher
um Beistand an einen Vetter gewandt,
der in San Francisco als geschickter
Handwerker lohnenden Verdienst hatte
und es sogar zu einem gewissen Wohl
stande schon gebracht hatte. Bon die
sem erhielt er gerade jetzt «inen herz
lichen Brief, worin eine kleine Summe
Geldes und die Einladung enthalten
war, auch nach Kalifornien zu kom
men, wo ihm der Vetter schon weiter
Helsen werde. Wer war glücklicher als
Albert Studt! Indessen war seine
Freude nicht von langer Dauer. Denn
als er sich auf dem Bureau der Eisen
bahn erkundigte, da hörte er, daß das
Fahrgeld nach San Francisco nahezu
doppelt so viel betrug, wie die ihm ge
schickte Summe. Und obwohl er die
wenigen Habseligkeiten, die er hatte,
versilberte und den Erlös zu dem übri
sür sich und sein Töchterchen heraus
zuschlagen. Die Noth war groß, und
da that er, was er unt«r den Umstän
den noch für das Beste hielt: Er kaufte
zwei Fahrkarten bis nach der kleinen
Station in Utah, die der Zug nun
schon seit mehreren Stunden hinter sich
hatte, indem er hoffte, auf der Reift
die Gelegenheit zu finden, die Mild
thätigkeit irgend eines reichen Passa
giers in Anspruch zu nehmen und so
einmal eine ähnliche Fahrt umsonst
mitgemacht hatte, bestärkt wurde. Der
arme Albert Studt hatte nicht gewußt,
daß er auf der ganzen Fahrt mit den
boten, und unwissend über das dro
hende Schicksal des Armen speisten die
reichen Passagiere des Zuges, nur
durch ein oder zwei Wagen getrennt,
Stunde kommen würde, wo man ihn
und sein liebes Kind vom Zuge weisen
und in di« Einöde stoßen werde.
kleine, erbärmliche Flecken passirt, bis
zu welchem ihns seine Fahrkarte mit
Fug getragen hotte, und jeden Augen
blick erwartete das Nahen des Con
ducteurs und die damit verbundene
Katastrophe.
tokrat des Zuges, der in seiner mit
Goldborte und schweren Goldlitzen be
setzten Uniform, seinen mit Diamant
ringen besetzten Fingern und der hoch
müthigen Miene, die durch die lang
jährige Gewohnheit der Autorität
kommt, auch wirklich so aussah wie
das, was er thatsächlich war der
unumschränkte Herrscher und Befehls
haber auf dem Zuge. Langsam mu
wagen führte. Als er an die Bank
kam, auf der der arme Deutsche ban
gend saß, hielt er mit einem Ausruf
„Hello! Wo geht Ihr denn hin,
Mann?"
gütig sein wollen, mir und meinem
Kind« den Verbleib auf dem Zuge zu
erlauben," sagte Jener.
„Xot muek geht nicht. Ist
gegen die Instruktion. Habt Ihr kein
Geld bei Euch, um die Fahrt weiter zu
bezahlen?"
„Leider nein aber wenn Sie mir
nur einen Gang durch den Zug ma
chen lasten wollten, so würde ich wohl
bei den reichen, mildthätigen Passagie
ren soviel Geld auftreiben können."
Das kleine Mädchen war durch das
Geräusch der Worte aufgeweckt wor
den. Mit großen, verwunderten, blauen
Augen sah sie den großen Mann in
den wunderschönen Kleidern an, halb
bittend. Der aber wiederholte nur
„Geht nicht müßt aussteigen an
der nächsten Station unbedingt
macht Euch fertig dazu."
Und damit ging er.
An der nächsten Station, eine halbe
Stunde weiter, zog der Conducteur
die Klingel, und der Zug hielt. Vater
und Kind stiegen aus. Ein mitleidi
ger Passagier auf dem letzten Wagen
des Zuges rief noch Albert Studt zu,
als sich der Zug wieder langsam in Be
wegung setzte:
„Hier ist nur eine Flaggenstation.
Ihr könnt hier nichts thun die
nächste Station ist 6l) Meilen weiter
westlich. Aber wartet auf den östlich
fahrenden Zug, der in einigen Stun
den kommt, der nimmt Euch vielleicht
mit, denn der Conducteur ist ein gut
herziger Bursche, nicht wie dieser hier.
Eine verd Schande iiberhaupt.Euch
mit dem Wurme hier abzusetzen, wo
Ihr verhungern und verdursten könnt."
Und damit rollte auch dieser letzte
Wagen an den Beiden vorbei, und nur
sichtbar.
Die Station war wirklich nur eine,
wo auf Signal gehalten wurde, denn
eS war kein HauZ und keine lebende
Seele weit und breit zu sehen. Nur
ein baufälliges Häuschen, wo früher
das „Depot" gewesen war, sonst nichts
kein Wasser, kein Baum, kein
Feld.
Bater und Kind legten sich imSchat
ten des kleinen Häuschens nieder, um
dem glühenden Sonnenbrand zu ent
gehen. Das Kind weint« «rst längere
Zeit, denn es durstete bald bei der
Hitze, dann schlief es wieder ein an der
Brust des Vaters. Dieser aber ver
sank auf's Neue in sein düsteres Brü
ten. Endlich hatte er scheinbar seinen
Entschluß gefaßt. Er riß den Papp
deckel von einem kleinen Gesangbuche,
das er mit sich führte, herab und da
rauf malte er mit großen, ungeschick
ten Schriftzügen, sodaß es leicht zu
lesen war, eine Bitte an das Publi
kum, dem Kinde zu helfen, denn es sei
eine Waise. Dieses Plakat heftete er
der Kleinen vorn auf das Kleidchen,
und dann wartete er ab, bis der Zug
nach dem Osten vorbeikam. Als er
Geleise vernahm und ein dünner
Rauchstreifen in der Ferne das Nahen
des Ungethiims verkündete, da erhob
sich Albert Studt, nahm sein Kind bei
der Hand, führte es nach dem Geleise
hin, steckte die Signalflagge, di« er
neben der Bahn gefunden hatte, in den
«istrnen Sockel, warnte das Kind,nicht
zu verrathen, wo er sei, und dann ver
steckte er sich in dem Häuschen.
Als der Zug. gehorsam dem Signal,
hielt, da war ein großes Halloh unter
den Passagieren, die alle neugierig
herauskamen, um sich von der Ursache
des Aufenthalts zu überzeugen. Unter
den Passagieren war auch eine junge,
reichgekleidete Dame in Trauer, die die
kleine Marie aufhob und küßte, und
dann auszufragen begann. Als das
Examen endlich vorüber war, küßte die
Dame nochmals das Kind, und begab
sich dann mit demselben wieder in den
Palastwagin, dem sie entstiegen war.
Augenscheinlich hatte sie beschlossen,
Mutterstelle zu vertreten an demselben,
wohl als Ersatz für ihr eigenes, ver
storbenes Kind.
Der arme Albert Studt, der das
Alles von seinem Versteck aus mit
stockendem Athem und klopfendem
Herzen vernommen, aber brach in
Thränen aus, als der Zug mit schril
lem Pfiff davon jagte, um die ver
säumten Minuten wieder einzuholen.
Er hatte für sein Kind das höchste
Opfer gebracht.
« » >»
Am dritten Tage darauf wurde von
einem Frachtwagen ein Unbekannter,
ärmlich gekleidet und ohne Gepäck,
überfahren und gctödtet, nur noch we
nige Meilen von der nächsten Station,
6(1 Meilen von jener Signalstation.
Dann hielt der Zug und die zerstückelte
es die Eisenbahnbeamten ja immer
großmüthiger Weise thun, nachdem sie
einen Menschen um's Leben gebracht.
An d«r Leiche wurde kein Cent Geld
Brotrinde. Ob Albert Studt während
die wasserlose, heiße Wüste dm
stand verloren, ob er vielleicht im Fie
ber oder Delirium war, oder ob er völ
«ine moderne Fabel.
Ein Frosch und ein Esel trafen sich
auf einer Wiest. Da sagte der Frosch
zum Esel: „Ach, wenn ich doch so lange
Ohren hätte wie du da könnte ich
alles hören, was in der Welt vorgeht!"
Der Esel aber sprach: „Ich wollt',
ich hätte deine schöne Stimme da
würde ich den ganzen Tag singen, daß
es eine Freude wär«!" Dies hörte
die Fee Viribuka und sprach: „Es sei!"
Da wuchsen d«m Frosch lange
Ohren; der Esel aber konnte wunder
schön quaken. Nun waren beiden zu
frieden und dankten der gütigen Fee.
Inzwischen war der Kärrner, wel
chem der Esel gehörte, erwacht, und
als er den Esel quaken hört«, hielt er
ihn für einen Frosch, schnitt ihm die
Hinterbeine ab und aß sie zum Mit
tagmahl, den Frosch aber hielt er sei
ner langen Ohren für seinen
Esel, spannte ihn vor den Karren und
prügelte ihn jämmerlich. Als den
Thieren solches geschah, waren si« sehr
traurig und jammerten: „Ach, wie thö
richt war unser Wunsch! Wie gut
wäre «s doch, wenn Alles wieder beim
Allen wäre!" Dies hörte die Fee
Viribuka und sprach: „Es sei!"
Und siehe da, dem Frosche fielen die
Eselsohren ab; der Esel aber bekam
wieder sein« natürlich« Stimme. Als
der Kärrner solches sah, schnitt er
dem wahren Frosche die Hinlerschenkel
ab und verzehrte sie zu Hause; den
Esel aber spannte er vor den Karren
und haute ihn jämmerlich. Weil nun
der Esel keine Hinterbeine hatte, konnte
er nicht ziehen. D'rum svrach der
Kärrner zur Fee: „Du dumme Gans,
gib dem Esel seine Schenkel wieder!"
Die Fee aber sprach: „Haltest du
sie nicht geaessen!" Da wurde der
Kärrner zornig, spannte die Fee vor
den Karr«n und fuhr davon. Der
Frosch und d«r Esel aber Raulen sich
traurig an und warten heute noch
aus die F«e Viribuka.
Moral: „Wünsche dir nie «ine
Dummheit; es könnte sonst leicht
wie in dieser Fabel eine gütige
Fee lommen und dir deinen Wunsch
erfüllen!
Deßhalb. „Daß der junge
Meier aber auch gar nicht 'n bißchen
werden will!" „Ja, da ist
eben ein immergrüner Junge!"
Unter klnttag«.
Der Socialistensührer Liebknecht
wird noch vor >der im nächsten Monat«
erfolgenden Eröffnung des Reichstages
das mehr als zweifelhaft« Vergnügen
haben, sich auf die Anklage der Maje
stätsbeleidigung verantworten zu müs
sen. Die Anklage ist auf di« Rede ba
sirt, welche Herr Liebknecht ouf dem
Wilhelm L.iebkn«cht.
Partoicongreß gehalten hat; in dersel
ben sagte «r unter And«rem: „Die
höchste Autorität im Lande wirst uns
den Fehdehandschuh hin und beleidigt
uns mit Schmutz zu bewerfen sucht.
Er ist nicht >im Stande, uns zu be
rühren, denn wir sind weit erhaben,
um durch ihn insultirt werden zu kön
nen. Das deutsch« Kaistrreich würd«
zuerst zusammenstürzen, und der So
cialismus schließlich triumv'nren. Eine
Verletzung oder Aufhebung des allge
meinen Wahlrechts würde dem Todes
urtheil der kaistrlichenßegierung gleich
bedeutend sein."
Der Trompeter von MarS-la-Tour.
August Binkebank hieß der brav«
Trompeter, den Ferdinand Freiligrath
in seinem unsterblichen ~Trompet«r-lied"
lied" besungen hat. Geboren am 21.
Juli 1846 zu Osterwieck am Harz trat
Binkebank im Jahre 1864 freiwillig
beim Kürafsi«rregiment Nr. 7 in Hal°-
berstadt ein, machte 1866 den Main«
ftldzug und 1870571 den Kri«g ge
gen Frankreich mit. Ueber den Vor-
Aug. Binkebank.
gang, den Ferdinand Freiligrath be
sungen hat, schreibt er in einem Brief
an seine Anverwandten: „Zwei Drit-
Feind hineinritten, desto weniger wu»
den meine Kameraden. Zuletzt waren
wir nur noch unser sechs Dann machten
wir denselben Weg über Hunderte von
Le!ch«n wieder zurück. Mein Rappe
blutete «bereits aus fünf Wunden. End
lich bei meinem Commandeur ange
kommen, befahl mir dieser, Appell zu
blasen. Aber welch kläglicher Ton kam
da zum Vorschein! Mein« Trompete
war von einer Kuael durchbohrt wor
den, ohne daß ich etwas davon wußte.
Sie war mir aus dein Rücken zerschos-
Mai 1881 an der Schwindsucht.
In einer Zwangslage.
A.: „Warum wählst Du zum Land
aufenthalt nicht ein ruhiges Gebirgs
dorf?"
Seegemäß.
„Kerl.sperren Si« nicht Ihr Maul auf,
als wollten Sie sich mit dem Mast
baum die Zähne stochern!"
Falsch verstanden. Prohß
bikionist (in der Hoffnung, einen Eon-
Fremden, ich danke Ihnen, mein
Herr."
Ein guter Mensch. A.:
nen Iqmmex wenigstens für einige
Stunden zu vergessen. B: Warten
Si«, ich geh« mit, und Heist Ihnen ver.,
gessen! ' «
Kling—ling.
Der Bauer Helbig hat schlechte
Laune und schimpft mordsmäßig.
Wenn er doch in seinem Heimathsdorse
wohnen geblieben wäre und niemals
nach Feldst«dt g«h«irathet hätte. Aber
solch' eine dumme Einrichtung kann
auch nur in Feldstedt bestehen. Was
denn? Ja, es ist keine Kleinigkeit,
was von Heibig verlangt wird. Er soll
vom nächsten Sonntag an in der Kir
che den Klingelbeutel heiumtragen, da
mit die Andächtigen demselben eine
Kupfermünze oder einen alten Knopf
anvertrauen können.
Es ist in Feldstedt seit ewigen Zei
ten so gewesen, daß der jüngste Ehe
mann den Klingelbeutel trug, bis er
nach längerer oder kürzerer Zeit von
einem noch jüngeren abgelöst wurde.
Was Helbig nur brummt, er hat doch
Wirklich Glück gehabt. Als er nach
Feldstedt heirathete, wüthete in dem
Orte das reine Heirathssieber. Soviel
TraugebUH«n hatten Pastor und Can
tor in einem Jahrzehnt nicht eingenom
men wie in dem einen Jahre. An dem
selben Sonntage, an dem Helbig ge
traut wurde, traten noch zwei Hei
beide waren jünger als er. Wie freute
er sich damals, daß er den Klingel
beutel nicht zu tragen brauchte.
Und nun hatte er schon einen Jun
gen von neun Jahren und wider Er
warten durch Tod Eines und durch
Verzug eines Anderen fügte es das
Schicksal, daß Helbig nun doch der
jüngste Ehemann wurde. Ja, Helbig
muß den Klingelbeutel tragen, so un
gern er's auch that. Da hilft eben kein
Heulen und Zähneknirschen. Einer
muß den Klingelbeutel tragen, Helbig
ist der jüngste Ehemann, also
Punktum, Streusand. „Vater," fragt
ihn der neunjährige August, der eben
aus der Schule kommt, „ässe wohr.daß
de uff du Sunntag d'n Klingelbeutel
treast?" „Holt's Mul, Junge," schreit
Helbig und macht ein zorniges Gesicht.
Aber er denkt: „'s äs eigentlich gut,
daß mich Aujust an d'n Nlingelbiltel
erinnert," und so sagt er: „Aujust,
kum mol mät!" „Jo, Vater." ruft
Aujust und legt seine Bücher auf die
Kommode. Helbig ergreift auf dem
Host ein« Stange, und beide gehen in
die Scheune und klittern die Leitn
hinauf.
ber." „Jo Bater." Helbig stillt sechs
tel vor. „Teffer, Bater," schreit Au
tag die ganze Gemeinde beim Klingel
beuteltragen zuschaut, bemüht sich, die
elegantesten Kratzfüße zu machen. Und
„Tesfer, Vater," kommt Helbig der
Oefsnung zu nahe, die nach der Scheu
ntenne hinunter führt und wupptich,
saust er hindurch. August, der gerade
wieder „Teffer, Vater/ rufen will,
sperrt den Mund auf, sagt aber vor
Erstaunen Nichts. Vom Wohnhause
her ruft es: „Aujust, wo ässe d'r Va
ter?"
Ueber August's Gesicht zieht ein Lä-
Jn der Nähe von Fritz Reuter'Z
tigsten Schmuck eine Gruppe uralter
Eichbäum« bildet. Das Alter dieser
Bäume wird von kundiger Seite auf
über lausend Jahre geschätzt. Es sind
ihrer zehn die „letzten Zehn vom
nen Umfang, der einen halben Meter
vom Erdboden 11,60 Meter, einen
Meter höher noch immer 9,8 V Meter
kleiner. Eine von ihnen, die kaum
sechs Männer zu umspannen vermö
gen. ist im unteren Stamme hohl, eine
größere Anzahl Personen findet Platz
in dem Raume. Die Sagen, di« sich
an die Bäume knüpfen, stehen im Zu
sammenhang mit der Zeit, da Jvenack
noch Nonnenkloster war. Von der
stärksten Eiche berichtet eine derselben,
sie sei von einer wor
bracht worden war. Sie habe ihren
Verlobunasring um den zarten Stamm
des aufsprossenden Baumes gelegt,
seitdem habe derselbe an dem Wachs
thuzn desselben theilgenommen und
halte den Stamm, wenn auch dem
Auge nicht sichtbar, noch heute um
schlossen.
„Ede, siehste, da fliegt ein Militärbal
lon auf's Schloß zu!" Ede: „Du,
am End' zieht die Luftschisferabthei
lung heut' auf die Wache?"
Einfachheit in der Erziehung.
Die Grundlage aller Erziehung soll
Einfachheit sein. Sie ist der Fels,
auf dem sich alles Menschenglück aus
baut, an ihm melden sich vergeblich die
brandenden Wogen der Genußsucht,
Eitelkeit und Habgier brechen, denn
sein festestes Bollwerk ist Genügsamkeit
und Enthaltsamkeit.
Um da» K.nd zur Einfachheit zu er
ziehen, müssen wir es an möglichst we
nig Bedürfnisse gewöhnen. Einfach
sei es in der Kleidung und im Essen.
Zufrieden und dankbar muß es vom
geleerten Teller aufstehen, >venn auch
das reichhaltigere Mahl sein Auge an
zieht und den Gaumen lockt. Das
Kind gewöhnt sich so an Genügsamkeit,
von des nur ein kleiner Schritt zur
Entsagung ist, einer herrlichen beglü
ckenden Tugend. Schon frühzeitig löst
das Kind so das große, me.jtens un
verstandene Räthsel, wie man auch
ohne schweren Gelosack reich und glück
lich sein kann. Me soll das Kind
Luxus in der Kleidung und im Essen
kennen lernen; «s lerne bald sich 'selbst
bedienen, für seine großen und kleinen
Bedürfnisse sorgen; ganz fremd muß
rade dadurch eine unschätzbare Wohl
that. Der Kindessinn bleibt einfach
und rein, die mäßig genossenen F»eu
den geben wahrhasten Genuß und
Dankbarkeit für den, der sie gespendet.
Wie unglücklich dagegen ist ein Ge
schöpf, das nie gelernt hat, sich mit
Wenigem zu begnügen, das nie das
Hochgefühl, die Befriedigung kannte,
welche daS starke Wollen der Entsa
gung gibt. Die allzu rasche und
leichte Erfüllung seiner Wünsch« be
nimmt ihm die Freud« daran, die im
Uebermaß genossenen Vergnügungen
lassen nur noch ein Gefühl des Et«ls
in ihm aufkommen. Kein Ziel scheint
ihm besonders erstrebmswerlh; genügt
ja schon die leiseste Andeutung, ihm
Alles, auch das Fernliegende erreich
bar zu machen. Und darin liegt «ine
große Gefahr für den Charakter. So
«in verwöhnter Mensch hat nichts ein
zusitzen an geistiger Kraft, das
Schlaraffenleben schwächt seinen Wil
len und macht ihn kampsunfähig in
dem großen Weltgetriebe. Es tritt
allmälig eine völlige Erschlaffung all«r
Seelenkräfle ein, dazu gesellt sich Le
bensüberdruß. und viele der Unglück
lichen, die in geistiger Umnachtung im
Irrenhause schmachten, viele jugendlich
blühende Leben,, die dem Selbstmorde
zum Opfer gefallen, haben die zu nach
sichtigen Eltern auf d«m Gewissen, die
das Kind im Ueberfluß, im Wohlleben
aufwachsen ließen. Wie schwer trifft
sie der berechtigte Vorwurf des Un
glücklichen: Hätten mich meine Eltern
einfach erzogen, wäre ich nicht s» elend,
so lebensmüde, so unfähig, den Schlä
gen des Schicksals muthig zu begeg
nen.
Wie herzlich und lieb klingt doch
des einfach erzogenen Kindes freund
liches „danke" für alles Gebotene, wie
freudig begrüßt es jeden Apfel, jedes
auch noch so einfache Spielzeug! Da
bei weiß es noch mit minder Begün
stigten zu theilen und selig zu sein in
dem Bewußtsein, auch anderen durch
eine kleine Entsagung Freude breitet
zu haben. Sein' Auge ist offen für
die von dem Verwöhnten mißachtete
Schönheit der allgewaltigen Natur;
herzlich freut es sich des glänzenden
Käfers, des leichtbeschwingten Schmet
terlings, entzückt pflückt es die duftig«
Wiesenblume. Der freundlich liebe
volle Blick von Vater und Mutter ist
Belohnung genug für artiges Beneh
men, für treuen Fleiß. Sein einfa
cher ehrlicher Sinn kennt weder Lüge
noch Verstellung. So ist es und so
muß es sein. Es thut das Gute um
des Guten Willen und rechnet nicht auf
Belohnung.
Auf den höchsten Höhen deS Lebens,
wie auch beim harten Ringen um das
tägliche Brot, ist Einfachheit die werth
vollste Mitgift. Sie läßt hier keine
Verbitterung, keinen Neid aufkommen,
dort schützt sie vor einem ausschweifen
den, verweichlichenden Leben. Das
Herz erhält sich in allen Lagen frisch
und froh, der Sinn rein und wahr,
das Urtheil gemäßigt und ruhig.
Wollt ihr also, ihr treu besorgten El
tern, euer Kind glücklich wissen, so
gebt ihm schlichte Einfachheit als beste
Begleiterin für's Leben mit.
Bemalte «apeS.
Die neueste Mode nimmt für ihr«
Zwecke direct die Hilf« des Malers in
Anspruch und denkt an von Künstler-
Hand bemal!« Capes. Man kannte bis
her bemalt? Fächer, bemalte ParaventS,
bemalte Bilderrahmen und letzthin
tauchten auch bemalt« Bandeaur und
bemalte Echarp«S auf; nun werden wir
aber auch mit bemalten Damenmänteln
zu richnen haben, die die Erfindung ei
nes Pariser Malers sind. Und der
glückliche Erfinder, dessen „Idee" erst
zwei oder drei Monate alt ist, hat be
d'ese bemalten Capes entbrannt. Der
Maler, -der in das Geheimniß semer
Farbenmischung blos einen Collegen
gestellten Anforderungen gerecht wer
den. Der erste Eindruck eines bemalten
Cape ist, als ob die großen, goldig
und Blüthen, di« auf dem Cape zu
sehen sind, Mpplicationsarbeit /
Erst bei genauerer Besichtigung bemerkt
man die Pinselarbeit. Dieses,Nou
veaut6" kommt je nach der künstleri
schen Herstellung d«s betreffenden
! Exempels freilich theuer zu stehen. i
Die Sedankenwelt der Zrau.
Unsere Zeit ist ein« Zeit des Fort
schritts auf all«n Geboten; überall
drängt es mächtig „vorwärts"; mehr
als je gilt in unseren Tagen das Wort
„Stillstand ist Rückschritt". Wohl ist
schon diel erreicht worden, aber es gilt
auch noch viele Borurtheile siegreich zu
bekämpfen. Di« Frauen sollten und
müßten freudiger und reger Antheil
nehmen an den großen wichtigen Fra
die Welt bewegen, an den Errungen
schaften, deren sich unsere Zeit erfreuen
darf. Die Frauen müßten mit aller
ihrer Kraft gegen die Gleichgjltigkeit
so vieler ihrer Mitmenschen allen höhe
ren Bestrebungen -"-eniiber zu Felde
ziehen und bestrebt sein, dieselben zu
belehren. Wirthschaftsfragen, die
Sorgen um Mann und Kinder werden
und sollen naturgemäß in erster Reihe
stets Herz und Sinn einer echten Frau
beherrschen, allein dieselben sollen und
len auch Interessen haben für alles
Schöne und Hohe, Edle und Große,
was Kunst und Literatur hervorbrin
gen; sie, die zugleich in praktischer
und idealer Weise ihrem Haust vorste
hen, bei der Erziehung ihrer Kinder
den Grundsatz verfolgen, daß prakti
des Alltagslebens, in Wirthschafts
lieben und verehren dürfen, sondern
die zielbewußte, begeisterte Erzieherin
und Freundin, welche es versteht, ihre
nicht ein, daß die Pflichten gegenMann
und Kinder, die Wirthschaftssorgen
der Frau nicht gestatten, sich für Kunst,
Wissenschaft, Zeitfragen zu iiueressi
rin, zu eifrigen Studien der Mode
blätter, zu den überflüssigsten,
raubenden, augenverderbenden Hand
arbeiten, zur Lectüre aufregender Ro
mane. Die Aufgabe der Frauen und
Mütter ist es in unseren Tagen, den
Sinn und die Theilnahme der Kinder
für die höchsten Interessen zu wecken.
Um aber diese hochwichtige Aufgabe
erfüllen zu können, müssen die Frauen
und Mütter strenge Selbsterziehurch,
üben, und nicht rasten und
an sich selbst zu arbeiten; sie müssen
mit klarem Blicke nicht nur um sich«
schauen, sondern auch sich selbst einer
scharfen Kritik unterziehen, ihre
Schwächen und Fehler erkennen ler
nen, sich dieselben eingestehen und sie
energisch zu bekämpfen suchen. Es ist
«in« durchaus irrige Anschauung,
mit der Verheirathung das geistige
Leben der Frau aufhören solle; eS
sollte da erst recht beginnen. Der
Mann verlangt heutzutage eine geistig
ebenbürtige Lebensgefährtin; di«
Frau, die Mutter hat die Pflicht, ernst
und eifrig weiter zu lernen, sich weiter
zu bilden. Sie soll und muß ja ihr
Wissen, ihre Welt- und Menschen
kenntniß, ihre höchsten Schätze, ihren
Kindern nutzbar machen; darum soll
sie streben, sich auf allen Gebieten ein
klares, sicheres Urtheil zu bilden, unr
nach bester Ueberzeugung, nach den
edelsten Grundsätzen die Erziehung
ihrer Kinder leiten zu können, damit
dieselben nützliche Glieder der Gesell
schaft werden. Auf d'ese Weise wird
die hohe Gesinnung der Frauen und
Mütter ein unveräußerliches Erbtheis
ihrer Familie bleiben und sich vererben
von Geschleckt zu Geschlecht. Die
wahrhaft gebildete Frau darf den na
tionalen Fragen nicht theilnahmlo?
gegenüberstehen. ES ist in unseren
Tagen, wo hochbed'utungsvolle Fra
gen die Nation bewegen, durchaus'
nicht „iinw?iblich". sondern nothwen
dig, wenn eine Frau auch Interesse
für Politik und öffentliches Leben
zeigt. Wenn wir an dem geistigen
Leben der Männer regeren Antheil
nehmen, dann werden sie unS nur um
somehr achten und schätzen, unser
Wort, unser Streben mehr aelten las
sen, mehr anerkennen. Eine rechte
Frau muß praktische Tbätigkeit und
Tüchtigkeit mit den höchsten geistigen
Interessen verbinden. mȧ Kopf und
H»rz auf dem rechten Flecke haben,
hilfbereit geaen die leidende und dar
bende Menscbbeit sein, ihre Pflichten
als Gattin. Mutter und Hausfrau
treulich erfüllen und sich dennoch für
Kunst und Wissenschaft begeistern.
Die Ungenügsame. Sier
Ich habe doch gar nichts von meinem
Leben, die gange Woche habe ich mich
nun aus daS Concert gefreut, und jetzt
ist'S wieder nichts. Er: Wie unge
nügsam Du bist, Laura, ist <S denn
nicht genug, daß Du Dich eine ganze
Woche lang freuen durstest?!
—Ubgetho l fen. Sie: Wenn
unS nun <Ä>er die Tante nichts ver
macht. dann sind wir umsonst zu ih
rem Begräbnisse gefahren. Er: Dann
müfstn wir eben denken, wir hätten
eine Vergnügungsreise gemacht!
Krastmit.tel. Dichterling,
(zu seiner Frau): „Bringe mir eine
Portion Gefrorenes, ich will den
Nordpol besinge«!"
Erhorcht. Junger Mannr
»Nun, liebste Freundin, was wünschen,
Sie sich denn am liebsten zum Geburts
tag?" Deren kleiner Bruder: .Dich
zum Bräutigam!"