Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, October 04, 1895, Page 6, Image 6

Below is the OCR text representation for this newspapers page. It is also available as plain text as well as XML.

    6 üS«e es den Torgen erging.
Von Gustav Psarriu».
Einst wollt' ich hinaus in den grünen
Wald.
Da zogen die Sorgen mit;
Bergebens gebot ich wohl zehnmal
Halt.
Sie folgten mir Schritt auf Schritt.
Doch als wir kamen wohl in den Busch,
Begann ein Geflüster sogleich;
Die Vöglein riefen: JhrSorgen, husch!
Hinaus aus dem grünen Bereich!
Das Gras erhob sich und hielt sie auf,
Ein Windstoß hauchte sie fort,
Die Bäume raupten und schlugen
drauf,
Sie flohen von Ort zu Ort.
Und rannten und stießen die Köpfe sich
ein
Am Felsen, riesig und rauh,
Verschmolzen im lachenden Sonnen
schein, -
Ertranken im duftigen Thau.
Da habt ihr'S! rief ich, von ihrer Noth
Wie Sam Li erschossen ward.
„Er muß in ein wärmeres, gleich
mäßigeres Klima, die seuchtkalten See
winde verträgt Ihr Sohn auf die
Dauer nicht!"
So sprach Dr. Axtell zu Frau
Breyer, die seinen Ausspruch mit Ban
gen erwartet hatte.
Aber wie war das anzustellen? Ihr
Mann hatte wohl ein gutes Einkom
erfolgreiches Geschäft als Versiche
rungsagent betrieben hatt«, aber nun
fich einige Jahre lang in Florida oder
Frau und Sohn, dazu reichten feine
Ersparnisse denn doch nicht aus. Und
sich von ihrem einzigen Kinde trennen
ken. Was also thun?
Das Ehepaar Breyer berieth sich
lange, und der Rath erfahrenerFreunde
wurde auch eingeholt. Am Ende ent
schloß man sich, nachdem die Auskunft
für eine Uebersiedelung nach dem süd-
Kind, einen Knaben von damals 14
Jahren, den sie Beide zärtlich liebten,
waren die schönstem Hoffnungen für
lauf einiger weiterer Jahre eines der
berühmten Colleges im Osten Har
vard oder Male besuchen zu sehen.
Aber übertriebener juzcndlicher Ehr
geiz und mangelnde Körperbewegung
hatten seinen etwas zarten Körper un
gebührlich angegriffen, und seit einigen
Monaten zeigten sich Erscheinungen bei
dem hochaufgeschossenen Knaben, die
mit den ersten Symptomen der
Schwindsucht verzweifelte Ähnlichkeit
hatten. Das Gespenst der Furcht, ih
sich darauf der Eltern bemächtigt, und
so entschlossen sie sich denn, trotz aller
materiellen Schwierigkeiten dem Rathe
striche überzusiedeln nach dem süd
lichen Californien, dessen gesegnetes
Klima schon vielen Tausenden Rettung
Mit einem kleinen Capital von
zogen die Drei nach der Näh«
von Los Angeles, und dort laufte sich
frage im Osten herrschte, angelegen
lassen sein wollte. Di« Gebäude stan
den schon auf der Harm, wenn sie auch
tüchtige Wirtftschasterin, daß die Aus
trefflich schienen. Zur Feldarbeit und
als Koch im Hause waren Chinesen
enaagirt worden, deren wohlfeile Ar
beitskraft. Nüchternheit und Zuver
lässigkeit den Neuankömmlinaen allg«-
Das Leben auf ihrer Harm, die zu
Ehren des Sobnes Lincoln Farm ge
nannt worden war, behagte auch allen
Dreien, namentlich da der Knabe in
nerhalb der ersten drei Monate ganH
entschiedene Besserung im Befinden
zeigte, kräftiger und lebhafter wurde,
und sogar im Freien tüchtig bei der
Arbeit helfen konnte.
heimst worden, und als die Tausende
von Buschelsäcken die Farm verliehen,
um per Bahn direct nach dem Osten
versandt zu werden, als später die Be
zahlung dafür in Säcken von klingen
dem Golde anlangte, da athmete das
Ehepaar Breyer wieder erleichtert auf,
d'nn der Beweis war ja nun erbracht, !
daß sie auch in der neuen Heimath un
fern ' den Gestaden des Pacifischen
Oceans eine sichere Existenz sich ge
gründet hatten, und dabei schien auch
die Uebersiedlung ihrem Sohne defini
tive Heilung bringen zu wollen, denn
seine Wangen hatten sich gebräunt und
gerunt«! unter d.'r sanf:en Sonne, und
sein Gang war wied«r ein fester, ela
stischer geworden. Auch im Uebrigen
konnte die Familie nicht klagen ihre
Beziehungen zu den Nachbarn, von de
nen freilich der nächst« immerhin
Meilen entfernt wohnte, waren freund
schaftliche geworden; und von den
Li, in einer Hütte unweit des Hauses
campirten, ließ sich nur Lobendes sa
gen, denn sie waren fleißig, gehorsam
und hatten noch nie zu ernstlicher Klage
Veranlassung gegeben.
D«r Koch aber, Sam Li. war ein
Juwel so treu und geschickt in sei
nem Beruf, daß Frau Brey«r häufig
mit gelindem Grauen zurückdachte an
ihre irische Biddy in Chicago, die ihr
die Suppe stets versalzen und sich auf
jedem Picnjc einen Rausch angetrun
ken hatte. Was war Sam Li dagegen
für ein Kerl! sagte sie häufig zu ih
rem Manne immer zur rechten Zeit
mit den Mahlzeiten fertig, sparsam
und unermüdlich thätig in der Küche.
Daß er ein gewisses unheimliches Et
was an sich hatte, etwas als ob er ein
Schürte sei und diese Thatsache nur
verheimliche, das störte sie jetzt, nach
dem sie ihn seit einer Reihe von Mona
ten täglich um sich gehabt, nicht mehr
sie schob vielmehr sein unleugbar
spitzbübisches Aussehen auf das un
nes die Dinge auf der Farm in Ord
nung zu halten und die nicht die ge>
ringst« Furcht hegte. Vor wem auch?
Die chinesischen Arbeiter verstand sie
fehr gut zu behandeln, sodaß sie ihr
auf's Wort gehorchten, und Sam Li
So dachte sie, als sie schwer ath
sch:n der Vorrathsscheune und dem
Wohnlhause sich erhob. Sie hatte die
sen langen Tag überall nach dem Rech-
Hilft ihres Sohnes beaufsichtigt und
da hatte sie ein leises Geräusch zu ver
nehmen geglaubt. Im Einschlafen
hatt« sie dann noch eine dunlle Gestalt
Sam Li. Sie war aufgestanden,
hatte Licht gemacht und in der Ecke
des Ziimn«rS (es stand dort der steis
verschlossene Geldschrank, in dem sich
eine bedeutende Summe in Gold, über
PKXV, befand) umhergeleuchkt, aber
nichts gesehen. Im Nebenzimmer
hatte ihr Sohn ruhig geschlafen. So
mußte sie geträumt haben, sagte sie sich.
Doch der Gedanke an die Angst, die
sich ihrer letzte Nacht trotz alledem be
mächtigte, war durchaus lein angeneh
das Mahl wartete. Sam Li bediente
sie wie gewöhnlich, aber ob's nun
Sinnestäuschung war, eS schien ihr,
ben Gesicht des Mongolen heute Zlbend
Zustand. Als sie jedoch Sam Li an-
Schrei >im Hilfe mitten in der Nacht.
Der Sckrei kam vom Bette Kna-
und ein Aeibzen und Stöhnen wie von
Jemand, der schwer verletzt ist. Die
Frau rief: „Lincoln! Lincoln!" und
rütt«lte an der Thür. Aber alles
blieb stumm, nur schien eS ihr, als ?b
Im Nebenzimmer Jemand leis« schlei
chend sich der Thür nähere.
In eln«m ParvxysmuS von Grau«n
und Angst stürzte die Frau nach ihrem
Bette zurück, unter dessen Kopfkissen
sie ehren geladenen Revolver aufbe
wahrte. Sie ergriff ihn und spannte
den Hahn, und im selben Moment
fchon hörte sie die Thür aufgehen und
im unsicheren Scheine des Mondlichts
erblickte sie Sam Li, «inen blutigen
Dolch in der Faust.
„Was gibt's, Sam Li?" stöhnte
die Frau. „Wo ist mein Sohn?"
Der Mongole, mit einem gräßli
chen Lächeln auf den Lippen, deutete
mit dem Zeigefinger über seine Schul
ter in's Nebenzimmer, wo jetzt Alles
still wie das Grab geworden war.
„Lincoln! Lincoln!" rief die ge
ängstigt« Mutter nochmals, indem sie
sich der Thür nähert«, neben der Sam
Li, das blitzende Messer in der Hand,
«noch immer lehnte. Aber kein Laut
blickte sie Etwas, was ihr das Blut ge
rinnen machte eine regungslose, mit
dunklen Flecken auf dem weißen Nacht
gewand bedeckte Gestalt ihr Sohn
„Geld sagte nun Sam
Li, ganz gleichmüthig und geschäfts
mäßig. „Du aib mir Geld ich Dich
lasse leben. Alles Geld im Schrank
dort will ich!"
Da erhob die Frau blitzschnell ihre
Waffe. Der Mörder, der dieselbe bis
dahin nicht in ihren Händen vermuthet
hatte, warf sich jedoch wie ein Tiger
nun ein stummes, grausiges Ringen.
Ein Schuß ein Knall, und mit
einer gräßlichen Verwundung stürz»
der Mongole in seinem Blute auf den
Boden. Er wälzte sich und ächzte vor
Schmerz.
Frau Breyer trat an ihn heran,
blickte in die von Schmerz und Grimm
verzerrten Züge des Unholds, und sah,
daß die Schatten des Todes schon über
dem Haupte des Mörders schwebten.
Eilenden Schrittes trat sie in das
nächst« Zimmer, schloß die Thür hin
ter sich ab und warf sich dann thränen
losen Auges auf die Leiche ihres Soh
nes.
So fand sie Herr Brey«r, als er am
nächsten Mittag auf s«in«r Farm wie
der eintraf. Und als sich diese arme
Mutter am Arme ihres Mannes auf
richtete. da gewahrte dieser mit gehei
mem Schreck, daß ihr sluthendes brau
nes Haupthaar über Nach! ergraut
war.
Das Ehepaar hat sich nie von dem
Schrecken jener Nacht erholt.
Sechs Wochen lang lag die Frau
an einem hitzigen Nervenfieber darnie
der, und in ihrem Delirium spielt« sich
immer wieder die furchtbare Scene ab
zwischen ihr, dem Mongolen und ihrem
Sohn.
Constitution ließ sie allmälig wieder
völlig genesen. Aber der Boden Ka
liforniens, den sie erst mit solchem
Entzücken begrüßt und in dem sie den
allheilenden Arzt für ihren Sohn ver
ehrt hatte, brannte ihr jetzt unter den
Füßen. Es war ihr unmöglich, län
ger dort zu verbleiben, und si« kehrte
nach dem Osten zurück, eine gebeugte,
vorzeitig gealterte Frau. Ihr Mann,
nachdem er seine blühende Farm bald
ohne Mühe und mit gutem Verdienst
verkauft hatte, folgte ihr nach.
Die Enilarvtcn.
An einem heißen Augustabende war
Kränzchen im Kasino. Damen uns
Herren suchten eifrig die kühlen Stel
len des weitläufigen Parkes auf, wo
die „richtigen Pärchen" zusammen
kamen. Ein Bruder Studio, der im
Städtchen die großen Ferien ver
brachte und auch zu dem Feste einge
laden war, hatte sich von günstigen
Beobachtungspunlten aus die Sache
aber im Saale weiter beobachtete, wie
die noch eben so zärtlich vereinigten
Paare aneinander vorübergingen, als
ob sie sich noch me in diesem Leben
gesehen hätten, nur aus
dem Grunde, um ihr höchstes Ge
heimniß nicht vorzeitig vor der Welt
zu verrathen, da heimliche Liebe
stets die reizendste zu sein Pflegt)
beschloß er, die Heuchler zu entlarven.
Während sich bei der nächsten Tour
innen im Saale die Paare im Tanze
schwangen, eilte er außen im Parte
von Bank zu Bank, machte über die
Lehne der ersten einen, über die
Lehne der zweiten zwei Strich«
u. s. f., bis sämmtliche Bänke mar
kirt waren. Als dann nach der näch
sten Erholungspause die Pärchen in
den Saal zurückkamen, waren sie so
hübsch nummerirt, daß auch das ge
wandteste Spiel nicht mehr über die
wahren Gefühle hinwegzutäuschen
vermochte man konnte ihnen
ihre „Zusammengehörigkeit" mit aller
Bequemlichkeit vom Rücken ablesen
was besonders für manche Mama sehr
interessant war.
Erwischt. Onkel (in dem
Reisegepäck seines Neffen nachsehend):
„An Deinem Ueberrock hängt ein
Zettel mit einer Nummer?!" Neffe:
„Ich war vorgestern im Concert, da
ist wahrscheinlich die Garderobe-Num
mer d'rangeblieben!" Onkel: „Aber
auch an der Hose hängt eine solche
Nummer. Man gibt doch gewöhnlich
nur den Ueberrock in der Garderobe
ab."
Reeller Ausverkauf.
Kaufmann: Sie, Meier, schneiden
Sie' heute Abend lauter Reste von
fünf und sechs Meter herunter, und
Sie, Huber, bestellen gleich von un
serm Schneider wieder drei Dutzend
vorjährige Mäntel!
Auf der Insel ZlliM.
Reich an Naturschönheiten und be
rühmt wegen der balsamischen Luft,
ist die im Canal gelegene Insel Wight
eines der herrlichsten Plätzchen engli
scher Erde. Von Porttmouth ist die
Insel nach kurzer Fahrt zu erreichen
.und zwar landet der Tourist in dem
hübschen Badeorte Shanklin, das, noch
vor wenigen Jahren ein unscheinbares
Fischerdörfchen, jetzt durch die aus
allen Enden der Welt zuströmenden
Touristen, zu ansehnlichem Wohlstand
gelangt ist und sich zu ein«m reizenden,
mit bestem Comsort ausgestatteten
Badeorte emporgeschwungen hat.
Shanklin.
Berühmt ist das poetische Pfarr
häuschen von Shanklin, welches von
den köstlichsten Myrthen so dicht um
sponnen ist, daß auch nicht ein einziger
Eine prächtige Partie bildet ein Aus
flug nach „Shanklin Chine". Dem
vom Ufer aus Herannahenden gähnt
über die schmalen Stege, welche to
sende Bäche überbrücken, zu wandern
und zwischen zerklüftetem Felswerk
und steilen Felswänden, über Geröll
zu genießen!
A u 112 d e r H ö h e v 0 n Shanklin.
Weiter geht es auf buschigen Pfa
den. durch den mächtigen Bergrutsch
nach dem lieblichen Bonchurch mit sei
ner malerischen Scenerie, die ein ent
zückendes Durcheinand«r von Wald
und Wasser, von Fels und Thal, von
schwellenden blühenden
Gärten, italienischem Himmel und
sonniger See bietet. Hier, wie in
Ventnor, blühen selbst im Winter
Myrthen, Fuchsien, Clianthus, Verbe
n«n, selbst Rosen in freier Natur;
Frost und Schnee sind hier unbekannte
Elemente. Ueberhaupt ist der ganze
südliche Th«il der Jns«l durch Fels
geschützt, sodaß das mildest« und ge
sundeste Klima hier herrscht.
M"
Alte Sachsenkirche in Bon
church.
Inmitten dieser anmuthigen, auch
durch die seltsamsten Klippenformatio
nen auffallenden Gefilde steht als
Denkstein vergangener Zeiten eine
laubumhüll!« pittoreske, über achthun
dert Jahr« alte Sachsenkirche, deren
Kanzel und südlicher Thürflügel von
höchstem, lunstgeschichtlichem Interesse
sind. Die Kirche ist von allen Buchen
umrahmt, unter deren Schatten di«
gen.
gantischen, aus unzähligen Bergstür
zen erstandenen Klippenstraße, wan
dert man fast zwei Stunden lang bis
internationalen Verkehrs! Das ehe
malige klein« Fischerdorf strotzt "tzt
von vornehmen Hotels und Privathäu
sern, die gesammte elegante Welt findet
sich hier zusammen, und auf der ES
denkbar größte Das
milde Klima, die geschützte Lage haben
das „in «wiger Blüthe stehende" Vent
zugsweis« im Winter auf, um sich vor
den Schrecknissen des London«! Nebels
zu flüchten.
V«ntnor und das von kräftig«?
Brise umwehte Sandown sind «cht ei
gentlich die Heimstätten des englischen
Sportlebens: Tennis-, Football-,
Golf-, Cricket-, Ruder- und Segel-
Clubs gibt es in zahlloser Menge, und
am Strande entfaltet sich ein buntbe
wegtes Leben und Treiben. Dort
sieht man Herren, Damen und Kinder
in lustigen Cavalkaden aus Pferden
und Eseln die Ufer entlang reiten, oft
weit über Land auf Entdeckungsreisen
«der zum vielverheißenden Picnic; dort
wieder fahren die Badewagen mit Be
rittenen in den Canal hinein, in wel
chem, oft nur eine kurz« Strecke von der
Badest«lle entfernt, dunlelbesegelte Fi
scherboote ankern oder slottgerud«rte
Canoes durch die Wellen schießen.
Beide Geschlechter finden hier am
Strand« ihr« Unterhaltung darin,
ihre Freunde und Freundinnen in dem
meist weithinaus recht flachgeebneten
Wasser sich tummeln zu sehen.
Straße in Bonchurch.
Unter die behaglich sich sonnenden
Menschenmassen mischen sich die Ver
käufer mit ihren Körben voll Obst,
Krabben oder frischer Milch. Der
Wanderphotograph läßt für einen
Sixpenc« die Herrschaften allein oder
in Gruppen „sitzen"; der imitirte Ne
ger singt und spielt das zehnsaitig«
Bandol, und die kleine Welt möchte
di«, sich international-beliebte
Kasperletheater um Alles in der Welt
nicht missen. Diese kleinen, fast durch
weg hübschen, Krausköpfigen Menschen
ben Brunnen, naschen bei guten
Freunden herum, kokettiren dann da
zwischen immer wieder mit dein Salz
wasser und verbringen so auf die denk
bar gesundeste Weise den Vormittag.
Auch später bis zum Sonnenuntergang
V e n t n 0 r.
geräth zum Krabben- und Quallen
fang ihr Wesen. Dann werden sie
endlich von oer langmüthigen, leise ihr
Füßchen umschmeichelnden Mutter
See gemahnt, das tangumwucherte,
moosige Terrain zu verlassen; und sie
retiriren natürlich nur Schritt für
Schritt die sacht anschwellenden
Wellen immer noch haschend, bis das
Meer zuletzt Ernst macht und die zu
rückkehrende starke Fluth schäumend
gegen das Bollwerk und die Felsen
spritzt.
Dies bewegte Badeleben, wie Vent
nor und Sandown es bieten, wieder
holt sich in ebenso reichen und bunten
Formen noch in dem fast großstädti
schen Ryde mit seinem eziormen, über
dreitausend Fuß weit in's Meer hin
einragenden Eisensteg, auf dem sich ein
luxuriös eingerichtetes Restaurant be
findet und auf dem eine Pferdebahn
den Verkehr von und zu den Dam
pfern vermittelt.
nigin Victoria.
Deplacirte Redensart.
„Kann ich Herrn V. sprechen?"
„Mein Mann ist eben ausgegangen,
wenn Sie aber eine Minute warten
wollen, in einer halben Stunde wollte
er wieder zurück s«in!"
Ansteckend. Mann (Abends
vor Deinem Bett fortnehmen Du
wirst immer bösartiger, je länger es da
liegen bleibt!"
Meditation. Der Jockele-
Bauer (einen Dieb beim Einsteigen in
sein GeHöst überraschend): Laß ich ihn
erst einsteigen und steig' ihm dann
drinnen nach " oder steig' ich ihm vor
dem Emsteigen den Buckel 'nauf?!
Glück im Spiel, Unglück
inder Baronin: „Haben Sie
auf eines unserer Pferde gewettet, Herr
von Langen?" Baron: „Ja und lei
der habe ich darauf gewonnen." Ba
ronin: „Leider?" —Baron: „Ja, Gnä
digste muß ich nicht bedauern, mit
Ihnen Glück im Spiel zu haben?"
Komische Thiere.
Die Kuhantilope ist das Gigerl un
ter den Vierfüßlern; das unglaublich
lange, gerade Gesicht, auf dessen hoher
Stirn die kurzen,blonden Haare hübsch
wohlgeordnet liegen, macht mit den
langen Ohren und den unsäglich dumm
und blasirt blickenden Augen genau
den Eindruck eines Gig«rl, ein Ein
druck, der noch verstärkt wird, wenn
man das Thier auf feinen langen dün
nen Beinen mit würdevoll gehaltenem
Kopf dahinstelln sieht. Unendlich ko
misch sieht «s aus, wenn das Thier mit
dieser geradezu nichtssagenden Physi
ognomie, in der sich nur große Gleich
giltigkeit und sehr wenig od«r gar
keine Gehirnthätigkeit offenbart, breit
spurig dastehend, den Besucher seines
Heims bewegungslos mit blödem Blick
anstarrt und nach einiger Zeit dann,
Kuhantil 0 pe.
ohne «ine Miene zu verziehen, sich ab
wendet und selbstbewußt dahinstelzt.
Gerade solche Gesichter mit demselben
nichtssagenden Ausdruck sieht man zu
weilen auf belebten Straßen und Pro
menaden gewissermaßen als Ruhe
punkte in dem Gewirr d«r verschiede
nen lustigen oder ernsten, bedeutenden
oder unbedeutenden Gesichter austau
zenden Gang der meist in helle Stoff«
gehüllten Träger dieser Physiognomien
beobachtet, dann wird die Ähnlichkeit
mit der Kuhantilope besonders frap
pant. Uebrigens ist die Kuhantilope,
der Tetel oder Tora der Araber und
Abefsinier, ein Thier von beinahe
Hirschgröße, auf dessen langem, gera
dem Schädsl zwei hoch auf der Stirne
aufgesetzte Hörner stehen, die erst nach
vorn und aufwärts gebogen, bald aus
einander streben und mit aufrecht ste
hender Spitze sich nach hinten umbie
gen; im unteren Theile sind die Hörner
mit Wülsten versehen. Ein einförmi
ges, röthlichbraunes, kurzes Haar be
deckt den Körper, nur die Schwanz
quaste ist dunkel gefärbt. Di« Kuh
dem Reifenden schon von Weitem durch
ihre sonderbare Gestalt auf. Die Be
wegungen der Kuhantilopen sind im
'
Tanzendes Guanaco.
Ein anderer komischer Geselle ist d«r
den Hals und d«n Kops eines Kameels.
Ein grau-rothbraunes Fli«ß aus kur
zen, seinen Woll- und längeren Gran
nenhaaren bestehend, bedeckt den Kör
per, auf dessen Unterseite die Färbung
in ein fahles Weiß übergeht, das
große, braune Auge ist eindrucksvoll,
die schmalen, behaarten, ziemlich lan
gen Ohren sind sehr beweglich. Die Ge
birgsabhänge der Kordilleren Süd-
Anierikas vom Feuerlande bis nach
dem Norden Perus sind die Heimath
dieser Lamaart, sie l«b«n g«fellig in
Rudeln bis zu hundert Stück und sind
schwer zu jagen, da sie außerordentlich
scheu und flüchtig sind. Nur ih« große
Neugierde bringt si« manchmal in dle
G«>valt des Jägers.
Bäumendes Guanaco.
Wenn der Guanaco in Erregung ge
räth, wird er zum vollkommenen
Clown, er gefällt sich dann in den ver
rücktesten Stellungen und Bewegungen,
bald biegt er mit erhownem Kopf den
Hals zurück, spreizt die B«ine und
geht auf eine drollig« Art tänzelnd um
her, bald 'bäumt er sich hoch auf und
springt mehrer« Male nacheinander auf
die sonderbarste W«ise in die Höhe,
dann stolzirt «r wieder im schaukeln
den Paßgang umher oder steht plötzlich
still, kurzum er nimmt di« verschieden
sten und komischsten St«llungen ein.
Wenn etwas Fremdartiges di« Neu
gierde der Guanacos in hohem Grade
erregt, dann kommen sie oft ziemlich
nahe an die Karawane der Reisenden
heran und bezeigen unter verrückten
Sprüngen ihr« Neugier. Darwin hat
häufig freilebende Guanacos beobach
tet. „TriM man," sagt er, „zufällig
plötzlich auf ein einzelnes Thier oder
auf einig«, so bleiben sie gewöhnlich be
wegungslos stehen und sehen einen
starr an, bewegen sich sodann einige
Schritt« fort, drehen sich h«rum und
äugen wieder. Auf d«n Bergen des
lichste Weise, gleichsam als Herausfor
derung. sich bäumten und in die Höhe
sprangen/'
TaS Bicycle im Dienst« des Tignal
vorps.
Seit Kurzem wird das Fahrrad im
Dienste des Signalcorps unserer Bun
des-Armee mit ausgezeichnetem Erfolge
bei dem Legen und Aufnehmen von
Telephon- und Telegraphendrähtm
verwendet. Der zu spannende Draht
befindet sich auf einer an der Maschine
angebrachten Trommel und bei der
Vorwärtsbewegung wickelt er sich ab.
Das Fahrrad des- Signal
corps.
Hinter dem Sattel befindet sich ein Be
hälter mit Telegraphen- und Telephon
instrumenten. so daß in kürzester Zeit
an einer beliebigen Stelle «ine Station
etablirt werden kann. Bei den in
Texas in ausgedehntem Maße ange
stellten Versuchen hat sich die Maschine
in jeder Weise bewährt.
Entschuldbarer Irrthum.
„Kleener Strampelfritz«, jeb'n Sie
mir mal 'n Bischen Feuer!...
.. .Alle Mtter... die FrauOberft!"
Bedenklich. Sie (ängstlich):
„Nun. hast Du mit Papa gesprochen?"
Er: „Jawohl!" Sie: „Und was
sagte er?" Er: „Gott sei Dank!"
Moderne Kritik. Kriti
ker (zum Chefredakteur) Ich verreise
auf einen Monat; hier haben Sie die
Rezensionen über die nächsten zehn
Theater-Premieren!
Auch ein« Kritik. A.:
„Nun also, was sagen Sie zu unserer
Primadonna?" B.: „Thatsächlich
herrlich! Sie steht auf der Höhe ihrer
künstlerischen Leistungen, in der gan
zen prunkvollen Schönheit und Anmuth
vergangener Jahrzehnte!", .