Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, August 30, 1895, Page 2, Image 2

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    2 Di«a>nd.
Ich schau' dich an so wehmüthig»
Du blondgelocktes Kind,
Und fühl' es tief, wie selig
Wohl deine Eltern sind.
Was ist das Gold der Reichen,
Was auf der Stirn ein Kranz,
Kind! gegen deine Locke»
Und deiner Augen Glanz?
Und was sind alle Stimmen
Vereint zu Ruhm und Preis
" Gegen dein süßes Lallen
Und meine Thräne heiß?
O Kind! mir sagt dein Lallen«
Hast Lieb' und versäumt.
Und hast dein Leben einsam
In Baskerville's Ueberfttzung?
r»is liiii o.
Xoct Ol,! I lssl it clesplx,
Theezwieback der Kaiserin.
i.
Wer sollte sich nicht des berüchtigten
»Continental - Systems", jener ver-
politisch«» Zwangsmaßregel
Vernichtung der englischen Manusactu
«n, vermittels Absperrung des Ex
porthandels, berechnet war? Mit
wie unerbittlich«! Strenge der französi
sch« Gewalthaber die Ausführung die
ser Maßregel überwach«» ließ, davon
gaben die zahllose» Confiscation«», di«
vielen Scheiterhaufen werthvoller Pro
dukte aller Zw«ig« d«r englischen Indu
strie aus fast alle» europäischen Han
delplätzen die traurigsten Zeugnisse.
Nicht blos die Steuerbehörden hand
habten schonungslos diesen den Handel
des ganzen Continents schädigend«»
Barbarismus des, insbesondere gegen
England wüthenden Welteroberers;
auch die weithin verbreitete geheime
Polizei desselben war angewiesen, ge
gen hohe Belohnung in derselbe» Rich
tung zu wirke». Und man ka»n sich
denken, mit welchem Eis«r, mit welcher
Gewissenlosigkeit die edlen Genossen
dieses würdigen Instituts napoleoni
sch«! Spionag« sich ihrer Ausgabe un
erzogen, wenn wir nur erwähnen, daß
ihnen im Voraus die Hälfte desßeute
werthes zugesprochen war für jeden
Contraventionsfall, den ihre Späher
blicke entdeckten.
Glücklicherweise trug auch hier, wie
fast immer, die böse That ihre Strafe
t» sich selbst. Die geringe Willfährig
keit, welche Rußland den Gesetze» des
Continental - Systems bewies, verlei
tete Napoleon zunächst zu jenen feind
seligen diplomatischen Kundgebungen
gegen diese Macht, aus welchen sich
alsbald der Krieg gegen dieselbe ent
wickelte derjenige Krieg, den man
mit Recht als den „Anfang des Endes"
der damaligen napoleonischen Herr
schast bezeichnet hat.
Als der General Savary Polizei-
Minister war, unterrichtete er eines
Tages den Kaiser von den in der letz
teren Zeit entdeckte» Fällen, welche die
verpönte Einführung englischer Waa
re» in Frankreich selbst zum Gegen
stände hatten. Napoleon bemerkte dem
Minister in etwas ungehaltenem Tone,
daß die Polizei es an Wachsamkeit feh
len lasse. Denn er wisse genau, daß
von vielen hochgestellten Personen
Contrebande in Paris eingeschmuggelt
werde, die unentdeckt bleibe.
Savary, welcher Ursache hatte, die
Wahrheit dieser Bemerkung zu fühlen,
entgegnete, daß die Entdeckung mancher
Contraventionen durch die Rücksichten
erschwert werd«, die sich gegen eben jene
Personen nicht aus de» Augen setzen
veßen.
„Rücksichten?" herrschte er den Po-
Nichts i» der Welt darf Rücksichten zu
hoch gestellt
„Hoffentlich nicht höher als das Ge-
~!re-"
sichten die Erfüllung Ihrer Pflichten
lhrer Majestät der Kaiserin."
Napoleon stutzte.
„Josepkiine?" fragte er aufhorchend.
.Ja. Sire."
„Sind Sie Ihrer Sache gewiß, Sa
vary?"
.Zuverlässig."
„Es sollte mir leid thun, Josephin«»
«meFreude »«rderben zu müssen," sagte
jkavole«. während er einige Male mit
raschen Schritten das Zimmer durch
mak- Dann fuhr er, gegen Savary
gewendet, fort: „WaS wissen Sie da
von? Lassen Sie hören!"
„Sich«re Agenten, Sire, benachrich
tigten mich, daß Ihre Majestät regel
mäßig jeden Monat eine Kiste engli
sch» Stoffe empfangen, die mit der
Bezeichnung: „Theezwieback für Ihre
Majestät die Kaiserin" versehen, aus
schuldigem Respect weder an der
Grenze, noch von den hiesigen Beamte»
vorschriftsmäßig geöffnet wird. Ich
war einmal so indiscret, mich durch
den Augenschein von dem Inhalt« einer
solchen Kiste zu überzeugen. Indeß
wagte ich es nicht —"
„Mir davon zu sagen? Darin tha
ten Sie Unrecht," sagte Napoleon mit
verweisendem, doch »icht strengem
Ton«.
„Gestern, Sire," bemerkte der Mi
nister, „ist wieder /ine solche Kiste an
gekommen. Ich habe sie, bis auf wei
tere Ordre, im Revisions-Bureau zu
rückbehalten lassen."
„Das ist gut, Savary. sehr gut.
Senden Sie mir sogleich den General-
Steuerdirector. Ich werde die Sach«
machen."
11.
Mußten Millionen Menschen den
Druck des Continental - Systems sehr
schwer empfinden, so vermocht« doch die
Kaiserin Josephin« nicht, sich demselben
zu fügen. Sie hatte fast immer nur
englische Stoffe getragen und dieselben
nebst anderen Luxusartikeln aus Lon
don bezogen. Dieser Gewohnheit wollt«
sie um leinen Preis entsagen, und doch
durften diese Gegenständ« nicht m«hr
den Canal Passiren.
Ein« List mußte aushelfen. Und
diese gelang anfänglich so vortrefflich,
daß die drakonische Strenge, mit wel
ch«r das Einfuhr - Verbot ihres Ge
mahls gehandhabt wurde, der Kaiserin
durchaus kein« Sorge mehr macht«.
Sie hatte nämlich «inen Pariser Spe
diteur, Agenten eines Londoner Hand
lungshauseS, in's Vertrauen gezogen,
und dieser vermittelte.nun di« Sach«
genau in der Weise, wi« Savary dem
Kaiser berichtet hatte.
Wie sehr mußte es daher die Ver
wunderung erregen, als
von 40,000 Francs, in Wirklichkeit
Wetter nichts enthalte, als Theezwie
gen sei.
Josephin« zahlte dem Agenten den
Rechnungsbetrag mit 40,000 Francs
und empfahl ihm, dafür Sorge zu
dung der nächsten Kiste mit der größ
ten Aufmerksamkeit verfahre.
Nach Verlauf von vierzehn Tagen
ging bereits die neue Sendung ein.
Diesmal wurde die Kiste in Gegenwart
eines vertrauten Hausbeamten der
fünden worden war. Aber dasselbe
Spiel wiederholte sich. Statt kostbarer
Seidenstoffe fand man nichts als
Zwieback!
Di« Kaiserin zahlte abermals, ver
muthete indeß, dasOpser eines in Lon
don vollführten Betruges zu sein. Auch
der Agent, dessen Rechtlichkit notorisch
war, neigte sich dieser Vermuthung zu.
Man beschloß daher, die verpönten Ar
tikel nicht mehr aus London, sondern
von «inem Glasgower Handlungs
hause zu beziehen.
Der Agent traf hi«rzu die nöthigen
Einleitungen, und mit gespannter Er
wartung sah man der c«sten Lieferung
entgegen. Es mußte sich nun zeigtn,
ob der Verdacht, den man gegen das
Londoner Haus gefaßt hatte, begrün
det sei. Denn der völlig unverletzt be
fundene Verschluß t-ec letzten Kiste ließ
nicht den geringsten Argwohn aufkom
men, daß dieselbe auf dem Wege von
London nachParis könnte geöffnet und
beraubt worden sein.
Endlich langte die Sendung an.
Die Siegel, die Schnüre der Kiste wer
den besichtigt und man findet Alles in
der besten "Ordnung. Als man aber
öffnet, erblickt man nichts als Thee
zwieback!
Josephine war von sanfterGemiiths
art. Jetzt aber ging ihr die Geduld zu
Ende. Sie zahlte zum letzten Male
und beschloß, dieses kostspielige Contre
bandire» auszugeben, dagegen aber
Alles aufzubieten, um hinter das Ge
heimniß zu kommen, welches ihre
Schatulle bereits um 120,000 Francs
geprellt hatte.
Dieses Verlangen losephinens ging
bald in Erfüllung. Ein in die Sache
eingeweihter kaiserlicher Beamter klärte
sie auf. Napoleon selbst hatte die mit
der Bezeichnung: „Theezwieback für
Ihre Majestät die Kaiserin" ankom
menden Kisten öffnen und die kostba
ren Stosse durch Theezwieback ersetzen
lassen. Darauf waren die Kisten mit
eigens zu diesem Zwecke angefertigten
Siegeln wieder verschlossen und dem
Agenten Josephinens ohne Weiteres
verabfolgt worden.
111.
gespielten Intrigue, wenn ?.uch
nicht zu rächen, doch aber sich zu ent
schädigen. Und die Gelegenheit hierzu
hatte sich bald gefunden.
Entdeckung jenes Geheimnisses speiste
der Kaiser bei ihr ju Aütag. Seiner
Gewohnheit nach trank er nach Tisch«
eine klein« Tass« Kaffee, plautxne ein
halb«s Stündchen mit Josephine und
schickt« sich dann zum Fortgehen an.
Diesen Augenblick hatte die Kaisen»
abgewartet.
„Apropos, Sire," wandte sie sich mit
der ihr eigenthümlichen Liebenswür
digkeit an Nopoleo», „ich habe ein
kleines Anliegen, das keinen Aufschub
leidet."
„Lassen Sie hören."
„Mein« Kass«, Sir«, ist etwas er
schöpft, und Sie haben «ine klein«
Rechnung bei mir, die Ihr Schatzmei
ster nicht bezahlen will."
„Weshalb nicht?"
„Er beruft sich auf Ihren Befehl."
„Dann» freilich, ist der Mann ent
schuldigt," sagte der Kaiser mit unter
drücktem Lächeln.
„Aber ich komme damit nicht zu mei
nem Gelde. Ich bitte also, Sire, zu
befehlen, daß man mich bezahle. Es
ist ein Gegenstand, der Ihre Haushal
tung betrifft."
„Also nicht von Bedeutung?"
„Nur für einige Kisten englischen
Theezwieback. Ich weiß ja, Sie lieben
ihn, obgleich Sie di« Einfuhr verboten
haben. Ich habe ihn daher für meine
Rechnung bezogen."
„Daran thaten Sie Unrecht, mein«
Liebe? doch will ich, Ihrer guten Ab
sicht wegen, eine Ausnahme gelten las
sen. Wieviel beträgt die Rechnung?"
„400,000 Francs, Sire," sagte Jo
sephin«, dem Kaiser «ine Rechnung
über zehn Kisten Theezwieback präsen
tirend. Mit «in«m Gemijch von Ueber
raschung und verbissenem Lachen sah
Napoleon bald Josephinen, bald die
Rechnung an.
„Das ist ja entsetzlich theuer!"
„Der Zwieback an sich, Sire, ist
wohlfeil. « Aber Ihr« Steuerbeamten
haben ihn so vertheuert,'" erwidert« di«
„Für 400,000 Francs «rhi«lte man
ja zehn Kisten der kostbarsten Seiden
zeuge!"
„Das glauben Sie nicht, Sire. Die
englischen Zeug« sind jetzt um keine»
Preis m«hr zu hab«». Schon mit dem
Zwieback hatte ich mein« Noth, ihn zu
erhalten."
„Wohlan, der Noth wegen, die Sie
damit "«habt haben," sagte d«r Kaiser,
„sollen Sie bezahlt werden. Aber,
Liebt, lassen Si« mir keinen Zwieback
mehr kommen."
„Ohne Sorge, Sire —Si« sind noch
aus lange Zeit versehen." antwortet«
Josephin« mit schalkhaftem Lächeln,
als ihr Napoleon di« Rechnung über
gab, nachdem er di«s«lbe mit seiner
Zahlung» - Anweisung v«rs«h«n hatte.
» » »
Als Savary, dem der Kaiser von
der Kontribution erzählte, in welche
Jostphine ihn genommen hatt«, tinige
Zeit darauf gegen denselben bemerkte,
daß Ihre Majestät keinen Theezwie
back mehr kommen lasse, erwiderte er
lächelnd:
„Das glaube ich, Savarh; es wird
wohl keiner mehr zu haben sein, den
ich nicht schon bezahlt hätte!"
Künstliche Wohlgerüche.
Die Zahl der Parfüms, die der Ehe
miktr, unabhängig von derßlumenwelt,
in seinem Laboratorium erzeugt, wird
immer größer. Es ist zumeist der
Steinkohlencheer und seine Abkömm
werden. Erwägt man, daß Steinkohle
der Rest einer üppig entwickelten Flora
d" Urzeit ist, so kann eigentlich von
einer Neuerzeugung, einerAuferstehung
sowohl der farbigen Blüthenprachi als
der Düste dieser Flora aus ihren
Ueberrosten gesprochen werden. Beson
ders deutsche Gelehrte haben die Che
mie und die damit verbundene Indu
strie der künstlichen Riechstoffe durch
eine Anzahl neuer Entdeckungen geför
dert. Professor Tiemann und Dr.
Krüger verdanken wir den künstlich er
zeugten Veilchenriechstoff, der badifchen
Anilin- und Sodafabrik den künstli
chen Moschus und in einer Holzininde
ner Fabrik wird das künstlich« Vanil
lin fabrikmäßig dargestellt. Auch ein
lentheer dargestellt, das im Duft große
Aehnlichkeit mit Rosenöl hat, ohne es
jedoch an Stärke und Feinheit zu er>
steht. Man ermittelt die Menge Ter-
Gerüchen, die sich vertragen oder nicht
vertragen, schließen.
D«r rechte Mann. A:
„Wie kam es, daß der Mörser Ander
geeignetes Arbeitsfeld." A.: „Was ist
das?" B.: „Motorman auf einer Trol
ley-Car."
Der Schwerenöther.
May: „Ich hab: gestern Abend Arthur
«inen Korb gegeben." Maud: „Nun,
er war ja daraus vorbereitet." May:
.Woher glaubst Du das?" Maud:
„Sr hat sich ja vorgestern Abend mit
Ethel verlobt."
Die rechte Sorte. Freund:
„Waren Sie mit Ihrem ersten Krank
heitsfälle erfolgreich?" Doktor: „Ja,
seine Wittwe zahlte die Rechnung."
Eine wohlthätige Schwesterschaft
In Frankreich besteht eine weibliche
nach bekannt ist, und die es doch ver
dient, wegtil ihrer menschenfreundlichen
Tendenz von allen Seiten unterstützt
zu werden: es ist die Eongregation der
„Dienerinnen der Armen". Das Mut
terhaus befindet sich in Angers. Zweig
anstalten sind in Paris, Joinville und
Perthenay errichtet worden. Die lei
iendc Bestimmung der Eongregation
ist, in den Häusern Dürftiger, wo
Mann und Frau außerhalb ihres
Heims in schwerer Arbeit beschäftigt
sind, die Kranken zu Pflegen und alle
häuslichen Geschäfte, wie Kochen, Zim
merreinigen u. s. w. ohne Entgelt zu
verrichten, ihnen in Allem und Jedem
die Dienstmägde zu ersetzen. Dafür
dürfen sie nicht einmal Speis« oder
Trank annehmen i sie bringen sich
Schwarzbrod und gekochte, kalte Eier
mit. die sie als Mahlzeit verzehren; so
weit ihr« Mittel es gestatten, versehen
sie die Kranken mit Ekwaaren, aller
dings nicht in großem Maße, denn die
Eongregation ist so arm, daß im
Jahre 18S4 die Mutteranstalt sich nur
1630 Francs absvaren konnte, i>- kie
für ihre armen Schützlinge zu verwen
den. Wie nüklich diese ganze Einrich
tung ist, wird Einem e'rst klar, wenn
man vor Augen hält, daß gerade in
Spital herrscht, und daß Viele aus
diesen Gesellschaftsschichten lieber ver
einsamt und verlassen zu Hause das
Bett hüten, als daß sie sich in ein Spi
tal begeben. Die „Dienerinnen der Ar
men", unter denen sich Frauen und
Mädchen aus den vornehmsten Fami
lien befinden, verrichten jede Art häus
licher Arbeit, beschränken sich also kei
neswegs auf die bloße Krankenpflege.
Sie waschen Morgens die Kinder und
kleiden sie an, bessern Kleider und Wä
sche aus, bereiten das Abendessen für
Mann und Frau vor, die dann aus der
Arbeit heimkehren, und ist es nöthig,
so bleiben sie während der Nacht. I»
vielen Fällen stiften sie auch moralisch
Gutes, sie bessern Trunkenbolde, schlich
ten ehelichen Streit und bringen legi
time Heirathen anstatt der in Frank
reich grassirenden wilden Ehen zu
hatte, wird von «iner Schwester das
Folgende berichtet: „Als ich zu ihm
kam," berichtet« sie, „lag er an einer
meinem Eintritt wurde er zornig und
schrie: „Sie hat gewiß mein Weib ge
schickt, ich will aber kein« Schwester
und keinen Geistlichen ich brauch
Euch Alle nicht!" „Lieber Herr,"
antwortete ich, „sehen Sie in mir keine
Ordensschwester, sondern eine Magd.
Da Ihre Frau im Gewerte arbeitet,
werde ich das Haus besorgen. Sind Sie
mit mir nicht zufrieden, so weisen Sie
mir die Thüre." Nach einer Woche
ging es ihm besser. Bis dahin hatte er
mein Thun und Lassen nicht eben mit
freundlichen Augen verfolgt. Dann
richtete er plötzlich das Wort an mich
und erzählte mir seine Lebensgeschichte.
Noch hatte er ein gewisses Mißtrauen
gegen mich, als dieses aber gewichen
war, rückte ich ihm mit der Bitte auf
de» Leib, er möge die Mutler seiner
drei Kinder heirathen. Nach einigem
Sträuben willigte er ein. Nun hatte
ich viele Mühe, zuerst mit der Beschas
zeitskleider. Aber das Alles fand sich.
Am Morgen vor der Trauung ging ich
hin, um die Kinder anzukleiden. Mo
reau bat mich, der Hochzeit beizuwoh
nen. Ich mußte ablehnen, weil die
Ordensregel mir das verbiete. „So las
sen Sie mich Ihnen wenigstens," > bat
er. ..ein Zweiglein von unserem Reseda
stock geben, heften Sie es sich an die
Brust und gehen Sie ein Stück hinter
dem Hochzeitszuge her, damit man
sieht, daß Sie daran theilnehmen."
Das that ich und Moreau war außer
sich vor Freude."
Der NSYrwerlh der Austern.
Der durch eine frühere Untersuchung
festgestellte große Gehalt der Austern
schale» an Phosphor gab Veranlas
sung, nunmehr zu untersuchen, wie
viel Phosphor im Fleisch der Austern
enthalten ist. Es wurde dabei festge
stellt. daß 100 Theile Trockensubstanz
der französischen Austern 1,836 Theile
und 100 Theile Trockensubstanz der
Auster» 2,082 Theile
Phosphorsäure enthalten. Danach
enthält eine französisch« Auster mittle
rer Größe 0,020 Gramm Phosphor,
«ine portugiesifij: gar 0,032 Gramm.
Der Phosphor ist im Austernfleifch i»
organischen, leicht löslichen Verbindun
gen enthalten, so daß er der Aufnahme
in den menschlichen Körper keine gro
ßen Schwierigkeiten bereitet. Daß die
Auster einen oerhältnißmäßig großen
Eisengehalt besitzt, haben schon frühere
Analysen gelehrt, und wegen dieses
großen Eisengehaltes und des neu
constatirten bedeutenden Reichthums
an Phosvhor empfiehlt sich die Äuster
als eine sehr stärkende Nahrung.
Verdacht. Sergeant: „Jette,
ich globe. Du bist mich nicht mehr
treu?" Jette: „Aber warum, mein
Schatz?" Sergeant: „Du kochst
seit einiger Zeit so zerstreut!"
Er fühlt sich getroffen.
Reiienöer: „Kann ich ohne Führer
auf den Kramer gehen?" Bauer:
„Das würde ich Ihnen nicht rathen,
dazu muß man ganz schwindelfrei
sein!" Reisender: „Woher kennen
Sie mich?"
Vilder aus Madagaskar.
Der von den Franzosen gegen die
Ho was unternommene Feldzug l«»kt
die allgemeine Aufmerksamkeit neuer
dings in erhöhtem Grade auf die In
sel Madagaskar. Inmitten derselbe»
liegt die schwer zu erreichend« Haupt
stadt Tananarivo oder Antananarivo,
das heißt die Tausendstätte, welche sich
auf hügeligem G«länd« terrassenför
mig erhebt. Mit ihren vielen Hütten,
zahlreichen größere» Giebelhäuser»
und Kirchen gewährt die Stadt eine»
ganz stattlichen Anblick; bezeichnend
ist die Menge von Blitzableitern, da
es während der Regenzeit fast täglich
Der Königspalast.
regellos geführt, steil, holperig und
bei schlechtem Wetter kaum zu passi
ren. Auf der höchste» Bodenerhebung
Holz dazu 50 bis 60 Meilen weit
runge» und Anstrengungen erlegen
s«m. 1868 hat der Engländer Eame
ron die alten, den Palast umgebenden
balkon niederreißen und neue Galle
rien in Stein ausführen lassen. Die
In Biforna.
die Howas überhaupt, wenig Kunst
g«w«rb«: als Musikinstrument dient
das Sesando. Alle Arten vo» Schmie
dearbeit in Eisen, Kupfer und Mes
sing werden dagegen in wahrhaft vol
lendeter Weise hergestellt. Die Edel
metallarbeiter fertige» zierliche
Schmucksachen u»d feine Filigran
arbeit, auch hübsche Holzschnitzereien
werden ausgeführt. Originell sind
ihre aus einem Ravenalablatt gebil
det« Trinkbecher. Die Ravenala.auch
Baum der Reisenden genannt, ist eine
pisangähnliche, bis 20 Fuß hohe
Pflanze mit langgestielten, großen
Schaufelblättern, die sich sichelartig
auf der Spitze des Stammes erheben.
In den Blattstielscheide» sammelt sich
Sesando.
reines frisches Wasser, das nach dem
Durchstechen der Hülle dem Reisenden
jederzeit eck gutes Trinkwasser lie
fert. Die sehr langen Blätter dienen
zum Dachdecken, als Teppiche, zum
Verpacken, als Tischtuch, Teller, als
Wassers in den Blattstielhüllen be
dienen will. Um unseren Lesern auch
eine Vorstellung von den Dörfern der
Howas zu geben, fügen wir noch ein-
Ansicht bei, die uns in das Dorf
Biforana versetzt. Es besteht aus
einer einzigen Straße von Bambus
hütten und liegt ungefähr auf halbem
Wege zwischen Tananarivo und der
Osttiiste.
Verkürztes Vergnügen.
Mama: „Warum weinst Du denn,
Karl?"
Karl: „Der Fritz krie—kriegt vom
Papa Schlä —Schlag!"
Mama: „Das ist schön von Dir,
daß. Dir Dein Bruder so leid thut."
Karl: „Lei —leid thut er mir nicht,
aber der Papa läßt mich nicht zu
ja in der letzten Zeit auffällig mißge
stimmt!" Commis: „Weil ich zu
den Soldaten komme!" Dienstinäd-
Mn Walser-Zweirad.
Wiederholt ist der Versuch gemacht
worden, das Tretsystem des Fahrrades
auf ein Wasserfahrzeug zu übertragen.
Während man jedoch bischer die Boot
form noch beibehielt und den oder die
Insassen darin unterbracht«, zeigt die
Construction, welch« in unserer Illu
stration dargestellt ist, in dieser Hin
sicht völlig n«ue Züge. Die Fahrma
schine ist ganz über die Oberfläche deS
Wassers versetzt, und der Fahrende
nimmt auf ihr die Stellung wie auf
einem gewöhnlichen Zweirad «in.
Getragen wird die Maschine von zwei
langgestreckten, spitz zulausendenStahl
theil ein Paddelrad, das durch das
Fußgestell der Fahrmaschine in Bewe
gung gesetzt wird. Gesteuert wird daS
ruders am Heck, auf das die Lenkstange
wirkt. Das Gewicht des ganze» Ap
parats beträgt etwa 110 Pfund. Als
Erfinder des eigenartigen, für See»
und Flüsse bestimmten Fahrzeuges
wird ein Spanier, Don Ramon Barea
in Madrid, genannt, und es wird zu
gleich v«rsich«rt, daß di«s«r darin leicht
und schnell über das Wasser gleite. Auf
spiegelglatter Wasserfläche mag dies
zu halten.
Friedrich angelS.
Im Alter von nahezu 75 Jahren
ist in London Friedrich Engels aus
dem Leben geschieden. Als der Sohn
eines wohlhabenden Fabrikanten ge
sehr hervorragende Stellung in der
Friedrich Engels.
Arbeiterbewegung eingenommen. Ist
Carl Marx als der eigentliche wissen
schaftliche Begründer des heutige»
Socialismus zu betrachten, so war
Engels sein durchaus ebenbürtiger
Mitarbeiter. Engels war ein ebenso
fleißiger wie fruchtbarer Schriftsteller,
dessen Arbeiten auch von seinen Geg
ner ein unbestreitbarer wissenschaftli
cher Werth zuerkannt wird.
DaS Bürger-Denkmal.
An der Stätte, wo vor hundert Jah
ren der unglückliche Dichter Gottfried
Das einfache, von einer Bronzebiiste
gekrönte Monument wurde unter gro
ßer Betheiligung der Einwohner Göt
tingens enthüllt. Die Büste ist von
Pros. Gustav Eberlein in Berlin mo
dellirt und gibt die Zine des Dichters
nach dem besten Bildniß, das vorhan
den ist, getreu wieder.
Di« Wahrheit über al
les. Bürger (mit dem Herrn Pfar
rer die Gasthaiisstube verlassend):
„Hochwürden, lassen Sie mich gefäl
ligst vorausgehen, daß ich meiner?srau
Gemüthlich. Richter:
erzähle» Sie mir einmal de» ganzen
Vorgang, wie Sie es anstellen, wenn
Sie eine Kasse erbrechen?" Ein
brecher: „Aber i' bitt' Sie, Herr Rich-
Conventionelle Lügen.
Verstellung und Heuchelei werden
im Allgemeinen auf das Tiefst« ver
achtet, auf das Schärfste verurtheilt.
in der Armuth überall begeg
nen wir auf Schritt und Tritt der
Verstellung und der Heuchelei. Macht
einmal ein echter Menschenfreund,
welcher die Wahrheit über Alles liebt,
den Versuch, diesem häßlichen, verder
benbringenden Unwesen energisch ent
ihm wohl mit mitleidigem Lächeln:
Die Welt will betrogen sein, und da
den! Ja, wer nicht mitmacht, der
wird ausgelacht. Was Hilst alles
Reden, alles Mahnen und Warnen
Verstellung und Heuchele! existiren, so
lange die Welt steht, und sie werd«»
erst schwinden mit dem Ende der
Tage.
Wie oft kommen wir doch in di«
Lage, Freundlichkeit und Liebenswür
digkeit zu heucheln, während unser«
Seele von den entgegengesetzten Ge
fühlen erfüllt ist! Ich will mir er
lauben, hier einige Beispiele anzufüh
ren. Zwei angesehene Bürger der
Stadt, nebenbei auch Concurrenten,
bewerben sich um ein einträgliches
Amt. Die Wahl fällt aus den jünge
ren der beiden Bewerber. Nach der
Wahl treffen die Herren einander auf
der Straße; der Durchgefallene" be
grüßt und beglückwünscht den „Sie
ger" auf das Herzlichste, während er
im Innern fast vor Neid vergeht.
Allein der Eoncurrent bekleidet jetzt
ein wichtiges Amt, und da heißt es,
gute' Miene zum bösen Spiel machen!
Gehe» wir zu einem zweiten Beispiele
Über. Eine Familie sitzt gemüthlich
am Kafseetisch. Da tritt das Dienst
mädchen in's Zimmer und überreicht
der Hausfrau eine Visitenkarte. Die
Dame wirft einen Blick auf die Karte
und ruft dann ärgerlich aus: Es ist
doch zum Tollwerden, daß dies«
schrecklich« Personen gerade jetzt uns
störe» muß! Wird der Besuch etwa
abgewiesen? O nein, die Dame be
sitzt großen Einslich, sie kann viel
nützen, aber auch viel schaden! Sie
darf deshalb nicht abgewiesen werde»,
nein, sie muß auf das Freundlichste
und Liebenswürdigste empfangen wer
den, während man sie im Still«»
dorthin wünscht, wo der Pfeffer
wächst. Und die Dame des Hauses
eilt mit freudestrahlendem Gesicht aus
ihre» Befuch zu und sagt mit ein
schmeichelnder Stimme: „O wie
schön von Ihnen, wie liebenswürdig,
daß Sie wieder einmal an mich den
ken! Ich kann Ihnen gar nicht sa
gen, wie sehr mich Ihr Besuch erfreut
und beglückt." Doch kaum hat sich
der Besuch wieder entfernt, da athmet
die Hausfrau, wie von eintm schwe
ren Alp befreit, erleichtert auf und
ruft vergnügt: „Gott sei Dank, daß
dies überstanden ist! Nun habe ich
ja wieder einige Wochen vor ihr
Ruhe. Nein, nein, ich kann gar nicht
sagen, wie dieser Besuch mich ge
langweilt und aufgeregt hat!"
Die angeführten Beispiele bedürfe»
keines Commentars. Wir leben in
einer Welt der Falschheit und der
Heuchelei. Und warum ist die Welt
so falsch und so voll Heuchelei? Weil
die Menschen heuchlerisch und falsch
sind. Was bilft alles Klagen, alles
Kammern über die schlechten Zeiten,
über die verderbte Welt? Erst wenn
die Menschen besser werden, dann
wird auch die Welt, dann werden
auch die Zeiten besser sein. Aber wer
soll den Ansang machen? Ein Jeder
mit sich selbst und in seinem Hause;
er kehre nicht erst vor des Nachbars
Thüre, sondern vor Allem vor der
eigenen, er i'ebe nicht den Splitter im
Aua: des Nächsten, sondern in erster
Linie den Balken im eigenen Auge!
Allein wann wird diese neue Aera an
heben? Das mögen die Götter wissen!
?le>N!oNs dauert es noch aeraume
Zeit. Ein aut Ding will Weile ha
b:n, sagt das Sprichwort.
Theorie uns PrarlS.
Herr Vrablmnrr ssich in seinem Heim
eine Rede für ein-Mass-nversammlung
'inst'idirendl: Gebt uns Arbeit! Ja?
Arbeit müssen wir haben, und Arbeit
werden wir baben. und falls sie uns
nicht gutwillig zutheil wird, werden
wir uns Arbeit ergingen! Frau
Vr.ihlmeier (zur Tbür hereinrufend):
Du. Wilhelm, im Keller sind so viel
gl!- Kiste» und Fässer. Willst Du
nicht runtirgehen und mir für die
nächsten Tag- ein bischen Holz klein
machen? Er: „I, fällt mir gar
nÄt ein. laß doch andere sich schinden!
Ich will meine Ruh' hab-n!
Selbstbewußt. Käufe
rin: „Dieser Stoff ist zwar dauer
haft, aber er zeigt nicht das richtige
Himmelblau." Verkäufer: „Aber
ich Hut' Sie, meine Dzme, wir sagt
Ibnen denn, daß der Himmel das rich
tig- Blau hat?"
Schulweisheit. Lehrer:
„Wer kann mir einen verwandtenAus
druck für „Nr-und" sagen? (Die
Schüler schweig-n.) „Nun, wie heißt
ein Mensch, d-r alle- für einen thut,
ohne eine B.'zghlirng anzunehmen?
Ein Kam... nun?" Der kleine
Max (die Hand in die Höhe streckend):
„Ein Kameel!"
Gipfel des Concurrenz
neides. „Der Kunstbutterfabrikant
Talg muß ein recht brotneidiger
Mensch sein." „Und ob, der sieht
jede Kuh als Concurenten,an."
Gleich geholfen. „Sie
haben mir ja zu meiner Verlobung gar
nicht gratulirt." „Na, ich werd« es >
bei der nächsten nachholen."