Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, August 09, 1895, Page 2, Image 2

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    2 I« Tannengrun».
Von Herrn. Klette.
Im Tannengrund verloren steht
Hin altes Kreuz von Stein,
Und eine Waldspur, halb verweht,
"Führt tief den Grund hinein.
Was hier geschah die Tann«
spricht
Davon kein flüsternd Wort;
Das Moos am Steine weiß es nicht,
Wie träumend wächst es fort.
Kein Wasser rinnt, kein Bogel singt,
Hi«r ft«ht so still die Zeit!
Zur Seele bebt, zur Seele dringt
Kein Laut von Lust und Leid.
Und doch wer glänzend, stolz und
groß
Sein eitel Herz berauscht.
Bedenk' es wohl, ob unterm Moos
Der Todte mit ihm tauscht! ,
Gauner Zweier Welten.
Plauderei von W> v. Schierbrand.
Gibt es wohl «in Geschöpf, das mehr
Mitgefühl verdient, als so ein armer,
grüner, harmloser Einwanderer, direkt
von seinen heimathlichen Triften oder
Bergen, auf denen sich sein bisheriges
Leben still und ereignißlos abgespielt
hat, und nun rath- und hilflos inmit
ten des Getümmels einer ihm fremden
und mehr oder minder unheimlichen
Welt? Versetzen wir uns momentan
in die Lage eines solchen Neuankömm
lings, den eben das Schiff gelandet
chat und der nun, sobald er wieder
festen Boden unter den Füßen lpllrt,
inmitten des sinnverwirrenden und
ohrbetäubenden Lärms der Weltstadt
New Dort dasteht; die Laute einer
ihm unverständlichen Sprach« um
schwirren ihn und ein Gefühl der
Bangigkeit bemächtigt sich seiner Seele.
Doch wozu die Situation weiter schil
dern? Unter den Lesern werden viele
sein, die die ganze Trostlosigkeit, welche
den mit kargen Mitteln und wildfremd
Landenden hier überfällt, schon selbst
gekostet haben, und nur deßhalb redete
ich einen Augenblick davon, weil es
nöthig ist, sich den Seelenzustand eineZ
solchen Einwanderers zu vergegenwär
tigen, um die ganze Verworfenheit der
Menschenklasse in das richtige Licht zu
setzen, welche sich die Beschwindelung
des Aus- und Einwanderers zum Le
bensziel erkoren hat,
Wohl ist man gesetzlich schon auf
beiden Seiten des Oceans gegen diese
menschlichen Hyänen vorgegangen, und
es muß ja zugegeben werden, daß der
Schwindel auch der Quantität nach
abgenommen hat, seitdem einzelne der
VerUber mit entsprechender Zuchtbaus-
oder Gefängnißstrase belegt worden
sind. Aber noch immer florirt dieses
Treiben in den europäischen Hafen
städten sowohl wie in New Uork, trotz
aller Fürsorge der Behörden. So ist
L. B. der sogenannte „Gürt'lschw'n
del", trotzdem er schon häufig aufgedeckt
worden ist, noch heute einer der er
folgreichsten und beliebtesten bei diesem
Gesindel. Der „Trick" ist äußerst ein
fach und, glaube ich, gerade deßwegen
so zugkräftig. Bei der Ankunft in
New Aork (häufig auch noch drüben in
Europa) räth man dem Einwanderer
in dem Gasthof, dem „Saloon" oder
dem Wechfelcontor, wo er sich sein
mitgebrachtes Geld in amerikanisches
umsetzen will, sich doch einen Leibgürtel
zur Aufbewahrung seiner Baarschast
anzuschaffen, nachdem man ihm weid
lich vor den vielen Taschendieben, Be
trügern, Bauernfängern etc. gewarnt
hat, die ihm sonst auf der Weiterreise
sicher sein Geld auf irgend eine Weife
abnehmen würden. „Ein Gürtel ist
immer das Sicherste," so heißt's dann.
Man räth ihm, nur soviel Geld bei sich
zu behalten, wie er zur Bestreitung der
Reisekosten braucht. Der Einwande
rer, der Jemand gefunden zu haben
glaubt, der es aufrichtig gut mit ihm
meint, geht gewöhnlich auf diesen Rath
«in, umsomehr als der Gürtel ihn
nichts tosten soll. Der Vorschlag, den
Blei statt der Geldstücke enthält. Da
landt-Street umgewechselt hatte. Ter
betreffende Polizei-Commissär war
ober ein energischer und Iluger Mann.
befindlichen Wechselstubeninhabern, die
ihm seiner Erfahrung nach nicht ganz
.koscher" vortamen, einfach in ' jedem
«inzelnen Falle 90V Dollars zurück,
denn das war der Betrag gewesen, um
den der arme Württemberg» erleichtert
worden war. Der Polizeibeamte
glaubte annehmen zu dürfen, daß die
beiden schuldlosen Firmen ihre Un
schuld schon energisch betheuern wür
den. Die Sacht kam aber ganz au-
deri, denn alle drei „Bankiers
statteten schleunigst die 9<Xl Dollars
zurück, indem sie mit großem Auf
wände von Beredtsamkit behaupteten,
genthümliche Vorfall bewies, daß noch
zwei andere Personen am selben Tage
«uf diese Weise betrogen sein mußten.
Diese zwei anderen Opfer hatten aber
nichts von sich hören lassen, da sie wohl
schon auf dem Weg« nach ihrem neuen
Heim waren. Seltsamer Weife aber
Dieser „GUrtelschwindel" ist indeß
drungen ist, so werden sofort ein hal
bes Dutzend neuer Kniffe erfunden.
Aber man darf wirklich sagen, daß die
billig darüber wundern, daß uralte
Schliche und Tricks, die in der Presse
schon unzählige Male erwähnt worden
sind, noch immer diejenigen sind, die
am meisten Opfer zeugen. So vergebt
z. B. kein Tag während der ganzen
Einwanderungs-Saison jedes Jahr —
April bis October daß nicht einige
Fälle zur Kenntniß der New Uorker
Behörden gelangen, wo es sich um ganz
einfachen Umsatz von gefälschten, min
iderwerthigem oder ganz werthlosem
Geld handelt. Fast unbegreiflich er
scheint's Einem, daß beispielsweise von
dem alten „consöderirten" Gelde, mit
dem sie im Süden thatsächlich Zimmer
tapezirt haben und das heutzutage
nicht mehr Werth hat, als irgend ein
anderer alter Papierabfall, noch häufig
taufende von Greenbacks an Einwan
derer abgesetzt werden. Nicht allein in
New Jork; im Gegentheil häufiger
in Bremerhaven, Rotterdam, Ham
burg oder Liverpool als in Amerika.
Ein besonders schreiender Fall ereignete
sich voriges Jahr, wo ein steirischer
Fabrikant, der zum Zweck« der Bethei
ligung an einer in Missouri anzule
genden chemischen Fabrik hierherkam,
zwei Stunden vor der Abfahrt von
Antwerpen in einem am Hafen belege
nen Wechseltontor einen Theil seiner
Baarschaft circa 12,<XX1 Gulden
gegen solche völlig werthlose Noten der
alten Rebellenstaaten umsetzte. Nicht
eher merkte dieser bezüglich amerikani
scher Verhältnisse doch immerhin kind
lich naive Mann den Betrug, als bis
er während der Uebersahrt eine seiner
Noten dem Steward des Schiffes als
Bezahlung bot. Gleich nach erfolgter
Landung in New Fori wurde natür
lich die Hilfe der belgischen Behörden
per Kabel angerufen, um die Betrüger
dingfest zu mach«n und sie zur Heraus
gab« ihres Raubes zu veranlassen.
Aber zu spät. Das Nest war leer.
Die Schuldigen, in richtiger Voraus
setzung, daß die amerikanischen Behör
den nach der Ankunft d«s Betrogenen
dort Schritte unternehmen würden,
hatten sich mit dein Gelde aus dcm
Staube gemacht und Roß und Rei
ter sah man niemals wieder.
Tragischer jedoch und zugleich
rassinirter war folgender Fall: Ein
polnischer Bauer aus der Provinz Po
sen er war bei Jnowrazlaw daheim
-- reiste nach Detroit. In New Kork
kaufte «r sich ein Ersenbahnbillet. Da
«r aber kein Wort Englisch verstand
und Deutsch auch nur wenig, so fühlte
er sich höchst unbehaglich auf der Reife
und sehnte den Augenblick herbei, wo er
in der Ansiedlung seiner engeren
Landsleute im Staate Michigan an
kommen würde. Der' Pole war eine
kreuzbrave Haut, aber ein wenig sehr
beschränkt. Bei der Abreise in New
Dort hatte er sich fein Geld 2300
Mark in amerikanisches Papiergeld
eingewechselt, und diesen Vorgang hat
ten zwei Deutsch« aus der Danziger
Gegend, die des Polnischen etwas
mächtig waren, bemerkt. Sie beschlos
sen, den dummen Polen zu rupfen,
weßhalb sie ihm folgten. Während
der Reise machten sie sich mit ihm be
kannt, und gesprächsweise ließen sie
viel von gefälschtem Papiergeld verlau
ten, das in New Dort circuliren solle.
Der Pole gerieth schließlich in Angst,
daß auch ihm falsches Geld aufgehängt
worden sei, weßhalb er die Beiden, die
behaupteten, das Echte vom Falschen
sofort unterscheiden zu können, ersuchte,
doch sein Papiergeld zu prüfen. Die
zwei Gauner thaten dies auch sehr
gründlich, sahen dabei öfters in ihre
Notizbücher, in die sie einige Bemer
kungen schrieben, und gaben dann dem
Polen sein Geld wieder zurück mit der
Versicherung, es sei ganz echt und rich
tig. Auf der nächsten Station verlie
ßen die Gauner den Wagen, angeblich
auf den Bahnsteig und erklärten dem
Bahnhofsvorsteher, es sei ihnen eine >
Brieftasche mit P6OO gestohlen worden. >
habe aussteig«n wollen, der ihnen aber
plötzlich aus den Augen entschwunden >
sei.
Was lag nun näher, als daß der >
Stationsvorsteher eine Depesch« ab- >
sandte und zwar nach der Station, wo >
der Zug zunächst wieder halten mußte. >
Die genaue Beschreibung des vermeint
lickenDiebes wurde ebenfalls dep«schirt. l
und der unglückliche Pole daraufhin >
in Haft g«nomm«n. Der eine der bei- i
den Gauner erklärte nun der Polizei, !
w«lch« Greenbacks. wieviel, wie hoch >
und von welchen Nummern, in seiner s
Brieftasche angeblich enthalten gewesen l
seien. Das Ergebnkß der Untersuchung
bestätigte in allen Einzelheiten die
Angaben der Beiden. Selbst die
Nummern stimmten genau. Der Pole,
der in seiner Unkenntnis der Verhält
nisse keinen Advokat genommen hatte
und sich außerdem auch in dem kleinen
Städtchen, wo er in Haft lag, nur
durch einen Dolmetscher nothdürftig
verständlich machen konnte, wurde zu
»inem Jahr Gefängniß verurtheilt, und
seine PMV wurden natürlich dem
schlauen Gauner verabfolgt, der sie als
seinj Eigenthum beanspruchte. Durch
einen Zufall und die Bemühungen ei
nes polnischen Priesters erst kam die
Unschuld des armen Teufels an'sLicht,
sehen bekommen.
Allerdings scheint die Zeit, wo die
Einwanderer-Herbergen an der Bat
tery-, Greenwich- und West-Street in
New Dort Geld wie Heu verdienten —
oder richtiger sich ergaunerten für
von — Es
gab ja einige Jahre, wo die Ziffer der
Einwanderer die Halbemiilion-Marke
jeder Dampfer bis zu 1000 und selbst
ISOV Passagiere an Bord hatte, wo
einer Woche 380 V Auswanderer nicht
befördert werden konnten wegen Man
gel an Raum in de« Schiffen. Das
bezogen. Damals gab es thatsächlich
„Runners" und „Waiters" in einigen
der frequentirtesten Galtbäusern dieser
Art (die natürlich unter dem besonde
ren Schutze der New Uorker Polizei
„dies Kind, kein Engel ist so rein"
operirten), welche in zwei bis drei Jah
ren genug erschwindelt und gestohlen
zur Ruhe zu setzen, und die Eigenthü
mer der Häuser besaßen ihre schönen
Willen in Long Branch oder Saratoga.
Ja, das wäre» noch Zeiten! Jetzt
fließt der Strom der Einwanderung
ja von Jahr zu Jahr spärlicher, und
nug Dinge, die das Licht scheuen und
die den armen Einwanderern gleich
nach ihrer Ankunft in dem Lande der
Verheißung eine üble Meinung von der
hier herrschenden Moralität beizubrin
gen geeignet sind, trotzdem es aner-
Deutsche Gesellschaft in New ?)ork und
ähnliche dem löblichen Zwecke der Be
schützung der „Grünen" dienenden
Körperschaften viel Gutes leisten. Mö
gen auch dies« Zeilen dazu dienen, den
hier Einwandernden zu warnen gegen
Gtudentenprüfungen i« China»
Ganz anders.noch, als unsere ge
plagten Musensöhne, muß der arme
langt dann wieder in Freiheit, nein, er
wird in ein« Zelle gesperrt und muß
drei Tage darin kufchen. Und da er
während dieser Zeit für seine Bedürf
nisse selbst zu sorgen hat, so gebraucht
er außer scinenSchreibmaterialien noch
ein junger Mann gut thut, sich nicht
darauf zu verlassen. Darum nimmt
sich der Chinese einen tüchtigen Vorrath
von Reis, Zwieback, Schinken, hartge
kochten Eiern u. f. w. mit in seine Zelle,
d. h. eine Menge Dinge, die nicht leicht
verderben und die sich ohne große
Mühe zum Essen Herrichten lassen.
Außerdem versieht «r sich noch mit ei
unb? deutende Anforderungen an die
Körperkraft des Prüflings stellt, wenn
irgend «in Diener od«r Träger das
Portal des Prüfungsgebäudes über
schreitet.
Das Schreckenskind.
Klärchen: „Die beiden Freunde Pa-
Deine Wirthschaft recht gelobt."
Frau Pamvelhuber (hocherfreut): „So,
was sagten sie?" Klärchen: „Eine
nette Wirthschaft das bei Pampelhu
bers!"
Entgegenkommend.
Schneider: „Jetzt kann ich aber wirk
lich nicht länger auf mein Geld war
ten. Wie oft soll ich noch den weiten
Weg machen?" Student: „Ja, ich
will Ihnen entgegenkommen. Bis Er>
sten nächsten Monats werde ich ganz
bestimmt in Ihre Nähe ziehen!"
„Was denken Sie über das
Stück der Liebe?"
Von M. Hirschseld.
„Mein theurer Mr. Vanderbiltl
Sie schreiben, morgen wäre Feier
tag, und da hätte ich gewiß Zeit, Sie
zum Diner zu besuchen? Feiertag?
Gut, ich gebe es zu, aber wenn Sie
glauben, daß ich an diesem Tag« feiern
kann, so irren Sie. Ich habe drin
gende Schriftstücke liegen, die ich alle
morgen erledigen muß.
Der „Arizona Kicker" bittet mich um
meine Meinung über die Frag«: „Darf
ein gebildeter Mensch sich mit Tisch
rücken abgeben, und ist dasselbe nicht
gesundheitsschädlich?" Der „Tomb
stone Firebrand" will die Fragt ent
tet darüber «ine Enquvt« bei sämmt
lichen Gelehrten der Vereinigten Staa»
tcn, einschließlich der Jndianer-Zau-
Humbug" fragt mich aufs Gewissen:
„War Brigham Aoung, der Mormo
nenhäuptling, ein großer Mann oder
Papers": „Was Sie über das
Glück der Liebe?"
Wenn ich die Beantwortung dieser
Anfragen verweigere, dann ist es um
meinen Ruf als geistreich«! Mensch
und Gelehrter geschehen und ich
könnte nie mehr ein« Zierde Ihrer Di
ners sein.
Deshalb, mein lieber Mr. Vander
bilt, gedulden Sie sich noch ein wenig,
bis die „siiisov morte" und damit
vi« Fluth der Enquöten vorüber ist.
Dann steht Ihnen wieder zur Verfü
gung
Professor D. Craters."
Der Schreiber dieses Briefes war
ein sechzig Jahre alter Gelehrter, der
den größten Theil seines Lebens mit
geologischen Forschungen hingebracht
hatte. Die ersten be
traf ein geologisches Problem und
nahm sein volles Interesse in An»
spnich. Er beantwortete sie sehr ein»
gehend. Es kamen weitere Fragen, dl«
ganz außerhalb seines Gebietes lagen.
Er beantwortete sie so gut er konnte,
und die Sache machte ihm Vergnügen.
Als man ihm in Gesellschaften, die er
spärlich besuchte, überschwengliche
Complimente über seine geistreiche Fra
gen-Beantwortung m«hte, reagirte
seine Eitelkeit aufs Empfindlichste. Er
begann plötzlich den Reiz der Popula
rität zu fühlen. Er hatte einmal ge
hört, wie die schöngeistige Lady Snuf
fins zu ihren fünf Töchtern sagte:
„Seht Kinder, den berühmten Profes
sor Crakers ihr wißt aus dem
„Arizona Kicker"
Nun saß der Gelehrte in seinem ein»
samew Junggesellenheim und beant
wortete eifrig die ihm vorgelegten Fra
gen. Eben setzte er die Feder zur Er
ledigung der letzten an. „Was denken
Sie über das Glück der Liebe?"
Hm! Hm! Nun, es wird sich ja dafür
irgend «ine feine scherzhaft« Wendung
finden lassen. Schon eine halbe Stunde
dachte er nach, ohne etwas Passendes
zu finden.
Wie ärgerlich! Laß einmal sehen,
was die „Encyklopädie des gesammten
Wissens" darüber sagt. Buchstabe L
—Li Lie Liebe. Liebe, Neben
fluß der Weichsel. Liebe hm! Da
stand eine lange schöne Abhandlung
über die Lieb«, ab» kein Wort von dem
Glück der Liebe.
„Herr Professor, der Lunch, Sie
haben den Lunch ja gar nicht berührt,
Canvaß Back Sie essen ja Canvaß
Back so gern."
„Dank' Ihnen, Mrs. Schmalz,
hum!"
Hum das bedeutet: ich will nicht
gestört werden. Dieser „Hm" schloß
richtete.
Ach, und wie liebenswürdig! Mrs.
Schmalz war die Wittwe eines deut
schen Arztes, der gerade in dem unpas
senden Moment das Zeitliche segnete,
als er im Zug war, ein Vermögen zu
erwerben. So aber mußte die arme
Wittwe sich mit «iner kleinen Lebens
versicherungsrente begnügen. Um ihr
Einkommen zu vermehren, hatte sie
ihre besten Zimmer an Professor Cra
kers vermi«th«t. Sie war eine stattlich«
Frau in den ersten Vierzigern und
nicht abgeneigt, das Joch der Ehe noch
einmal auf sich zu nehmen. Ihre
Schwäche bestand nur darin, gern ein
Bischen zu schwatzen.
„Mrs. Schmalz!"
Die Dame schrak zusammen. War
das wirklich seine Stimme? Sie hatte
soeben die Hand auf die Thürklinke ge.
legt, um sich geräuschlos zu entfer
nen, und nun nannte er ihren Namen
in einem Tone, als wolle er sie auf
fordern, gemüthlich mit ihm zu plau
dern.
„Mrs. Schmalz, erzählten Sie mir
nicht einmal, Sie hätten Ihren seligen
Gatten auf eine» Tanzkränzchen ten
„Auf einem Tanzkränzchen? I be
wahre, Herr Professor, auf einer Land
partie."
schichte, immer die Hanv auf der Thür,
tlinte, um zart anzudeuten, daß sie >
stets bereit sei, das Feld zu räumen,
wenn sie störe. Aber wenn sie nui
nicht so tendenziös erzählt hätte! Die
Tendenz ihrer Geschichte ging offenbar I
dahin, an dem Seligen lein gutes i
Haar zu lassen. Sie wollte beweisen, <
daß sie ihn eigentlich gar nicht geliebt >
hatte, und daß ihr Herz auch jetzt noch
sozusagen sich im jungfräulichen Zu
stände befände. Und das war gerade
das Gegentheil von dem, was der Pro. !
Bessor wollt«. Wie steht es denn mit
dem Glück der Liebe?
sie geölt.
„Also Sie könnten jetzt noch Liebe
empfinden, Mrs. Schmalz?"
Die Frage war heraus. Frau
wer. Sie preßte die Hand aufs Herz
und hielt die andere dem Professor
hin.
„Und Sie glauben an das Glück der
Liebe?"
„Lieber, theurer Professor, ich o
wie wird mir
In diesem Augenblick klopfte es,
und es trat ein junger Mann in's Zim
mer.
„Du, Alfred", keuchte der Professor.
Aber ehe Alfred ihm diesen Liebes
dienst erwies, kam Frau Schmalz wie
der zu sich. Sie richtete sich auf, warf
dem Professor einen Blick voll höchster
Liebeswonne zu und tänzelte was
sonst nicht ihre Art war aus dem
Zimmer.
„Onkel!" rief Alfred, verwundert
den Kopf schüttelnd.
hat "
„SiehstDu, Onkel, welch ein Schwe
renöther Du bist. Wer hätte das ge
dacht "
fall. Ich wollte der Wissenschaft we
gen "
„Bravo! Der Wissenschaft wegen!
So haben wir auch immer gesagt, wenn
Wir als Studenten einem schönen Mäd
chen "
„Jetzt ists aber genug! Denkst Du,
hinauskommst."
„Aber, Onkel, ich kam, um Dir das
Gestänidniß zu machen "
.„Behalte Deine Geständnisse für
„So ists recht, ich muß der Sünden
bock sein," brummte Alfred, indem er
sich aus dem Zimmer entfernte.
Gleich darauf kam Frau Schmalz
Wiedtr und, das mürrische Aussehen
des Professors nicht achtend, fragte sie
mit dem reizendsten Lächeln der Welt,
ob es nicht Zeit wäre, die Berlobungs
ringe zu wechseln.
„Was? Was? Bei mir giebt's nichts
zu wechseln."
Darauf fragte die Dame ganz kühl,
ob er sich nicht entsinne, ihr vor weni
gen Minuten eine Liebeserklärung ge
macht zu haben.
„Durchaus nicht."
„Herr Professor, Ihr Neffe war
Zeuge."
„Der dumme Junge soll mir nicht
wieder vor di« Augen kommen."
„Sie werden sich wohl entschließen
müssen, ihn wiederzusehen, wenn sie
wegen Bruchs des Eheversprechens
vor den Friedensrichter geladen wer
den."
„Ich verlasse Ihre Wohnung. Vom
Ersten des nächsten Quartals!"
„Wie es Ihnen beliebt."
Einige Tage später wurde dem Pro
fessor wirklich die Anklage zugestellt.
Er berieth sich mit einem Advokaten,
und dieser konnte ihm nach Lage der
Umstände nur wenig tröstliche Ver
sicherungen geben. Es würden wohl
5000 Dollars nöthig fem, um das
kranke Herz der Mrs'. Schmalz zu hel
len.
Als der Professor am Tag« vor dem
Termin an seinem Schreibtisch saß
und ein neu erschienenes geologisches
Buch studirte, dessen Buchstaben ihm
vor den Augen tanzten, hörte er das
leise Klirren der Frllhstücksleller. Er
sah jedoch nicht auf, aus Furcht, einen
strafenden oder gor zärtlichen Blick der
Wittwe aufzufangen. Er wartete auf
dos Geräusch des ThürfchließenZ, wel
ches aber nicht erfolgt«. Er schielte ein
wenig über das Buch hinweg und be
merkte «in hellrothes Frauenkleid von
weit geringerem Umfange, als das
Emponpoint der Mrs. Schmalz erfor
derte. Zaghaft blickte er auf. Ein
junges Mädchen stand vor ihm, dessen
hübsches Gesichtchen so mit Roth Über
gossen war, daß die rosa Farbe des
Kleides dagegen ganz blaß erschien.
„Wer sind Sie, mein Kind?"
„Die Nichte der Frau Schmalz. Ich
habe Ihnen schon öfters das Frühstück
gebracht, Herr Professor, aber Sie wa.
Ren stets so vertieft "
„Es wäre mir lieb, wenn Sie mi»
immer das Frühstück brächten."
„Ach, das wird wohl nicht gehen,
Herr Professor. Ich bin nur bei
Tante zu Besuch, und außerdem will
„EU Ei!"^"^°"'
„Ja, und da möchte ich um Ihr«
freundliche Einwilligung bitten."
Heirath?"
Er sagte daZ in so rauhem Tone,
daß das Mädchen zurücktrat. Es wai
dem Weinen offenbar ganz nahe.
Dem Professor schien die Situation
so ziemlich verständlich. Mrs. Schmalz
betrachtete ihn als ihren zukünftigen
Gattin, demgemäß also gewissermaßen
als Bormund ihrer Nichte.
„Miß "
„Hedwig Sommer."
„Miß Sommer, ich erkläre Ihnen
hiermit auf das Entschiedenste, daß
ich Ihre Tante nicht Heirathen werde.
Sie mögen Heirathen, wen Sie wol
len."
„Auch Ihren N«ff«n Alfred?"
„Ah! So steht die Sache?"
„Alfred wartete auf Sie immer in
Tantes Zimmer, wenn Sie einmal
»icht zu Hause waren, und so lernte»
wir uns kennen."
„Mein Neffe hat sich leider so betra
gen "
„Ach, Herr Professor, er hat es ge
wiß nicht böse gemeint. Und Alfred
hat mit Tante gesprochen, und er hat
so lange in sie hineingeredet, bis sie
hingegangen ist, um die Klage zurück»
nehmen."
Ehe er's sich versah, lag sie vor ihm
»uf den Knieen. Der Professor beugt«
sich nieder und küßte sie auf die
Stirn.
„Da da will ich Ihrem Glück
nicht hinderlich sein, liebes Kind,"
seufzte er auf.
Und schon stürmt« auch Alfred her»
ein und umarmte stürmisch Braut und
Onkel. Und Frau Schmalz trat ein
und sagte, es sei ihr beschieden, im
Leben allen Kummer still zu tragen,
worauf aber Niemand achtete, da es
nicht in die Situation paßte. Auch
erzählte sie gleich eine längere Ge
schichte aus ihrem Leben, der eben
falls keine Aufmerksamkeit geschenkt
wurde.
In den nächsten Tagen hatte der
Professor vollauf zu thun, um das
„Glück der Liebe" an dem jungen
Brautpaar zu studiren, und die Be
antwortung der eingangs erwähnten
Frag« fiel so geistreich aus, daß Lady
Snuffins auf der nächsten Soiröe zu
berühmheit zu werden, Ihr wißt
doch aus den „ Family Pa
ters"."
?it „Räuber" am Meer
schweinchen Theater.
Schauspieler: Herr Direktor, ich
bitte um «inen Vorschuß, ich habe drei
Tag« lang keinen warmen Löffel
Direktor: Nach der Vorstellung,
mein Lieber. Jetzt paßt es ganz vor
trefflich zum alten Moor, wenn Sie
verhungert aussehen. Sie müssen den
alten Moor spielen»
» « »
Direktor: Sie, Herr Krause, spi«len
den Franz.
Kraus«: Aber, Herr Direktor, ich
spiele nur komisch« Rollen.
Direktor: Ganz egal, Sie haben
aber einen guten Anzug, und der Franz
muß als Gras anständig gekleidet sein.
Direktor: Sie, Frau Meier, über
nehmen die Amalia.
Frau Meier ist viel zu alt dazu.
Direktor: Sie vergessen aber, daß
Frau Meier eine Guitarre besitzt, auf
der sie sehr schön spielt, wenn ein« An
dere hinter den Coulissen dazu singt.
» « »
Direktor: H«rr Dicke, Sie spielen den
Karl.
Dicke: Bei meinem Enbonpoint!
Direktor: Larifari, Sie sind der Ein
zige, dem unsere Ritterstiefel passen.
Liebhaber: Ich bin heiser, ich werde
nicht
Direktor: Vortrefflich, Sie nehmen
den Herrmann. Es heißt ausdrück
lich: „Herrmann, mein Rabe."
Direktor: Schulze, Sie spielen den
Spiegelberg und den Schweizer, beide
Rollen.
Schulze: Aber der Schweizer ersticht
ja den Spiegelberg.
Direktor: Sie erstechen sich eben
selbst.
» » «
Direktor: Nun ist noch der Pater
und der Pastor. (Zu seiner Frau):
Die Beiden übernimmst Du wohl, lieb«
Frau, Du hast ja einen langen schwar
zen Mantel.
Frau: Aber mein« Stimme
Direktor: Den Dani«l übern«hmen
Sie, Herr Klappke.
Klappte: Wie? Ich bin als erster
übernehmen.
Direktor: Aber Sie sind doch früher
herrschaftlicher Diener gewesen und ha
ben recht gute Zeugnisse.
» » »
Direktor: So, nun bleiben noch die
übrigen Räuber. Wo ist der Theater
diener?
Theaterdiener: Hier, Herr Direktor.
Direktor: Sie übernehmen die übri
gen Räuber, der Souffleur wird Ihnen
aus seinem Kaste» heraus schreien hel
fen.
Umgekehrte Welt. „Wes
halb haben Sie sich denn gestern beim
Pfänderspiel von allen Herren küssen
lassen, Fräulein Emma, nur von dem
Assessor Süßmilch nicht?" „Ach.
gehen Sie.... der Assessor Süßmilch
«st ja mein Bräutigam!"
Die Ballon-Aermel.
Alter Jungfer: Wenn die Frauen nur
Schulter an Schulder kämpfen wollten,,
dann würden sie schon das öffentliche
Stimmrecht bekommen. Herr: Ja,
Aus der Ka ferne. Unter-
Rekruten): „So, Ihr Kerls, jetzt seid
Ihr mal der traurigen Civilkleidung
los. Na ich gebe Euch jetzt zehn
Minuten Pause, damit Ihr Euren
Stolz austoben lassen könnt."
Niederschmetternd.
„Herr Direktor, mein Stück spielt in
Australien." „Bitte, lassen Sie's
Diagnose. Arzt: „Ihn
Frau leidet an heftigen Kopsträm
pfen!" Gatte: „Kenne das! De«
alte Hut drückt ihren Kopf!"
Die Tuitte.
Zu den Früchten, welche das Alter
thum hochgeschätzt, eine spätere Zeit
«ber über Gebühr vernachlässigt hat,
gehört die Quitte. Zahlreiche Abbil
dungen des Herkules mit einem
Quittenbaum deuten darauf hin, daß
die berühmten Aepfel der Hefperiden,
die er auf Befehl des Euristheus ho
len mußte, Quitten gewesen sein
dürften. Ein Gleiches läßt sich von
jenem Apfel annehmen, den Ens in
die olympische Hochzeitsgesellschaft
schleuderte, den Paris der Venus zu
erkannte und der mittelbar der Anlatz
zum trojanischen Kriege geworden ist.
denn die Quitte war der Göttin der
Liebe und ebenso dem Gotte des Ehe
standes, Hymen, geweiht. Als Sinn
bild der Liebe und des Glückes
schmückte sie die Tempel von Cyprus
und Paphos; Neuvermählte mußten,
bevor sie das ehelich« Gemach b«trat«n,
gemeinschaftlich davon genießen.
Vielleicht kommt dieser Gebrauch!
der Quitte für den Cultus in Grie
chenland mit daher, daß letzteres das
Vaterland der Frucht ist. Sie wuchs
besonders üppig in der Umgegend von
Cydon auf der Insel Kreta, wovon
sie auch jetzt noch den botanischen Na
men <Z)'Sonia führt. Nach Rom ver
pflanzt und als geheiligte Frucht Co
tonea genannt, scheinen Boden und
Klima nicht günstig auf sie gewirkt zu
haben, denn sie ward mehr des Ge
ruches als des Geschmackes halber be
vorzugt. Man bediente sich ihrer auch
zu Heilzwecken, und ferner durften in
den Zimmern, in welchen die vorneh
men Römer ihre Clienten empfingen,
niemals die Quitten fehlen.
Ein französischer Schriftsteller leitet
dagegen den französischen Namen der
Quitte Ooixnsssier von dem Um
stände ab, daß sie ihres unangenehmen
Geruchs Silber in einen Winkel (coin)
des Gartens verbannt zu werden
Pflege, es scheint also, daß über Ge
ruch sich ebenso wenig streiten lasse
wie über Geschmack. Allgemein dürfte
jene Ansicht überhaupt nicht sein, da
im südlichen Frankreich, an den Ufern
der Garonne Quitten in großer
Menge gezogen werden. Man verar
beitet sie zu einer Marmelade, welche
unter dem Namen Cvntignac weit
verschickt wird.
In englischen Gärten findet man
als Zierpflanze eine Quittenart.
v.vöonin .lapoui?!», welche roth und
weiß gesprenkelte Blüthen trägt. Man
hat sie indeß gleich d«r chinesisch«»
Quitte nur um dieser schönen, lieblich
duftenden Blüthen willen dort hei
misch gemacht, denn die Früchte sind
Geschmackes nicht genießbar. Anders
verhält es sich mit der persischen
Quitt«, die, nachdem sie ihr« volle
Reif« erlangt hat, alle Herbheit ver
liert, einer weichen, saftigen Birne
gleicht und herrlich duftet. Man be
dient sich ihrer gern »u Geschenken.
Wie bereits erwähnt, hat die Quitt«
ihren Weg von Griechenland nach
Italien genommen, wo man sie noch
heute gern in den Wäscheschrank legt
und auch vielfach mit Vorliebe ver
speist. Von dort verbreitete sie sich
über Europa und kam auch nach
Amerika.
Vorzüglich läßt sich die Quitte im
! Haushalt verwenden, und man sollte
den Strauch nicht nur als Zierpflanze
ziehen und auch nicht, wie dies häu
fig geschieht, um Birnen und Aepfel
auf seinen Stamm zu pfropfen, son
dern wirklich der Früchte halber. Ehe
aber über deren Verwendung ge
sprochen wird, sei noch erwähnt, daß
man Aepfel- und Birnenquitten un
terscheidet, sowie daß es auch eine
portugiesische Quitte mit sehr schö
nen, großen Früchten die beim
Nachtheil, daß er spärlich trägt.
Ob der Apfel- oder der Birnen
quitte beim Verbrauch der Vorzug zu
daß die Quitte oder vielmehr der aus
ihren Kernen vermittelst eines Auf
gusses von heißem Wasser gewonnene
nutzt, um die damals modernen, aus
gebogten, glatten Scheitel recht fest
an die Stirn und davon ausgehende
klein« Locken ungefähr in Form einer
6 auf die Wangen zu kleben. Mar»
hielt das für schön und hat also auch
in neuerer Zeit noch die Quitte der
Göttin der Schönheit geweiht.
Der Schmerz des Dich
ters. Sie: Ist es nicht ein wunder
voller Hut, lieber Arthur? Sieht er
nicht gerade aus wie ein Gedicht in
Spitzen und Federn und dabei kostet
er blos 38 Mark! Er (lyrischer Dich»
ter, mit einem tiefen Stoßseufzer):
Ich wünschte nur, daß ich für jedeS
meiner Gedichte so viel bekäme!
—Zu höflich. „Aber. Minna,
was fällt Ihnen denn ein, so viele
fremde Personen in der Küche zu ha»
ben?" „Wenn Sie erlauben, Madame,
stell' ich Sie den Herren vor." .