Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, July 12, 1895, Page 2, Image 2

Below is the OCR text representation for this newspapers page. It is also available as plain text as well as XML.

    2 Sie werde» kommen, die blaut» Tage.
So freudenarm ist keine Brust,
Daß nie ein Strahl sie froh durch
dränge,
Kein Aug' so trüb, kein Mund so
strenge.
Daß er nicht einmal lacht vor Lust.
Sie werden kommen, die blauen Tage
Und mit des Spätherbsts bunte»
Farben
Eich Birke schmückt und Buchenhain.
Sie werden kommen, die blauen Tage
Die Nachtigall, im Busch verborgen.
Das satte Grün der frischen Morge«
Nach tobender Gewitterschlacht.
DaS Glück, die Jugend sind Geschwi
ster.
Kein Mochtspruch trennt das holde
Paar;
Was auch der schönste Herbst beschie
den,
den
Nur weht um das bereifte Haar.
Mge aus Walhingtons Leben.
Von W. v. Schicrbrand.
Wohl selten hat ein Mann das Prä
dikat „groß" mit so vollem Rechte er
halten wie George Washington.
Allerdings ist vieles über diesen selte
nen Mann schon geschrieben und ge
druckt worden, welches auf Zuverläs
sigkeit keinen Anspruch erheben darf,
und einer der bekanntesten Washing
toner Biographen, Weems, hat sogar
wissentlich eine Menge Unwahrheiten
über seinen Helden in die Welt gesetzt,
namentlich erfundene, aber gänzlich
entstellte Anekdoten. So ist die be
dem Kirschbaum vollständig aus der
Luft gegriffen. Je mehr indessen das
über Washington's Leben vorhandene
zuverlässige Material geprüft, gerichtet
und herabgemindert wird von den
Fachgelehrten, umfomehr tritt auch
die Wahrheit, daß nämlich George
edler und reiner Charakter, einer der
Ibedeutendsten in der Weltgeschichte
überhaupt, in ein helleres Licht. Und
dabei ist es merkwürdig, daß gerade
einige der bemerkenswerthesten Züge
aus dem langen und für sein Vater
land so nützlichen Leben dieses Hel
den noch gar zu wenig in weiteren
So ist z. B. keine Thatsache in sei
nem Leben so unanfechtbar wahr als
die, daß er nach Beendigung des Be
sreiungskrieges von dem britischen
Joche der gekrönte Herrscher des neu
zebildeten Staatenwesens hätte wer
den können wenn er eben gewollt
hätte. Die Dinge logen nämlich so:
Die Armee, durch den sieben Jahre
währenden Krieg verwildert und nur
in Washington ihren Gebieter sehend,
der sie durch Kampf und Noth, durch
Pulverrauch und Pestilenz schließlich
zum endgültigen Siege über das
stolze, mächtige England gesiihrt,
machte bei seiner Entlassung und Auf
lösung, kurze Zeit nach der Uebergabe
des Cornwallis'schen Heeres bei Uork
town, Anstalten, sich seinen Lohn
selbst zu erobern. Vom Congreß
hatten sie, das wußte Jeder, nur we
nig zu erwarten, denn oft während
des langen Krieges hatte der Congreß
sogar die nöthigsten Mittel an Geld
nnd Nahrung hartnäckig versagt. Und
der Gedanke, daß dies neubegründete
Land eine Republik, ein nur vom
Volkswillen geleitetes Staatenwesen
sei, halte im Feldlager noch zu wenig
Wurzel gefaßt, um auf diese abge
härteten Veteranen besonderen Ein
druck zu machen. So hielten sie denn,
Osficiere und Mannschaften, bei
Newburgh eine Art von Convention
ab, worin sie beschlossen: 1) westlich
zu marschiren und sich dort von den
nehmen, was ihnen gerade passen
würde; 2) den Congreß mittlerweile
obne Armee zu lassen und ihnen die
Abschließung des wirklichen Friedens
auch ohne ihre Hülse anheim zu stel
jungen Landes zu krönen.
In Bezug auf den letzteren Punkt
verhielten sich Osficiere und Mann
schaften allerdings nicht, daß es wohl
schwierig durchzuführen sein möchte.
Sie betrauten deßhalb mit der Auf
fassung des zu überreichenden Schrift
stückes einen Ausschluß, dir sich aas
den geschicktesten und sedergewandte
stkn Ofsicieren des Heeres zusammen
setzte. Diese? Schriftstück wurde
nnd Unzuträglichleit der Republik,
Glaube sei, daß der „Titel König
nur bei Wenigen Anstoß erregen
wäre, so wäre der Staatsstreich auch
ohne große Mühe und sogar wahr-
schelnlich ohne Blutvergießen bewert»
stelligt worde... Washington aber
war aus anderem Caliber. Seine
Antwort ließ an Deutlichkeit nichts
zu wünschen übrig. Er drückt« sei
nen ganzen Abscheu vor dem Com
plott unverhohlen aus. Er sei nicht
im Stande zu beyreifen, wodurch cr
sie zur Abfassung einer solchen
Adresse ermuthigt habe, sagte er. Im
Urtext:
Und darauf drohte er den Anfüh
rern der Bewegung mit Veröffentli
chung ihrer Pläne, wenn sie dieselben
nicht sofort aufgäben. Nur ihm war
die friedliche Auflösung des Heeres
schließlich zu danken, und es bedurfte
thatsächlich seines ganzen mächtigen
Einflusses, um diese Auslösung in's
Werl zu setzen. Wie tiefgreifend
aber der persönlich« Einfluß Wash
ington's war, das erhellt unter An
derem aus einem nur wenig bekannt
gewordenen Eircular, welches der
erste Präsident der Republik bei sei
nem Ausscheiden aus dem Amte an
die Gouverneure der verschiedenen
Staaten erließ und worin er diejeni
gen Punkte anführte, die seiner Mei
nung nach in den bestehenden Regie
rungssonnen noch der Verbesserung,
resp, der Abschaffung bedurften
ein Schriftstück, dessen ruhiger, väter
licher, von unbestrittener Autorität
zeugender Ton zur Genüge beweist,
wie hoch im allgemeinen Ansehen ver
Verfasser desselben stehen mußte.
Auch die Thatsache, daß er sich e«st
lange sträubte, ehe er sein Salär als
Oberbefehlshaber des Heeres wäh
rend des Krieges oder als Präsident
der Republik annehmen wollte, zeugt
Daß Washington trotz alledem,
wie jeder Präsioent seitdem, nicht
unangefochten blieb und auch seine
kläffende Meute von Feinden und
Widersachern hatte, die sich sogar
nicht scheuten, ihm die schlimmsten
Verleumdungen nachzuheulen, dafür
lege. Nannte ihn doch einer seiner
besonderen Feinde in der Presse höh
nisch chen „Stiefvater seines Vater
landes", und zeitweise sogar wursen
Wünsche lau! namentlich als die
eine Partei im Lande zum Kriege
mit Frankreich drängte (i. I. 1798)
die deutlich auf Washington als
„für die Guillotine reif" hinwiesen.
Unredlichkeit im Amte vorzuwerfen
und veröffentlichte gefälschte Briefe —
angeblich von ihm verfaßt worin
die abscheulichsten Dinge enthalten
waren. Und all dies geschah nur
wenige Jahre nachdem der „Vater
des Vaterlandes", mit Ruhm ge
krönt, sich wie ein zweiter Cincinna
tus auf sein Landgut zurückgezogen
hatte, um seine ererbten Aecker fried
lich zu bestellen. Indessen gingen
alle diese Angriffe nur von einer
blieben wäre. Gleichwohl litt Wash
im Jahre 1786 an Herrn Morris
Werkstelligen, und das ist durch die
Macht der Gesetzgebung. Soweit
mein Einfluß und meine eigene
glück in der Zukunft abwenden dürfte
misi'liu'k). Indessen war Wash
ington damals schon zu alt, um sich
aus seinem B,<AX> Acres großen Be-
Leben s» schlicht und einfach, wie es
sein ganzes Dasein gewesen war. Er
hatte sich bei einem Ritte im Schnee-
stürm im Halse erkältet, und die
Krankheit, die sich daraus entwickelte
und an der er dann starb, hitzige La
ryngitis, war damals wissenschaftlich
noch gar nicht bekannt, so daß die
erste ärztliche Beschreibung derselben
mrhr als 10 Jahre nach Washing
ton's Tode erst erfolgte. So wurde
denn zu dem damals ollbeliebten Mit
tel des Aderlasses gegriffen, und dazu
gesellten sich ebenso beliebte Haus
mittel, wie „Syrup, Essig und But
ter", und „Essig und Kräuterthee",
schließlich noch ein Pflaster von spa
nischen Fliegen am Halse. Der Pa
triot überlebte, wie gesagt, diese ver
schiedenen „Mittel" nicht lange, aber
er blieb bei vollem Bewußtsein bis
zum letzten Augenblick. Noch kurz
vor seinem Ende entschuldigte er sich
mit schwacher Stimme gegen seine
Aerzte und sogar gegen die ihn um
stehenden Haussklaven, wegen der
vielen Mühe, die er ihnen mache.
Dann ertheilte er seinem treuen Se
kretär, Herrn Lear, Auftrag bezüglich
des einfachen Begräbnisses, nur be
stimmend, daß sein Körper erst nach
Ablauf von 3 Tagen im Grabgewölbe
beigesetzt werden solle, da er stets
Angst vor dem Lebendigbegraben ge
habt hätte. Dann frug er Lear, ob
er ihn verstanden habe, und als Je
ner bejahte, sagte er: „Es ist gut!"
(It i» v«17.) Das waren seine letz
ten Worte der Arzt drückte dem
Sterbenden die Augen zu. Der Tod
erfolgte ohne Seufzer oder Zucken.
Fünf Tage darauf, am 19. De
cember 1799, also nahe der Scheide
des jetzigen Jahrhunderts, Wirde ein
stimmig im Repräsentantinhause der
von John Marshell eingereichte Be
schluß, angenommen, worin die be-
Hier stehe ich...
bester Eintracht und Zufriedenheit
lebt. Nur hatte sie einen kleinen Feh
ler. ..
Ich sage ausdrücklich „hatte", denn
ich habe sie davon curirt. Sie weiß
allerdings bis heut« noch nicht, daß ich
der Uebelthäter war und deshalb muß
ich den freundlichen Leser und die lieb
liche Leserin darin erinnern, daß Dis
kretion Ehrensache ist.
Und nun zur Sache!
Meine liebe Frau wagte sich gar zu
gerne auf die Bretter, die die Welt be
deuten. Allerdings, sie besitzt Talent,
sie stellt die ihr übergebenen Rollen mit
solcher Natürlichkeit und Lebendigkeit
dar, wie es eine Schauspielerin von
Profession nicht besser machen würde.
Am liebsten spielt sie Stubenmädchen
und Köchinnen. (Frau Steuerräthin
meinte neulich, nur deshalb, um ihre
vollen Arme in den kurzen Aermeln
besser bewundern lassen zu können.
Daß ist ja nur der Neid..) Ich hatte
sie sogar auf einer Liebhabervorstellung
kennen gelernt und dort hatte ich ihr
versprochen, extra für sie einmal ein
len sollte. Trotzdem ich sie dann zum
Altare führte, hatte ich doch mein Ver
sprechen halten können. Daß sie aller
dings dafür heimlich sorgte, daß das
Stückchen auch aufgeführt würde, ahnte
ich nicht.
Nach der Hochzeit bat ich sie sofort,
von den Vereinen, in denen gemimt
wurde, fern zu bleiben, denn ich kann es
nicht gut sehen, wenn da meine Frau
sonst «inem Gigerl um die Tailh ge
faßt wird und o, ich bin durchaus
nicht eifersüchtig.
chen.
So sitze ich denn eines schönen Mor
gens ganz gemüthlich in meinem Lehn
stuhl und rauche ein« Cigarette und
lasse Gott einen guten Mann sein. Da
kommt mein Frauchen in der reizend
sten Morgentoilette die ich übrigens
bezahlt habe zu mir, schlingt ihre
Arme um meinen Hals und küßt mich
tüchtig ab. (Nochmals: Discretion
bleibt Ehrensache!)
im Schilde führt," denke ich.
„Mein herzallerliebstes Männchen",
beginnt sie.
„Schatz, was willst Du?"
Sie setzt sich dicht neben mich und
senkt erröthend ihr Köpfchen.
„Gestern war Herr Kippes hier."
Herr Kippesist nämlich Präsident ei
nes Vereins.
„So," sagte ich ruhig, „was ist denn
dabei?"
„Ja, er bat mich so, ich sollte doch
bei dem nächsten Äesellschaftsabend eine
Rolle in dem Theaterstückchzn überneh
men."
„Kind, Du weißt, was Du mir ver
sprochen hast."
„Das schon. (Sie erröthete auf's
Neue.) Aber er bat so dringend, und
da
tes Um-den-Hals-sallen, erneute Küsse
u. s. w.
„Nun, für diesmal will ich nichts
sagen. Aber dann vergiß Dein Ver
sprechen nicht!"
„O Du herziger Mann! Nun will ich
Dir auch sagen, daß wir Dein Stück
zur Aufführung bringen."
Also mein Stück wird aufgeführt.
Schön, liebes Frauchen, dadurch' will
ich Dich curiren. Denn sonst sagtest
Du noch häufig „ja", wen» Herr Kip
pes käme.
Verehrte Leserin: Ehemänner
sind doch immer durchtriebene Men
schen.
Die Frauen sind wie die Franzosen.
Das Lächerliche kann sie bis in die
tiefste Seele hinein kränken. Beleidigst
Du eine Dame sie verzeiht es Dir.
lachst Du sie aus, so haßt fi« Dich tödt
lich.
In meinem Schwank kommt eine
Scene vor, wo der Hausherr mit fei
ner Köchin in Streit geräth. Sie stellt
sich zornbebend vor ihm hin, ballt die
Fäuste, stampft mit den Füßen und
schreit: „Hier stehe ich. Ich weiche
nicht."
Warum ich das erwähne, wird der
Leser bald erfahren.
Am Tzge der Aufführung ging ich
einmal unter die Bühne und sah mir
die Versenkungsmsschinen genau an.
Der Arbeiter, der schon- dabei stand,
um nachzusehen, ob für den Abend
ginge.
Einige Minuten noch verhandelte ich
mit dem Manne, dann gab ich ihm ein
Thalerstllck und ging.
Der Abend war 4a. Das Haus
überfüllt. Mein« Frau schwimmt in
S«ligkeit (das ist auch so ein Aus
druck), ich dito. Der erste Akt gefällt.
Zum Schlüsse lebhaftes Händeklatschen,
Bravorufen etc. Die Darsteller muß
ten heraus.
Und dann der zweite und letzte Act,
in dem oben erwähnte Scene vor
kommt.
Ich stehe selbst hinter den Coulisse»
und hatte vorher noch meiner Frau ge
zeigt, wo sie sich dabei am besten hin
zustellen habe. Daß das gerade auf
der Verseilung war, ist Nebensache.
Der Streit geht los. Meine Frau
geräth in Wuth. (Händeballen, Fuß
stampfen. Siehe oben.) Jetzt ruft
sie:
„Hier stehe ich. Ich weiche nicht!"
Ein« dröhnendes Gelächter ertönte
durch das volle Haus, das war kein
Lachen des Beifalls. Das war das
Lachen, das sich freute, wenn einem
Menschen etwas Unangenehmes wider
fährt.
Ich weiß nicht, ob meine Frau roth
wurde... dem sie war in der Ver
senkung verschwunden, trotz ihrem:
„Ich weiche nicht."
„Ahnt jetzt einer, weshalb ich dem
Arbeiter einen Thaler gab?"
Der Vorhang mußte fallen. Das
Stück konnte nicht zu Ende gespielt
werden, denn meine Frau war sporn
streichs nach Hause gerannt.
Als ich etwas später in's Zimmer
trat, fiel sie mir weinend um den Hals:
„Franz, ich spiele mein ganzes Leben
nicht mehr."
Und ich Heuchler küßte sie auf die
Stirne und meinte:
„Da hast du Recht, mein Kind."
Ich sage ja: Ehemänner sind immer
durchtriebene Menschen, wenn sie ihre
«leider aus Torf.
In Paris geht man jetzt daran, Kle
ider aus Torf zu verfertigen. Das
klingt wie ein Scherz, ist indessen voll
ständig ernst zu nehmen. Es ist näm
lich schon seit längerer Zeit bekannt,
dqß der Torf bedeutende antiseptische
Eigenschaften besitzt; man h«t einen
Leichnam gefunden, der fast ein Jahr
hundert lang im Torfmoor lag und
vollständig conservirt war. Im Nor
den gebraucht man Torf zu Verbän
den, und nach den günstigen Resulta
ten, welche russische Chirurgen bei
Versuchen mit Torfverbänden gefunden
haben, ist der Torf auch vom französi
schen Kriegsministerium als Verband
material in den Spitälern verwendet
worden. Außerdem hat man consta
tirt, daß Torffasern in Zusammen
setzung mit anderen Stoffen einen sehr
hohen Grad von Absorbirungsvermö
gen besitzen. Auf diese Eigenschaften
des Torfes sich stützend, hat Dr. Ra
furel es versucht, die Torffasern zur
Herstellung von Unterkleidern zu ver
wenden und dadurch den Flanell zu
ersetzen. Die neuen Kleider sollen sich
ausgezeichnet bewähren, vortrefflich
den Schweiß aufsaugen und rasch wie
der trocknen. Das Torfgewebe soll
nach der Aussage des Dr. Rasurel
eine „hydraulische Pumpe" sein und
in hohem Grade vor Erkältungen
schützen.
Bedenklich. „Unsere Be
kanntschaft ist so lurz, Herr Müller,
daß ich entschieden noch mehr über Sic
erfahre muß. ehe ich einwilligen kann,
Ihre Frau zu werden!" „O, sehr
gern; ich kann Ihnen ja einige von
den jungen Damen, mit denen ich
schon verlobt gewesen, als Referenz
aufgeben!"
Durch die Blume. Redac
teur: „Sagen Sie 'mal, ist dieser Witz
wirtlich Original von Ihnen?"
Schriftsteller: „Allerdings!" Redac
bedeutend al.er sein, a.s ausse-
Gleichbedeutend. Re
„schutzlos..'«" Mädchen". Cor?ector:
„Ich ließ es stehen, weil ja beide Be
griffe doch gleichbedeutend sind!"
Er hat Recht. „Hat Ihre
Frau Geist?" „Ja, kider!" „Leider?
Das scheint mir ein Widerspruch!"
„Eben, Widerspruchsgeist ist's!"
Der einträgliche Mops.
Karl Otto August. Graf von Ve
naissin, Baron von Argill, Edler Herr
zu Pantin und anderer Orte, dessen
Stammbaum die edelsten Namen aus
wies, d«r mit Fürsten- und Herzogs
geschlechtern verwandt war, wäre sicher
lich der erste Edilmann in Europa
gewesen, hätt« sein Vermögen seinem
Namen entsprochen. Leider aber hat
ten ihn seine Eltern, die selbst nur
kümmerlich ihr Leben gefristet, im
größten Elend zurückgelassen und er
nannte nichts sein eigen als ein ganzes
Bündel sauber bemalter Familien-Ur
kunden und Pergamente und auf
die borgt Einem heutzutage bekanntlich
kein Mensch etwas.
Bis zu seinem zwanzigsten Jahre
da nährte er noch schöne Träume
von irgend einer plötzlichen Wendung
seines Schicksals zum Guten, Glänzen
den, aber dann gab er di« Hoffnung
auf, nachdem er eine Enttäuschung nach
der anderen erlebt.
Abgemagert, blaß, hungrig strich er
eines Tages er war mittlerweile
dreißig Jahre alt geworden durch
die Straßen, da siel sein Blick auf ein
Inserat in einer Zeitung, die er von d«r
Erde aufgelesen: „Junge Dame, drei
Millionen, später mehr, wünscht sich
mit einem gänzlich vermögenslosen
Edelmann von altem, authentischem
Adel zu verheirathen. Gesl. Offer
tes unter 15. 36 postlagernd Post-
Karl Otto August, Graf von Ve
naissain, überkam «s wie eine Offen
barung, er fühlte, daß der Augenblick
in feinem Leben gekommen war, wo
man, wie der Dichter sagt, „dem
Schicksal näher ist als sonst."
Er ging in die nächste Kneipe, ließ
sich für seine letzten zwanzig Pfen
nig ein Glas Schnaps und außer
dem Tinte und Feder geben und
schrieb:
„Mein Fräulein! Ich bin d«r, den
Sie suchen. Ich besitze keinen Gro
schen. Mein Name ist Karl Otto Au
gust, Graf von Venaissin, Baron vo»
Argill, Edler Herr zu Pantin und an
derer Orte. Meine Ahnen wa«n schon,
als die Bourbons noch einfach bürger
lich waren, adlig. Ich besitze einen
ganzen Schrank voller authentischer
Urkunden darüber.
Uns«r Geschlecht hat sich zu jeder
Zeit ausgezeichnet. Ich zähle sieben
Feldmarschälle, achtzehn Generäle, fünf
Bischöfe zu meinen Vorfahren. Die
Grafschaft Venaissin und neunzehn
Schlösser waren unser eigen aber
die Revolution ! Wenn ich Ihnen
sofort „Hotel zu allen vier Winden."
Ich habe noch vergessen hinzuzufügen,
daß ich 30 Jahre alt bin, und wenn ich
scchs Monat« täglich zu essen haben
werde, wieder gesund und kräftig sein
und in jeder Beziehung das Zeug zu
einem tüchtigen Ehemanne haben
werde. —"
Dann unterschrieb er: „Karl Otto
XXIII."
« 5 «
Die Antwort ließ nicht lange auf
sich warten:
„Herr Graf! Mehr wie Ihre
Adelsprädikate, die mich einfach blen
den, hat mir das Zartgefühl impo
nirt, mit dem Sie über alle nebensäch
lichen Dinge hinwegsehen. Sie haben
mich weder nach meinem Alter, noch
nach der Farbe meiner Haare oder mei
ner Augen gefragt. So hören Sie
denn: Ich bin jung, hübsch und Sie
gefallen mir. Kommen Sie heute
Abend zu meinem Vater zu Tisch:
Anton Buzon, Fabrik von Servietten,
ringen und Zahnstochern, Rue St. De
nis 312. Sagen Sie, Sie hätten
mich beim Herausgehen aus der Kirche
bemerkt und wären mir nachgegangen.
Das werde ich schon besorgen. Eleo
nore Buzon."
Um 7 Uhr trat Karl Otto August.
Graf von Venaissin, Baron von
Argill, bei den Buzons an. Er war
doch etwas aufgeregt und fürchtete eine
unangenehme Ueberraschung, denn
der Brief seiner Zukünftigen war
denn doch etwas zu lakonisch. El
wurde wie ein Bekannter aufgenom
men.
Eleonore stand bei seinem Eintritt
auf, überflog prüfend seine Gestalt,
und anscheinend zufrieden, sagte sie zu
ihrem Vater, einem dicken, behäbi
gen Alten, der aus einer kurzen Pfeife
„Papa, das ist der Herr, den ich bei
der Messe gesehen habe und der mir
immer auf der Straße nachgeht. Er
gefällt mir, wenn er auch äußerlich
einfach aussieht. Aber er hat etwas
Vornehmes in seiner ganzen Haltung.
Ich wette, er ist adlig. Bitte, ant
worten Sie, mein Herr!"
Karl Otto August gewann bei die
sen Worten seine Sicherheit wieder. Er
sagte seine Adelstitel her.
Der alte Buzon erhob sich und zog
respektvoll sein« Mütze ab.
„Herr Graf, seien Sie in unserem
Hause willkommen. Wir haben heute
Abend Huhn mit Reis und Rehbra
ten... Ich acht« den Adel und seine
Traditionen. Heutzutage, wo die mei
sten Menschen nicht einmal ihren eige
nen Vater kennen, kann sich nicht Je
um lhrigen. Zu Tisch, zu Tisch!
Nach den zärtlichen Blicken zu urthei
len, welche Ihnen Eleonore zvwirfl,
gefallt Ihr euch Beide, und in drei
Monaten, wenn Sie sich etwas her
ausgemacht haben, werden Sie mein
Schwiegersohn sein, ich werde Karl
Otto zu Ihnen und Sie werden Papa
zu mir sagen. Ich werde stolz sein, ei
nen Edelmann zum Sohn zu haben,
denn ich bin ein alter Plebejer und be
kenne mich frei als solcher. Meine D->
vise war immer: „Einfachheit und
Seelengröße."..."
Nun fühlte sich der Graf schon
Kind des Hauses Platz. Nach der
hübsch war, und er beschloß, um j-Pen
Preis vollständig ihre Eroberung zu
machen und zu dem Zweck sein« Adels
titel auszukramen. Er zog aus d«r
weiten Tasche seines Hinteren Rock
schooßes eine dicke Rolle vergilbter Ur
kunden, an denen halb verschimmelte
Siegel herabhingen, und sagte das ein
Und Eleonore ließ sich nicht lange
bitten. Gierig durchblätterte sie das
dicke P».cket, während Papa Buzon be
haglich lächelte und das Huhn mit Reis
tranchirte.
ganz verzückt:
„Es stimmt Alles. Ich weiß in
Gotha Bescheid. Das ist Alles echt
und richtig. Kein Talmi. Gras, wenn
Sie wollen, werd« ich Gräfin fein
vorausgesetzt, daß Papa damit einver
standen ist."
Der alte Buzon antwortete:
„Papa ist einverstanden. Du wirst
Gräfin sein."
Galant und höflich erhob Venaissin
sein Glas. „Papa soll leben! Prosit!
Dein Wohl, Papa! Auf unser Beider
Wohl, Eleonore!"
Sie heiratheten und waren die er
sten drei Monat« sehr glücklich mitein
ander. Während di«ser Flitterwochen
überließ Eleonore ihrem Manne den
Schlüssel zur Kasse, die Papa Buzon
jeden Abend neu füllte und die Mor
gens regelmäßig leer war.
Karl Otto August wurde sehr bald
fett und dick und ebenso schnell er
wachte seine so lange verhalten gewe
sene Natur. Er empfand den Drang,
sich an allen Genüssen zu betäuben, die
ihm bisher versagt gewesen waren.
<Ähr liebenswürdig und nett zu seiner
Gattin, bemerkte er doch, daß es außer
ihr auch noch ander« Frauen gab, die
auch hübsch waren, die ihm auch gesie-
Mit einem Wort«, er lebte herrlich
und in Fr«uden, bis Eleonore ihm ei
nes schönen Tages sehr energisch er
klärte, daß sie in zwei Jahren ruinirt
sein würden, wenn sie so weiter lebten,
und daß sie ihm daher künftighin I<X>
Frcs. Taschengeld monatlich geben
und selbst den Kassenschlllssel führen
Karl Otto August war dabei sehr
traurig. Aber er machte gute Miene
zu bösem Spiele, lächelte, erwiderte lein
Wort und dacht« bei sich:
„Es gibt auch noch andere Wege."
Und er fand andere Wege! Oh! alle
möglichen. Zum Beispiel:
Eleonore besaß seit Langem «inen
kleinen Mops, der Fisi hi«ß und der
ein süßes Thier war. Sie nannte
ihn nie anders als „mein Zuckerschnut
chen" und liebte ihn mehr als ih?
Mann und ihren Vater zusammen«,
nommen.
Eines Morgens war Fifi verschwun
den. Eleonore raufte sich die Haare
aus. Karl Otto August zuckt« die Ach
„Geliebtes Weib! Du bist unver
nünftig. Fifi hat sich sicher nur ver
laufen, ein so unschuldiges Thier. Du
weißt ja so gut mit Jnseriren Be
scheid, setz' ihn in die Zeitungen,
versprich an allen Anschlagssäulen
dem Wiederbringe? eine riesig! Beloh
nung. Und da er nicht bissig,taub, räu
dig,blind und schmutzig.kannstDu sicher
sein, daß man ihn Dir wiederbringen
wird.
„Du hast Recht," antwortete Eleo
nore. „Ich werde dem Wiederbringer
600 Franken versprechen."
Der Graf zuckte nochmals die Ach
seln.
„Man muß immer den richtigen
Maßstab innehalten. Fünfhundert
Franken bei unserem Vermögen das
ist schäbig... Versprich fünftausend,
um so schneller und sicherer bekommst
Du ihn wieder."
„Gut. Also fünftausend Franken
für Fifi. Ich würde mein Vermögen
und unsere Grasenlrone sür ihn herge
ben. Geh', laus', setz' es in alle Zei
tungen, laß es an allen Säulen an
schlagen: Fünftausend Franken Dem.
der Fifi, mein süßes Zuckerschnutchen,
Am nächsten Morgen war Fifi wie
dergefunden und der Liebe seiner Her
rin wiedergegeben.
„Wer hat ihn wiedergebracht?"
fragt« sie.
Der Gras antwortete: „Ein Unglück
licher Familienvater von sechszehn
Kindern, ohne Schlafstelle, die Ehrlich
„Ach, richtig," sagte Eleonore.
„Ich hätte beinahe vergessen, ich Un
dankbare."
Mann und sag' ihm meinen tiefgefühl
ten Dank."
Der Graf ging hinaus, steckte die
Und ein merwürdiger, böser Zufall
wollte es, daß Fifi in demselben Jahn
sechs Mal verloren ging und sechs Mal
wiedergefunden wurde.
Karl Otto August aber lebt weiter
Weibliche Doctoren in Gester.-
Zlngarn.
Die Ausübung der Heilkunde Ist
in Oesterreich den Frauen immer
worden war, in Wien vergebens be
müht, den Doctorhut der Medicin zu
erwerben, da das Unterrichtsministe
weibliche Aerzte in Oesterreich zuzu
lassen. Ein analoger Fall ist der
einer anderen Wienerin, Baronin
Die Dame hat in Wien am akademi
schen Gymnasium die Maturitäts
prüfung abfolvirt, in der Schweiz
ein zweites Mal das Maturitätsexa
men bestanden und dann in Zürich
forderlich ist. Ihre Dissertation be
krankheiten und erhielt von autorita
tiver Seite das Zeugniß besonders
dankenswerther Sorgfalt. Dann
kehrte die Baronin nach ihrer Hei
math zurück, trat in die Wiener
gynäkologische Klinik des Professors
Schauta als Volontärin ein und
wurde unter dessen Leitung mit den
selben Arbeiten betraut, wie sie die
23 männlichen Operationszöglinge zu
verrichten haben. Nun hat der
Oberste Sanitätsrath ein Gutachten
dahin abgegeben, daß eine allgemeine
Zulassung der Frauen zum Studium
der Medicin principiell nicht wün
schenswerih wäre, daß aber in einzel
nen, bessnders berücksichtigungswer
then Fällen ausnahmsweise auch Da
men zu den Prüfungen zugelassen
werden können.
Aus Grund dieses Gutachtens hat
nun Baronin Possaner beim Unter
richtsministerium ein Gesuch um An
erkennung ihres Züricher Diploms
eingereicht, worin sie sich vorsichts
weise auch anheischig machte, alle wie
immer gearteten Nachtragsprüfun
gen, die man etwa von ihr verlangen
sollte, abzulegen und eventuell sogar
sämmtliche Rigorosen, die sie in der
Schweiz gemacht hat, noch einmal
vor einer österreichischen Priisungs
commission zu wiederholen. Allein
ihre Bemühungen blieben ohne Er
folg. Es wurde ihr nämlich seitens
des Unterrichtsministeriums die Mit
theilung gemacht, daß man nicht in
der Lage sei, ihrem Gesuche zu ent
sprechen. Ein dritter Fall! Eine
Dame, Fräulein Schorr, hospiiirte
nach Ablegung der Maturitätsprü
fung an der Wiener Universität und
ist nun um die Bewilligung zur Ab
legung der Vorprüfungen in Zoolo
gie, Botanik und Mineralogie einge
kommen aber auch mit diesem
Gesuche wurde sie abgewiesen. Nach
alledem thllrmt sich also jetzt vor den
Bemühungen um die Erweiterung
der Frauenbildung in Oesterreich
Hinderniß um Hinderniß auf.
Aehnlich liegen die Verhältnisse in
Ungarn. Dort war das weibliche
Geschlecht bisher vom höheren akade
mischen Studium, vom öffentlichen
Besuche der Hochschulen absolut aus
geschlossen. Wohl gab es vereinzelte
Ausnahmsfälle, wo junge Mädchen
im Wege des Privatstudiums das
Gymnasium absolvirtm und zur
Maturitätsprüfung zugelassen wur
den. aber mit der Erlangung des
Reifezeugnisses war auch die Car
riere abgeschlossen, denn so oft sich
die Damen um die Jmmatriculirung
als ordentliche oder auch nur als
außerordentliche, Universitätshörerin
nen bewarben, wurden die Gesuche
vom akademischen Senate zurückge
wiesen. Erst kürzlich wurde das Ge
such einer in der Schweiz zum Doctor
der gesammten Heilkunde promovir
ten Gräsin Vilma Hugermay, welche
sich beim Senate der Budapester
Universität um Anerkennung ihres
Diploms und um Gestattung der
Ausübung der ärztlichen Praxis be
warb, abschlägig beschieden. Die
gräfliche Doctorin mußte sich begnü
gen, als Geburtshelferin in Bu
dapest wirken zu dürfen. Nun soll
eine Aenderung des bisherigen Zu
standes geschaffen werden. Die An
regung hierzu scheint von den Apo
thekern ausgegangen zu sein, welche
die Frage der Zulassung von Frauen
zur Verwendung in Apotheken auf
geworfen haben. Das Gutachten der
Apotheker lautete zumeist bejahend
und so dürfte denn in Bälde der
pharmaceutische Curs an der Univer
sität auch von Frauen besucht wer
den. Der Unterrichtsminister hat
ferner den Universitäissenat zur Ab
gabe eines Gutachtens darüber auf
gefordert, unter wetten Umständen
die Zulassung weiblicher Studenten
zum ordentlichen Besuche der Univer
sität erfolgen könnte. Das Gutach
ten des Senats lautete dahin, daß
die Jmmatriculiruna weiblicher Hö
rer an der Universität erfoloen könne,
wenn die Aspirantin im Besitze eines
Maturitätszeugnisses sich befindet?
über die Aufnahme aber habe auch
dann von Fall zu Kall der Universi
tötsfenat im Einvernehmen mit dem
Minister zu entscheiden.
Ehelicher Zwist. Gattin:
„Der Schürte im Theaterstück ist im
mer ein Mann!" Gatte: „Ja, und
die, die ihn dazu macht, ist immer eine
Frau!"
Gegenseitig. A.: „Würde
ich Ihre Gefühle verletzen, wenn ich
Sie einen Lügner nenne?" B.?
„Ach nein, aber ich glaub:, ich würde
t>ann Ihre Knochen verletzen!"