Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, April 05, 1895, Page 2, Image 2

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    2 Perj MiPrauä, von Arjne e i
und Eienuljmittcln.
Zu allen Zeiten und in allen Län
dern hat es sich für die Menschen als
nothwendig herausgestellt, den zur Er
haltung des Lebens erforderlichen
Speisen und Getränken noch irgend ei
nen anderen Stoff hinzuzufügen, der
das Nervensystem anregt und auf das
Befinden wohlthuend einwirkt. Ganz
äußerlich betrachtet, ist ein solches Ge
nußmittel für den Menschen unnöthig,
denn seine Erschöpsung nach Entbeh
rungen und Beschwerden würde auch
ohne solche Anregung allmälig wieder
dem Wohlbefinden weichen. Aber di<
Gleichmäßigkeit dts Verlangens nach
einem derartigen Stosse bei den ver
schiedensten Völkern und auf den ver
schiedensten Stufen der Civilisation
läßt doch dm Gedanken nicht schweigen,
daß dabei ein wirtliches, begründetes
Bedürfniß des Körpers vorliege.
Außer dem Tabak rechnet man zu
Alkohol, allerdings in sehr verschiede
nem Maße, je nach der Art d«s Ge
tränks, worin er genossen wird. Außer
der wirtlichen Alkoholmenge kommt
nämlich für seine üblen Wirkungen
sehr hervorragend der Grad feiner
Frage. Gutes Bier, das etwa I—H
Procent, und Wein, der 3—12 Pro-
Von den annähernd 4t>,lXX) Geistes
b6 mindestens 15,000 Epileptischen
,land ist Trunksucht des Vaters als Ur
"tionskrankhiiten durchaus nicht an die
Seite zu setzen. Das ist doppelt
schlimm, wenn man bedenkt, in wie
Willenskrast besitzt, ist ein mäßiger
wendet, werden dirs« an sich so werth
vollei» Mittel bald die ständigen Be
gleiter des „Kranien", dem ost weiter
heitsgemikj'.es Leben südrt. Das Mor
phium ist »n dieser Richtung besonders
gefährlich, weil sein Mißbrauch die
Menschen energielos, pflichtvergessen
lind leistiMK-unsiihig macht, und weil
ftigcn und körperlichen Selunkenheit
immer nur durch eine neue Morphium
einspritzung avf kurze Zeit zu beseiti
gn ist.
Ja wenn Alter Geizhals
(zu einem Bettler): "ch gebe Ihnen
baupt etwas zu geben, würden
Si« mir sehr dankbar sein.
Menschenloose.
Vom Himmel zog rauschend
Viel Regentropfen sacht;
Ich hörte lauschend, lauschend
Ihr L-lei> in dunkler Nacht:
„Wie wir so traulich wallen
So hell, so klar, so rein,
Welch' Loos wird, wenn wir fallen
Auf Erden unser sein?"
Auf Blüthen fiel der Eine
Und schw«lgte ihm Genuß,
Geliebt vom Sonnenschein«
Storb er von seinen Kuß.
Im Mecre nahm den Zweiten
Still auf d?r Muschel Schoos,
Der ward für Ewigkeiten
Zur Perl- hell und groß.
Ein Andrer fiel auf Eisen,
Das just von Flammen roth
Uno brannte sich mit leisen
Und flüchten Seufzern todt.
Der Vierte der Genossen
T«cb mit den Lüsten Spiel
Und war schon leicht zerflossen
Eh' er zur Erde fiel.
Philippine Weiser.
Der Augsburger Patriciertochter,
deren Name in der Erinnerung des
deutschen Volkes mit so leb«ndig«m
Klange fortlebt, ist es wie vielen ande
ren geschichtlichen Persönlichkeiten er
gangen: di« unerbittliche Quellenfor
schung unserer Zeit hat den Nimbus
zerstört, den Dichtung und historische
Legendenbildung um ihr Haupt gewo
ben hatten. Ab«r wenn ihr Bild da
durch auch an romantischem Zauber
große Einbuße erlitten hat, so strahlt
es uns nun im hellen Lichte historischer
Wahrheit um so freundlicher und an
muthender entgegen, als das einer
wahrhaft deutschen Frau, die in treuer
Ausübung der schönsten weiblichen
Pflichten die eigentliche Bestimmung
ihres Lebens sah. Alltäglich war der
Weg ihres Daseins gewiß nicht, da er
sie aus einem bürgerlichen Hause bis
an die Stufen des Kaiserthrones
führte, und deshalb wird sich auch die
Theilnahme an ihren Schicksalen le
bendig «rhalten. Als vielbeweinte
und Dulderin, „welche die
Schuld, das Auge zu einem der
Höchstgestellten der Erde erhoben zu
haben, mit dem Tode bezahlen mußte",
kann sie jedoch fernerhin unser Mitleid
nicht mehr beanspruchen, denn wenn
man auch noch heutzutage im Schloss«
Ambras bei Innsbruck die Badestube
zeigt, in welcher Philippine Welser
durch Oeffnen der Adern ermordet sein
soll, so steht es doch urkundlich fest,
daß sie am 24. April 1530 in Gegen
wart ihres Gemahls und einer großen
Anzahl von Personen friedlich eines
natürlichen Todes starb.
Philippine Welser wurde im Jahr«
1527 zu Augsburg geboren; den Tag,
an dem sie das Licht der Welt erblickte,
meldet uns leine Urkunde. Ihre ganze
Jugendzeit ist in vollständiges Dunlel
gehüllt, von der Erziehung, die sie ge
noß, erfahren wir nichts. Ihr Vater,
der eine Leinweberei betrieb, war ein
wohlhabender Mann und zählte zu den
angesehensten Bürgern Augsburgs,
aber was Reichthum anbetrifft, so
konnte er sich doch nicht entfernt mit
seinem älteren Bruder Bartholomäus
vergleichen, der zu den unternehmend
sten Handelsherren seiner Zeit gehörte
und dessen Schiff« von Sevilla aus
Venezuela eroberten und colonisirten.
Ein noch auf der Best« Koburg vor
handenes Bild Philippinens, das wohl
aus ihrem achtzehnten Lebensjahr«
stammt, läßt es uns begreiflich erschei
nen, daß ihre Schönheit di« Zeitgenos
sen zu hoher Bewunderung begeisterte.
Mit freundlichem und verführerischem
Jugendreiz blickt sie hier in di« Welt
hinein, das Haar mit einer perlenbe
setzten Goldkette und «inem Barett aus
schwarzem Sammet geschmückt. Das
Kleid aus rothem Sammet ist tief aus
geschnitten, ab«r w«iße, mit feiner
Spitzenarbeit verzierte Seide verdeckt
züchtig Brust und Hals. Der wunder
bare Glanz ihres goldblonden Haares
scheint besonders Ausländer «ntzückt zu
haben, sogar in den Augen eines hohen
geistlichen Würdenträgers fand sie
mit ihrem Liebreiz Gnade. Am
Schlüsse eines Schreibens, das der
Erzbischos Granvella im Jahre 1551
on den berühmten Bildhauer und Erz
gießer Leone Leoni richtete, spricht er
von einer Medaille, die dieser am An
s-rng des genannten Jahres von der
.Bella Filipino" ausgeführt habe; er
(Granvella) hab« davon einen Abguß
in Metall herstellen lassen, den er ihm
als Zeichen, daß die Arbeit dem Gold
schmied nicht schlecht gelungen sei, nach
Mailand send«.
An Bewerbern fehlte es d«r schönen
Augsburgerin gewiß nicht, aber ein
Jahr nach dem anderen verging, ohne
daß mi freier nach der Wahl ihres
Herzens Ihre» Weg kreuzte. Schon
hatte sie das für ein Mädchen nicht
unbedenkliche Alter von dreißig Jahren
erreicht, und es schien, als ob sie ihren
Weg auf Erden ledig vollenden wollte.
Da unternahm sie im Jahre 1556 zum
Besuch ihrer Tante Katharina von
Loxan eine Reise nach Böhmen, die sich
für ihre Zukunft von höchster Bedeu
tung «rwies. Jetzt traf sie von Neuem
mit dem Erzherzog Ferdinand zusam
men, den sie wahrscheinlich schon im
lernt hatte. Doch wie dem auch gewe
sen sein möge, jedenfalls entsprang
aus dieser erneuten Bekanntschaft d«r
Beiden rasch die innigste gegenseitige
Zuneigung, denn schon am Anfang bei
Jahres 1557 ließ sich Ferdinand vurch
seinen Beichtvater mit „Frauen Fili-
pina'. W?« di« Wtlstrin in einer zeit
genössischen Anführung der B«rmäh
lungk - Urkunde genannt wird, heim
lich zu Bresnic trauen. Und ebenso
wie der Act d«r Trauung wurde auch
di« Geburt des ersten Sohnes im fol
genden Jahre sorgfältig vor aller Welt
verborgen gehalten, indem man das
Kind als vom Thurmwart gefunden
ausgab. Jedoch schon im Jahre 1559
erhielt der Kaiser von diesen sein Haus
Bald dll'auf siedelt« die Erzherzogin
in das aliberühmte Schloß Bürglitz
über, das, w't Boeheiw schreibt, als
Königsburg und Kerker zuglnch seit
dem 12. Jahrhundert Zeuge des höch
sten Erdenglücks wi« der dunkelsten
Verzweiflung gewesen war. Hier gab
Philippin« im Lai'fe der näckistenJahre
noch mehreren Kindern das Leben, die,
wi« das erstt, zunächst an «inem ande
ren Orte niedergelegt und dann als
Findelkinder wieder zurückgebracht
wurden. Ihre Herzensgiite, di« sich
ihr ganz«s Leben hindurch im Wohl
thun offenbarte, fand auf diesem böh
mischen Schlosse «ine besondere Gele
genheit zur edelsten Bethätigung.
Mit dem Jahr« 1567 begann für
Philippine ein n«uer Abschnitt ihres
Lebens. Von nun an bildete sie auf
dem prächtigen Schlosse Ambras bei
Innsbruck den Mittelpunkt eines
glänzenden Hofhalts, nachdem sich im
Laufe der Jahr« für ein« immer grö
ßer« Anzahl von Personen der Schleier
von dem Geheimniß ihrer Ehe mit dem
Erzherzog gelüftet hatt«. Durch den
freundlichen Zauber und die Beschei
denheit ihres Wesens gewann sie die
Liebe der ganzen Bevölkerung von Ti
rol, d«s Adels wie der bürgerlichen
Klassen. Hier noch mehr als in Böh
men, wo sie in größerer Zurückgezogen
heit hatte leben müssen, entfaltete sie
«ine so unermüdliche
samkeit in mannigfacher Hinsicht, daß
noch viele Jahre nach ihrem Tode der
Schmerzensrus laut wurde: „Wir ha
ben an unserer gnädigsten Frau sehr
übel verloren." Für Hilfsbedürftige,
ob sie nun krank oder arm oder Beides
waren, konnte es keine bereitwilligere
Helferin geben. Gemeinschaftlich mit
ihrem Leibarzt Pflegte sie ein« große
Anzahl von Kranken, darunter auch
türkische Gefangene, einen Moskowiter,
Handwerker und Landleute u. A. In
ihrem Schloss« hatte sie sich «in« Apo
theke reich ausstatten lassen, in der sie
mit dem sachkundigen Gorin Guaranta
die Arzneien selbst bereitet«. Noch
heute wird auf d«r Wiener Hofbiblio
thek ihr Receptbuch aufbewahrt, das
von ihren reichen Erfahrungen auf dem
Gebiete der Heilkunde Zeugniß ablegt.
Unverschuldete Armuth linderte sie, wo
sie konnte, mit nie ermüdender, freige
biger Hand, aber ihre Menschenlieb«
fand noch auf ein«m anderen Gebiete
reiche Gelegenheit zur Bethätigung.
Aus allen Gegenden des Landes wand
ten sich Bittsuchende vertrauensvoll und
selten vergebens an sie um Beistand:
Frauen slehten für ihre veruriheilten
Männer um Begnadigung, Gefangene
um Befreiung, Schuldner um Stun
dung ihrer Zahlungsfrist, Mütter um
Versorgung ihrer Kinder. Einige re
deten sie dabei freilich als „durchlauch
tigsie Fürstin Frau Philippine von
Oesterreich" an, Andere aber auch als
„Gnädiges Fräulein", woraus man
schließen darf, daß auch damals die
Kenntniß ihrer rechtmäßigen Ehe mit
dem Erzherzog im Volke noch keines
wegs allgemein verbreitet war. Viel
leicht gibt es für sie kein schöneres zeit
genössisches Lob, als das, welches in
der einen Anrede „Liebhaberin aller
betrübten« Herz«n" ausgesprochen ist.
Di« Sorge um das Wohl ihres Ge
mahls. an dem sie mit der innigsten
Liebe hing, hielt Philippin« für ihre
vornehmste Pflicht als Hausfrau, um
fomehr, als seine Gesundheit häufigen
Störungen ausgesetzt war. Er hatte
sich denn auch, indem «r ihre Zuneigung
treu erwiderte, im Laufe der Jahre so
sehr an ihre Psl«g« gewöhnt, daß er,
wie der venezianische Gesandte seinem
Senate berichtete, keine Stunde ohne
sie s«in konnte. Auf seinen Reisen
mußte sie ihn fast immer begleiten, und
als Ferdinand sich um die polnische
Krone bewarb, gab«n die Vertreter d«r
tirolischen Stände ihm zu sein«m eige
nen Besten den Rath, „seine Gemahlin
laden sein sollte, Ihre Gnaden ihm
fleißig aufwarte, wie Seine fürstliche
Durchlaucht solches gewohnt s«i.
Ueberdies sei sie auch still, fromm und
gottesfürchtig und habe sich in Böhmen
und in des Erzherzogs Landen stets so
rühmlich und wohl gehalten, sei so ge
liebt worden und in so hohem Ansehen
gestanden, daß auch im Königreiche
Polen Niemand sich über selbe zu be
schweren haben werde."
Häuslicher Fl«iß scheint neben der
Mildthätigkeit eine der hervorragend
sten weiblichen Tugenden der Welserin
gewesen zu sein. Mit ihrem noch jetzt
in der Wiener Hofbibliothek aufbe
wahrten Kochbuch zählt Philippin«
nach dem Urtheil ihres Biographen zu
den ältesten und besten Autoren dieser
Literatur. Zum Nutzen d«r Leserin
nen und als kurien Beitrag zurKennt
niß der deutschen Kochkukst des sechs
zehnten Jahrhunderts wollen wir hier
aus demselben wenigstens ein Recept
mittheilen. „Wenn Du willst einen
Hecht einmachen, so nimm zwei Peter
filienwurztln und sechs Zwiebeln und
schütte selb: in einen Hafen mit zwei
!Haß Wasser darin. Sied« sie durch
zwei Stunden, nimm sodann düWur
zeln mit den Zwiebrlu heraus, gebe
eine Schnitte gebähtes Brot dazu,
treibe dieses gut durcheinandek und
gebe dieser Brühe etwas Est ig, Saf
fian, Zucker und Pfeffer bei. Danach
fege den Hecht in's Wasser, und wenn
er schön gesotten ist, so gieße das Was
ser vom Fische weg und die Brühe über
selben; laß ihn so eine gut« Stund«
laug dünsten, so soll er gut und recht
sein."
Die Küche muß in der That aus ver
schiedenen Gründen im Schlosse Am
bras «in sehr wichtiger Raum gewejen
sein. Nicht allein tiebte Ferdinand es,
hier üppige Gastmähler zu ixranstal
ten, sondern der überaus zahlreich«
Hofstaat des «rzherzoglichen Paares
stellte Tag für Tag gewaltige An
sprüche an jene Abtheilung hes Haus
wesens. Im Jahr« 1571 wurden, ab
gesehen vom Wildpret, täglich durch
schnittlich 900 Pfund Fleisch und 50
Pfund Schmalz verbraucht, und di«
beständige Befriedigung solcher Bedürf
nisse verlangte von Philippine, die nie
das Sc-'pter aus der Hand kgte, auch
beständige unermüdlich« Umsicht. Bon
ihrer Geschicklichkeit in kunstvollen
Handarbeiten legt noch heute eint per
lärmenden Schwärm großer Hoffest
lichleiten vor. Wie gegen alle ihre
Gäste, so war sie auch gegen Durchrei
sende, die sich nur wenige Tage unter
ihrem Dache aushielten, eine liebens
würdige und aufmerksame Wirthin.
Ein Begleiter des Herzogs von Bayern
schreibt in seinem Tagebuch: „Als wir
am 12. Februar 1579, von Venedig
heimreisend, nach Ambras kamen, hatte
uns die Philippina zu Nacht in ihr
Zimmer geladen, alles auf Majoliken
in kleinen Schüsseln zu «ssen und zu
trinken gegeben, stattlich traktirt; nach
tigkeit erlangt zu haben, denn bei einem
Armbrustschießen im Jahre 1570 be
schämte sie die an demselben theilneh
menden Herren, indem sie den ersten
Preis in Gestalt eines Bechers gewann.
Für alle vornehmen Gäste gab es bei
ihrem ersten Besuche auf dem Schlosse
Ambras eine geheimnißvolle Ueberra
fchung. Im oberen Garten befand
sich eine Felsenhöhl«, das „Heiligthum
des Bacchus", in die jeder Gast von
Rang hineingeführt wurde. Ahnungs
los betraten die Fremden den Raum;
sie bewunderten di« schön bemalt«n
waren, und merkten zu spät, daß man
sie eingesperrt hatte. Plötzlich erschien
«in« Schaar von Priestern des dithy
rambischen Dionysos mit gläsernen
Trinkgefäßen in den Händen. Ihr
Vorsteher las den Gästen mit ernster
Miene die Gesetze d«s Heiligthums vor.
Di« Fremdlinge wurden gewarnt, den
Zorn des stiergehörnten Gottes zu rei
zen, und gemahnt, sich, in die Geheim
nisse des Heiligthnms gutwillig einwei
hen zu lassen. Die Einweihung be
stand in dem Leeren eines Glasbechers
in der Form eines Fäßleins, etwa mit
einem halben Quart guten Weines ge
füllt, wonach der Eingeweihte der Eh«
theilhaftig wurde, fein«n Namen in
das Verzeichniß der Trinker einzutra
gen. Einige dieser Trintgefäße des
Heiligthums sind noch heute vorhanden.
Die für die Dam«n bestimmten sind be
deutend kleiner, schiffchensörmig gestal
tet und enthalten nur wenig mehr als
«in viertel Quart. Ebenso werden in
den kunsthistorischen Sammlungen zu
Wien noch die Verzeichnisse als die
„Trinkbüch«r von Ambras" aufbe
wahrt. Auch Philippin« hat sich 1567
mit dem Spruche «ingetragen: „Ich
hoff' zu Gott." Diejenigen Gäste aber,
d«nen es an der nöthigenUebung fehlte,
die vorgeschriebenen Gesäße mit einem
Zuge zu leeren, mußten auf die Ehre
verzichten, ihre Namen in die Trink
biicher von Ambras einzuschreiben. Als
der Herzog Karl Friedrich von Jülich
und Kleve auf seiner Reise nach Ita
lien im Jahre 1574 Ambras besuchte
cknd mit seinen Begleitern jene Trink
probe zu bestehen hatte, gilang sie frei
lich ihm und den meisten derselben als
echten deutschen Männern ohne alle Be
schwerde, aber Anderen sah man doch
an ihrer Miene deutlich an. daß der
Schluck ihnen «twas kräftig war, und
ein gewisser Pighius, der die Reise des
Herzogs in lateinischer Sprache be
schrieben hat, mußt« sich sogar schließ
lich für besiegt erklären: wie ost er auch
d«n Versuch wiederholte, jedes Mal
ging ihm zu seiner Schande d«r Athem
zu früh aus. Seinem Namen fehlt
deshalb auch der Ruhm, in d«n Trink
büchern d«s tirolifchtn Schlosses ver
zeichnet zu stehen.
In den letzten zehn Jahren ihres
Lebens hat Philippine Wels«r ihren
Wahlspruch: „Ich Hofs' zu Gott" wohl
oft mit gefalteten Händen vor sich hin
gesprochen, denn seit dem Jahre 1570
wurde sie alljährlich bis zu ihrem Tode
im Jahre 1580 von derselben heftigen
Krankheit, die sich in schweren Fieber
anfällen und Brustbeklemmungen
äußerte, heimgesucht. In solchem Zu
stande hatte sie, wie sie selbst sagte, das
Gesühl, als ob Himmel und Erde auf
ihr lägen. Zweimal besuchte sie mit
dem Erzherzog Karlsbad, um hier Lin
derung ödtr gar Heilung ihres alten
Leidens zu suchen, aber obwohl sie, wie
ihr Leibarzt getreulich berichtet hat,
täglich bis zu acht Seideln Karlsbader
Wasser trank, so gewann jenes doch von
Jahr zu Jahr größere Gewalc über
ihren Körper, bis «s diesen schließlich
zu völliger Gebrechlichkeit niederbeugte,
bevor sie noch ihr fünfzigstes Lebens
jahr vollend«! hatte. Ihr« letzten Jahre
scheint sie in der That in bedauerns
werthem Sitchthum verbracht zu ha
ben, und der Tod ihrer geliebten
Tante am 13. Apri! 1580 brach vol
lends den schwachen Rest ihrer Lebens
krast. Am 24. April empfing sie die
Sterbesacramente in dem vollen Be
wußtsein, daß das Endt ihrer irdi
schen Laiifbahü unmittelbar bevorsteht.
Um ihr Sterklager war«n außer ihren
nächsten Angehörigen di>. Herzoge Otto
Heinrich von Braunschweig und Ferdi
nand von Bayern, sowie ein« große
Anzahl befreundeter Personen versam
melt. Den Erzherzog bat sie um Ver
leihung für den etwaigen Kummer,
den sie ihm in ihrem Eheleben bereitet
habe; ihre Söhne befahl sie Gott und
ermahnte sie, ihrem Bater in kindlichem
Gehorsam stets Freuoe zu machen.
Als sie dann plötzlich mit freudigem
Lächeln nach oben blickte und ihr Ge
mahl sie nach der Ursache ihrer heite
ren Stimmung fragte, erwiderte sie:
„Ich sah etwas, das mich freut." In
zwischen hatte der Herzog von Bayern
die Sterdekcrze angezündet und hielt
sie in der der Sterbenden. „Als
der Augenblick des Todes nahte, küßte
sie das Kreuz und versprach Allen
fromme Erinnerung, wenn ihr die
Gnade des Himmels zu Theil gewor
den fei. Noch hörte man die Worte:
„Ich will bald b«i Dir sein" dann
entschlummerte sie ohn« jeden Todes
kampf für immer.
So starb Philippine Welser im drei
undfünfzigsten Lebensjahre im Frieden
mit Gott und der Welt. Ihre Men
schenfreundlichkeit und Herzensgüte, die
sie in unermüdlichem Wohlthun offen
barte, haben um ihr Haupt den schön
sten Kranz der Erinnerung geflochten:
der unvergänglichen, werkthätigen
Nächstenliebe. Wie sie gelebt und ge
wirkt hat, so soll sie auch im Gedächt
niß der Nachwelt fortleben.
Die böse Photographie.
Wie die Turteltauben lebten der
Herr Premierlieutenant Kasimir von
Dambrügge und sein jung«s Weibchen,
Ludowika Marianna, geborene Freiin
Leopsdorser; eitel Maienmorgenson
nenschein durchsluthete ihre kleine ele
gante Häuslichkeit, und von srüh bis
spät hallten die trauten Räume dersel
ben von Frau Ludowikas Silber
glocknlachen wieder. Das war aber
lein Wunder, denn sie hatten sich beide
unmenschlich lieb, waren erst seit einem
viertel Jahr Mann und Frau, und hat
ten auch sonst Alles, was' das Leben
angenehm zu machen geeignet ist. Der
gibt. Jungfer Ursel lochte iii der That
chen.
Da kam plötzlich das Manöver. Nun
gab es Weinen und Wehklagen auf der
einen, Trösten und Küssen auf der an
dern Seite, und dann schied man mit
dem heiligen Versprechen unwandelba
rer Treue und täglichen Briefschrei
bens.
Das war recht schön, aber ver
sprechen ist leicht, haltenHst schwer, im
Manöver zuweilen sogar unmöglich.
An der Treue verginge» sich selbstre
dend weder die männlichen, noch die
weiblichen Partner dieses Quadrioli
ums; aber von den ersteren kamen schon
nach zwei Tagen statt ausführlicher
Briefe flüchtig gekritzelte Nachrichten
höchst unregelmäßig an. Das ist
schlimm für junge Gattinnen und lie
bende Köchinnen. In Ursels Kammer
sowohl als in Frau Mariannas Bou
doir flössen Thränen. .Verrathen,
verloren!" seufzte man hier wie d»rt,
und endlich «s ist ja bekannt,daß
Eifersucht und Langeweile die tollsten
Dinge aushecken, begann Frau
Ludowika Marianna ihres Gatten
Briefschaften durchzustöbern, und nach
Beweisen für seine Treulosigkeit zu su
chen. Ist das Weib eben erst dahin ge
langt. dann schiebt ihm der Satan
sicher etwas zwischen die Finger, das
seinem Argwohn Nahrung gibt. Frau
Ludowika fand in einem Geheimfache
des Schreibtisches ihres Gatten eine
fast noch neue Photographie, welche
ein junges, üppiges Frauenzimmer in
Trikots darstellte. Der Odem der
Frau Premier-Lieutenant stockte und
emt h-ißt Nöthe stieg ihre Schläfen
hinan. Warum verbarg ihr Gatte
dieses Bild vor ihr? Er hatte doch
andere Balletdamen oft in noch zwei
felhafteren Costümen in den Albums
stecken. Warum stak dieses Bild nicht
dabei? Und nun kam ihr gar so vor,
als ob sie das Original schon gesehen
habe, als ob diese lachenden Augcn sie
schon angeblitzt hätten, ja, als ob si
diese Person schon in unmittelbarem
Verkehr mit ihrem Gatten beobachtet,
sie in ihrer Gesellschaft empfangen
hätte. Die Schläfen drohten d«r Frau
Lieutenant zu zerspringen. So weit
war es also schon gekommen, daß Er,
ven sie mit aller Innigkeit ihrer Seele
geliebt hatte, solche Weiber in ihreNäbe
brachte; und sie hatte dies ahnungslos
geduldet. »Aber warte. Treuloser —!"
Fra« Ludowika barg das böse Bild
in den Falten ihres Gewandes; „kom-!
nie Du nur nach Haus, Deine Strafe
soll surchtvar sein, und dann Tren
nung aus ewig!"
Von diesem Tage an sah es trübe in
der Lieutenantswohnung auö. Frau
von Dambrügge geb. Freiin Leopsdor
ser war finster, übelgelaunt und heftig,
Jungfer Ursula infolgedessen eigenwil
lig und vorlaut. In allen Winkeln
leiste und zankte es. Schon dreimal
hatte Ursel der gnädigen Frau den
ander geblieben, um die Treulosen zu
bestrafen und sie dann auf ewig zu
verlassen.
breitete sich verlangend nach ihnen aus.
„Nanu?!" Der Herr Premier eilte
nach Frau Mariannas Boudoir, und
„ Tag, kleine Wita, da sind wir
wieder!"
„Verrathe? -—-!" Frau Ludowika
„Ja was Ist Dir denn, Schatz?
„Mein Herr wagen Sie es
noch so —so zu fragen. Wer ist diese
Person hier?!" Damit hielt Frau
Lieutenant dem Herrn Gemahl die
lich jetzt ist der Schnurrbart wieder ge
wachsen, den habe ich damals opfern
müssen. Hahaha !"
den Trikots dargest«llt hatte, und ni-N
barg sie ihr heiß erglühendes Antlitz
an des noch immer lachenden Gatten
„Abtreten! Marsch! Mund halten!"
befahl dieser dem wackrn Burschen und
überflüssigen Zeugen det weiteren Ent
„Zu Befehl, Herr Lieutenant!"
zwei weichen Armcn umklastert und
von zwei brennenden Lippen geküßt.
Jungfer Ursel batte gehorcht und war
dadurch übe? Frau Lieutenants Miß
stimmung aufgeklärt worden.
Seitdem herrscht wieder Maienmor
gensonnenschein in dem von Dambrüg
gesch«n Hause, der nur zuweilen ein
bischen schwül zu werden droht, wenn
der Herr Premier unter Anspielung
auf die Dame in Trikots zu lachen be
ginnt. Aber das kommt natürlich nur
höchst silten vor.
Srtra-Gratisication.
Dir«ctor einer Schmiere: „Meine
Herren und Damen, ich habe BZi« zu
mir bitten lassen, um Ihnen Mitthei
lung von einem freudigen Ereigniß zu
machen. Meine theure Gattin hat
i.uch soeben mit «inem Zwillingspaar
versprochene rückständige Gage auszu
zahlen. Sie sollen jedoch anderweitig
glänzend entschädigt werden: In An
erkennung Ihres stets an den Tag ge
legten Eifers habe ich mit meiner theu
ren Gattin beschlossen, Ihnen Allen
eine Extragratisication zu Theil wer
den zu lassen. Ich geb« diesem Ent
schluß Ausdruck, indem ich Sie Alle
hiermit feierlichst zu Taufpathen er
nenne!"
Moderne Ehen. Frau
Müller: Ich habe mich riesig über Ihre
Heirath gewundert, wie kamen Sie ei
gentlich dazu, «inen so alten, und da
bei nicht reichen, häßlichen Mann zu
heirathen? Frau Schulze: Ja, wissen
Sie, ich habe mich eben getäuscht. Er
war so häßlich, so albern, so aufge
blasen, daß ihn alle meine Freundin
nen für einen reichen Mann hielten!
Grob. Pati«nt: Sie verstehen
ja gar nichts, ich nichr, daß
allen meinen Patienten. Patient: Lie
ber Herr, ich spreche ja keine todten
Sprachen!
Nochbtsser. Arzt: Da Sie
also heute Appetit haben, so soll Ihnen
Ihre Frau ein Ei lochen. Patient:
Ach, Herr Doctor, es wäre mir lie
mitloch.n lassen, w lche- gelegt
Sehrrichtig. Erst«r Bumm
ler: Du, ich möchte reich sein. Zweiter
Bummler: Wozu denn? Dann könn
jctztt
Amerikanerin in i
Sie weiß von Allem EtwaS,
Doch von Wenigem genug;
Sie liest nur Anfang und Ende. .
Doch nie die Mitte vom Buch.
Sie kennt die Namen alle
Der größten Männer im Land,
Doch ihr Verdienst zu nennen,
Das wäre sie nicht im Stand.
Die Dichter sind bekannt ihr
Von Homer bis auf Heinen,
Doch von der Dichtung Inhalt
Versteht si« auch nicht Einen.
Sie klimpert am Piano
Und spielt die Mandoline;
Sie bläst auf der Trompete
Und kratzt die Violine.
Sonntäglich geht sie zur Kirch:
Und faltet devot die Hände;
Viel' blitzende Steiii' und Ringe '
Fast jede Agenwimper
Ist eines Mannes Schlingt.
Sie brach schon viele Herzen,
Denir sie liebt von Allem Etwas,
Bitterkalte Winternacht. Auf der
aufgeschlagenem Rockkragen und tief in
die Schulter gezogenem Kopf, die
Hände in den Paletottaschen, tauchen
auf, um alsbald in einer der Seiten
straßen zu verschwinden. Vor dem
Jmperial-Hotel steht ein unnumcrirter
Fiaker. Der Kutscher, «in ältlicher
Mann mit etwas vertrunkenem Gesicht,
auf dem Bock, wie in einem Schaukel
stuhl zurückgelehnt, er spitzt die Lip
pen und pfeift den Refrain vor sich
hin: ....
Da kann Aner nv' was lerna".
Ein Mann mit einer Bortenmütze auf
dem Kopfe tritt eilig aus dem Thor
und gibt dem Kutscher einen freund
schaftlichen Puff: „Dei' Herrschaf!
> kommt!" Der Fiaker richtet sich auf
! und beugt sich vor, um den Flur des
Hotels sehen zu können. Ja, sie
kommen. Ein junger Mensch, hohl
wangig, blasirt, übernächtig glän
zender Cylinderhut, lange, schlürfende
Lackschuhe, der Pelz allerletzten Zu
schnitts. Neben, oder etwas vor ihm,
trippelt eine kleine Blondine. Seal»
skin-Jacke mit bauschigem Achseltheil;
bei jedem ihrer kurzen Schritte rau»
. schen, «in dünnes Regenschirmchen mit
j vergoldeter Krück« im Arm, eine Wolke
i starken Parfüms. Vom Theater.
Ihr Eavalier läßt sich vom Nachtpor
, tisr noch Feuer geben für seine C-iga
, rette und sucht dabei in der Tasche nach
> Kleingeld. Die kleine Balleteus« hat
! sich inzwischen dem Kutscher, d«r die
Decken von d«n Pserderücken zieht, ge
nähert. „Gelt, kalt ist's schau, daß
wir z' Haus' kommen! Da hast!" Sie
steckt ihm, ohn« daß es ihr Begleiter
> bemerkt, «inen zusammengefaltete»
„Fünfer" zu. Dann setzt sie ihr blitz
blankes Stiefelchen auf den Tritt des
Wagens, der Kutscher schnalzt mit
der Zunge. „Gutherzig sind sie Alle",
sagt ein berühmter Dichter es ist
brav von der Kleinen, daß sie ihrem
Vater ein splendides Trinkgeld gibt.
Modethorheit.
„Mach dir det man ab!" lautet eins
der neuesten geflügelten Worte in Ber
lin, aber trotz dieser zarten Aufforde
rung ist es doch gekommen, das Mo
nocle d«r Damen nämlich, und zwar
d«r Damen der guten Gesellschaft. Wie
«in Orden minderer Güte wird «s frei
lich noch am Bande getragen, doch das
Band wird dünner und kürzer werden,
und eines Morgens wird die überraschte
Welt der der vollzogenen Thatsache ge
genüberstehen. Ach, und die lang«n
Wimpern der Stolz des Auges, sie
werden geopfert werden müssen, denn
sie incommodiren natürlich. Ab«r Nie
mand kann eben zween Herren dienen,
entweder er wird das Monocle lieben
und an den Wimpern klimpern, oder er
wird den Wimpern anhangen und das
Monocle verachten. Klein und zierlich
ist das Glas,von einem schmalen Gold
ader Schildplattreif «ingefaßt. Beson
ders der letztere ist beliebt, da er fester
hält, wenn er warm geworden ist.
Selbstverständlich hat das ftärlere Ge
schlecht diese Herausforderung bemerkt
und erwiderte jene Thorheit mit einer
anderen, aber wie es den Männern
eigen ist sie sind der Sache mehr
auf den Grund gegangen, nämlich auf
die Stiefel. Was reitet oder wenig
stens so thut, natürlich abgesehen von
den Reitern aus Beruf, trägt jetzt bis
zum Knie reichende, enganliegend«,
harte, gilbe Stiefel. Wie einst vor
Troja die Kämpfer nach den Bildern
alter Dkister gelbe Beinschienen anhat
ten, so wiederholt «s sich jetzt von
Neuem. Es ist ästhetisch ein ungemein
wohlthuender Anblick, die gelben Röh«
nn so daherpe-ideln zu sehen, trotzdem
der Berliner, um ein anderes geflügel
tes Wort von ihm zu gebrauchen, sagt:
.Der durfte ja nunich kommen."
Er kennt ih s. A.: Da
'mal hören, der Mann predigt ausge
zeichnet! B.: Nein, ich danke, ich'
habe den Mann einmal gehört, und
A.: Mes/denn? B.: Na. d-r
Nann hat mich doch getraut!