6 Die durchlöcherten Handschuhe. In den «oer Jahren war Arizona noch ein fremdes, trauriges Land, in welchem man große ausgebrannte Wü sten antraf, deren grauer Sand die wunderbaren Ruinen der alten Azteken tief vergraben hatte. An den dunklen Schluchten ragten mächtig« Steinblöcke empor wie «in zerrissener Saum. Im Schattin Vieser Felsen aber versteckten sich die rothen Teufel, welche das Gold des Wüsknlandss bewachten und nach dem Blute der Bleichgesichter lechzten, die es wagten, die Scyö-tze zu heben. Di- Wöls« zczen heu!«ni> durch die E>,iöde mit den riesigen Cactüspflan zm, dem aufgetrocknetem, wasserlo<cn, unsruchtbare.'i Boden. Die Gesch-Hte schien hier mrxessen die Hoffnung ausgigebni werden zu sein, und von der Ferne bitten hohe Gebirgskunde Herüber, so ge'ieimnißvoll und oiiskr, als bergten si? manüieS blutige und dunkle Äb-nl-uer. Der Tambour - Major. In dieser Gegend lagen zur ge nannten Zeit im Fort McDowill vier Compagnien Infanterie und vi«r Schwadronen Cavallerie unseres Bun desheereS. Eisenbahnen gab «s in je ner G«gend noch nicht, so daß die Sol daten, von aller Welt abgeschlossen, ei nen von Washington aus ungestörten Krieg mit den Indianern führen konn ten. Eine interessante Episode aus demselben wurde neuerdings von Ma jor Halle» erzählt, welcher damals als Rittmeister in Fort McDowell stand. Der Major nahm «inen tüchtigen Schluck aus seinem Glase und sagte: „Ah, die alten Tage der Regent war, waren fast die einzigen menschli chen Wesen, welche sich in unserer Ge gend blicken ließen. Wir führten ein wo ihre Gegenwart oft die größte Vec «ntwortlichlleit mit sich bringt. D«r Major führt Agnes heim. Unser Befehlshaber war ein finsterer Mann, der den Namen „Black Bill" führte, seine Tage im Zorn zubrachte, unmäßige Strafen für Kleinigkeiten austheilte und systematisch die Befehls liaberinnen in weißen oder rosa Uni formen ignoririe. Dabei hätten ihn die Damen so gerne gebeten, ihre Männer oder ihre bevorzugten „Subs" nicht aus gefährliche Ritte auszusenden. Die letzteren wurden auch fast immer oder von «inem Dutzend junger wage halsiger Lieutenants. Das Kasernen leben war ei» langweiliges: Stall dienst, Exercieren, Turnen, Casino, Erwartung des ProHantzugeS, Ent gegennahme der Postsachen, Romanle sen, ein wenig Kartenspiel und viel schlechte» Schnaps. Wer nicht Jagd tirken. rief: .Beim ZeuS, Herr Rittmeister, Dame!" Das außergewöhnliche Ereig «iß wurde durch die Ankunft des rei- chen Mineubesitzers Harold Royston von New Uork mit seiner Tochter Ag nes verursacht. Er befand sich auf dem öden Wege nich N ckenburg. Ganz Der Empfang. Fort McDowell girieth in Aufregung, besonders als man in Erfahrung brachte, daß die schöne jung« Dame ei nige Wochen bei field zu Gast sein werde, während Royston seinen Geschäften in der Bul Jahre vergangen, ich erinnere mich noch, als ob es erst hiu'e gewesen wäre, der schönen Agnes, wie sie dastand und dem Aufziehen der Wache -ufah. Un ser ehrgeiziger Kipellme'fter Horn blower spielte der jungen Dame vom Major Haich bis zum Arzte Mc- Sawbones, «inem Schoitkänder mit rothen Haaren, in unseren Gast ver liebte. Ueber mich f'lbst will ich schweigen; aber ich yabe acsehen, wie Dick Grahame eine ganze Salve aus Jndisnergewehren kaltblütiger auf nahm, als sein erst:s Begegnen mit d»r Lager-Göttin. Zu Ehren der!ung?n Dame wurden Gesellschaftsspiele, Concerte und son stige Unterhaltungen veranstaltet, so daß sich unsere gesellschaftliche Wüste in «ine Oasis verwandelte. Agnes hatte auch ganz das Zeug in sich, ein tapferes Soldatenherz zu gewinnen. Sie war trotz ihrer Schönheit freundlich und aufgeräumt und dabei von vollendeten Manieren, so daß sie bei den Einen Staunen erregte und bei den Anderen ben im Osten wieder in Erinnerung brachte. Kurz, sie kam Allen wie ein wärmender Sonnenstrahl vor. Blickt nach den Sternen. Innerhalb zweier Wochen wurde es bekannt, daß sie selbst dm schrecklichen „Black Bill" besiegt hatte, so daß der selbe einmal Gnade vor Recht ergehen ließ, als es sich um die Bestrafung ei nes störrigen Soldaten gehandelt hatte. Der arme Dick Grahame! Schon als Cadett hatte er in West Point meine Zuneigung gewonnen. Es war außer Ziveifel, daß der Jung« in unseren Gast hoffnungslos verlebt war. Schweigend saß er da und rauchte eine Pfeife nach der anderen, oder schlug verschämt die Augen nieder, wenn Frl. Agnes nur die allereinsachste Frage an ihn richtete. Die gefährlichen Symp tome seiner Krankheit zeigten sich auch in der Sorgfalt, mit welcher er seine Uniform anlegt« oder auf das Ausse hen seines Pferdes achtete. Trotzdem war ich nicht wenig überrascht, als er mir einmal vor der Linie mit: „Zu Befehl, Frl. Agnes!" antwortete, an statt mit dem gebräuchlichen: „Zu Be fehl, Herr Rittmeister!" Ich mußte mich umwenden, um mir vor der Truppe keine Blöße zu geben, welche die Wort« theilweise gehört hatte und Band brachten. Die Zeit verging schnell und immer näher rückte der Tag heran, an welchem die Abreise unserer Angebeteten statt finden sollte. Ich hatte mich oft im Stillen gewundert, ob die liebliche Ag nes wirklich wie «in Traum, welcher eine süße Erinnerung zurückläßt, von uns fortziehen werde. Da geschah es, daß unser« Garnison durch das De sertiren zweier Soldaten, „Hard-Hea ded Sidney" und McCarthy, alarmirt wurde. Man bedauerte weniger das Verschwinden der Leute, als die Pferde und die Ausrüstungen, welche die richtigen Bedauern wurde Dick abcom mandirt, um mit zehn Mann die De serteure zu verfolgen. Für zwei Wo stöbern und in einer Woche sollt« der große Ball, zu Ehren unserer Sch önen veranstaltet, stattfinden. Alles Fluche» half nichts, und als sehe ich fein finsteres Gesicht, als er mit seiner Mannschaft aus dem Fort ritt. Er hatte nicht einmal von. der Dame seines HerzenS Abschied nehmen könn«n, da di«s«lb« mit Mals: Hatch Weitere Tage vergingen, und auch der Ball gehörte zu den gewesenen Dingen. Ich erlasse es mir zu be schreiben, wie „Black Bill" denselben mit unserer Fee eröffnete und wie die verheiratheten Damen über die lieb liche Erscheinung vor Neid beinah« barsten und wie ich die Ehre hatte, die junge Dame nach Hause zu begleiten. Wir schritten schweigend über den Pa radeplatz. Ihre kleine zitternde Hand lag auf meiner, als sie plötzlich sagte: „Herr Rittmeister, Sie werden nicht vergessen, mich dem Herrn Lieutenant Grahame in's Gedächtniß zurückzuru fen und ihn daran zu erinnern, daß er mir einen Besuch schuldet, sobald er nach New Uork kommt." Ich dachte an meinen armen Jungen, der irgend wo im Felde campirte und nach den selben Sternen emporblickte, die wie Lampen über uns hingen, deren Licht aber zu erlöschen schien, als sie im Hause des Majors verschwunden war. Dasselbe Gefühl überkam die ganze „Zu Befehl, Frl. Agnes!" Garnison, als bald darauf Herr Boyston mit seiner Tochter von dannen zog. Der Vater hat mit Erstaunen bemerkt, welche Gewalt seine Tochter über die Garnison erlangt hatte und war augenscheinlich froh, fortzukom men. Unter einer Begleitung von fünf Cavaleristen zog die Ambulanz ihres Weges dahin. Wenige von uns schlie fen in der folgenden Nacht; Jawkins spielte die Flöte, McSawbones und Hatch spielten Schach und geriethen sich in die Haare. Die holde Erscheinung war v«rschwunden, welche in unser mo- Pflichterfllllung leichter gemacht hatte. Der kleine Zug bewegte sich dem McDowell Canon zu und was dort vorfiel, lasse ich Dick Grahame erzäh len, gerade wie ich es von ihm gehört habe, vermischt mit den Seufzern einer jungen Dame, welche einen hübsche» verwundeten Reiteroffizier verpflegte. Dick sagt: Wir hatten die ganze Ge aend nach den beiden Deserteuren MM! H/i- Ein verliebter Flöt«n -s p i e l e r. das McDowell Canon, denn ich nahm sofort an, daß ihnen das Trinkwasser Gerade als wir die Landstraße erreich ten. wurde ein scharfes Gewehrfeuer hörbar. Nun ging es in wilder Hast vorwärts, denn es unterlag keinem Zweifel, daß die rothen Teufel einen Angriff auf die Ambulanz gemacht hatten. Das Knallen der Karabiner unserer Leute war deutlich zu unter scheiden. Plötzlich vernahm man auch das Krachen zweier schweren Spring field-Gewehren. Was sagen Sie dazu, Herr Rittmei ster! Als wir bei der Anhöhe anlang ten, erblickten wir die Deserteure, welche unter der Deckung einiger Fels blöcke auf die Indianer lospfefferten, daß es eine Freude war. Die Letzte ren hatten bereits drei Leute der Wache getödtet. Die Ambulanz lag umgeworfen am Boden und neben ihr den war. Als wir aus dem Kampf platz- anlangten, nahm die Geschichte ein schnelles Ende." „Das ist aber nicht Alles", fügte eine liebliche Stimme hinzu. „Ich sah in den schrecklichen fünf Minuten, iöiegung.des Weges kommen und auf die Indianer zureiten. Ich schrie Ih nen gleich darauf aber sah ich Sie geant später auf mich zukam und sagte: „Alles ist vorüber", da sah ich Sie Der Ueberfall, blutbedeckt auf dem Boden liegen. Während sich die Männer meines Va ters annahmen, öffnete ich Ihren Rock und fand in denselben ein Paar weiße Handschuhe, durchlöchert von einer Ku sel." Die Auge» der Sprecherin füllten sich mit Thränen, als sie uns das Packetchen zeigte, welches einer India ner-Kugel den Weg nach dem Herzen eines tapferen jungen Mannes ver wehrt hatte. Alle Geschichten nehmen ein Ende. Dicks Wunde heilte schnell. Dank der braunen Augen, welche über seinem Schlafe wachten, beim Erwachen des Patienten aber, wie McSawbone sagte, Fieber hervorriefen. Auch der verletzte Arm des Herrn Royston wurde in einigen Wochen wieder hergestellt. Nach dem großen Ball und dem aufre gende» Uebersall folgte eine der schön sten Hochzeiten der Welt. Die Braut war ungemein liebreizend und wurde mit Anstand von dem eisigen Vater der Ersten Eavalerie übergeben. Die Mu sik-Kapelle spielte auf Dicks besonderes iu,>". Selbst „Black Bill" war an die sem Abend liebenswürdig. Die Hochzeitsfeier. Die Mannschaften wurden mit ei nem Festessen regalirt und unter ihnen saßen Sidney und McCarthy, welche vom Kriegsgericht ausnahmsweise frei gesprochen worden waren. „Fast hätte ich vergessen", schloß der Major seine Erzählung, „zu bemerken, daß die Braut zwei Handschuhe trug, welche am Arme durchlöchert waren. Niemand aber tadelte darob unsere glückliche Frau Agnes Grahame." Bazin's »tollschiff. Eine höchst eigenartige Idee will der französische Ingenieur Bazin zur Ausführung bringen. Er verwirft die bisherige Schiffsform gänzlich; sein Zukunftsfahrzeug besteht aus einer großen Plattform, die von ungeheu ren, hohlen Rollen getragen und über Wasser gehalten werden soll. Die Rollen dienen ebensowohl als Schwimmkörper, wie zm Fortbewe gung. Bazin hat sich nicht mit einem Entwurf aus dem geduldigen Papier begnügt. Er läßt vielmehr ein „Roll schiss" von 26 Meter Länge und 11,3 Meter Breite, dessen Rollen je L Meter Durchmesser haben sollen, etbauen, mit welchem er auf dem Kanal La Manche weiteren großen Oceandampfers von 22 Meter Durchmesser ist projectiert. Der Erfinder erhofft eine Fahrge- Stunde und glaubt, daß feine Roll schiffe weit sicherere Beförderungsmit tel sein werden, als alle bisherigen Schiffstypen. Von erfahrenen Ingenieuren wird übrigens Bazin's Nollschiff als eine Utopie bezeichnet. Unangenehme B«stäti auna. Gatte: Ich weiß gar nicht, weshalb Du immer mit mir zankst. Du hast doch mal selbst gesagt, den besten Mann auf Welt möchtest Du gar nicht Heirathen. Gattin: Das habe ich auch nicht gethan. Auch«ine Bevorzug ung. „Na, Christian, wie gefällt's Dir denn Militär?" „Ganz gut, Mutter! zu mir sagt er immer „Du Beweiskräftig« Bei spiel. Lehrer: „Ein Hauptwort kann man also nicht steigern." Schü ler (Hausbesitzerssohn): „Mein Bater ther!" Alles in Allem. 1. Stu dent: „Na, wie gefällt Dir denn mein neuer Anzug? Hat mich baare 90 Mark gekostet!" 2. Student: „Was? Das ist ja kolossal theuer!" 1. Stu dent: „Ja. wech? Du, mein Lieber, da find eben die Gerichts loste» auch schon dabei." jlnter uns Trauen. men, sind aus der goldenen Jugend zeit, und die thenerste» Bilder aus der Vergangenheit bleiben für uns die^«- das wohlthätige Walten Mutter der Mutter. Weisheit an, doch Nichts hilft, das es um seine liebe, singende Mama, die süßen Lippen spitzt es zum Kusse, es fühlt sich so unsagbar wohlig nur un- Mutter. Der kleine Eigensinn will heut' nicht essen, weder das Süppchen noch auf der Erde. Beschmutzt sind Lätz chen, Pfötchen, Kleid und Teppich. Grimmig und mißlaunig springt die Händen der Mutter. Viel« Kinder tollen dort im Freien umher. Die Einen schlendern gelang weilt von Ort zu Ort, wohl sind sie hübsch und auch ziemlich nett, aber es scheint ihnen etwas zu fehlen, das kahre Vergnügen, die innere Freudig keit! es nimmt Niemand Antheil an ermüdende Kindergeplauder. Die an deren Kleinen sehen aus wie Prinz und Prinzeßchen, so schmuck und rein, Alles an ihnen sprüht Lust und Leben, die strammen Glieder, die hochrothen angebildet und wacht auch jetzt Tag für Tag über die Fortschritte des klei nen Schülers und hilft ihm über neue der Mutter. fremden Menschen, die ungewohnten Lebensverhältnisse. Doch Abends in wohlthätige Nähe der Hand der Mut ter. der Heimath! mit fliegenden Fingern werden die Hüllen entfernt. Wie tau send freundliche Blicke und Grüße winkt es ihr entgegen aus diesen duftigen Gaben, auch ein Brief liegt dazwischen. Thränen der Rührung fallen auf das Blatt, auf diesen Ausdruck der zärt lichsten Liebs, und sie drückt es dank bar und glücklich an die Lippen, denn es komm! aus den guten Händen der Mutter. Nach Jahr und Tag erscheint der Geliebte und sreit um das Mädchen. Willig folgt sie d-m Zuge des «erzens. Das neue Nestchen wird gebaut mit Fürsorge und Weisheit und Wob!» stand. Die Hochzeitsglocken !lw/?«k, die Braut naht geschmückt dem Altar, und neben sie hin tritt die, die ihr bis her Alles gewes-Ni und legt segnen» aus's Haupt die zitternden Hände der Mutter. So baut langsam, friedvoll und sicher von der Wiege bis zum eigenen H«rd« das Gebäude der einzigen, wah ren, selbstlosen Liebe die Hand der Mutter. Aas Tanzen vom Standpunkt der NlMeiie. Plauderei von Tr. »icd.l. Reinhardt. Herr Doktor, Sie sind mir noch die Erltärung schuldig, was Sie unter der „großen Sünde des Ballsaals" ver standen wissen wollen. Halten Sie jeden für einen Sündigen, der Terji sichoren huldigt und ihr abendliche Opfer bringt, und wälzen Sie somit den Stein dieses Vorwurfs auch auf unsre Häupter? Sehen Sie schwarze Vergehen, wo wir nur harmlose Fröh lichkeit entdecken, oder aus welchen Gründen mißgönnen Sie der doch nicht so sreudereichen Welt diese glücklichen Stunden?" „Verehrte Frau, wenn ich von einer Sünde des Tanzsaales gesprochen, so meinte ich keine Vergehen, die der Beur theilung des Richters nach bürgerlichem Gesetz oder den Vorschriften der Moral anheim fallen müssen, sondern ich sprach von fehlerhaften Handlungen, die ihre Zurückweisung, ihre Verhü tung durch den Mund des Hygienikers erfordern." „Halten Sie denn das Tanzen für so gesundheitsschädlich, Herr Doktor?" „Durchaus nicht. Es kommt nur darauf an, wer tanzt, w o man tanzt und wa n n man tanzt. Kurz, außer auf den Tänzer kommt es, um mich Milieu des Tanzens an. Ein gesun der, starker Körper erfordert ab und zu ein Austoben der in ihm wohnenden Kräfte, um im Gleichgewicht zu blei ben. Hochgespannte Gewalten müssen Wiesen; über den sommerbluniendurch wirkten Teppich der Felder schwang sich in Altdeutschland der Neigen. Erlas sen Sie es mir, gnädige Frau, Ihnen künstelter sin <!<> »iöelv-Manie be herrschten Feuilletonisten zu zeichnen. Ein altrömischer Geck hat sich nur we- Leben erstanden, daß wir uns entwöhnt haben, auch bei Vergnügungen hygieni schen .Regeln Folge zu geben. In durchglühte, schlecht ventilirte, mit Menschen erfüllte Räume sperren wir uns ein, wenn stille Licht des Mondes zur beschaulichen Ruhe ladet; und wenn der Sonne erste Strahlen uns be-.eit zur Arbeit des Tages finden sollten, rüsten wir uns, ermüdet an Leib u'd Seele, zum Heimweg. Die Stunde,», die den Wüstlingen früherer GesellschN" „Aber, Herr Doktor, wie sollen wir denn unsere geselligen Zusammenkünfte einrichten? Bis neun, ja zehn Uhr sind unsre Männer in der Woche be schäftigt. Als natürliche Folge bleiben für die abendlichen Gesellschaften die Nachtstunden. Und der Winter ist die Zeit dieser geselligen Vereinigungen da ist von einem Zusammentresfen im Freien keine Rede." „Gewiß gebe ich zu, daß die rastlose Thätigkeit unsers elektrischen Jahr hunderts manche Verschiebung in der Eintheilung des bürgerlichen Lebens bewirken und auch die Stunden der Nacht in den Kreis ihrer Berechnung ziehen mußte. Aber desto mehr ist es die Pflicht des Arztes, mit unabweis barem Nachdruck auf die Befolgung der wenigen hygienischen Maßnahmen hin zuwirken, die gerade deshalb unum gänglich nothwendig sind. Vur Allem haben die Kinder die Vergnügungen zu meiden, die ihr später noch s» häufig attackietes Nervensystem in z, heftige Schwingungen versetzen; Kinder habe» in den Ballsälen nichts zu, suchen. Mädchen gehören, mit wenigen Aus nahmen, vor siebzehn Jahreir nicht in den Kreis erwachsener Tanzgenossen! Daß ich unsre liebenswürdigen männ lichen Sprößlinge in den weithinauf reichenden Flegeljahren hier übergehe, l findet seine Erklärung in ihrer Be schäftigung, die theils in Gestalt klassi int Erlernen kaufmännischer Berufs zweige sie zunächst diesen Vergnügun gen an sich mehr sernhäkt. Sodann er fordern die Entwicklungsjahre de: Mädchen überhaupt weitaus mehr Schonung. Aber nicht nur für die ger Mädchen gilt die Mahnung, die Töchter nicht von Vergnügen zu Ver gnügen, von Ballsaal zu Ballsaal eilen zu lassen." „Das 'st den Müttern nicht unbe kannt, aber jede Mutter sagt sich: ich bin auch einmal jung gewesen; die Zeit ernster Pflichten kommt noch früh nug für das Töchterchen. Die winter lichen Vergnügungen vergehen so schnell und werden so bald von den Tagen ruhiger Lebensführung verdrängt." „Dann, verehrte Frau, haben Sie die Güte, mir im Geiste in eine der ärztlichen Sprechstunden nsch den Kar nevalstagen zu folgen. Da erscheint z. B. eine Mutter mit ihrer achtzehn jährigen, vollentwickelten Tochter. Dem Beobachter fallen sofort die mllkn Be wegungen der jungen Dame, der matte Blick, die schwache Röthung der Wan gen und die blasse Farbe der Lippen auf. Wir sind daher nicht überrascht durch die bald geäußerten Klagen über Mattigkeit, Unlust zur Beschäftigung, Appetitlosigkeit, häufigen Kopfschmerz, Kurzathmigkeit beim Treppensteigen tome starker Bleichsucht. Auch sind Mutter Aufklärung zu geben, warum ihre früher so blühende Tochter so viel von der gewohnten Frische und Elasti zität verloren hat, wenn wir auf Er kundigungen über die Lebensführung in den verflossenen Wochen das Zuge ständniß ununterbrochener gesellschaft junge Mädchen, das bis vor Kurzem an die Regelmäßigkeit und die gesun den Verhältnisse des häuslichen Lebens gewöhnt gewesen, ist plötzlich in das stürmisch«, aufregende Treiben des Ballsaales versetzt worden, ohne sich in den nächsten Tagen von den nächtlichen Strapazen erholen zu können. Was Wunder, daß der junge Körper diesem ungewöhnten Ansturm sich beugte! Aber auch bei jungen Damen, deren Gesichtsfarbe nichts zu wünschen übrig läßt, wird dem geübten Blicke des Arz tes der ganze Ausdruck und die ganze Haltung die Erkenntniß einer mangel haften Blutzusammensetzung nicht ent gehen lassen. Dieses Urtheil kindet seine Bestätigung durch die In spektion der Schleimhäute in den Au gen und im Munde. Das Vorkommen einer kräMaen Hautröthe bei bleicklüch der Weise: die Färbung der Haut hängt einerseits von der Blutfarbe, anderer seits von der Füllung «nd Ausdehnung gifäßchen, so kann es bei den Laien den Eindruck bester Blutverhältnisse her- ' vorrufen. Diese beiden Arten weibli tragen und zu retten suchen, was noch zu retten ist. Auf Anstrengung muß Erholung folgen! Hat ein junges bis elf oder zwölf Uhr im Bett blei- Doktor, da hätte unser „Gnädige Frau, ich hatte den Vor zug, ein nicht seltener Gast Ihres elter lichen Hauses zu sein. Wie oft sind ganzen fünfmal." „Ja, bei hochfestlichen Gelegenheiten. Und wie oft sind Sie später a!S elf „Da haben Sie des Räthsel? Lö psünden. Aber wenn die Kräfte, wie heutzutage, i» beständigem Rerzzu stande bleiben, tritt bald Erschöpftrnz ein. Wollen also Mütter ihren Töch tern, weil später ernste Pflichten an sie herantreten, die Ballsaalsfreuden es bleibt ja jedem überlassen, diese Werthschätzung des heutigen Bcrklsaa les zu theilen oder zu bestreiten nicht verkürzen, so ergeht an diese Müt ter die ernste Mahnung, den jungen Mädchen, gerade um sie spätern Anfor dtrungen gewachsen zu finden, toeitge- - hende Erholung zu gewähren und sie während der Zeit, da die Bälle die Saison beherrschen, von der häuslichen Berufsarbeit zu entlasten, ihnen sozu sagen Ferien für die GesellschastZM zu geben." Altmodisch. So schnurrig wie die Formen und auch die Namen für einzelne Stoffe, wie „elettrischblau", „gepreßte Erd beer-Farbe", „Loie Füller" u. s. w. Aber was wollen diese Bezeichnungen bedeuten 'gegenüber den halbverrückten der früheren Zeit, be sonders der Zeit Ludwigs XIV.? Z>» jener Zeit kannte man u. a. die Far ben: „getröstete Wittwe", „sterbender Affe", „Pavianlachen", „Liebessehk sucht", „kranler Spanier" und .aüs erstandener Todter"!
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