Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, February 15, 1895, Page 2, Image 2

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    2 Die Speckseite von Dunmow.
Der Flecken Dunmvw in England
ist durch eine sonderbare Ceremonie be
kannt. Man überreicht nämlich unter
großer Zierlichkeit demjenigen Ehe
paar, welches sich während eines Jah
res nicht einmal gezankt hat, eine
Speckseite. Dieser eigenthümlich«
Brauch verdankt seinen Ursprung nach
stehender Begebenheit.
Im Jahre 11L8 lebte in der Nähe
von Dunmow ein Baron Namens
Waller Fitzwalter, der schon jahrelang
unter dem nicht allzu leichten Joche sei
ner herrschsüchtigen Hausfrau, seufzte.
Eines Tages «nijchloß sich der geplagte
Ehemann, der Sache ein Ende zu ma
chen, und vertraute den Mönchen d«r
Abtei Dunmoiv sein Leid. Sein« Aus
sagen, welche von den Mönchen zu
Protokoll genommen wurden, befinden
sich noch in den Archiven der Abtei.
Darin heißt es:
„Sie will mich zwar im Kriege
Waffen und Rüstung tragen, lassen,
aber im Haus« will sie die Hosen tra
ge,!."
Der Prior, welcher «in loser
Schalk war, redete dem armen Pan
toffelhelden gewallig zu, dem Hade:
rin Ende zu machen, und schlug dazu
folgendes Mittel vor. Der Baron
soll« seine Frau zu einem Zweikampfe
nach allen Regeln herausfordern und
der Kampfpreis solle di« Hose sein.
!Die groß« Halle des -Schlosses war
bald ziim Kampfplatze hergerichtet und
sämmtliche Diener d«s Barons, sowie
auch di« Mönch«, den Prior an der
Spitze, hatten sich versammelt, um
Zeugen des eig«nthümlichen Kampf«s
zu s«in. Die rothe Sammethose des
Stolz beleidigt hatte." Ein altes Bild
»mr deren wohlgezielte Hiebe zu pari
«n suchte.
Eine halbe Stunde lang währt«
H°Z«. Ei / e ss 112
Iedes Jahr steht die Speckseite den
Mitfreud« ist schwi«riger als
Mitleid.
Sieg«spr«is «rrunzen, weil er das
Steckenpferd eines Mächtigen zu rei
ten verstand!
Und wenn du dir Bein zer-
Die WeA, sie läch«lt wenn du fällst.
d«>.
Manch« L«ut« Muschen sich bis
an ihr Lebensende mit den Worten:
Anblick eines Menschen, der uns ver
pflichtet Hat, empfinden, ist der erste
Krad der Undankbarkeit.
„Häßlich" ist für ein Weib
vm schlimmer« Censur, als .schlecht".
Eine Tcstailicntsmlfnaiime.
Nach c.iicr wahre» crzih.t v°»
Das plötzliche Verschwinden des
Doktor M., eines in weiteren Kienen
sehr bekannten jungen Arztes, erregte
die Gemüther der ganzen Provinzial
-hauptstadt in hohem Grade. Doktor
M. war an den« ersten städtischen
Krankenhause thätig gewesen und hatte
sich durch einige glückliche Erfolge be
reits einen ebenso viel versprechenden
Ruf als Arzt erworben wie er wegen
nehmen der Löwe vieler Salons gewe
sen war. Eines Abends war er, wie
seine Wirthin gehört hatte, erst nach
Mitternacht nach Hause gekommen
-und hatte sich anscheinend sogleich
seine Glocke gezogen würd« und die
Wirthin draußen eine männliche
Stimme zu vernehmen geglaubt hatte,
welche leise und lebhaft auf ihn ein
den fortgegangen war. »
Von diesem Augenblick an war der
junge Mann verschwunden, ohne daß
sich eine Spur von ihm entdecken ließ.
Die verschiedensten Gerüchte« tauchten
auf, denn da er in ganz geordneten
Geld- und Familienverhältnissen lebte,
so war eine freiwillige Flucht aus der
Stadt oder gar ein Selbstmord von
vornherein ausgeschlossen. Viel eher
schien die auch geäußerte Meinung
glaubhaft zu sein, daß er der Rache
eines Nebenbuhlers oder beleidigten
Gatten zum Opfer gefallen sein mochte,
denn ein so tüchtiger und eifriger Arzt
auch der Verschwundene gewesen war,
so war doch auch über seinen Leicht
sinn im Punkt der Liebe ebenso wie
über seine Leidenschaft für das Spiel
Einiges in die Öffentlichkeit gedrun
gen.
Nach diesen Richtungen stellte die
Kriminalpolizei mit allem Eifer ihre
Forschungen an, ohne jedoch zu irgend
einem Resultat zu gelangen. Der Ver
schwundene war in der Nacht von Nie
mandem gesehen worden, was sich auch
durch die etwas abgelegene Lage seiner
Wohnung in einer noch ziemlich unbe
bauten Straße, an die sich bald Gär
ten und Heckenwege anschlössen, wohl
erklären ließ.
Eine wichtige Spur schien allerdings
einige Tage später durch eine Postkarte
ohne Namensiinterschrift gegeben zu
werden, in welcher der Criminalpolize!
mit anscheinend verstellter Handschrift
mitgetheilt worden, dgß Doltor M. am
Abend f«!nes Verschwindens bis nach
Mitternacht irgendwo in der Stadt
Hazard gespielt und anscheinend ziem
lich beträchtlich gewonnen habe. Wo
ober und wann?" Davon war nichts
gesagt worden, aber allerdings hatte
sich auch keine besonders große Summe
in der Wohnung des Arztes vorgefun
iden. War diese Mittheilung wahr,
dann konnte wohl ein Raubmord vor
liegen, an den man vorher, da die rechte
Begründung dafür zu fehlen schien,
kaum ernstlich gedacht hatte. Verge
bens wurde durch öffentliche Aufforde
rungen, dann durch daS Ausbieten ei
schreiber dringend ersucht, sich zu mel
den, verschiedene Verdächtige kamen in
Untersuchung, mußten aber bald wie
nißvolle Fall schien sür immmer ohne
Aufklärung bleiben zu sollen, und die
Karte konnte wohl auch der schlechte
Scherz eines rohen Patrons sein, der
die Polizei nur anführen wollte.
Ich lebte damals als Amtsgerichts
rath in derselben Stadt und hatte den
jungen, liebenswürdigen Arzt recht
gut gekannt, da wir uns sowohl gesell
schaftlich, als auch in demselben Club
häufiger trafen. So ging mir
begreiflicher Weise die Sache sehr nahe,
und wieder saß ich gerade eines Abends
mit meiner Frau in Erwägungen über
die verschiedenen Lösungen des Ge
heimnisses verliest, als er plötzlich leise,
fast ängstlich an meiner Entreethür
tlingelte. Da unser Mädchen gerade
hinuntergegangen war, so öffnete ich
selbst die Thüre und fand hier ein
örnHch gekleidetes Mädchen von I.o—
Jahren vor, welches mit schüchter
ner Stimme sägte: „Vater läßt den
Herrn GerichtSrath doch bitten, schnell
mal in's Haus zu kommen. Onkel
will sterben und möcht' doch schnell vor
her sein Testament machen."
„Wer ist Dein Vater, wo wohnt und
wer ist der Onkel?" fragte ich, nicht
sehr erfreut über die Aussicht, bei dem
schlechten Wetter noch in den Dienst
gehen zu sollen.
weit von mir lag. „Und Onkol lebt
bei uns", fügte sie hinzu mehr
wußte sie aber vom „Onkel" anschei
nend nicht.
lichst schnell das Haus in Begleitung
des Kindes. Im Vorbeigehen sprach
ich bei meinem Sekretär vor und be
trappelt war, vor einem kleinen bau
fälligen, einstöckigen Häuschen still.
Aus ihr dreimaliges, in bestimmten
Pausen- abgegebenes Klopfen, wurde
die niedrig- Thür von innen aufge
schlossen und vor mir stand, mit einer
tleiuen Lampe in der Hand,«in Mann,
rathen schien.
„Vater, hier ist der Herr Gericht?'
rath", sagte das Mädchen und schloß
die Thür ab, worauf sie in einem klei
sarde, eine andere dicht neben mir in
den Keller hinab; weitere Mensche::
schienen in dem dem Hause nicht zu
wohnen.
Ich warf einen Blick auf den Manr
vor mir; er war von großem, starkem
Körperbau, und d.e Kraft seiner
kulösen Arme und massigen Händj
schien mir ungewöhnlich groß zu sein;
wie sein Kopf von dichtem röthliche^i
spielt« mir meine erregte Phantasie diet
nur vor? Ich will nicht leugnen, daß
ich mich in einer gewissen Erregung
befand und die ganze Sache mir etwai
„Wo ist hier der Testirende?" fragte
Tone.
„Wollen der Herr Rath nur hie?
tintreten", erwiderte der Mann, indem
ein Bett, "daneben war ein sonst wohl
in der Mitte befindlicher Tisch gerückt
worden. In dem Bett, unter hohek
mit meiner Hilfe auch... Hat mir
Alles vermacht... bei Gott im Him
mel. A11e5!..."
aber unterschreiben nachher, daZ geht
schon da helfe ich ihm denn auch
das thue ich öfters, das lann ich
„Nun... Also Sie wollen Ihr Te
hingemacht hatte. Ich erhielt leine
Antwort.
„Schreiben Sie nur, Herr Rath,
Gesicht war eiskalt. Der im Bett Ne
da her, um ein Testament zu machen?"
Weit vor streckie der Angeredete sei
nen buschigen Kopf, seine funkelnden
mich gerichtet, daß es mich unheimlich
überlief. Die Stimme sank zu noch
leiserem Flüstern herab, aber scharf
klangen dennoch die einzelnen Worte
zwischen den Zähnen hervor.
„Herr Rath, ich gebe fünfhundert
Mark, wenn Sie schreiben. Er hat
mir Alles vermacht, ich schwöre es
Jhncn bei Allem, was heilig ist, Herr
Rath, und ganz klar nnr er dabei im
Kopf, was thut's da, wenn er eben ge
storben ist. Herr Rath, tausend
Mark, wenn Sie schreibe, die Unter
schrift von ihm, die setze ich dann schon
d'runter."
„A)er Mann, was unterstehen Sie
sich..."
„Ist's zu wenig?" hauchte mir der
unheimliche Verbrecher zu, Dreitau
send Mark, die Hälfte des ganzen Gel
des, ich gebe Sie Ihnen sofort, morgen
früh bringe ich sie Ihnen, aber schrei
ben Sie, dreitausend Mark, ein schö
nes Geld, was? die volle Hälfte
beim Gott im Himmel..."
Die letzten Worte zischte er nur noch,
da er wohl das Vergebliche seines Be
ginnens erkannte, und immer drohen
der wurde sein Blick, während er zu
gleich seine rechte Hand schwer auf mei
ne Schulter gelegt hatte, um mich an
scheinend wieder gewaltsam auf den
Stuhl niederzudrücken. Unter der
Wucht seines Druckes knickte ich fast
zusammen.
Nur mit äußerster Gewalt riß ich
mich los und trat hastig zur Seite.
„Zum Donnerwetter, wollen Sie
mich wohl in Ruhe lassen!" rief ich so
bestimmt und heftig aus, als ich nur
konnte. Da hielt ich plötzlich an und
Entsetzen lähmte für einen Augenblick
meine Zunge. Bei dem Schritt oder
Sprung zur Seite war Blick un
willkürlich auf etwas Blinkendes ge
fallen, das auf der nahen Kommode
stand und das Blut stockte mir in den
Adern, ich erkannte deutlich, ganz deut
denen Freundes, des Arztes. Wie oft
Hatte ich nicht dies alte kunstvoll gear
beitete Erbstück bewundert, von dem er
sich nie trennte, ich wußte ganz genau,
es war seine Uhr, bei Gott, auch das
ist keine Täuschung, dort in der Ecke
steht sein Spazierstock, mit der weißen
von einer Schlange umwundenen
Krücke!
Wie ein Blitz durchfuhr mich die Ge
wißheit, ich befand mich einem Mörder
gegenüber, der andere lag vielleicht dort
Alles dies war das Resultat nur ei
nes Augenblicks: blitzähnlich hatten sich
Beobachtung und Schluß bei mir Ver
sen.
In diesem Augenblick rüttelte es
draußen an der Thür, und deutlich
„Herr Rath, sind Sie da?" „Zu
Hilfe, zu Hilfe!" rief ich mit aller
Kraft der Verzweiflung noch so laut
merten. Da warf er mich mit voller
Kraft rückwärts, so daß ich auf den
stummen Körper dort im Bett nieder
menschlichen Ton, in dem sich die fürch
terlichste Wuth zugleich mk dem Aus
ruf getäuschter Gier und dem Schre
mich meinem Sekretär gegenüber, der
mich mit Hilfe seines mitgekommenen
halbwüchsigen Sohnes durch Bespren
gen mit kaltem Wasser und sonstige
Hilfeleistungen wieder zu mir gebracht
hatte. Rasch wurde die Polizei geholt
und der Thatbestand festgestellt. Der
nen häufigeren Erneuerungen der Sek
tslaschen mehrfach gesehen, wie jener
Geldscheine in seine Westentasche ge
steckt hatte. Hiervon hatte er seiner
rend sich um diese Zeit an das offene,
nach dem Hofe führende Fenster gerade
jener Rothhaarige herangeschlichen
hatte, da er gehofft hatte, hier vielleicht
Gelegenheit zu einem einfachen Dieb
sofort der teuflische Plan. trü-
aerische Darstellung einer schweren
K.'ankheit hatte er den durch seinen Ge
winn wohl besonders freundlich ge
stimmten Arzt sofort veranlaßt, noch
bevor er sich ausgekleidet hatte, ah
nungslos mit dem Mörder zusammen
zum Thatort des Verbrechens.sich zu
begeben; hiev wurde der Unglückliche
überfallen und erdrosselt. Um den
Verdacht möglichst zu vermeiden,
brachte der Schwager die ganze Beute
von über sechstausend Mark nach einer
Nachbarsta'ot und deponirt: si: dort bei
der Bank auf seinen Namen. Nach
einiger Zeit wollte der Mörder mit dem
Hehler zusammen nach Amerika gehen,
als der plötzliche Tod des letzteren den
ersteren um seinen ganzen Mordgewinn
zu bringen droht«. Der Wirth des
kleinen Hotels, in dem gespielt worden
war. hatte die vorher erwähnte Karte
an die Kriminalpolizei gerichtet, ohne
mehr thun zu wollen, da er sich nicht
der Strafe wegen des unerlaubten
Glücksspiels und der Gefahr einerKon
zessionsentziehung aussetzen wollte,und
auch über das eigentliche Verschwin
den des Arztes nichts weiter zu sagen
wußte. Das kleine Mädchen war erst
kürzlich von einer alten Großmutter,
die gestorben war, zu ihrem Vater ge
kommen; sie wußte von der Mordthat
nichts und war bei dem Lärm, der am
Abend meiner Anwesenheit entstanden,
nur aus Angst durch das Küchenfenster
gesprungen und a >f das nahe Feld ge
laufen, wo sie sich bis zum nächsten
Morgen versteckt gehalten hatte.
Den Mörder erreichte die Strafe des
irdischen Richters nicht mehr; eines
Morgens fand man ihn in seiner Zelle
todt vor: er hatte sich erdrosselt an
demselben Tage, an welchem man ge
rade die Ueberreste seines unglücklichen
Opfers zur Ruhe brachte, die man nach
seinen Angaben endlich in einer Ecke
des Kellers «ingegraben vorgesunden
hatte.
' Der Zoologe.
Bankier Frohinert hatte eine kleine
Herrengesellschaft zu Tische geladen,
die in sehr animirtem Gespräch die
Freuden der Tafel genoß. „Ah, Fo
rellen!" hieß es, als man eben ein
neues Gericht auftrug, und die Augen
ten sich von dem hübschen Haustöchter
chen ab, der prächtigen Fisckwlatte zu.
Am längsten die Blicke des
l'i'iittn kurio heißt die lateinische Be
unterscheidet Wald-, Bach-, Teich-,
Muß-, Stein-, Mai-, See- und Meer
ist mal gut!" ein Specialwissen, daß
ich geradezu staune! Allen Respekt!
Wie kommen Sie nur dazu?"
„lst's die Möglichkeit?" rief Frau
serm bescheidenen, liebenswürdigen,
immer fleißigen und rastlos strebsa
men —"
„Aber, Herr Frohinert," wehrte
Benk mit einer Verbeugung.
„Bitte, ausreden lassen!" unterbrach
ihn sein Chef. „Was wir für ein«
Perle an ihm haben! Ich schlage vor.
wir lassen mal für einen Augenblick
die Forellen in allen ihren Abarten
rechts und die Papuaner mit ihrem
der Mitte aber unsern Hausgeleh'rten
Benk hochleben. Prosit, Sie achter
Weiser, Sie!"
der. der Naturforscher, aus Kamerun
letzte Woche zum Geburtstag geschickt
bar. So was soll man natürlich mit
ber einem älteren Bruder gebührenden
Pietät aufstellen und in Ehren hallen;
aber weiß der Kuckuck,ich verstehe nichts
davon und kenne all das Vogel- und
Schmetterlingszeug nicht auseinander;
es sind auch einige, wie er mir schreibt,
sehr werthvolle Fischskelette dabei! Da
kommt mir ja Ihre Wissenschaft wie
gerufen! Schauen Sie sich die Sachen
mal an und sagen Sie mir, ob Sie sie
mir nicht ein wenig ordnen mögen
eine kleine Privatgefälliglei», was?"
Dem Prokuristen schoß die dunkle
Röthe in's Gesicht. „O, gewiß mit
Vergnügen!" stammelte er. Aber wer
ihn schärfer angesehen hätte, konnte
statt des Vergnügens ein gar tiefeS
Mißbehagen aus seinen Zügen lesen.
Unter munterem Geplauder verstrich
die Mahlzeit, der Kaffee kam. „Benk,
mein zoologisches Museum nicht ver
gessen!" hatt« der Bankier schon zum
zweitenmal gemahnt und mit einem lei
sen Seufzer mußte sich der Prokurist
entschließen, die angenehme Gesellschaft
und die guten Cigarren aufzugeben
und sich in die grünen Zimmer zu ver
fügen.
Eine Reihe von größeren und kleine
ren Kisten, nur zur Hälfte ausgepackt,
standen dort herum und wiesen eine
große Anzahl von ausgestopften Thie
ren. Knochengebilden und anderen zoo
logischen Merkwürdigkeiten auf. Aber
der junge Mann schien plötzlich sein
wissenschaftliches Interesse vollständig
verloren zu haben; er schlang die
Lmnde ineinander und staunte alle die
Wunder mit einem unseligen Blicke ar?,
als ob er sein Todssurtheil vor sich
sähe. „Nun bin ich fertig." stammelte
er. „mein ganzes Ansehen ist zum
Teufel! Als ein ganz gewöhnlicher
Renommist und Lügner stehe ich da
dieser unglückliche Hang, von allem et
was verstehen zu wollen!"
Mehrere Minuten halte er so gestan
den. als sich leise hinter ihm dic Por
tier« hob und Paulinens Schelmenkopf
erschien. „Darf ich Ihnen helfen. Herr
Benk?" fragte sie. „Aber was ist Ih
nen denn?" rief sie im nächsten Augen
blick. als er sich entsetzt umsah und sie
seine verstörten Züge erblickte.
„Gnädiges Fräulein!" entgegnete er
mit «inem tiefen Seufzer. „Ich bin
tief unglücklich!"
„Was ist Ihnen denn?" fragte sie
«r. „Hineingelegt habe ich mich endlich
mit meiner ganzen nichtswürdigen
Prahlerei! Hier soll ich Ihrem Herrn
Papa diese Sachen ordnen und verstehe
absolut nichts davon, ich kann kaum
einen Frosch von einem Hering unter
scheiden —"
„Aber Sie haben doch vorhin erst
«in so eminentes Wissen an den Tag
gelegt?" sagt« das junge Mädch«n er
staunt. „Und ich erinnere mich auch,
vor vier Wochen einmal haben Sie mir
Nachmittags eine ganze Vorlesung
über die Schwalbennestev,in China ge
halten —"
„Ach ja! Das ist's ja eben!" mur
melte Benk besckämt. „Wenn die Ne
mesis nicht so jäh über mich hereinge
brochen wär«,würde ich Ihnen vielleicht
morgen allerlei Neues über die Berei
tung des Kaviars und übermorgen das
Genaueste über den allen Dichter Ho
mer erzählt haben je nachdem ich
gerade etwas im Conversationslexicon
erwischt hätte!"
„Im Conv«rsationslexicon?" fragte
Paulinchen verblüfft.
„Ig, natürlich, gnädiges Fräul«in!"
rief d«r junge Mann. „Ich will's nur
gestehen! Auch ich bin einer jener Un
glücklichen, di« tagtäglich morgens um
eine halbe Stunde früher aufstehen
und in ihrem stillen Kämmerlein ir
zen, gelte es, welchen Preis es auch
wolle! Mögen Sie tausendmal von
der letzten Premiere, vom bevorstehen
den Künstlerball oder von dem neue
sten lyrischen Tenor sprechen, ich werde
nicht eher ruhen und rasten, bis ich die
Unterhaltung auf die Vorzüge des In
digos gebracht habe,weil ich eben meine
rauf im Conversationslexicon aus
gedehnt habe! Und so ist es heute die
Forelle gewesen —"
„Die Forelle?"
„Ja, die Forelle! Ich weiß von
kostet alles übrige habe ich erst
heute morgen gelesen. Aber mit dem
abscheulichen Renomniiren bin ich nun
zum Zoologen gestempelt worden, soll
diese Sammlung ordnen, blamire mich
für ewig, verscherze mir die Gunst Ih
res Herrn Vaters, muß aus dem
Hause, werde unglücklich sür immer,
denn —" Plötzlich stockte er.
Aber wi« «ine süße Ahnung war es
ihr durch das Herz gezogen. „Denn?"
„Denn alles geschah d»ch nur Ihret
wegen!" fuhr er kühn und entschlossen
fort. „Nur weil ich in Ihren Augen
etwas gelten, Ihnen besser als die
Anderen erscheinen wollte. Habe ich mich
tröstend, „das wollen wir schon^ma
chen ich weiß, meine Frau kann Si«
gut leiden!"
An der KönigsciHc.
Ein froher Tag war es gewesen, der
Hochzeitstag des oraven Försters vom
D'schen Revier in Oberschlesiens Hei
deland. Di« braven Rothhirsche, die
sanften Rehe hatten noch niemals so
erstaunt verhojft, als da der Zug fro
her Gäste mit dem glücklichen Braut
paare unter Hörnerruf und Peitschen
knall die Schneise herausgefahren war,,
zum fichiengeschmückten Jcigerhäuschen.
Kam der Abend, so heulten zwar
draußen die Novembersiürme und ris
sen mehr denn einen kahlen, abgestorbe
nen Ast zu Böden, drinnen aber
war das Glück eingekehrt/ das Glück
mit seinem Sonnenschein im Jäger
hause.
So waren drei Tage verflossen, Tage
voll Freude und Wonne für die Neu
vermählten. Wie sehnte sich das junge
Weib, wenn der Förster sein weites
Revier durchstreifte, nach der Heimkehr
dcs Galten, wie jubelte sie ihm ent
gegen, sah sie ihn die vor dem Forst
hause gelegene Blöße überschreiten.
Dann begannen beim Scheine der
Lampe die Stunden trauten Beisam
menseins, indessen draußen der Sturm
rast: und wie neiderfüllt in ohnmächti
gem Grimme das Jägerhäuschen an
fiel, in dem das Glück wohnte.
„Ach, laß mich doch diesen Abend nicht
allein, was suchst Du denn im kalten,
sturmdurchheulten Forst, o bleib',
schicke den Waldhüter" „Kind.
nur ein Stündchen, ich muß etwas
nachsehen; Du weißt, die Königseiche
ist dem Sturze nahe und sperrt den
Fahrweg, so sie zu Falle kommt leb'
wohl, ich bin ja bald wieder zurück!"
Ein Kuß, ein Umarmen, ein
letztes? Furchtbar tobt der Sturm,
das rechte Wildererwetter.
Den Birschpsad schreitet hinab der /
brave Förster, vom Waldhüter geleitet.
Sie nehmen ihren Weg nach der Kö
nigseich«. Aber die kann doch noch
Jahre hindurch dem Weiter Trotz bie
ten und dann wird der Stellweg,
der an ihr vorbeiführt, doch so selten
befahren! Was thun die beiden also
an der Königseiche? Und jetzt lädt
der Förster ja die Doppelbüchse, der
Waldhüter sieht bei seinem Gewehr
nach dem Rechten, ein prüfender
Griff nach dem Hirschfänger
hast du dein Weib wahr berichtet, För
ster?
terharter Kämpe aus der Zeit der Alt
vordern, stolz emporragt, beginnt eine
Fichtenschonung, ein mäßig hoher Be
stand. An ihrem Rande kauert ein
Mann mit schußfertiger Büchse; etwa
zwanzig Gänge von ihm hat sich ein
Zweiter niedergeduckt. Am Himmel
riesigen Unholden vergleichbar,
gewaltige Wolken einher, jetzt hüllen sie
die Mondscheibe in Dunkel ein, jetzt
treibt sie der Sturm wieder weiter, es
wird Büchsenlicht, aber nur schwach
und doch hinreichend für den Tod.
Im Forsthause lauscht bange das
junge Weib. Nahen nicht Schritte?
Aber jetzt? Ach, es ist nur der
Leise haben sich die zwei Forstleute^.
zur Königseiche geschlichen. Der För
ster kauert hinter dem Riesenstamme,
der Waldhüter etwas abseits hinter
einem kleinen Fichtenhorst. Das Auge
des Försters entdeckt einen der Wilde
rer, ach, nur einen, armes Weib,
der Waldhüter hat von seinem Platze
aus keinen Umblick und darf doch nicht
weiterkriechen! Jetzt erscheint das
Schmalreh auf der Lichtung,
Ricke und Kitz, dann, der Wilderer
packt leise die Büchse an, ein dürrer
Bruch knackt und, und da steht
der Bock. Ein Schuß, der Bock
und" der Waldhüter steht bor
zwei Leichen. Im Forsthause ist der
Jammer eingezogen.
bracht; sie zeigt die Worte:
Hier verschied der gräflich D.'sche
Revierförster ... in Ausübung seines
Berufes, von der Kugel eines Wild-
den .. .ten Nov.m er
Aus der Schule. Lehrer:
Weißt Du. was das Wort gehorchen
bedeutet? Schüler: Ja wohl, ich
Gut, nun sage mir aber warum Dil
Deiner Mutter gehorcht. Schüler:
Werl sie mich sonst verhaut!
wurde, zum dritten Male eintrete?.«):
„Na. nu' aber Spaß o-.i Seite!"
—> Gewissenhaft. „...Du
hast doch, da Herr Bummel nicht
zahlte, den Rock gleich wieder mitge
nommen?" „Nein er hat ihn
nicht mehr ausgelassen... aber eine»
Aermel bab' ich doch noch erwilchtl"