Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, January 18, 1895, Page 3, Image 3

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    Genie der Tlmt.
<7. Fortsetzung.)
Anni« hatte ihre leichte Erkrankung
Ab«rstanden. Sie war aus gesundem
Mut; aus ein wenig Ertrinken macht«
sie k«in«n Typhus und kein gastrische?
Fieber. Acht Tage Ruh«, und di« ro
chen Backen kamen wieder.
Sie saß in ihres Onkels Garten am
"Eingang der Fliederlaube, in Hellem
Kleide, den Rücken gegen die an Ran
ken hochgezogene grüne Wand. Eine
warme, ruhig« Sonn« schien auf sie.
Ihres Angesichts gesunde weiße Hau?
war von innen durchglüht von der ver
heißendenFarbe wiederkehrender Kraft,
stiller Erwartung des Mannes, dem sie
fortan ihr Leben schuldete.
In der Laube selbst lag Asta auf
einer Hängematte. Ihr lichtes Kleid
und ihre weißen Röcke flössen über den
Rand des schaukelnden Segeltuchs her
unter, man sah ihre gekreuzten kleinen
Füße, gewölbt mit kühnem Spann in
lichtem, engem Seidenstrumpf. Sie
hatte den Arm unter den dunklen Kopf
gelegt und las in einem Bande Stifter.
Die beiden Mädchen waren allein
von Zeit zu Zeit wechselten sie ein
Wort. Annie hatte einen Strauß schö
ner, herb duftender Marschall Niel in
ihrem Schooß liegen und erhob ihn
dann und wann, ihr Gesicht hineinzu
drücken in die frischen Blütheu.
Der Strauß war von ihm, der täg
lich nach ihrem Befinden fragen kam.
Heute sollte sie ihn zum erstenmale
selbst sehen.
anfeuernd.
„Deine Schwester turnt, als wollte
sie Kunstreiterin werden!" bemerkte
„Sie liebt leidenschaftlich jede Art
„Reitet sie auch?"
„Gewiß," sagte Asta lächelnd und
fügte leiser inzu, „am liebsten auf un
gefatteltem Pferde, ohne Gu.'t und
Decke, allein in unsrer Manege hinter
dem Stall und dann, wenn man sie un
liches Mädchen!"
War es erst seit diesem Gespäch, daß
er bleibt, ihr Verlobter? Was bringt
den?
Und Annie? Aus Astas Mittheilung
vös. Es siel Asta aus die seinen Arm
fernend.
Es war ein Morgen der Gestand'
nisse. Das hatte?n dt» Lust gelegen.
Breying saß auf «nein niedrigen
Gartenstuhl vor ?'nnie seine Augen
wenig fchverer und langsamer athmen
als sonst und ihr, jungen Augen
fingen an zu schimmelt und zu glän-
Micken.
„Annie!" sagte er endlich, sehr leise,
und ergriff ihre H»nd, die sie ihm ließ.
feiner Stimme.
„Annie," wiederholte er noch leiser,
«ich liebe Dich!"
Ein Schrecken durchrieselte sie sie
Ranken, ihr Haupt ruhte gegen die
schwanken Spalierstäb«, sie schloß
ihre Augen, schwieg und athmete tief,
,t t ' t E
Ihre Brust wogte etwas wi« ein
verstohlenes, schelmisches Lächeln flog
über ihr Gesicht und blieb in den ver
schleierten Augen haften, blitzte ihn un
tzer den Lidern her an.
„Wie hieß das Wort?" fragte sie
flüsternd und leis erschauernd zurück.
„Ich liebe Dich," sagte er lauter, ein
leises Jauchzen in der Stimme „ich
liebe Dich wiederholen Sie mir
das Wort, geliebte Annie!" bat er drin
gender.
schlössen!"
Das Mädchen Lffnete in freudiger
Ueberraschung die Augen weit und nä
herte ihr Antlitz langsam dem seinen.
„Ja, di«s groß« Hinderniß habe ich
aus dem Wege zu schaffen gewußt,"
fügte er stolz hinzu. „So werden mir
auch alle andern weichen müssen, wenn
ich weiß, daß Sie wollen, Annie."
Si« sprachen sich in's Angesicht, Blick
„Ich will!" sagte sie sehr leise und
er warf plötzlich die Arme um ihren
Hals und küßte sie brennend auf ihr«
glückverlangend halb sich ösfn«nd«n,
feuchten Lippen.
Dann sprangen sie beide erschrocken
auf sie waren allein Fritzi turnte
nicht mehr Asta und Franz standen
sern in erregtem Gespräch, achteten ih-
Arme um das Mädchen und preßte sie
gegen sich, mit leidenschaftlichem Druck,
ihr leuchtendes Haar, ihre weiße Stirn,
Sie rang sich los, stand vor ihm,
fein« beiden Hände haltend, er sprach
in Stolz und Glücksrausch, wie außer
sich in diesem Augenblicke der Erre
gung, alle Berechnung vergessend, auf
sie ein: „Vertraue mir, Süße, Ge
liebte! Du weißt nicht, wie ich Dich
liebe? vertrau' meiner Kraft und Lei-
Habe, mich anzunehmen. Er hatte
mir seine Thür barsch verschlossen; be
leidigend war di« Art, wie er's that.
Und Dein Bruder Tro
wie tief verzweifelt ich war, welche fin
steren Entslhliisse in mir kämpften, als
Du in meinem Boote saßest. Ich be
herrschte mich, aber ich fühlte die Ka
tastrophe nahen. Da kam mir der rech
te Entschluß, entweder sterben wir nun
miteinander, eins im Arme des an
dern oder ich rette Dein Leben und
dies Recht wohl anerkennen muß. Ich
stürzte das Boot um, ja, erschrick nicht,
ich mußte ja alle Hindernisse überwäl
tigen, oder mit Dir zu Grunde gehen
ich tonnte nicht anders. Und sieh,
wir sind nicht gestorben, wir leben und
lieben, und ich darf nun kommen, um
Dich zu werben das alles hat meine
wilde That zuwege gebracht. Entsetze
Dich nicht vor der Gewalt meiner Lei
denschaft, Du süßes Kind, liebe mich,
ich will Dich auf Händen tragen; zit
tern vor mir mag nur, wer sich unsrer
Liebe und unsrer großen Zukunft in
den Weg stellt. Du weißt, immer vor
an, wir beiden, in stolzem großem
Fluge, weit voran allen andern! An
nie, wäre es Dir lieber gewesen, ich
hätte feig entsagt?"
Sie legte sich bebend an seine Brust
und war stolz auf ihn. Der Bund für's
Leben zwischen den beiden Seelen >var
geschlossen. Der Adlersflug der That
kraft berauschte sie. In ihre jugendliche
Liebesempfindung mischte sich die Er
kenntniß, „dieser wird imstvide sein,
die geheimen, stolzen Wünsche, die Du
hegtst, zu erfüllen, um jeden Preis."
Sie machte in diesem Augenblick den
großen Sprung über den Abgrund, der
von jedem heftig Strebenden einmal
übersprungen werden muß, den Ab
grund moralischer Vorurtheile. Die Er
regung lieh in ihr die Empfindung
nicht zu ihrem Rechte kommen, daß es
ein schamloser Frevel, ein Betrug, ein
Hazardspiel mit ihrem Leben gewe
sen, durch das er ihren Vater umge
stimmt ihr Schauer davor ging un
ter in dem der Bewunderung vor der
rücksichtslosen Energie der That, in den
Schauern bräutlicher Sinnesregungen
Empfindung, di« dem phantasiebegab
ten Mädchen so lange schon mit reizen
der Lockung vor der Seele gestanden
hatte, sie nun plötzlich überfiel und er
scheu getreten, ein Graf Breying stam
melte ihr leidenschaftliche Liebesworte,
warb um ihre Hand. Die Liebesroman-
Verzweiflung, verbrecherisch - kühne
That, Leidenschaft und nun das Glück.
Ja, jetzt Ade Onkel Scholwien und
„Darf ich nun bei Deinem Papa um
Dich werben?"
..Ja, Leonhard, ja!"
und getheiltem Geheimniß einer frevel
haften That verbündet also zu
Liebe und Frevel.
und ab gegangen, ohne daß cr den
Muth hatte, zu beginnen. Sie sprachen
von diesem und dem doch fühlte sie
zu sagen.
Blick sie streifte, ein seltsamer Blick,
scheu und voll finsteren Vorwurfs zu
gleich, voll des gehässigen Vorwurfs,
bei dem man sich bewußt ist, ungerecht
zu sein.
Endlich hielt es Asta nicht mehr aus,
, zu märten.
„D>? willst mir heut etwas sagen,
Joe?" fragte sie und trat ihm in den
Weg, so daß er ihr stehen muhte.
Ei« blickten einand«r in die Augen,
beide späh«nd, fast sinft«r.
Josephs Lipp«n zuckten dann
ward sein Gesicht streng und starr.
„Ja, ich habe Dir eiwas zu sagen
habe Dir zu sagen, Asta, daß ich
Dich nicht heirathen will."
Sie richtet« sich stolz auf.
„Nicht heirathen kann, weil Du '>n
braves Mädchen bist und ich ein
Schuft!"
.Joe!"
„Ein Schuft!" bekräftigte er mit
knirschenden Zähnen. '
„Joe, mein Joe!" rief sie in schmerz
lichem Staunen und ergriff seine bei
den Hände. „Um Gottes willen bist
Du krank?"
Nicht verrückt, nur ein Schuft!"
Asta wollte ihn verlassen.
„Nein, laufe nicht weg, Du mußt erst
Dich liebe? Was drückt Dich sage
«s gemeinsam trgen!"
„Ich will nicht," knirschte er, „denn
Du bist auch schuld daran. Du Närrin
Asta erbleichte.
„Mein Gott, ja sie die Todte! Sie
„Und Du?" rief sie plötzlich, ihn
doller Angst, „Du?"
auf.
„Dann wardst Du ihrer überdrüs
sig?"
„Und verließest sie?"
..Ja!"
„Und verlobtest Dich mit mir?"
.Ja!"
„Ehe von ihr losgesagt,
„Ehe ich mich von ihr losgesagt!"
„O pfui, pfui!" schrie Asta auf und
stampfte mit d«m Fuße.
„Ich habe einmal gelogen an dem
Tag? vor ihrer Leiche, als ich sie ver
— ich bin jetzt wahr!"
„Ja, herzbrechend wahr!" rief sie in
unsäglicher Bitterleit, „herzbrechend
wahr! Und warum hast Du mich da
belogen? Warum hattest Du da, als
ich ihr den Schleier vom Gesicht zog,
zu sagen?"
Herzen trug. Ich hattte nicht den Muth,
hätte mich selbst lächerlich gefunden,
hätte ich die Josephsrolle gespielt. Und
daß ich Dich betrog? Alle unsre Frauen
erlauben, daß wir sie betrügen, ja, sie
wollen betrogen sein. Was bist Du so
überspannt und willst dem allgemeinen
ich's. Ein Schuft, ein Schuft, daß
Du's weißt!"
„Weil Du ?" sie vollendete
nictit.
nicht so fürchterlich, wie sie jetzt ist!"
klagte sie starren Antlitzes.
„Asta, es war eine grausame Qual,
Mitleid mit Dir. Ich fühlte, wie es
machen müßte, gestände ich es. Und wie
ich einmal gelogen hatte und sie ver-
leugnet, ging es Schlag auf Schlag
schwindelnd rasch abwärts auf der
schiefen Ebene dringende ängstlich«
Frage und immer lügnerischere Ant
wort: „Liebtest Du sie?" „Nein!"
„Ja!" „Auf Deine Ehre?" Ich
zögerte. „Du erschrickst?" riefst. Du er
blassend. „Nein, nein, ich erschrecke
nicht!" „Auf Deine Ehre?" „Ja,
auf meine Ehre!" Und da lagst Du
glückselig an meinem Herzen. Ich hatte
Dich von dem Alp des Verdachtes, der
Dich zu Tode drückte, erlöst um
den Preis meiner Ehre. Und doch, wie
Du da Dich an mich schmiegtest, fühlte
ich ein tiefes, stilles, trauriges Frohlo
cken darüber, daß ich Dir dies Opfer
gebracht. Asta, ist dies nicht auch eine
Liebe?"
Ein bitteres Lächeln, das ihre wei
ßen Zähne entblößte, war ihre Ant
wort.
„Lügst Du jetzt wieder?" fragte sie
dann. „War es Mitleid, oder war es
vor's Gesicht, seine hohe Gestalt knickte
ist verwirkt das ist. vorbei. Höh
ne, lache, zische doch, wenn ich sage
Ehrenwort!"
In ihrem bitteren Schmerze über
strahlte Astas Antlitz eine großmüthige
Regung, leise erst, dann leidenschaftlich
entschlossen.
„Was sollen wir nun thun, Joe?"
fragte sie, sich sammelnd, und streckte
ihm ihre Hand hin.
„Wir?" antwortete er. „Ich meine,
dies sei ein Abschied!" Er nahm ihre
Rechte nicht.
trotz allem. „Abschied? Nur nichtsKlei
nes thun, nur nicht verzweifeln, nur
nicht eine billige Kugel oder was Du
sonst im Sinne hast. Leben, leben wie
gingen. ,
Gesicht sehen. Mein ist der Schmerz,
Dein ist der Vorwurf. Es ist alles zer
worfen und zerschlagen, was ich ge
träumt, woran ich so selig hing. Ich
sehe Dich nun vor mir stehen, wie Du
bist, vielleicht wie Du warst, einer von
den vielen, und doch bist Du in energi
scher Selbstläuterung begriffen ein
andrer hätte vielleicht Betrug auf Be
trug weiter gehäuft Du hast we
nigstens endlich mich vor Dir selber ge
warnt. Seid ihr wirklich alle so? O,
ich hätte so gern ein reineres Glück ge
habt, als alle meine Schwestern haben
thörichte Vermessenheit! Den
Schmerz aller meiner Illusionen, die
herbe Enttäuschung die kannst Du
mir nicht nehmen, damit muß ich selber
sehen, fertig zu werden! Aber Du —"
immer noch hielt sie seine Hand
„Du, Dir sitzt ein Wurm am Herzen,
gegen dessen Nagen ich Dir Hilfen kann.
Du warst früher «in Lügner, Du schö
ner Mann, so lange Du in meinen
Augen ein Ideal edler Männlichkeit
warst. Jetzt, da ich sehe, daß Du ein
Lügner bist, bist Du wahrhaftig ge
gen mich. Niemand weiß um den Fle
cken an Dir als ich. Und ich, Joe
gib mir Dein Ehrenwort, daß Du es
überleben und mannhaft tragen willst
an.
„Gib mir Dein Ehrenwort, daß Du
leben willst," er hörte mit jauchzen
dem Herzen den ängstlichen, flehenden
Ton in ihrer Stimme, „daß Du in
Zukunft allezeit wahr fein willst gegen
mich, wahr, auch auf die Gefahr, mich
zu Tode zu betrüben!"
„Und Du würdest mir glauben?"
„Wenn ich Dir sicher und fest ver
spreche, mich auf Deine Ehre zu verlas
sen, da wirst Du. denke ich, selbst wie
der an sie glauben und nie wieder von
dem heiligen Palladium weichen!"
„Asta, Asta!" rief er in bitterer Be
„Niemand weiß darum, als wir bei
de. Die Uniform da hast Du Dich
selbst bestraft ich bin kein Kriegsge
richt, ich bin ein Mädchen, das
Dich liebt. Ich verurtheile Dich nicht
ich spreche Dich frei, weil Du Kron
zeuge gegen Dich selbst geworden bist!"
Dich!"
Dann schickte sie ihn fort sie
hätte nun wieder zuAnnie und Breying
das nxisie Batifttüchlein rinn.n, eine
plötzlich Verarmte!
Xll.
Wer so ein« alte, gute Berliner
Häuslichkeit knnt, der wird sich auH
des Höhepunkte? In ihrem TageNkben,
des Sonntag-Mittagessens, mit Beha
gen entsinnen.
Ein schneeweißes Tischtuch, steif und
mit den unvertilgbaren Kniffen, die
es im Gedränge des allzuvollen Wä
scheschrankes bekomm«», und in di« es
die ganz« Woche hindurch unter der
Hausfrau wachsamem Auge genau wie
der zusammengelegt werden muß. sol
len sich die stets bereiten Donner häus
lichen Zornes nicht entfesseln ein
schönes, schweres Porzellan, sinnig mit
blauen od«r rosa Blümch«n „dekorirt"
ser die gewaltige Suppenterrine, deren
Deckel (während des Aufsüllens mit
der schweren Silberkelle) auf feinem
stets Rollversuche macht, bis der
Nächstsitzends oder der nervös werden
de Gast irgend etwas zum Halt un
ter seinen Rand schiebt, um ihn fest
zulegen dann die Brühsuppe selbst,
so markvoll kräftig, daß der Gast be
reits gesättigt ist und eine Appetit
paust machen muß, Hot er einen Teller
davon bewältigt sammt dem Einkauf
oder den delikaten Fleischtlößchen oder
den halbzerkochten BlumentohlstrUnk
chen, di« darin schwimmen nach
der Suppe «in Braten, ja ein Braten,
wie er überhaupt bloß in Branden
burg, Pomm«rn und Mecklenburg auf
den Tisch kommt, eine Kalbskeule von
guten dreiundzwanzig Pfund oder ein
Rinderschmorbraten, imposant, mit
stolzen, festen Flanken, wie ein Ozean
fahrer, so appetitlich knufverig und
gebräunt, riefelnd vom eignen sauce
sen verstohlen zu schnuppern anfangen.
Nun beginnt das Tranchiren
meist übt d«r Sohn d«s Hauses seine
lverdtti.de Kunst an dem Ungethüm,
schmack di« knusperigen od«r die gla
ten Stücke wählt.
Auch die Sauce darf sich sehen las
sen. In vielen Fällen ist sie mit Sahne
zubereitet, in allen ist sie voll Mark
und Kraft.
feln mit Kompotten, die in reichlicher
Fülle aufgestellt sind, gestooste gelbe
Boisdorfer von der seinstenSorte, süß
gestrengen Gattin das leider wieder da
neben getropfte Rothweinspritzchen, das
erste auf dem jungfräulichen Tischtuche,
nicht übersehen, aus das nun sofort
eine Messerspitze Salz gestreut werden
muß.
Und ist dann reichlich zugelangt wor-
Speise. Der Konditor hat sie gerade zur
rechten Zeit gebracht sie hat drau
ßen nur noch ein paar Augenblicke auf
Eis zu stehen brauchen, denn es ist
Schlagsahne dabei. Schlagsahne
vielmehr „Schlachsahne" welcheßer
liner Haustochter zäblt diese nicht zu
den Dingen, die dereinst im Himmel
gungsausflug in die Stadt Schlag
sahne Mittags über dem Kirschenkom
pott oder der Speise, Schlagsahne
des Nachmittags zum Kaffee und
Abends, wenn abgespeist ist: „Na, wer
will noch von euch Kindern? Es steht
so fest und erfolgreich angefaßt worden
ist, da kommst Du bei dem Weiseren
und tiefer Blickenden zu? wohlverdien
ten Ehre, denn Du nährtest Deine Ber
liner und Märker leicht un>d kräftig
und erhieltest ihnen die kerngesunden
Mägen. Und bekanntlich entsteigt jeder
thatkräftige Entschluß dem Magen,
der sich heiter, frei und tüchtig suhlt.
Man hat immer den .preußischen
Schulmeister" gepriesen einen gu
ten Theil seines Glanzes muß dieser
sicherlich abtreten an unsre heimische
Hausfrau und ihre Kochkunst. Denn
nicht der Schulmeister macht uns Mär
kern die langen, soliden Marschschenkel,
die das Entsetzen der Franzosen wa
ren! Die kommen von gut brandenbur
gischer und plattdeutscher Küche her!
Keine Trüffeln, keine Austern, keine
pikanten Saucen und Gewürze al-
Kraft.
Also war auch das Mittagessen, zu
welchem in Herrn Heinrich GraafS
Haus Breying geladen war der
Sonntagmittagsgast.
Ohne viel „Konversation"
Brenings Versuche dazu fanden wenig
gutwillige Unterstützung sättigte
man sich amVorhandenen. Anale sühlt«
eine sonderbar« Rührung, daß er zwi
schen ihnen saß und sich's gefalle» ließ,
wie es bei ihnen von altersher gehalten
ihm dabei ihren eigenen Geschmack am
Knusprigen aufzwingend, und ihn er
mahnte, die Sauce von unten heraus
aus der Sauciere zu nehmen, wo die
Kraft sich s»mmle, und nicht die But
ter, die oben schwimme.
Breying stieß sich im stillen an aller
lei Spießbürgerlichkeit. Das Mädchen
servirte ungeschickt; als eine neue Auf
lage silberner Dessertgabeln zum Nach
tisch wegen eingeschobenen und
Käses" nöthig ward, fand sich, daß
von den sonst in Gebrauch gegebenen
keine mehr rein waren und daß erst
aus dem schwergefüllten Silbertasten
des alten Büffets ein sorglich in viel
faches Seidenpapier geschlagenes hal
bes Dutzend unter »ielemGeknitter aus
gewickelt werden mußte.
Aber im Ganzen wehte ihn doch et
was von der patriarchalischen Behag
lichkeit des reichen, altmodischen Bür
gerhauses an, zumal es ihm nicht we
nig schmeichelte, daß Annie, die Haus
frau, bei solchen kleinen Anstößen ficht
barlich beschämt wurde.
Nach Tische kam nun die ruhevolle
Zeit stiller Verdauung, zwischen Mittag
und Sonntagskaffee wie eine Perle
Papa Graaf sich durch sanftes Räso
niren über die „moderne Zeit", diese
sein« spezielle Windmühle, zu verkürzen
Besuch abnehmen lassend
Herr Graaf hatte die Hände über
seinem wohlgefüllten Bäuchlein gefaltet
und drehte dann und wann die Dau
feinpflegt.
' In der andern Fensternische, so daß
er im das Gesicht zukehrte, hatte Brey
ing Platz nehmen müssen, in dessen Nä
stelltes Rauchtischchen placirt.
S' s Gesch"f
der Herr Gras Julius Andrassy beab
nen Weinbergsbesitzungrn in Deutsch
land, speziell in Berlin einzuführen.
Augenblicklich weilt der bevollmächtigte
so etwas sein, wie die vermaledeiten
bunten Bilder, d« sich stalle Tabaks
händler in ihre Schaufenster stellen, ir
möglichst viel zur Schau getragenen.
Fleisch die gemeinste Art, Käufer
für die Waare heranzuziehen, die er
lm,der genannt hat. beherrscht die
„Da? Genie der That?" wiederholte
!ich aufgestoßen und er berühmte sich
ja vor sich selber, ein solches Genie zu
sein.
, (Fortsetzung folgt.)
Unter uns Frauen.
Das alte Jahr ist stille von dann«»
gezogen und Niemand hat dem Schei
denden Thränen aufrichtigen Abschieds
nachgeweint. Es war keine glänzende
Erscheinung, dieses entschwundene
Kahr 1894, es hat weder besonder»
gute Zeiten, noch eine gute Ernte ge
bracht und sicherlich ungleich mehrMen
schen Schmerz und Trübsal als Glück
und Freude bereitet.
Doch haben wir Alle in den verflos
senen Monden wieder einen Theil un
seres mühselige« Lebensweges zurück
gelegt, wir sind wieder um ein ganzes
Jahr älter, also an Erfahrungen, aber
auch Enttäuschungen reicher, an Hoff»
nungen ärmer geworden. Das Le
ben hat uns abgestumpft, wir gebe«
weder enthusiastischer Freude noch ver
zweifeltem Schmede mehr Raum. In
dem wir versuchten, prüfend rückwärts
zu blicken und mit kühler Erwägunz
vorwärts zu schäum, haben wir ge
lernt, das Wesentliche vom Unbedeu
tenden zu trennen mid die Ziele und
Zwecke des Daseins mit klarem Blicke
zu erkennen. Und unwillkürlich fra
gen wir uns dann, wofür leben wir?
Was erwarten speciell wir weibliche»
Wesen von diesem Dasein? Was er
warten die Anderen von uns?
Der Lebenslauf der meisten Frauen
Ist weiter nichts als eine lange, schwere
Kette von Mühen, Sorgen und Arbeit,
welche weder von dem Ende noch dem
Anfang der einzelnen Jahre in ihrer
gleichmäßigen Gliederung unterbrochen
junge Mädchen sich mühen und plagen
und unausgesetzt an sich arbeiten, da
mit aus ihr etwas Rechtes werde, sie
körperlich und geistig so beschaffen sei,
daß sie Weg durchs Leben erfolg
reich antreten und einst als Eheweib im
Stande sei, körperlich und geistig vol
lendete Wesen in die Welt fetzen zn
dann verschwindet die eigene Persön
lichkeit der Frauen immer mehr in dem
Beruf der Mutter. Jedes Kind ist
wohl nur ein Theil ihrer selbst, aber
doch geht in den Kindern das ganze
Selbst der Mutter auf. Sie lebt nur
mehr in den Kindern, ihr Wachsthum
und ihr Gedeihen, ihrs Entwickelung,
ihre Gesundheit, ihr Lernen, ihr«
Wohlfahrt, ihre Freude, ihr Glück, ihr
Fortkommen und ihr Erfolg machen
das ganze Leben der Mutter aus.
Kaum daß sie als Hüterin, Pflegerin
und Erzieherin der Kleinen noch im
Stande ist, auch ihren Aufgaben als
Gattin und Hausfrau nachzukommen.
Also die Frau lebt eigentlich nur für
Andere, und ihre Erwartungen vom
Dasein sind dann erfüllt, wenn sie im
Stande ist, diese Anderen, ihre Kinder,
ihren Mann glücklich, zufrieden und
wohlauf zu sehen. Der Zweck ihres
Daseins ist in ihren eigenen Augen er
füllt, wenn sie dieses hohe Lebensziel
erreicht. Und die Anderen erwarten
von ihr nichts mehr, als daß sie in de«
Ausübung ihres Berufes, in dem Er
reichen ihres selbstlosen DafeinszieleS
Befriedigung und Glück findet.
Diese Befriedigung und dieses Glück
sind aber nur auf einem Wege zu er
reichen, dessen Anfang und Ende die
Pflicht ist. von der Pflicht zur Pflicht
führt. Wie ein Jahr in das andere
übergeht ohne Zwischenraum, ohne
Stillstand, so hören die heiligenPflich
ten der Frauen niemals auf.
Möchten wir Alle auch zu Anfang
des neuen Jahres, welches uns dem
I « n u a r.
Starrende Kälte; Eisesgefunktl.
Aufwärts wieder aus traurigem Dun
kel
Wandelt der Winter, der ernste
Schweiger
Auf der Weltuhr leuchtendem Ziffer
blatt!
Gläsern klirren des Frostes Flügel.
Zorniger schwingt er die blanke Gertzek.
Aber zärtlich mit spitzem Meißel
Forint und bessert er nächtelang
hang.
Wunder schafft er. der harte Geselle,
von blanrr Kuppel mit weißer Helle
Leuchten die Sterne zum stillen
Werke,
Schweigend Vonseiner Tyran-nenstirke
Träumt der gefesselten Ströme Schaar.
So entschwebest du, Januar -
DaS Wahrheit!!! eben de
Krnd. Gattin: „Ich hoffe. Mann,
Du wirst unser» Karl nie mehr wegen
Lüg« schlagen!" Gatte: „Wie
so? Was hat er denn 112» Großartiges
gethan?" Gattin: „Die Frau Neu
marm fragte ihn vorhin, ob ihr kleines
Mädchen nicht ein reizendes Geschöpf
s«:, und da meinte er. sie sehe aus w>
Schön gesagt. A.: „Was?
blanl noch immer nicht bestiegen?"
B.: mein lieber Herr, ein Mont
blanc läßt sich nicht so «ins. zwei, drei
llber's Knie brechen!"
Auseinem Romane. „Der
Verstorben« ist keintSanne d«r Wissen«
i schasr g«wes«n. Aber c»ch «in gutes
Nachtlicht vermaz seine Schuldigkeit zu
l thu»." 3