Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, December 14, 1894, Page 2, Image 2

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    2 Die Seide des Meeres.
Man verkauft in den italienischen
Stäken des Mittelmeer-Gebietes ein«
Menge Artikel in Form von Shawlen.
Socken. Hauben, Handschuhen, Börsen
u. dgl., welche fabrikmäßig aus Fasern
gemacht werden, die ein im Mittelmeere
weit verbreitetes Weichthier, Pinna
squamosa, abscheidet. Diese Fäden
sind von großer Feinheit, aber um so
kürzer, denn das Thier scheidet sie eben
nur ab, um sich durch sie an Felsen zu
befestigen. Je größer jedoch das Thier
ist. um so länger müsse» die Fäde» zu
ihrer Verwendung sein; und nur diese
sind brauchbar. In Frankreich nennt
man so große Weichthiere, in Folge ih
rer Form. Jambonneau (Schinlchen).
Man trifft die Geschöpfe häufig an
den Küsten von Sardinien und Kor
sika, Italien und Sicilien bis Malta,
wo sie inmitten submariner Wäl
der bei einer Tiefe von S bis 6 Meter
leben. Man holt sie mit einem eisernen
Kratzer vom Felsen herab und beraubt
sie ihres seidenen Faserstoffes, den man
mit Seife reinigt, dann kämmt und
verspinnt. Es geschieht dies, indem
man auf drei Strahlen einen Seiden
saden beimischt. Der so gewonnene
,Raden wird nun in Wasser gewaschen,
das etwas Citrone enthält, mit der
Hand gerieben, um ihn geschmeidiger
zu machen,und über warmem Eisen ge
glättet. So erhält man schließlich einen
Faden von schöner gelbbrauner und
goldiger Färbung. Natürlich kann «in
Großhandel nicht mit diesem Stoffe ge
trieben werden, dazu liefert ihn das
Meer doch zu sparsam; aber es ist in
teressant zu sehen, wir sinnreich und
fleißig der mittclmerrische Arbeiter ihn
zu gebrauchen versteht. Die Ma'ckiel ist
auch unter dem Namen Steckmuschel
bekannt, und schon die Altcnobenutzten
sie in der angegebenen Art. Den Stoff
selbst kennt man als Bhssus, als Lana
überall von gleicher Güte, sondern rich
tet sich nach dem Grund u»d Boden.
Mühsam ist und bleibt jedoch diese In
dustrie und so kann das Industrie-
Produkt selbstverständlich nur durch
«ine» hohen Preis die aus dasselbe ver
wendete Zeit und Mühe lohnen. An
ders ausgedrückt, habe» wir ein Kurio
>sum vor uns, das nur dahin gehört,
wo ein Ueberfluß von Arbeitskräften
herrscht.
l!uKf e i « d
Von den Londoner „Melioristen"
wird eine „Anti-Kuß-Gesellschaft" be
-fürwortet. „Meliorist" ist ein neues
»n die englisch.- Sprache eingeführtes
Wort für Weltverbesserer. Unter dem
«rnsten Titel „Dinge, die uns krank
machen", bringt ein im Dienste dieser
Melioristen stehendes Magazin einen
Artikel, d«r versichert, daß zu jenen ge
sährliche» Dingen der Kuß gehöre. „Di«
Japaner," heißt es hier, „müssen ei»
Süssen sollen; die Deutschen sind thö
richt, denn sie küssen immer. Unser
«nglisches Vaterland hält sich an einem
Mittelweg, doch wie lange man dies
überhaupt erlauben wird, ist abzuwar
ten." Man dürfe frrilich noch nicht
hoffen, daß von Gesetzes wegen bald
«ingeschritten werden würde. „Wenn
man," erwidert «in Kritiker darauf,
«dieser ärztlichen Warnung Folge ge
l>e» wollte, so müßte man in Zukunft
immer ein Fläfchchen desinficirenden
Liqueurs bereit halten, damit ein Kuß
leinen Schaden thue. Die Ladies
müßten sich damit ebtnfo befreunden
wie mit dem heutigen Ri«chfläfchch«n.
Aber wir stillen der medicinischenPressc
die Aufgabe, -in einziges Mitglied des
zarten Geschlechts vorzuführen, daZ
eidlich versicherte, daß ihr Küsse jemals
«in Leid verursacht hätten." In Eng
land küssen sich Männer unter einander
»licht und schon s«it m«hr«ren Jahren
gilt es in den Cirkel» des Westends als
plebejisch, wenn di- Ladies bei -inem
Feste mit der Wirthin bei Ankunft oder
tbeim Abschied einen Kuß austauschen.
Jetzt fassen sie einander nur bei der
Hand und den Arm aufhebend nicken sie
sich unter d«m auf diese Art gebildeten,
reich juwelirten Bogen gegenseitig lä-
Um »cn Eitelkeit Willen.
Die Kaiserin von Oesterreich besitzt
bekanntlich ein« vollendet schöne Gestalt,
zu deren Erhaltung sie sich allerhand
strenger Mittel bedient. So rastet sie
früh und Abends und ihre einzige re
gelmäßige Mahlzeit besteht aus einein
Gericht gerösteten Fleisches und etwas
Biskuit und einem Glase Wein
zum Mittag. Gelegentlich nimmt sie
vuch wokl ein rohes Ei und etwas
Obst zu sich. Sie Irägt zu allen Jah
reszeiten Flanellunterwäsche, nimmt
Dampfbäder, läßt sich massiren, reitet
lehr viel und hat mit allen diesen Mit
l-ln -rr-icht. daß trotz ihrer s-chsund
liinsziq Jahre ihre Taille nur zwanzig
Zoll Umfang mißt.
Au! Erster Akrobat (zu fei
lem Kollegen): .College, feh'n Sie
Iber reducirt aus!" Zweiter Akro
bat: „Glaub's schon. War ja früher
.August" im Circus, und da mußte ich
?em Rufe der Menge: „August, sollst
untergekommen!"
Mißverstanden. Gnädige
Hrau: Karline, in 14 Tagen gebe ich
vir ein bischen helfen!
Ehelicher Zwist. Er: Du
villst wissen, was ich wäre, wenn ich
licht Dein Geld bekommen hätte? Sie:
Ha, das möcht« ich allerdings wissen.
Dr: Ganz einfach, Junggeselle!
Die Zriedtnspseifc.
lliii Intermezzi ron Wilhelm Wolter».
Auf meinem Geburtstagstische, an
d«7> mich meine Frau mit geheimniß
gebogenen, einem Strohhalm ähnlichen
Röhrchen. Meine Frau saßte sie zier
lich an dem Strohröhrchen und hielt sie
gen.
„Da.... das schenkt die Mama!
Sie meint, das Pfeifenrauchen sei ge
nicht üblich gewesen waren, mußte ich
diese sinnige, Aufmerksamkeit doppelt
hochschätzen denn, „der Wille und
nicht die Gabe macht den Geber", sagt
Nathan's guter Klosterbruder. Dieser
zartandeutende Wille von dieser Seite
erhöhte den Welth dieser Friedenspfeife
etwa fünfzig Pfennige betrug) ins
Untaxirbare. Ich nahm den kleinen
Thon köpf wie ein alter, gewiegt«! Rau»
schätzbaren Küssen.
Meine Schwiegermutter mochte Recht
haben mit ihren Ansichten über das
lieferanten ein Viertelpfund von dem
herrlichsten Knaster, dem gelben, den
uns Apollo je präparirt, „Gold-shag"
Es schmeckte vortrefflich. Ich bat
Nikotinstengel in den Mund ste
cken konnte! Und dann diese Gelder
sparniß! Für fünfundzwanzig Pfen
nige rauchte man ungefähr fünfzig von
diesen Pfeifen; den Tag fünf gerechnet,
macht zehn Tage. In d«r selben Zeit
hätte man, wenn man ganz gewöhn
liche Achtpfennig-Cigarren qualmte,
für vier Mark verpraßt! Es g«ht in
die Hunderte, was man in «inem Jahre
Kapital! Die Cigarren wurden ganz
in Acht und Bann gethan. Ich war
glücklich.
Zunge. Ich tauschte sie deshalb, nach
dem das Viertelpfund zu Asche ge
brannt war, mit einer wunderbaren
Mischung zweier echt türkischen Kräu
ter, deren Genuß nicht nur die Zung«
gelte.
Das ging nun so, so lang es ging.
Plötzlich, «ines Tages, versagte die
klein« Pfeife den Dienst. Ich zog, ich
blies, ich klopfte, zerbrach bei un
fruchtbaren Bohrversuchtn ein« Strick
zen Perle geschmückte Hutnadel meiner
Frau, Alles vergeblich, sie blieb ver-
M ' Tbk k
Leid klagte, zuckte die Achseln. „Ja,
enge Rohr mit einer Taubenfeder rei
nig«». Aber Sie sollt«n sich lieber
eine ordentliche türkische Pfeife anschaf
fen."
Der Mann hatte nicht Unrecht.
„Wenn schon, denn schon", dachte ich,
und rannte spornstreichs zu Gebrüder
Muschweck, der größten Pfeifenhand
lunq der Stadt. Ich war zwar lange
schwankend, ob ich ein Büsselhorn- oder
das ich erstanden. Ein wirklicher, ech
ter, großer, türkischer Thonkopf, das
Rohr nicht allzulang, dafür aber aus
holz, ein so seltenes Stück, wie es nur
der K«nner zu schätzen weiß und wie
es nur in der Residenz zu sinden ist.
Sapristi! Ja, das war ein Ge
nuß!
In die Sophaecke zurückgelehnt, sog
ich. den Mund wie zum Kusse ge
spitzt, an dem dicken Büffelhornende
meines Cedernrohrs, und unten kräu
selte sich aus der weiten Oessnung des
Thonkopses der dustende, blaue Rauch
wie der zitternde Rauch «ines Weihal
tars langsam in die Luft empor. Die
Pfeife wurde „Fatme" getauft, die mit
telst einer Taubenfeder einigermaßen
wieder dienstsähig gemachte.Schwieger
mutter" einstweilen in den Ruhestand
versetzt.
Nur eins war schlimm. Ich merkte,
daß zwischen dem Türken und dem
Deutschen doch noch ein Unterschied be
steht. Wenn der Türke genießt, so
arbeitet er nicht, er genießt eben ganz;
wir wollen selbst während der Arbeit
genießen. Zum Rauchen meiner dick
rohrigen Cedernpseise waren beid«
Hände nöthig, so daß mir keine mehr
zum Schreiben übrig blieb. Ja, es
war herrlich, dieses contemplativeSin
i'.en und Träumen beim Küssen der ge
liebten Fatme, um ss mehr entbehrt«
ich die Wonnen dieses Naucheinsau
»ens. w.'nn ich am Sckreibiisckx saß.
Es blieb mir nicht- ü-riiz, als «in
Aushilfsmittel auch für dies«
ju suchen dies sand sich in einer kur
zen Pfeife aus schönstem, maserirtem
Bruyere-Hvlz, die man bequem zwi
schen den Zähnen halt«n konnte.
brachte nun die selig zwi
schen Maryland doux und Dubec
moyin. M«ine Leidenschaft für Char
lotte Corday (so hieß di« Bruyere
„Was? Kurze Pfeife?" sagte Fr«und
selle par «xcellenc«), indem er gering
schätzig die Mundwinkel herabzog. „Das
ist ja scheußlich! Total ungesund!....
len!"
nas-Kanaster, Littera A, von Wilhelm
„Ah... «rsäuft! Natürlich! Meh
rere Pfüifen! Selbsterständlich! So
«escheibt hätte ich eigentlich auch sein
können! Und daß Porzellanwassersack
sauberer sein muß, leuchtet «inem
ohne weitere Erklärung ein! Es ist
was man all- Tage lernen
Meine Pf«isensaminlu».g wuchs in
Folge dieser neuesten Erkenntniß um
ein weiterrs Exemplar mit Porzellan
zückend, diese kleine Kompagnie Revue
Passiren zu lassen und ewig schade,
daß man sie während ihrer dienstfreien
Stunden so ganz unbeachtet in den
Ecken umherstehen und hängen ließ.
Meine Frau sah zwar, wie sie sagt«,
durchaus kein« beleidigend« Gering
schätzung darin, allein ich nahm trotz-
Oberboden stellen zu müssen. Freilich
als sich bald darauf ein Zwillings
paar in Gestalt einer Dr. Zacharias
längst verstorbenen Onkels, der auch
qessenheit das Bild seines Pfeis-nregals
vor meinen Augen auf. Ich sah ganz
dock..."
Ich schnitt ihr den Satz ab. „Ich
habe so viel an Cigarren gespart, Schatz,
der Tischlermeister, den ick mit d«r
ehrenvollen Aufgabe der Verwirklichung
meines Traumes betraut hatte, sich
mit einem rothen Taschentuch« den
Schweift von der Stirn trocknend, d'.e
Ersehnte selbsteig«nhändig in meinZim
mer nieder. Sie war trotz dreier vor
angegangener Conferenzen zwa- nicht
ganz so ausgefallen, wie ich gewünscht
hatte, aber denn doch noch immer schön
«in paar lumpig« Mark!
Wir (meine Frau und ich) sahen uns
im Zimmer um. „Ja, wo soll si« nun
hin?" Nicht das kleinste Plätzen war
stellers ew Bücherschrank steht! Laß
durch den eiligst herbeigerufenen Tisch
ler vermittelst Leim wieder paralystrt
werden tonnte.
„Frisch gestrichen? Mitten im Win
ter? Das ist ja entsetzlich? Das geht
nickt!"
Blick zu. „Was soll daS bedeuten?
Willst Du etwa plötzlich dir Zantippe
spielen?"
nen Fall, der zu «inem Präcedcnzsalle
hätte werden können. Mein« Autori
tät stand aus dem Spiele. Es bli«b
me'r, in dem meine Frau mit rothen
Augen saß, brüllten unsere beiden Klei
nen, als ob sie am Spieße geröstet
würden. Die Möbel meines Arbeits
der Größe des Kaspischen Meeres
auf:
„Muhe! Zum Donnerwetter! Willst
Du ihnen denn nicht endlich die Mäuler
zustopfen?! Glaubst Du, daß man bei
solchem Lärme sichten kann?!"
der die Galle auf. „Was?'Athmen?
willst, daß ich Euch im Weg« bin,
nur, gut, so werde ich ausziehen
ich werde mir oben in der vierten
Euch,
„Das Brot für uns?" schlucht« meine
Frau. „Also wir «ss«n Dir
zu viel Du wirfst mir
ser daß ich Dein Bro
—o— ot esse... o Gott, so weit
ist es also gekommen ich g«he...
ich gehe > ich will Dir nicht zur
Last fallen Du bist meiner über
drüssig ich habe es länger bemerkt
. möblirtes Zimmer bei Mit hü
hülkrs... ich lasse mich Dir
scheiden..."
Das war mir denn doch zu stark.
„Gut, so laß Dich scheiden!" ries ich,
schlug die Thür zu und rannte davon,
die Treppe hinunter, hinaus ins Freie.
Ich wäre erstickt da drinnen. Das
Blut kocht« mir.
Mechanisch trat ich an der Ecke in
den Laden meines Tabaklieferanten.
Brasiliero..
„Zehn Stück Brasilieros!" wieder
holte ich beinahe schreiend, ohne eigent
lich zu wissen, was ich sagte. „Spreche
ich etwa so leise, daß man mich nicht
Dabei knipste er dienstfertig die
Spitze ab und reichte mir eine von den
geh-n.
mich mit einem Male.
Ja, was war denn eigentlich gesche
hen?
Herrgott, ich rauchte ja wieder eine
Cigarre! Ich blieb stehen und lachte
so laut auf, daß ein vorübergehender
Schusterjunge ebenso laut sagte:„7tanu,
was giebt's denn?" Ohne ihn einerAnt
wort zu würdigen, drehte ich mich um
und eilte nach Hause.
Meine Frau kam mir mit aufgelö
sten Haaren- und mit emem durch
unterdrücktes Schluchzen in seiner
vollen Kraftentfaltung gehemmten
Schrei entgegen und flog mir an den
Hals. „Liebster, bester Franz, vergieb
Ich schmunzelte innerlich: meiner
triumphirenden Autorität wegen —>
aber ich war gerührt.
„Weißt Du," sagte ich, mein« Frau
umarmend, „wer Vergil war?"
Meine Frau hob verwundert den
Kopf.
„Dann hat Dir Dein Bruder wohl
vuch niemals verdeutscht, was das
heißt: „quidquid id est, timeo Damaos
et dona ferentes?"
„Nein."
„Na es ist auch nicht nöthig
ich meine, an allen Aufregungen ist
doch eigentlich die Friedenspfeife
schuld."
„Wie?"
„Nichts, ich habe mich nur verspro
chen aber weißt Du, ich möchte
am liebsten Alles beim Alten haben
ohne Dielenstreichen und möblirtes
Zimmer..."
„Franz!"
„Aber Du mußt mich niemals ver
führen wollen aus Ersparnißrücksich
t«n —"
„Denn sonst..."
„Nein, nein, nein, »ein, nein!" rief
mein« Frau freudestrahlend und hätte
es vielleicht noch fünf Ma! wiederholt,
wenn ich ihr nicht den Münd verschlos
sen hätte.
Die Friedenspfeife steht mit ihren
Kameraden und Kameradinn«» sammt
d«r Etagere auf dem Boden. Meine
fsrau lacht mich jedes Mal aus, wenn
ich mich meiner Pfeifenkennerschaft rüh
me: das ist nicht sehr respektvoll gegen
meine „Autorität" aber sie thut's
eben dennoch!
Professor (welcher einen Stübecken
hypnotisirt hat,zu den Hörern): „Meine
Herren! Ich will nun an Ihrem Colle
ge» die wunderbaren und räthselhaften
Erscheinung,'» der Suggestion zeigen.
Sie, Alles, was ich ihm nun
Schneioer vorstellen, werde ihm dieses
Buck als eine Rechnung im Betrag«
von 10V Mark präsentinn unk er wird
Wirklichkeit, bezahlen! (Zum Medium
gewendet): Ich bin Ihr Schneider!"
Medium: „Ja!" Professor:
„Hi«r ist di« Rechnung bezahlen
Sie!" Das Medium springt auf,
faßt den Professor bei'm Kragen und
wirft ihn zur Thür« hinaus.
Einst nannt ich Dich „m«in Röslein
zart,"
„Mein Veilchen," „mein Vergißmein
nicht,"
Als imm«r neue Blumenart
Pries Dich manch herziges Gedicht.
Nun ward des Bessern ich belehrt,
Blüth' fällt nach Blüthe aus dem
Heut' weiß ich, die ich einst verehrt:
Das Blümlein ist ~'ne n«tte Pflanze!"
Aus der Schule. Lehrer
(den Regenbogen« erklärend): „Wes
halb schielst Du denn immer nach mei
nem Hut da am Schrank hinüber,
Seppl?" „Weil der Vater gesagt
hat, dem Herrn Lehrer sein Hui glänzt
auch in allen R-genbogensarb-n!"
—I »i Eifer. Professor: „Ja,
meine Herrschaften, die Darwinsche
Theorie von der Abstammung desMen
schen vom Asien ist nicht von der Hand
zu wi-fen. Ich selbst bin bereit, Ih
nen davon dcn Beweis zu liesern!
Die schönere Halste.
Die alte Excellenz von Goethe hatte
manchmal auch wunderliche Einfälle
und sprach gelassen große Worte aus,
die zuweilen paradox klangen. Bei ir
gvnvwelcher Gelegenheit soll sie einmal
gesagt haben: „Wer die Musik nicht
liebt, ist kein Mensch, wer sie nur liebt,
ist ein halber, doch nur der, ber'sie liebt
Mensch."
Irgendwo hatt« der MusikschUle»
der Höhe der Menschheit. Was ist der
Gelehrte? Er ist nur Kopf, nur Ge
hirn. Der Handwerker? Er ist der
Arm, der Muskel aber wir Künst
ler und vor allem wir Musiker, wir
sind die Hauptsache, das Herz, der Le
benspuls des M«nsch«,nthüms." Un
willkürlich richtete der junge Mann sich
xerade auf in feincm Strohsessel, warf
«inen Blick in den Spiegel neben seinem
Arbeitstisch und strich sich mit genial
nachlässiger Handbewegung eine ver
irrte Locke aus der blassen Künstler,
stirn. In demselben Augenblick pocht«
es an die Thüre. Die Hauswirthin
trat herein und störte die weiteren Be
trachtungen Emanuels, indem sie ihm
einen großen Brief auf den Tisch legte,
den der Postbote soeben überbracht
hatte. Neugierig öffnete der junge
Künstker das Couvert und entnahm
daraus ein längeres Schreiben, in wel
chem «s hieß: Werther Herr Schöberl!
Ich sehe mich veranlaßt, energisch dar
aus zu dringen, daß Sie mich endlich
bezahlen. Im Mai wird's ein Jahr,
daß Sie meinen Credit beanspruchten,
ohne, trotz meiner Aufforderung, die
geringste Theilzahlung gemacht zu ha
ben. Ich denke, ich habe lange genuz
gewartet. Es ist übrigens von Ihnen
sehr undankbar gegen mich. Wissen
Sie noch, wie Sie aussahen, als der
Herr Maier Sie zu mir führte? Arg
um nicht zu sagen schäbig sahen
Sie aus. So hätten Sie sich nirgends
sehen lassen können, hätten keine Stun
den zu geben bekommen und in Gesell
schaft hätte Sie erst recht niemand ge
laden. Ich habe Sie nach neuesten
Moden ausstaffiert und habe erst so
einen ganzen Menschen aus
Ihnen gemacht. Weiter las der
junge Musiker nicht. Also nicht die
Musik? Der Schneider! Der? Durch
den erst ein ganzer Mensch? Und auch
noch auf Borg! Aber der wunder
lich« Handwerker hatte so unrecht nicht.
Emanuel dachte an die Zeit, wo ihn
sein Onkel mit kleinem Wechsel in die
große Residenz geschickt hätte. Der
Sonntagsstaat aus dem Provinzstädt-
Straße zu gehend In di« Musikschule
nicht geben; an das Besuchen von Ge
sellschaften, sein höchstes Ziel nach der
Kunst, war erst recht nicht zu denken.
Maier, der immer gutgekleidete Mül
lersfohn und Student, einem Schnei
der empfohlen, der sich nach längerem
Bedenken herbeiließ, den jungen Musi
ker neu zu kleid«». Gleich zwei Anzüge
unv einen Paletot bestellte Emanuel.
Von der Zeit an fühlte er sich wieder
Mensch, ja, ja! Damals kam er auch
zuerst in Familien, da faßte er Selbst
vertrauen und sogar den Muth, Lini,
der angebeteten Hausherrntochter, sein
Herz auszuschütten ja, ja. der brave
Schneidermeister hatte so unrecht nicht.
Und Goethe? Was hatte der Alte ge
sagt? Die Musik mache ganze Men
schen? Wie man'S nimmt! Nicht
allein die Wissenschaft, auch die Kunst
muß an uns arbeiten, um uns auf die
Höhe der Menschheit zu heben; wohl
wahr. Aber zur Vollendung des gan
uns so nothwendig, wie dem schönen
Liede bie musikalische Begleitung, Der
Schneider soll bezahlt werden! Aber
wie? Nach längerem Sinnen zog der
junge Mann seinen schwarzen Rock an
und ging. Er ging zu Linis Vater,
der erst vor kurzem nach einigem
Sträuben damit einverstanden war,
daß die Verlobung seiner Tochter mit
ihrem heißgeliebten Emanuel veröf
fentlicht werde, wenn der Musiker die
Akademie verlassen und eine erste An
stellung gefunden habe. Linis Vater. !
ein bürgerlicher Bäckermeister, hörte die!
Bitt« des künftigen Schwiegersohnes
um ein Darlehen ruhig an. Emanuel
hatte ihm Ireuhtrzig gesagt, daß er die
Kl«id«rschuldei, nothwendig habe ma
chen müssen, da zu einem ganzen Men
schen heutzutage auch ein ganzer Rock
gehöre. Als der Alte dem dankbar
schmunzelnden Kunstjünger die begehr
ten Scheine hinlegte, mußte dieser noch
eine neue Variation der Goethe'schen
Wort« hören. Der Bäckermeister
meinte: „Nicht allein einen ganzen
Rock muß der Mensch anhaben in
der Tasche muß auch ein Stück Geld
sein, erst dann ist man bei diese» Zeiten
ein ganzer Msnn."
Als der junge Künstler eine Viertel
stunde später seiner Angebeteten diesen
Ausspruch ihre? Vaters erzählte, r:es
sie lachend: „Ach was! ein ganzer
Man» bist du erst, wenn wir einmal
v-rbeirathet sind, jetzt fehlt dir noch
deine „schönere Hälfte"!"
Was gehört heutzutage nicht alles
dazu, ein ganzer Mensch zu sein!
Zur unsere Zrauen.
Viele Krankheiten werden erfolg
reich geheilt, weil die Aerzte und Leuch
ten der Wissenschaft ihre Ursachen er
gehören wohl die beide» oben angeführ
ten U«bel, ohne daß bisher ihren Ba
cillen eifrig nachgeforscht worden wäre.
Stimmungen zu machen, von welcher
Studienreise sie Folgendes berichtet:
Ganz unerwarteter Weise wurde ich
auf meiner Fahrt in unwirthliche Ge
genden verschlagen, wo ich mich recht
fremd und verlassen fühlte. Alles
rings umher war unfreundlich, uner
quicklich, die Luft erfüllt von drücken
der Gewitterschwüle, die Vegetation
mosphäre lag bleiern schwer auf dem
Ankömmling. Ich versuchte in einem
der nächstgelegenen Gebäude Einlaß
und Unterkunft finden und fetzte
mürrischer, gerade nicht höfliche Ver
wünschungen murmelnder Hausgeist
der Kellerthüre und verklagte de» bösen
Ofen, welcher sich so ungebührlich aus
führte, Rauch anstatt Hitze zu geben.
Schließlich wurde mir, wenn auch nickt
besonders gern«, Einlaß gewährt und
ich in ein ebenfalls von grauem Rauch
erfülltes Gemach geleitet, in welchem
auch sonst keine viel gastlichere Stim
mung zu herrschen schien. Man mel
dete mich der Frau des rauchigen Tau
schend« Stimmen, eilige Schritte, Thü
ren öffnen und zuschlagen und schließ
lich stolpernde Tritte die Treppe her
unter. Dann stand sie vor mir mit
Worte dazwischen. Wie die Winds
der zankenden Frauenstimmen, Krei
schend bewegte sich die Thür in ihren
Angeln und mit einem bitterbösen, von
Ausregung entstellten Antlitz, in dem
es noch blitzte und wetterleuchtete, er-
So weit der Bericht der reisende»
Forscherin. Ick persönlick bedauere
nur Eines, daß die Dame eigentlick
nichts Ganzes geleistet. Wohl ist eS
recht löblich, die Brutstätte einer
Krankheit zufällig zu entdecken, aber
dock noch viel wichtiger, auch M-dika»
mente und Arzneien anzugeben, mik
welchen das Uebel in eiwaiaen, wenn
auch seltenen, Fällen bekämvft und ge
heilt werden kann. Vielleicht sind nun
wissenschaftlich gebildetere, erfahrenere
weibliche und männliche Aerzte im
Menschheit alle bisher erfolgreich ange
wendeten Mittel gegen Launen und»
Verstimmungen baldigst bekannt zi»
geben. Bis dabin aber wollen wir je
nem bösen Hause mit seinen Anlteck"
ungskeimen vorsichtig aus dem Weg?
gehen.
Mißglücktes Compli
ment. Junae Hausfrau: Darf ich
Ihnen ein Glas Wein einschenken. H«rr
Müller? Herr Müller: Nein, ich
danke, gnädige Frau, ich trinke nie
Wein. Junge Hausfrau (in der Ab
sicht. dem Gast etwas angenehmes ,u
sagen): Nicht möglich. Sie sehen aber
gar «icht so au?!
Eigene Anschauung.
Lehrerin: „Hier seht; hier ist «::?
uns nur wo vorkommen?" Schüler;'
,Als Schimpfwörter!"