Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, August 31, 1894, Page 2, Image 2

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    2 Aus dem Zrauenlcben.
Durch die Stellenvermittelung des
Allgemeinen deutschen Lehrerinnen
vereins erhielten im Jahre 1893 94
654 Mitglieder Stellen, nämlich 360
durch das Leipziger Centralbureau
und die mit diesem verbundenen Agen
turen in Deutschland, 219 durch den
Berein deutscher Lehrerinnen in Eng
land, 6V durch den Verein deutscher
Lehrerinnen in Frankreich und 15
durch den Verein deutscher Lehrerinnen
in Italien. Die Centralleitung der
Stellenvermittelung befindet sich Leip
zig. Pfaffendorferstraße 17.
An der Berliner Universität ist jetzt
eine Lehrerin durch besondere ministe
rielle Erlaubniß zum Besuch der Vor
lesungen zugelassen. Die Dame hört
«in sprachwissenschaftliches Kolleg bei
Prof. Johannes Schmidt.
Als Volontärärztin an der Univer
sitäts-Frauenklinik in München ist
Frl. Sophie Nordhoff von dem Direk
tor der Klinik Prof. von Winckel an
qestellt. In Bielefeld geboren, studirte
die junge Dame in Washington Me
dizin und bestand dort die Prüfung
summa cum laude. Nach beendeten
Studien nach Deutschland zurückge
kehrt, suchte sie ihre Kenntnisse an der
Wiener Universität zu erweitern.
Der Sängerin Frau Katharina
Klafsty wurde vom König von Würt
temberg die golden- Medaille des An-
In Gadki rettete eine muthige
Schwimmerin, Frl. Wanda Wojcicka,
einem siebenjährigen Knaben, der in
den Swiderfluß gefallen war, das Le-
Die Petersburger höheren Lehrkurse
für Frauen, historisch-philologische und
physikalisch-mathematische, wurden im
letzten Jahr vor 468 ZuHörerinnen ge
halten. Das geplante medizinische
Institut für Frauen wird in Peters
burg bald ins Leben treten. Die Pe
tersburger Stadtverwaltung stellt dem
Institut kostenlos das Lokal zur Ver
fügung und öffnet den ZuHörerinnen
zu praktischen Uebungen die städtischen
Hospitäler. Weibliche Aerzte sind in
Rußland bekanntlich bereits recht zahl
reich in Thätigkeit, und zwar fast aus
schließlich für Frauen- und Kinder
krankheiten: das Publikum kommt ih
nen allgemein mit Vertrauen entgegen,
und man rühmt ihre unverdrossene
Sorgfalt. Dadurch erklärt sich die
Opferwilligkeit des Publikums für die
Zwecke des Instituts. Der Umstand,
daß Rußland über zwölf Millionen
mohamedanifcher Unterthanen hat,läßt
die Ausbildung einer großen Zahl
weiblicher Aerzte als staatliche Noth
wendigkeit erscheinen; denn die Moha
medanerinnen lassen sich durch männ
liche Aerzte nicht behandeln, denen nur
qanz ausnahmsweise der Zutritt zu
den inneren Gemächern des Hauses,
also auch den unter weiblicher Obhut
stehenden Kinderstuben gewährt wird.
Eine Ausstellung von Frauenarbei
ten wird im nächsten Jahre in Kopen
hagen stattfinden. Die Leistungen der
Frauen auf den Gebieten der Kunst
rmd Wissenschaft, Philanthropie, des
Schulwesens, der Kranken- und Kin
derpflege, der Haushaltung, des Gar
ten- und Ackerbaues, der Industrie
u. f. w. soll in zweckentsprechender
Weise zur Veranschaulichung tommen.
Das Protektorat über die Ausstellung
nommen.
Die medizinische Fakultät der Pa
riser Hochschule verlieh einer jungen
deutschen Dame, Frl. Gorvitz, die Dok
torwürde auf Grund einer Disserta
tion über die „Anomalien der Endo
karditis infectiofa bei Kindern".
In Japan, wo das Massieren viel
mehr gebräuchlich ist, als bei uns, und
wo es nach jeder Anstrengung, z. B.
nach jedem größeren Spaziergange
zum Vorbeugen gegen Steifheit ange
wendet wird, bildet das Massieren
einen Haupterwerbszweig für Blinde.
Diese blinden „Reiber" und „Neiderin
nen" gehen dort beständig in den Str
aßen auf und ab und klingeln mit
Schellen, wie bei uns Ausrufer und
Milchwagen. Ihre Bezahlung ist
den Menschen. Blinde Masseusen
bei uns gute Beschäftigung finden. Der
japanische Brauch, Blinde im Massie
ren auszubilden, hat in London be
— Glückseligkeit. Na,
Süffel, was stierst' denn die Kiihherd
so nachdenkli an? Nu, i denk', wenn
all' die KUH' Bier statt der Milch ge
ben könnt' ! nachher führen!
Aha! Mann (zur Frau): Him
mel Millionen Schockschwerenoth, was
ist das für ein Ton, den Du heute ge
gen mich anschlägst, bildest Dir wohl
ein. Du hast Deinen Schwiegersohn
vor Dir!
Allerdings. Frau A. (vom
Friedhof heimgehend): Ei, ei. wer hätte
wohl je gedacht, daß der Mann ein
solches Ende nehmen wird. Frau B.:
Da haben S' Recht, dem hat man es
auch nicht an der Wiege gesungen,
daß er sich mit 45 Jahren aushängen
wird!
Unfehlbares Mittel.
Herr Meyer: „Herr Doctor, was fehlt
eigentlich meiner Frau?" Arzt:
„Bewegung. Sie sollte viel spazieren
gehen." Herr Meyer: „Ja, das sag'
ich ihr immerzu. Aber sie thut's halt
nicht. Können Sie mir gar keinen
Rath geben, was ich mit ihr anfangen
soll?" „Kaufen Sie ihr ein elegan
tes Bonnet."
Wer wirft den ersten Stein»
In wenigen Tagen ist die Verhand
lung. Ich bin als einziger Augen
zeuge geladen wordey, und ich will mein
Wer wirst den ersten Stein? Ich
Die Wellen desselben Sees, die daS
den Anhöhe, welche das stolze, moderne
Herrenhaus des Gutes Padöhl trägt.
Ein Dorf mit weitverstreuten Häu-
Das Dorf heißt Hollen, und der
Sein Wasser ist tückisch. Wer an sei
henden Ränder sind oft nicht stark ge
nug, um die Last eines Menschen zu
tragen.
Die Dörfler meiden den See. Ein
paar Boote, die am Ausgange des Dor
fes, nahe dem Gutspart von Padöhl,
in rauschendem Schilfe halb versteckt
angekettet liegen, gehöre» den beiden
alten Fischern, welche die Fischerei
gerechtigkeit des Sees von den Herren
ben. Die Fahrzeuge sind plump und
roh gebaut und stechen von den beiden
Booten, die zu den Gütern gehören,
Herrenpalästen. Von den Bauern be
sitzt keiner ein Boot, und selten traut
sich ein jüngerer Bursche mit den Fi-
Sees, an denen das Ufer flach ver
läuft und zum Tränken der Pferde be
nutzt werden kann. Die Kinder waten
schein und glatt abgeschliffenen Stei
nen. An den schroff abfallenden Rän
dern der Wiesen Übt höchstens ein ein
hat.
Unter den Opfern ist der letzte Guts
her von Padöhl, Klaus von Nohr. Er
ausgewandert, die ihn in der Ferne
festgehalten hat, bis der Allbeherrscher
Tod dort auch ihn ereilte.
von Nohr mit ihrem Töchterchen.
Als der Gutsherr von Padöhl sein
Grab in den Wellen fand, zählte seine
Tochter Elise acht Jahre. Die Wir
wieder sah, sich des tiefsten Mitleids er-
Pari und Garten, Feld und Wald, in
lig, freundlich, selbstbeglückt half. Ka-
Elise auf sie zu. die hellen Blauaugen
strahlend, das liebliche, frische Gesicht
Nach der traurigen Katastrophe hü
tete das Gutskind, das mit schwärmeri
scher Liebe an dem Vater gehangen
hatte, wochenlang das Bett, und der
Arzt hatte genug zu thun, den schwa
chen Lebensfaden nicht völlig reißen zu
lassen. Die Dorfkinder standen nach der
Schulzeit stumm am Ausgange der
Allee und blickten scheu auf das große,
schloßartige Herrenhaus und auf die
Fenster, hinter denen sie die vielent
behrte kleine Kranke wußten. Und in
ihre jungen Augen stahl sich manche
Thräne, die verlegen mit der Schürze
oder dem Rücken der Hand abgetrocknet
wurde.
Der stolze Herrenbau, der ihnen frü
her als das Höchste aller ihrer Vorstel
lungen und schier übermäßig kostspie
lig und schön erschienen war, hatte sei
nen Hauptreiz in ihren Augen verloren.
Eher brachten sie ihn jetzt in eine dunk
le, geheimnißvolle Beziehung mit dem
Unglück.
es keine hundert haben durfte.
Unser Herr wollte es. Aber hundert
Stuben hat der König, und der hat's
nicht erlaubt. Da ist zwischen zwei
Stuben die Wand, die schon gebaut
war, wieder weggerissen worden, und
aus den zweien hat man eine gemacht.
neunzigste, hat Elise bekommen, und in
der liegt sie jetzt hinter den luftigen,
weißen Gardinen, mit wundem Herzen
oder ihr aus der Ferne freudig zu
nicken, wenn die gnädige Frau sich in
der Nähe aufhalten und sie hindern
Ihre Geduld wurde auf eine harte
Probe gestellt, und als ihre Sehn
sucht endlich in Erfüllung ging, wagte
führen; denn Elise lehnte reglos in ei
nem Fahrstuhle, der von einen fremden,
goldbetreßten Diener langsam auf den
gelbbraunen, sauberen Kieswegen da
hingeschoben wurde. Erst als der Wa
gen in die Nähe der Allee kam, schritt
achtete ihrer nicht und schob den Roll
stuhl weiter. Enttäuscht ließ die Kleine
den Arm mit der verstümmelten Puppe
Augen.
„Gah nah!" tönte es da aufmun
ternd hinter ihr, und da sie den Fischer
„De Kopp de Kopp!" stieß die
„Der Kopf —" kam es seltsam rauh
über ihre Lippen. „Ja, der Kops!
Es ist nicht gut, den Kopf zu verlieren.
Willst Du meine Puppe?"
Die Kleine konnte sich nicht mehr fas
sen, ein tiefes Erbarmen in ihrem un
schuldigen Kinderherzen ließ die Thrä
nen unaufhaltsam aus den Augen stür
zen,und da sie zugleich sich ihrer schäm-
Elise war auch selten zu sehen. Als
sie soweit hergestellt war, daß sie sich
wieder allein ergehen konnte, weilte sie
mit Vorliebe zu Füßen der Anhöhe und
blickte sehnsüchtig auf den See hinaus.
Ihr fröhliches Plaudern war ver
stummt, das Lachen von ihrem langsam
wieder erblühenden Gesichte verschwun
den. Eine stumme Frage lag in ihren
Schmerz um ihren weichen Mund.
Frau von Nohr Überließ die Obhut
ihrer Tochter ausschließlich der Erziehe
rin. Das Verhältniß zwischenMutter u.
Tochter war ein räthselhaftes. Fuhr
die Gutsherrin aus, so mußte ein be
treßter Diener neben dem Kutscher
Platz nehmen und ihres leisesten Win
kes gewärtig fein. Nie sah man das
gleitete sie nicht. Das Mittagsmahl
das Kind, und dieses athmete jedes
Mal auf, wenn die Tafel vorllber
war.
Bild im Wasser, das in dem leichten
Wellenschlag wundersam verflüchtigt
und verzerrt wurde. Aber in das Sin
nen stahl sich bald ein glückliches Lä
cheln, als sei sie von einem schweren
Frau von Nohr schien die Heimath
zu vergessen. Jahre kamen und gin
gen und nur selten traf selbst im An
sang eine flüchtige Nachricht von ihr
auf Padöhl ein. Nur das Eine stand
fest, daß sie sich in Hamburg eine Villa
hinein.
Elise von Nohr feierte ihren acht
zehnten Geburtstag.
Die Gutsleute hatten zu ihrer allsei
tigen Ueberraschung am frühen Vor-
Dein F. 28.57."
Der 28. Juli war der Todestag des
Vaters... Eonstane hieß ihre Mutter
... Also waren an sie, und an diesem
Tage die Zeilen gerichtet? Wem hatte
sie eine geheime Zusammenkunft ge
währen sollen? Mit welchem Rechte
war eine solche von ihr gefordert wor-
Sie schlang die Hände ineinander
und ließ den blonden Kopf tief sinken.
Blitzschnell reihten sich die Gedanken zu
gefunden wurde. Wäre es an eine
gleichgiltige, nur denselben Namen
führenden Person gerichtet gewesen: es
wäre nicht dorthin gekommen. Die
Adressatin war ihre Mutter, o Schmach!
und der Zufall oder die Fügung
hatte die Ladung in die Hände dessen
gebracht, den gerade zu umgehen sie be
stimmt waren.
Wer war der Absender ?
Das Mädchen schluchzte aus.
„Immer und ewig Dein F."... F...
Fritz von Tuxen! Der Herr von Tie
fenau. Der Freund ihres Vaters, der
nach dessen Tode in die Welt gegan
gen war, um nimmer Es
ist nicht auszudenken Der 28.7...
Er sollte ihn verrathen haben? Ihm
sollte der Vater in der stürmischen
Nacht entgegen gefahren fein, um seine
Ehre zu schützen, oder zu rächen, und
dabei den grausamen Tod zu fin
den? Und an diesem Tode sollte viel
leicht nicht das Unwetter allein Schuld,
sollte vielleicht der verrätherifche
Freund unmittelbar betheiligt gewesen
sein?
Sie erinnerte sich einer ausfälligen
Schilderung des Fischers Hinrich
Pries, die dieser von dem Unglücks
abend gegeben hatte, und des Umstan
des, daß der Tiefenauer Gutsherr bei
seinen vielen Besuchen stets über den
See zu kommen pflegte... Und sie
dachte der Mutter, die wie einst je
ner ein ruheloses Wanderleben in
wußt?
Die zarten Finger bebten, als sie
das Blatt wieder verbarg, den Schreib-
Taschen gleiten ließ. Sie ging durch
eine Reihe Zimmer und sah im letzten
thränenden Auges und stumm fragend
zu dem aus prunkendem Goldrahmen
auf sie niederblickende/i Bilde der Mut
ter empor... Es gab keine Antwort und
brachte keinen Trost.
stand am Fenster und sah den See
durch die Bäume des Parkes silbern zu
sich herauf grüßen. Sie trocknete die
Thränen und schellte nach ihrer Diene
rin.
„Ich lasse Hinrich Pries bitten, mich
zu besuchen."
Der Gerufene fand sich bald ein.
Besorgt blickte er auf das eregte junge
Mädchen.
„Hinrich Pries," begann Elise, „Ihr
habt mir einmal erzählt, was Ihr ge
sehen an dem Abend Ihr wißt,
was ich meine? Wollt Ihr mir das
noch einmal sagen, recht sorgsam und
genau?"
Der Fischer war etwas befremdet,
folgte aber der an ihn ergangenen Auf
forderung.
„Ja, giern, so gut als ich kann,"
sagte er. „Ich meine man, daß das
nich so leicht is. Mein Kops wird
all was schwach. Aber es wird woll
gehn. Nich wahr, das wissen Sie noch,
daß es zehnmal en höllisch stürmischer
Abend gewesen is, un düster draußen,
daß man knapp die Hand vor den Au
gen sehen konnte. Ich habe noch mein
Netz einholen wollen, was ich ausge
spannt hatt un was mir der Sturm
leicht hätt zerreißen können. Da kam
ein Lichtschein den Berg herunter, un
als ich hinsah, da war's der Herr Va
ter. Er trug seine große Laterne, die
neumodsche, höllisch helle, leucht mir
ins Gesicht, un sagt, ich solle heim ge
hen in dem Hundewetter, un er wolle
noch nach Tiefenau fahren. Nee, sagt
ich, Herr, das geht nich, denn das Wet
ter is wie behext. Ruhe, sagt er, ich
fahre. Un ich mit, setzte ich hinzu. Du
bleibst un machst, daß Du die Decke
über die Ohren kriegst, sagt er, hängte
die Laterne fest hin un stieß ab.
Ich hab nich mit dürfen, Fräul'n,
sonst "
„Ich weiß, lieber Pries. Sonst wäre
das Glück auf Padöhl wohl nicht so
jäh zerstört worden. Ihr saht das
Boot noch lange?"
„Nee, das Boot nich, Fräul'n.
810 ß das Licht. Das gaukelte drau
ßen in der pechschwarzen Nacht wie ein
Irrlicht. Un schier war mir's, als ob
es immer halten blieb, wo es war, auf
derselben Stelle, daß ich mir schon
dachte: auf wen wartet er denn nu?
Aber meine Augen müssen mich w«hl
für'n Narr'n gehalten haben, denn als
ich sie kurze Zeit zumachte un wieder
hin sah, da war's gar so, als ob zwei
Lichter da wären un hin un her spran
gen, als ob sie tanzten. Ich graule
mich nich leicht, Fräul'n, aber ich kriegte
ne Gänsehaut un wurde erst wieder
ruhig, als ich endlich nich mehr dop
pelt sah, als ob ich benebelt wäre, son
dern deutlich wieder das eine helle Licht
erkennen konnte, das sich nu auch richtig
> nach Tiefenau zu weiter bewegte. Dann
is es in der Bucht verschwunden, un
ich hab gedacht, nu kommt der Herr
richtig an un bleibt die Nacht bei sei
nem Freunde, dem Herrn von Tuxen.
Is aber doch nich geblieben. Is gar
nicht dagewesen. Ja, de See, de ver
dammte See Ich bitte, daß
Sie das man entschuldigen, was mir da
! herausgeplatzt is. Ich fluche ja nich,
j Elise von Nohr dankte hastig und
verabschiedete den Fischer so schnell,
daß er in der Bestürzung sogar die be
absichtigten Glückwünsche völlig verges
sen hatte.
„Dat is doch rein ton Dullwar'n,"
brummte er kopfschüttelnd, „Ja ja, de
verdammte See!"
Zwei Lichter!
Elise lehnte sich müde gegen einen
Schrank und strengte ihr zermarter
tes Gehirn zu logischem Nachdenken
an.
! Zwei Lichter. Wirklich zwei? Oder
! war es Sinnestäuschung gewesen, wie
Hinrich Pries es angnommen hatte und
noch glaubte? Still gelegen hatte das
Boot, daß es ausgesehen, als ob der
einsame Ruderer Jemanden erwartet
hätte. Nur ausgesehen? Oder traf die
un.wußte Reflexion das Richtigte?
Hai'e der Verrathene thatsächlich ge
wartet, um dem Frevler an seiner
Ehre, den er muthmaßte, den er viel
leicht kannte, den Weg des Verrathes
abzuschneiden? Und halte dann ein
unheimlicher Zweikampf dort draußen
stattgefunden in dem heulenden Sturm,
zen Nacht und des sturmgepeitschten
Sees und mit ihm der doppelt Unglück
liche?. ... Armer Vater!
Elise faßte sich.
„Ich danke. Das kann mir nichl
gelten. Ich bin auch nicht zuge
! gen."
> Elise eilte den Parkweg hinab an
den See,trat ins Boot und ruderte hin
aus.
! Die Sonne fiel grell und blendend
auf das Wasser. Die Ruder blitzten bei
jedem Ausholen. Die aufsprühenden
Tropfen funkelten im heißen Sonnen- !
licht. Eine Wildente erhob sich Ilat-
schend, um ein paar Schußweiten ent
fernt wieder inS Wasser zu fallen.
Der blonde Scheitel des Mädchens
leuchtete golden, ihre helle Gewandung
hob sich schwanenweiß vom Boot und
der glitzernden Wasserfläche ab.
Eine Stunde ruderte sie im Son
nenbrande. Ermüdet von der Anstren
gung, matt von der Gluth, landete
sie im Schatten mächtiger, tieszweigen
der Buchen. Sie warf die Kette um
den Stamm einer verkrüppelten, niedri
gen Erle, strich sich mechanisch über die
erhitzte Stirn und kniete in dem Boote
nieder, die Arme auf die Bank stützend
und den Kopf in die Hände vergra
bend.
Armer Vater!
Alle ihre Gedanken konzentrirten sich
auf ihn.... Und dann hatte sie Alles
ringsum, und was ihr Herz in fiebern
dem Schmerze schlagen ließ, vergessen,
den Vater, die Mutter, den Verräther,
den Festtag, den Sonnenbrand über
den Wipfeln und über dem gleißenden
Wasser, den Weg, der in der Nähe an
den See streifte und von dem aus ihr
Boot beobachtet werden konnte, und sich
selbst Wie ein Kind hatte sie
sich in den Schlaf geweint, der dießrust
sich ruhig dehnen ließ und den blassen
Wangen neue Färbung lieh.
Plötzlich schreckte sie auf und erhob
sich jäh. Jeder Blutstropfen wich aus
ihrem Gesichte. Auf ihrem Nacken
brannte ein Kuß, vor ihr stand ein
Fremder, jung, städtisch gekleidet, ein
Monocle im Auge, ein breites, vertrau
tes Lächeln um den offenen Mund.
Die Scham entpreßte ihr einen hei
seren Schrei, das ahnende Erkennen
des Sohnes des verhaßten Berräthers
ließ sie blitzschnell nach einem der Ru
der greifen, ein Schlag, und der Ein
dringling stürzte über den Bootsrand
in die aufspritzende Fluth. Wie gejagt
sprang das Mädchen ans Land und
flog dem Herrenhause zu, hilferufend,
bis ihr die Stimme und die Füße den
Dienst versagten und sie bewußtlos vor
den tieferregt hinzueilenden Gutsleuten
zusammenbrach.
Die Stelle, an der Friedrich von
Tuxen ein tragisches Geschick ereilte,
ist tief. Er war kein Schwimmer
und theilte das Grab mit dem Guts
herrn von Padöhl. Die Retter kamen
zu spät.
In Folge des Processes gegen Elise
von Nohr ist bekannt geworden, was
jahrelang verschwiegen herumgetragen
worden war. Wie ich es gehört und wie
ich den letzten Akt selbst gesehen habe,
Sein letztes Opfer hat der See nicht
behalten. Es ruht im Erbbegräbniß
auf Tiefenau.
Elise von Nohr aber steht im Schutze
der Göttin des Rechts.
Wer wirft den ersten Stein auf sie?
Wie ich de» Stieryörnern
entkam.
Der geneigte Leser kennt vielleicht
mein Abenteuer mit dem Elephanten,
der so fürchterliche Zahnschmerzen
hatte, daß er sich auf die Schienen der
Zuge überfahren zu lassen. Ich zog
aus dem ich mir nachher eine meterhohe
Elfenbeinstatue der Diana schnitzen
ließ. Aber dies 'Elephantenabenleucr
war noch nichts im Vergleich zu dem
Stier-Abenteuer, das ich in den spani
schen Pyrenäen bestand.
Es war Winter und ein grimmig
kalter dazu. Schnee war nur wenig
gefallen. Die meisten Berge waren
frei davon. In unser kleines Ge
birgsdors kam da eines schönen Tages
wilder Toro, der schon ein paar arme
Bergbewohner, die ihm zu Gesicht ge
kommen waren, aufgespießt hatte, lasje
sich in der Nähe sehen. Sofort er
wachte meine Jagdlust. Mein Beglei
ter, ein junger schottischer Lord, de.- in
nach meinem Geschmack, so war ich ei
nes Unfalls fast sicher, als eine alte,
zahnlose Spanierin uns dicht vor dem
Schotte, der allen Aberglauben belä
chelte, setzte mir mit seinen satirischen
Worten so zu, daß ich allem Weid
mannsbrauch zum Trotz den Jagdzug
nicht aufgab.
Wir stiegen mit vieler Mühe die
schmalen bis knr cm
her, um sich zu tränken, und wir be
schlossen, ihn hier zu erwarten. Wir
machten es uns so bequem wie mög
lich, zündeten hinter einem Felftnvor-
fprunge ein kleines Feuer an und be
reiteten uns unser Frühstück. Wäh
rend der Schotte alsdann noch einmal
Jch hatte gerade eine Felshöhe Pas
sirt und meine Schnupftabaksdose
ich bin bekanntlich ein leidenschaftlicher
Schnupfer und gehe nie ohne eine starke
Dose voll Nießkraut aus zur Hand
genommen, als ein lauter Schrei >nei»
peitschte zornig mit dem starken
Schweif seine Flanken. Ich lasse die
Schnupftabaksdose fallen, so daß der
braune Inhalt auf den felsigen Aodea
Gefehlt! Nur in die breite Wampe
eine schnell tödtende Kugel dem grau
sen Schicksal, aufgespießt und aufge
schlitzt zu werden von den furchtbaren
gezogen.
Wie ich zu Boden geschleudert war,
so war ich liegen geblieben stell'
dich todt, dachte ich blitzschnell, vielleicht
Aber die Dose, der Schnupftabak!
Kaum zehn Centimeter von meiner
Nase entfernt lag ein Häuflein dieses
Nasenlabsals und just in dem Mo
ment, als der Stier, der mich mit sei
nen blutunterlaufenen grimmigen Au
gen einen Augenblick betrachtet hatte,
mit einem brummigen Schrei den Kopf
noch tiefer zu mir herabneigte, ver
spürte ich jenes Kribbeln in der Nase,
das einem kräftigen Hatzii voraufzu
gehen pflegt.
Meine Herren in diesem Augen
blicke stockte mein Blut in den Adern.
Ich wußte nun, der nächste Augenblick
mußte mir den sicheren Tod bringen.
Die heiße Schnauze des gereizten
Thieres streifte mein Gesicht da
Hatzii! Hatziiii! Hatziiiiii!
Der mächtige Kopf des wilden Stie
res schnellte zurück, so sehr schien ihir
dieser menschliche Naturlaut erschreckt
zu haben, aber das Gebrüll, das er
gleich darauf ausstieß und das in der
Schlucht furchtbar dröhnend wieder
hallte, zeigte zugleich, daß seine Wuth
nur noch durch den kleinen Zwischenfall
vermehrt war. Jetzt senkte er den
Kopf und seine Hörner streiften wie
zwei stählerne Kolben meinen Kopf.
Ich schloß die Augen und erwartete
den Todesstoß. Da, was war das?
Ein fürchterliches Niesen scholl an mein
Ohr, noch einmal, noch einmal und
wieder einmal es klang, als ob eine
ganze Compagnie Grenadiere aufCom
mando a tempo zusammen meßte. Ich
öffnete die Augen und sofort wurde
mir die Situation klar. Der ausge
streute Schnupftabak hatte seinen Reiz
nicht nur auf mein Riechorgan, son
dern auch auf das des Stieres geltend
gemacht schnobernd hatte sich der
Stier eine große Quantität Schnupf
tabak in die Nase gezogen und das ge
waltige Thier nießte nun herzbrecheno.
Der ungewohnte und scharfe Nafenreiz
äußerte sich beim Stiere genau wie
beim Menschen. Er kniff die Augen
zusammen und ein Schwanken seines
mächtigen Körpers verrieth, daß der
Reiz es für einige Augenblicke seiner
gefährlichen Instinkte völlig beraubt
hatte.
Diese? Augenblick, meine Herren,
war meine Rettung. Jedesmal, menn
der Stier niesend seine Augen auf Se
kunden schloß, zog ich die im Bereich
meines Armes liegende Büchse, deren
nicht abgeschossener Lauf mit einer Mc
tallkugel geladen war, näher zu mir
heran. Und in dem Moment, als das
Thier vor einem neuen Nieß-Ausbruch
blinzelnd den Kopf ein wenig zur Seite
wandte, schob ich den Laus hart an sei
nen Kopf heran und drückte ab.
I Wie ein Mehlsack, so lautlos sank
das Unthier zusammen, zum Glück
nach der von mir abgewendeten Seite
ich war auf das Wunderbarste ge
rettet worden.
Ich sprang auf die Füße und jubelte
meinen ob des Vorganges ganz ver
blüfften Schotten zu. Aus Dankbar
! keit aber habe ich mir aus den Hörnern
des Stieres lauter Tabaksdosen drehen
lassen nie gehe ich ohne eine dersel
ben aus die Jagd. Man muß eben
dankbar sein, meine Herren!
Umschrieben. „Wenn nur
mein« Frau, als sie ledig war, Klavier
gespielt hätte!" „Sei doch froh, daß
sie es nicht kann!" „Ja, weiht Du,
dann hätt' ich si« «ben nicht geheira
thet!"
Fachmännisch« Bezeich
nung. „Wer war denn der Herr,
j dem Du soeben eine Unterstützung ge
! geben?" „Ein vagirender Correc
! Tor!" „So, so, also gewissermaßen
ein armer Druckfehler - Teufel!"
! Gefährliches Mittel.
! A: „Ist denn das Haarfärben wirtlich
so gefährlich, wie die Aerzte imfl'er sa
gen?" B: „Gewiß! Darauf kannst
Du Dich verlassen! Erst kürzlich hat es
ein Onkel von mir versucht, und in
drei Wochen war er mit einer Wittwe
mit vier Kindern verheirathet!"
! Ungerechtfertigt. Chef
(der seinen Clerk über den Büchern ein
geschlafen gefunden hat): „Ich will
Ihnen etwas sagen, Meyer, am näch
sten „Ersten" können Sie gehen!"
Clerk (mürrisch): „Na, deshalb brauch
ten Sie mich doch nicht jetzt schon aus
! Zuwecken!"