Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, July 13, 1894, Page 2, Image 2

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    2 Augiisttn'S Liebhaber.
° Der Tag, an welchem Frau Holder
lborn auf vier Wochen in's Bad verrei
sen sollte, war herangenaht. Die
Koffer stehen bereits im Hausflur; der
Kutscher sährt eben vor, um die Abrei
sende an den Bahnhos zu bringen; diese
selbst nimmt Abschied von ihrem Gat
ten, der ein betrübtes Gesicht heuchelt,
denn in seinem Innern herrscht h«ll«r
Jubel, die Alte 'mal aus einen Monat
loszuwerden und den fidelen Stroh
wittwer spielen zu dürfen. Di«fe aber,
die ihm nur halb traut, hat ihr Dienst
mädchen beauftragt, während ihrer
Abwesenheit Tag für Tag aufzunoti
eren. um welche Abendstunde Herr Hol
derborn vom Wirthshaus zurückkehrt,
wovon dieser jedoch Wind bekommen
hat. Wenn Auguste, so hieß das Mäd
chen. noch einen Liebhaber gehabt hätte,
dann wäre ja nicht zu befürchten gewe
sen, daß sie wirklich die betreffenden
Notizen machte, dann hätte sie ganz
sicher die Abwesenheit der Frau benutzt
um die Abendspaziergänge mit ihrem
herzallerliebsten Schatz bis zur Mitter
nachtsstunde auszudehnen, wo dann das
Controliren der Heimkehr ihres Herrn
zur Unmöglichkeit geworden wäre.
Aber das dumme Ding hat ja leinen
Anhang, dachte Herr Holderborn und
zerbrach sich den Kopf darüber, wie es
wohl anzustellen sei, damit sie einen be
käme. Und es gelang ihm wirklich, ihr
einen solchen zu verschaffen.
Denn am gleichen Tage, an dem ihre
Herrin in's Bad gereist war, paßte ein
Mann des Abends ihr auf Xind als sie
auf die Straße trat, um im Kaufladen
einige Cigarren für Herrn Holderborn
zu holen, redete er sie an, begleitete sie
bis zu dem Laden, von da wieder bis
an's Haus zurück, fortwährend dabei
„Süßholz raspelnd". Einige Tage
später ging sie des Abends mit ihrem
neuen Liebhaber fort und kehrte erst
lange nach Mitternacht wieder in die
Behausung Holderborn's zurück. Die
ser freute sich ob der ihm gelungenen
List, dem Mädchen einen Schatz ver
schafft zu haben, ganz riesig und wäh
rend der vier Wochen, wo seine Gattin
abwesend war, kehrte er mehr als ein
mal Nachts um Zwölfe mit einem colos
salen Rausch behaftet nach seiner Woh
nung zurück, denn Auguste konnte ja
nicht mehr controliren und mußte froh
sein, daß er über ihr nächtliches Schwä
rmen ein Auge zudrückte.
Als die holde Gattin endlich zurück
gekehrt, war es ihr erstes, sich von Au
guste die Controlliste vorlegen zu lassen
und sie nickte zufrieden mit dem Kopfe,
als sie daraus ersah, daß ihr Gatte im
mer so schön um die neunte Abendstunde
wieder aus der Kneipe in sein Heim zu
rückgekommen war.
Sobald aber Frau Holderborn wie
der daheim hauste, verschwand auch der
Liebhaber Augusten's zu deren größtem
derborn sah ihn noch einmal an dem
Tage, wo er ihm den Lohn für sein
vierwöchentliches Poufsiren auszahlte:
„Dienstmann," sagte er zu ihm, „Sie
haben meinen Auftrag zu meiner größ
anderes Mädchen haben werden, sollen
Sie während der Abwesenheit meiner
Gattin wieder auf die gleiche Weise be
schäftigt werden, vorausgesetzt, daß
TaS Alter der Speisekarte.
Aus einem im Jahre 1489 zu Re
kuchenmeister alle esen und trachten in
der Ordnung ufgezeichnet und kunnt
sich demnach der Herr Herzog mit sinem
uf die besten trachten sparen." Die
Speisekarte ist also eine Einrichtung,
deren 4Wjähriges Jubiläum vor vier
Jahren sang- und klanglos cm der
Nachwelt vorübergegangen ist.
Beruhigend. Vater: Wenn
meine Tochter es denn durchaus will,
so tann ich Ihnen meine Einwilligung
nicht länger vorenthalten. Aber dazu
müssen Sie sich verstehen, denn es ist
doch ein eigenthümliches Gefühl, wenn
man fein einziges Kind, für das man
so treu 18 Jahre lang gesorgt hat,von
sich geben soll. Bewerber: O, was
diesen Punkt anbelangt, so soll es Ih
nen gerne unbenommen bleiben, dies
auch in Zukunft thun zu dürfen!
Ausgegeben. Herr H. (der
gern ein Geschenk machen will, fragt):
Nun, lieber Johann, wann ist der
Geburtstag Ihrer Schwester? Jo
hann: Ach, meine Schwester hat es
schon seit sehr langer Zeit aufgegeben,
noch Geburtstage zu haben?
Fra»enl«gik. Mann:
»Aber, liebes Weibchen, wo denkst Du
hin das ist schon das sechste Kleid
in vier Wochen!" Frau: „Aber das
habe, desto mehr schone ich jedes!"
Beruhigend. Kokette:
„Wenn ich in Ihren Jshren ivöre,
Herr Major, würde ich doch etwas >»r
-— Major: „Ja, danken Sie Gott, daß
sind!" <
Gutes Beispiel. Vater
(einen kräftigen Schluck aus dem Ma
ßkru- nehmend, zum kleinen Kinde,
welches die Milch nicht trinken will):
Trink Sepperl, trink,, schau, Dei Va
ttl Malt ia auck! .v. . .
Modern.
„Eins zwei drei!"
Geschmeidig wie eine Katze stieg
Georg Barton mit diesen Worten über
das niedere Fensterbrett, setzte die Ze-
Teppich murmelte selbstgefällig:
„Da bin ich wirklich! Nirgends ein
Laut, Wes ist still wie «in Grab, der
hold!" "
Di« geübten Finger des nächtlichen
Eindringlings fügten geräuschlos den
Rahmen des Fensters wieder zusam
men; dann zog er vorsichtig seine La
terne aus der Tasche, schob den Deckel
zur Seite und ließ den Lichtstrahl über
die Wände des Gemaches streifen, das
fche Gobelins, wenn ich nicht irre!"
Doch sein ptaktifch«r Sinn führte ihn
schnell wieder zu dem eigentlichen Zweck
schon hatte er sein Augenmerk auf die
»Villa Janina" im Prinzenpart, einem
der fafhionablsten und reichsten Viertel
sehen; sie vereinigte auf das Glück
lichste alle Bedingungen, die er gemei
niglich für seine industriellen Opera
tionen verlangte: eine abgelegene
Billa ohne Nachbarn, ohne Ketten
hunde, ja selbst ohne den störenden
Schutz festgeschlossener Läden. Das
hohe Erdgeschoß schien den Fenstern
einen g«niig«nden Schutz zu gewähren
und hatte es auch bisher gethan; die
üppigen Rosen, die es zierten, hatten
Herrn Barton's Finger wohl zerstochen,
aber sie hatten ihm gefällig ihren kräf
tigen Stamm geboten, daß er sich leicht
schwingen konnte.
Auch die Bewohner der Villa ent
sprachen genau Herrn Barton's Bedin-
Dame, deren ganze Dienerschaft aus
einer ältlichen Kammerjungfer bestand,
kein störender Gemahl, nicht einmal ein
Damen selbst ohne Anhalt in der gro
ßen Stadt, allem Anschein nach Ameri
kanerinnen! Ein wahres Kinderspiel,
lohnte!
unzugänglich, ihre Zofe aber war um
so leichter zu gewinnen. Nach drei
Tagen zählte Barton zu ihren Freun
den. nach vierzehn Tagen war er ihr
erklärter Bräutigam.
Miß Julia, der Gegenstand seiner
Verehrung, war freilich nichts weniger
struppigen, blonden Mähne, aber das
schadete nichts, denn vom „Versprechen"
bis zum Heirathen war immer noch ein
die kleinen Aufmerksamkeiten eines
Bräutigams und that sein Möglichstes,
um mit jedem Geschenke etwas tiefer in
der jungen Dame und wußte, daß die
selbe, Miß Eva Loring, einer angesehe
nen Familie aus Boston entstammte,
lität.
senschast auf diese geringen Einzelhei
ten. Miß Julia hatte für alle übrigen
Erläuterungen, die er ihr abzulocken
Aber Miß Julia behielt die Ober
hand, und endlich mußte Herr Barton
doch seinen neuen Fortschritt mit einem
Ring erkaufen, den er galant der alten
Kuß die Nachricht erhielt, daß Miß
nungen bis auf die achtbarsten Bank
geschäfte, so daß sie ihr Vermögen allein
verwaltete und dasselbe in Gestalt von
rin im wahren Sinne des Wortes sei!
Welch' eine Enthüllung! Herr Bar
ton gestand sich selbst befriedigt ein,
und schwankte einen Augenblick, ob er
noch bis zur Hochzeit schreiten solle.
Aber wozu? Er wußte genug, er
durfte es auf dem Versprechen beruhen
lassen, doch setzte er, um sich jeden Ge
danken an einen Aufschub abzuschnei
den, den dritten Tag als denjenigen
fest, an dem er seine liebliche Braut an
den Altar führen wollte. Dann, nach
einem letzten Kuß von der Geliebten,
begab er sich augenblicklich an die Vor
bereitungen zu der Expedition, die ei
jetzt ausführte!
Außerhalb des Salons, den er leise
durchschritten, fand Herr Barton die
Treppe, die er flüchtigen Fußes hinaus
eilte, immer zwei Stufen zugleich über
lag in tiefster Ruhe.
„Julia hat gesagt, den Gang linier
Hand, dann gerade aus bis an die erste
mer führt! Gut, das stimmt, nun noch
einen Blick aus die Utensilien; hier ist
der Revolver, das Chloroform, um den
Leib habe ich den Sack für das Gold
und die Diamanten; ja, das stimmt.
Herr Barton hob seine Laterne bis
an das Schlüsselloch «nd spähte aber
mals, ob Alles ruhig dann faßte
„Welch ein Glück!" dachte er bei sich,
Alles schwarz und still wie ein Grab!
Barton steht still und horcht auf die
Athemzüge in der Richtung des Bettes.
Nichts! „Ein sanfter Schlaf wie der
sich führt? Bah, Herr Barton ist ein
der weiche Teppich auf Zern Fußboden
dämpft den leisesten Laut seiner
Schritte. Seine Hand berührt den
Knopf der Schublade, er zieht sie behut
sam auf und läßt das Licht seiner Un
fällen.
Da erhellt ein scharfer Lichtstreifen
plötzlich das Gemach, und eine sanfte,
„Ah, Sie sind es, ich hatte es wohl
gedacht."
Mit einer Geberde des Entsetzens
wendet Herr Barton sich zur Flucht,
aber die Stimme fährt fort:
„Halt oder Sie sind des Todes, ich
verfehle nie mein Ziel!"
Beim hellen Schein des Lichtes, das
seine Augen blendet, erkennt Herr Bar
ton, indem er zu der Sprechenden auf
blickt, den Lauf eines Revolvers in der
Hand einer jungen Dame, so schön und
anziehend, wie er noch nie eine gesehen!
Aufrecht sitzt sie da, umhüllt von den
weichen Federn und Spitzen ihres Bet
tes, ein wahres Götterbild!
„Das Licht, welches Ihre Augen
blendet, ist eine kapitale Erfindung un
serer Zeit, mein Herr! Sehen Sie, ich
brauche diesen Knopf nur einmal zu
drehen, so umgibt mich Tageshelle;
drehe ich noch einmal, so wird es wieder
Zwei Sekunden genügten zum Be
weise dieses doppelten Experimentes.
Herr Barton steht wie festgewurzelt auf
demselben Punkte; zum ersten Mal in
seinem Leben sieht er sich gefangen!
Was soll er beginnen? Zumal in dieser
Verderben drohenden Nähe des Revol
vers? Was soll er der Dame erwi
dern, deren üppiges Goldhaar sich wie
ein keuscher Mantel um ihre Schultern
legt, deren große, seste Augen sich nicht
einen Augenblick von ihm wenden, um
deren Mund ein spöttisches Lächeln
schwebt, während ihre seingebogeneNase
und ihr scharfes Kinn eine so eiserne
„Ich bin Miß Eva Loring aus Bo
ston," hebt die Stimme wieder an, „und
Sie sind Herr Barton, Herr Georg
Barton aus Philadelphia, „mein
arme Mädchen! Sie ist ein vorzügli
ches Medium, das nichts Geheimes vor
mir haben kann, ich schläfere sie ganz
nach Belieben ein. Und Sie, Herr
Barton, glauben Sie an Hypnotismus?
Ob ich Sie wohl auch einschläfern
könnte?"
Herr Barton verstand kaum den Sinn
dieser Worte, die so weich und verfüh
rerisch in seinen Ohren erklangen; er
fühlte plötzlich eine fremde Kraft, welche
die Stärke seiner Muskeln, die Freiheit
seines Denkens zu brechen schien.
„Ich will mich gleich davon überzeu
gen," fuhr die jung« Dame fort und be
schrieb mit ihrer linken Hand leichte
Kreise in der Lust, während die Rechte
unverändert den Lauf des Revolvers
aus das Haupt des Diebes gerichtet
Kielt, und ihr Auge unverwandt das sei
nige fixirte mit einem Blicke, der Herrn
Barton bis in's Innerste der Seele
drang, wie um ihm etwas zu entwen
den, das ihm gegen seinen Willen ent
floh. sein Ich, seinen freien Willen, er
wußte selbst nicht, was!
Die weiße Hand senkte sich langsam
herab, und ihre Besitzerin sprach:
„Es geht ganz gut, wie fühlen Sie
sich, Herr Barton?"
~Hm, ganz sonderbar!"
Die Antwort entschlüpfte ihm unbe
wußt; seine Stimme klang hohl, fern,
wie die «ines Schläfers oder eines vom
Opium Betäubten.
„So fühlt man sich immer beim er
sten Versuch." erwiderte Miß Eva ge
lassen. lagen Sie mir ohne falsch?
den Geschickteren in Ihrem Berufe?"
„B'i jetzt hielt ich mich allerdings.../
antwortete Herr Barton mit Anstren
gung, indem er die Hand ungeduldig
an die Stirne führte, wobei ihm seine
Diebslaterne entfiel und auf den Boden
rollte. Miß Eva, deren scharfen Blicke
nicht einen Augenblick sein Auge ver
lassen, fährt fort:
„Sie werden ein sehr gutes Medium
abgeben, Sie sind vortrefflich dazu an-
Barton mit einem Seufzer, unbeweglich
Miß Eva lächelt, Herr Barton eben
falls, obwohl ohne sichtliches Wohlbe
cher über sein klägliches Gesicht. Auch
Herr Barton lacht mit einem abscheuli
chen Grinsen, und Miß Eva spricht mit
Heiterkeit:
Sie neigte den goldig umwogten Kops
auf den iveichen Batist ihres Kissens,
während ihre rechte Hand den drohen
den Revolver behutsam aus die purpur
gessen hätte.
Dieser jedoch folgte jeder ihrer Bewe
gungen mit der gespanntesten Aufmerk
indeni sie sagte:
„Mein Revolver? Sie sind nicht im
Stande, sich desselben zu bedienen/
es in das Kamin und fuhr fort:
„Auch Ihr Chlorofox>n würde Ihnen
nichts nicht wahr, Sie haben
fragte:
er abermals ein unbestimmtes Verlan
gen, seine Willenskrast wieder zu erlan
gen: aber Miß Eva sprach freundlich:
„Es ist ganz unnütz, sich gegen mei
nen Willen aufzulehnen, Herr Barton:
liches Medium! Gehorsam wie ein
Sklave nahm er das verlangte Köffer
chen in seine Hände und stellte es aus
den Tisch am Kopfende des Bettes, ganz
in der Nähe Miß Eva's, deren zarte
Formen sich unter der leichten Decke mit
Als ob sie sich selbst von der Juris
diktion dieser Nähe Rechenschaft gäbe,
hüllte Miß Eva sich keusch in die dich
ten Rauchwolken ihrer Cigarette und
sprach, wie um sich zu entschuldigen:
50..."
Der Deckel sprang empor! Beim
Scheine der Edison'schen Lampe er
der Pracht!
„Ich muß Ihnen doch meine Steine
zeigen, Sie haben es wohl verdient,"
sprach die kleine Fee, „sie sind ihre hun
derttausend Pfund Sterling werth, aus
mein Wort. Und dort, in der anderen
Schublade, die Si« vorhin geöffnet, lie
gen zehntausend Pfund in baarem
Gelde; finden Sie nicht auch, daß sie
bei mir sicherer aufbewahrt sind als in
einer Bant? Sie verlieren durch meine
Schuld wirklich ein gutes Geschäft, und
doch habe ich gar nichts Besonderes ge
than, ich habe einfach die letzten Fort
schritte der Wissenschaft auf Sie ange
wendet."
Die hübsche weiße Hand zündete eine
zweite Cigarette an und strich die goldi
gen Locken au 6 der Stirn zurück.
„Wie alt sind Sie, Herr Barton?
Sechsunddreißig Jahre? Und ich?
Ich bin nur zwanzig Jahre alt.
Schon als kleines Mädchen erkannt« ich
meine Gewalt über gewisse Menschen,
und ich habe sie nach Kräften vervoll
kommnet. Bater- und mutterlos, ganz
allein in der Welt, habe ich die Verwal
tung meines Vermögens mit neunz«hn
Jahren iib«rnommen. Ich lebe mit
Julia, die mir als Medium dient. Die
ser letzte Umstand scheint Ihnen nicht
ganz zu gefallen, ich kanri es leider nicht
ändern. Was foll ich nun mit Ihnen
machen? Ah, ich weiß."
Der zarte Finger berührte leise einen
Elfenbtmlnopf: Herr Barton steht ver
dummt, unbeweglich und Miß Eva
fährt fort:
„Ich rufe Ihre Braut, das thu: ich
oftmals in der ivenn ich meine
Kräfte üben will. Da ist sie schon,
sehen Sie."
Miß Julia erscheint auf der Schwelle
im einfachsten Nachtkostüm, fast ebenso
fürchterlich wie Miß Eva's Revolver
für die erschrockenen Augen ihres Bräu-
Auf eine einzige Bewegung Miß
Eva's bleibt ihr Geschöpf wie angewur
zelt stehen.
ist ein vorzügliches Medium,
Herr Barton in Geschäftsangelegenhei
ten: Du hattest seinen Beruf errathen,
aber Du warst im Irrthum zu glau
ben, daß er seinen Raub mit Dir thei-
Ernst. Miß Julia rieb sich die Augen,
ohne zu erwachen.
„Das ist nun die neunte Heirath,
welche auf diese Weise aufgelöst wird,
arme Julia!"
Miß Eva lächelte mit undeutlichem
Liebreiz; Herrn Barton's Lächeln ver
masse, Miß Julia's Ausdruck war
„Nein, Julia, Du wirst das Gesicht
es ist zu hübsch, besonders wenn er
lacht!" sprach Miß Eva und lehnte sich
behaglich in den weichen Flaum ihres
Genießens begann sie mit ausgesuchter
Höflichkeit:
„Sie würden mich sehr verbinden,
Herr Barton, wenn Sie dieses Köffer
chen wieder an seinen Platz stellen woll
ten."
Der Dieb gehorchte mit einer Gefäl
ligkeit, welche für dergleichen Geschäfte
sonst nicht zu sr'.nen Gewohnheiten ge
hörte.
"Jetzt," sprach das junge Mädchen,
„sehen Sie mich ordentlich an, Herr
Er that es. Miß Eva maß ihn mit
verächtlichen Blicken und fuhr fort:
„Dein. Bräutigam ist wirklich nicht
übel, Julia, aber dort, dieser blaue
Fleck im Augenwinkel ein kaum zu
erkennendes Stahlstäubchen möchte ich
es nennen beweist, daß er ein er
staunlich fügsames Medium ist. Sie
müssen Ihren kleinen Mißerfolg von
heute Nacht einfach Ihren Augen zu
schreiben, Herr Barton: unter allen
denen, welche die schönen Augen meiner
Julia mir zugeführt haben, find Sie
unbedingt das beste Subjekt. Glau
ben Sie mir, wenn man Ihre Karriere
verfolgen will, muß man unbedingt mit
den neuesten Fortschritten der Wissen
schaften Schritt halten. Indem Sie
diesen Punkt vernachlässigten, haben
Sie einen Fehler begangen, der hun
dertmal größer ist als alle Ihre Verge
hen. Sie sind ein lebendes Beispiel
von der Nachlässigkeit eines Diebes.
Ich hätte beinahe Lust, Sie in Ihrem
jetzigen Zustande zu lassen und Sie als
Belea einer Vorlesung zu verwerthen,
die ich vorbereite. Aber ich habe anders
Pflichten, welche mich für den Augen
blick davon abhalten. Nehmen Sie eine
Feder, dort auf dem Schreibtisch finden
Sie auch Papier und schreiben Sie mit
großen, leserlichen Buchstaben:
„Ich bin Georg Barton, meines Ge
werbes «in Dieb; weitere Auskunft zu
erfragen in der Billa Janina, im Prin
zenpark."
Barton schrieb ohne Widerstand mit
großer, leserlicher Hand; sobald er fer
tig war, befahl Miß Eva:
„Julia, geh und hole eine Nähnadel
und starkenFaden aus Deinem Arbeits
tischchen und nähe dieses Papier auf die
Jacke des Herrn Barton."
Miß Julia schickte sich mit kläglicher
weniger als einer Minute war die ori
ginelle Visitenkarte aus dem Rücken des
Geliebten befestigt.
„Gut," sprach Miß Eva, „unter der
Jacke wirst Du statt des Gürtels einen
Arm Ihrer Braut zu stützen: so ist's
recht!"
schicklichkeit alle Befehle seiner Gebiete
rin ausführte, schlüpfte mit Hilf« seiner
Braut in den Sack, den er zu seinem ei
genen Nutzen mitgebracht: er hatte
längst auf jeden Widerstand verzichtet.
„Jetzt, Julia, geh und hole das große
Knäuel Bindfaden aus der Küche."
Schweigend gehorchte Julia, obwohl
sie ihren Geliebten mit ganz anderen
Banden zu' umschlingen gebosft hatte.
Aber auch ihre Kraft war seit langem
gebrochen, wie hätte sie sich gegen den
Befehl ihrer Herrin auflehnen sollen?
tern des theuren Mannes und warf
ihn schließlich wie ein Paket auf den
Boden, um ihr Wert tadellos bis zu
Ende zu führen.
Miß Julia besaß eine fast außerge
wöhnliche Stärke, und doch gelang es
ihr nicht ohne erhebliche Mühe, Herrn
Barton wieder auf die Füße zu bringen
und ihn aufrecht gegen die Wand zu
stelle».
„Wachen sie auf, Herr Barton,"
sprach jetzt Eva voll Autorität mit
gänzlich veränderter Stimme, „behalten
hier erlebt haben. Ich will es!"
Der Dieb empfano augenblicklich das
Vollbewußtsein seiner verzweifelten
Lage. Miß Eva nahm ihren scherzen
den Ton wilder auf und fuys fort:
chen: Sie sind hierher getomme», um
eine Frau zu bestehlen, die Sie ohne
Schutz glaubten; Chloroform, der Re
volver, alles war Ihnen gut, um sich
von mir zu befreien. Nun hören Sie:
Meine treue Julia wird Sie mit Ihrem
«igeyen Chloroform einschläfern und
Sie hier aus dem Fenster werfen.
Zwölf Fuß tH, auf ein Rosenbeet, über
dessen zerbrochene Stämme ich Ihnen
neu Polizeidiener herbeirufen... Ich
bin willens, die höchste Straf« für Sie
zu fordern, denn auf. diese Weise werde
ich für eine Weile vor Ihren Besuchen
gesichert sein und weiß, wo ich Sie fin
den kann, im Fall ich Si« zu einem
neuen Exp«riment. brauchen sollte."
Miß Eva schwieg. Den ganzen
Abend hindurch hatte ihre Stimme nicht
wandes, aus denen sich das zarte Roth
ihres rechten, halb entblößten Armes im
schönsten Ebenmaß der Formen abhob.
„Frisch, Julia," fuhr sie fort, „öffne
das Flacon, schütte seinen Inhalt auf
den Schwamm, so nun unter die
Jetzt öffne das Fenster!"
Julia gehorchte; ein tiefer Seufzer
entschlüpfte der Brust des unglücklichen
jungen Mannes, ein Zittern ging durch
„Laß ihn los!"
Das Paket fiel mit aller Schwere auf
das Rosinbeet unterhalb des Fensters,
„Nun schließe das Fenster, Julia!"
sprach Miß Eva und beschrieb mit ihrer
weißen Hand einige Kreise in der Luft:
„Wach« auf!"
Julia rieb sich die Augen, seufzte tief
auf und erwachte.
„Sie haben mich gerufen, MißEva?"
„Geh jetzt schlafen, «s ist spät, gute
Nacht, Julia."
Die Kammerjungfer verschwand, die
hübsche Miß Eva zerdrückte auf dem
silbernen Afchenbech«r ihre noch bren
nend« Cigarette, klopfte ihre Kopfkissen
zurecht, legte ihren kleinen Revolver un
ter «ins derselben, drückte auf den Knopf
an ihrer Wand und eine tiefe Nacht um
fing den ganzen Raum.
Einen Augenblick noch suchte sie nach
der bequemsten Lage Zwischen den wei
ßen Tüchern; dann legte sie ihr kluges
Köpfchen auf das weiche Kissen und
entschlummerte sanft mit dem süßen
Bewußtsein eines guten Gewissens!
Scatspielcrs Licbesklage.
Im Thore nur, bisher im Schritt,
O heißgeliebte Lolo,
Turniert im Minnesang ich mit,
Jetzt reizst Du mich auf Solo!
Die Götter fluchten meinem Sein,
Mein Glück sie untergruben,
Ich bete an nur Dich allein;
Doch Du liebst alle Buben.
Von Freud' und Lust bin ich ver
bannt,
Verfolgt von den Geschicken,
Schon längst spiel „Herz" ich aus der
Hand,
Und doch muß Kieb' mich drücken.
Zu zählen sind die Stiche nicht
Im Herzen mein, die großen,
Gewiß hab' ich, wenn's heißt: „Herz
sticht!"
Nur Trümpfe ohne Faussen.
Wie ist dies Dasein doch so schwer!
Nichts kann es mir versüßen,
Mein Herz, es liegt, ein „Null ouvert"
Unrettbar Dir zu Füßen.
Doch Du, für die dies Herz nur
schlägt.
Fährst fort, mich kalt zu hassen,
Mein tiefer Schmerz kein Spiel ver
trägt,
Ich muß geduldig passen.
Mach glücklich mich! Hör' mich ge
schwind.
Laß' klagen mich nicht weiter;
Denn sonst, ich fürcht', mein holdes
Kind,
Kommst sacht, Du über'n Schnei
der!
Der Sitz der Liebe. Mit
falsch, beweist der Mann der Wissen
schaft, die Leber ist es.> Wird das eine
gemein ergreifend, wenn uns eine
Jungfrau in Zukunft klagt: „Meine
Ruh' ist hin, mein' Leber schwer —"
all vun sülven rut!"
Seufzer. Junges Mädchen:
Man mag nun sagen, was man will,
Doktor Meyer ist ein hübscher Mann.
Alte Jungfer: Ach, alle Männir
sind schön!
Tic jüngste König!».
Eine frische, im Aufblühen begrif
fene Mädchenknospe ist die jugendliche
Königein Wilhelmina von Holland, die
am 31. August ihr IS. Lebensjahr
vollendet. Die Zügel der Regierung
ruhen freilich noch nicht in 'ihreir
schwachen Händen: bis zu ihrer Mün«
digkeitserklärung führt die Frarr
Mama als Vormünderin und Regen
tin das Regiment. Nachstehendes
Bild stellt die junge Königin in der
schmucken Tracht einer holländischen
Bäuerin dar. Königin
wird am holländischen Hofe in einem.
i' Königin Wilhelmen?.
Geiste erzogen, welcher dem Bürgerko--
nigthum durchaus entspricht und von
welchem sich wohl die Mehrzahl der-
Töchter naserümpfend wegwenden
würde. Zu früher Stunde muß sie
sich erheben, denn bereits um 81-2 Uhr
beginnt der Unterricht. Drei Stun
den werden diesem gewidmet, worauf
das Spielen in seine Rechte tritt. Am
liebsten tummelt sich die junge Königin '
mit ihren Hunden umher oder macht
eine Spazierfahrt mit ihren weißen
Ponies. Nach dem Luncheon heißt es
wieder zwei Stunden lang lernen. Um
Uhr nimmt sie mit der Frau
angemessenen Unterhaltung wird zir
früher Stunde das Bett aufgesucht.
So jun' die Königin ist, hat die Frau
Fama ihr bereits einen Bräutigam be
stimmt und zwar den um zwei Jahre
Helm von Preußen. Der Bater des
Letzteren, Kaiser Wilhelm der Zweite,
hat die jugendliche Königin durch Ber-
Vicrsiißigtr Adam Riese.
" In d«n Pariser Varietät, n-Theateri?
bildet gegenwärtig ein viersüßiger
Adam Riese eine Hauptattraktion. Eiir
Pferd ist es, das rechnen und Gedanken
errathen kann. Es beantwortet nicht
nur die Fragen seines Wärters, sondern
auch diejenigen irgend einer Person aus
dem Publikum. Es zählt, indem es
mit dem einen Vorderfuße scharrt, und
rechnet auf diese Weise einfache Exempel
vollständig richtig aus. Es addirt,
multiplicirt und fubtrahirt. Der Gaul
sieht nach verschiedenen Uhren und gibt
nach jeder die richtige Zeit an, kurz, er
macht Sachen, welche an das Fabelhafte
grenzen.
Aus der Schule.
'
„Die Kuh gehört zur Gattung der
Wiederkäuer. (Zum unaufmerksamen
kleinen Jacob): „Was habe ich eben
gesagt, Jacob?"
„Die Kuh gehört zur Gattung der
Wiederverkäufe»!"
Blieb in der Familie.
Frau Ameyer: Wie? Ihr Mann hat
letzte Woche an die fünfzig Dollars im
Poker verloren? Na, dem haben Sie's
aber gewiß ordentlich gesteckt? Frau
Bemever: Durchaus nicht. Ich hab'
sie ja gewonnen.
Bitter. Er: Sind Sie ganz
gewiß, Ida, daß es Ihnen unmöglich
ist, mich lieben zu lernen? Sie: Ich
bin fest davon überzeugt. Er (nach
seinem Hute greifend): Halb und halb
kabe ich es mir eigentlich gedacht. Sie
sind wohl auch zum Lernen schon et
was zu alt.
Frommer Wunsch. Witt
we A. (in der Bibel lesend): „Du
sollst Deinen Nächsten lieben wie Dich
selbst." (Seufzend): Ach, wenn ich
Den nur schon hätt'!