2 Augiisttn'S Liebhaber. ° Der Tag, an welchem Frau Holder lborn auf vier Wochen in's Bad verrei sen sollte, war herangenaht. Die Koffer stehen bereits im Hausflur; der Kutscher sährt eben vor, um die Abrei sende an den Bahnhos zu bringen; diese selbst nimmt Abschied von ihrem Gat ten, der ein betrübtes Gesicht heuchelt, denn in seinem Innern herrscht h«ll«r Jubel, die Alte 'mal aus einen Monat loszuwerden und den fidelen Stroh wittwer spielen zu dürfen. Di«fe aber, die ihm nur halb traut, hat ihr Dienst mädchen beauftragt, während ihrer Abwesenheit Tag für Tag aufzunoti eren. um welche Abendstunde Herr Hol derborn vom Wirthshaus zurückkehrt, wovon dieser jedoch Wind bekommen hat. Wenn Auguste, so hieß das Mäd chen. noch einen Liebhaber gehabt hätte, dann wäre ja nicht zu befürchten gewe sen, daß sie wirklich die betreffenden Notizen machte, dann hätte sie ganz sicher die Abwesenheit der Frau benutzt um die Abendspaziergänge mit ihrem herzallerliebsten Schatz bis zur Mitter nachtsstunde auszudehnen, wo dann das Controliren der Heimkehr ihres Herrn zur Unmöglichkeit geworden wäre. Aber das dumme Ding hat ja leinen Anhang, dachte Herr Holderborn und zerbrach sich den Kopf darüber, wie es wohl anzustellen sei, damit sie einen be käme. Und es gelang ihm wirklich, ihr einen solchen zu verschaffen. Denn am gleichen Tage, an dem ihre Herrin in's Bad gereist war, paßte ein Mann des Abends ihr auf Xind als sie auf die Straße trat, um im Kaufladen einige Cigarren für Herrn Holderborn zu holen, redete er sie an, begleitete sie bis zu dem Laden, von da wieder bis an's Haus zurück, fortwährend dabei „Süßholz raspelnd". Einige Tage später ging sie des Abends mit ihrem neuen Liebhaber fort und kehrte erst lange nach Mitternacht wieder in die Behausung Holderborn's zurück. Die ser freute sich ob der ihm gelungenen List, dem Mädchen einen Schatz ver schafft zu haben, ganz riesig und wäh rend der vier Wochen, wo seine Gattin abwesend war, kehrte er mehr als ein mal Nachts um Zwölfe mit einem colos salen Rausch behaftet nach seiner Woh nung zurück, denn Auguste konnte ja nicht mehr controliren und mußte froh sein, daß er über ihr nächtliches Schwä rmen ein Auge zudrückte. Als die holde Gattin endlich zurück gekehrt, war es ihr erstes, sich von Au guste die Controlliste vorlegen zu lassen und sie nickte zufrieden mit dem Kopfe, als sie daraus ersah, daß ihr Gatte im mer so schön um die neunte Abendstunde wieder aus der Kneipe in sein Heim zu rückgekommen war. Sobald aber Frau Holderborn wie der daheim hauste, verschwand auch der Liebhaber Augusten's zu deren größtem derborn sah ihn noch einmal an dem Tage, wo er ihm den Lohn für sein vierwöchentliches Poufsiren auszahlte: „Dienstmann," sagte er zu ihm, „Sie haben meinen Auftrag zu meiner größ anderes Mädchen haben werden, sollen Sie während der Abwesenheit meiner Gattin wieder auf die gleiche Weise be schäftigt werden, vorausgesetzt, daß TaS Alter der Speisekarte. Aus einem im Jahre 1489 zu Re kuchenmeister alle esen und trachten in der Ordnung ufgezeichnet und kunnt sich demnach der Herr Herzog mit sinem uf die besten trachten sparen." Die Speisekarte ist also eine Einrichtung, deren 4Wjähriges Jubiläum vor vier Jahren sang- und klanglos cm der Nachwelt vorübergegangen ist. Beruhigend. Vater: Wenn meine Tochter es denn durchaus will, so tann ich Ihnen meine Einwilligung nicht länger vorenthalten. Aber dazu müssen Sie sich verstehen, denn es ist doch ein eigenthümliches Gefühl, wenn man fein einziges Kind, für das man so treu 18 Jahre lang gesorgt hat,von sich geben soll. Bewerber: O, was diesen Punkt anbelangt, so soll es Ih nen gerne unbenommen bleiben, dies auch in Zukunft thun zu dürfen! Ausgegeben. Herr H. (der gern ein Geschenk machen will, fragt): Nun, lieber Johann, wann ist der Geburtstag Ihrer Schwester? Jo hann: Ach, meine Schwester hat es schon seit sehr langer Zeit aufgegeben, noch Geburtstage zu haben? Fra»enl«gik. Mann: »Aber, liebes Weibchen, wo denkst Du hin das ist schon das sechste Kleid in vier Wochen!" Frau: „Aber das habe, desto mehr schone ich jedes!" Beruhigend. Kokette: „Wenn ich in Ihren Jshren ivöre, Herr Major, würde ich doch etwas >»r -— Major: „Ja, danken Sie Gott, daß sind!" < Gutes Beispiel. Vater (einen kräftigen Schluck aus dem Ma ßkru- nehmend, zum kleinen Kinde, welches die Milch nicht trinken will): Trink Sepperl, trink,, schau, Dei Va ttl Malt ia auck! .v. . . Modern. „Eins zwei drei!" Geschmeidig wie eine Katze stieg Georg Barton mit diesen Worten über das niedere Fensterbrett, setzte die Ze- Teppich murmelte selbstgefällig: „Da bin ich wirklich! Nirgends ein Laut, Wes ist still wie «in Grab, der hold!" " Di« geübten Finger des nächtlichen Eindringlings fügten geräuschlos den Rahmen des Fensters wieder zusam men; dann zog er vorsichtig seine La terne aus der Tasche, schob den Deckel zur Seite und ließ den Lichtstrahl über die Wände des Gemaches streifen, das fche Gobelins, wenn ich nicht irre!" Doch sein ptaktifch«r Sinn führte ihn schnell wieder zu dem eigentlichen Zweck schon hatte er sein Augenmerk auf die »Villa Janina" im Prinzenpart, einem der fafhionablsten und reichsten Viertel sehen; sie vereinigte auf das Glück lichste alle Bedingungen, die er gemei niglich für seine industriellen Opera tionen verlangte: eine abgelegene Billa ohne Nachbarn, ohne Ketten hunde, ja selbst ohne den störenden Schutz festgeschlossener Läden. Das hohe Erdgeschoß schien den Fenstern einen g«niig«nden Schutz zu gewähren und hatte es auch bisher gethan; die üppigen Rosen, die es zierten, hatten Herrn Barton's Finger wohl zerstochen, aber sie hatten ihm gefällig ihren kräf tigen Stamm geboten, daß er sich leicht schwingen konnte. Auch die Bewohner der Villa ent sprachen genau Herrn Barton's Bedin- Dame, deren ganze Dienerschaft aus einer ältlichen Kammerjungfer bestand, kein störender Gemahl, nicht einmal ein Damen selbst ohne Anhalt in der gro ßen Stadt, allem Anschein nach Ameri kanerinnen! Ein wahres Kinderspiel, lohnte! unzugänglich, ihre Zofe aber war um so leichter zu gewinnen. Nach drei Tagen zählte Barton zu ihren Freun den. nach vierzehn Tagen war er ihr erklärter Bräutigam. Miß Julia, der Gegenstand seiner Verehrung, war freilich nichts weniger struppigen, blonden Mähne, aber das schadete nichts, denn vom „Versprechen" bis zum Heirathen war immer noch ein die kleinen Aufmerksamkeiten eines Bräutigams und that sein Möglichstes, um mit jedem Geschenke etwas tiefer in der jungen Dame und wußte, daß die selbe, Miß Eva Loring, einer angesehe nen Familie aus Boston entstammte, lität. senschast auf diese geringen Einzelhei ten. Miß Julia hatte für alle übrigen Erläuterungen, die er ihr abzulocken Aber Miß Julia behielt die Ober hand, und endlich mußte Herr Barton doch seinen neuen Fortschritt mit einem Ring erkaufen, den er galant der alten Kuß die Nachricht erhielt, daß Miß nungen bis auf die achtbarsten Bank geschäfte, so daß sie ihr Vermögen allein verwaltete und dasselbe in Gestalt von rin im wahren Sinne des Wortes sei! Welch' eine Enthüllung! Herr Bar ton gestand sich selbst befriedigt ein, und schwankte einen Augenblick, ob er noch bis zur Hochzeit schreiten solle. Aber wozu? Er wußte genug, er durfte es auf dem Versprechen beruhen lassen, doch setzte er, um sich jeden Ge danken an einen Aufschub abzuschnei den, den dritten Tag als denjenigen fest, an dem er seine liebliche Braut an den Altar führen wollte. Dann, nach einem letzten Kuß von der Geliebten, begab er sich augenblicklich an die Vor bereitungen zu der Expedition, die ei jetzt ausführte! Außerhalb des Salons, den er leise durchschritten, fand Herr Barton die Treppe, die er flüchtigen Fußes hinaus eilte, immer zwei Stufen zugleich über lag in tiefster Ruhe. „Julia hat gesagt, den Gang linier Hand, dann gerade aus bis an die erste mer führt! Gut, das stimmt, nun noch einen Blick aus die Utensilien; hier ist der Revolver, das Chloroform, um den Leib habe ich den Sack für das Gold und die Diamanten; ja, das stimmt. Herr Barton hob seine Laterne bis an das Schlüsselloch «nd spähte aber mals, ob Alles ruhig dann faßte „Welch ein Glück!" dachte er bei sich, Alles schwarz und still wie ein Grab! Barton steht still und horcht auf die Athemzüge in der Richtung des Bettes. Nichts! „Ein sanfter Schlaf wie der sich führt? Bah, Herr Barton ist ein der weiche Teppich auf Zern Fußboden dämpft den leisesten Laut seiner Schritte. Seine Hand berührt den Knopf der Schublade, er zieht sie behut sam auf und läßt das Licht seiner Un fällen. Da erhellt ein scharfer Lichtstreifen plötzlich das Gemach, und eine sanfte, „Ah, Sie sind es, ich hatte es wohl gedacht." Mit einer Geberde des Entsetzens wendet Herr Barton sich zur Flucht, aber die Stimme fährt fort: „Halt oder Sie sind des Todes, ich verfehle nie mein Ziel!" Beim hellen Schein des Lichtes, das seine Augen blendet, erkennt Herr Bar ton, indem er zu der Sprechenden auf blickt, den Lauf eines Revolvers in der Hand einer jungen Dame, so schön und anziehend, wie er noch nie eine gesehen! Aufrecht sitzt sie da, umhüllt von den weichen Federn und Spitzen ihres Bet tes, ein wahres Götterbild! „Das Licht, welches Ihre Augen blendet, ist eine kapitale Erfindung un serer Zeit, mein Herr! Sehen Sie, ich brauche diesen Knopf nur einmal zu drehen, so umgibt mich Tageshelle; drehe ich noch einmal, so wird es wieder Zwei Sekunden genügten zum Be weise dieses doppelten Experimentes. Herr Barton steht wie festgewurzelt auf demselben Punkte; zum ersten Mal in seinem Leben sieht er sich gefangen! Was soll er beginnen? Zumal in dieser Verderben drohenden Nähe des Revol vers? Was soll er der Dame erwi dern, deren üppiges Goldhaar sich wie ein keuscher Mantel um ihre Schultern legt, deren große, seste Augen sich nicht einen Augenblick von ihm wenden, um deren Mund ein spöttisches Lächeln schwebt, während ihre seingebogeneNase und ihr scharfes Kinn eine so eiserne „Ich bin Miß Eva Loring aus Bo ston," hebt die Stimme wieder an, „und Sie sind Herr Barton, Herr Georg Barton aus Philadelphia, „mein arme Mädchen! Sie ist ein vorzügli ches Medium, das nichts Geheimes vor mir haben kann, ich schläfere sie ganz nach Belieben ein. Und Sie, Herr Barton, glauben Sie an Hypnotismus? Ob ich Sie wohl auch einschläfern könnte?" Herr Barton verstand kaum den Sinn dieser Worte, die so weich und verfüh rerisch in seinen Ohren erklangen; er fühlte plötzlich eine fremde Kraft, welche die Stärke seiner Muskeln, die Freiheit seines Denkens zu brechen schien. „Ich will mich gleich davon überzeu gen," fuhr die jung« Dame fort und be schrieb mit ihrer linken Hand leichte Kreise in der Lust, während die Rechte unverändert den Lauf des Revolvers aus das Haupt des Diebes gerichtet Kielt, und ihr Auge unverwandt das sei nige fixirte mit einem Blicke, der Herrn Barton bis in's Innerste der Seele drang, wie um ihm etwas zu entwen den, das ihm gegen seinen Willen ent floh. sein Ich, seinen freien Willen, er wußte selbst nicht, was! Die weiße Hand senkte sich langsam herab, und ihre Besitzerin sprach: „Es geht ganz gut, wie fühlen Sie sich, Herr Barton?" ~Hm, ganz sonderbar!" Die Antwort entschlüpfte ihm unbe wußt; seine Stimme klang hohl, fern, wie die «ines Schläfers oder eines vom Opium Betäubten. „So fühlt man sich immer beim er sten Versuch." erwiderte Miß Eva ge lassen. lagen Sie mir ohne falsch? den Geschickteren in Ihrem Berufe?" „B'i jetzt hielt ich mich allerdings.../ antwortete Herr Barton mit Anstren gung, indem er die Hand ungeduldig an die Stirne führte, wobei ihm seine Diebslaterne entfiel und auf den Boden rollte. Miß Eva, deren scharfen Blicke nicht einen Augenblick sein Auge ver lassen, fährt fort: „Sie werden ein sehr gutes Medium abgeben, Sie sind vortrefflich dazu an- Barton mit einem Seufzer, unbeweglich Miß Eva lächelt, Herr Barton eben falls, obwohl ohne sichtliches Wohlbe cher über sein klägliches Gesicht. Auch Herr Barton lacht mit einem abscheuli chen Grinsen, und Miß Eva spricht mit Heiterkeit: Sie neigte den goldig umwogten Kops auf den iveichen Batist ihres Kissens, während ihre rechte Hand den drohen den Revolver behutsam aus die purpur gessen hätte. Dieser jedoch folgte jeder ihrer Bewe gungen mit der gespanntesten Aufmerk indeni sie sagte: „Mein Revolver? Sie sind nicht im Stande, sich desselben zu bedienen/ es in das Kamin und fuhr fort: „Auch Ihr Chlorofox>n würde Ihnen nichts nicht wahr, Sie haben fragte: er abermals ein unbestimmtes Verlan gen, seine Willenskrast wieder zu erlan gen: aber Miß Eva sprach freundlich: „Es ist ganz unnütz, sich gegen mei nen Willen aufzulehnen, Herr Barton: liches Medium! Gehorsam wie ein Sklave nahm er das verlangte Köffer chen in seine Hände und stellte es aus den Tisch am Kopfende des Bettes, ganz in der Nähe Miß Eva's, deren zarte Formen sich unter der leichten Decke mit Als ob sie sich selbst von der Juris diktion dieser Nähe Rechenschaft gäbe, hüllte Miß Eva sich keusch in die dich ten Rauchwolken ihrer Cigarette und sprach, wie um sich zu entschuldigen: 50..." Der Deckel sprang empor! Beim Scheine der Edison'schen Lampe er der Pracht! „Ich muß Ihnen doch meine Steine zeigen, Sie haben es wohl verdient," sprach die kleine Fee, „sie sind ihre hun derttausend Pfund Sterling werth, aus mein Wort. Und dort, in der anderen Schublade, die Si« vorhin geöffnet, lie gen zehntausend Pfund in baarem Gelde; finden Sie nicht auch, daß sie bei mir sicherer aufbewahrt sind als in einer Bant? Sie verlieren durch meine Schuld wirklich ein gutes Geschäft, und doch habe ich gar nichts Besonderes ge than, ich habe einfach die letzten Fort schritte der Wissenschaft auf Sie ange wendet." Die hübsche weiße Hand zündete eine zweite Cigarette an und strich die goldi gen Locken au 6 der Stirn zurück. „Wie alt sind Sie, Herr Barton? Sechsunddreißig Jahre? Und ich? Ich bin nur zwanzig Jahre alt. Schon als kleines Mädchen erkannt« ich meine Gewalt über gewisse Menschen, und ich habe sie nach Kräften vervoll kommnet. Bater- und mutterlos, ganz allein in der Welt, habe ich die Verwal tung meines Vermögens mit neunz«hn Jahren iib«rnommen. Ich lebe mit Julia, die mir als Medium dient. Die ser letzte Umstand scheint Ihnen nicht ganz zu gefallen, ich kanri es leider nicht ändern. Was foll ich nun mit Ihnen machen? Ah, ich weiß." Der zarte Finger berührte leise einen Elfenbtmlnopf: Herr Barton steht ver dummt, unbeweglich und Miß Eva fährt fort: „Ich rufe Ihre Braut, das thu: ich oftmals in der ivenn ich meine Kräfte üben will. Da ist sie schon, sehen Sie." Miß Julia erscheint auf der Schwelle im einfachsten Nachtkostüm, fast ebenso fürchterlich wie Miß Eva's Revolver für die erschrockenen Augen ihres Bräu- Auf eine einzige Bewegung Miß Eva's bleibt ihr Geschöpf wie angewur zelt stehen. ist ein vorzügliches Medium, Herr Barton in Geschäftsangelegenhei ten: Du hattest seinen Beruf errathen, aber Du warst im Irrthum zu glau ben, daß er seinen Raub mit Dir thei- Ernst. Miß Julia rieb sich die Augen, ohne zu erwachen. „Das ist nun die neunte Heirath, welche auf diese Weise aufgelöst wird, arme Julia!" Miß Eva lächelte mit undeutlichem Liebreiz; Herrn Barton's Lächeln ver masse, Miß Julia's Ausdruck war „Nein, Julia, Du wirst das Gesicht es ist zu hübsch, besonders wenn er lacht!" sprach Miß Eva und lehnte sich behaglich in den weichen Flaum ihres Genießens begann sie mit ausgesuchter Höflichkeit: „Sie würden mich sehr verbinden, Herr Barton, wenn Sie dieses Köffer chen wieder an seinen Platz stellen woll ten." Der Dieb gehorchte mit einer Gefäl ligkeit, welche für dergleichen Geschäfte sonst nicht zu sr'.nen Gewohnheiten ge hörte. "Jetzt," sprach das junge Mädchen, „sehen Sie mich ordentlich an, Herr Er that es. Miß Eva maß ihn mit verächtlichen Blicken und fuhr fort: „Dein. Bräutigam ist wirklich nicht übel, Julia, aber dort, dieser blaue Fleck im Augenwinkel ein kaum zu erkennendes Stahlstäubchen möchte ich es nennen beweist, daß er ein er staunlich fügsames Medium ist. Sie müssen Ihren kleinen Mißerfolg von heute Nacht einfach Ihren Augen zu schreiben, Herr Barton: unter allen denen, welche die schönen Augen meiner Julia mir zugeführt haben, find Sie unbedingt das beste Subjekt. Glau ben Sie mir, wenn man Ihre Karriere verfolgen will, muß man unbedingt mit den neuesten Fortschritten der Wissen schaften Schritt halten. Indem Sie diesen Punkt vernachlässigten, haben Sie einen Fehler begangen, der hun dertmal größer ist als alle Ihre Verge hen. Sie sind ein lebendes Beispiel von der Nachlässigkeit eines Diebes. Ich hätte beinahe Lust, Sie in Ihrem jetzigen Zustande zu lassen und Sie als Belea einer Vorlesung zu verwerthen, die ich vorbereite. Aber ich habe anders Pflichten, welche mich für den Augen blick davon abhalten. Nehmen Sie eine Feder, dort auf dem Schreibtisch finden Sie auch Papier und schreiben Sie mit großen, leserlichen Buchstaben: „Ich bin Georg Barton, meines Ge werbes «in Dieb; weitere Auskunft zu erfragen in der Billa Janina, im Prin zenpark." Barton schrieb ohne Widerstand mit großer, leserlicher Hand; sobald er fer tig war, befahl Miß Eva: „Julia, geh und hole eine Nähnadel und starkenFaden aus Deinem Arbeits tischchen und nähe dieses Papier auf die Jacke des Herrn Barton." Miß Julia schickte sich mit kläglicher weniger als einer Minute war die ori ginelle Visitenkarte aus dem Rücken des Geliebten befestigt. „Gut," sprach Miß Eva, „unter der Jacke wirst Du statt des Gürtels einen Arm Ihrer Braut zu stützen: so ist's recht!" schicklichkeit alle Befehle seiner Gebiete rin ausführte, schlüpfte mit Hilf« seiner Braut in den Sack, den er zu seinem ei genen Nutzen mitgebracht: er hatte längst auf jeden Widerstand verzichtet. „Jetzt, Julia, geh und hole das große Knäuel Bindfaden aus der Küche." Schweigend gehorchte Julia, obwohl sie ihren Geliebten mit ganz anderen Banden zu' umschlingen gebosft hatte. Aber auch ihre Kraft war seit langem gebrochen, wie hätte sie sich gegen den Befehl ihrer Herrin auflehnen sollen? tern des theuren Mannes und warf ihn schließlich wie ein Paket auf den Boden, um ihr Wert tadellos bis zu Ende zu führen. Miß Julia besaß eine fast außerge wöhnliche Stärke, und doch gelang es ihr nicht ohne erhebliche Mühe, Herrn Barton wieder auf die Füße zu bringen und ihn aufrecht gegen die Wand zu stelle». „Wachen sie auf, Herr Barton," sprach jetzt Eva voll Autorität mit gänzlich veränderter Stimme, „behalten hier erlebt haben. Ich will es!" Der Dieb empfano augenblicklich das Vollbewußtsein seiner verzweifelten Lage. Miß Eva nahm ihren scherzen den Ton wilder auf und fuys fort: chen: Sie sind hierher getomme», um eine Frau zu bestehlen, die Sie ohne Schutz glaubten; Chloroform, der Re volver, alles war Ihnen gut, um sich von mir zu befreien. Nun hören Sie: Meine treue Julia wird Sie mit Ihrem «igeyen Chloroform einschläfern und Sie hier aus dem Fenster werfen. Zwölf Fuß tH, auf ein Rosenbeet, über dessen zerbrochene Stämme ich Ihnen neu Polizeidiener herbeirufen... Ich bin willens, die höchste Straf« für Sie zu fordern, denn auf. diese Weise werde ich für eine Weile vor Ihren Besuchen gesichert sein und weiß, wo ich Sie fin den kann, im Fall ich Si« zu einem neuen Exp«riment. brauchen sollte." Miß Eva schwieg. Den ganzen Abend hindurch hatte ihre Stimme nicht wandes, aus denen sich das zarte Roth ihres rechten, halb entblößten Armes im schönsten Ebenmaß der Formen abhob. „Frisch, Julia," fuhr sie fort, „öffne das Flacon, schütte seinen Inhalt auf den Schwamm, so nun unter die Jetzt öffne das Fenster!" Julia gehorchte; ein tiefer Seufzer entschlüpfte der Brust des unglücklichen jungen Mannes, ein Zittern ging durch „Laß ihn los!" Das Paket fiel mit aller Schwere auf das Rosinbeet unterhalb des Fensters, „Nun schließe das Fenster, Julia!" sprach Miß Eva und beschrieb mit ihrer weißen Hand einige Kreise in der Luft: „Wach« auf!" Julia rieb sich die Augen, seufzte tief auf und erwachte. „Sie haben mich gerufen, MißEva?" „Geh jetzt schlafen, «s ist spät, gute Nacht, Julia." Die Kammerjungfer verschwand, die hübsche Miß Eva zerdrückte auf dem silbernen Afchenbech«r ihre noch bren nend« Cigarette, klopfte ihre Kopfkissen zurecht, legte ihren kleinen Revolver un ter «ins derselben, drückte auf den Knopf an ihrer Wand und eine tiefe Nacht um fing den ganzen Raum. Einen Augenblick noch suchte sie nach der bequemsten Lage Zwischen den wei ßen Tüchern; dann legte sie ihr kluges Köpfchen auf das weiche Kissen und entschlummerte sanft mit dem süßen Bewußtsein eines guten Gewissens! Scatspielcrs Licbesklage. Im Thore nur, bisher im Schritt, O heißgeliebte Lolo, Turniert im Minnesang ich mit, Jetzt reizst Du mich auf Solo! Die Götter fluchten meinem Sein, Mein Glück sie untergruben, Ich bete an nur Dich allein; Doch Du liebst alle Buben. Von Freud' und Lust bin ich ver bannt, Verfolgt von den Geschicken, Schon längst spiel „Herz" ich aus der Hand, Und doch muß Kieb' mich drücken. Zu zählen sind die Stiche nicht Im Herzen mein, die großen, Gewiß hab' ich, wenn's heißt: „Herz sticht!" Nur Trümpfe ohne Faussen. Wie ist dies Dasein doch so schwer! Nichts kann es mir versüßen, Mein Herz, es liegt, ein „Null ouvert" Unrettbar Dir zu Füßen. Doch Du, für die dies Herz nur schlägt. Fährst fort, mich kalt zu hassen, Mein tiefer Schmerz kein Spiel ver trägt, Ich muß geduldig passen. Mach glücklich mich! Hör' mich ge schwind. Laß' klagen mich nicht weiter; Denn sonst, ich fürcht', mein holdes Kind, Kommst sacht, Du über'n Schnei der! Der Sitz der Liebe. Mit falsch, beweist der Mann der Wissen schaft, die Leber ist es.> Wird das eine gemein ergreifend, wenn uns eine Jungfrau in Zukunft klagt: „Meine Ruh' ist hin, mein' Leber schwer —" all vun sülven rut!" Seufzer. Junges Mädchen: Man mag nun sagen, was man will, Doktor Meyer ist ein hübscher Mann. Alte Jungfer: Ach, alle Männir sind schön! Tic jüngste König!». Eine frische, im Aufblühen begrif fene Mädchenknospe ist die jugendliche Königein Wilhelmina von Holland, die am 31. August ihr IS. Lebensjahr vollendet. Die Zügel der Regierung ruhen freilich noch nicht in 'ihreir schwachen Händen: bis zu ihrer Mün« digkeitserklärung führt die Frarr Mama als Vormünderin und Regen tin das Regiment. Nachstehendes Bild stellt die junge Königin in der schmucken Tracht einer holländischen Bäuerin dar. Königin wird am holländischen Hofe in einem. i' Königin Wilhelmen?. Geiste erzogen, welcher dem Bürgerko-- nigthum durchaus entspricht und von welchem sich wohl die Mehrzahl der- Töchter naserümpfend wegwenden würde. Zu früher Stunde muß sie sich erheben, denn bereits um 81-2 Uhr beginnt der Unterricht. Drei Stun den werden diesem gewidmet, worauf das Spielen in seine Rechte tritt. Am liebsten tummelt sich die junge Königin ' mit ihren Hunden umher oder macht eine Spazierfahrt mit ihren weißen Ponies. Nach dem Luncheon heißt es wieder zwei Stunden lang lernen. Um Uhr nimmt sie mit der Frau angemessenen Unterhaltung wird zir früher Stunde das Bett aufgesucht. So jun' die Königin ist, hat die Frau Fama ihr bereits einen Bräutigam be stimmt und zwar den um zwei Jahre Helm von Preußen. Der Bater des Letzteren, Kaiser Wilhelm der Zweite, hat die jugendliche Königin durch Ber- Vicrsiißigtr Adam Riese. " In d«n Pariser Varietät, n-Theateri? bildet gegenwärtig ein viersüßiger Adam Riese eine Hauptattraktion. Eiir Pferd ist es, das rechnen und Gedanken errathen kann. Es beantwortet nicht nur die Fragen seines Wärters, sondern auch diejenigen irgend einer Person aus dem Publikum. Es zählt, indem es mit dem einen Vorderfuße scharrt, und rechnet auf diese Weise einfache Exempel vollständig richtig aus. Es addirt, multiplicirt und fubtrahirt. Der Gaul sieht nach verschiedenen Uhren und gibt nach jeder die richtige Zeit an, kurz, er macht Sachen, welche an das Fabelhafte grenzen. Aus der Schule. ' „Die Kuh gehört zur Gattung der Wiederkäuer. (Zum unaufmerksamen kleinen Jacob): „Was habe ich eben gesagt, Jacob?" „Die Kuh gehört zur Gattung der Wiederverkäufe»!" Blieb in der Familie. Frau Ameyer: Wie? Ihr Mann hat letzte Woche an die fünfzig Dollars im Poker verloren? Na, dem haben Sie's aber gewiß ordentlich gesteckt? Frau Bemever: Durchaus nicht. Ich hab' sie ja gewonnen. Bitter. Er: Sind Sie ganz gewiß, Ida, daß es Ihnen unmöglich ist, mich lieben zu lernen? Sie: Ich bin fest davon überzeugt. Er (nach seinem Hute greifend): Halb und halb kabe ich es mir eigentlich gedacht. Sie sind wohl auch zum Lernen schon et was zu alt. Frommer Wunsch. Witt we A. (in der Bibel lesend): „Du sollst Deinen Nächsten lieben wie Dich selbst." (Seufzend): Ach, wenn ich Den nur schon hätt'!