Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, June 29, 1894, Page 3, Image 3

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    MlimSmiSeLW.
M. Fortsetzung.)
„Siehst Du," sagte er, „indem ich
Dich so halte, ist mir, als wäre der
darinnen ist, ein Gesäß, ein zartes,
zerbrechliches, und daß es so zerbrech
lich ist, das ist gerade das Gute da
ran. Nun darf ich an nichts mehr den
nicht entzweigeht, und das gerade ist
ja so gut. Siehst Du, nun will ich in
das Gesäß hineinthun alles, was der
Mensch sich für den Menschen ausden
ken kann an Gutem und Glücklichem.
Und wenn wir da draußen auf meinem
und legte beide Arme um ihn her.
„Wie, soll ich Dir denn nicht sagen,
daß ich Dich liebe," sprach sie, und ihre
Mann."
sie an.
„Lieber Onkel," sagte sie, „liebe
Tante, ich theile Euch mit, daß ich mich
Als er die Treppe hinunterstieg und
den letzten Absatz erreicht hatte, sah er
im Hausflur einen Mann, der mit auf-
Augenblick hatte der Alte den Kopf
„Was soll denn das?" fragte der
Baron. „Ich hatte Dir doch gesagt,
daß Du mich nicht begleiten solltest."
Der Alte lüftete den Hut, ohne die
„Will Dir eine Neuigleit sagen, Zo
ten Stock?" stotterte er.
wandtet Ich^
hinter seinem Rücken für ein merkwür
diges Gesicht schnitt. Er warf einen
wüthenden, geradezu giftigen Blick
nach der Treppe, die das Haus Hinauf
seines Ueberrocks den Cylinderhut, den
er noch in der Hand hielt, und wäh
rend er das that, neigte er das Haupt,
ein^Brief-i!!°^
Menschen herrührte.
Endlich entschloß sie sich, und nun
las sie folgende Zeilen:
„Haben Sie auch bedacht, was Sie
thun? Sie wissen doch, daß derMenfch,
mit dem Sie sich verlobt haben, ein
Verrückter ist?"
Ein Name stand nicht darunter. Der
Brief war unterschrieben:
„Ein Wissender."
Anna hielt das widerwärtige Blatt
in den Händen. Was sollte sie thun?
Das beste bei solchen Gelegenheiten
ist ja, demjenigen, vor dem man ge
hig zu zeigen, damit man kein Geheim
niß vor ihm behält. Aber das war doch
in diesem Falle nicht möglich. Durfte
sie den unglücklichen Mann lesen las
sen, wie das, wovon er sich an ihrer
Seite zu befreien und zu erlösen
hoffte, ihm in so roher und gemeiner
Weise aus den Kopf zugesagt wurde?
Sie faßte sich turz, riß den Brief
sammt dem Umschlage in Fetzen und
steckte sie in den Ofen. Die Sache war
abgethan.
Eine Stunde später kam der Baron,
und nun pries sie ihre» Entschluß. Er
sah so heiter aus, so klar; man merkte
' ,l" > si , '
tete mit den Augen darauf hin.
„Sieh doch nur selbst," sagte sie,
„für solche Hände paßt .doch ein so
„Das ist Anna von Glassner," sagte
Er hielt sie an sich gedrückt.
„Sei was Du willst und wie Du
willst, nur sei glücklich."
verabredet, daß die Hochzeit möglichst
bald stattfinden sollte.
„Wie ist es denn?" fragte er, „möch
„Nicht wahr," sagte sie, „das ist doch
Dein Park, den sie das Schlesische Pa
radies nennen?"
„Ja, ja," versicherte sie, „er soll ja
auch wunderschön sein!"
„Nun, er ist groß genug, das ist
wahrlost."
Sie legte die Hände auf seine Schul
tern.
„Und da fragst Du mich, ob ich eine
Hochzeitreis« machen will? Nach dem
Schlesischen Paradies reise ich mit Dir
und da bleiben wir."
„Das wolltest Du? Wirklich?" Man
sah ihm die Freude an, die ihre Ent
scheidung ihm bereitete.
„Aber daß Du nur keinen Schreck
bekommst," fuhr er fort, „wenn Du da
hinauskommst; es ist etwas einsam,
verstehst Du. Ich habe da ganz allein
„Ach Gott," versetzte sie, „däs denke
ich mir ja gerade so wunderschön!
Siehst Du, ich bin ja auch mein Le
ben lang so allein gewesen, so an die
Einsamkeit gewöhnt. Nun richten wir
uns das alte schöne Schloß ein, wie es
für uns beide paßt, dann gehen wir
durch den Park, und nicht wahr, den
Park gibst Du mir in meine Obhut?
Ich denke mir das so köstlich. Gärtnerin
zu sein!"
Gesicht glänzte. Der Baron sah sie
hingerissen an. Vor seinem Geiste er
schien eine Reihe der lieblichsten Bilder.
Er sah seine junge Frau durch die dü
steren Räume des alten Schlosses wan
deln, wie den Geist des neuen jungen
Lebens; er sah sie im Park umherschal
ten, anmuthig zur Arbeit ausgeschürzt,
und Haushund Garten wurden jung
soll so sein, wie sagst,"
und Möbel und Blumensamen und
alles was der Mensch sich denken kann.
Und nachher, da leben wir da draußen
zusammen, wie aus einer Insel im wei
ten Meer. Wir beide ganz für uns, und
fragen nach keinem Menschen und nach
keiner Welt!"
Gar nicht erst aufmachen, sondern
ohne weiteres in den Ofen stecken, das
war Annas erstes Gefühl aber die
Neugier war stärker als die Wallung
der Vernunft, und sie folgte dem ver
hängnißvollen Triebe, der in uns ist,
Dinge, von denen wir wissen, daß sie
werden, recht genau und in der Nähe
anzusehen.
Das, was sie heute las, war dies:
„Häven Sie denn das Verhältniß
noch nicht gelöst? Noch immer nicht?
Bedenken Sie sich, es wird Zeit! Es
wird hohe Zeit!!!"
Diesmal war der Brief unterschrie
ben „der Warner". Nun nachdem sie ge
brämt und verziert.
Das Ende ihres Ueberlegens war,
daß auch dieser Brief in Fetzen ging
und in den Ofen wanderte.
Am darauf folgenden Tage aber
lauschte sie schon mit aller Spannung,
Heißhunger fiel sie darüber her. '
Der unbekannte Verfasser betitelte
sich heute „Prüfer von Herz und Nie
ren"; das, was er verkündete, lautete
„Verblendete!! Das gefällt Ihnen
wohl, daß der unglückselige Mensch Sie
mit Schmuck und Flitter überhäuft?
Wollen Sie denk mit Gewalt blind
und tauh sein? Daran sollten Sie
ist!! Ein Wahnsinniger!!!"
Ein unheimlicher Schauder überlief
Anna, als sie diese Worte las. Es klang
wie eine dumpfe Wuth daraus, eine
unbefangen und heiter entgegenzugehen.
Als er aber jetzt, vergnüglich
schmunzelnd wie ein Kind, das jeman
wirkliche?, wahrhaftiger Schreck.
Die Worte des unbekannten Brief
schreibers fielen ihr ein, und die
Reichthum überfluthet sieht.
Stimme, sie blickte auf und sah fein
Dieser Ueb.'rschwall von
digkeit das alles nur eine
wie in Verzweiflung, das Haupt.
Der Baron stand rathlos. Diese
Thränen sahen doch gar nicht wie
was sie wollte.
Sic faßte seine Hand mit beiden
Händen. ,
„Siehst Du," sagte sie, „Du muht
Du Eberhard, lieber, guter Eberhard,
das mußt Du Dir doch selbst sagen,
daß einen das geradezu ängstigt. Das
schrak.
„Du liebes, bescheidenes Kind," sagte
er zärtlich, indem er den Arm um sie
be und bist mir nicht böse?"
„Ich Dir böse sein —" erwiderte
sie stockend, und die Thränen drängten
die Kehle zuschnürte.
Er stellte den Schmuckkasten auf den
Tisch.«? bleibe ,«s^t
fröhliche Stimmung wollte nicht mehr
recht aufkommen. Der Vorgang von
vorhin wirkte in beiden nach, und
zwischen ihnen, auf dem Tische, stand
der verhängnißvolle Schmucktasten, der
an dem allen schuld war.
Am nächsten Tage blieb Anna ver
schont; es lief kein Brief ein. Als der
Baron indessen erschien, lag ein Schat-
Sie forschte nach dem Grunde seines
Mißmuths, aber er wollte nicht mit
der Sprache heraus.
„Bist Du mir böse wegen gestern?"
fragte sie endlich, indem sie sich neben
ihn fetzte.
te wieder schweigend auf und nieder.
„Siehst Du," fuhr er nach einer
Weile fort, „solche alten Diener, die
man vom Vater überkommt, die einen
Dir."
thümlichzn Lächeln auf sie nieder.
„Das sagst Du," erwiderte er lang
sam. Seine Lippen bewegten sich, als
j
ten sali aus der derStra
tze, stellte er sich aus und wartete, bis
der Baron wieder herauskam; uns
wiesen war, setzte der Alte sich an den
Tisch, der inmitten des Zimmers stand,
und dort saß er Stunden und Stun
er rauchte nicht; er war ganz versun
ken in dumpfes, stumpfes Brüten. Die
einzige Thätigkeit, zu der er sich auf
seines Zimmers ab. Es schienen jedoch
Briese zu sein; denn dasPapier, worauf
er schrieb, waren Briefbogen, und je-
Bog«n in ein Kouvert, das er mit einer
Adresse und Postmarke versah. Leise
schloß er alsdann seine Thür wieder
auf, steckte horchend den Kopf hinaus,
und wes» er sich überzeugt hatte, daß
sten Briefkasten zu stecken.
Abends fand der Baron, wenn er
nach Haus kam, die Lampen in seinen
Gemächern bereits angezündet, alles zu
seinem Empfange bereit, und den alten
Johann, einmal wie allemal fertig, ihn
des Mantels zu entledigen, ihm den
Thee zu bereiten und alles zu thun, wo
ran er von jeher gewöhnt war. Was
der Baron nicht beachtete, das waren
die Blicke, mit denen der Alte ihn
lauernd beobachtete, und was er nicht
sah, das war, daß der Alte, nachdem
er sich zurückgezogen hatte, draußen
auf dem Flur stehen blieb, lautlos an
die Thür gepreßt, hinter der sein Herr
saß, stundenlang horchend, lauschend,
ob «r nicht da drinnen plötzlich ein ver
dächtiges Geräusch, irgend etwas ver
nehmen würde, das ihn nöthigte, zuzu
springen und Hand anzulegen. Txnn er
wußt« ja doch, daß da drinnen ein
Wahnsinniger saß und daß es sein Be
ruf und seine Pflicht >oar, den Wahn
sinnigen zu bewachen.
An dem Vormittag dieses Tages
nun, als der Baron gefrühstückt und
darauf dcmDiener geklingelt hatte, da
mit er ihm beim Anziehen behilflich sei,
hatte dieser sich, im Bewußtsein seiner
Pflicht, ein Herz gefaßt und beschlossen,
mit seinem Herrn einmal ein Wort zu
war ein echter Schlesier, und daher
steckte ihm ein knechtischer Respekt vor
seinem Gebieter in Fleisch und Bein.
Aber es mußte sein, es mußte.
Den Pelz seines Herrn in den Hän
den, trat er in das Zimmer ein; als
der Baron aber in den Mantel fahren
wollte, ließ der Diener ihn sinken.
„Gnädiger Herr wollen mir eine un
terthänige Frage erlauben gehen
lein?"
Der Baron sah sich überrascht um;
ein Lachen zuckte über sein Gesicht.
„Jnteressirt Dich das so? Allerdings
gehe ich zu ihr."
Der Alt« senkte dasHaupt und stierte
auf den Teppich.
„Nun, was gibt's? Worauf wartest
Du?" «rwiderte der Baron, indem er
ein Zeichen machte, daß er den Pelz
anzulegen wünschte.
„Gnädiger Herr, wollen entschuldi
gen," erwiderte der Alte, ohne die Au
gen zu erheben, „ob gnädiger Herr es
sich nicht noch einmal überlegen möch
ten?"
„Was soll ich mir überlegen?"
„Daß gnädiger Herr das Fräulein
wirklich Heirathen wollen."
Der Baron machte auf dem Absätze
kehrt, so daß er seinem Diener unmit
telbar gegenüberstand. Er war einen
Augenblick ganz sprachlos vor Erstau
nen.
„Was geht das Dich an?" stieß er
hervor. „Was fällt Dir denn ein?"
„Gnädiger Herr wissen ja doch,"
Herrn von Kindesbeinen her kenne
daß ich vom seligen Herrn Baron —"
„Weiß ich, weiß ich, weiß ich alles!"
rief der Baron, indem er ungeduldig
aufstampfte. „Was gehört das hier-
" ß
nM-gut ich weiß, wie es
„Wie was steht?"
Jetzt richtete der Alte das gesenkte
nes Herrn bohren konnte. Seine Stim
me wurde dumpf und leise.
„Wie es mit gnädigem Herrn
steht."
Das bleicheGesicht des Barons wur
de noch um «ine Färbung bleicher, so
daß es ganz weiß aussah, und m dem
weißen Gesichte glühten die Augen auf.
Ein Zittern durchlief seine Gestalt, sei
ne Hände schlössen sich, er konrte keinen
Laut hervorbringen. So standen sich
die beiden Männer stumm gegenüber.
Am Leibe des alten Johann regte sich
keine Fiber, nur seine Augen hafteten
stieren Blickes an dem Baron. Er sah
ja. daß der Mann dort unmittelbar
vor einem Ausbruche von Tollwuih
stand, und Tobsüchtige darf der Wär
ter nicht aus den Augen lassen.
Es dauerte gexaume Z«it. bis daß
der Baron seine Fassung einigermaßen
zurückgewann. Seine Brust keuchte, in-
Du es gut meinst —. will ich Dir ver
zeihen, was Du da eben gesagt hast.
Aber, wenn Du es noch einmal thust,
thut es gnädigem Herrn nicht gut."
Der Baron erwiderte nichts; er gab
überhaupt kein Zeichen, als hätte er
nichts hat —"
Jetzt richtete der Baron das Haupt
auf; seine Hand griff in denStoffUber
hineinkrallte, seine Augen drehten sich
lichen Ausdruck. Der Alte aber hörte
nicht auf, wollte nicht aufhören; indem
er des Mädchens gedachte, war es, als
Überkäme auch ihn eine dumpfe, schwüle
Wuth. Seine Augen unterliefen roth.
„Dann ist das nicht recht von dem
Fräulein," polterte er rauh und rück
sichtslos heraus.
In diesem Augenblicke rollte der
Stuhl, auf welchem der Baron gesessen
hatte, bis mitten in's Zimmer; mit «i
-sprungen.
„Mach, daß Du 'rauskommst!"
brüllte er den Alten an. Der Alte stand
wie an den Boden gewachsen.
„Gnädiger He:: dürfen nicht Heira
then," sagte er,
„Halt's Maul und mach, daß Du
'raustommst!" donnerte der Baron
aber, als wenn seine Aufgeregtheit den
Andern nur um so eisiger 'erstarren
machte.
gen/' tl tt 112
doch!
Am Abende des Tages erhielt Anna
Ihr Verderben! Heute war der un
glückselige Mensch dicht daran, daß er
seinen Wärter und treuesten Begleiter
todtgeschlagen hätte.
Wer Augen hat, zu sehen, der sehe!!!
Der Pslichtersiiller."'
kommen.
Es erging ihm/ wie es dem Menschen
geht, wenn er sich, mit einem andern: ge
stritten lm Augenblick, da uns
als vorher und nun kommt das Grü
beln, ob das Wort nicht vielleicht doch
recht gehabt haben könn«.
„Ich weiß, wie es mit gnädigem
Herm steht" immer wieder war es
da, das Wort, immerfort und immer
fort. wie der Wi'.sse,tropfen, der unab
lässig auf den Kopf des Gefolterten
fallt. Und indem es in seinem Ohre
nachklang, war ihm, als käme dasUn
gethüm wieder herangeschwommen, von
dem er Anna erzählt hatte, als höbe
ss die gräflichen grünen Augen wieder
weiß, wie es mit Dir steht,"
(Fortsetzung folgt.)
Berühmte Junggescllell.
Barcn sagt, „die besten und für die
Menschheit wirthvollsten Werke sind
Männern geschaffen worden." Scho
penhauer scheint derselben Ansicht zu
sein, denn er meint, daß „für Männer
Dichter, Philosophen und im Allgemei
nen für alle Diejenigen, welche sich der
Kunst und Wissenschaft widmen, die
Ehelosigkeit dem Verheirathetsein vor-
Wirkung des Ehelebens aus die Dich
erhellt seine Meinung über diesen Ge
genstand. Als einst seine Frau zu ihm
sagte, sie möchte «in Buch sein, um die
Gesellschaft ihres Mannes häufiger ge
nießen zu können, entgegnete er: „Sei
ein Kalender, mein Schatz, damit ich
Dich jedes Jahr gegen einen neuen ein
tauschen kann." Scott äußerte über
Dryden, daß «r, wenn die Ehestands
frage erörtert wurde, sich jedesmal mit
solchem Sarkasmus äußerte, daß man
„an der Thatsache seines ehelichen Un
glückes nicht zweifeln konnte." Das
selbe gilt von anderen Künstlern, be
sonders von Musikern. Wagner hei
rathete als junger Mann eine bild
hübsche Schauspielerin, doch scheint sie
für seine Bestrebungen wenig Sinn ge
habt zu haben und so lebte er getrennt
von ihr. Später heirathete er bekannt
lich eine Tochter Liszt's, welche seiir
Genie zu schätzen wußt«; mit ihr war
er glücklich. Das Mädchen, welches
Haydn zum Altar führte, entpuppte sich
später als Zantippe. Berlioz schrieb
eines Tages: „Ach, könnte ich sie fin
den, die Julia, die Ophelia, nach wel
cher mein Herz verlangt; könnte ich
den Rausch gemischter Freude undWeh
muth trinken, den nur die wahre Liebe
kennt! Könnte ich an einem Herbst
abend, auf wüster Haide, vom Nord
wind gewiegt, in ihren Armen rühm
und ihn schlafen, den letzten düstern
Schlaf!" Ein paar Jahre, nachdem er
diese Worte niedergeschrieben hatte,
brachte «r eine Trennung von seinem
Weibe, dieser seiner früheren Gottheit,
zu Stande und ließ sie in Elend und
Einsamkeit sterben. Händel war nie
verliebt und hegte eine ausgesprochene
Abneigung gegen den Ehestand., -
Poesie und Punsch.
Im Jahre 1790 bezog das zrrr Ber
liner Garnison gehörende Regiment
Alt-Pfuhl für «inige Wochen ein Kan
tonirungsquartier in der Festung
Landshut in Schlesien. , Außerdem
wurde «in Kürassier-Regiment, dessen
Chef der Herzog von Sachsen-Weimar
war, dahin verlegt. Im Gefolge des
Herzogs befand sich auch Goethe, der
bei dieser Gelegenheit das Riesmgebirge
besuchen wollte und «in«s Abends in
Landshut eintraf. Ein junger lustiger
Offizier des Regiments Alt-Pfuhl,
welches am Markte seine Hauptwach«
hatt«, faß mit mehreren Kameraden in
der Wachtstube bei der Pimschbowl«,
als von der Thorwache gemeldet wurde,
daß der herzoglich weimarische Geheim
rath Goethe soeben in Landshut ange
kommen sei. Der Offizier ivar nun
ein leidenschaftlicher Verehrer des Dich
ters. Es erregte ihn ungemein, sich
mit demselben in einer Stadt zu befin
den. und er hätte ihn gar zu gern ein
Mal von Angesicht zu Angesicht gese
hen; allein er durfte seinen Posten
nicht verlassen und konnte daher keine
Audienz von dem Dichterfürsten sich er
bitten. In diesem Dikmma fand er
indeß einen Ausweg: Es hieß, daß
Goethe noch am selbigen Abend sein«
Reise fortsetzen wolle und nur im Gast
hofe abgestiegen sei, um die Pferde zu
wechseln; er mußte also bald wieder
an der Hauptwache vorbeifahren. Nach
kurzer Zeit rasselt' in der That sein
Wagen heran un» nun stürzte unser
Offizier, von seinen Kameraden gefolgt
«nd ein großes Glas Punsch in der ei
nen, ein Licht in der andern Hand, vor
die Thür. Ein- „Halt" donnerte dem
Postillon entgegen, der erschrocken Folge
leistete. Danri trat der Offizier an
den Schlag und sprach, währe>rd er das
mitgebrachte Getränk hinreichte, die eben
mühsam zusammengestöppelt!.,, Reime:
„Mein Goetye.Düh zu seh'n war längst
mein heißer Wunsch,
Nimm vcm- des glühenden Verehrers
Hand,
Ist's kein Gelehrter auch und nur ein
Lieutenant,
Zur L»be auf den Weg- dies Gläschen
wannen Punsch!"
Goethe, der zuerst erschrocken war,
erfaßte bald die Situation, lachte,
nahm das Glas, trank es auf einen
Zug leer und meinte dann, zu dem
Lieutenant gewendet, er habe zwar noch
keine so seltsame Audienz ertheilt, doch
freue «r sich, einen schmucken Offizier
kennen gelernt zu haben. „Allein," so
setzte er noch im Abfahren hinzu, „blei
ben Sie künftig lieber beim Punsch
brauen und lassen Sie dasVe:semachen,
denn Ihr Punsch ist bei Weitem Ihren
Versen vorzuziehen." ... - 3