Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, May 04, 1894, Page 3, Image 3

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    »in
M»»Wl>Ml!llllIW,
B,n A>U?»»y Hope.
(2. Fortsetzung.)
Madame hielt es manchmal für
notMcndig, sich und andere
mit heftigen Anklagen gegen die ver
schiedenen Tyrannen Frankreichs und
solcher, die es gern sein möchten, zu
langweilen, aber abgesehen von diesein
frommen Opfer auf dem Altar ihres
verblichenen Gatten, war sie ein mun
teres und liebenswürdiges kleines
Fragen. Als ich ankam, fand ich eine
heitere Gesellschaft um den Theetisch
versammelt, darunter, ohne Ahnung,
welche Leiden ihr Vater ausstand,
Donna Antonia und ein Herr, Namens
Johnny Carr, der besonders deshalb
Erwähnung verdient, weil er der ein
zige ehrliche Mann in Aureataland
war. Ich meine natürlich das Land,
wie es war, als ich es bei meiner An
kunft fand. Es war ein junger Eng
länder, ein „jüngerer Sohn" einer gu
ten Familie, der mit ein paar tausend
Pfund in die W«lt geschickt worden
war, um sein Glück zu machen. Land
war bei uns billig genug, und Johnny
Carr hatte eine Besitzung gekauft und
sich als Landwirth niedergelassen. In
der letzten Zeit hatte er sich als entschie
dener Constitutioneller und begeister
ter Bewunderer des Präsidenten zu
schönster Blüthe entfaltet und hatte
in dessen Interesse einen Sitz im Ab
geordnetenhaus. Johnny war weder ein
sehr kluger, noch ein sehr weiserMann,
aber er war listig und, wie ich schon zu
bemerken für nöthig befunden habe,
ehrlich.
„Hallo, Johnny! Weshalb nicht im
Haus?" rief ich ihm zu. „Ihr werdet
heute Abend keine einzige Stimme ent
behren können. Machen Sie, daß Sie
hinkommen und helfen Sie dem Mini
sterium, und nehmen Sie Donna An
tonia mit, der Finnzminister wird mit
Haut und Haaren aufgefressen."
„Schon gut. Ich gehe hin, aber erst
will ich noch ein Stück Kuchen essen,"
entgegnete Johnny. „Aber was ist
denn los?"
„O, sie wollen ihr Geld haben," ant
wortete ich, „und Don Antonio will
nichts herausrücken, das nehmen sie ihm
übel."
„Ich will Ihnen sagen, woran's
liegt," sagteJohnny, „er hat nicht einen
rothen —"
„O. Madame Devarges," fiel hier
Donna Antonia, wie mir schien, et
was plötzlich ein, „verbieten Sie doch
den Herren, über Politik zu sprechen;
sie verderben uns den Abend."
Ihr Wort ist Gesetz," erwiderte ich,
„aber ich möchet gern wissen, was Don
Antonio nicht hat."
„Jetzt seien Sie aber ruhig," gab
sie zurück; ist's nicht ganz hinreichend,
daß er eine reizende Tochter hat?"
„Und eine unschätzbare," entgegnete
ich mit einer Verbeugung, denn ich
merkt«, daß Donna Antonia mich aus
irgend einem Grunde verhindern wollte,
Johnny Carr auszupumpen, und das
war gerade, was ich beabsichtigte.
„Sagen Sie kein Wort mehr, Mr.
Carr," rief sie lachend. „Sie wissen ja
doch nichts, nicht wahr?"
„Lieber Gott, nein!" antwortete
Johnny.
Inzwischen hatte Madame Devarges
eine Tasse Thee für mich bereitet.
„Wenn ich fem Freund wäre, würde
ich dafür sorgen, daß Johnny nicht
das Geringste wüßte, Mr. Martin,"
sagte sie mit leiser Stimme, als sie mir
die Tasse überreichte.
„Wenn ich sein Freund wäre, würde
ich dafür sorgen, daß er mir sagte, was
er wüßte, Madame Devarges," erwi
„Vielleicht denkt der Oberst gerade
so," fuhr sie fort. „Johnny hat uns
eben erzählt, wie wunderbar aufmerk
sam in der letzten Zeit geworden ist.
Und die Signorina auch, wie ich höre."
„Was Sie sagen!" rief ich. „Aber
doch wohl bloße Freundlichkeit, weiter
nichts."
„Auch Ihnen ist in der Gegend viel
Aufmerksamkeit bezeigt worden," ent
gegnete sie. „deshalb werden Sie wohl
ai"'' das beste Urtheil über die Beweg
gründe haben."
„Bitte, seien Sie nicht unleidlich,"
antwortete ich, „ich bin hierher gekom
men. um Ruhe zu finden."
„Armer Jiingling! Haben Sie all'
Ihr Geld verloren? Wäre es möglich,
daß Sie. wie Don Antonio, nicht ei
nen rothen —?"
„Was wird geschehen?" fragte ich,
denn Madame Devarges war häufig
sehr gut unterrichtet.
„Ich weiß nicht," entgegnete sie,
„aber wenn ich Staatsschuldverschrei
bunaen hätte, würde ich verkaufen."
Sie lächle.
„Ach, ich sehe, mein Rath kommt zu
l lt s chtf" th d', si
„Ich babe Sie doch hoffentlich nicht
nehmend.
„Wenn ich glauben könnte, daß das
Ihr Ernst wäre," antwortete Donna
Antonia, „könnte ich Ihnen vielleicht
helfen."
„Bedarf ich der Hilfe?"
.Ja," antwortete sie.
„Nun, dann nehmen Sie an, es wäre
mein Ernst."
Donna Antonia hatte keine Lust,
leichtfertig zu sein.
„Sie wollen Ihren wahren Freun
den nicht gestatten, Sie zu retten,"
sagte sie mit einem Blick wirklicher
Angst. „Sie wissen sehr wohl, daß Sie
Hilfe nöthig haben. Bedenken Sie doch
Ihre Lage."
„In dieser Beziehung sind meine
Freunde in Whittingham sehr bereit,
mir zu helfen," antwortete ich etwas
ärgerlich.
„Wenn Sie die Sache so
men,". erwiderte sie traurig, „kaun ich
nichts thun."
Ich war doch etwas gerührt. Augen
scheinlich wollte sie mir gern nützen,
und einen Augenblick kam mir der Ge
danke, ob es nicht besser sei, mich von
meinen Fesseln frei zu machen und die
mir gebotene Zuflucht anzunehmen.
Allein das konnte ich nicht, und da ich
fühlte, daß es erbärmlich sein würde,
wenn ich ihr Interesse für mich für
meine persönlichen Zwecke ausgenützt
hätte, folgte ich der Stimme meinesGe
.wissens.
„Donna Antonia," sagte ich, „ich
will offenherzig gegen Sie sein. Kön
nen Sie knir nur dann helfen, wenn ich
mich s»brer Führung unterwerfe? Das
kann ich nicht. Ich stecke zu tief darin."
„Ja, Sie stecken tief darin und sind
sehr begierig, noch tiefer hineinzukom
men," entgegnete sie. „Sei's darum.
Ich kann Ihnen nicht helfen."
„Ich danke Ihnen für Ihren guten
Willen," erwiderte ich. „Höchst wahr
scheinlich wird ein Tag kommen, wo ich
es bereuen werde, ihn zurückgewiesen zu
haben, aber die Erinnerung, daß Sie
mir Ihre Hilfe angeboten haben, wird
mir stets lieb sein."
Sie sah mich einen Augenblick an.
„Wir haben Sie hier ruinirt," sagte
sie dann.
„An Leib und Seele und Vermö
gen?"
Sie gab keine Antwort, und ich be
merkte, daß meine Wiederaufnahme des
leichtfertigen Tones sie verletzte. Ich er
hob mich also und verabschiedete mich;
Johnny Carr ging mit mir.
„Die Geschichte sieht ganz verdreht
aus, was, Alterchen?" sagte er. „Aber
der Präsident wird sich schon heraus
reißen, trotz des Obersten u»>d seiner
„Johnny," antwortete ich. „Sie thun
mir weh, aber trotzdem will ich Ihnen
einen guten Rath geben."
„Na, denn los," entgegnete Johnny.
„Heirathen Sie Donna Antonia,"
erwiderte ich. „Sie ist ein gutes Mäd
chen, und sie wird Sie davor bewahren,
daß Sie sich betrinken oder ausgeplün
dert werden." '
„Bei Gott! Kein übler Gedanke,"
sagte er. „Warum thun Sie's denn
nicht selbst?"
„Weil ich dasselbe bin, wie Sie,
Johnny ein Esel," antwortete ich
und überließ ihm, das Räthsel zu lö
sen, warum, wenn er «in Esel und ich
ein Esel war, ein Esel Donna Anto
nia Heirathen sollte und nicht beide oder
Auf meinem Heimweg kaufte ich mir
die „Gaiette", das Regierungsblatt,
und las darin: „Wie wir hören, bilde
ten bei einem heute Nachmittag unter
Vorsitz.Seiner Excellenz abgehaltenen
Ministerrath die Angelegenheiten der
Staatsschuld den Gegenstand der Ve
rhandlung. Dießeschlusse, zu denen man
gelangte, werden gegenwärtig noch
streng geheim gehalten, allein wir kön
nen auf Grund der zuverlässigsten
Nachrichten mittheilen, daß die be
schlossenen Maßregeln die Wirkung ha
ben werden, die gegenwärtige Span
nung der Lage erheblich zu mildern und
die ungeheure Mehrheit der Bürger
von Aureataland mit ungemischterße
friedigung zu erfüllen. Der Präsident
wird wieder als der Retter des Bater
landes gepriesen werden."
„Es soll mich wundern, ob ich auch
zu der ungeheuren Mehrheit gehören
werde," dachte ich. „Ich denke, ich ma
che Seiner Excellenz einmal einen klei
nen Besuch."
Diesen Entschluß ausführend, begab
ich mich am nächsten Morgen nach dem
Goldenen Haus, hörte aber hier, der
Präsident fei im Finanzministerium.
Bei incinerAnkunft dort schickte ich eine
Karte hinein, worauf ich die bescheidene
Bitte um eine Privatunterrednng ge
schrieben hatte. Ich wurde in das Zim
mer Don Antonios geführt und fand
dort den Minister, den Präsidenten und
Johnny Carr. Als ich eintrat, rückte
mir der Bediente auf einen Wink Sei
ner Excellenz einen Stuhl zurecht.
„Da ich annehme, daß Ihr Besuch
Geschäftangelegenheiten betrifft," hob
der Präsident etwas steif an, „ist es in
der Ordnung, daß ich Sie in Gegen
wart eines meiner verfassungsmäßigen
Rathgeber empfange, Mr. Martin. Mr.
Carr ist mein Secretär, und Sie kön
nen sich in seiner Gegenwart frei
aussprechen."
Ich war ärgerlich, daß mein Versuch,
den Präsidenten allein zu sprechen,
f-blaeschlagen war? da ich aber meinen
Verdruß Glicht zeigen wollte, verbeugte
ich mich einfach.
„Ich habe mir die Freiheit genom
men." begann ich, „Ew. Excellenz zu
belästigen, weil ich einen Brief von
meinen Direltoren erhallen habe. Sie
theilen mir mit, daß, um ihte eigenen
Worte zu gebrauchen, „beunruhigende
Gerüchte" in betreff der Anleihe von
Aureatalaiid auf der Börse verbreitet
sind, und tragen mir auf, Ew. Excel
len, darauf aufmerksam zu machen,
daß es wohl geboten wäre, irgend eine
öffentliche Kundgebung in betreff der
Zahlung der im nächstin Monat fällig
werdenden Zinsen zu erlassen. Nach ih
ren Mitteilungen scheint es so, als ob
man Schwierigkeiten in dieser Bezie
hung erwartete."
„Wäre nicht dies Gesuch, wenn es
überhaupt nöthig ist, richtiger zunächst
an den Finanjininisier zu richten?"
fragte der Präsident. „Solche Einzel
heiten sind doch eigentlich kaum meine
Sache."
„Ich kann nur meine Anweisungen
ausführen," erwiderte ich.
„Haben Sie irgend etwas dagegen,
Mr. Martin," fuhr der Präsident fort,
„mir und meinen Rathgebern zu ge
stalten, von diesem Brief zu
„?tch bin nur ermächtigt, ihn Ew.
Excellenz eigenen Augen zu unterbrei
ten."
~'O, nur meinen eigenen Augen,"
sagte er mit einem belustigten Aus
druck. „Also deshalb verlangten Sie
eine Privatunterredung?"
„So ist's," entgegnet: ich. „EineVer
letzung der dem Herrn Finanzminister
oder Ihrem Secretär schuldigen Ach
tung lag mir fern, aber ich bin durch
meine Befehle gebundenß
„Sie sind ein musterhafter Beam
ter, Mr. Martin. Aber ich glaube
daß ich Sie weiter damit zu be
mühen brauche. Ist es eine Kabelde
pesche?"
Er lächelte bei dieser Frage so bos
haft, Väß ich sah, er habe mein kleines
Märchen durchschaut.
„Ein Brief," Ew. Excellenz," erwi
derte ich trotzdem.
den andern gewandt, „ich glaube, wir
können Mr. Martin beruhigen. Dieße
gierung vermag die Nothwendigkeit ei
ner öffentlichen Kundgebung nicht an
zuerkennen, und es wird nichts derarti
ges erfolgen. Ich denke, wir stimmen
darin llberein, meimHerren, daß es im
höchsten Grade herabwürdigend wäre,
wenn wir die Nothwendigkeit einer
solchen Maßnahme anerkennen wollten.
Aber Sie können Ihren Direktoren
mittheilen, Mr. Martin, daß der Prä
sident Jhiien unter Zustimmung seiner
Ratbaeber versichert hat, er erwarte,
daß Sie am Fälligkeitstage keine
Schwierigkeiten finden werden,'den vol
len Betrag der Zinsen abzuschicken."
„Ich kann ihnen also versichern, Ew.
Excellenz, daß die Zinsen pünktlich be
zahlt werden?"
„Ich habe mich doch gewiß in einer
Weise ausgedrückt, die Sie verstehen,"
entgegnete er mit einem kleinen Nach
men. Sie werden alles erhalten, was
Ihnen zusteht. Nicht wahr, meine Her
ren?"
Don Antonio stimmte sofort zu;
Johnny Carr sagte nichts, wie mir
auffiel, und rückte etwas unruhig kiuf
ganz genau, was der Präsident meinte.
Er wollte sagen, „wenn wir nicht zah
len, müssen Sie aus Ihrem Reserve
fond zahlen." Leide: war diese Reserve
sehr zusammengeschmolzen. Ich hatte
genug, gerade genug, um den nächst
sälligenßetrag.zu decken, wenn ich keine
meiner eigenen Schulden bezahlte. Es
waren schlimme Gedanken, die mir
durch den Kopf schössen, als ich sah,
wie die Erkenntniß meiner Schwierig
leiten Seiner Excellenz «In boshaftes
Veraniigen bereitete (denn er war
kchlau aenua zu merken, wie die Sache
lag), aber ich konnte natürlich nichts
sagen. Ich erhob mich also und em
p>xu>t inicy mit dem Bewußtsein, daß
ich nichts erreicht hatte, als die sehr
klareUeberzeugung, ich würde am näch
sten Fälligkeitstag kein Geld vom Prä
sidenten zu sehen kriegen. Allerdings
konnte ich noch eben zahlen. Aber wie
nickt zahlen konnte, dann war die Ge
schichte vorbei. In betreff der ersten
Anleihe hatte ich freilich keine Verani-
Theil meiner Pflichten war es, darauf
zu sehen, daß er das that. Ich setzte
mich also hin und sing an, den Haufen
Jones?" sagte ich.
Ordnu^
„Ja, Mr. Martin, alles in Ord
natllrlich, der Kabeld'epesche'wegen des
, „Mit Ausnahme von was?" fragte
Kab-ldepesche wegen des zw'!
ehe das Briefbündel dem Archiv ein
verleibt wurde. Ich glaubte thatsäch
lich. ich hätte das schon gethan. Wa
rum aber hatte es Jones beseitig!? So
ungläubig war doch Jones sonst nicht.
„Und was Häven Sie damit ge
macht?"
„Wie, Mr. Martin, wissen Sie das
nicht? Seine Excellenz hat sie mitge
nommen."
„Was?" rief ich.
„Ja, Mr. Martin, habe ich Ihnen
das nicht mitgetheilt? Am Tage nach
der Nacht, wo Sie mit dem Präsiden
ten hier gewesen waren, kam Sein« Ex
cellenz am Nachmittag, als Sie nach
der Piazza gegangen war«n, wied«r
hierher und sagte, «r müsse die Depesche
haben. Er gab an, Sie hätten ihm
mitgetheilt, sie müsse dem Finanzmi
nisterium übergeben werden. Er war
sehr freundlich und erzählte mir, es
fei nothwendig, das Original dem Fi
nanzminister vorzulegen, und da er
men, um einen Check für seine Privat
rechnung einzukassiren), wolle er es
selbst mitnehmen. Hat er esJhnen nicht
zurückgegeben? Er sagte doch, er wolle
das thun."
hatte noch eben Kraft genug
hervorzustoßen: „Ohne Zweifel verges
sen, gut, Jones."
„Kann ich jetzt gehen, Mr. Martin?"
fragte Jones. „Mrs. Jones hat mich
gebeten, mit ihr zu —"
„Ja, gehen Sie nur," erwiderte ich,
und stls er hinausgegangen war, fügte
ich einen Bestimmungsort hinzu, der
wahrscheinlich von dem, den die gute
Dame in Vorschlag gebracht hatte, sehr
verschieden war. Denn jetzt durchschaute
ich die ganze Sache. Der alte Schuft
(verzeihen Sie meine Hitze) hatte meine
gefälschte Kabeldepesche gestohlen, um
sie, wenn es die Umstände erheischten,
zu seiner eigenen Rechtfertigung zum
Vorschein zu bringen. Ich war hinein
gelegt, gründlich hineingelegt und
Jones Dummheit hatte das sehr leicht
gemacht. Ich hatte keinen Beweis als
mein Wort, daß der Präsident von der
Fälschung der Depesche Kenntniß
hatte. Bis jetzt hatte ich mich mit dem
Gedanken getröstet, daß ich, wenn ich
überführt würde, mich der Gesellschaft
des Präsidenten aus der Anklagebank
zu erfreuen haben würde. Aber jetzt!
Ich konnte mich selbst als Spitzbube
hinstellen, aber ich hatte keine Mittel
mehr zu beweisen, daß der Präsident
auch einer war. Nicht ich hatte Vor
theil davon, daß Jones überzeugt wor
den war, sondern er, der Präsident.
Nicht zu meinem Vortheil hatte ich
Urkunden gefälscht, sondern zu seinem.
Allerdings, das Geld hatte ich für
mich ausgegeben, aber
„Hol' der Teufel die ganze Ge
schichte," rief ich erbittert aus, „er hat
mir drei Viertel davon im Spiel ab
lenz Wort in Erinnerung: „Ich weiß
meine Gelegenheiten auszunützen."
6. Capitel.
Die folgende Woche war eine sehr ge
schäftige für mich. Ich verwendete sie
dazu, jeden Pfennig baar Geld, dessen
ich habhaft werden Konnte, zusammen
Reservesond hatte ich noch zehntausend
Dollars. Das reichte hin. Aber wie
kam es, daß sich diese Summe in mei
nem Besitz befand? Weil ich, leider,
ich Jones vergessen. Zu meinem Kum
mer »nd Verduß war Jones ebenfalls
ehrlich, würde es für feine
Pflicht gehalten haben, die Direltoren
in Kenntniß zu setzen, daß ich mehr
aus der Kasse genommen hatte, als
mir zustand. Wenn sie das hörten, war
ich verloren, denn eine unberechtigte
Zahlung, die der Unterdirektor heimlich
aus dem Geldschrank an sich selbst
macht, ist, das leugne ich nicht, entschie
den nicht ordnungsmäßig. Wenn ich
also vor Ende des Monats nicht fünf
tausend Dollars zu meinen zehntau-
voll zu machen, von meinem verehrten
Vater erhielt. Er setzte mich in Kennt
niß, daß er unglücklicherweise mit
worden sei die Folge eines mit ihm
gemachten Geschäftes daß er bei
ihm gewesen sei, daß jener aber auf
»Zahlung dringe, sich in sehr heftigen
Reden gegen unsere Familie im Allge
meinen ergangen und die Unterredung
mit der Erklärung zum Abschluß ge
bracht habe, er wolle mein Gehalt ein
behalten, um sich für meines Vaters
Schuw bezahlt zu machen. „Wenn ihm
das nicht gefällt, kann er gehen, wir
ein durch nichts zu rechtfertigendesßor
gehen, aber ich befand mich kaum in
der Lage, dem Vorsitzenden gegenüber
den sittlich Entrüsteten zu spielen, und
das Endergebniß war, daß ich nur zwei
Auswege aus meiner Lage bor mir sah,
den Bettelstab oder das. Gefängniß.
W!ke dieser ganz unvorhergesehene
Schicksalsschlag nicht gekommen, hätte
ich vielleicht Muth gefaßt und imVtr-
trauen darauf, daß die Verpflichtungen
des Vorsitzenden gegen meinen Vater
mich durchreißen würden, meine Mis
sethaten bekannt. Aber jetzt, wie stand
ich iekt? Ich steckte, wie Donna Antonia
es ausgedrückt hatte, sehr tief darin.
So niedergedrückt war ich durch meine
Lage, und so mit krampfhaften Versu
chen, sie zu verbessern, beschäftigt, daß
ich nicht einmal Zeit fand, die Signori
na zu besuchen, so sehr ich auch des
Trostes bedurft hätte, und als Tag
auf Tag dahinging, verfiel ich in eine
solche Verzweiflung, daß ich überhaupt
nicht mehr ausging, sondern trübselig
in meiner Wohnung saß, meinen Kof
fer betrachtete und mich fragte, wie
bald ich ihn wohl packen und fliehen
müsse, wenn auch nicht um des Lebens,
so doch um der Freiheit willen.
Endlich kam der Krach. Ich saß ei
nes Morgens mit der schwierigen Auf
gabe beschäftigt, aus zehn fünfzehn zu
machen, in meinem Geschäftszimmer,
als ich Pferdegetrappel hörte. Einen
Augenblick später wurde die Thüre
geöffnet, und Jones führte den Oberst
McGregor herein. Ich nickte diesem
zu, und er trat mit seinem gewöhnli
chen längsamen Schritt näher, nahm
Vlatz und zog seine Handschuhe aus.
Inzwischen hatte ich mich soweit zusam
mengerafft, daß ich sagen konnte: „Wo
mit kann ich Ihnen dienen, Herr
Oberst?"
Er wartete, bis sich die Thüre hinter
Jones geschlossen hatte. „Ich bin end
lich der Sacke auf den Grund gekom
men, Martin," sagte er dann.
Ich war auch auf den Grund gekom
men, aber in einem anderen Sinne, als
der Oberst es meinte.
„Was für einer Sache auf den
Grund?" fragte ich etwas mürrisch.
„Der Schurkerei des alten Tauge
nichts", entgegnete er, mit dem Dau
men über die Schulter nach der Dich
tung der Piazza und dem Denkmal
des Befreiers weifend. „Er ist sehr
schlau, aber endlich hat er doch einmal
einen Fehler gemacht."
„Kommen Sie zur Sache, Oberst,
Was ist eigentlich los?"
„Würden Sie überrascht sein, wenn
Sie hörten," sagte er, „daß die am 31.
fällig werdenden Zinsen der Staats
schuld nicht bezahlt werden?"
„Nein, keineswegs," entgegnete ich
gefaßt.
„Würden Sie überrascht sein, wenn
Sie hörten, daß überhaupt keine Zin
sen mehr bezahlt werden?"
„Den Teufel auch!" rief ich auf-
was meinen Sie, Mann?"
„Der Präsident," entgegnete er ru
hig, „wird am 31. dieses Monats die
Staatsschuld für ungiltig erklären."
In demselben Augenblicke traf dasGe
räufch näher kommender Räder mein
Ohr. Dann hörte ich die süße, helle
Stimme, die ich so wohl kannte.
stören, Mr. Jones/ sagte sie, ?er soll
und sie trat rasch »in. Als sie den Oberst
Blick, wie die Dinge standen.
.Haben Sie's ihm gesagt?" fragte
'sie den Oberst.
Oberst?"
seiner Erfahrung. Daß Johnny ein
Esel ist, muß er doch wissen. Wahr
thun "würde, wenn er es vermeiden
könnte. Er hat Ihre Fähigkeiten unter
schätzt, Oberst."
„Gut," sagte ich. „Ich kann's nicht
„Gut gespielt, Mr. Martin," fing
erinnerte.
„Ah! Und wie haben Sie das her
ausgebracht?" fragte ich.
macht?"
„Nein, betrunken nicht," war ihre
Antwort, die l>e sehr verschämt und
mit niedergeschlagenen Augen vor
brachte.
Wir konnten uns wohl denken, wie
> sie es gemacht hatte, aber uns beiden
' lag nichts daran, diese Sache weiter zu
erörtern.
> „Da Tie also beide alles wissen,"
> begann ich nach einer Pause wieder,
.kann alles Komödiespielen nichts mehr
nützen. Es ist sehr liebenswürdig von
Ihnen, daß Sie gekommen sind, mich
zu warnen."
„Sie lieber, guter Mr. Martin," ent
gegnete die Signorina, „unsere Beweg
gründe sind nicht bloß rein freund
schaftlich."
„Wie? Was kann Ihnen daran lie
gen?"
„Einfach dies," antwortete sie. „Die
Bank und ihr ausgezeichneter Unterdi
rektor haben den größten Theil der
Schuld in Händen, der Oberst und ich
den Rest. Wird sie für ungiltig erklärt,
dann verliert die Bank, ja; aber der
Unterdirektor, der Oberst und die Sig
„Ja," fuhr der Oberst fort, „als die
Kammer. Seitdem habe ich noch viele
Obligationen angekauft."
„Die haben Sie wahrscheinlich billig
bekommen?" fragte ich.
„Ja," erwiderte er, „ich habe durch
schnittlich fiinsundsiebzig Cents für
die Fünfdollarobligaiion bezahlt."
„Und was haben Sie jetzt dem Na
men nach in Händen?"
„Dreihunderttausend Dollars," ent
gegnete er kurz.
»Ihr Interesse bei der Sache ist
rina?"
Die Signorina schien etwas verle
gen zu sein; aber endlich entschloß sie
sich zu sprechen: „Was liegt daran,
wenn Sie's wissen. Als ich einwilligte
hier zu bleiben, gab er" wir wuß
ten, wen sie meinte „mir hundert
tausend Dollars. Außerdem hatte ich
fiinfzigtausend Dollars oder so etwas,
eigenes Geld, die ich —"
' „Die Sie von Ihrem Gehalt als
der Oberst dazwischen.
erröthend fort. „Ich hatte es eben.
Was hat er nun gethan? Er hat mich
überredet alles die ganze Summe
von hundertfiinfzigtausend Dollars in
der greulichen Schuld anzulegen. O,
Jedenfalls Chatte der Präsident in
then Pfennig mehr. Und meine arme
Tante was soll aus ihr werden?"
„Kümmern Sie sich jetzt nicht um
Ihre Tante," fiel hier der Oberst etwas
roh eilt. „Na," fuhr er fort, „Sie se
hen also, Martin, wir fahren mit Ih
nen in einem Boot."
Oberst. .
„Was in aller Welt wollen Si: denn >
machen?" >
„Finanzielle Ehrenhaftigkeit ist das
ehrlose Wege betritt?"
mit blitzenden Augen aufspringend.
„Nun und nimmermehr!"
Sie sah bezaubernd aus, aber Ge
schäft ist Geschäft.
„Was wollen Sie machen?" fragte
ich noch einmal.
„Wir werden mit Ihrer Hilfe, Mar-
Freiheit in der besten Laune und einem
Pariser Hut. Ich verlor mein geistiges
Gleichgewicht. Aufspringend faßte ich
den Leib und wir wirbelten wie ,
norina die Marseillaise anstimmte.
„Um Gottes willen, seid ruhig!" rief ,
McGregor in heiserem Flüsterton, wo- ,
bei er mich festhielt, als ich an ihm vor
beiraste. „Wenn man euch hört! Ru
hig, sage ich, Christina!"
Die Signorina hielt an.
„Meinen Sie mich, Oberst McGre
gor?" fragte sie.
„Ja," entgegnete er, „Sie und den
Rarren Martin."
Oberst." sprach ich jetzt, „ist Höflichkeit
Geschicklichkeit gehört. Wir find unser
Stärke der Streitkräfte
land erlaubend.
-v (Fortsetzung folgt.)
Mein« VSrs« und »h ! ,
Ich hatt' «inmal 'ne Börse! .
Die war so schön gestickt,
Mit Gold- und Silbermünzm
Auch reichlich stets gespickt.
Und ich war jung und feurig, '
Frisch, lebensfroh, gesund.
Die Finger mein, fi« wühlten
Oft in der Börse Rund.
So hab' ich manche Münze i
Dem Bachus gern geweiht.
Und in Gambrinushallen
Verzecht' ich laeine Zeit. )
Für Cognac unö Champagne?
Ging manches Goldstück hin.
Das ich hinausgeschleudert.
Wenn neblich mir der Sinn.
Zerrissen ist die Börse,
Diimi, leer, die sonst gespickt.
Und ich bin alt und kränklich.
Ward auch schon oft geflickt.
Ihr seht, ich und die Börse
Wir sind uns immer gleich?
Dick, rund in guten Tagen, »
Jetzt welk und dünn und bleich!
«u« dem Tagebuch« einer MS«-
«»rfeindin.
Die Treue ist weiblichen Ge
schlechts.
Alles kann «in Mann sein, nur
nicht gerecht. Er räumt den Frauen
eher Vorrechte ein, als daß er ihre
Rechte anerkennt:
Es giebt keinen so talentlose»»
Mann, der nicht den Muth hätte, über,
die geistige Inferiorität de« Frauen zu
sprechen.
Es giebt Männer, die über nichts
mehr als über Frauen sprechen, dabeil
aber immer behaupten» die Frauen
feien nicht der Rede werth.
O über die männliche Logikii
Sie rühmen sich mit dem, was sie bek
einer Frau verwerflich finden.
Die Frauen sollen angeblich wah
rer Freundschaft unfähig sein, die das
Privilegium der Männer ist. Jawohl,
die sind ja sogar stets bereit Haus
freunde zu werden.
Männliche Weisheit: Eine Frau
kann einen Thron besteigen und über
Millionen herrschen, aber dem Staate
droht Gefahr, wenn ein« Frau die
Stelle eines Diurnisten einnähme.
Der höchste Ruhm eines Mannes
ist die Tapferkeit im Kriege. Ist es
aber nicht rühmlicher, den Krieg zu be
kämpfen?
Bescheidenheit des Mannes: Jede
Frau soll der Inbegriff aller Tugenden
fein allen Männern gegenüber, einen,
einzigen ausgenommen, nämlich ihn.
Die Männer, die mit Nichts zu
frieden sind, pflegen es mit sich
selbst zu sein.
Warum die Männer ohne Larve
auf die Maskenbälle gehen? Wozu
auch? Zeigen sie denn sonst im Leben
ihr wahres Gesicht?
» » ».
s' Schöascht'.
„Was Hot der denn am beschta g'falla.
Schwätz' Gretle! uf der Hauchzig
rois'?
Thuet ma so omenander walla,
Ma' bebert ebbs z'verzählet woiß;
So onterweags, dur' d' Schtveiz,hascht
G'wiß reacht viel schöane Sacha seah."
„Jo, Rösle, 's Schöascht' will i der
Dees isch halt doch mei' Ma'le gwea!"
Protzig. Parvenue: Warum
bringen Sie in Ihren Predigten nie,
ein bischen Griechisch oder Lateinisch
vor, Herr Pastor? Pastor: Ja, ver
stehen Sie denn diese Sprachen?
Parvenue: Das nicht, aber für unser
Geld können wir das doch verlangen! '
Poesie und Prosa. Frau
(im Concert): Es ist köstlich! Ich
werde förmlich berauscht von der Macht
der Töne! Mann: Siehst Du, ge
rade so geht es mir, wenn ich frische-
Bierfasseln anschlagen höre!
Galgenhumor. Principal:
Herr Schulz, warum lachen Sie?
Commis: Ja, das möchte ich bei dem
Gehalt, das ich beziehe, eigentlich auch,
wissen!
Probates Mittel. A.:
Mein Gedächtniß wird wahrhaftig
immer schwächer. B.: O, dagegen
weiß ich ein probates Mittel. A.r
Na also? B.: Leih mir hundert
Mari!
Vor Gericht. Zeuge: Meine
den Hund gelenkt, und zwar, noch ehe
ich ihn sah! Richter: Wiesv denn,,
bevor Sie ihn noch> sahen? —Zeugen
mir, lyer es ist: !ch will ihn eine 'nni
reHauen. Das tbct ich schon
selbst!
Ach s Gattiip des Patien
ten: Nun, wie steht's, Herr Doktor? —
Arzt: Ja, hier bleibt rmr nichts n«hr
zu thun. Kattin: Allmächtiger! Er
ist also verloren? Arzt: Im Gegen
theil, ich sige ja, es bleibt mir nichts
mehr zu thun, er ist also gesund!
Ein Aber Klaube. Ach ja,
geben Sie mir doch einen Kuß!
Nein, Win! Sind Sie kein bischen
abergläubisch? Wissen Sie nicht:
Dag Mädchen, das sich nicht küssen
läU, bekommt keinen Mann!
Offenherzig. Also Kame
rad werden eine von den drei Leh
manns heirathen? Bleibt mir ja
nichts anderes übrig, haben kolossal
viel Geld!—Hm, und welches von den
Mädels gefällt Ihnen denn am besten?,
Offen gestanden, das UiM« fesch«.
Zimmermcidel! 3