Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, April 20, 1894, Page 6, Image 6

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    6 Gluth unter ver Asche.
Rittmeister Karl Amadeus von
Stahr war ein Mann, der seiner Zeit
sehr gefeiert, sehr gesucht, sehr geliebt
und doch sehr wenig beneidet war.
Er war einer jener Menschen, welche
den Anderen einen starken Glauben an
ihre Fähigkeiten einflößen, aber er
hatte sich niemals der Kritik dadurch
ausgesetzt, daß er die Fähigkeiten zur
Wirtlichkeit gemacht hätte. Man
sagt« von ihm, daß er, wenn er ge
wollt, getonnt hätte und man
dachte nicht schlechter von ihm, weil
er nicht gewollt hatte, im Gegentheil.
Man sagte zum Beispiel, wenn er ge
wollt hätte, hätte er Kriegsminister
werden oder eine brillante Partie ma
chen oder ein Vermögen gewinnen kön
nen, und man sagte es darum so gern,
weil er weder Kriegsminister gewor
den, noch «ine brillante Partie ge
macht. noch ein Vermögen gewonnen
hatte. So erklärte er zum Mindesten
di: Sache selbst mit seinem feinen,
skeptische» Lächeln unter dem ge
wichsten Schnurrbart, denn er war
weder, noch stellte er sich unkundig sei
nes Rufes. Er sagte: wer ein Voll
blutpferd reitet und doch Andere auf
schlechteren Gäulen vorbeireiten läßt,
wird bei ihnen unfehlbar ein Gefühl
der Dankbarkeit erregen. Ich bin
immer meiner Pferde Wege? berühmt
gewesen, war aber niemals ein Freund
von Wettrennen und auf einem
edlen Rosse im Schritt zu reiten, ist
in jedem Falle das nobelste Vergnü
gen, das es gibt, aber man muß «in
wenig Feinschmecker sein, um sich da
rauf zu verstehen.
Während er nun im Schritte gerit
ten war, waren in jedem Falle die
meisten seiner Altersgenossen ihm zu
vorgekommen. Und nun geschah es,
daß, als er die Fünfzig überschritten
und nicht mehr geworden Nkir, als
was er war, die alte Auffassung von
ihm anfing, gleichsam in Vergessenheit
zu gerathen. Man äußerte sie wohl
noch, wenn es sich so traf, aber im
Allgemeinen war man der Ansicht,
daß es sich nicht gerade verlohnte, sie
zu äußern. Er empfand die aufkei
mende Mißachtung, die hierin lag,
greifende Veränderung mit sich bringt.
Dies war mit Rittmeister v. Stahr
der Fall. Vom fünfzigsten Jahr an
kannten, feine, Freunde und Bekann
ten ihn nicht mebr wieder. Er sei
gleichsam ein anderer Mensch gewor
den, sagte man. Aber der Blick war
doch im Grunde derselbe sein Cha
verwandelte sich in Bitterkeit, die
Sorglosigkeit in Interesselosigkeit.
Er hatte eine lange abzuhas
peln gehabt, länger als die, meisten
abgelaufen, er hatte den o:rhiinzniß
schweren Ruck gespürt, und nun
wand das Leben sie langsam wieder
auf, Zoll für Zoll.
Ganz Plötzlich, nachdem er bei einer
Beförderung übergangen, nahm er
seinen Abschied. Seitdem lebte er
einsam, ohne Freunde, fast ohne Um
gang. Jeden Vormittag konnte man
ihm auf seiner schönen braunen Stute
reitend begegnen noch immer ein
hübscher Mann, tadellos, die freie
Haltung jetzt ein wenig steif, indem er
seine ehemaligen Freunde mit einem
Wink und die Damen mit einem Lä
cheln grüßte, welches die fehlerlosen
Zähne entblößte, aber niemals das
Auge erreichte. Die Abende brachte
er immer im „Club" zu, wo er
Schach spielte. Er war jetzt nämlich
ein leidenschaftlicher Schachspieler ge
worden.
Sein Partner war zumeist ein ge
wisser Revisor Roth, der ungefähr in
gleichem Alter und Junggeselle, wie
er, war. Sie hatten sich schon früher
flüchtig gekannt, und nun war es ihr
gemeinsames Interesse für das Schach
spiel, das si- zusammenführte. Sie
traun sich übrigens nur am Schach
tisch, und außer den unvermeidlichen
So ging es etwa ein Jahr.
Da geschah es, daß der Rittmeister
sich den Fuß verrenkte und vierzehn
dieser ihn nicht besuchen und bei ihm
zu Hause eine Partie spielen möchte,
statt im Club. Der Revisor kam und
kam von nun an jeden Abend, so
lange der Rittmeister zu Hause lag.
Dann trafen sie sich wieder im Club,
gannen sich immer weiter hinauszu
ziehen, theils weil sie ihre Taktik jetzt
gegenseitig durch und durch kannten,
theils weil sich zwischen den Zügen die
Unterhaltung auszuspinnen begann.
Revisor Roth machte bei der ersten
Bekanntschaft den Eindruck der per-
svnifizirten Bescheidenheit. Er war
äußerst vntgegenkommend in seinem
Wesen und stimmte Demjenigen, mit
dem er sprach, immer bei. Dies jedoch
nicht aus Falschheit oder Schmeiche
lei, sondern auS Scheu oder Unver
mögen, sich auszudrücken. Unselbst
ständig, nachgiebig gegenüber Frem
den, wurde er fest und selbstständig
erst gegenüber Denen, welche ihm nä
her gekommen; er mußte mit einem
Menschen befreundet sein, um ihm
widersprechen zu können. Aber er
war auch so, daß er unbedingt ftr
jeden Menschen Freundschaft faßte,
mit dem er nur lange genug zusam
men gewesen war.
Der Rittmeister hatte ihn im An
sang mißachtet, oder richtiger gesagt,
als Menschen vollkommen ignorirt
und ihn nur als ordentlichen Schach
spieler geduldet. Aber als der Revi
sor ein Jahr lang mit ihm gespielt,
begann die Freundschaft bereits bei
ihm emporzuschießen, wuchs während
des Rittmeisters kurzer Krankheit und
blühte auf, als sie das erste Mal in
ein ordentliches Gespräch kamen., Der
Rittmeister war ganz erstaunt das
war nicht eine Memme, mit der er es
zu thun hatte, sondern eine Person
mit selbstständigen Meinungen; ihre
Ansichten stimmten nicht sonderlich
überein und sie kamen oft in Streit.
Sie disputirten bald ebenso gern, als
sie zusammen Schach spielten, und
wurden, wie es schien, einander all
mälig unentbehrlich. Namentlich der
Revisor für den Rittmeister.
So vergingen ein paar Jahre. —-
des Rittmeister?; sie hatten eine Par
tie beendigt, die sich eine ganze Woche
hingezogen, und ruhten nun, indem
sie schweigend ihre Cigarren rauchten.
Der Revisor saß und sah träumend
Giebeln auf der anderen Seite fiel
das Sonnenlicht in das Zimmer mit
dem starken strahlenden Glanz, den es
an schönen Frühlingsabenden hat.
Der meister betrachtete den Freund
„Weißt Du was, Alter," sagte er,
„Du siehst aus, als wärest Du ver
liebt."
Der Revisor sah ihn gedankenvoll
an, ohne daß er verletzt oder verlegen
zu sein schien.
„Ach nein," sagte er, „dazu ist es
zu spät. Aber ich mußte daran den
ken —" Er schwieg eine Weile und
fuhr dann fort: „Warum hast Du
verheirathet?
Der Rittmeister riß die Augen auf
und lachte kurz.
ber. Aber Du, das könnte man
eher fragen, warum hast Du Dich
nicht verheirathet?"
„Ich fing keine," versetzte der Revi
sor einfach.
Der Rittmeister sah ihn an und
drehte seinen Schnurrbart.
„Ja, ich habe Dich immer im Ver
dacht gehabt, daß Du Dich auf
Frauen nicht verstündest."
streut.
mert," sagte er.
„Und die bekamst Du nicht?"
„Nein."
Sie saßen eine Weile stumm da.
dann fragte der Rittmeister:
„War sie hübsch?"
„Ja, damals war sie die Schönste,
die ich mir wenigstens konnte."
„Na, das ist wohl nichts so Unge
wöhnliches!"
Der Revisor hörte ihn nicht, son
dern fuhr mit einem wehmüthigen Lä-
Wurzeln ein solches Gefübl haben
Wurzelschößling hervor. Ich traf
„Aha!"
Der Rittmeister entblößte seine
weißen Zähne und es leuchtete in fei
nen Augen auf.
„Ja, das ist wirklich ein ganz ku
rioses Gefühl, seinen alten Flammen
auf der Straße zu begegnen. Aber
es wird bedeutend weniger intensiv,
wenn es oft geschieht. Jetzt rührt es
mich nicht sonderlich mehr, aber frü-
Der Ritiincister pflegte niemals
daZ einzig» Mal, daß ich nahe daran
war, im Ernst gefangen zu werden."
„Siehst Du auch Du," sagte der
Revisor gutmüthig.
„Na ja, das war doch auch etwas,
um sich fangen zu lassen. Ah, solch'
«in Weib eine Königin, eine voll-
Kind. Ja, es war eine absonderlich«
Mischung. Und dann so schön. —
schön wie «in Eiigel! Schultern und
tisch, aber leidenschaftlich« Auge»«—
man glaubte, sie wäre kalt, allein die
Augen verriethen sie. Ich traf sie in
einem Badeorte. Ja, das war «in
Sommer! Ich entsinne mich noch
unserer letztenßegegnung ich mußte
am Tage darauf fortreisen viel
leicht geschah es darum: aber als wir
schieden, ließ sie sich von mir küssen
ein einziges Mal! Der Kuß
brannte mich di« ganze Nacht ich
hätte wer weiß was gegeben, um noch
dableiben ZU können, und dann wäre
mein Schicksal besiegelt gewesen
das weiß ich aber ich mußte fort —
und dann, na, dann ging es, wie
es ging, und das war wohl ganz gut.
Ich tauge nicht dazu, im Joch zu ge
hen. Aber wunderlich war es sie
wiederzusehen. Ja, nun hat sie er
wachsene Kinder ihr Mann ehrte
mich ein« Zeit lang durch
schaft, ich habe viele Mittage bei ihnen
zu Hause gegessen. er gab gute
„Holm, sagtest D»i?"
Der Rittmeister biß sich in die Lip
pen.
„Pardon neig, davon weiß ich
nichts."
Der Revisor sah ihn noch immer
hieß" sein« Stimme wurde plötzlich
rauh „Anna Hjelm?"
Der Rittmeister drehte sich ver
drießlich auf dem Absatz um.
„Der Tausend Du kennst sie
Er wandte sich wieder gegen den
Revisor um, blieb aber bestürzt stehen.
Dieser war todtenblaß, und die Au
„War sie es?" fragte er.
sein Blick glitt hinweg.
Der Rittmeister ging ein Mal durch
das Zimmer und blieb wieder stehen.
Der Rittmeister sah ihn an und
prustete Plötzlich lös. Er konnte sich
nicht helfen, nun, nachdem sich die
ernst.
„Aber so höre doch wo willst Du
fort.
Der Rittmeister zuckte die Achseln
„Wie er will meinetwegen!"
Bierzehn Tage lang hielt er es
aus, obgleich seine Abende unendlich
er endlich seinen Stolz in sich und
ging zum Revisor hinauf, selbst auf
die Gefahr hin, nicht angenommen zu
werden.
Aber der Revisor empfing ihn, ja,
im ersten Augenblick schien er sich fast
zu freuen, iß er ihn wieder zu sehen
bekam.
Der Rittmeister that, als wenn
nichts gesci ':n wäre, sondern plau
derte auf seine alte Art. Am Anfang
stimmte auch der Revisor in seinen
Ton ein, aber dann allmälig überkam
ihn ein gewisser Zwang sein Blick
nahm wieder den verwundeten, feind
lichen Ausdruck an und es kam «ine
gezwungene Artigkeit in sein Wesen
hinein. Schließlich saß er ganz still
da oder antwortete nur einsilbig.
Der Rittmeister schwieg dann auch,
und eine Weile faßen sie steif und un
beweglich einander gegenüber.
„Ich quäle Dich?" fragte er schließ
lich kurz.
Der Andere nickte, ohne auszu
sehen.
„Aber der Aausend!" rief der Ritt
meister, »das ist ja doch längst vorbei;
und es war ja nichts ein einziger
Kuß ich gebe Dir mein Ehren
wort!"
Der Revisor erhob abwehrend die
Hände.
„Nein, ich bitte Dich rede nicht
davon ich ich kann das nicht er-
Der Rittmeister biß die Lippen fest
zusammen und erhob sich langsam.
„So leb' wohl!" sagte er trau
rig, verbeugt« sich mit steifer Würde
und ging.
Dann trafen sie. sich zwei Jahre
lang nicht mehr. <sie gingen biswei
len auf der Straße aneinander vor
über, aber nickten sich nur aus der
Ferne' zu.
Der Rittmeister ritt wi« früher
jeden Vonmittag aus. Aber feine
weiblichen Bekannten bemerkten, daß
er sie wohl mit derselben ausgesuchten
Höflichkeit wie früher grüßte, ihnen
aber nicht mehr sein hübsches Lächeln
schenkte. Abends dagegen hatte er
begonnen, in di« Theater zu gehen,
wo er bald einer der treuestenStamm
gäste wurde, sah aber immer ein we
nig ironisch-uinnteressirt aus. Man
meinte auch, «v hätte angefangen,
gründlich alt zu werden.
Eines Tages las er in der Zeitung,
daß Frau Anna Holm, geborene
Hjelm, gestorben sei. Im ersten Au
genblick gab es ihm gleichsam «inen
Schlag vor die Brust —es machte
einen besonderen Eindruck auf ihn,
diese Todesanzeige zu sehen; doch
spielten die Jugenderinnerungen hier
bei keine Rolle, nein, es war so son
derbar, weil er diese letzten zwei
Jahre ihr immer gegrollt hatte.
„So, nun war sie also todt!"
Als er mit diesem Gedanken ver
traut geworden war, machte «r weiter
keinen Eindruck auf ihn, «r wunderte
sich bisweilen selbst darüber, wie ge
fühllos er geworden.
Einen stärkeren Schlag vor die
Brust bekam er jedoch, als er einige
Abende später ein wohlbekanntes Läu
ten an der Flurglocke vernahm und die
Haushälterin hereinkam und Herrn
Revisor Roth anmeldete. Sein Ge
sicht leuchtete einen Augenblick auf,
aber dann beherrschte er sich, erhob
sich und stand wartend, in strammer
Haltun" nur ein wenig bleicher als
gewöhnlich da.
Der Revisor kam herein: er sah
ziemlich verlegen aus, blieb an der
THU« stehen, hustete, vermochte aber
nichts zu sagen. Der Rittmeister
rührte sich nicht. Plötzlich ging
der Revisor auf ihn zu, erfaßte feine
Hand, drückte sie warm utid sagte
schnell, als wenn «r eine Lektion aus
sagte:
»Ich ich bekam eine solche Lust
auf eine Partie und da dachte ich,
ein wenig bei Dir hinaufzusehen
aber Du hast vielleicht keine Lust?"
Der Rittmeister sah ihn fragend an,
machte dann eine schnelle Bewegung
nach dem Schachtische hin und ver
setzte:
Sie setzten sich schweigend, began
nen schweigend das Spiel und setzten
es den ganzen Abend schweigend fort.
Aber unter diesem Schweigen ka
men sie so ganz allmälig Wieoer in
Uhr wurde elf, sie wurde zwölf, aber
die Partie wollte gar kein Ende neh
men.
Da erhob sich schließlich der Revi
sor und sagte:
Im selben Augenblick senkte sich
er eine Weile nachdenklich aus und ab,
und das alte ironische Lächeln schwebte
um seine Lippen.
„Was ist der Mensch doch für ein
wunderliches Geschöpf!" murmelte er
schließlich.
Berliner Tischzeit. Ein
erst um drei Uhr!" „Gott, wie spät!
Und die reichen Leut'?" „Nicht vor vier
oder fünf Uhr!" „Und die Abgeordne
ten vom Reichstag?" „Um sechs oder
sieben Uhr!" „Und die Herren Generäle
und Minister?" „Um acht oder neun
Uhr." ...So? Nu, wann eßt dann aber
Caprivi?" „Der Reichskanzler? O, der
Alles voll. Reisender (aus
recht gemüthlich zugeht): „Wo ist'sße
schwcrdcbuch"-—Diener: „Det is voll!"
—Reisender: „Wo ist denn der Sta
tionsvorsteher?" Diener: „Der is
—-Lieutenant zu einem
Kameraden: „Wird Ihnen spanisch
vorkommen, daß ich kurz vo.r dem Er
sten noch solche Zeche zahlen kann?"—
,O nein, aber hebräisch."
Parlamentarischer Siomai».
In meinem Herzen, lieberfüllt ...
verehrte Ich ein Engelsbild... So ward
noch nie ein Weit verehrt... von ei
nem Sterblichen. (Hört! Hört!)
Oft bin ich mitten in der Nacht...
aus süßen Träumen aufgewacht, . . .
dann eilte ich (der Weg war weit)...
noch vor ihr Fenster. (Heiterkeit.)
Wenn ich ihr dies dann eingestand
... mit einem Kuß auf ihre Hand,...
dann lachte sie gewöhnlich tüchtig ...
und sprach, ich sei verrückt. (Sehr rich
tig!)
So fragte ich mich traurig bald,...
warum sie gegen mich so kalt,... und
ach, in meinem Herzen sing's... zu
zweifeln an. (Unruhe links.)
Oft dachte ich, um aller Noth ...
ein End' zu machen, mir den Tod...
zu geben, da die Liebe schuf ... mir
doch nur Leiden. (Ordnungsruf.)
Ach, da vernahm ich, ... Freund,
ich mag's... kaum wiederholen, ...
eines Tags, ... daß sie ... und ein
Gefühl der Rache ... durchbebt mich
heute noch! ... (Zur Sache!)
Daß sie mit einem Springinsfeld,
... der ihr vorlog, er habe Geld, ...
sich einließ, wie aus Uebermuth. ...
Da war ich abgekühlt. (Sehr gut!)
Das heißt: nicht völlig. Ihr Por
trät ... sah oft ich an mit Lust und
Weh, ... und schaut's zurück auch wie
mit Hohn, ... ich sah's doch gerne.
Ich will sie auch nicht wiederseh'n,
... allein, ich muß doch eingestehn:...
Von Zeit zu Zeit brennt lichterloh ...
in mir die alte Lieb'. (OhlOh!)
?lch fühl' es ja, es ist nicht klug, ...
es ist ein dummer Selbstbetrug. ... ich
sage mir sehr oft sogar: ... Ich bin
ein rechtes Schaf! (Sehr wahr!)
Trotz alledem und alledem, ... und
ist mir's auch nicht angenehm, ... ich
fühl', daß ich noch für sie schwärm'...
mit ganzer Seele. (Großer Lärm.)
Was Hilsts denn auch? Man ist ver
liebt. ... und tritt sie jetzt herein und
giebt... ihr Händchen mir, ich glaub',
wir trennten ... uns nimmer! (Ham
mer des Präsidenten.)
Zwei Zeelen und ei» Bedanke.
Dynamiterich: Wenn mir nicht
lasse ich dieses Pack:t mit Dynamit
fallen! . ,
Bankier Protzert: Na, na, nur nicht
so heißblütig. Hi«r sind die gewünsch
ten zwanzigtausend Dollars. Nun ge
ben Sie mir aber auch Ihr Packet.
Dynamiterich: Besten Dank. Für
so vernünftig hätt' ich Sie übrigens
nicht gehalten, mein Herr.
Beide (leise für sich, schmunzelnd):
Na, Der wird aber Augen machen,
wenn er sein Packet öffnet!
Bankier Protzert: Da hätt' ich da
raus wetten wollen, daß es so sein
würde. Natürlich nichts als Säge
mehl.
Dynamnerich (in seiner D«ch!am
mer>: Himmelkreuzdonnerwetter!
Nichts als Sägemehl! . , ,
Kür unser« grauen.
Geselligeßildung.
„Die Seele der Geselligkeit ist und
bleibt das Gespräch; aber bei unseren
Zuständen muß es zum Aschenbrödel
werden. Man hat eben einander
nichts zu sagen; man ist froh, wenn
man durch irgend welche Unterbre
chung, von der beständigen Jagd nach
So charakterisirt der geistreiche
Dichter des „Talisman", Ludwig
Fulda, in einer kürzlich in einem deut
schen Magazin erschienenen Plauderei
die deutschländische Geselligkeit. Im
weiteren Verlauf der interessanten
Auseinandersetzung hebt der Verfasser
besonders hervor, daß unter den
Mängeln der deutschen Gepflogenhei
ten der Verkehr der beiden Geschlech
tern am schlimmsten leidet. Denn
Männer für sich und Frauen für sich
finden noch andere Gelegenheiten, um
sich kennen zu lernen und auszuspre
chen, als die eigentliche Geselligkeit; je
doch unter einander sind sie meist aus
den Salon angewiesen. Zumal junge
Männer und junge Mädchen können in
deutschen Kreisen nur in Gesellschaften
unbefangen mit einander verkehren.
„Wie aber gestaltet sich dieser Ver
kehr?" frägt nun Herr Fulda weiter
und schildert wie unter den obwalten
den deutschen Verhältnissen eine inner
liche Annäherung und wahrhaftes
Kennenlernen absolut ausgeschlossen,
wie den jungen Leuten keine Möglich
keit zu gegenseitiger Prüfung und
gründlicher Aussprache geboten ist/
„In einem fortwährend unterbroche
nen, durch das allgemeine Stimmenge
wirr übertäubten Tischgespräch, oder
in den Pausen eitles Tanzes haben
znpi Menschen zu entscheiden, ob sie
sllr's ganze Leben zu einander passen
F ld d'
von den nachteiligsten Folgen begleitet
ist, und wie sie Alles gelernt haben,
nur nicht die Augen aufmachen und um
sich blicken in ihre unmittelbare Um
gebung. „Mehr Anschauung ist nö
thig, das heißt genau dasselbe wie
mehr gesellige Bildung!"
Die Leserinnen werden
es vielleicht eigenthümlich finden, daß
ich der Wiederholung der Aussprüche
des deutschen Schriftstellers so viel
Raum und Bedeutung gegeben, da sie
doch nur auf die Verhältnisse in
Deutschland Bezug nehmen. Meiner
Ansicht nach enthalten sie aber auch
goldene Wahrheiten für uns deutschen
Frauen und Mütter in Amerika. Wenn
wir auch nicht mehr auf deutscher Erde
weilen, so haben wir doch unsere deut
schen Ansichten von drüben mit hierher
gebracht, und versuchen sie sogar hier
fortzupflanzen. Ja, wir leben auch
in Amerika noch in dem frommen
Glauben weiter, daß was wir in unse
dem geliebten Heimathland einst ge
lernt, auch für alle Zukunft das ein
zig Richtige und Gründliche und
Gute ist, und daß wir also unsere
Kinder in denselben Anschauungen er
ziehen müßien. Die Worte Fulda's
sind also auch an uns gerichtet, auch
wir gehören zu denen, welchen er den
Mangel an richtiger geselliger Bildung
vorwirft, denn auch wir haben jene
eigenthümliche Erziehung genossen, in
welcher er die Ursache dieser fehlenden
geselligen Bildung erblickt. Wenn
also der Fehler nur in der Erziehung
liegt, und eine Reform der Geselligkeit
nur durch eine Reform dieser Erzie
hung zu bewerkstelligen ist, so müssen
wir eben an dieje Erziehung die «sor
mirende Hand anlegen. Nirgends
kann dies aber leichter geschehen als ge
rade hies in Amerika, denn Alles was
Ludwig Fulda an der deutschen Erzie
hung tadelt, das ist bei der amerikani
schen bereits ein überwundener Stand
punkt, so daß man meinen könnte, die
amerikanische Erziehung hätte dem
deutschen Dichter und Schriftsteller als
Ideal vorgeschwebt.
Hier gibt es keine Zwiespältigkeit
in der Erziehung beider Geschlechter
mehr, hier lernen die Knaben und
Mädchen von Jugend an die Augen
ausmachen und um sich sehen, und
sich auch gegenseitig beobachten. Hier
sind Männer und Mädchen nicht erst
a»5 den Salon angetxiesen, um sich
kennen zu lernen, sondern von der
Schulbank angefangen bis zur Aus
übung eines bestimmten Berufes
zwungen und mit einander her. Hier
gibt es kein? „höhere Tochter", die keine
Vorstellung von dem Berufsleben hat,
denn sie sieht mitten drin als nützli
ches Glied der menschlichen Gesell
schaft. . ~ . V .
Wir würden also e!n Unrecht an
unseren Kindern thun, wenn wir sie
der großen Vortheile dieser amerika
nischen Erziehung, welche zu einer voll
kommenen geselligen Bildung führt,
aus falschem deutschen Patriotismus
berauben würden. Ja, wir müßten
noch mehr thun und unsere deutschen
Ideen so weit daß wir
deutschen Mütter uns in dieser Bezie
hung auch die amerikanischen zum
Vorbild nehmen. Es ist nicht Anbe
tung des Fremden, wenn ich gestehe,
daß ich gar oft schmerzlich entdeckt ha
be, um wie viel gerade in geselliger
Bildung die Amerikanerin uns Deut
schen über ist.
Die gebildete Amerikanerin versteht
jene von Fulda gerühmte Seele der
Geselligkeit, das Gespräch, ungleich
leichter zu handhaben als wir, wenn
sie auch faktisch vielleicht nicht so viel
Seele besitzt als die Deutsche. Sie
psinden als die Germanin, aber sie
besitzt eine virtuose Leichtigkeit, ein
Anschmiegen an die Forderungen des
ist dasselbe nicht mehr das deutsche
nebensächliche untergeordnete Aschen
brödel.
„Ja. tadeln ist leichter als besser
machen," werden mir sicherlich viele
meiner etwas verstimmten Leserinnen
zurufen, und manche derselben wür
den es vielleicht recht gerne besser ma
auch dies Ziel ist zu erreichen, wenn
die deutschen Frauen nur ernstlich
wollen. Nicht unschwer ließe sich eine
Vereinigung gleichgesinnter weiblicher
Wesen bilden, die es sich zur' Ausgabe
machen würde, jene höhere gesellige
Bildung zu erlangen, wie sie unsere
amerikanische Mitschwester besitzt, und
und wie sie zu unserer eigenen Fortbil
dung und zum Schritthalten mit dem
Erziehungsgang unserer Söhne und
Töchter nöthig ist. Der einzige und
ausschließliche Hauptzweck dieses ge
selligen Frauenvereins müßte es also
sein, das „Gespräch", die Seele der
Geselligkeit in seiner veredelten
Form zu üben und zu Pflegen, nicht
nur oberflächlich zu plaudern, sondern
über wichtige Gegenstände ernst zu
sprechen!
Ein weiblicher Apothe
ler wird gesucht. DK „Pharmaz.Ztg."
enthält folgendes Gesuch: Wirthschaf
ten». Es wird für einen alleinstehen
den Apotheker auf dem Lande einFräu
lein oder kinderlose Wittwe zur Füh
rung seines kleinen Haushaltes ge
sucht. Dieselbe müßte —die leichte Re
zeptur und Handverkauf zuweilen be
sorgen können. Bei einigem Vermögen
IVO.VIX) Thaler hat, oder einer, der
sieben Töchter besitzt?"—Rabbi (nach
sieben Töchter hat." —A: „Wieso?" —
Rabbi: „Einer, der 10t),(XX) Thaler
Resolut. Braut: Aber
unserer Hochzeit doch nicht anziehen
wollen?! Bräutigam: Glaubst Du
vielleicht, ich zwänge mich in neue?
rath ich lieber nicht!
Unverbesserlich. A.:
„Mein Ehrgeiz ist, keine Schulden zu
schen einen Cent schuldig." B.:
„Das ist ein sehr schöner Entschluß,
alle Achtung!"^ —A.: „Ja, wissen
Enttäuscht. Er: Sehen
Sie: Ja, Herr Doktor! Er:
Sic (verschämt): Nein! Er: Soll
ich Ihnen die Ursache gestehen, Fräu
lein? Sie (sehr verschämt): Spre
chen Sie! Er: Nun denn ich
bin erst heute früh 2 Uhr von ein»
Kneipe nach Hause gekommen!