Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, April 20, 1894, Page 2, Image 2

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    2 volrswitz in Namen.
Unsere rein deutsch«» P«rsonenna
«nen, d. h. also die sogenannten Vor»
cher Poesie. Das rührt daher, daß sie
zu einer Zeit entstanden sind, in der
unser sinniges, gemiithvolles und san»
gssfrohes Bolk im Alter naiver Kind
heit stand. Unsere Personennamen
sind uralt . Die deutsch«» Familien
namen dagegen sind ungleich später,
vielfach erst zu Ausgang des Mittel
alters geworden, zu ein» Zeit, da das
Handwerk und mit ihm auch großen
theils die Prosa verbunden mit bur
leskem, theilweise rohem Witz blühte.
!G«rne zog man das Thierreich für die
Familiennamen heran. In so man
chem deutschen Reinicke, 80ß, Schöps,
Stier, Hecht, Bock, Frosch, Stockfisch
ii. f. w. sind offenbar Eigenthümlich
leiten des Stammvaters die Ursache»
zu der Bemnnung gewesen. So haben
auch Namen wie Sauerhering, Rind
fleisch, Suphan, Meerlatz, Rußwurm,
Kohlhase, Gänsich«!, ihren Ursprung
in gewissen äußeren und inneren Merk
knalen der einzelnen Personen ebenso
wie minder bekannte Familiennamen,
als da sind Adebor (Storch), Bohm
hammel, Gans, Gaul, Hammel, Lamm,
iMehfisch, Ringeltaube, Pelikan,
Schweinigel, Rodochs, Sonnenkalb.
Während die Thiernamen meist das
Außere oder innere Merkmal, das den
Maine» der einzelnen Person veran
laßt, nur errathen lassen, liebte es der
Volksmund zu Ende des Mittelalters
unter Vermeidung der Bilder
sprache den Namen schlechtweg durch
Nennung des ausfallenden Kennzei
chens zu geben. Da findet man den
Großepaul, GroßhanS, Großkopf.Pap
pelbaum, Heinzelmann, Stifft, Hanf-
Istengel. Dickmann, Feist, Backofen,
Bierbauch, Block, Fornefett, Made
weiß, Rübe, Hampel, Plumperdump;
nach Einzelmerkmalen sind bekannt:
Blaufuß, Streckfuß, Hasenscharte,
Knickebein, Krummbein, Kaßsuß,
iFeuchtewange, Fettebacius, Fratz,
Dichterhaupt, Quastbarth, Rüssel
!mann, Saugefinger, Rotzmaul. Man
!sieht, wählerisch war der Bolksmund
jgerade nicht. Ebenso unerbittlich ver
ifährt er in der Namengebung bei Be
zeichnung der mehr sittlichen und gei
stigen Eigenschaften der Einzelperson.
lDas deutsche Nationallaster des
verräth sich z. B. in dem über
aus zahlreichen Vorkommen von Fa
milien, welch« Brand heißen. In der
>Regel wird sich diese Bezeichnung wohl
aus den inneren Brand, den Durst ih
>rer Träger bezogen haben. Auch die
Hamen Bierling, Bierauge, Bierbauch,
Meinhold, Vollgießer u. A. gehören
hierher. Neben dem Durst findet auch
der Hunger seine Berücksichtigung in
den Familiennamen Esser, Fraß,
iGutteter, Fleischfresser, Rindfleisch.
Mecht munter klingen die Na-nen,
welche das Wesen der einzelnen Person
iin günstigem Lichte erscheinen lassen.
Da giebt es Gutgesel, Frischelach,
Liebeskind, Schelmiger, Un
verzagt, Reinekindt, Gutsmuths, Ro
senmund, Frischauf, Schlafmunter u.
s. w. Ein recht verlegener Stamni
ivater wird den Namen Schamroth er
halten haben, ein jähzorniger Krieger
den Namen Scheidenreißer. Zahlreich
sind die Namen, welche mit dem „Ner
denicht, Schmalvogel, Heidenreich,
«Findepfenningk, Protze u. f. w. Die
ganze Schale urwüchsiger Grobheit, die
dem deutschen Volkswitz zu Gebote
steht, wird aber in Familiennamen
»vie Greiner, Zenker, Lüger, Hoffertig,
Deibel, Dreckmeyer, Schuft, Schurke,
Flegel, Feig, Bube, Beest,
Grundekel u. s. w. ausgegossen, der zo
tigen Namen gar nicht zu gedenken.
Es mag kein Vergnügen sein, sich mit
«solchen Kosenamen durchs Dasein zu
schleppen.
> —D as iste s eben. Fürst: Ich
liabe den Glauben an die Menschheit
verloren. Alle Leute, die um mich
liche Menschen mehr. Freund des
Fürsten: Oh, doch Durchlaucht,
«s gibt noch ehrlich« Menschen, aber
Boshaft. Dame (alte Co
quette): „Was? Sie sind schon Ma
jor? Wie die Zeit vergeht! Erinnern
Sie sich noch an mich, da ich noch
Mädchen war?? Sie spielten oft mit
mein Großvater!"
Aus eigener Erfah
rung. Mutter: „Aber Du mußt
doch endlich einmal lernen, Dich allein
anzuziehen, Fritzchen. Wenn Du mal
später Soldat bist, wirst Du auch kein
Kindermädchen haben!" Der klein«
schen Lichts: „So is es auf der Welt.
gar nimmer brauchen."
Wennernurzuschlucken
bätte. Armenrath: Wenn die
Schilderung Ihrer Lage wahrheitsge
treu ist. dann sind Sie in der That ein
anner Schlucker. Bettler: Wenn
ich's nur wär, Herr Rath, aber ich hab'
digt. Er: Ach, käme noch einmal der
Augenblick, wo wir vor dem Altar stan
den! Sie: So! Daß Du nein sa
gen könntest! Richt wahr? Jawohl,
das ist Dir zuzutrtuen. Ja, das sieht
Dir ähnlich... Er: Nein. Weil ich
da Deine kürzest? jstche hörte. S>t
war die schönste!
Lieutenant von LSWeS Abenteuer.
Novelle von Robert Misch.
Lieutenant von Löwe war einer der
beliebtesten Officiere des Regiments.
So energisch er sich auf dem Exerzier
platz bezeigte, ein ebenso liebenswürdi
ger und vorzüglicher G«sellschaster
konnte er im Kreise der Kameraden
sein. Gegen das weibliche Geschlecht
war er, wie sich das bei einem preußi
schen Lieutenant eigentlich von selbst
versteht, galant und zuvorkommend.
Trotzdem bereiteten ihm gerad« di«
Frauen schwere Sorgen und umdüster
ten sein sonst so fröhliches Dasein.
Diese Grausamen und Thörichten er
kannten nur das Recht des „Stärke
ren" an; sie wollten überrumpelt sein
tes, schüchternes Werben. Wi« oft
hatt« er sich nicht schon Altmeister
Goethes weise Mahnung: „Doch wer
kühn ist und verwegen, kommt fürwahr
noch besser fort!" in's Gedächtniß ge
rufen ... umsonst!
Rümpfen Sie nicht die Nase, lie
benswürdige Leserin, und behaupten
habe ihn selbst gekannt, wenn ich auch
zugeben muß, daß er eine merkwürdige
Ausnahme unter dem Geschlecht der
Lieutenants bildete. Er, der aus dem
Exerzierplatz« schreien konnte, daß sein
hübsches, dunkles Gesicht ganz blau
wurde, lispelte und flötete in Gegen
wart einer Dame in den sanftesten
Molltönen. Sein Muth, den er in
schönen Geschlechts gegenüber. Nie
mals hätte er die Initiative ergreifen
können, und schon zweimal hatte ihm
ein Anderer die Dame seines Herzens,
die noch dazu eine gute Partie war,
vor der Nase weggeschnappt. Das ist
nicht angenehm, nicht wahr? Beson
ders, wenn man deswegen noch von
dm Kameraden gehSnselt wird. Lieute
nant von Löwe kämpfte vergeblich mit
allen Kräften gegen diesen verhängniß
vollen Temperamcntsfehler an. Er
Das konnte den Frauen natürlich nicht
gefallen; er sagte es sich selbst mit
schmerzlicher Wuth. Zum Teufel, es
daß er auch im Stande fei, eine Erobe
rung zu machen. Er wollte auch sein
Wenteuer haben um jeden Preis!
In diesen Gemüthszustand unseres
Helden siel das Manöver. Glücklich
sechs Wochen lang kein Gamaschen-
Todesverachtung die uneinnehmbarsten
Schanzen an der Spitze seiner Mann
schaften, wofür er im Kriege >vahr
scheinlich das eiserne Kreuz erster
Klasse erhalten hätte. Ach, hätten ihn
so die Frauen sehen können, die einst
rinqen-Bendorf für das ganze Gene
ralkommando gastfreie Tafel hielten.
Man erzählte einander begeistert von
den luxuriösen Diners, den Bällen und
Gartenfesten mit Feuerwerk, von den
schönen Frauen und dciH exquisiten
Champagner, die den Kameraden auf
dem Gute des BaronS vorgesetzt wur-
Als Peter Markowski, Löwes pol
nischer Bursche, sich nach einiger Zeit
blicken ließ, hatte er ein ganz verklär
tes Antlitz.
«Na, Du siehst ja so heilig aus,
Markows!!?"
Ach Panje Leitnant, Zimmer fein.
Essen fein, Mädchen fein gutteL
OuartierchkN, braves Köchin;"
„So, 50... die kennst Du auch
schon?"
Wie oft hatte er nicht schon den Kerl
beneidet um die Leichtigkeit, mit der
Peter alle Köchinnen der Nachbarschaft
eroberte. Für jed«n Wochentag hatte
lich die besten sind.
Löwe macht« sich sehr sein. Er be
nutzte sogar die Brcnnscheere den
lassen. Die Brust von Watte und
unter. Vielleicht fand er hier endlich
die ersehnte Gelegenheit, den schneidi
gen Kerl zu spielen und Eroberungen
zu machen.
Als er in die Salons trat, in denen
sich die Gesellschaft versammelt hatte,
wäre er beinahe wieder umgekehrt,
solche Furcht bekam er urplötzlich vor
den vielen schönen Frauen- und Mäd
hestetenV Herrgott, wo kommen dic
nur alle her? Eine immer hübscher
als die andere! Man hatte die Aus
wahl zwischen üppiaen Brünetten und
Pflanzstätte weiblicher Anmuth, oder
die Bendorfs hatten ein Massenheira
then unter dem Generalstabe anrichten
Er bedauerte sogleich, daß sie verhei
rathet sei. Und wie das Schicksal
manchmal seine Launen hat: gerade
stimmt. Sollte das ein Wink des
nünstin und praktisch, und dann hatte
er gewisse strenge Grundsätze. Aber
vielleicht eine Wittwe?! Bei dem Ge
sei, fiel ihm sofort das in die
Kniekeble. Er mußte Gewißheit ha
ben. Die erste beste Gelegenheit —er
hatte die Gastfreundschaft des Hauses
„Herr Gemahl ist gewiß zur Jagd
hergekommen?"
„Ich bin allein hier? mein—Mann
ist auf Reisen," lautet: die etwas ver
legene Antwort.
Der Man» auf Reisen, die Frau zu
Besuch auf einem befreundeten Gute—
ob ihm das Schicksal nicht hier „sein
Abenteuer" zugeführt hätte. Natür
lich in allen Ehren! Frau von
nöthigen Routine, zur Gewinnung der
Taktik des Herzbrechens. Damit be
schwichtigte er sich selbst gegenüber die
nichts weiter, aber aus Tod und Leben,
bis er „sein kleines Abenteuer" weg
hatte. Worin es bestehen sollte, dar
über war er sich selbst noch nicht recht
getauschten Erinnerungen und Viel
liebchengeschenken. Als höchstes er
reichbares Ziel schivebte ihm ein Ren
mit seiner schönen Tischnachbarin zu
unterhalte».
.Nun, Herr Lieutenant, was haben
Sie denn? Sie starren ja so entzückt
in's Champagnerglas!" weckte ihn
endlich ihr« Stimme aus seinen Träu
mereien.
„Wie sollte ich nicht entzückt sein,
meine Gnädigste! Aus den scheußlich
sten Bauernnestern plötzlich in dies
Feenschloß versetzt, und dazu dies fa
belhafte Glück bei Tisch!"
„Welches Glück?"
„Sie als Nachbarin zu haben!"
Eine Blutwelle röthete ihre zarte,
schneeweiße Haut, wie sie die rothblon
den Freuen gewöhnlich haben. .Sie
lächelte fein und sah ihn voll, aber
durchaus nicht böse an, eher etwas ko
!'!t. Ein kaum hörbares „Oh!" war
neben diesem unmerklichen Gruß der
zu sagen getraut. Aber nun ging's
ganz gut, und mit jeder Viertelstunde
ging's besser.
oder zog sich in seine Gemächer zurück.
Für den Abend gab es bal champetre
mit kaltem Büffet und Feuerwerk.
Löwe verplauderte mit seiner Tisch
dame den größten Theil des Nachmit
tags im Part, bis sie sich zurückzog, um
ihre Toilette zu wechseln und ein wenig
zu ruhen. Auch Abends wich er nicht
von ihrer Seite. Sie war wirklich ein
reizendes Weib, so natürlich und offen,
soweit Frauen es gegen Männer über
haupt fein können, und so lustig und
klug und gut. Er mußte sich verteu
felt zusammennehmen, um nicht lichter
loh zu brennen. Nur nicht ernsthaft
verlieben! Nein, er wollte auch mit
dem Feuer spielen, wie die Anderen!
aus mit der Unbefangenheit und der
Liebenswürdigkeit, das wußte er. Er
hatte es ja zu oft erlebt, wie er dann
stotternd und erröthend seiner Herzens
„Ei, ei, Herr Lieutenant," sagte He
schöne, stattliche Frau von Bendorf
»eckend, als er von nun an der ständige,
„Oh, Gnädigste scherzen!... Wirk
lich eine reizende Frau! Wie ich hör«,
bleibt sie noch einige Wochen hier! Der
Herr Gemahl kommt gewiß erst später
näch?"
„Nein, er ist auf Reisen!" sagte
Frau von Bendors, und es kam ihm
vor. als ob auch pe verlegen sei.
Natürlich neckten ihn auch die Ka
meraden sehr bald, als sie den „Flirt"
zwischen ihm und der rothblonden
Schönheit entdeckten. Man fragte
ihn, wie weit er schon mit seiner „neue
sten" Eroberung gekommen sei. Der
„Der Duckmäuser! Mit jungen
Mädchen bandelt er nicht an. Die
sind ihm zu gefährlich... fallen Ei
nem gleich um den Hals und lispeln:
„Sprechen Sie mit meiner Mutter!"
Drum macht er sich jetzt an die jungen
Frauen."
Löwe lächelte nur überlegen und
zwirbelte seinen Schnurrbart. Man
begann, an ihn zu glauben. Er wollte
es ihnen noch Allen zeigen, was für ein
Kerl er sei.
Die Zeit verging im Fluge. Mor
gens die Manöverritte, dann zurück,
macht, darauf etwas Ruhe, später das
Diner und Spazierfahrten oder Ge
sellschaftsspiele im Park. Abends Tanz
oder bei schlechtem Wetter Musik. Mit
jedem Tage brannte der arme Löwe
Heller, ohne es selbst zu ahnen. Er
glaubte, wunder was für Fortschritte
in der schweren Kunst des Herzens
sturmes zu machen. Er kam sich schon
ganz umgewandelt vor. Aber wie
meisterhaft verstand es auch die Frau,
seine Schüchternheit durch ihre Lie
benswürdigkeit im Keime zu ersticken.
Es war ganz merkwürdig, wie frei
und leicht er sich in ihrer Nähe fühlte,
wie unbefangen er mit ihr plaudern
konnte. Uebrigens sprach sie niemals
von ihrem Manne; jedem Versuche,
auf dies Thema zu kommen, wich sie
ängstlich aus.
Das Manöver näherte sich seinem
Ende. Morgen früh sollten sie das
Gut des Barons verlassen, der noch
einmal Alles aufgeboten hatte, seinen
Gästen den letzten Abend so angenehm
als möglich zu gestalten. Die Guts
besitzer aus der ganzen Umgegend wa
ren mit ihrer OffiziersEinquartirunz
geladen. Im großen, von allen Sei
ten offenen Gartensaal tanzte man.
Nur Löwe und Frau von Schlickeysen,
die sich ein Tuch um die Schulter ge
schlungen, wandelten durch die einsam
sten Pfade des ausgedehnten Parkes.
Ohne jede Verabredung, ohne ein
Wort darüber auszutauschen, hatten
sie sich plötzlich aus dem fröhlichen Ge
triebe fortgestohlen.
Ein wundervollerAbend lagerte über
so mild, .nicht wie im September war
die Luft. Hell funkelten die Sterne,
und ein zarter, blasser Halbmond hing
am lichtblauen Firmament. Des
schied? Er wußte es nicht. Aber es
demselben Holz geschnitzt, wie die mei
sten seiner Kameraden; und diese
Frau war zum Spielen zu 2»t und z>
vornehm.
Nun schritten sie neben einander hin.
Unausgesprochen bewegte Beide, der
selbe Gedanke.
„Sie gehen nun fort?" sagte sie
endlich.
„Ja, morgen früh!... Ach, es war
„Ja, das war eS!"
„Werden Sie «in wenig an mich
zurückdenken?"
„Oh, Herr Lieutenant!"
Sie zitterte; er fühlte es an ihrem
Da war er nicht mehr Herr feiner
selbst. Vergessen waren plötzlich alle
guten Vorsätze, weggeweht alle Schüch
ternheit. Wie von selbst drängte sich
ihm ihr Vorname auf die Lippen.
„Hedwig ... mein Gott, warum sind
Sie nicht frei?! Sie leben unglücklich,
ich weiß es!"
„Was wissen Sie davon! Und wenn
ich frei wäre?"
„O, dann... dann würde ich Sie
in meine Arme schließen und Sie fra
gt»: Wollen Sie mein Weib wer
den?"
Da blieb sie stehen, sah ihm voll in
die Augen und hauchte leise: „So
fragen Sie doch!"
~Wi«? Hedwig!... wie soll ich das
„Ich... ich bin frei; vor acht Ta
gen ist mein« Ehe geschieden worden!"
Da war «s ihm, als ob sich ihm der
Himmel öffne. Er fragte nicht, wie
und was? er schloß sie freudetrunken
in seine Arme, küßte sie wieder und
wieder auf den Mund, auf die Augen
und stammelte: „Hedwig, liebe Hed
wig. süße Hedwig!"
Erst später, viel später, fragte er.
Natürlich hatte sie nicht aller Welt mit
theilen wollen, daß sie in Scheidung
lebe. Ihr Mann sei roh, habe sie miß
handelt; schließlich hätten sie sich in
Güte getrennt und wegen gegenseitiger
Abneigung die Scheidung ihrer Ehe
beantragt. Wie eine Erlösung s:i ihr
die Nachsicht gekommen, daß sie frei
ganz frei. Auch über ihre sonsti
gen Verhältnisse klärte sie ihn auf.
Als sie sich der Baronin als Ver
lobte vorstellten, drohte diese ihm
schalkhaft mit dem Finger.
„Ei, ei, mein lieber Herr Lieutenant,
„O ja, Du hast es gehabt, aber ich
will dafür sorgen, daß es das einzige
bleibt!"
Und das hat sie wirklich gethan.
SluS d«r schweren Zeit der Noth.
In dem Besitz des städtischen Mu
seums von Paris befindet sich ein
Briefwechsel, den Geoffroy Saint Hi
laire, Direktor des Jardin des Plan
tes, während der Pariser Belagerung
mit dem Schlächtermeister Deboos
führte. Derselbe betrifft die Thiere
des Gartens, die dem Schlachtmesser
überliefert wurden. Am 24. Ottober
1870 lauft- Deboos 6 Nacks, 3 Zebras
und 1 Büffel für 2660 Fr., einen wah
ren Spottpreis. Wenige Tage darauf
ein junges Rennthier für 200 Fr.,
einen Hahn für 160, 19 Stück Geflü
gel für 162, 23 kleine Enten für 146.
11 Gänse und 14 Entm für 300 Fr.
Am 8. November wurde ein Antilope
geschlachtet, dann kamen 2 kleine Eber
und 2 kleine Schweine für 1200 Fr.,
I russische Reimthiere sür 1200, ein
Kasuar für 200, 2 kleine Eber und 2
kleine schwarze Schweine für 1200, 1
Rennthier für 400, 1 Kasuar aus
Neuholland für 200, 2 Rennthiere ifür
800, 2 Fasanen für 100, 2 Fasanen
für 60, 1 Donau-Gans für 36, lEnte
um 16, 2 Enten von den Karolinen
um 80, 1 Känguruh um 100, 1
Schwein um 300, 2 verendete Fasanen
um 60 Fr. Am 20. November werden
3 Antilopen und 1 Silberfasan mit
1020 Fr. dezahlt. Eine andere Anti
lope nebst 3 Gambia-Gänsen und
einem schwarzen Schwan kosteten 1000
Fr. Am 25. November wurden
äußert zwei große Hirsche für 2600
Fr., dann zwei andere Hirsche für
3000, ein Bär für 600, 3 afrikanische
Antilopen für 400, ein Mousslon, 2
kleine Böcke für 200, eine Antilope für
660 Fr., zwei Hirschkühe und zwei
kleine Schweine sür 2200 Fr. Am 20.
Dezember wurden zwei Kameele mit
6000 Fr. bezahlt; am Borabend des
Weihnachtsfestes ein Dromedar mit
2880, zwei Gänse mit 120, zwei
Pfauen mit 80, vier Enten mit 100
Fr. Am 29. Dezember zahlte Deboos
2?,000 Fr. für zwei Elephanten, deren
hartes Fleisch sonst keine Liebhaber
findet. Hieraus geht hervor, daß die
Fleischnoth schon im November und
Dezember sehr groß geworden war,
während die Belagerung erst Ende Ja
nuar endete. Nach Neujahr war denn
auch kein Fleisch mehr zu haben, außer
Pferdefleisch.
Aerztliche Praxis. Ein
Arzt erhält spät am Abend die Karte
eines College». „Komm' doch noch
ein Bischen in die Kneipe, uns fehlt der
dritte Mann zum Skat!" Liebe
Emilie, sagte er nun zu seiner Frau,
ick werde nochmals fortgerufen. Ist
es denn so wichtig? Ach, ein schwie
riger Fall, antwortete er. ZweiAerzte
sind schon da!
des Staatsanwalts (betet): „."..Und
arnst "
Ei» guter Rath.
Sänger hab«» den Vorzug, daß
Mädchenherzen ihn«n mit Schnellzugs
geschwindigkeit zufliegen, während ein
gewöhnlicher Sterblicher, der nicht in
einer Scala von Tönen schwelgen kann,
froh sein dars, wenn ihm per Bummel
zug ein leidlich treues Herz sich zuwen
det. Aber dieser Vorzug wird durch
Gericht aus Wahrheit beruhen soll.
Havere hatte immer solch lockere
Kehle, ein lockeres Herz und eine locker«
Tasch«, aber er war dabei ein. grund
guter Gesell, aufrichtig, stets »ollLaune
und der beste Gesellschafter von der
Welt. Kein Wunder also, wenn er in
der Weinstube „Zum Rautenkranz",
wo die Notabilität«? der Universitäts
stadt verkehrten, gern gesehen«! Gast
war. Besonders Einer hatte ihn gern,
das war der joviale Commerzienrath
Winter, der Besitzer einer großen Ma
schinenfabrik, einen schönen Vermögens
und eines liebreizenden Töchterleinj—
Alma geheißen.
Freilich bis auf fem Allerheilig
stes, seine Wohnung, übertrug Com
merzienrath Winter die Freundschaft
für Emil nicht und als der letztere ein
mal eine Alma berührende Anspielung
machte, die als sehr vorsichtiges Son
diren gedeutet werden konnte, da war
der Herr Commerzienrath plötzlich aus
seiner sehr lustigen Laune in eine sehr
ernste gerathen und hatte sehr kurz
replicirt: „Nein, lieber Freund
Tenoristen sind die besten Leute, aber
die schlimmsten Schwiegersöhne!"
Natürlich Amor hätte nicht solch
einKobold sein müssen, wie dieser klein«
Hallunk« nun «inmal ist, wenn er nun
nicht Emil lockeres Herz „festgemacht"
und auf einen Punkt, auf di« schöne
Alma Winter conc«ntrirt hätte; und
er hätte sein Werk nur halb verrichtet,
hätte er nicht zu gleicher Zeit das Com
merzienrathstöchterlein entbrennen las
sen in Liebe zu dem Sänger.
Wie die beiden sich fanden und sich
aussprachen über das, was ihre Herzen
füllt« ja, du grundgütiger Himmel,
sen! Di« Wege, die Verliebte einschla
gen, um zu einander zu gelangen, sind
so wirr verschlungen und vielfältig,
daß man ihnen als Unbeteiligter doch
nicht zu folgen vermöchte. Genug
also beide hatten sich ausgesprochen
und was nun folgen mußte, war klar:
Emil mußte um Almas Hand anhal
ten.
Tagen wie umgewandelt. Es fehlte
ihm sichtlich was. Die Stammgäste
im „Rautenkranz" waren ganz perplex.
Was konnte «s nur sein, das ihn be
drückte? Schulden? Unsinn, wann
hätten solche je «inen Sänger bedrückt?
Es mußte eine „innere" Sache sein, so
aus dem Ressort des Herzens heraus.
Und die das riethen, trafen ja auch
das Richtige.
Morgen war der Tag, an dem Emil
im schwarzen Gala-Anzug anpochen
sollte an die Thür und das väterliche
anzutrinken zu dem schweren Gang am
anderen Morgen. Und so war denn
Eniil am heutigen Abend im „Rauten
kranz" bemüht, bei gutem Schanzhof
berger alle Grillen wegzufangen, die in
ihm den Begriff „morgen" umschwirr
ten!
Der Commerzienrath Winter war
heute bei goldigster Laune. Ja, als
die Anderen zu noch früher Stunde
aufbrachen, bestellte er eine neueFlasche,
diesmal Steinberger Cabmet, und lud
Emil ein, mitzuhelfen und noch ein
Stündchen in dem intimen, behaglichen
Raume auszuhalten. Das that Emil
auch mit Freuden.
Als die Flasche noch nicht halb ge
leert war, rückte der Commerzienrath
dem jungen Sänger näher.
„Hören Sie, was fehlt Ihnen eigent
lich? Der Kuckuck mag wissen, was
Ihren Frohsinn zerstört hat. Eine
Gewissensfrage: Haben Sie Schul
den?"
Der Sänger schüttelte den Kopf:
„Nein, wenigstens nicht solche, die
ich nicht aus eigenen Mitteln sofort zu
decken vermöchte. Ich bin wohl ein
leichter Gesell gewesen, aber zu den
blinden Schuldenmachern gehöre ich
Und er seufzte trotz dieser beruhigen
den Erklärung tief auf.
„Na, dann kann's nur eins sein!
Irgend eine Schöne in unserer Stadt
hat's Ihnen angethan."
„Ja!"
„Nun sehen Sie! Aber die
Schöne will von Ihnen wohl nichts
wissen? Und nun spielen sie den mo
dernen Werther, wie?"
„O nein! Sie liebt mich, wie ich
sie!"
„Na, Potz Wetter, was bildet denn
da das Hindernis,, daß Ihr jungen
Leute Euch nicht in die Arme fliegen
könnt?"
„Der Bater!"
„Hm! Ist wohl 'n stolzer Kerl,
wie?"
solche Aversion gegen Tenoristen."
.Muß ein schnakischer Patron sein,
der alte Herr!" sagte der Commer
zienrath vergnügt. „Na, Prost erst
einmal trinken!"
Nach einer kleinen Weile fing Win
ter wieder an:
„Sie müssen dem Alten imponiren,
lieber Freund imponiren!"
„Aber wie?"
„Hahaha! Wissen Sie, was ich
„Ich bin sehr begierig!"
„Ich träte vor ihn hin und sagte:
Ich liebe Ihre Tochter und sie liebt
damit basta!"
„Die Folge würde ein Wink nach der
Thür sein!"
„Na dann steht der Alte auf, gibt
Tochter und dann wird gefrühstückt."
„Ach," seufzte Emik, „wenn ich mich
darauf verlassen könnte!"
„Verlassen Sie sich darauf."
„Gorantiren Sie's mir?" fragte
Wort darauf!"
„Was will denn der?" sagte er er
staunt und rieb sich die Stirn. Der
Abend hatte ihm doch einen Anflug
von Kater eingetragen.
Emil überschritt die Schwelle. Er
sah äußerst feierlich aus in der be
ilud prompt kam es über Emils
Lippen:
„Ich liebe Ihre Tochter und diese
mich wieder. Sie geben sie mir und
damit basta!"
Der Commerzienrath riß dje Augen
weit auf: „Waas?"
„Was wollen Sie denn? Ich bin
zum famosen Großpapa machen!"
Das Antlitz des Cvmmerzienraths
röthete sich, er sprang auf und rief:
„Herr, sind Sie des Teufels?"
„Bitte," lächelte Emil. „Sie fallen
aus der Rolle. Jetzt müssen Sie mir
die Hand geben, Ihre Tochter rufen
und dann gehen wir zum Frühstück."
„Aber, Freundchen das ist ja Un
sinn "
„Bewahre, es ist die volle blanke
Wahrheit und daß Alles so ge-
Wortt re mir g tern
Der Commerzienrath sank wie
sprachlos auf seinen Sessel zurück.
Dann raffte er sich wieder empor:
„Sie haben mich da in einer schönen
Schlinge gefangen!"
„Papa," klang es da von der Thür
her und zwischen den Portieren erschien
Almas Gesichtchen. „Ja, Papa,
es jst Wahrheit, er liebt mich und ich
liebe ih>» wieder!"
Der Commerzienrath brummte noch
ein Weilchen, dann gab er, bewegt von
den Bitten der Liebenden, seine Ein»
willigung.
aute Commerzienrath seinen „guten
Rath" nicht zu bereuen haben!
Warum weinst Du?
Präsidenten Arthur ein Gastmahl
der Rothhäute bemerkte, daß sein
bleichgesichtiger Nachbar sich zum Flei
sche eine ganz kleine Menge eines
Breies nahm, der in einem zierlichen
Gesäße vor ihm stand. Es war ein
scharfer Senf. Der in dieser Bezie
hung unerfahrene Indianer meinte,
barkeit se>n und benutzte die Gelegen
heit, sich recht ausgiebig mit ihr zu ver
sorgen. Er verzehrte a»s einmal einen
großen Lösftl voll davon, verspürte ein
gewaltiges Brennen, verschluckte aber
tapfer die schreckliche Speise, wobei er
jedoch rtcht verhindern konnte, daß ihm
Thränen in die Augen traten. Sein
anderer Nachbar, auch eine Roihhaut,
fragte erstaunt: „Was weinst Du
denn?" „Weil ich daran denke, daß
heute vor acht Jahren mein Bater im
Mississippi ertrunken ist," antwortete
jener. Nach einiger Zeit nahm der
andere Indianer eine ebenso große
Menge Senfes zu sich, und nun war
das Weinen an ihm. Da fragte
spöttisch sein Genosse: „Und warum
weinst denn Du jetzt?" mich
darüber gräme, daß nicht auch Du da
mals im Mississippi ertrunken bist,"
lautete die Antwort.
Geringer Unterschied.
Landwirth: „Wissen Sie, meine
Nichte ist wirklich ein Prachtmädel, sie
näht sich ihre sämmtlichen Kleider
selbst. Von der hat noch niemals
eine Schneiderin auch nur einen Dollar
aekriegt!" Städter: „Hm! Die
meinioe läßt sich allerdings immer die
allerneuesten und geschmackvollst«,
Roben anfertigen. Im Uebrigen ver
bält es sich mit ihr sonst genau so, wie
mit der Ihrigen!"
Höchste Teufelei. Schwie
germütterchen (sehnsuchtsvoll): «Ach,
wenn ich doch blos 100,(XX) Dollars
mein Eigen nennen könnte."—Schwie
gelsohn: „Ein vorzüglicher Wunsch.
Und was würden Sie damit machen,
wenn ich fragen darf?" Schwieger
mutter: „Sie enterben!"