Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, December 08, 1893, Page 3, Image 3

Below is the OCR text representation for this newspapers page. It is also available as plain text as well as XML.

    Der schwarze Koffer.
I.Capitel.
die Borgänge, die den Herren von der
Polizei und von der Presse unter dem
Namen des „Schwarzen Koffermordes"
Sache zu thun, ich habe nachher und
vorher den verschiedensten andern Be
rufsarten angehört, damals war ich
aber also ein Privatfahnder. Ich war
zu jener Zeit ein angehender Vierziger
und hatte unter dem Druck ungünstiger
Verhältnisse dies Gewerbe ergriffen,
das mir wenigstens die Möglichkeit
bot, einen sehr unentbehrlichen Gegen
sür Leckerbissen.
Die Thätigkeit eines Privatfahnders
sagte mir sehr zu, und ich glaube, ich
2. Capitel. -^>
hatte und mein Handkoffer schon bei
der Landung des Schiffe? untersucht
hatt« ich in Frieden mei-
«inem jungen Paar, dos sroinmenGlau
denS war, seinen beiderseitigen Bätein
entlaufen zu sein. Sie waren sehr ver
! liebt und sehr harmlos, diese glücklichen
Menschen, und ich sah wohl, mit wei
tem Eifer sie die Niemen an ihren
Koffern aufschnallten und die Schlüssel
handhabten. Die Liebenden machten
mir meine Aufgabe nicht schwer, und
ich hatte vollauf Muße, mich nach al
len Seiten umzusehen.
Ich schlenderte zwischen den erregten,
hastigen, gereizten Leuten herum und
Aufmerksamkeit auf sich. Wie deutlich
mal gelesen haben muß, und ich habe
mir' geschworen, jeden Anlauf zur
Schönschrciberei zu unterlassen, denn
Richtig ist übrigens, daß diese beiden
Domen eine wichtige, wenn a«ch nicht
die Hauptrolle in der Tragödie spielen
sollten, deren erster Aufzug für mich
wenigstens hier zur Aufführung kam.
Die eine von ihnen war, wie schon ge
sagt, ältlich, mindestens fünfzig, wenn
nicht mehr, wohlbeleibt, blond und leb
haft, roth im Gesicht, aufgeregten We
sens und mit einer schrillen Stimme
behaftet. Der Zollzwang war ihr offen
bar wie so Vielen lästig, und statt sich
ruhig in's Unvermeidliche zu finden,
stieß sie unaufhörlich Klagen und Seu
fzer aus, zankte mit der Jungser und
wandte sich in ziemlich komischerWeise
immer wieder an den gelassen drein
schauenden Beamten in seinem grünen
Rock. Die Tochter, ein hochgewachsenes,
bedeutend aussehendes Mädchen, deren
dunkle Augen bei aller Ruhe vielFeuer
„Sei doch ruhig, Mama!" hörte ich
sie zu verschiedenen Malen ihr zuflü
stern. „Gleich wird die Reihe an uns
„Aber hoffentlich werden sie doch De
inen schwarzen Koffer ungeschoren las
s-n lxsitb." versetzte die Mutter ausge-
Tochter unbefangen zurück, „so werde
ich einfach sagen, daß er einen photo
graphischen Apparat enthält."
Während sie noch sprach, ließ sich ein
Beamter, der unbeschäftigt und mit
hochmüthiger Gleichgiltigkeit gegen die
von allen Seiten ertönenden Bitten da
gestanden hatte, plötzlich herab, sich nach
den Damen umzuwenden, und der
Dienstmann in blauer Blouse, der sich
zum Beschützer der Engländerinnen und
ihres umfangreichen Gepäcks aufgewor
fen hatte, rief ihn sofort an.
„Haben Sie Zollpflichtiges." fragte
der Beamte auf französisch.!
„Nein," begann die alte Dame, di:
den Inhalt ihrer Reisetasche auf dem
Tisch ausgebreitet hatte, redselig,
„oder eigentlich, ja. Da ist eine Flasche
kölnischen Wassers, die nur eben geöff
net wurde, u-nd in dem Reiseetui ist ein
wenig irischer Branntwein, auch habe
ich anderthalb Pfund Thee bei mir,
Souchongthee, zu viereinhalb Schilling
das Pfund, Ladenpreis."
Der Beamte, ein mürrisch aussehen
der Franzose mit gelblichem Gesicht und
röthlichem Schnurrbart, hörte ihr auf
merksam zu und ließ dabei seine Blicke
über die ansehnliche Sammlung von
hübschen Koffern und Körben schweifen.
„Oeffnen Sie diesen," sagte er, auf
,inen großen Koffer mit Metallbe
schläg deutend, diese«", setzte er
hinzu, und legte dabei die Hand auf ein
längliches Gepäckstück.
rief die alte Dame ganz außer sich, „es
Ist so mühsam, den Strick aufzuknü
pfen. und wir mußten ihn zuschnüren
lassen, weil das Schloß nicht stark ge
nug ist."
Der Zollbeamte gab keine Antwort,
und einer von den kleinen blauröckigen
Trägern machte sich sofort daran, den
auf dem Deckel befindlichen Knoten des
kreuzweis herumgeschlungenen dicken
Stricks zu lösen. Zufällig faßte ich die
sen Knoten in's Auge, während er da
ran zerrte.
Die junge Dame beugte sich leicht
über die Schranke.
„Wir wären Ihnen sehr dankbar,"
sagte sie ernst und leise in gutem, wenn
auch nicht besonders elegantem Fran
zösisch, „wenn Sie einen der andern
Koffer öffnen ließen dieser macht
gar so viel Mühe."
sie zu der Mutter: habe
gesagt, Du warst es, die in London die
sen Strick hcrumschniiren ließ, als ob
das nicht das beste Mittel wäre, Ver
dacht zu erregen."
„Du weißt wohl, wer uns den Rath
gab." versetzte die Frau in hilflosem
Tone.
Uebrigens schien sie jetzt für ihren
Jammer keine Worte mehr zu finden
ten, mußten sie an mir vorübergehen.
Ich wandt« mich wieder zu den Da
men und stand nun unmittelbar Hinte»
Ihnen. Der geldliche Mllner war zu
rückgekehrt, hatte die Kleider in
großen Koffer durchstöbert und durch- j
einander geworfen und die Sache dann
dcnden Handbewegung abgemacht. Nun
trat er zu dem schwarzen Koffer, dessen
Umschnürung endlich gelöst war.
„Die Schlüssel!" sagte der Träger.
„Beben Tie mir die Schlüssel."
Die junge Dame zog auZ einem
Bund einen einzelnen hervor, dessen
Form nichts Ausfallendes hatte.
„Das ist er," sagte sie.
Der Mann steckte ihn in's Schloß
und versuchte zu drehen es ging
nicht.
„Das ist der rechte nicht," sagte er.
Ein anderer probirte und zerrte an
dem Schloß herum, man zog den
Schlüte! heraus, beugte sich hinunter,
und einer wollte es mit einem andern
an den Bund befestigten versuchen, al
lein das Mädchen gebot ihm mit einer
raschen Belvegung Einhalt.
„Der und kein anderer ist der rich
tige," sagte sie. „DaS Schloß brauchen
Sie mir nicht zu verderben."
Erneute Versuche.
„Brechen Sie den Koffer auf," be
fahl der Zollbeamte mit gedämpfter
Stimme. „Das ist der Schlüssel nicht."
Aufbrechen. Der Befehl wurde erbar
mungslos vollzogen, trotzdem die alte
Dame bald entrüsteten Widerspruch
erhob, bald c>m Schonung flehte. Dte
junge sagte lein Wort; seit ihre erste
Bitte nichts gefruchtet hatte, stand sie
in trotzigem Schweigen dabei.
DaS Schloß wurde gesprengt und
der Deckel zurückgeschlagen. Der In
halt de- Koffers war sehr ungleich ge
packt, so daß lleine Hügel und Höhlen
sichtbar waren; über das Ganze lag ein
weißcS Tuch gebreitet, das sehr in die
Augen fallend den mit rothem Garn
eingestickten Namenszug „E. R." trüg.
weg, und aus bloßer Neug>:rde trat ich
näher, um zu sehen, was dieser geheim
nißvolle Koffer, den zu öffnen so viel
Schwierigkeit gekostet hatte, wohl ent
halten mochte. Ein wunderlich zusam
mengelegtes Etwas ward sichtbar' —
offenbar ein Paket, das in schwarzen
Stoff oder einen Shawl eingehüllt
war schwer mußte es jedenfalls sei»
ein barmherziger Gott nein
ein menschlicher Körper die
Leiche einer alten schwarzgekleideten
Frau!
Nie werde ich diesen Augenblick ver
gessen. Selbst heute, nach Jahren, zit
tert mir unwillkürlich die Hand, mit
der ich dies niederschreibe.
Nichts befand sich In dem Koffer
außer dem Handtuch und dem Körper,
der hineingezwängt und -gestampft
worden war. Den Kopf fest gegen den
Magen gepreßt, die Beine aufgeschlagen
und herumgelegt, so war der Leichnam
in diesen improvisirten Sarg einge
tcr Mühe herausgezerrt werden.
Meine Aufmerksamkeit war bisler
viel zu ausschließlich mit dem Jnbalt
dts Koffers beschäftigt gewesen, als daß
ich mich um andres hätte kümmern kön
nen. Nun sah ich mich um und ge
wahrte, daß die alte Dame inOhnmacht
gefallen war und an der Erde lag, ohne
daß Jemand ihr zu Hilfe.gekommen
wäre, während die junge wie versteinert
mit entfärbten Lippen, stieren Blicks
den Leichnam anstarrte, den die Leute
nun auf den Tisch niedergelegt hatten.
Die Reifenden, die den Saal nicht schon
früher verlassen hatten, unter ihnen
auch meine ahnungslosen Opfer, stan
den dicht gedrängt um uns her, und
Rufe des Entsetzens und der Verwun
derung wurden laut.
„Die Sache muß ein Ende haben,"
sagte ein Beamter, der eine breiteSil
berborte um die Mütze trug, indem er
sich aus seiner eigenen Bestürzung auf
raffte. Von den Schutzmännern, die
immer am Ausgang des Zollgebäudes
aufgestellt sind, waren einige heraufge
kommen, man hieß das Publicum sich
entfernen, die Leiche wurde hinausge
tragen und die Damen unter Bedeckung
hinausgeführt, oder vielmehr die Mu
tter ward, immer noch vollständig leb
los, hinweggeschafft, während die
Tochter kreideweiß, aber hoch aufgerich
tet, zwischen zwei Schutzmännern an
mir vorüberschritt. Durch eine Seiten
thüre brachte man sis in einen andern
Theil des Gebäudes, während ich mit
den Uebrigen in den großen Hof hin
ausgedrängt wurde, wo ich meinLiebes
paar in einen der bequemen kleinen
BahnhosomniSusse steigen sah und
hörte, wie sie dem Kutscher den
febl gaben, nach dem Grand Hotel zu
fahren.
Ich habe schon erwähnt, daß ich den
Knoten der Kofferumfchnürung in's
Auge gefaßt habe: im Hinaustreten
kam mir dieser Gegenstand wieder
deutlich in den Sinn er war von ei
ner linkshändigen Person geknöpft ge
wesen.
3. Capitel.
Nachdem ich mich überzeugt hatte,daß
meine Flüchtlinge sicher in ihrem Hotel
untergebracht waren, und an den Ba
ter der jungen Dame, in dessen Auftrag
ich arbeitete, telegraphirt hatte, schlen
derte ich gleichmüthig den Boulevard
entlang, und dabei lag mir der 'seltsame
Auftritt, dessen Zeuge ich zufällig ge
worden war, immer im Sinn. Ehrlich
men, die ich so unerwartet hatte in Haft
nehmen sehen, weit interessanter, als
daS zärtliche Paar, das mir vom Bu-
Sohn eines reich begüterten Adeligen
und die Familie des Mädchens sah es
gar nicht ungern, daß die Dinge weit
ziehen seinerseits unmöglich zu machen.
St handelte sich deshalb gar nicht da
rum, diese Entführung geheim zu hal
ten: ich hatte ihnen in der Sieenschakt
>lneS Spions, ?er gelegentlich
Zeuge verwerthet werden konnte, zu
folgen. In einem Berus wie dem meini-
DaS Wesentlichste war für mich die
ter Mord vor.
fort: „Wer ist der Thäter?" Das ist
Hintergrund'stellt. Ueber die Getödtete
sich. „Wer ist der Thäter?" Der Ge
lich.
mir sie unaufhörlich vorlegen. ZweiDa
mrn und ih«e Jungfer diese kann
aber vorperhand noch ganz aus dem
ich ging sie in Gedanken auf's sorg
fältigste wieder durch. Die Frage ge
staltete sich für mich folgendermaßen:
Es ist natürlich vorderhand ein Ding
in den Vordergrund. Ihr Verhalten
während des Auftritts, ihre ganze Per
sönlichkeit schienen die Möglichkeit, daß
gegen sie vor, und zwar war das nicht
ihr Widerstreben, den Koffer zu öff
nen der stark verknotete Strick bot
nicht das beste MMel wäre, Verdacht
sem Sinn gemeint sein, und es schien
höchst unwahrscheinlich, daß die Mut
ter, wenn überhaupt betheiligt, mehr
Aber die Tochter? Ihr zu miß
zählte, ein dunkeläugiges, bedeutend
aussehendes Mädchen mit einem cha
raktervollen Gesicht und machte den Ei
ndruck einer Person, die vor kleinenHin
dernissen nicht zurückschreckt. Immer
hin zeiht man eine harmlose junge
Dame, die mit ihrer Mutter reist, nicht
gern des entsetzlichsten aller Verbre
chen, deö Mordes; freilich Pflegen ande
rerseits auch junge Damen keine Lei
chen in ihrem Koffer mitzufühlen.
Die Furcht vor dem Oeffnen gerade
dieses Koffers war bei dem jungen
Mädchen ungemein deutlich zu Tage
getreten, und wenn diese an sich auch
ganz erklärlich gewesen wäre, so wurde
sie doch unter diesen Umständen ver
dächtig. Noch ein andrer Umstand kam
dazu und erschien mir von noch größe
rer Wichtigkeit als man ihr den
Schlüssel abverlangte, hatte sie den Ge
horsam verweigert.
Ich hatte nickt den leisesten Zweifel,
daß der Schlüssel, den sie hingereicht
hatte, der falsche gewesen war, und
demnach hatte sie den richtigen verwei
gert.
Dafür gab es keine andere Erklä
rung, als daß sie das Oeffnen um je
den Preis hatte vermeiden wollen und
darauf rechnete, die Beamten würden
nachgeben und sich mit der Untersu
chung eines andern Gepäckstücks begnü
gen. Sie hatte wiederholt versichert, die
ser Schlüssel sei der richtige? er war es
nicht sie hatte also eine Lüge ausge
sprochen.
Während meiner kurzen Thätigkeit
als Fahnder habe ich die Beobachtung
gemacht und Collegen von weit mehr
Erfahrung haben mir diese wiederholt
bestätigt, daß bei einem Menschen, der
bewußt und willig mit kühner Stirne
in Worten oder Handlungen lügt, man
immer die Möglichkeit nicht mehr
all die Möglichkeit natürlich anneb.
ist-n vars, oaN er aucy seven anoern
Verbrechens fähig ist. Der Lügner kann
alle Zeit zum Mörder werden.
Alles drängte zu der Annahme, daß
die junge Dame vermuthlich Fräu
lein Simpkinson von dem seltsamen
und das war an sich schon merkwürdig
genug. Auf Grund dieferVorausfetzung
erschien alles Weitere glaublich.
lein Simpkinson thatsächlich die Mör
derin sei. Zum guten Fahnder gehören
unfehlbar Ahnungsvermögen und In
stinkt nur daß beides in richtiger
Weise beherrscht und geleitet werden
muß, da sitzt der Haken! Ich hatte un
umstößlich das Gefühl, daß Fräulein
Simpkinson wohl zu der That in Be
wenig Gelegenheit, darin einzudringen,
aber trotzdem fühlte ich mich in erklär
licher dazu hingezogen und
Aus allen Schaufenstern schien das
schmale, alte Gesicht mit den starrenAu
gsn mir entgegenzublicken wer war
es, der die arme alte Frau getödtet
baffe. und weshalb hatte er e- gethan?
Ob ich wollte oder nicht, ich mußte mich
4. Capitel.
Ich sagte, daß ich nur sehr wenig
Gelegenheit hatte, der Sache nachzu
spüren, in Wirklichkeit bot sich mir da
xu überhaupt nur ein Weg, und auch
Vor einigen Monaten war ich in mei
ner geschäftlichen Thätigkeit mit einem
Pariser Polizeicommissär in Berüh
rung gekommen. Meine Auftraggeber
theilten mir stets die Arbeit auf dem
Kontinent zu, Neil ich in neiner Jugend
so war ich in Sachen eines Bertrauens
bruchs nach Paris geschickt worden,
hatte dort mit einem französischen Po
lich war es ja, wenn auch nicht sehr
wahrscheinlich, daß er mir in diesem
Fall von Nutzen sein konnte.
Ich fand ihn in seinem kleinen Bu
reau in der Nähe des Pantheons, das
theiligt sei'n mußten, lag ja nichts Auf
fallendes. Der Zufall wsllie nur, daß
der Polizeicommissär, in dessen Bezirk
cois.
dienst.
Herr Dübert verschloß s. Pult. Wir
Er wußte um die Entdeckung, und
zwar genau! Den ganzen Abend hatte
er von nichts Anderem gehört, nichts
gedacht. Er war ein äußerst gesprächi
ger, erregbarer kleiner Mann, just nicht
das Holz, aus dem man Polizeibeamte
lich.
hatte.
Er fing damit an, un» genau zu be
richten. wie die Dinae im Auaenblict
standen. Die ältere Dame hatte allem
Anschein nach ihr klares Bewußtsein
zeiamt angestellten ArzteS in's Kran
kenhaus gebracht worden. Nach Ansicht
deS Comnnssärs ivar sie jedenfalls nicht
tief in die Angelegenheit verwickelt.
Mit der jungen Dame und ihrer
Jungfer hatte mau ein vorläufiges Ve
rhör angestellt. Die Dienerin wußte of
fenbar von der ganzen Sache nichkS,
das Fräulein wußte offenbar vieles.
Die Jungfer war nicht einmal imstand
gewesen, die Persönlichkeit der Verstor
benen festzustellen, denn sie versicherte
nachdrücklich, daß sie die Dame nie im
Leben gesehen habe. Trotzdem ver
schaffte uns ihre Aussage üb»r zwei
Punkte Klarheit.
ErstenS: Die Verstorbene hatte sich in
nicht in Gesellschaft von Frau Simp
kinson und ihrer Toch«r befunden,
sonst würde die Jungfer sie gekannt
haben.
Zweitens: Der schwarze Koffer war
wirtlich Fräulein Simpkinfons Eigen
thum; das Mädchen hatte ihn als sol
ches wiedererkannt.
Das Verhör der jungen Dame selbst
war natürlich ungleich interessanter ge
wesen, und Herr Francois Diibert gab
mir in zuvopkommenster Weise daSPro
schriftsmäßig war, lasse ich unerörtert,
der Mann wdr nun eben einmal er
freut, auf ineine Hilfe rechnen zu dür
fen.
Das Verhalten des Fräulein Simp
kinson war entschiede/r ausfällig und
schloß jede Möglichkeit ihrer gänzlichen
Unschuld aus. Die eine Hälfte der an
sie gerichteten Fragen hatte sie beant
wortet, bei der andern Hälfte hatte sie
die Beantwortung rundweg abgelehnt.
Sie hatte willig erklärt, daß idr und
ihrer Mutter Name, wie er auf den
Gepäck-Adressen stand, „Orr-Simpkin
fon" sei, und daß sie London in der
Frühe dieses Tages verlassen, die vor
hergehend« Nacht in einem kleinenGast
hauS zugebracht hätten. Als man sie
aber nach ihrem ständigen Wohnort
befragte, oder von ihr wissen wollte,
wo sie den Tag »or der Reise verlebt,
verweigerte sie plötzlich jegliche Aus
kunft. Gleich darauf besann sie sich je
doch eines andern und gab ihre genaue
Adresse in Tootinz an und setzte hin
zu, daß sie mit ihrer Mutter am Tag
zuvor den Gasthof bezogen habe, um
für die morgendliche Abreise näher am
Bahnhof zu sein. Diese Aussage war
nun von der Jungfer, die man noch
einmal vorgenommen hatte, trotz hefti
ger Zeichen und Winke von feiten der
Herrin, ganz widerlegt worden, denn
diese hatte den Commissär belehrt, daß
ihr« Damen die letzten drei Wochen in
Southend zugebracht hätten, und daß
sie von Southend aus, und nicht von
Tooting nach London gefahren waren.
Es stellte sich nun auch heraus, daß die
Jungfer in dieser Zeit nicht bei ihnen
gewesen, sondern erst am Morgen auf
dem Londoner Bahnhof mit ihnen zu
sammengetroffen war. Sie war die
ganze Zeit über in der Wohnung in
Tooting zurückgeblieben, und daraus
erklärte sich auch, daß die ermordete
Dame ihr unbekannt war. Jedenfalls
diesen Schluß konnte man'mit Si
cherheit ziehen — wußte FräuleinSimp
kinfon, wer die Todte war, und das
Mädchen wußte es nicht. „Und ach
Gott, ach Gott, Fräulein," hatte daS
Mädchen gerufen und war in Thränen
ausgebrochen, „Sie wissen, daß alles,
w«s ich sage, so wahr ist, wie das
Evangelium; warum lassen Sie den
Herrn Harvey nicht hierher kommen?"
Daraufhin hatte der Polizeicommis
sär strengere Saiten aufgezogen, und
Fräulein Simpkinson war noch wider
spenstiger geworden, hatte jedoch einge
räumt, daß der Koffer zweifellos ihr
gehöre, auch der Schlüssel, sagte
In dem Koffer hatte sich ein Hand
tuch befunden gehörte eS ihr?
„Nein." Wußte sie oder glaubte sie zu
wissen, wem es gehörte? Sie konnte
nichts darüber ssgen. DaS Tuch war
mit den Buchstaben E. R. gezeichnet,
hatte sie irgend eine Vermuthung, auf
was für einen Namen diese sich bezo
gen? «Tie weigerte sich, zu antworten.
Im Weißzeug der Todten hatte man
denselben Namenszug gefunden und
war daher zu der Annahme berechtigt,
daß daS Handtuch ihr gehört hatte
war Fräulein Simpkinson in der Lage,
die Persönlichkeit der Todten festzustel
len? . , ,
.Ja.' . " '
Als ich dies „Ja" im Protokoll las,
wort zu erwarten gewesen. Meine Be
stürzung wuchs, als ich die zwei nächst
folgenden Zeilen las.
„Sind Sie bereit, es zu thun?"
„Nein."
Es war nicht gelungen, weiteres auZ
ihr herauszubringen, Vorstellungen
und Drohungen hatten sich gleich er
<Fortsetzung folgt.)
BetreffsderGistigkeit des
und Äorsicht bei
In dem Reiche der Mitte hat de?
ter und gelangt in mannigfacher Weis?
zum Ausdruck. Am Neujahrsfeste,
da- auf Ende Januar oder in Äen Fe
tümmert hat und es also nicht umge
pflügt werden darf. Das könnte sonst
wohl geschehen, denn eigentliche Fried-
Mondes. Das Mittlere Fest, dessen
ersten Tage mit großen Prozessionen
verbunden sind.werden noch lange Zeit
Nachkur Abends und Nachts fortgesetzt.
Sie bestehen hauptsächlich darin, ganz
dünne Kleidungsstücke und aus Papier
nachaemachtes Geld zu verbrennen,
dessen sich die Geister bedienen sollen.
ES ist erstaunlich, welch ungeheure
Abend für Abend und Nacht für Nacht
kann man um die Zeit des Mittleren
Geisterfestes in jeder chinesischen Stadt
die hellen, schnell verpuffenden Flam
men sehen. In mancher Stadt be
läuft sich der Werth des nachgemachten
Geldes auf 36,000 Dollars. Bei der
an denen oft an LO.VVO Menschen
deshalb stets vorher in den Zeiiungen
ermahnt, während des Festes die von
der Prozession berührte Gegend der
Vorstädte zu meiden, um nicht von
dem Lumpengesindel belästigt zu wer
den.
Ji»dianis«»>« Ttlicatcsse».
Die Nothhäute sind im Laufe der
Jahre große Freunde des Kaff« ge->
worden, der ihnen in großen Ratio»
nen geliefert wird, und den sie seh,,
gut zuzubereiten gelernt haben. Zu
jeder Mahlzeit gibt es Kasse bei ihnen
und nicht selten auch in der Zwischen
zeit. Ihre Sguaws sind gute Brod
bäckcrinnen und backen sie dastelbe in
schmecken würde, das nicht die gräu
liche Procedur des Abschlachten- ge
sehen hat. Eine alte Squaw packt den
unglücklichen Phylar und hält ihn fest
auf den Boden, während «in alter
einschlägt. Ist das Thier todt, dann
halten und seine Haare abgesengt, wo
rauf das Zerlegen vor sich geht. Da
bei beanspruchen und erhalten die Köche
die Leber, welche sie roh verzehren, wir
ja auch in manchen Gegenden Deutsch
lands die Jäger die Lebern der erlegten
Rehe als besondere Jagdbeute an sich
nehmen u. in rohem Zustande sich wohl
schmecken lassen. Einige Indianer,
stänime essen übrigens nur gebratene
Hunde, allein die Sioux ziehen den.
selben gedämpft allem andern Fleisch
vor.
Eheliches. I.: „Ihre Frau
Gemahlin ist wohl ein,: kleine LinlS
patsche?" B.: .Wieso ?" A.:
„Nun weil immer Ihr: rechte Back»
angeschwollen ist!" 3