2 Ein tp'c? setncr Scideilschaft. Von Tag zu Tag nahm er an Kör» periiille fast sichtlich zu. Sei» Ganz, wurde schleppend, sein Aihem keuchend. Mit. dieser körperlichen Veränderung hielt die Wandlung seines Gemüths lebenS gleichen Schritt. Er würd» mürrisch und verdrossen; die Fliege an der Wand entfesselte seine Wuth. Nu» wenn sie kam, Paulin:, dann raffte er sich aus seiner träfen Ruhe aus; er wurde freundlich und charmant, wie er es nur in sein«.» besten Tagen ge wesen. Aber auch diese erfreuliche Regung listig:: Thätigkeit schlief all inälig ein? er wurde völlig stumpssin. niz. In diesem betlagenswerthe» Zu stande b-sindet cr sich jetzt noch. Eine Sitzung des berliner Schössen«?- riciiS in! KenninH von tiej.c That. Pauli-:: S. W.gen Uebcrtretunz des P.ir l-ra Ü7.'>, 6 des Straf. Str">i :' ! der zur Fütte mte !.' Winande wider Willen des El- IL-'/nimmt, um dessen X'i.ch de mit zu s-Itter». Sie sind als-.- dcfchüldiLt, wendet sich der Vorsitzende au i.!.' Ängeüe-gtz, Ihrer Herrschaft sorlgis.l'! Schleen, Konsekt, Zucker und l."!?!ch:n entwindet zu haben, zu füttern. Sie sollen das i.' teehafttr Ablicht gethan haben. Angetiazte: N::, so wat läuft nicht uf'n H::b?den 'rum.wit die Herrschaf ten bcitijentags Allens die arme anhängen wollen. Je. mopst sollen se nu immer haben, eut weder sor ihren Jrenadier oder for'n weitläufigen Knseng, oder nu jar for'n richtijen Mops. Det olle Freileii. sollte sich wat schämen, mir wejen so 'ne Sache vor dct hohe Schwurjericht zu schleppen. Vorsitz.: Sie bestreiten also die Beschuldigung? Anackl.: Det brauch ick »ich zu streiten, dct ick dem armen Cäsar manchen Happen abje jeben Habe, denn det konnte keen Mensch mit ansehen, wie det arme Vieh vor Hunger knurrte nn an seinen ciienen Schwanz rumlnabberte, weil et sonst nischt zu reißen un zu beißen Hatte. Wenn det nn e:n Verbrechen is, dann bitte ick den hohen Schwurje rich-shos, mir zu sagen, wat det vor Jesetze sind, wo man mir rinwickeln will. Vorsitz.: Wir w»cd«n einmal die Zeugin hören. Es ist ein älteres Fräulein mit scharfgeschnittenen Ge sichtszügen, das auf den Ruf des Ge richtsdicserS im Saale erscheint. Sie den Bück zu und wendet sich dann mit feierlicher Miene an den Gerichts hof. Meine Herren, beginnt sie, ich da'-' als bekannt voraussetzen, daß Cäsar häufig an Indigestion litt und von jeher eine bedenklich: Disposition zur Fettsucht erkennen ließ. So weh es mir auch that, aber ich mußte Cä sar di: gewohnten Leckerbissen entzie hen. Bei d:m fast menschlichen Ver stand des Hundes durfte ich auch wohl dcr Hoffnung Raum geben, daß er mcine wohlwollenden Intentionen ver stehen werde. Vorsitz.: Wollen Sie uns nicht sagen, welche Beweise Sie dasiir haben, daß di- Angeklagte Ih nen Fleisch- und Backwaaren entwen det hat, um den Hund zu füttern? Zeugin: Sehr gern, Herr Präsident. Wie Ihnen wohl aus den schriftlichen Mittheilungen meines Rechtsbeistan des belannt sein dürste, zeigte sich bei Cäsar, nach mchrwöchentlicker Durch führung der strengsten Diät bereits «ine crsreuliche Besserung seines Be sindenS, bis plötzlich ei» ebenso be denklicher wie räthselhaster Rückschlag «intrat. Ich bemerkte mit Besorgniß, daß das arme Thier sich immer mehr rundete, ja, daß eS geradezu fett wur de. Meine Bestürzung werden Sie begreiflich finden, zumal sich gleichze!, tig auch ein überraschender Stimm. Angswechsel bet ihm einstellte. Er be gann ,mich zu meiden, während er gleicbze'Üig eine leidenschaftlich? Zu neigung für Pauline, die Angeklagte, faßte. Ich dacht? lange über das selt same Räthsel nach, bis ich eines Tages die Lösung desselben fand Vorsitz.: Ich muß Sie bitten, meine Frage zu beantworten, ob di: Angeklagte Sie bestohlen hat. Zeugin: Ich bin im Begriff, dies zu thun. Eines Tages also überrasche ich zu meiner namen losen Bestürzung du Angeklagte, wie Cäsar mit Schinken zu füttern mit fetten: Schinken! Jetzt war mir Alles klar... Vorsitz.: Hatte sie Ihnen den Schinken entwendet? Zeugin: Wo sollte sie ihn sonst her gehabt habend Angeklagt:: Det hatte ick mit abjespart. Vors.: (zur Zeugin): Wol. len Sie den Strafantrag nicht zurück', neymin? Unmöglich! Dae- Mädcb:n hat Cäsar in dcr unverani. wörtlichsten Weile verkübr». seinr niedrigen, schon fast unterdrückten Lei. denfchaften genährt und ihn Zu». Opfer derselben gemacht. O. Sie sollten sehen, was aus ihm geworden ist! (Die Zeugin schluchzt.) Der Ge richtshof erkannte auf Freisprechung der Angeklagten, da di: Beweisauf nahme nicht ergeben hat, daß sie zur Fütterung des Mopses geeignete Ge gensländc den Vorräthen ibrer Herrin widerrechtlich entnommen hat. Trost. Während eines G-wit» ters schlug der Blitz in den Stall ei nes Gutsbesitzers und tödtete ein Pferd und drei Kühe. Da tröstete ihn sein Nachbar mit folgenden Worten: „Ei lst freilich ein großes Unglück, das Sie getroffen, aber es ist doch auch wieder ein Glück dabei! Denken Sie sich, wlc traurig wäre es erst gewesen, wenn der Stall Ihr Wohnhaus, das Roß Jhi Herr Sohn und die drei Kühe Ihre Fräulein Töchter wären!" unter der Hi!>e des Auguf!tag:(> aelit tcn, daß sie jetzt die flackernden Wind stöße als eine recht: Crquicknna ein band. Dies Wohlbehagen steigerte sich noch, aIS bei einer Biegung des 5 l'.'oms der von zwei schl.inlen, leicht füßigen Braunen gezogene Wagen in den hochstämmige» Eichenwsld ein le'ille. wo »'? seichten Abendschaiten sich vertieften nn- eins wohlthuende Kühle herrschte. Hier nestelte sie das enge Kleid über dcr Brust auf. athmet: tief und lehnte sich dann in die Ecke des Wagens. Eine Weile ließ sie die V'inme aedanlenlos an ihrem Auge vorübergleiten. dann schloß sie die Lider und aab sich Träumereien hin. es blieben ihr nur drei Novizen, die sie zur Noth hätte entbehren können. Die sen theilte sie den Wortlaut des Tele dem schwerkranken Grafen übernehmen wolle. Warum sie Hilma Weber, die jüngste unter allen sofort mit durchgeistigte Züge ihr In teresse erweckt hatten. Damals be merkte er mit einem von Liebe und Wehmuth durchbebten Ton: „Das war meine Mutter, Hilma, an der mein ganzes Herz hing und für deren Verlust Du mir Ersatz bieten sollst !" Dann hatte er sie geküßt und es durch schauerte sie noch, jenes Augenblickes aedenkend. Sie sah ihn wieder vor ihrem geistigen Auge stehen den ju gcndsrischen Offizier, Fritz Hellborn, der so rosige Hoffnungen in ihrer Seele xewcckt und sie dann so gramvoll ent täuscht hatte War es das ahnungsvolle Gefühl, daß die übernommene Sendung ent scheidend werden könne sür ihr Leben, oder nur die rasche Bewegung des Wa gens. welche sie zur Rückschau leitete die Reisende versank in jenen träumeri schen Zustand, in welchem Bilder der Vergangenheit verschwommen, wie von einem Nebelflor umhüllt, an uns vor übergleiten. Das rebenumsponnene ,saus in der kleinen Stadt am Main sah sie wieder, in dcm sie ihre Kindheit fröhlich verlebt hatte, dann tauchten, umspielt von dm Klängen der Musik, die blauen Dragoner auf, die zu den Herbstübungen gekommen waren. Als die Reihen sich lösten und die Reiter ihre Quartiere suchten, kam er. Fritz Hellborn, gerade auf ihr HauS zugerit ten und sie meinte, nie einen schöneren Mann gesehen zu haben als diesen blonden Recken in der blauen Uniform, der seinen schaumbedeckten Rappen kurz vor ihrem Fenster parkte und ihr die Frag: zurief: „Wohnt hier der Bau meister Weber ?" Uno sie sah ihn wie der vor sich, wie sie ihm den Willkom mentrun! kredenzte und wie seine Au gen sie anglänzten, als wolle er den vollen Römer auf ihr Wohl leeren. Sie sah ihn wieder vor sich, als er sie auf Kirchweih zum Tanze führte und zwei schattigen Linden erklärte, daß er sie liebe. O, welche wonnige Zeit folgte jener Stunde, in der sie mit in nerem Jubel, aber zitternd vor Scham und Seligkeit, seine feurigen Küsse ge.- duldei Und dann der Abschied! Beim Morgengrauen hatten sie sich Lebewohl gesagt, und als das Regiment kriegerischen Musik durch die Gasse zog. konnte sie seine Gestalt nicht mehr er kennen vor all' den strömenden Thrä nen Kaum ein Jahr war vergan gen, da wußte sie, daß die Liebe, welche sie für den Kern und Inhalt ihres Le bens gehalten, ihm nur eine Episode gewesen war in der abwechselungsrei chen Geschichte seines Lebens. Er hatte sie gewählt, wie man die duftige Rose worden wie von einem verzebrende» Feuer Noch ein Jahr war in's Land gegangen, hörte sie, Fritz Hell müssen und verließ die Heimath mit dcm festen Entschluß, ihr Leben der Charit«? zu weihen. Es war ein ~Da liegt das Schloß !" raschunz, daß Wölken, über die nur von Zeit zu Zeit dcr grelle Schein des Wet terleuchtens hinflog, ihn verfinsterten. Arzt wartet schon 'ne halbe Stunde, um Ihnen die iw.hige Jnstrukscho» zu ge ben." ficht eines Mannes, bei dessen Anblick dem Halbdunkel einer Fensternische. Es war der Arzt, der durch die Schei ben der Balkonthür: hindurch den Nachthiinmel betrachtet hatte und jetzt im barschen Ton ausrief: „Na end lich, das hat verteufelt lange gedauert!" Als Hilma ihn verwundert ansah, fuhr er fort: „Sie sind doch die be stellte Pflegerin?" „Ja, mein Herr !" „Gut, ich werde Ihnen gleich sagen, was Sie zu thun haben, ich bin näm lich der Doltor. Weißhauptin, sag' sie dem Michel, er solle ja nicht aus spannen. Ich muß nach der Stadt zu rück und möchte nicht vom Gewitter überfallen werden." „Gleich, Herr Doktor." „Bring' Sie aber 'ne Lampe mit. Ich hab' nicht Lust, mir auf den Trep pen den Hals zu breche». Verstan den ?" „Ja, Herr Kreisarzt." Die Alte entfernte sich, um den Auftrag auszu führen und der Arzt sagte, ohne seine laute Stimme zu dämpfen, zu Hilma : „Was nun die Berhaliungs-naßregeln betrifft, so sind die sehr einfach. Der Kranke da, dem ich durch eine Mor phium-Einspritzung eine kurze Erlö sung von seinen Qualen verschafft habe, wird nach zehn oder zwanzig Minuten aus der Lethargie erwachen. Wenn er dann früher oder später wieder zu jammern und zu deliriren anfängt, müssen Sie ihm durch eine neue Injek tion den Schlaf wiedergeben. Sie ver stehen doch mit dem kleinen Instru ment" er deutete auf die Morphium spritze „umzugehen?" „Ja. Herr Doktor. Und die Arz „Könncn Sie aus dem Fenster Wer sen. An dem da" —er deutete auf den schwerathmenden Patienten „ist Hopfen und Malz verloren. Todes kandidat ! Unsere ganze Ausgabe be steht darin, ilnn die Qualen deS Ster bens nach Möglichkeit zu ersparen. Morgen oder übermorgen ist er drüben im Jenseits. So, das ist Alles, was flucht!" Der Doktor horchte ne-ch der Balkonihüre hin. „Da draußen don nerts schon. Wo bleibt denn die Gans, die Weiskauptin ?" Der Ungeduldige schritt zur Thüre, riß sie auf und als er am Ende des Korridors einen Lichtschein bemerkte, rief er Hilma ein Gottbe'rhlen zu und eilte niit polternden Schritten den Das Mädchen legte feine Reisetasche in eine Ecke de? Zimmers und nahm die Haube ab. CS war recht schwül im Zimmer. Als Hilma bald darauf das Rasseln des abfahrenden Wagens hörte, überkam sie ein Gefühl der Erleichte rung. Der brutale Ton des Arztes hegte bei des Doktors rücksichtslosen Erklärungen betreffs des Patienten die fetzte sich Hilma zuletzt an das Bett des Meisters darstellte. Ob dies Gemälde wohl einen Grasen Laska darstellte? Hilma stellte sich diese Frage, weil es ihr schien, als hätten die Züge des blü henden, in voller Mannesschönheit prangenden Oberjägermeisters aus dem Schädel der'in seiner Elfenbeinfarbe und durch die tiefliegenden, eiugcsunke neu Augen an einen Todtenschadel ge mahnte, die magere» Wangen waren mit Bartstoppeln bedeckt, der Schnurr bart hing in den halbgeöffneten Mund und am dürren Halft sah man die Muskelstränge unter d:r welken Haut. Nein, sagte sich Hilma in Gedanken, den Vergleich zwischen dem Kranken und dem Portrait abschließend, diese Ruine eines Körpers hat nichts mit dem Oberjägermeister im Bilde gemeinsam. Nach einiger Zeit zuckte ein Blitz durch die Nacht und es hallten so mäch tige Donnerschläge durch die Luft, daß Hilma entsetzt auffuhr. Das Gewitter stand über dem Schloß und seine erste furchtbare Entladung ließ dessen Mau ern erhoben. Und fast schien es, als könne der Donnerhall Todte erwecken, denn dcr Kranke riß plötzlich weit die Augen auf und starrte die entsetzte Wärterin verständnißlos an. Das dauerte eine Minute, dann erhob er mühsam den Oberkörper, schob die Bettdecke zur Seite und entstieg deni Bett. Hilma stieß einen leisen Schrei aus, denn der Krante sah in dem langen Nachthemd völlig gespenstisch aus. Sie machte eine Bewegung, um ihn aus das Lager zurückzuführen, er aber schob sie mit dem knöchernen Arm zur Seite und ging wankenden Schrittes, irre Worte murmelnd, auf die Thür zu. Das Mädchen hatte noch so viel Besinnung behalten, daß es zur Thüre springen und sich vor dieser in abwehrender Hal tung ausstellen konnte. Der kränk: Gras stieß wie ein Nachtwandler auf das Hinderniß und kehrte um. In der Mitte des Raumes hielt er an, preßte die mageren Finger gegen die Schläfe und sah sich seufzend um wie ein Berirrter, der nicht zum Ziel ge langen kann. Wieder erschütterten Blitz und Don nerschlag die Luft, daß die Fenster klirrten. Jetzt mit einem Male schien es, als habe die gewitterschwangere Atmosphäre etwas von ihrer Elektri zität dem mattschleichenden Blut des Kranken mitgetheilt, denn, er hob die Ssrme auf und rief in heiserem Ton: „Wer donnert da, bevor ich das Signal gegeben ?" In das Tosen des Gewittersturmes hinein warf der vom Fieber geschüttelte Mann mit bebenden Lippen wirre Re den, eiferte gegen unsichtbare Gestalten, haderte mit seinem Schicksal, antwor tete auf die Donnerschläge mit furchtba ren Flüchen und stürzte plötzlich auf die Balkonthüre los, die er mit einem Griff aufriß. Hilma war dem Gebahren des Gra fen mit wachsendem Entsetzen gefolgt, seine wilden Geberden und wüsten Re den hatten ihr einen Schauder nach dem andern über den Rucken gejagt. Lange sie unfähig, eine Bewegung zu ten Fenster her ein kalter Windstoß durch's Zimmer fuhr, begriff sie, daß der Graf im Fieberwahn über die Bal lustrade des Balkons fallen und in der Tiefe zerschmettern könne. Rasch sprang sie ihm nach und riß ihn in's Zimmer zurück. Kaum war dies gescheben, so fegte ein neuer Windstoß, welcher Hagelkör ner mit sich führte, durch's Zimmer, und zwar niit solcher Gewalt, daß er die Lampe verlöschte. Das junge senden im dunklen Raum allein, dessen Balkonihüre zu schließen sie sich vergeb lich bemühte. In ihrer Todesangst rief sie um Hilfe, aber ihre Rufe wur sich? Ge^ mein Schiff verlassen ! Warte, Dich will ich verjagen. Ich kenne Dich, Du bist vom Geschlecht der Balletratten, las —" ritte, ficl sie über drei Sinsen. Mit verskl»mmte und Hilma schwere Tritt:, sowie den Ausruf: ,Flott steh' mir bei, der junge Herr!" im Innern des sie nach Licht. Dcm Ruf folgte eine kurze Stille, vernehmbar. Plötzlich tauchten zwei Gestalten auf: ei» Mann, dessen Ge sicht vom »assen Schlapphut und hohen Mantelkragen ganz verdeckt war, und den zitternden Händen folgte. Die Wirthschaften» frug, als der Fremde bereits an Hilma, die noch im Dunkeln stand, vorübergeschritten war, was ge schehen sei und das Mädchen antwortete mit halberstickter Stimme, daß der Kranke im Fieberparoxismus die Bal konthür- aufgerissen habe, worauf die Lampe vom Sturmwind verlöscht wor den sei. Der Fremde schien im Schloß be kannt zu sein, denn er ging eilig auf das Krankcnziwmer zu und die beiden Frauen hatten Mühe, ihm zu folgen. Als sie eintraten, erfaßte jener bereits den Grafen und legte ihn auf's Bett nieder. Hilma schloß eilig die Balkon thüre, während Frau Weißhaupt mit einem Ausruf des Bedauerns die bren nende Lampe mit der erloschenen ver tauschte. Als Hilma sich dem Kran kenbette wieder zuwandte, warf der Fremde eben Hut und Mantel von sich, der Schein der Lampe fiel auf sein Ge sicht und ihr rieselte ein Schauer durch's Blut vor ihr stand Fritz Hellborn. Als sie mit einem halber stickten Ausruf deS Erschreckens nach einer Stütze tastete, fiel sein Blick aus die Wankende und wic ein Aufschrei des Staunens kam ihr Name von seinen Lippen. Eine Minute standen sich beide wie erstarrt, wortlos einander gegenüber, jeder suchte in der Seele des anderen zu lesen, dann lenkte ein röchelnder Ton ihre Blicke auf den Kranken. Dem Fieberanfall schien eine tiefe Erschöp fung gefolgt zu sein, das letzte Auf flackern der Lebensslamme war vor über, der Leidende versank in einen Zu stand des Hindämmerns. Nur die Brust hob und senkte sich von der unge wöhnlichen Anstrengung und das Athmen ging zeitweise in ein Röcheln über. Fritze Hellborn sagte der Alten, daß man ihrer Dienste nicht mehr bedürfe; diese zündete die erloschene Lampe wie der an und verließ das Krankenzim mer. Hilma, der die Kniee zitte.rten, ließ sich auf einen Sessel beim Nacht tisch nieder und faltete die Hände im Schooß. Hellborn war der Wirthschaften» bis zur Thüre gefolgt, jetzt wandte er sich rasch um, trat vor das Mädchen hin und sagte: „Welch' ein Wiedersehen!" „Wie kommen Sie in diese Lage?" Ton. Sie berichtete mit ihrer weichklingen den, von Thränen leicht umflorten Stimme die schauerlichen Erlebnisse des Tages. Er ging, während sie sprach, auf dem weichen Teppich zur Balkonihüre und blickte in die Nacht hinaus. Als sie ge endet, wandte er sich um, schritt im Zimmer auf und nieder und sagte im Tone tiefer Entrüstung: „Und so wollte es ein tückischer Zufall, daß mein Telegramm gerade Sie, die Reine, an zum Abschaum" wiederholte er, als sie ihn mit ihren sanften Rehaugen ver wundert ansah, und seine Augen blitz ten im Zorn, seine Stimme schwoll mächtig an : „Dieser Gras Laska, der schluckte den Rest des häßlichen Wortes, als sein Blick auf Hilmas blasses Ge sicht und ernsten Augen fiel. „O, wenn sie wüßten, was dieser Mann sei ner leiblichen Schwester angethan hat! Weil sie ihrem Herzen zu folgen wagte und ihr Loos mit einem bürgerlichen die Hälfte ihres Vermögens. Und mich? Nun mich wußte dieser edle i mich während zweier Jahre alle Ge fühle der Schmach, dcr Demüthigung und des Ekels durchkosten ließ und neswiirde nicht ganz einzubüßen, das war sein Werk. O, wie ich ihn hasse de?, Kuppler!" Er blieb vor dem Bett stehen und sein flammender Blick ficl auf das Antlitz des Röchelnden. Vielleicht wa ren die harten Wort« in dessen umnach tete Seele gedrungen, wie zuweilen ein Lichtstrahl das Dunkel eines Kerkers bis in die Tieft durchrinnt. Der Ster bende bewegte nach einer Weile müh sam die Lippc» und flüsterte, ohne die Augen zu öffnen: „Wer ist ohne Schuld ?" Fritz Hellborn trat erbleichend zu rück : sein Zorn verrauchte und einem Gefühl dcr Beschämung nachgebend, ließ er sich im dunkelsten Winkel des Gemachs nieder. Wer ist ohne Schuld? Diese Frage schnitt ihm in die Seele, sie schien ihm aus einer anderen Welt zu kommen. Scheu:uw verstohlen schielte er nach H'lma hin über. Der milde Schein der Lampe siel auf ihr Gesicht und wob goldig: Haar, das dcr Sttirm zum Theil in lockige Strähnen aufgelöst hatte. Die Rosen der Jugend, selche vordem auf über den edlen Zügen, und die von lan gen Wimpern beschatteten Augen be saßen noch den früheren Glanz, den warmen Blick, mit dem sie ihn vor vier Jahren angeschaut hatte. Still saß sie da und schaute theilnehmend auf den Leidenden. Und Fritz Hellborn fragte sich, wie viel schwere innere Kämpft dies einst so lebensfrohe Mädchen durcbgemacht habe, bevor es sich cnt die er an ihrer Seite verlebt hatte und die Erinnerung beschwor Aussprüche und Vorgänge herauf, die ihm mit aller Klarheit bewiesen, daß Hilma in dieser ersten Liebe ihr Schicksal gesehe». Ja, es fiel ihm sogar der Schlußsatz ihres letzte» Brieses wieder ein, der da lautete: „Wenn ich Dich verlieren sollte, Fritz, so giibe es für mich kein Glück und keine Freude mehr, denn thigen Nachball i» seinem Herzen zu rückgelassen, den er mit dem leichtferti gen Wort zu ersticken suchte: Ah, scheint.—Nu» bewies ihm das dunkle Kleid der Diakonissin, daß sie nicht darüber weggekommen war. erröthete bis in die Schläft hin ein und se-'te den Kopf, allein sie ant wortete nicht. Jetzt sprang er auf und trat dicht vor sie hin. „Hilma !" Seine Stimme klang heiser vor Erregung. „Ich er kenne eben zu meinem Entsetzen, daß meine Schuld mindestens ebenso groß ist, wie die de° Sterbenden. Der Mann, dessen getreue Abbild Du hier siehst er deutete auf das Oelgemälde war vom Schicksal mit allen GlllckS gütern überschüttet worden und hat sie alle schnöde vergeudet, allein es ist frag lich, ob er jemals an einem Franenher zen so gefrevelt, wie icb an dem Deinen. Aber Liebste" hier erhielt seine Stimme jenen weichen Klang, der die Aufhorchende an die Tage ihres Liebes frühlings erinnerte „ich habe etwas zu meiner Entschuldigung zu sagen. Sieh', mein Zorncsausbruch am Bett dieses Sterbenden muß Dir barbarisch erschienen sein —" setzt. Ich bin nickt mitleidslos. Als Erbschaft willen, denn Laskas Güter Verkörverung meines Gewissens vor Schuld. Diese hast Du verlassen, schrie es in mir, Du ließest Dich durch den Verführer da in die Sümpfe locken! Frucht haschen o ich Thor, ich Narr ich —" Ein tiefes Stöhnen unterbrach den leidenschaftlichen Erguß des Reuigen. Hilma beugte sich mit einem leisen Auf schrei über den Kranken, dann sagte sie nach einer bangen Minute: „Graf Laska ist todt.' Mag Gott ihm verge ben, wie ich ihm vergeben habe." ??ritz Hellborn stand eine Weile er schüttert da. Das Antlitz des Todten war so mild, so friedlich geworden, als habe nie ein böser oder niedriger Ge danke hinter seiner Stirne gewohnt. Fritz seufzte tief auf, dann wandte er sich zu Hilma und sah sie mit Augen an, in denen Thränen schimmerten. „Liebste, Du hast dem Todten vergeben, kannst Du mir, dem Lebenden, all' das Herzeleid verzeihen, das er Dir ange than ?" Durch ihr Herz wogten langverhal tene Schmerzen und ein berauschendes seine Arme'und schrie halb schluchzend, halb jauchzend: „Hilma, mein Herz, nein Alles, Du hast vergeben, Du bist dafür." Er irug sie vom Sterbebett weg, riß die Balkonihüre aus und trat mir ihr in's Freie. Der Sturm war vorüber, die Sterne am Firmament erbleichten. den Horizont. „Sieh', arme Dulde rin, der Morgen graut. Jetzt bricht auch für uns ein neuer Tag an und er soll schön und sonnig werden, denn Du hast mich enilasiet von schwerer Schuld." Sie erschauerte unter Hellborns Kuß und erwiderte dann lächelnd: „Ja, die Sonne geht wieder auf." Strumpfwirker Daibchen aus Weh l-n Klii jp Pirna und kehrt da> selbst nach glücklicher Abwicklung seiner Geschäfte im Gasthause „Zur gestreck ten Wade" ein, um sich durch ein „Teppchen Eenfach". zu stärken. Im Laufe des Gesprächs mit dem Wirthe fällt auch die Rede auf die „Fixigkeit" des Telegraphen, der schon so manchen Durchbrenner eingefangen hätte. „Ja," meinte der Wirth, „wissen Se, Daibchen, wenn de Leite nur mähr an den begannten schienen Värsch dächten: „Schlaf, Gindchen, schlaf! D'rum wärfch'te mal Gafsirer sein, Geh' ja »ich durch —er holt dich ein ! —> dann wirden's Mausen woll mähr inderessant ; die Sache geht mer näm lich schon lange im Goppe rum." „Na, dann stellen Se sich mal L mächdig langes Schwein vor, so lang, daß es mit den Hinderbeenen hier in Börne uss'n Margdblatz stehen dähte un mit 'n Goppe in Dräsen bis vor die gadolsche Kärche reichte!" „Ei, Du meine Giede, hätt' mer da dervon nor ä eenziges Hindervärtel chen! Schern, ich denke mer das Schwein, un was nu weiter?" „Ja, sähn se, Daibchen, wenn Se nu das Mech hier in Bärne in sei Schwän ze! gneipen dähten, dann Wirde doch der Gopp in Dräsen vor der gadolischen Kärche im sälbigen Ogenblicke ansan gen zu quiken. So is Se's mitt'n Delegrafen nämlich ooch." Im Wirthshaus. Kell ner, bringen Sie mir noch rasch eil, Butterbrod. Aber, Henri, du sollst ja gleich zu Müllers zum Abendessen. Ganz recht: das hatte ich ganz ver. gessen! Kellner, bringen Sie nur gleich zwei! Widerspruch. Herr: Ich sehe Sie gar nicht mehr in der Familie Meier; haben Sie denn das Jnteress« sür die reizenden Schwestern dort gan, aufgegeben? Bekannter: Hm, wis fen Sie kein Geld habe ich selbst! Modernes Gespräch. A.: „Die kleine Müller wäre eine Partie für Dich, di: nicht so ohne ist!" B.: „Wenn si nur nicht so ohne wäre!" Gründliches Kreuzver hö r. Ein geriebener Advoeat hatte sägte der Richter: „Ich sollte denken. Ueber listet. Töchterchen: „Aus Mitgefühl? " „Ja, es ihnen
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