Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, October 13, 1893, Page 2, Image 2

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    2 Stärke ve» Wetbe».
Schwachheit, Dein Name ist Weib!
sagt Shakespeare und die Männer
Pflegen die Frauen oft mit einem An
fluge von bedauerndem Mitleid das
„schwache Geschlecht" zu nennen. Aber
wie, besteht denn die wahre Stärke
und in einer rauheren körperlichen
Außenseite? Dann aber hätten die
Frauen ja jedenfalls das Recht, ihrer
seits daran zu erinnern, daß das Ge
schlecht der Elephanten und so manche
Gattung der biederen Vierbeiner doch
noch stärker sei, als die Männer! Ich
denke, es bedarf nur dieser leisen An
deutung, und die Männer werden zu
gestehen, daß der Begriff der Stärke
innerlicher und geistiger gefaßt werden
müsse. Ist dies aber der Fall, besteht
die wahre Stärke in der innerlichen
Seelen- und Charakterstärke, dann
kann die Geschichte des weiblichen Ge-
Und führen die Männer ihr«
Schlachthelden, ihre Musterbilder lrie
gerischer Tapferkeit gegen die Frauen
wird erzählt, daß sie, als ihr Gatte
selt ausrief: „Marie, Alles ist verlo-
und wie die andern alle heißen bis
zu jener lleinen waldeck'fchen Fürstin,
die, wo Könige und Kurfürsten ihr«
trotzte!
Und wollen die Männer noch im
mer nicht jenes mitleidsvolle Wort
von dem „schwachen Geschlecht" zu
rücknehmen, dann können ihnen die
Frauen gern den blutigen Helden
ruhm, die menschenverderbende
Schlachtenglorie lassen! Mögen sie
sich einhüllen in jenen zweideutigen
ein hilfloser Knabe ist? Ist's nicht daS
Geschlecht"? Nicht wahr, da
Kraft, so heilt der Frauen Schwach-
Jst darum das Wort: „Schwäch
st, Dein Name ist Weib!" nicht min
— Ein Pferdedi«bstahl
sollte vor Kurzem bei dem Bauer Weber
in Kunnerwitz (Kreis Westhavelland)
passirt sein. Als man Morgens den
bekannt« Wahrzeichen der Stadt Köln,
die Pserdeköpse om Bodenfenster:
Man entdeckte, daß das Pferd über
Nacht eine ganz schmale Treppe nach
wo es sich recht gemüthlich an dem Fut
tervorrath labte. Da die edle Rosi
nante absolut nicht wieder die Treppe
herabzubringen war, so mußte man
dann von Balken und Brettern eine
Brück? herstellen, um das Pferd wieder
berunterzuholen.
- Boshaft« Kritik. Schau
spieler: Nun Herr Fallbeil, wie gefiel
«rschtagemn Sitgsri«», de» ich zu spie
len haite< Kritiker: Alles gut. nur
das eine nicht. Schauspieler: Nun?
Krittler: Daß Sie— statt im fünf
ten »ich« schon im ersten A«,t« er-
Ro'eii, d h, die gestillten, und Du,
Hugo? - Student: die Tulpen natür
lich auch die gefüllten.
des Staates New Jork sein hohes Amt
men.
„Ihre Hoffnungslosigkeit ist rüh
rend, doch nicht überraschend, denn Sie
sind ein unerfahrenes Grünhorn,"
sagte Herr Michael Köbes und blickte
dabei den jungen Doktor so freundlich
an, als ob er ihn des schönsten Kom
plimentes gewürdigt hätte. „Da hat
man's wieder einmal," fuhr er fort.
„Seit vierzehn Tagen sind Sie im
Lande, hielten es nicht für nöthig, mit
einflußreichen Persönlichkeiten in Ver
vaß man Sie ohne Weiteres an die
mästende Krippe stellen wird."
Stallfütterung erinnernden Verglei
hab ich meine Studien abfolvirt, trage
Diplom und Approbation in der Ta
sche, bin felddienstfähig und spreche
englisch. Demnach dürfte ein beschei
dener Anspruch auf eine Assistenzarzt
stelle in irgend einem New Uorler Vo
luntär-Regimente wohl berechtigt
sein."
„Das ist ja Alles recht schön,"
meinte Köbes, „doch die theuer bezahlte
Schulweisheit wird Ihnen nichts
nützen. In der Privatpraxis ließe sie
sich allenfalls auch hierzulande verwer
then; aber eine amerilanifche Staats
regierung darf sich mit ihr allein nicht
begnügen. In erster Linie muß sie
von jedem Bewerber um ihre Gunst
verlangen, daß er im Dienste der Partei
stehe, deren Kreatur sie selber ist. Sie,
lieber Doltor, sind zweifellos ein sehr
tüchtiger Mann, aber in Albany kennt
Sie Niemand. Wer soll Ihr Für
sprecher sein? Bei unserem Freunde
Runkel liegt die Sache ganz anders.
Zwar ist er nur ein geprüfter Heildie
ner, ein ausrangirter Lazarethgehilfe,
ein höherer Barbier, doch die Protek
tion eines in jeder Wahlcampagne er
probten Mannes ist ihm sicher, denn
ich ich habe ihn unter meine Fittige
genommen. Längst wird er in Osfi
ziersuniform paradiren und unfern
Freiwilligen seinen ärztlichen Beistand
engedeihen lassen, wenn Sie noch, wie
heute, im fadenscheinigen Civilrock
„lessis —Jessis, das wär' so was!"
jubelte der hoffnungsvolle Schlesier,
und im tadellosen Dialekt seiner Hei
math setzte er rasch hinzu: „Sie
wern's wull fertig kriegen, mei gutter
Herr Köbes; 's hat aber ooch a hib
sches Schtick Geld gekust't!"
Für diese Wahrheitsliebe zur Unzeit
strafte ihn ein versteckter Fußtritt sei
nes Gönners, der dann feierlich er
klärte, daß er von seinen Schützlingen,
wie groß auch die ihnen erwiesenen
Wohlthaten gewesen sein mögen, noch
niemals einen die Baarauslage über
steigenden Cent gefordert habe.
Dr. Wilde, der an einer solchen
Wendung des Gesprächs keinen Ge
fallen fand, suchte es in die alte Bahn
zurückzulenken. „Ich will meiner eige
nen Kraft vertrauen," sagte er; „aber
so ganz verlassen, wie Sie, Herr Kö
bes, zu glauben scheinen, bin ich doch
nickt. Im deutschen Viertel zu New
Uork lernte ich einen Collegen kennen,
der mir sehr werthvolle Empfehlungs
schreiben an zwei hierorts ansässige
angesehene Bürger mitgab.
„Wer sind diese Größen?"
„Fred. Tailor, ein vielbeschäftigter
Advokat, und Dr. Mely, ein Mitglied
über dem Kopfe zusammen. „Ver
brennen Sie ?chre Wische! Dann kön
nen sie wenigstens nicht schaden. Fritz
„I »u ja! Der Kerl hat sich in's
Schneider nannten. Jetzt ist er der
Urkundenfälschung angeklagt und steht
unter Bürgschaft. Oft genug hat er
sich am Zuchthause vorbeigedriickt;
diesmal wird er aber wohl an der
besserer Mann ist Ihr Dr. Mely oder
Rechts- und Namenverdrehungen
heißt. Er ist ein geschickter Arzt und
mehr als das, ein völlig unbescholtener
sein Urtheil also nicht in Betracht
kommt. Auch ist das ganze Institut
ohne alle Bedeutung. Wer nicht be-
litiker, die, Fünf gegen Einen, das Se
zessionsrecht des Südens vertheidigten.
Voll heiligen Zorns kam er dem in
die Enge getriebenen Patrioten zu
Hilfe, und mit Stentorstimme rief er
den auf ihn einstürmenden Rebellen
freunden zu: „Wer seid Ihr? Er
bärmliche Memmen, die hinter dem
Ose» saßen, während wir uns mit den
Grauiacken des Robert Lee und Stone
bin der Colonel Bumke, der tapfere
deutsche Führer des tapfersten Frei
willigen-Regiments, den man vom
Chancellorsville eine Brigade kom
mandirt und bei Gettysburg eine Ka
none erobert hat! Und ich, der Bumke,
sage Euch, daß man Euch niederkar
tätschen sollte, weil Ihr giftige Kup
ferschlangen und Vatcrlandsverräther
seid!"
Die so grimmig abgekameltenMän
ner äußerten in spöttischen Bemerkun
gen ihren Groll. Die Einen nannten
den Colone! einen Eisenfresser, die An
deren den Kanonenschnapper, und ein
Dritter wollte sogar wissen, daß er
nach dem Schnell- und Dauerlaufe am
Bull Run Helles Lungenblut gespieen,
also trotz seiner Hieb-, Stich- und Ku
gelfestigkeit kür die Union geblutet
habe. Dann entfernten sie sich, wäh
rend Colonel Bumke mit der lenden
lahmen Grandezza eines aus dem
Sattel geworfenen Milizgenerals
durch's Himmer schritt.
Im Hintergrunde machte er Halt
und betrachtete hier möglichst lange
und gründlich das ihm offenbar sym
pathische Gesicht des zwischen Köbes
und Runkel sitzenden Rheinländers.
Dann wandte er sich ab, um im Bu
reau des Hotelclerks zu erkunden, wer
und was der ihn so lebhaft interessi
rende Fremdling sei. Sichtlich befrie
digt kehrte er zu den in der stillen Ecke
hockenden Zechern zurück, begrüßte sie
flüchtig und nahm uneingeladen an
ihrem Tische Platz. Er hatte sich dem
Kumvanen zu verabschieden und ihm
behuss einer vertraulichen Unterredung
in die Entreehalle zu folgen.
Zehn Minuten später spazierten
Beide, Arm in Arm, durch die Haupt
straße der Stadt, in deren wildem
Getümmel lein Passant ihrem Zwie
gespräch lauschte, da dort Jeder mit
seinen eigenen Angelegenheiten beschäf
tigt war.
„Jch nehme Sie in mein Regi
ment," sagte der Colonel. „Unge
schliffene Leute,, wie dieser Köbes, mö
gen die Barbiere bevorzugen: ich aber
den ersten Blick erkannte ich in Ihnen
den intelligenten Mensch-n. dessen
durchgeistiateVifage nicht passen wollte
aen Oberarzte winke mit dem Zau
npfahl; er geht ob und Sie treten an
seine Melle."
„Das wäre ja recht erfreulich," ver
setzte der Doktor, „doch möchte ich be
zweifeln, daß Sie allein darüber zu
verfügen haben."
„Na, wer denn sonst?" schrie Bumke
und im kräftigsten Brusttone der
Ueberzeugung fuhr er fort: „Unfern
Gouverneur kann ich um den Finger
wickeln-, weih er doch, das, ich schon die
Waffenehre des Staates New Uork ge
„Er ist aber, wie ich mir sagen ließ,
der Auserwählte der demokratischen
Partei, und Sie sind Republikaner."
'..Allerdinas, aber was thut das? Er
kann mein von mir unzertrennliches
Regiment, das mich auf den Händen
trägt, nicht kassiren, und so bleib ich
nach wie vor der unentbehrlicheßumke,
dessen eisernen Willen auch er respecti
ren muß."
mentshaus erreicht, und Dr. Wilde,
der das Innere dieses stattlichen Ge
bäudes zu besichtigen wünschte, er
suchte seinen Begleiter, ihn hineinzu
führen.
aus in's Sanktum des Gouverneurs,
den wir zu keiner günstigeren Stunde
antreffen könnten. Kommen Sie,
konnt machen!"
„Mich —mich?" stammelte der junge
Mann, der sich vor Erstaunen nicht zu
schäbigen Alltagskleidern?"
„Dummes Zeug! Wer frägt danach,
wenn ich an Ihrer Seite bin?"
„Aber auch Sie sind, wie ich sehe,
Schleppsäbel fehlt? Ein beurlaubter
Vergebens Widerstrebte Dr. Wilde
dem ihn jetzt völlig beherrschenden Re
gimentskommandeur, der auf dasPor
empfangen."
Auch jetzt gehorchte Dr. Wilde und
ging, um schon in der nächsten Minute
Glückspilz!" fuhr er fort. „Ein Hei-
An einer weiteren Selbstverherrli
chung hinderte ihn das Wiedererschei
nen.seines letzten, nunmehr abgefertig-
Mit landesüblichem „Halloh" be
grüßte ihn ein angehender Fünfziger,
ein elegant gekleideter Herr, um dessen
feingeschnittenen Mund ein unver
wüstliches Lächeln spielte. Er reichte
den beiden Besuchern die Hand und
sprach dann zum Colone! einige
nichtssagende Worte, die größtenthei'ls
unerwidert blieben, da der mit seinem
gebrochenen Englisch in die Brüche ge
rathene Haudegen unaufhörlich genö
dessen akademisch« Würde ihm zu im
poniren schien, und dem er durch eine
überaus freundliche Beurtheilung des
len suchte. „Ich liebe die wissenschaft
liche Gründlichkeit," bemerkte er unter
Anderm. „Bei den auf vater
ländischen Universitäten gebildeten
Männern habe ich sie stets gefunden,
und deshalb rufe ich auch Ihnen ein
herzliches Willkommen zu. Werden
Sie ein leuchtendes Beispiel für diese
neue Welt, wo leider in gar vielen
Von alledem schien der tapfere
Kriegsheld nichts begriffen zu haben,
wenigstens unterließ er in diesem ge
eigneten Momente, auf die vom preu-
tlgliit seines Beglei
ters hinzuweisen. Der resnektvöllen
Gunst des Gouverneurs hatte er sich
zweifelsohne wider Fug und Recht ge
rühmt, denn sehr bald behandelte ihn
der hohe Herr, der st"' vergebens um
das Verständniß seiner unverständli
chen Reden bemühte, mit einer offen
zur Schau getragenen Nichtachtung.
Zwar lächelte er auch jetzt noch, aber
nicht mehr zwanglos wie zuvor, und
spöttisch sagte er: „Das militärische
Kommando, das Sie seit Ihrer vor
länger als zwei lahren erfolgten
Uebernahme des Regiments studirten,
ist Ihnen jedenfalls geläufiger, als un
sere Konversationssprache, die Ihnen
noch immer unüberwindliche Schwie-l
rigkeiten bereitet. Trotzdem werde ich
Sie nochmals damit behelligen müs
sen. da mir Ihr dankenswerther Be
such die rgsch« Erledigung einer wich
tigen Angelegenheit ermöglicht, die wir
unter vier Augen mit einander bespre
chen wollen.
Colonel Bumke, der wohl ahnen
mochte, was ihm bevorstand, und von
dem in Aussicht gestellten vertraulichen
Zwiegesvräche nichts Gutes erwartete,
rend der Gouverneur sich von Neuem
mit Dr. Wilde zu unterhalten begann.
Der durfte nun in korrektem Englisch
Gönner verabsäumt hatte, und war
überglücklich, als der ihn unablässig
beschäftigende Plan, sich den imDienste
der Bundesarmee stehenden Aerzten
den Sold zu thun," meinte der freund
liche .Herr und lächelte wieder, diesmal
verständnißinnig. „Ich begreife, daß
Männer Ihres Schlages aus reiner
Humanität für die Befreiung der
Sklaven kämpfen wollen." Hieraus
sein ferneres Wohlergehen.
Die frühere Siegssgewißheit desCo
lonels war spurlos verschwunden, und
verabschiedete, freute sich jetzt, fein
eigener Wortführer gewesen zu sein.
Was sollte er aber von seinem Beschüt
zer halten? Wußte sich dieser Bra
los, daß sie alle drohende Gefahr ver
gaß? Leicht hätte der Gouverneur diese
Fragen beantworten können; wußte er
Die erste Nachmittagsstunde war
vorüber, als Dr. Balduin Wilde in
Wächters Hotel eintraf, um sich an
wohlbesetzter Tafel für das militär
ärztliche Examen zu stärken. Daß
auch er. der schon im preußischen Staat
ein für die Praxis ausreichendes Wis
sen gezeigt, aber eine abermalige Prü
fung bestehen sollte, es schien ihm un
gerecht doch hatte er ja gehört, daß sie
für ihn und Seinesgleichen nur ein
Kinderspiel wäre, und so sah er ihr
furchtlos entgegen.
Rechtzeitig betrat er das den Exa
minanden eingeräumte Zimmer, i>n
dem auch sehr bald der mit ihm ge
meinsam zu prüfende Kollege sich ein
fand. Alois Runkel war's, der schle
iche Barbier, oder, wie der General
arzt euphemistisch gesagt hatte, der an
dere deutsche Gelehrte.
Ueber Dr. Wilde's Antlitz flog ein
Lächeln der Wehmuth, das zu einem
Lachen aus vollem Halse zu werden
Platz nahm.
Durch den Wegfall jedes mündlichen
Verfahrens waren die auf den Zahn
fühlenden Professoren ausgeschlossen,
liche Beantwortung einiger wissen
schaftlichen Fragen. Die sehr beschei
denen Anforderungen fetzten ein ganz
tert. Mithin konnte Dr. Wilde den
sehr zutreffenden Antworten bezahlt
hatte, wußte Herr Michael Köbes
ebenso "ut wie er .
wecken.
Diese Befürchtung war übrigens
grundlos, denn der gelanaweilteJüng
ling sah und triebAlles, nur nicht das,
was er sehen und treiben sollte. Er
warf die dürren Beine übet die Sessel
lehne, stierte in'Z Leere und spuckte
ellenweit. Dann sprang er auf, um
einer Fliege nachzujagen; dann pfiff er
mit aller, den amerikanischen Straßen
arabern eigenen Unverfrorenheit einen
Gassenhauer, und endlich schlenkerte er
die Füße hin und her, als ob er sich
anflicken wollte, einen schottischen
Reel oder einen Neger-Jig zu tanzen.
Wie Dr. Wilde später erfuhr, war
dieser Tausendkünstler eine in Albany
sehr beliebte Persönlichkeit. „Dutch
Cbarley" hieß er dort, weil die Hei
math des sogenannten Pennsylvania
Dutch. der aus einer innigen Verbin
dung des schwäbischen Dialekts mit
einew verdorbenen Englisch entstande
nen auch die seinige war.
Als der sechste Glockenschlag das Ende
der Prüfunaszeit verkündete, forderte
er die seiner Obhut anvertrauten Her
ren zum Verlassen des Zimmers auf.
Doch die beabsichtigte Mahnung:
„The bells have rung; let us go
Home!" übertrug er in die ihm ange
zogene Mundart, und gebieterisch sagte
er: „Die bells härn gerunge; wer wolle
Schon jetzt hätte
theuren Albann entfliehen dürfen, doch
in Erwartung einer nochmaligen Zu
sammenkunft mit dem Colonel verzö
gerte er seine Abfahrt. Als er aber
schließlich genöthigt Isar, an ein spur
loses Verschwinden dieses Gönners zu
glauben, tröstete er sich mit dem Ge
danken an die vielversprechende Huld
Muthes nach New Zork City zurück.
Während ganzer acht Wochen harrte
er hier täglich und stündlich des ihn
zur Armee berufenden Befehls, der
aber durchaus nicht kommen wollte.
Von seinen über das große Wasser ge
brachten Goldfüchslein war ihm nur
noch ein beängstigend kleiner Rest ver
blieben, und nothgedrungen rüstete er
sich zu einem zweiten Besuche der
Staatshauptstadt, von der er das Heil
seiner nächsten Zukunft erhoffte.
Als er am Morgen des letzten No
vembertages dort eintraf, strahlte die
Sonne eines verspäteten Jndianersom
mers glückverheißend hernieder, und
unverzüglich schickte er "an, dem
Gouverneur seine Aufwartung zu ma
chen. Der aber war diesmal mit Ge
schäften überbürdet und „bedauerte
sehr ihn nicht emvkangen zu können.
Da erinnerte er sich jenes Republi
kaners, der nach dem Dafürhalten des
Herrn Michael Köbes bei allen braven
Bürgern in hohem Ansehen stand, und
den sogar die demokratische Staats
regierung eines Ehrenamtes gewürdigt
hatte. Jetzt wollte er ihn nicht wieder
hintansetzen und nicht zum zweiten
! Male Albany verlassen, ohne ihm das
' Empfehlungsschreiben des New Uorker
! Kollegen überreicht zu haben. Er be
" gab sich also in die Behausung des ihm
nachgerade unentbehrlichen Dr. Mely,
der als Mitglied der militärärztlichen
Prüfungskommission ja auch in der
Lage war, ihm manchen längst er
wünschten Aufschluß zu geben.
Dieser schon im Spätherbste des Le
bens stehende Herr kam ihm mit uner
heuchelter Freundlichkeit entgegen und
hatte kaum von seinem intimeren Ver
kehre mit dem tapferen Colonel gehört,
als er das aufrichtigste Bedauern über,
eine derartige Kameradschaft zu äu-
Bern begann. „Sie haben das Exa
men musterhaft bestanden," sagte er,
mals einen Nutzen daraus ziehe.:. Das
verdanken Sie einzig und allein Ih
rem Bumke, der von seinen Unteraebe
klagt wurde, und dem man schon im
Felde den Schleppsäbel abnahm. Vor
sechs Wochen erfolgte seine endgiltige
Verurtheiluna. die ihn der goldenen
Adler und des Regimentskommandos
für immer beraubte. Wäre dem aber
auch nicht so, durch einen solchen
Mann hätten Sie doch nichts erreicht,
denn sein republikanischer Uebereifer
gesellte ihn zu denen, deren Fürsprach-
oder freundschaftliches Geleit Sie nur
schädigen konnte, als Sie sich »m die
Gunst unseres jetzigen Gouverneurs
bewarben. Aber noch ist nicht aller
Tage Abend. Nach dem meiner
Partei, den voraussichtlich die nächste
Staatswahl bringen wird, will ich gut
zu machen suchen, was der kassirte Co
lone! verdorben hat." >
Das war ein trauriger Trost, mit
dem Dr. Wilde sich nur ungern be
gnügte. Der Geduldsfaden reißt nicht
so leicht. Als ein in beiden Welten ge
prüfter Mann wußte er das aus eige
ner Erfahrung, Aber der Rock der
fadenscheinige Rock!
Wieder wagte er sich in das Stra
ßenlabyrinth der Millionenstadt am
Hudson. Hier, wo die leidendeMensch
heit ein ganzes Heer praktizirender
Aer-te füttert, mußte doch auch er sein
tägliches Brod finden können. In der
volkreichen Gegend des deutschen Vier
tels ließ er sich nieder und harrte dort
guinische Hoffnungen hegte er nicht.
Aber die Mahlzeiten kamen regelmäßi
ger als die saumseligen Patienten, und
Schmalhans wurde Küchenmeister, um
endlich jenem besten Koche, der sich
Hunger nennt, den Platz zu räumen.
So verlebte er lange Monate in der
Höllengual erzwungener Muße, bis die
Waffenerfolge der Union und mit ih
nen die Siege der republikanischen
Partei sich mehrten. Auch in Albany
war die Oberherrlichkeit der Demokra
ten ihrem Ende nahe. Mit dem un
beugsamen Muthe des knurrettdenMa
gens unterstützte Dr. Wilde durch sein«
in Volksversammlungen verwerthete
ner, und als am I. Januar 18K5 t?ie
Republikaner an die Spitze des Staa
tes New ?lork traten, war auch seine
Im brieflichen Verkehre mit Dr.
Mely hatte er nutzbringende Freund
schaft gepflegt. Jetzt schrieb ihm dieser
treue Kollege: „Auch die »sichtigste
Prüfung im Lande der Kreibeit haben
denn Sie bewährten sich als ein im
Dienste der Partei verwendbarer
Mann. Lassen Sie mich wissen, ob
Sie den in vierzehnTagen vakant wer
denden Posten eines Medikal-Direk
tors oder eine sogleich zu besetzende
Assistenzarztstelle wünschen. Sie ha
ben die Wahl."
Die Taube auf demDackie verschmä
hend, begnügte sich Dr. Wilde mit dem
Sperling in der Hand, und ehe noch
der erste Monat des "lücklich begonne
nen Jahres vorüber war, reiste er auf
Bundeskosten zur Botomac-Armee.
Dort wurde er der Liebling des Regi
lene Bumke sich einst auf Händen ge
tragen wäbnte. Dort war er aber
auch der Einzige, der zu schweigen
wußte, wenn unter allgemeinem Bei
fall vom „immer durstigen Krötenste
cher" die Rede war.
Von langer Dauer war seine seld
ärztlich? Thätigkeit nicht, denn schon
am 2. April fand sie mit den blutigen
Kämpfen um Vetersbur"b und Rich
mond ihren Abschluß.
Acht Wochen später kam er mit sei
nem zur Bewachung eines Rebellenge
sängnisses kommandirten Regimente
»ach Harts Island und nahm hier
einen dreitägigen Urlaub, um die in
der Nähe belegene Metropole schmerz
lichen Angedenkens zu b^-^en.
Wieder schlenderte er müßig durch
die Straßen der Weltstadt, diesmal
aber in prächtiger Offiziersuniform,
zu der sein im Felde verwilderter Voll
bart nicht passen wollte. Um ihn an's
Messer zu liefern, betrat er einen neu
eröffneten, durch seine glänzende Au
ßenseite ihn anlockenden Barbiersalon
und war nicht wenig erstaunt, in dem
dort waltenden Herrn und Meister den
„anderen deutschen Gelehrten", seinen
ehemaligen Mitstrebenden Alois Run
lel, wiederzufinden. Der erfreute sich
zwar immer noch des Doktortitcls,
aber mit nicht größerem Rechte, als
feine vaterländischen Kollegen. Auch
er sich selbst tröstend hinzu. „Mit'm
schen."
Dienste der Partei.
L jerum!
Der Kupferschmied sah eine Frau,
Tie machte Gurten ein.
Ojerum!
Da schwoll die Nase noch viel mehr
Und drannt' wie Höllengluth:
Das lomml davon, wenn man die Nas'
In Alles stehen thut!
Ein Schlauberger. Hör«
mal, August! Ich habe vorhin gesclin»«-
gen, troßdem du mir böse Tinge ge
wir beide jetzt allein sind, dak du diese
Worte zurücknimmst Was denkst Du?
Ich nehme niemals etwas zurückl
Wirklich, nicht? Nein, nie! Kut da
Beide sind glücklich. A.:
Du siehst ja so vergnügt aus! B.:
Ich habe auch Arund, ich habe mich
eben mit Frl. Weber verlobt. Du siehst
ja aber auch so vergnügt aus. wus hast
Du denn? A.: Nu», ich habe auch
Grund, denn Frl. Weber hat mir heut«
Morgen meine» Verlobungsnng zu
rückgejchickt!
Empfehlung. Hausfrau
(zu der stcUesuchenden Köchin»: „Selbst -
fchasten an Fettleibigkeit oder am
Echlagslusz gestorben sind?"
Ungen i r t. ~, ~ Wir sind
Pen mich ichon an!" Ja, wissen
Sie. ich gebe gar nichts aus Eiiauettel-