Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, June 02, 1893, Page 2, Image 2

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    2 uninterefsant sein, der Thätigkeit Jo
kai's als Advokat einige Worte der Er
innerung widme», ES giebt taum
mor die kleine» Begebenheiten seiner
Lebensgeschlchte zum Besten giebt.
Solche kleineren Begebenheiten sind
auch die, die mit seiner Advokatur
praxis in Verbindung stehen und di«
er selbst zu seinen angenehmste» Erin
nerungen zählt. Wiewohl nicht zum
Juristen geboren, gedenlt Jokai auch
heute noch mit Freuden des in den Ge
richtslästen so häufig sich zeigenden un
beabsichtigten Hnmors und des glän
zenden Erfolges der ersten nnd zugleich
letzten Prozeßangelegenheit, in der er
als Vertreter der klägerischen Partei
sungirte. In dem erwähnten Prozesse
hatte Jokai im Auftrag einer Bier
brauerei den Eigenthümer des damals
weilbekannten Komlo - Gartens auf
Vertragserfüllung ?c. zu klagen.
Komlo war wie Jokai erzählt der
Bierbrauerei gegenüber die Verpflich
tung eingegangen, den Blerkonfum
auSfchließlich bei ihr zu decken, außer
dem aber AllcS daranzusetzen, damit
die Gäste nicht Wein, sondern Bier kon
sumiren. Da geschah es aber, daß
Herr Komlo unter der Hand eine grö
ßere Partie Wein.lauste, und die erste
Folge davon war, daß er seiner
Verpflichtung liiicingedenk sein
ganzes Strebe» dahin richtete, daß
möglichst viel Wein „von dem wunder
baren Dreißiger" getrunle» werde.
Wegen vieler Nichterfüllung der Ver
tragsbestimmungen tlagte die Brauerei,
vertreten durch den Pester Advokaten
Moritz v. Jokai, Herrn Komlo auf
Schadenersatz. Zur Beweisführung
aufgefordert, ließ Jokai einige Exper
ten, durchgehendS belonnteGourmands,
vernehmen, die den Nachweis erbrach
ten, daß es Speisen gebe, die so wie
Mische, Mehlspeisen .'c. Wein erfor
man Bier ;i> trinken pflege, Nachdem
diese Depositionen der Sachverständi
gen zu Protokoll genommen waren,
ließ Jokai eine ganze Schaar lustiger
Zuraten, Komlo'fchc Stammgäste vd»
««erkanntem Appetit und Durst, als
Zeugen vorladen. Dieselben sagten
gleichlautend dahin aus, daß Herr
Komlo das Menu der letzten Monate
stets derart zusammengestellt und nur
solche Speisen bereitet hatte, nach denen
lin Mensch mit gesundem Geschmack
nichts anderes als Wein hätte trinken
können.
Durch diese Aussagen sah Jokai die
döse Absicht des Wirthes als erwiesen
in und das Gericht theilte diese Aus
fassung. indem es dcn Beklagten nebst
Verlust des bedungenen Pönales dazu
verhielt, dem Kläger den entgangenen
Nutzen binnen acht Tagen bei sonstiger
Exekution zu bezahlen. Gelegentlich
einer zur selben Zeit durchgeführte»
Pfändung, bei der er die letzte Kuh
einer arme» Wittfra» hätte wegführe»
lassen sollen, erkannte Jokai, daß das
Advokatenhandwert denn doch ein här
teres Herz als das seine erfordere, und
kaum wenige Monale nach Erlangung
des Diploms lehrte er dieser Profession
den Rücken. „Und wiewohl bis heut«
regelrechter AdvoLat," meinte Jokai im
scherzbasten Tone, „habe ich dennoch »i«
unteilasscn. von Zeit zu Zeit gleichsam
als Ncbenbefchäftigung auch dic Litera
tur zu luttiviren.
Sein Diplom erlangte Jokai im
Jahre 184«!. also im Alter von 20
Jahren. Das Diplom wurde laut
altem Brauch in den Kongregationen
des Pestcr Eomitats und der königl.
Freistadl Komorn publizirt, mit dem
amtlichen Vermerk, daß die Koinmis
sion die Prüfung sür lobenswcrth be
funden. Warum Jokai, dcr bekannt,
lich stets zu dcn besten Schülern zahlte,
gerade bei der Advokatencensur nicht
ausgezeichnet, sondern blos belobt
wurde, das hat wi« Jokai dem
Schreiber dieser Zeilen lächelnd er-
Mlte seinen Grund darin, daß die
glänzend bestandene mündliche Prü
fung durch die schriftlichen Aufgaben
stark beeinträchtigt wurde. Vom Stil
dieser Aufgaben konstatirteii die Mit
glieder der Prüfungskommission mit
seltener Einstimmigleit, daß derselde
schwach, sehr schwach sei Daß die
Budapester Advokatenkammer Moritz
Jolai trotz seines schwachen StitS in
Bälde zum Ehrenmitglied wählen wird,
das gereicht der ersten Advokaten-Vcr
einignng des Landes und ihren Mit
gliedern zur Ehre."
Feine Anspielung. Stu»
dent: Ach, lieber Onkel, geh' doch nicht
fort. Ich bin immer so traurig, wenn
ich gar leine menschlichen Gesichter um
«ich habe! Onkel: Thut mir leid,
mein Junge: aber unaufschiebbare Ge
mir wenigstens einige Brustbilder des
Landesherrn zur Gesellschaft hier.
B r qano tg. Frau A.: Mein
B. spiquirt): Unmusikalische Leule wis
sen sich schon aus andere Weife zu amü
siren, mein Mann und ich spielen jeden
Adnid zumminen sechsundfechSzig
«vch vierdändial
«sentenz. Ueber zwei Dinge
soll man sich nicht ärgern: nicht über
Auch eine Auskunft.
Papa, waj ist denn eigentlich Leihe?
Das war der alle» Griechen Lager
bier!
Far unstr« Araue».
AZcr sich ei» Weib der Milzlst wcgc» wnlsil,
De»» Äiil bleib! Äisl, von welcher Art«» sei,
Wcnn der Dichter gesagt hätte, „wer
ein Weib nur dcr Mitgist wegen
wählt", so hätte er unbedingt Recht ge
habt, und ein Mann, der sich bei der
hat.
Wie jedoch das Derschen ohne das
entscheidende Wörtchen nur lautet, so
Wenn sich ein Mädchen aus maßlo
sem Hvchmnth, Eitelkeit und Genuß
sucht freiwillig und mit voller Kennt
niß der Sachlage an einen reichen
Mann verlauft, so verdient sie bei
dem mit ziemlicher Sicherheit zu erwar
tende» unglücklichen Resultate des
Experiments ebenso wenig Sympa
thie, wie dcr nur für Geld hcirathendc
Mann.
Doch nicht alle Mädchen, die sich ver
kaufe» oder verkaufen lassen, thun dies
aus verächtlichen Gründen. Im Ge
gentheil. sehr viele davon opfern sich
aus Rücksicht für die Bequemlichkeit
und Pflege ihrer alt und gebrechlich
werdenden Eltern oder die dienstliche
Lausdahn ihrer Brüder odcr auch die
iu einzelnen Fällen schwer bedrohte
Ehre, zuweilen sogar die frivolen An
sprüche an einen duich legitime Mittel
längst nicht mehr berechtigten äußeren
Glanz ihrer Familien u. s. w. Es ist
nicht die Sache eines jeden Mädchens,
ein solch riesiges Opfer zu bringen,
nnd kein Mensch, außer einem total
vcrlnöchcrten, herzlosen Egoisten, wird
sie tadeln, wenn sie mit aller Entschie
denheit ablehnt, es zu thun. Diejeni
gen Mädchen jedoch, welche aus selbst
loser Liebe für ihre nächsten Blutsver
wandte» sich das Kreuz einer lebens
langen Sklaverei auferlege», verdiene»
unser aufrichtiges Mitleid,
Doch dti E.t.eme der Mit-
und Wieden - Geldheiraihen.
Aussteuer etwas vollkommen legitimes;
die letztere ist sogar eine durchaus
deutsche Einrichtung.
Unter der Aussteuer verstand man
und versteht heute noch die von einer
lichen Bedckss oder zur Bekleidung,
beziehungsweise zum Putze der Frau
»ieilt.
Die Aussteuer besteht neben dem
Brautschutz oder dcr clos und ist unter
geben, entweder von der Verwaltung
und Nutznießung des Ehemannes aus
schließen oder ebenso behandeln lassen
natürlich sehr ost, namenllich aber in
fast allen Fällen, in welchen die Aus
steuer das ganze und einzige der Ehe
tirt.
Zur -los oder dem Brautschatze ge
hört Alles, was um der Frau willen in
sNmmungen gibt.
Aber das Herkommen ist dekannllich
ebenso stark, wo nicht starler. als alle
dem Hause scheidenden Tochter von An
sang an nach besten Krästen zu ebenen
ihr eine möglichst behaaliche Heimath
Pfennig".
Das Gefühl der Altern ist ein sehr
natürliches und sie sind dafür sicheilich
allerlei Masken, wie die der Biederkeit
u. s. w., die Goldsische zu sangen
suchen.
ES bleibt natürlich der Erfahrung
und dem gereisten Urtheil der Eltern
und auch dem hoffentlich genügend ent
wickelten und selbstständigen Urtheil
der Tochter vorbeliallen, solche Leute
baldigst zu durchschauen und dann
selbstredend links liegen zu lassen.
Uebrigens wäre es traurig, wenn ein
reiches Mädchen, nur wtil sie reich ist,
gäbe zu lösen übrig und das ist die,
aus der großen Anzahl ihrer Anbeter
denjtnigenjherauszusindeil, der es ehr-
U»d wie soll dieZ geschehen? Soll
das Mädchen aus dic Minneproben der
Ritterzeiten zurückgreifen und von ihrem
„Beau" verlangen, daß er in voller
Turnierrilstung auf dem Söller des
Schlosses spaziere» reitet? Armer
Dude, die Rüstung allein würde Dich
mehr ein Fettflecken von Dir übrig
bliebe! Oder soll der Unglücksmensch
» ta Ritter Delorges den Handschuh
seiner Schönen den weitaufgefperr
ten Rachen von Bornums Bestien rei
ßen oder irgend einen anderen der de
jich dadurch dem Verdacht der Speku
lation auf das Geld der Betreffenden
aussetzt?"
Und ferner: „Soll ein wohlhabendes
Mädchen nur einen Millionär heirathen,
weil sie von allen anderen Männern
fürchten muß, daß sie nur ihr Geld
wollen, während ihre Person ihnen
Und „lst das Mitgift
geben überhaupt in der größeren An
>ahl von Fällen ein Segen -»der ein
Fluch sür das junge Paar?"
Die ersten beiden Fragen lassen sich
nicht mit einem kurzen Diktum abferti
gen. Die richtigste Antwort daraus ist
wohl die, daß in jedem einzelnen
Falle die Individualitäten der beiden
jungen Leute geuaueftens beobachtet
selbst nach sorgsaltigem Abwägen aller
Für und Wider fällt das Resultat zu
weilen ganz anders aus, als wir erwar
ten.
Das alte Sprichwort: „Gleich und
Aleich gesellt sich g?rn" würde, aus un
voii der Regel gemacht, deren Mehrzahl
leider nicht glücklich verläuft. Denn
auf eine ursprüngliche arme Dame.
Dagegen gibt es in den breiten mitt
leren Gefcllschastsjchlchten Fälle, in
welchen sich eine kleine Mitgift als ein
tadeln?
wcm sollle sie trauen, wenn nicht ihm?
Und ebenfo felbstredknd ist es, daß der
junge Ehemann, wenn er, wie zu er
fames LebenSichisjlcin wieder in ruhi
geres Fahrwasser zu lenken. Und ist
sich wohl glücklich und zusricdcn anein
„Nicht Tu. nicht ich. wir Beide ha
ben uns das erworben. Gott er
halts!"
braucht. Wer ihn aber um dic Hand
seiner Tochter bittet, von dnn setzt er
voraus, daß er ihr auch eine, wen» auch
bescheidene, so doch sichere Existenz bie
ten tau».
Das Mädchen erhält daher eine den
Mittel» ihrer Eltern entsprechende
Aussteuer, die Letzieren tragen auch
noch die »kosten der Hochzeit von da
junge Ehemann sür den Husstand sor
gen. Daß die guten Alten dem Töch
terchen auch später »och in die Hand
drücken, was sie entbehren können, und
wcnn Noth an Man» gcht, auch noch
mehr, als das, versteht sich von selbst,
obwohl sie es sich zuweilen nicht ein
mal gegenseitig zugestehen.
Was immer man im Allgemeinen
über die Mitgist denle» mag, sicher ist
Eines und das ist, daß die Eltern sich
nicht wchthun sollen, um ihren Töch
tern eine unverhältnißmätzig große
Mitgist, vielleicht sogar auf Kosten
ihres eigene» NothpsennigS, zu geben,
anstatt die jungen Leine sich ihren eige
nen Weg erkämpfe» zu lassen, wie sie
es zu ihrer Zelt auch thun mußten.
Wir sind gewiß große Kindcrfrcunde,
können lins aber trotzdem der Wahrheit
»erschließen:
„Wer seinen Kindern gibt das Brod
Daß er muß selber leiden Noth.
Ist werth, daß man ihn schlägt mit der
Kcule todt!"
Vii» Bauernstücklein.
Aus der Mark wird folgendes jüngst
geschehene Baucrnstücklein berichtet:
Schulzendorf und Müllerdorf, cine ge
meinschaftliche Kirche mit einem Glok
lenlhurin aber keine Uhr an diesem
Thurm. Der Deutlichkeit halber muß
bemerkt werde», daß dic Kirche mit dem
Thurm im Müllersdors stand. Lange
Jahre und Geschlechter hindurch hatten
beide Dörser sich bei Kirche und Thurm
woht befunden, bis eines TageS ein
Neunmalwciser von außerhalb die
Müllersdorfer höhnte, daß ein Kirch
turm ohne Uhr ein klägliches Unding
sei. Das leuchtete ihnen ein nnd «ach
zcndors statt. Die MüllerSdorfer hat
uud machte» nicht im Geringsten Miene,
die ihnen zugemuthete Hälfte der Ko
stenz» zahlen. d . I V
hältniß zwischen beiden Dörfern durch
keincil Mißtlang gestört worden: jetzt
schlug die Uhr dazwischen. Das Ober
haupt von Müllersdorf sah sich zu
len Schaare» vor der Thurmuhr und
regulirten nach ihr ihre eigenen Zeit
messer mit unverfrorener Gründlich
bitbeles Dorf der Mark sicher nicht
Der Sammler. A.: Ich
zieht, zu einem Menfche», dcr auch gar
nichts Jnierefjantes anfwcist? A.:
Ah. den lcheinen Sie nicht zu kennen,
der Mann besitzt eine coloffalc Marlen
lung? A.: Ja, aber verstehen Sie
rechi: Die Markensammlung liegt im
Keller!
Schmeichelhaft. Gast: „Ich
Gast: „Das weiß ich nicht, aber wenig
stens h.itte ich den Hasenbraten dan»
friich bekommen!"
Vom Rege» »» »«« Trauf«.
Guten Tag. Landsmann, hier schickt
mein Herr dem Herrn Lieutenant den
Ueberzieher. dann ei» in Flüsterton ge
halieucs Zwiegespräch, ohne das cine
Bestellung unter Osficiersburscheu nun
einmal nicht möglich ist, und cine Cor
ridorthüie wird wieder laut dröhnend
in s Schloß geworfen.
Tiefe tteine Scene spielte sich am
Nachmittag eines trüben Deceuibertages
iln 3. Stockwerk eines der modernen
tafernenähnlichen Miethshäufer in der
Garnison L,, .. ab.
Die Außenseite der so arg mißhan
delten Eorridorthüre zeigte auf ihren
Feldern rechls und links in Mannes
höhe »och andere Acte äußerer Einwir
vier roth unterfilzten Messingnägel»
zierlich angehesiet, de» Lieutenant P,,
als den Inhaber dieser Wohnung von
behör an.
Nicht lange nach diesem Intermezzo,
es war mitllerweile fünf geworden,
düster »tickenden Augen.
„He, Friedrich, schnell eine Tasse
Thee, dann »och ei» Stüiidche» Ruhc,^
zcnder und schöner als der sonnigste
Frühlingstag."
Jn gehobenster Stimmung las er
einen auf feinem Schreibtisch liegenden
sichtlichem Behagen durch.
„Die Fledermaus, Operette in Z
Acten von Johann Strauß," darüber
gleich settgcdruckter Schrift, „heut«
nnr einmaliges Auftrete« der Soubrette
Frl. A. aus Berlin," und seine Ge
danlen wanderten träumend nach der
Residenz, wo er vergangenen Herbst
maudos so oft Zeit und Gelegenheit
gefunden hatte, für die genannte Künst
lerin in schwärmerischer Verehrung zu
schmachten.
P die leichte Operettenmusik gar
nicht so sehr an. Er gehörte zu jenen
Naturen die das alltägliche Amüsement
ten, Bällen ». f. w. wenig berührt.
Deshalb hatte er das Operettentheater
in L,... noch gar nicht besucht, aber
machen. Hatte er sich doch wie ein
Kind schon Wochen lang auf den
Abend gefreut und verehrte er doch in
Frl. A., und das mit Recht, das Ideal
graziöser, anmuthiger Weiblichkeit.
Sie allein, so rühmie er ost, bcfaßc die
wollte.
Daher die große Freude, als P
bei seiner Hcimtehr die Zusage als vol-
Pünkllich sechs Uhr war die Toilette,
ein Liebchen vor sich hin trällernd,
schlenderte Lieutenant P.,.. einem be
liebten Nestaurant zu, wo er sich der
imbiß einzunehmen.
Das Lokal war ger-ade um diese Zeil
sehr überfüllt. Eine Anzahl Stamm
tische war schon soft vollständig von so
liden Familienväter» besetzt, die hier
gehend auszukramen pflegten.
In einer Ecke des ziemlich geräumi
ge» Lolals war ein Tisch vo» Gäste»
besetzt, deren Kleidung in Schnitt nnd
Zusammenstellung ichon darauf hin
wies, daß ihre Besitzer zu den tempo
rären Eivilisten geHorten.
An dem sonst so ruhigen P,,.. fiel
Allen diesmal eine ungewöhnlich freu.
heute einen besonders glucklichen Tag
Der bestellte Imbiß war bald ver-
zehrt, und nach einer halben Stunde
rüstete sich die Gesellschaft zum Aus
bruch. Während die Kameradc» in
ihre Mäntel jchlüpfte», stand P,, ~ im
ersten Augenblick etwas coustcrnirt da.
Doch nur einen Augenblick währt«
! diese Unsicherheit. Schnell gesaßl
l überbückt und überlegt er »och ein
mal die Situtation. dann greist er
ebenso schnell entschlossen gleich rechter
Hand nach dem dort hängenden Ueber
! zieher.
»kaum hat er denselben vom Haken
! befreit, so rust ihm ein Gast vom ne
benstellenden Tifchzn: „Mein Herr. Sie
irren sich, daß ist mein Ueberzieher."
greift P,,. .nach dem daneben hängen
den. Wieder dieselbe Autwort eines
Anderen, diesmal schon bestimmter.
Mit einer abermaligen Entschuldi
gung, er habe sich den Platz des feinigeii
nicht ordentlich gemerkt, setzt sich P,,
ärgerlich anf seinen Platz, in dcr Absicht,
den Lderkellner um Rath in dieser Ver
legenheit anzugehen.
Tie Kameraden hatten unterdessen
das Lokal verlassen, warteten noch ein
Weilchen draußen, nicht ahnend, was
dem armen P,, ~ unterdessen begegnet
um in den Besitz seiner Garderobe zu
gelangen. Noch einmal sein Glück an
einem dritten Ueberzieher zu versuchen
wagte er nicht in dem Gefühl, daß die
Sache zu auffällig, wenn nicht gar ver
dächtig erscheinen könnte. Die u»
sprüngliche Absicht, den Oberkellner zu
befragen, ließ er schließlich auch fallen,
weil er sich in dessen Augen durch die
lächerliche Thatsache, daß er seinen eige
hatten.
Eine Viertelstunde war schon »er
gangen. P tröstete sich damit,
dcr Operette aufzutreten habe.
Die zweite Viertelstunde verstreicht
in langem Warten ebenso. P,.., sieht
nach der Uhr, es ist gerade sieben ein
Viertel und um sieden Uhr sollte das
Stück beginnen. Unruhig greift er zu
und quer vor seinm Augen umher.
Starr streift sein Blick über die Zeitung
weg aus die harmlos dahängende Gar
schwirrten ihm bald so wirr vor den
Augen, daß er zum Schluß über die
Situation weniger orientirt ist, als am
Dilemma herauszukommen. !
Die Uhr im Gastzimmer schlägt eben
volle Stundenzahl. Jeder einzeln«
Schlag dringt wie höhnend an sein
Ohr. Acht, neun, zählt er, unmöglich, !
aber ein Blick aus die Uhr belehrt ihn. j
daß ihn heute ein böses Spiel an dein
besonders sür ihn glücklichen Tage, wie
seine Kameraden ja meinten, cndgillig
Perurlheiltcii, dem der Richteripruch
verkündet ist. Er sieht schmerzlich aber
gesaßl ein. daß ihm nun nichts mehr
Buug des Lokals vicllcicht, auszuhar
ren.
Gegen ll Uhr endlich begann sich
das Gastzimmer zu leeren, nur in eine,
Herren so im Spiel vertieft, daß es
scheint, als werde sür sie nicht so dal« !
die Trcnnnngsstuiide schlagen.
dcr Wand d e vier dcn.Herren gehöri-1
gen Ueberzielier und zwei Halen vor
diesen ein einsam verlasfener, der »ach
Utbcijieher ei». !
Als er in die kal'e Nachtlust heraus- >
trat, überkam ihn dus Gefühl, a!s hält«
wicd.'rgewoniien. !
Beim nächsten Laternenschein mustert
er vorsorglich das o-irpu» >lvlioli von!
allen Seiten. Also das war der so
schmerzlich gesuchte. Dunkelblaues
Tuch, ei» entsprechend etwas Heller far-
Schinerzenikind au?, das er nicht ohne ,
Bitterkeit znlnöpfte.
Vorher jedoch entnahm er. um jeder
weitercn Verwechslung vorzubeugen,
seiner Vrustlaschc eine Visitcntaschc und
ließ dieselbe behutsam in die rechte Sei- j
tentasche des Ueberzieliers gleiten. Dann
lenkte P,... deshalb seine Schritte
einem vo» den Kanieritde» viel beiuch-
ten Ease zu, in der Absicht! dort noch
«iucn Schlastrunk zu nehmen.
seinen Augcn nicht trauen, als er seine
Kameraden vollzählig hier versammelt
fand. Sie halten nach dem Zheater
hade, seiner Absicht untre» zu werden.
P,, ~ wich ihnen mit «ner geschick
ten Ausrede aus. j
Die Kanieradcn ließen sich alsdann
in Lobeserhebungen »der die vorzüglich
Wort drang den» armen P wie ein
Dolchstoß in die Scele. „Und habt ihr
nichl gesehen", wars ein jungcr Kame
rad ein. „wie die kleine A. gleich beim
ersten Auftreten ihr reizendes NäSchen
schalkhaft in die Rofen vergrub nnd
je» ist." " >
Unterdessen hatte sich das Cafe reich
lich gefüllt. War es doch die Zeit, in
der mancticr a»f dein Nachhausewege
dachte, noch vor dem Schlafengehen bei
dem kalten Wetter die Lebensgeister
durch cincn Grog tüchtig zn erwärmen.
Man kam und ging. Auch der „ver
tiefte Spieltisch" aus dem Restaurant
war von gleichen Jnlensionen beseelt
eben eingetreten.
Einer dcr Spielenden, dcr Referen
dar »on E batte »ach Beendigung
des Spiels die fatale Entdeckung ma
ch-» müssen, daß ihm se.i» Ueberzieher
vertauscht war. Wie erfreut war er
Denselbc» gegen sein Eigenthum zu
vertauschen, war das Werk eines Augen
blicks. Uud bald darauf verließ von
E,.., das dem Zufall dankend,
der ihm hier wieder zu fcincm Eigen-
Rechte geltend, und Alles beeilte sich
zum Aufbruch.
Unier armer P.... glaubte seinen
Augen nichts traue» z» dürfe», als er
, heim.
Zerschlagen wacht P am näch
sten Morgen gegen 9 Uhr es ist ja
Sonntag und er in Folge dessen dienst
frei aus. Sein erster Blick fällt aus
den arglos daliegenden braunen Ueber
zicher, und die ganze» unglücklichen Er
eignisse des geslrigc» Abends treten ihm
wieder lebendig vor die Seele.
vernehme». „Auch das noch," mur
melt P für sich hin, „wie werde
ich ihn, nur sein und mein Mißgeschick
am schonendste» beibringen?"
Noch ehe P,, ~ seine Leidensgeschichte
beginnen konnte, fragte ihn der Ange
ben aus cincm Stuhl liegenden Ueber
zieher hinwies. »Lieber P,,.. saß
Dir dcr Rock dcn» eigentlich auch be
quem?"
das nicht ein süperbes Braun, das ich
! da als Tuchsarbe gewählt habe?"
denn daß
! die Sache doch zu bnnt. Mit einem
stummen Wink, zuvörderst Platz neh
me» zu wollen, erzählte er seinem
Freunde haarklein seine gestrige» Er
lebilisse.
„Und Deine Visitenkarte?" fragte
der Andere außer sich vor Lachen. In
diesem Augenblick brachte der Bursche
einen Brief herein, dcr soeben für den
Herrn Lieutenant abgegeben worden
sei. P erbricht ihn und liest Fol
gendes:
Mein Herr!
Heute Morgen sand ich in einer
Taiche meines Ueberziehers Ihre Visi
tenkarte. Da ich nicht weiß, wie die
selbe hineingelangt ist, so theile ich Ih
nen hierdurch mit, daß ich, falls Sie
etwas von mir wünschen, zwischen 12
I Ul-r Mittags in meiner Wohnung
zu sprechen bin.
von E>..., Referendar.
„Das klingt ja fast wie eine Forde
rung," verjetzte P
„Scheint auch darauf hinaus zu
wollen. Nun.tier»hige Dich, lieber
Freund. zufälW kenne ich diesen blut-
mit Deiner Erlaubniß.
Deine Leidensgeschichte erzähle, ebenso
über Dein tragisches Schicksal lache,»
wird, wie Du das mir jetzt wohl gestat-
t P b w llt 112 td
Das ist selten. Gerichts-
Vollzieher <z» seiner Frau): Heut« ist
mir etwa» vorgekommen, was mir in
meiner Praris noch niemals passirt ist.
Frau: Nu»? Gerichtsvollzieher:
Es hitt einer, bei dem ich pfändete, in
Gedanken „Auf Wiedersehen!" zu mir
gesagt.
Eine Frau lieben ist
nichts: eine Frau besitzen ist etwas;
oder cine Frau behalten das ist eil»
Kunststück!