Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, April 14, 1893, Page 3, Image 3

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    Ein Drama «IN Mllll'nW.
< . Fortsetzung und Schluß.)
Die angekündigte Sendung tras am
folgenden' Morgen richtig im Mini
sterium ein. Werdenberg trng sie un
vcrweilt in's Kabmet. entfärbte sich
aber vor Schreck, als der Gebieter eine
Anzahl Blatter neben einander aus
breitete. sämmtlich Schuldscheine über
bedeutende Summen, deren jeder die
Namensttnlerichrijt Adalberts trug.
„Meine Hand täuschend nachgeahmt!"
rief der Fürst betroffen. »
„In der That zum Verwechseln ähn
lich!" pflichtete Werdenberg bei. „Aber
'""Tie Schrist in den Schulderklärun
gen selbst verräth ihn," sprach der Fürst
und sügte schnell hinzu: „Ist Pilgram
schon im Vorzimmer?"
„Zu Beseht, der Adjutant begrüßte
mich."
„Bitte, rufen Sie ihn!"
Wahrend der Minister Herrn von
Pilgram herbeiholte, erhob sich der
Fürst, ging rasch in ein Nebengemach
und erschien in dem Augenblick, als der
Adjutant sichtbar ward, mit einem Re
volver in der Hand wieder, den er in
die Brustlasche gleiten ließ. „Schließen
Sie die Thür, Werdenberg!" gebot er
kurz. Dem Beauflraglen zitterten
Hände und Füße. Der Fürst winkte:
„Pilgram!"
Arglos trat der Adjutant zwei Schritte
vor: „Durchlaucht befehlen ?"
„Man hat mir da verschiedene Pa
piere übersandt, Wersen Sie einen Blick
daraus!" Pilgram gehorchte und
schwieg. Ter Fürst fixirie ihn: „Ken
nen Sie de» Schreiber?"
„Ich kenne ihn!"
Seine Ruhe frappirte den Beobach
ter, der jetzt gebot:' „So nennen Sie
ihn dem Minister! Doch hüten Sie
sich, einen Unschuldigen anzuklagen!"
Gelassen, wie nur Jemand sein taun,
allein!" -
Ter Minister fuhr entsetzt zurück:
.Ist es möglich? Hauptmann!"
Fürst Adalbert, der ihn nicht ans den
Augen ließ, stand vor einem ps>>cholo
gischen Räthsel. „Unfaßlich!" mur
meile er. Tann begann er den Offi
„Jederzeit!"
„Und was haben Sie mit dem Gelde
gemacht?" .
„Wofür?"
Ter Berhörte schwieg.
„Wofür, frage ich!"
„Erlassen mir Durchlaucht die Ant
wort!"
„Ich will es wissen!" drängte der
Fürst heiliger. „Kostspielige Neigun
gen haben Sie nicht, das wäre mir zu
PUgrim wie traumverloren vor sich
hin.
„Heraus mit der Sprache!" befahl
tulirt?"
„Nein!"
„Also wo ist das Geld geblieben?"
„Ich bin kein Lügner, die Wahrheit
kann ich nicht gestehen!"
Der Fürst stampfte ungeduldig den
Boden , „Sie haben ein gemeines Ver
, Der Ossicier zog den Degen halb aus
j der Scheide. Der Fürst griff nach
feiner verborgenen Waffe: ,/WaS wol
len Sie?"
„Ew. Durchlaucht meinen Degen zu
Füßen legen."
„Halt!" wehrte ihm sein Herr.
Zahlung verschaffte?"
„Das hojjie ich nicht!"
„Herr, wie wollen Sie den Glaubi
„lch sehe leinen Weg!"
Ihre Schuld an den Tag tämc, ich
würde Sie auslösen?" Pilgram
schwieg. „Nein, mein Lieber, da Ha
gehen als Slaalsgeheimniß bewahren.
Lassen Sie sich morgen früh noch in
meiner Residenz betreffen, so schreitet
der Herr Minister zu Ihrer Berhasiung.
Adieu!" Er kehrle dem Schuldigen
den Rücken. Pilgram verbeugle sich
auf nnd verließ das Kadinet.
Der Fürst aihmete tief aus, wie von
einer La» befreit.
„Durchlaucht sind zu nachsichtig ver
sahrciu" erlaubte sich Werdenberg zu
rüge».
Der Souverän runzelte die Stirn:
„Weil ich immer noch Zweifel hege, ob
gelassen?"
»Eine kostspielige Daiiion räumte er
ja ein," erinnerte Ä'erdenderg. „viel
leicht eine heimliche Liaison, die —"
„Die Papiere." siel der Fürst ablen
kend ein, „schicken Sie mo:gen an d^is
daß mein Adjutaiit fvurlos verschwun
den, wir aber f«iue Verfolgung betrei
ben werden, der Bankier mag gleich
falls Schrille dazu thun! »!ehen Sie
jetzt, lieber Werdenberg, ich brauche
Einsamkeit, bis ich die häßliche Ge
schichte verwunden! Sie bewahren
unverbrüchliches Schweigen!" schloß er
sch.irs und der Minister empsahl sich.
Ter entlassene Adjutant täuschte die
Erwartung seines Herrn völlig, er be
nutzte die ihm gegönnte Frist weder zur
Flucht aus dem Leben noch ans dem
Lande, sonderti saß ruhig in seiner
Wohnung, als Herr von Werdenberg
mit einem Major bei ihm eintrat, um
die Verhastttng vorzunehmen. Ter
Minister traute seinen Angen nicht, er
hatte mit Bestimmtheit angenommen,
ans s leere Nest zu kommen, und wollte
ebe» nur zum Schein den Befehl Sr.
Durchlaucht ausführen.
Dem Fürsten bereitete Wcrdenbergs
Rapport die unangenehmste Ueberra
schung. „Der Thor hat wirklich ge
träumt, ich würde für seine Schuld ein
stehen!" rief er in Hellem Zorn.
Ter Minister zuckte die Achsel; „An
ders ist seine Dreistigkeit nicht zu er
klären!"
„So macht ihm den Proceß!" ent
schied der Herrscher.
Und der Prozeß wurde dem Nebel
thäter nach aller Form des Rechts ge
macht. Der Umstand, den Namen des
Landeshcrrn schmählich gemißbraucht
zu haben, erschwerte das Vergehe»,
Pilgram ward zu zehn Jahren Gefäng
niß, Ausstoßung aus dem Offi.iers
ftande und sünf Jahren Ehrverlust ver
urtheilt. Unter der Hand erhielt er
den Wink, die Gnade des Fürsten um
Milderung der Strafe anzurufen! er
lehnte es ab. Die einzige kleine Fe
stung des Landes nahm ihn auf, Bü
cher gestattete man ihm zu seiner geisti
gen Beschäftigung.
Nach einigen Monaten sprach kein
Mund mehr von ihm. Nach einem
Jahre raunten die Leute sich zu, der
fürstliche Wittwer sei entschlossen, eine
dritte Ehe einzugehen, und zwar mit
der Sängerin Hulda Witepska, die ihm
solle. Man wollte schon den Vermäh
lungslermin wissen. Da geschah etwas
völlig Unerwartetes: die gefeierte Künst
lerin ward contraetbrüchig und verließ
bei Nacht und die Stadt, ent
führt durch einen polnischen Grafen,
der kurz zuvor in der Residenz ausge
taucht war. Bei Hofe hatte er sich nicht
vorstellen lassen, doch seine Anwesenheit
war in den höchsten Kreisen belaiint ge
worden. Wer ihn gesehen, schildert
den Polen als eine Erscheinung von
seltsamer Schönheit, die sascinirend
wirke, namentlich auf das andere Ge
schlecht. Nach seinem Berfchwinden er
zählten auswärtige Blätter von ihm,
er habe mit unerhörtem Glück an der
Bank von Monaco gespielt, und die
Meinung verbreitete sich, daß er niit der
entflohenen Künstlerin bereits vor ihrem
Engagement an der fürstlichen Bühne
auf vertrautem Fuß gestanden; denn
was sollte er in der kleinen Residenz ge
sucht haben, die keine» besonderen An
ziehungspunkt für Reisende bildete?
Der Intendant des Theaters brachte
Seiner Duichlaucht so behutsam wie
möglich die Mittheilung vom Entwei
chen des Lieblings bei. Anfangs glaubte
der Fürst nicht daran, als aber die
Zweisel schwanden, blieb er mehrere
Tage unsichtbar sür Jedermann.
Wenn das Schicksal ein Scheinglück,
wonach wir getrachtet, vor unsern Au
gen zertrümmert, lernen wir den Blick
dahin richten, wo echtes Glück sür uns
lag: aber der mißachtete Schatz läßt
sich meist nicht mehr finden, so gern wir
auch zu ihm zurückkehren möchten. 'Od
der Fürst nicht des ersten Urtheils der
todten Irmgard über die Wilepska ge
dacht: „eine Laniia"? Was er in sich
durchgclämpit. weiß er allein. Als er
aber wieder unter Menschen erschien.
Blick war srei und fest; er sing an.
nach jeder Nichtnnq hin Thätigkeit zu
üben sür das Wohl seines Volles, und
bald übertrug sich auf ihn die Liebe,
chen. Sie dal das Familienhaiipt um
Urlaub vom Hose, fie wollte auf einige
Tage eine Freundin besuchen, mit der
sie in lebhasleni Brieswechsel stand.
Gleichzeitig mit ihr verreiste der Hos
rath Böhr, unter der Angabe, zu einer
ärztlichen Berathung geladen zu fein.
In der tleineii Festungsstadt, wo Pil
gram seine Strase verbüßte, traf die
junge Dame mit dem greisen Doctor
D«r Abend dämmerte, in seiner Zelle
faß der Gefangene und schrieb trotz des
Zwielichts, die Stirn gegen die linke
Hand gestützt. Zeile auf Zeile in ein
gehestetes Buch. Plötzlich lauschte er
Schritte im Gang draußen der
Schlüssel bohrt sich rasselnd in die Thür
hastig schlägt Pilgram das Heft zu
und versteckt es unter einem Atlas, der
geöffnet davor liegt. Er kehrt sich nicht
um, als er die Thür knarren hört, son
dern studirt eifrig die Karte von Afrika.
Die Pforte wird wieder geschlossen, er
nimmt keine Notiz davon.
„Pilgram!" klang es leise hinter
ihm. Wo hat er den Ton d»ch schon
gehört? Er wendete langsam den
Kops und erblickte im Halbdunkel eine
schmächtige Frauengestalt, die dichtver
fchleiert an der Schwelle Fuß gefaßt
hatte.
„Wer da?" fragte er, sich überrascht
erhebend.
„Sie kennen meine Stimme nicht
mehr?"
Er bebte an allen Gliedern: „«Wenn
mich kein Phantom täuscht Prin
uiiin!"
„Setzen Sie sich nieder!" forderte st«
samt.
Weniger aus Gehorsam, als weil
halb Sie sich "in s Berderbe» gestürzt.
Wisse» Sie, daß die Witepska seit Jahr
und Tag verschwunden il>?"
„Ach habe davon gehört!"
Seele der Acrmsten."
Pilgram senltc den Kopf auf die
Brust: „Ja!"
gram! War es so
„Es war so!"
„Kannte die Fürstin ihre Bezugs-
„Ne:n. Prinzessin!"
„Sie redete» ihr ei», der Succurs
flösse aus der Kasse meines Vaters?"
„Ich ließ die hohe Fra» in dem Glau-
Kurzem, hoffe ich, find Sie frei!"
Er fuhr in die Hohe: „Prinzessin
Magdalene!'
fpiach sie mit zitternder Stimme. Die
Gestalt verschwand im Dunkel aus der
Zelle. Pilgram griff sich an die glü
hende Stirn. Hatte er eine Vision
oder einen lebhaften Traum gehabt?
Die Prinzessin kehrte in die Residenz
zurück, der Hofrath Bohr aber fuhr mit
dem Nachtzug nach der Hansastadt, in
der Pilgram ehedem seine Anleihen ge
wocanf von dem betrogenen Bankier
bescheinigt stand, daß die irrthümlich
dem Fürsten vorgestreckten Summen
nebst Zinsen bis aus den im Formular
vermerkten Tag bezahlt seien.
Die Tochter, fetzte den Vater von
ihrer Wiederkehr erst in Kenntniß, als
sie die Quittung in Händen hielt. Der
Fürst drückte sein Erstannen über di«
Kürze ihres Besuchs bei der Freundin
aus. ,
„Ich war gar nicht dort, Papa,"
beichtete Magdalene.
„Wo warst Du denn?"
,Jn der Festung bei Pilgram!"
„Wo?" fragte er gedehnt mit großen
Augen.
Sie wiederholte Wort für Wort ihr
Gespräch mit dem Gefangen-n; nur
den Anlaß, der die verstorbene Fürstin
zur Verschwendung gereizt, kleidete si<
anders ein. Dann erzählte sie schlich!
weiter, sie aus ihren Mitteln Pil
grams Schuld bei dem Bankhausc ge
tilgt, und knüpfte die Bitte daran, dem
Eingekerkerten die Freiheit zu schenken.
Der Vater küßte sie inniger als je.
Nachdem sie von ihm gegangen, schrieb
er eigenhändig an den Festungscom-
Mandanten, der sich unmittelbar nach
Empfang des Briefes in Pilgrams
Zelle verfügte und den Sträfling das
Schreiben lesen ließ. Ein unbctanntei
Frettnd, hieß es darin, sei den Verpslich
gen das Bankhaus gerecht geworden,
den Mißbrauch seines Namens woll«
der Fürst in Gnaden verzeihen, Pil
gram sei unverzüglich aus der Haft zu
«iitlajjen.
„Magdalene, Magdalene!" murmelt«
der Erlöste.
Der Commandant überreichte ihm
ein anderes Papier: „Gleichzeitig mit
dem Befehl Seimr Durchlaucht hat der
Courier dies zweite Schreiben gebracht,
das ich Ihnen geschlossen einhändigen
soll."
Es war vom Hosrath Böhr abge
faßt:
„Zudem ich Ihnen von Herzen Glück
zu Zhrer Befreiung wünichc, ersuche ich
Sie, den Weg nach London zu nehmen
und gleich nach Ihrer Ankunft im
Banlhause des Mr. Somers, St.
Johns Wood, Marlboroiigh Hill, vor-
Dr. Böhr."
drückte das Blatt an seine Lippen.
In Bremen ging er zu Schiff. Der
erhaltenen Weisung folgend, stellte er
sich in London bei Mr. Somers vor,
wurde. Ter Bankier zeigt« ihm einen
Wechsel, mit desfen Zahlung er beauf
tragt sei. Der Betrag war so hoch,
daß Pilgram sich in Stand gesetzt sah,
ein volles Jahr in der Themsesludl de
klärte, fein Privathaus stehe Herrn von
Pilgram jederzeit offen. Das Gefichl
des sruh gealterten Mannes mit den
nie nach des Deut
schen.
Obgleich ihn keine äußere Sorg«
drückte, fühlte Pilgram sich doch ver-
Wechiel von gleicher Hohe wie der vorige
erheben. Pilgram lächelte matt: „Ich
werde die Wolilihal nicht lange mehr
zu Ende. Nach meinem Tode Haben
Sie die Gefälligkeit, ein kleines Packet
Schriften, das Sie dort in meinem
Pult finden, an die Prinzessin Magda
lene von * zu senden! Sonst ist in
meinem Nachlaß nichts zu ordnen.^
Vier Tage später holte sein Diener
den Bankier noch einmal, doch Mr.
belauscht.
Der Prinzessin ging das Vermächt
niß zu. Sie duldete keinen Zeugen
beim Oeffnen der Siegel. Das Heft,
worin Pilgram bei ihrem Besuch in der
gcn- 'hs l H '
findet, Sie grollt der Geschwätzigkeit
des Allen nicht: denn der treue Hofratb
hat es bei dem Fürsten durchgesetzi, daß
helsend ein; so weit die Herrschaft ihres
Vaters sich erstreckt, heitzt sie bei Groß
und Klein: „Unser Genius".
Ende.
Di« « inu.
Bon einem englischen MifsionärNa
mcns Batchelor, der sich eine Reihe von
'Ainu, das Christenthum zu predigen,
ist soeben ein fesselndes und lehrreiches
Werk über diesen in mancher Bezie
halb Mensch, sie selbst nennen sich da
gegen „Ainu". d. h, Mensch oder Men
schen. Batchelor gibt ihre Zahl, so
weit Jeso in Betracht kommt, auf 17.»
00«) an. während 350,000 Japaner
auf der Insel leben. Ueber ihren all
gemeinen Charakter schreibt er: „Nach
dem ich länger als acht Jahre unter
finden.
Ganz besonders merkwürdig erscheint
uns das, was der englische Missionar
armselige und so tief unter ihm stehende
Mensch nur durch die Fürsprache und
Vermittelung der untergeordneten Göt
ter in Verbindung treten. Jedes Opfer,
das man diesen zu einem solchen Zweck
darbringt, heißt „in»c>" und ist fast nie
etwas Anderes, als ein Weidenstab,
dessen Rinde so abgeschält ist, daß sie
vom oberen Ende peirückcnartig herab
hängt. Unter Gebeten werden diese
Opierstäbe entweder vor dem Herd,
Seite in die Erde gesteckt. Batchelor
schreibt darüber: „Man verfertigt
und opfert sie fast bei jeder Gelegenheit
zum Gebet und pflanzt sie ans dem Ge
biet eines besonderen Gottes auf.
Wenn Jemand krank wird, verschafft
sich sein Freund oder Verwandter oder
des auf und bittet die Feuer.zvttin. der
große Heilkraft bei allen Krankheiten
luaeschrieben wird, mit freundlichem
Luge auf den Kranken herabzublicken.
Darauf redet er sie mit dem Namen
„Boten" an und ersucht sie. zum Schö
pfer zu gehen und ihn zu bitten, die
Opfergabe anzunehmen, seine Gebete
zu erbören und' ihr zu erlauben, den
Kranken zu heilen. Auch wenn die
Ainu sich auf ihren Jagdausflügen be
finden, stecken sie stets, bevor sie sich
zum Schlaf niederlegen, vor dem Feuer
ein Mao in die Erde mit dem Gebet:
„O Göttin des Feuers, wir bieten
Dir dies ia»c> dar. Wache über »ns
in dieser Nach' und gieb uns Erfolg,
wenn, der Morgen kommt." An der
Quelle, aus der sie ihr Waffer schöpfen,
pflanzen sie ebensalls sola,- abgeschälte
Weidenstabe aus, indem sie beten: „O
Göttin des Wassers, wir sind gekom
men, um hier an Deiner Quelle zu
trinken. Thue un« Gutes und wache
über uns." Niemals gehen die Ainu
zum Fischsang aus, ohne einen Weiden
stab und ein Messer mit sich zu nehmen.
Im Falle eines Sturmes schälen sie
denselben rasch ab und Wersen ihn in
Retwng spricht,!."
Ueber die Ausschließung der Frauen
vom Gebet und von der Darbringung
von Opsern und über die Ursache dieser
sonderbarenThatsache.liest man i» dem
Buch des englischen Missionars: „Die
Thatsache, daß die Ainu-Frauen wtder
iin Gebet unterwiesen werden und über
haupt nicht beten dürfen, ist sehr merk
würdig. ES ist betrübend, sich sagen
zu müssen, da« sie keinen religiösen
Trost irgend welcher Art haben, noch
auch irgend >»elche heiligen Gedanken,
mit denen sie ihr Herz und ihren Geist
nähren könnten.
Die Götter dürfen sie nicht anbeten
und an den religiösen Festen nicht theil
nehmen, abgesehen davon, daß sie die
versehen. Man verbietet es ihnen nicht
etwa deshalb, weil sie leine Seelen hät
ten, für deren Heil sie beten müßten,
sondern weil die Männer sich Vörden
Gebeten der Frauen im Allgemeinen
und ihrer eigenen besonders fürchten.
Ein alter Man», mit dem ich mich einst
über diesen Gegenstand unterhielt, sagte
mir im Vertrauen mit völlig ernster
Stimme: „Früher pflegten die Frauen
wie die Mannet die Götter anzubeten
und an allen religiösen Gebräuchen
theilzunehmen, aber dann wurde eS
ihnen von unseren weisen Vorvätern
verboten, weil diese glaudten, sie lönn
ten ihre Gebete gegen die Männer und
vor allen Dingen gegen die Ehemänner
richten. Wir find deshalb der Ansicht,
daß es klug von tlnferen Vorfahren
war, sie von allen Gebeten auszuschlie
ßen."
Dieser Grund mag auf den ersten
Blick thöricht erscheinen, aber in Wirk
lichkeit steht er in vollem Einklang mit
den Grundsätzen der Ainu-Religion und
überdies ist es ein logischer Grund.
ter, die Gebete hören und erhören. Sie
wissen, daß sie ihre Frauen nicht so gut
behandeln, wie sie sollten; sie wiffen
auch, daß sie ihren Frauen alle Last der
Arbeit aufbürden und sie sind sich auch
der Thatsache dewußt, daß ihr Hang
zur Trunksucht ihre Familien ins Ver
derben sührt. Daher ihre Furcht vor
den Gebeten ihrer Frauen. Wenn ein
Mann die Götter bittet, sie möchten
ihm Wein geben, und seine Fra», daß
sie ihm alle geistigen Getränke vorent
halten möchten, so wäre es ja möglich,
daß ihr Gebet leichter als das seinige
erhört werde, weil sie weniger Sünden
C. W.
Dt« vier Jahreszeiten.
O Liebesfrühling, du Maienzeit,
Welch' inniglich Werben weit und breit,
Wie auch der Griesgram d'rod scheltet.
Doch Jüngling gib auf dein Herze gut
Acht.
Ost fiel ein Reif in der Frühlings
nacht,
Wo es gar leichtlich verlältet.
Tu Liebessommer voll Sonnenschein,
Ziehst durch die Pforte» des Standes-
Mit Prunk und Hochzeitsflitter.
Wie lachte der Himmel so klar und
blau.
Es gibt bald das erste Gewitter.
Der Liebesherbst macht die Menschen
solid,
Ihr Weizen ist gänzlich nun abgeblüht
Dorumer manch Unkraut sich mischte.
Auch einige „saubere Früchte".
Im Liebeswinter wird's grimmig
kalt.
Das Haar wird weiß und das Herz
wird alt.
Das Podagra weicht nicht von hinnen.
Solang' noch ein Lebensflliilchen loht.
Da hat es, Alterchen, keine Noth,
Drum heize von außen und innen.
Aus einem Fest, das in
Budapest der Baron Bela Atzel kürzlich
gab und an dem Abgeordnete aller
deuten Dr. Weierle: „Erzellenz, wie
konntest Tu Desider Szilagyi und Lud
wig Tisza in das Kabinet nehmen?
Welch ein schönes Leben hällest Du ohne
sie!" Darauf.lachte der Ministerprasi
dent und erwiederte: „Ich bin nicht so
stimmt. „Nun und was sagte sie da
zu/" „<->e sagte, der Brie, sei sehr
schön geschrieben, nur könne sie nicht
begreisen, weshalb iede Zeile mit einem
große» Anfangsbuchstaben beginne..."
ssoi>lti>a«i«»«tt».uns«a.
Sehr wenig schmeichelhaft hat jüngst
eine Gesellschaftsdame die fashionadlen
amerikanische» Wohlthätigleils-Unter-
Haltungen beschrieben.
ES gibt Schwindelprattiken sagte
fie —die sich nicht einmal durch die
Verbindung von WohllhätigkeitS- und
Gesclligkeitsinleresje rechtsertigen lassen
und in keinem halbwegs achtbaren Pri
vatgeschäst geduldet würden. Dahin
geHort vor Allem der Brauch, Leuten
Billets für Alles, vom Bazar bis zum
Wohlthätigkeitsball, in größerer oder
geringerer Anzahl zuzusenden, mit der
Aufforderung, entweder dieißillets oder
den Geldbetrag zurückzuschicken. Biel
leicht war dieser Betrug vor Jahren
nicht so groß, wie heute, aber nur, weil
man nicht so häufig zu demselben griff.
Denn es bleibt unter allen Umständen
ein Betrug, wenn man erwartet, Leute
zu verleiten oder zu zwingen. Etwas
zu laufen, was sie nicht wollen.
Da soll irgendwo eine Unterhaltung
zu einem wohlthätigen Zweck stattfin
den (voranSgcsctzl, daß die Wohlthitig
keit überhaupt nicht lediglich der Per
son zufließen soll, welche die Sache ver
anstaltet.) Nun werden Karten ge
druckt oder gravirt, und man stellt eine
Liste Derer zusammen, dtiien sie zuge
schickt werden sollen. Jeder Sendung
wird das Ersuchen beigefügt : ~Entw
eder das Geld heraus, oder die Karten
wieder!" Eine Rücksendungsmarke
wird natürlich nicht beigelegt, ebenso
wenig ein Couvert, Es gilt ,ür selbst
verständlich, daß Sie alle Karten neh
men und das Geld schicken ; wenn aber
nicht, so ist gerathen, davon höflich
schriftliche Mittheilung zu machen und
Brief nebst den zugesandten Sachen
auf eigene Kosten abzuschicken, aber
so schnell wie möglich, um zu vermei
den, daß Sie sür den ganzen Krempel
dezahle» müssen. Legen Sie die Kar
ten auch nur kurze Zeit weg. so können
sie verloren gehen oder vergessen wer
den. und Sie müssen unversehens sür
Alles blechen. Kurzum, Sie haben
auf alle Fälle Kosten und Scherereien
Man mag diese Betrachtungen für
kleinlich halten: aber in vielen Fällen
irrt man darin sehr. Ich kenne Hau
ser, in denen jede Woche 5 bis 10 Par
tien solcher Karten von verschiedenen
Seiten eiiitreffen, und man großartig
Buch darüber führen muß, um sie nicht
aus dem Auge zu verlieren und sie
vielleicht noch zurückzuschicken zu können.
Dieses Unwesen hat sich tiefer einge
fressen, als Uneingeweihte ahnen. Tau
fende von Dollars sind schon aus solche
Art Leuten abgepreßt worden, die folche
Karten nicht kaufen wollten und osl
gar nicht in der Lage waren, dafür
Geld auszugeben. Dieses Treiben ist
ein Hohn auf glle wirkliche Wohlthätig,
teit; es gehört zu den schlimmsten For
men der Bettelei und Erpressung. Und
dabei ist es in unseren Großstädten ge
radezu unheimlich weit verbreitet, vom
blauberockten Knüppelschwinger bis zur
vornehmsten, ästhetischsten Theedame.
Alle Personen, welche irgendwie von
den Betreffenden abhängen, müssen
bluten. Meist gelingt aber dieser
Unfug nur darum, weil tue Opfer nicht
den Muth haben, sich aus die Hinter
deine zu stellen. Ich uehme längst
nichts mehr an. noch auch schicke ich es
aus meine Kosten zurück, was mir ohne
meinen Wunsch zugesandt wird.
Variante.
Dai ist im Leben häßlich eingerichtet,
Daß nach dem Letzten erst der Erst«
Undankbar. „Nun Sie sind
wohl mit der Vertheidigung zufrieden?
Ein solches Resultat haben Sie wohl
kaum erwartet ?" „Haßt e' Kunst, Herr
Anwalt! Hätt' ich vor der Verhand
lung gewußt, daß ich bin so e' Ehren
mann und so unschuldig, wie Sie mich
haben geschildert, hätt' ich mer über
haupt genommen gar kan' Verthei
diger!"
—Zu viel verlangt. Ein
all«r Taglöhner findet 5 Thal«r. Er
liefert sie bei der Gutsherrschaft ab und
wird dort gefragt, ob er auch einen hö
heren Betrag, vielleicht 10 Thaler noch
abgeliefert haben würde. „Ei ja!"
antwortet er. „Auch 100 Thaler?"
„Gewiß, gnädiger Herr"! „Und
! dci°/1ö"??'' ich" '«^
Ausfallend« Erschei
nung. Dame (in Gesellschaft): „Un
»er uns gesagt: das Pulver hat er auch
nicht erfunden!" Tochter (Sackfisch):
„Das ist aber doch auffallend, Mama.
«AS iur eine Maffe von Merßchen daz
Pulver nicht erfunden hat.
Ach so! Wissen Sie nicht,
was aus dem jungen hübschen Mäd
chen geworden ist.das im vorigen
Jahr hier bediente? Hieß sie nicht
Emma? —Ja. Nun. das Gegen
theil. Ich verstehe Sie nicht.
Drehen Sie den Namen herum.
Ach so, jetzt versteh' ich!
Abwarten. Also. Sie sind
der Gutsbesitzer N. aus Pommern?
Nicht möglich! Der soll ja stottern und
Sie thaten es nicht, als Sie mir eben
Ihren Namen nannten! Herr N.:
Di^-da —dat ki—ki—iimmt no—no—
— In der Schule. Lehrer:
Großmuth ist eine der höchsten Tugen
den des Herrschers! Wer tann mir iiun
noch etwas Höheres nennen? (Alles
schweigt.) Lehrer: Nun weiß lciner
die Steigerung von Großmuth? Der
kleine Fritz: Großmuth, Großmutter ,
Aus einemßriefe. ~ Liebe
Freundin! Gestern war bei meinem
Bruder Carl Kindtaufe. Um II Uhr
wurde sein Junge getauft und da»»
kalt gespeist "
Die Nachbarinnen.' Frau
Piesecke Als wir uns verheiratheten,
bade ich meinem 'Manne erst das Tan
zeu gelernt!— Frau Ziesecke: Nach Ihrer
««» «ng»ts»«r »»«»«kling.
Ans London kam vor Kurzem di«
Kunde: der „Mo" ist gestorben. Es
war eine Berühmtheit Alt - Englands,
dieser alle Gentleman. In dem Lande,
wo die excentrische» Klubs sprießen,
steckte er bei gesunder Vernunft 52
Jahre lang in Bedlam, das ist da»
Talldorf von London. Dieser Senior
der englischen Irrenhäusler war nach
dem Urtheil der hervorragendsten Irren
arzte im Besitz aller seiner Geisteskräfte.
Er halte eine gute Bildung, war stet»
guten Humors und seine Unterhaltung
wird als fesselnd, ja geistreich gerühmt.
Jedermann kannte die Geschichle de»
„Mo" eine Abkürzung vo» „mouo
m»l>" und Niemand bezweifelte, bi»
aus einen Punkt, seine
und seine gesunde Vernunft. Und doch
«rhob sich leine Stimme in den Ver
kittigten Königreichen für den siebzig
jährigen Gefangenen, kein Vertheidiger
«rstaitd sür ihn in dem Lande, wo all«
Narren ihren Vertheidiger finden, w»
Zausende von Pfunden Sterling und
Hunderttausende von Unterschriften
einen so verwegenen Gauner uulerstütz
ten, wie den Tischborne,
der von Australien kam, um Millionen
zu stehlen. 'Und warum das ? Weil
der ~Mo" die schlimmste öffentliche
Tollheit begangen hatte, die es für
einen Engländer auf der Welt gibt,
eine Tollheit, die an ein unsuhnbareS
Verbrechen grenzt.
Dieser Monomane, der als Staats
verbrecher behandelt wurde, hatte die
entsetzliche Tollheit verübt, die Königin
,u lieben nnd es iHr zu sagen. Eines
schönen Mniinorqen-, so lesen wir in
der Münch. Allg. Ztg." ritt Ihr«
gnädige Majestät im Hyoe-Part spazie
ren; plötzlich wirft sich ein junger Mann
vor das Pferd, greift, wie in den Ro
manen ttnserer seligen Marli«, in die
Zügel und sagl zu der junge» und an
niuihigen Konigin: „Ich liebe Sie.»
Er wurde sofort ergriffen und sür ver
rückt erklärt. ' Man stellte ihn gar nicht
vor Gericht, sondern übergab ihn so
gleich den Aerzten. Ganz England,
voll Enlrüstung gegen den Gentleman,
der seiner Königin auf der Straß«
nachgelaufen war. wie ein
einer Köchin, billigle laut die ewige
Einkerkerung des neuen v. d. Trenk.
Ist das Verbrechen, «ine Königin zu
lieben, so groß, daß es mit lebensläng
lichem Tollhaus bestraft werden muß?
Ter Mann wurde als Narr, nicht al»
Majestätsverbrccher in den Zellen von
Bedlam festgehalten. Seine besonder«
Art von Narrheit währte, so sagt man,
bis zum Tode.
Dann muß man gestehen, daß dies«
Treue bewundernswürdig war. kort
ooinms I» mort. und Ihr« gnädige Ma
jestät lann sich rühmen, den standhaf
testen und treuesten Verehrer seiner
Zeit gehabt zu haben. Sein« langt
Gefangenschast war vom medizinischen
Standpunkt ans zweifello»nichl berech
tigt. Sein Schicksal kann übrigen»
andern Leulet, als Warnung und Lehr«
dienen. Sie zeigt, worin die Vernunft
in der Liebe besteht.
Denn auch diese scheinbar unvernünf
tige Leidenschaft hat ihre Logik und
ihre Gesetze. Ter Schuster soll in der
Aesthetik bekanntlich nicht über seinen
Leisten hinausgehen. Auch in der
Liebe soll man sich nichl versteigen.
Jede Leidewchaft, deren Gegenstand
unerreichbar ist, ist Narrheit. Ter
gewöhnliche Werbliche, der eine leben
dige Königin liebt, ist ebenso närrisch,
wie der, der eine ägyptische Mumie,
eine Aspasia, eine Kleopatra, eine Co
rinna, oder eine namenlose OdaliSk«
aus dem Serail des GroßsullanS liebt.
ES sei denn, daß die Königin eS ist,
von der die Initiative ausgeht. Und
dafür soll eS ja auch Beispiele in d«r
Geschichte geben, sogar in der Geschicht«
Englands. .
Ter arme „Mo" hat zahlreiche Vor
gänger gehabt, von Mazarin und
Struensee bis zum schönen Fersen und
zu Bergami, dem galanten Postillon
der Königin Karoline von England.
Bon den Troubadouren zu geschweigen.
Niemand hat, wie er, seine Narr
heit mit einem halben Jahrhundert Ir
renhaus büßen müssen.
Studenten Adschie».
Wie mir di« alten Thürme dort
Zum Abschied freundlich winken k
Frau Wirthin, schnell das Gl«» ge
füllt!
Ich muß noch eins trinken.
, Da-Z bring' ich dir, Studentenzeit,
Die, ach, so schnell vergangen!
Nach vieler Muh' ist's mir geglückt
Ein Aemtleiii zu erlangen.
Darf nimmer wieder auf Mensur
Nicht jedes Madchen küssen.
Und auch mein großes Piimpgeni»
Wird nun verlümmern müssen.
Es muß wohl sein ! Von heute ad
Beginnt ein andres Treiben
Doch diesen letzten Abschiedstrani
Will ich noch schuldig bleibe?».
Kleine Verwechslung.
Lehrerin: „Wir haben nun Alles durch
genommen, was der Mensch zum Leben
braucht: Nahrung, Wohnung, Klei
dung. Nun fehlt noch Ein s! Mari
anne, kannst Du mir sagen, was der
Mensch, um leben zit tonnen, ebenso
nothwendig, ja noch nothwendiger als
Alles Andere braucht? «Marianne be
sinnt sich vergeblich.) Ich will Dir
daraushelfen; das Wort sängt mit
an! .... Die L—!" Marianne (rasch):
„Die Liebe!"
Eiu Dulder. Sie: „Kommst
Du schon wieder' so spät ans dem
Wirthzhause! Ich habe lein Ange
während der ganzen Jeil zuthun kön
nen!" Er: .Ja, denkst Tu denn
Ichs!"
AphriSme. Kunstler, welche
die Schönheit der Natur nicht schildern 3