Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, March 03, 1893, Page 7, Image 7

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    reutsch« «ocalnachrtchte».
Provinz Brandenburg.
Der Lehrer Dahlmann in Traun
dorf ist wegen SittlichkeitSverbrcchen.
begangen an Schulkindern, in Unter
suchungshaft genommen worden.
DaS Berliner Landgericht verurtheilte
wegen Beleidigung des OssizierkorpS
uud der Fähnrich« der deutschen Armee
in einer öffentlichen socialdemolrati
schen Versammlung die Frau Apotheker
Jhrcr von Velten zu 200 Mk. Geld
buße. — 112 Der srühere erste Lehrer und
Kantor Achilles, einer der letzten per
svnlichcn Schüler Diesterwegs in Vel
ten. Zur hundertjährigen Jubelfeier
der Beerbauui'schen Bäckerei in Werder
a. H. hat die Familie zum Besten der
Armen ii«d Notleidenden eine Beer
daumftiftung begründet und mit einem
Lspitat von 18,000 Mk. ausgestattet.
—»Der Kreis-Thierarzt Wegener in
Zilenz»g wurde geschäftlich nach einem
Dorfe Lieben gerufen und kehrte aus
seinem Einspänner - Schlitten gegen
Abend wieder zurück. Am spaten
Abend fanden ihn Personen todt im
Wegegraben liegend und sein Fuhr
«erk in der Nähe haltend. Der Arzt
hat Gehirnschlag festgestellt.
Provinz Ostpreußen.
Der Photograph Gottheit in Königs
berg hat den Auftrag erhalten; die
Wandgemälde der Aula des Jnsterbur
>ger Gymnasiums sür die Weltausstel
lung in Chicago zu photographireu.—
Major Werkmeister, Commandeur des
I. Bataillons des 41. Ins. Regiments,
wurde, während er in heiterer Stim
mung an einer Festlichkeit der Offi
ciere des Bataillons im Casino theil
nahm, von einem Herzschlag betroffen.
Er war sofort todt. Im Hinblick
aus die günstige Finanzlage der Stadt
Memel haben die Stadtverordneten be
schlossen. sür die Monate Januar,
Februar und März keine Communal
steuern zu erheben. Sicherem Ver
nehmen nach sollen die Ortschaften
Bculnersdorf, Fingatten und die be
sondere Gemeinde Amtssreiheit-Ortels
burg mit der Stadt vereinigt werden.
112 Graf von der Groeben-Ponarien,
Mitglie: des Herrenhauses uud Majo
ratsherr auf Ponarien.
Provinz West p re u ß em.
Di: Regierung zu Marienwerder hat
eintausend Mark Belohnung auf Er
mittelung der Mörder des am 29. Ok
tober v. I. im Dlugimoster Forst er
schossenen Baron v. d. Goltz nnd des
ForstausscherS Klatt ausgeboten, da
durch die bisher geführte Untersuchung
die Person des oder der Thäter nicht hat
festgestellt werden können. s Der
Major z. D. und Bezirks-Commandeur
des Landwehrbezirks Thorn, Mühlen
brink. Der «Schacht der Brauntoh
lengrube Bnko in Gostoczyn hat bereils
eine Tiese von 80 Meter. Da die
Kohle von vorzüglicher Güte ist, so fin
det der Besitzer immer mehr Abnehmer.
ES sind schon mehrere Waggonladun
gen Brauiilohlen von Tuchel aus sür
Fabriken größerer Städte versandt
worden. 112 In Zoppot Konfistorial
rath Hevelke. Konkurse: Klempner
und Handelsmann Philipp Weichbrodt
zu Jablonowo. Kaujmann Joh. Da
nachowski in Kulm. Kaufmann Heinr.
Doctor in Reustadt. Buchdruckerei,
Buch- und Papierhandlung der Firma
C. Schröders Rachsolger, Ä. Saugeon,
nebst Verlag der „Schönecker Zeitung"
in Schöneck. Kaufmann G. Coresepius
in Tolkemit.
Provinz Pommern.
Im Köslin hat der Rentier Gustav
Herbst durch einen Schuß aus seiner
Jagdslinle seinem Leben ein Ende ge
macht. Auf dem Grundstück des
EigenthümerS Panten in der Rahe des
GollenS sind beim Brunnengraben der
Brunnenmacher Bank jun. und dessen
Arbeiter Rietz im Brunnenschacht er
stickt. In Köslin: 112 Seminarlehrer
TomS, Bäckermeister F. Zieiuke, Pens.
Förster Jul. Schroeoer, Ackerbürger
Fnedr. PenSke, Rentier Joh. Benz,
Verw. Ackerbürger PenSke, Wilhelmine
geb. Wutzow, Verw. Rentier Krüger.
Karoline geb. Holh, Kausmaun Louis
.Schumann. Rentier Johann Lewin,
Rentier Th. von Besser. Wegen
Unterschlagung von Telegraphengebüh
reu und Sittlichkeitsoerbrecheus wnrde
der in Falken bürg angestellt gewesene
18jährige Postgehilse Gericke vom KoS
liner Schwurgericht zu 18 Monate»
Zuchthaus verurtheilt.
Provinz Schleswig - Ho l -
stein.
112 Der Oberlehrer an der Dam
schule, Dr. Koch in Schleswig. Dem
vor Jahresfrist verstorbenen Propst
Valenuner ist jetzt seine Gattin, gebo
rene Ahtmaiin, nach fast 14jährigen
Leiden im Tode nachgefolgt. Pro
sessor Dr. Krause, welcher ehemals
Privattwitiii an der Universität Halle
.war!« und jetzt Leiter der chirurigschcn
'Abtheilung des Krankenhauses in Al
tona ist, hat an einem ameritaiiiichcn
Staatsbeamten eine im der medicivt
ischen Welt Aufsehen erregende Opera
tion, durch,welche GesichlSichmerz besei
tigt werden sollte, durch Ausmeißclunz
cher Schadelüecke und Lösung des vo»
Schmerz veoursachenden Nervs erfolg
reich vorgenommen. Dos Befinden
des Patienle« äst vortrefflich.
Provinz Schlef>ie,iu
112 Der Geistliche der katholifchrn Ge
meinde in Hayuau, Pfarrer Joseph
Äteinsch.
ln Breslau: Verw. Frau Geh. K«m
merzieniath Math. Prätorius, geb.
Schocnermark. Bahnmeister a. D.
Gustav Werner. Verw. Frau Su
perintendent Wedemonn, geb. Hor
nuug. Polizeisecretär «l. D., Kanzlei
rath Hermann Elter. Frau Cäcilia
Jaffa, geb. Neufcld. Postsecretar a.D.
Reinhold Kudell. Der in Friedberg
a. Gu. verstorbene Kommerzienrath
Konstantin Renner hat der Stadt zu
wohlthätigen Zwecken 15,000 M. letzt
tvillia pcrmackit. Während die Han-
delSmann Völtel'ich n Eheleute in Ren
gcrsdorf in ihrem mit der Abser
ligung von Kunden beschäftigt waren,
brach in ihrer Wohnung Feuer aus.
Infolge des großen OualmS mußten
die drei Kind« ersticken. Vor dem
Schwurgericht in Gleiwitz stand die
Wittwe Marianna Piontek nnd der?«
24jährige Pftcgetochter, unverehelichte
Agnes Kottarz, Beide aus Wyrow.
Der Erstere« wird Mord, der Letzteren,
welche bereits wegen Kindesmords mit
vier Jahren Zuchthaus vorbestrast ist,
lkinoesmord zur Last gelegt. DaS Ge
richt verurtheilte Erstere, welche als
sogenannte „Engelmacherin" bezeichnet
wurde, zun» Tode, die Agnes Kottarz
wnrde sreigesprochen.
Provinz Posen.
Zwei Jahre Zuchthaus erhielt der
Bureaugehilfe Rudolf Schlösser in
Fordon von der Bamberger Strafkam
mer zudiktirt, wtil er zahlreiche zur
Ablieferung an das Landrathsamt ihm
übergebenen Geldbeträge unterschlagen
und zur Verdickung der Unterschlagun
gen die betr. Quittungen gefälscht
hatte. Die Frau GutSpächter Put
schen ans Kossowo fuhr mit ihrer 17-
jährigen Pflegetochter Bertha Viel auf
einem Wagen; die Pferde gingen durch
und, um der drohenden Gefahr zu ent
rinnen, sprang die Viel a»S dem Mä
zen, schlug aber mit dem Kopse derart
gegen das Straßenpflaster, datz sie be
iinutMgSloS liegen blieb und vom
Platze getragen werden mußte Das
L'ädchen starb in Folge der erlittenen
Verletzungen nach wenigen Stunden.
Provinz Sachsen.
Die frühere Stahlhuth'fche, jetzt Ha-
Dampsschneidemühle in Gar
selegen mit großen Vorräthen von
vrettern und Hölzern ist abgebrannt.
t In Giebichenstein Fabrikbesitzer
Zrnst Leuert sen. Beim Spielen auf
»em Eise ertrank daselbst der neuzehn
sährige Sohn des Handelsmannes
hoffmann. Die Naydamühle bei
Äößnitz ist mit vielen Wirthschafts
gegenständen und großem Vorrath au
Ketreide und Mehl vollständig nieder
gebrannt. Der Schaden übersteigt
100,000 Mark. Der Redacteur
Alme des socialdemokratischen „VolkS
blatt" wurde wegen öffentlicher Belei
digung der Vorgesetzten und Mann
schasten des Füsilier-Regiments No. 36.
enthalten in einem Artikel über einen
Unfall beim Turnen der Soldaten,
wobei einer einen Beinbruch erlitten
hatte, zu einem Monat Gefängniß ver
urtheilt. Im Zustande des Deliri
um Tremens hat der Fuhrmann A.
Schmidt aus Schloßrippach den Pri
vatmann F. Kästner aus Oberheldrun
gen im „Gasthof zum wilden Mann"
in Erfurt erstochen. Der Reifende
einer Magdeburger Chokoladenfirma
liamenS Heinrich Stengel hat seine
Geliebte, die neunzehnjährig« Selma
Opel aus Magdeburg, nach einer
Eifersuchisscenc auf offener Straße er
stochen. Er ergriff die Flucht, wurde
aber bald verhaftet.
Provinz Hannover.
s In Lingen: Gärtner Herm. Thür
nau, Wwe. Karol. Ernst, geb. Ho
meyer, Mühlenbauer Moritz Buchholtz,
Schuhmacher Konr. Kroll, Kommis
Ed. Holzmann. In Meppen sind
beim Schlittschuhlaufen zwei Gymna
siasten aus dem Emskanal durch s Eis
gebrochen und ertrunken. In Nort
heim fuhr ein von Kassel kommender
Schnellzug in einen eben ausfahrenden
Güterzug hinein. Der Stationsafsistenl
Thiele aus Kassel, der sich als Passa
gier im Zuge befand, ist getödlet, ein
Reisender und ein Schaffner sind leicht
verletzt. Der wegen Unterschlagung
und Vergehen S.gegen die Kontursord
nui!g zu 3 Jahren Gefängniß verur
theilte Kaufmann Ang. Michaelien in
istade ist setzt, nachdem das Reichsge
richt seine Revision verworfen hat, ver
haftet und zur Abbüßung seiner Strafe
in das Gefängniß zu Hameln eingelie
fert worden. 112 Pastor Primarius on
St. Wilhalvi, Theodor Borslelmanii.
Provinz Westfalen.
An Nollsschulen unseres RegierunftS
bezirks wurden angestellt und zwar
definitiv : die Lehrerinnen Franle in
-Kamsdorf: Anna Hardenberg, bisher
zu Rainsdorf, in Altenberge: Wilhel
mine Husemnnn, bisher zu Mellingen,
in Harsewinkel; serner provisorlich -
die Schulnmtsbewerberinnen Franziska
vienkc in Ranisdorf! Wilhelmine Fuß
mann in Meitingen. s Sanitats
ralh Dr. Carl Bernay in Münster.
Landgerichtsdireltor Schulz feierte fein
50jäbriges Dienstjubiläum. AuS die
,fem Anlaß wurde ihm von den Mit
gliedern des Landgerichts ein silberner
Pokal gewidmet. Die Stadt ehrte den
.Aubilar durch eine Adresse, der König
.durch die Verleihung des Charakters
:intv Geheimen Justizraths. Herr
ZohanncS Hosfmann, feit fast sechs
Jahren tpeciell für katholische Angele
zenheilen Aiiiarbeiter der „Kreuzzei
lumg" und vorher zehn Jahre lang
nerantwortlicher Redakteur des „Wests.
Mertur", ist nach Amerika abgereist.
Er wird dort tthefredaktour des
burgvr Beobachter".
N h.e>i nprov im z.
J>n Duisburg LandtagSabgeord
nettr «ommerzienrath. In dein En
gros-Ge»chäft vo» Büren u»o EisfeUer
i» Elberfeld brach Feuer ai»S, welches
in kürzester Zeit auch die heiler dem
Geschäftslokal belegene und
Hemdenfabeik ergriff. Bald teilte sich
der Brand cuich dem angrenzenden Kon
sektionSgeschäst von Uhlhorn und Kluß
mann lyit. DaSEngroS-Akanufa/tur
waaren-Klesckiäft von Friedrich S<!yd
und Söhne wurde nur w«nig beschädigt.
Mehr als 400 Perionen sind arbeitslos
geworden und der angerichtete Schade«
beträgt mindestens zwei Millionen Bit.
Provinz He fse n -Na ss au.
Der Schicrholz'sche Entwurf zum
Friedrich Stolpe-Denkmal in Frank
furt a. M. für den sich das Preisge
richt entschieden hat, ist als Brunnen
gedacht. Aus einem dreieckigen Sockel,
dessen Ecken Wasserbecken in Form von
Mu'cheln tragen, baut sich eine mit
Blumengewinden geschmückte Säule
auf, die die Büste des Dichters trägt.
Das vordere Bronzerelief zeigt die
„Francofurtia" mit »er Friedenspalme,
im Himergrund die Stadt mit dem
Pfarrthum. Das Relief links alle
gorisiri das „FrühlingSlied", recht
deii „Prophet JonaS". Drei Köpfe an
dem oberen Theil des Postaments er
innern an „Die Kapp", den „Rothen
Schornsteinfeger" nnd den „Kranken
Mann". Drei Tauben speien Wasser
in die Muschclbecken. Aepfelgehäng«
zieren die Schalen. Das Postamenl
ist sür Sandstein berechnet, die drei
Stufen für Granit, die Büste, die drei
Reliefs und die Tauben für Bron
zeguß. Das Denkmal, elwa 5.50
Meter hoch, soll »litten in der Altstadt,
auf dem alten Markt, zur Aufstellung
gelangen. 112 daselbst der Geh. Re
gierungsrakh Dr. Konrad Rösing«,
preußisches Mitglied der Main-Reckar-
Bahii-Direktion. Ferner der Geistliche
Rath Schlenger, seit 1869 Administra
tor der Stadtpfarrei Frankfurt und
Verwalter des bischöflichen Kommissa
rials; de? Oberlehrer am städtischen
Gymnasium, Professor Dr. Noll: der
Architekt Philipp Slrigler; der Zeich
ntlllehrer Alexander Stix, die vcrwilt
wetc Fran Marianne Grimmert, geb.
Frank. Ueber das Vermögen der
Maschinenfabrik und Bauschlosserei
Konrad Ranke Söhne, die schon seit
langer Zeit für schwach galt und nur
geringen Kredit genoß, ist der Konkurs
eröffnet worden. Der Steindrucker
Wollmann, der im Stadtwalde seine
Geliebte «schoß und einen Selbstmord
versuch unternommen zu haben angab,
ist nach rasch erfolgter Heilung der
leichten Verwundung, die er sich mit
ein« Platzpatrone zugefügt haben soll,
in s UntersuchllngSgefängr.iß verbracht
worde.i. Er steht unter dem Verdacht,
sich deS Mädchens, dessen Einwilligung
zu gemeinschastlicher Selbsttödtung er
nicht besessen hätte, vorsätzlich dnrch
Mord entledigt zu haben. Wegen
Bestechlichkeit und Veruntreuung, in
dem er sür Gefangene Bestellungen
von Bliesen nnd Besorgungen von
Speisen, Tabak etc. übernommen
hatte, ist der im August entlassene Ge
sangtnciiauffeher Peier Richter von der
Strafkammer zu 9 Monaten Gefäng
niß verurtheilt worden.
Königreich Sachsen,
s In Blasewitz der Oberstlieutenant
a. D. Erich Aster. Der privallfirende
Rechtsanwalt und srühere Bürgermei
ster Meier in Blasewitz feierte mit sei
ner Ehefrau die goldene Hochzeit.
Der im September v. I. verstorben«
Maschinenfabrikant Julius Seyffert in
löhemnitz hat der Stadt lv,ooo Mark
zn milden Zwecken vermacht. Großes
Aufsehen erregt es in Chemnitz, dag der
Inhaber und Direktor des Universal-
Sprachinstitutes, Mendt, unter Hinter
lassung bedeutender Schulden spurlos
verschwunden ist und nun von der
Staatsanwaltschaft verfolgt wird.
Dem Bezirksschulinfpektor Schulrath
Dr. Phil. Moritz Julius Spieß ist in
dankbar« Anerkennung seines treuen
und erfolgreichen Wirkens auf dem Ge
biete des SchulwefeilS und seiner Ver
dienste um die Erforschung der Ons
gefchichte der Stadt Annaberg das
Ehrenbürgerrccht der Stadt verliehen
worden. In einem von ihm betrie
benen Steinbruche im Kunnersdorfei
Thale erlitt der Hausbesitzer Köcher
tödtliche Verletzungen. In Berthels
dorf Hut sich der Hausbesitzer Geisler
aus Oberputzau erhängt. Wie di«
Chemnitzer Handelskammer mittheilt,
ist der Export aus dem Bezirk de-
Chemnitzer Konsuls der V«. Staaten
nach den letzteren im Jahre 1891 um
17 Millionen Mark gegen das Vorjahr
zurückgegangen. Der Ausfall gegen
1889 belrägt 12 Mill., der gegen 1888
etwa 7 Mill. und der gegen 1887 rund
13 Mill. Mark. Vom Landgerichl
in Chemnitz wurde der Maurermeister
Max Arthur Rotter, der in einer vom
Stadlbanamt genehmigten Zeichnung
eines zu erbauenden Hauses zum Zwecke
der Täuschung aus den für den 3. stock
beabsichtigten zwei Wohuungen drei
Wohnungen zeichnete, wegen Urkunden
fälschung zu 2 Wochen Äesängniß ver
urlheilt. Der Böttchcrmelster Rich
ter in Chemnitz hat sich erhangt.
Thüringische Staaten.
Das amtliche Verzeichniß der zur
deutschen Abtheilung der Chicagoer
Weltausstellung zugelassene» Aussteller
zahlt bei der Gruppe der Gotha« Spiel
waaren-Jndustrie acht Aussteller.
Die gelegentlich des goldenen Hochzeits
jubiläuins des Herzogpaarc? von
Sachscu-Coburg-Gotha veraustaltete»
Sammlungen zur Erbauung eines Ge
nesung-Hauses auf dem Thüringer-
Wald haben einen Reinertrag von 35,-
000 Mark ergeben. 112 Der bekannte
Theatermaler Professor Gotthard Brück
ner in Coburg. Die beiden Korb
wnare»» Exportfirmen Karl Luthardl
und Oskar Hermes ck Co. in Coburg,
welche insofern zufammenhängea, als
L. gleichzeitig Mitinhaber der letzlg«-
minnten Firma war, haben den Con
cors angemeldet. Am 14. Januar
waren es 50 Jahre, daß der „Thürin
ger Sängerbund'" in Golha gegründet
worden ist. Zu Ehren des Tages fand
eine Feier vom „Gothaer Sängerbund"
im Parkpaviklon statt. Bürgermei
ster Waiths-.- in Ballstedt feierte sein
25jährigeS Amtsjudlläum als Bürger
meister des Orts.
Hessen-Darmstadt.
Zur deutschen Schutztruppe in Afrika
haken sich vom Pionierbataillon in
Kastel acht Mann gemeldet.— Der die
ser Tage verstorbene PH. Specht in
Mainz, hat 12,000 Mark dem Ge
werbevcrcin, 12,000 Mark dem Btr
schönerungsverein und 12.000 Mark
dem städtischen Hofpitalfonds vermacht.
leKtere mit der Auslage, die Zinsen zur
Erziehung eines Waiienkindes zu ver>
wenden. Wegen der unte den Kin-
dern der Gemeinde Ruppertenrod stark
Krassirenden Diphtheritis ist die Schule
bis auf Weiteres geschlossen worden.
Bereits siebe» Kinder sind der schlimm
sten aller Kinderkrankheiten erlegen.
Königreich Bayern.
Der Doppelmörder Johann Schind
ler, welcher aus der Kohleninsel den
Taglöhner Würstle ermordete und da
für zum Tode verurtheilt, vom Prinz-
Regertten ab.'r zu lebenslänglichem
Zuchthause begnadigt wnrde, später
seinen Mitgefangenen Ertel auf die
gräßli'chste Weise mit einer Scheere um
brachte und vom Schwurgericht in
München am 3. Oktober abermals zum
Tode verurtheilt wurde, ist jetzt, nach
dem der Prinz-Regent diesmal vo» sei
nem Begnadigungsrechte keinen Ge
brauch machen zu wollen erklärt hatte,
durch Nachrichter Kißling« in dem Hof
der Angerfrohnveste mittels Fallbeiles
hingerichtet worden. —Der wegen Mnt
termordes zum Tod verurtheilte An
dreas Frieser, Oekonom von Döltsch,
wurde vom Prinz-Regenten zu lebens
länglicher Zuchthausstrafe begnadigt.—
Königreich Württemberg.
In ASperg feierte Schullehrer Nieser
das Fest feines 50jährigen Dienftjudi
läumS. Der in Freudenthal ansäs
sige Handelsmann A. Aaron wurde
auf der Landstraße in der Nähe des
Woldes durch den Hals gesch»ssen und
lebenSgesahrlich verletzt. DaS Land
zericht zu Ulm verurtheilte den früheren
Kassirer der Blanbeurer Gewerbedank,
Z. A. Schwarz, wegen Unterschlagung,
Urkundenfälschung und Betrug» zu 54
fahren Zuchthaus und 1200 M. Geld
strafe. Schwarz hat die Bank und ver
schiedene Depot - Gläubiger um Sum
men im Gefammtbetrage von 195,196
vi. geschädigt. Böricnspeculationen
oeranlaßten ihn zu den Unterschlagun
zen. Bevor er die Unterschlagungen
zerübte, hatte er sein eigenes nichi un
»eträchtlicheS Vermögen im Börsenspiel
iat sich Schwarz später verloren, auch
noch vor dem Schwurgericht zu verant
vorten.—lm Rosensteintunnell wurden
drei Arbeiter von einem aus Stuttgart
lammenden Personenzuge übersahren.
Der 31 Jahre alte Jacob Stocker von
Weil im Dors starb noch auf dem Trans
portz umHospital, die anderen beiden ka
men mit weniger schweren Verletzungen
davon. In bcneidenSwerthen Ver
mögensverhaltnissen befindet sich die
Städtgeineinde Dornstetten. Außer
dem. daß in derselben eine Gemeinde
schavenSumlage seit vielen Jahren nicht
stattfindet, erhält Heuer jeder Bürger
noch von der Stadtkasse baare 80 M..
ferner 4 Raummeler Scheite, l Klafter
Stockholz und 50 Reifachwellen als
Bürgergabe. Ferner erhält jeder Bür
gerSwh», der beim Militär aktiv dient,
als Geschenk 80 Mk. —Der in Ebing«»
verstorbene Privatier Christian Landen
berger hat 10,000 M. für gemeinnützig«
Zwecke ausgesetzt.
Großherzogthum Baden.
s In Freiburg der Geheime Natt
Fromherz. Bürgermeister Ketterer
in Freiburg fiel in feiner Wohnung so
unglücklich die Treppe herab, daß er
todt auf dem Platze blieb. s In
Ettlingen Hauptiehrer Martin Herig.
Der Vertrag wegen Verlängerung
der Murgthalbahn von Gernsbach nach
Weifenbach ist jetzt endgiltig abgeschlos
sen. Der Bau soll im Frühjahr in
Angriff genommen werden. Die Murg
thalbahn wird eine strategische Bedeu
tung haben. Der Ausbau bis Freu
denstadt dürste wohl nur eine Frage
der Zeit sein. Nach vollendetem An
schluß wäre eine directe Linie Ulm-
Metz hergestellt. Nach vorausgegan
genen Streithätideln ist in Graden der
20 Jahre alte Philipp Blau von dem
ebenfalls 20iahr>ge» Karl Gamer er
stochen worden. Der Thäter ist flüch
tig.
Rheinp 112 a l z.
Der „Verein zur Erbauung der Ge
düchtniklirche der Protestaiion von
1529 zu Speyer" verfügte, wie in der
letzten Generalversammlung berichtet
wurde, am 31. December 189 l über
ei« Gesammtvermögen von 342,693
Mark, oavon in Baar 791,325 Mark.
Im Jahre 1892 ist das Baarvermögen
aus 798,000 angewachsen. Die Grund
steinlegung, welche bereits im vergan
genen Spatjahr geplant war, der Cho
leragesahr wegen aber verschoben wor
den war. soll nun im Spätherbst 1893
in Verbindung mit der Geueralver
fammluug de- evangelischen Bundes
Deutschlands stattfinden. Von aus
wärts, namentlich aus Anierita, er
wartet man in nächster Zeil noch das
Eintreffen größerer Beitrage. Der
18 Jahre alte Sohn des Bürgerinn»
sters Steiß ans Aßweilen hat sich beim
«schießen mit einem Gewehre derart am
Kopfe verwuudet, daß er jetzt feinen
Verletzungen erlegen ist. fJn Fran
teiiihal Frau Dedenkowa. geb. Becker,
in ihrem 98. Lebensjahre. Wegen
eines Sittlichkcilsverbrechens. begangen
an feiner lsjahrigen Tochler, wurde
in HeUlgenstcin Aoam Eggert ver
haftet.
Elsaß-Lothringen.
Herr Barel, ein Schiveizer, Vertre
ter der Brauerei Boch in Lutter
bach, ist ausgewielen worden, ebenfc
zwei junge Israeliten aus Mülhausen,
deren Ellern nach dem Kriege Schweizer
geworden waren und welche jetzt dieselbe
Nationalität zu erlangen suchten, um
sich dem deulschen Heeresdienst zu ent
ziehen. Gegen den Reichs- und
Landtags-Abgeordneten Jean North
wurde wegen Unregelmäßigleilen. die
er als Director der Äode» und Eom
munal-Eredilbant begangen haben soll,
die stiasgerichtliche Untersuchung ein
geleitet. Nicht weniger als drei
Selbstmorde sind unler den Soldaten
der Straßburger Garnison in letzter
Zeit vorgetoinmen. Ein Soldat des
IZL. Jllsauicrie-Regiments erhängte
sich, einer des 120. Infanterie-Regi
ments stürzte sich zum Fenster hinaus.
,nd in der Traintaserne fand man
einen Soldaten mit abgeschnittenem
Haljt im Beile liege».
Mecklenburg.
In Stargard war man wahrend der
letzten ikälte längere Zeit ohne öffent
liche Uhr. Denn erstens war die Bahn
hofsuhr wegen ÄusdesscriMg seit meh
reren Woche» vernagelt, zweitens war
das Zifferblatt der Postuhr übersroren,
und drittens ist nach Ab
tragung des Thuru.xs nicht mehr vor
handen.
Oldenburg.
Eine recht unangenehme Unterbre
chung fand ein den
eine am Klippkaner Deich bei Brake
wohnende Familie zu Ehren ihres jüng
sten Sprößlings abhalten wollte. Die
Gesellschaft sitzt an reich gedeckter Tafel
und ist im Begriff, sich an den aufge
tischten Leckerbissen zu laben. Da gibt s
einen Krach, der Fußboden bricht, die
ganze Gesellschaft rutscht in die Tiese,
mit ihr Tasel nebst Zubehör. Das
Haus war vor etwa zehn Jahren an
Stelle eines abgebrannten neu erbaut,
man hatte es nicht für nöthig gehal
ten, den etwa acht Fuß tiefen Raum
unter dem Fußboden auszufüllen, die
Balken des abgebrannten Hauses waren
wieder benutzt worden, diese aber ver
mochten die Last der KindtausSgescll
schast nicht mehr zu tragen und daher
die unfreiwillige Rutschpartie. Glück
licherweise hatte keiner der Betheiligten
eine Verletzung davongetragen.
Böhmen.
Letzthin brach in der Möbelfabrik
und Brettschneiderei der Firma Teibler
und Seemann in Rauschengrnnb ans
bisher unbekannten Ursachen plötzlich
Feuer aus. welche» so rasch um sich
griff, daß trotz aller Anstrengungen der
rasch zur Stelle erschienenen Feuerweh
ren von Oberleutensdors und Bettel
grün sast sämmtliche Fabriksgebäude
sowie das nebenan befindliche, dem Pro
kop Loos gehörige Gasthaus „Zum Fel
senkeller" dem verheerenden Elemente
zum Opfer fielen. Dadurch ist eine
große Anzahl von Arbeitern für den
Winter arbeitslos geworden, doch wird
die Fabrik, die versichert war, im kom
menden Frühjahr wieder aufgebaut
werden. In seiner Wohnung hat sich
der Gerichtsvollzieher des stadtisch dele
girten Bezirksgerichtes sür die Reustadt
und Wyscherad Johann Stach erhängt.
Als Grnnd der verzweiselten That wer
den drückende Schulden angegeben.
Schweiz.
Das Assisengericht des ersten Bezirks
(Sensc-Murten) verurtheilte den gewe
senen Staatseinnehmer Anderset von
Tasers zu 6j Jahren Zuchthausstrafe.
Seine Veruntreuungen deliefen sich aus
41,000 Francs, wovon 30.000 Francs
durch Bürgschaft gedeckt sind. Außer
dem war Anderset der Urkundenfäl
schung angeklagt. Die Geschworenen
nahmen mildernde Umstände an. mit
Rücksicht daraus, daß nicht etwa Ander
set selbst, welcher zwanzig Jahre lang
sein Amt verwaltete, sondern seine
Frau durch verschwenderisches Leben
das Vergehen verschuldet hat. Von
dem Obstbauvercin der Stadt Solo
thurn in Verbindung mit dem land
wirthschastlichen Kantonalverein wurde
eine ObstauSstellung im „Rosengarten"
eröffnet. Sie ist reichhaltig, geschmack
voll arrangirt und wird fleißig besucht.
Die beuii Bahnhof Neu-Soiothurn
gelegene Malzfabrik Wyß ist niederge
brannt. Die der Brandstistnng
überwiesene Anna Keller, Pflegetochter
bei Frau Baumgartner in Oeffingen,
deren HauS sie angezündet hatte, würde
durch ei» Gutachten des DirectorS der
Irrenanstalt Roesegg. Dr. Greppin,
als geistig nicht normal erklärt und
von dem Schwurgericht freigesprochen.
Der römisch-katholische und gegen
wärtig flüchtige Pfarrer Arnold Haselt
von Buchsiten wurde vom Schwur
gerichtshos wegen Sittlichkeitsvergehen
zu drei Jahren Correctionshaus und
Entzug der bürgerlichen Rechte wahrend
sünf Jahren verurtheilt. Pächter
Stadle in Keppel ist nach zweitägigem
Leiden an einer Blutvergistung gestor
ben, die er sich aus dem Herbstmarlt in
Ölten zugezogen hatte. DaS dem
Friedensrichler Jos. Biedermann gehö
rige Haus in Obergösgen ist gänzlich
niedergebrannt. Biedermann selbst
besindet sich zu Golothurn im Militär
dienst. Dessen Frau und Kinder konn
ten tan», das nackte Leben reiten.
In der Aare oberhalb Ölten ertrank
unter verdächtigen Verumständlingcn
eine neunzehnjährige Anna Hödel von
Wauwil. Ihr Liebhaber wurde sofort
verhaftet
Aus Lezarorieux (Eotesdu
Nord) wird gemeldet: Am 5. Jannar
war der Leuchtthurmwächter Jean-
Rene Le Mehel mit dem zweiten Wäch
ter Le Roy auf den Leuchühurm der
Douvresjelien gestiegen, »m die Feuer
anzuzünden. Äe,m Herabsteigen glitt
er aus, verlor das Gleichgewicht, und
stürzte über die 40 Meter hohe Stiege,
au deren Fuße er todt liegen blieb.
Ter zweite Wächter machte nun die
Nothsignale, doch vergeblich. Ebenso
nutzlos wiederholte er sie an den darauf
folgenden Tagen. Niemand antwortetc
ihm von der Küste. Kein einziges
Boot fuhr in seiner Nähe vorüber.
Der unglückliche Wächter mußte den
Leichnam seines Kameraden aufbewah
ren. Er wagte nicht, ihn ins Meer zu
Wersen, theils aus Achtung für den
Todten, theils aus Klugheit. Was
hatte er sonst antworten lallen, wenn
man ihn des Mordes deschuldigt hätte.
So mußte denn der unglückliche Wäch
ter volle vierzehn Tage mit dem schon
in Verwesung geralhenen Leichnam
allein im Leuchthurm bleiben, bis end
lich das Ingeuieurboot Kresnet kam,
nm die regelmäßigen Auswechselungen
aus den DouvreSielsen vorzunehmen.
Man fand den armen Le Roi) in einem
dem Wahnsinn nahen Zustande. Mit
dem Leichnam seines verunglückten
Collegen nach Lezardrieux zurückge
bracht, mußte er sofort ärztlicher Be-!
Handlung übergeben werden.
Man berichtet aus Be n e
dig vom 25. Januar: Gestern ist hier
Sir A. Malcolm, nahezu 80 lah«
alt, einem SchlagansaU erlegen. Der
schottische Edelmann, welcher vor Kur
zem noch sie Kaiserin Friedrich und de
ren Töchter in seinem Palazzo am Ca
nal grande gastlich aufgenommen, stand
im Rufe eines Sonderlings und hat
Venedig wahrend seines langjährigen
Aufenthaltes daselbst - manchen Ge
sprächsstoff abgegeben. Allein der
Spleen lief nur so nebenbei bei Sir
Malcolm, welcher ein eminenter Ge
schäftsmann gewesen sein soll, was
schon daraus hervorgeht, daß er veu
Holzhandel von ganz Vciieticn an sich
gerissen und gewaltig viel Geld dabei
erworben hat. Ungeachtet seines alten
Namens und eine« beständigen Ver
kehrs mit dem Hochadel seines Landes
scheute er sich keineswegs, vom Größten
bis zum Kleinsten seine Ge ch ifte selbst
zn leiten. Nie hat Jemand Etwas für
ihn einkasfiren und ebensowenig Et
was auszahlen dürfen, Alles mußte
durch seine eigene glückbringende
Hand gehen. Sir A. Malcolm
vereinigte seltene geschäftliche Fin
digkeit mit skrupulöser Rechtlichkeit.
Fiel ihn sei» Spleen an, was zuweilen
vorkam, so ließ er Alles im Slich und
flüchtete nach seinem Schloß am Piave
strom in Lonparone. Dieser Wohnsitz
soll Malcolm Unsummen gekostet haben
und lediglich darum, weil sein excentri
scher Sinn diesen Landsitz gerade dort
hingesetzt, wo das Gefälle deS Piave
am heftigste» alljährlich wüthet. Der
alte Herr ging unverheirathet und ohne
directe Erben aus der Welt. In der
Erinnerung der Venetianer wird er
aber noch lange lebendig bleiben und
fein Palazzo sür jeden Gondelier sicher
lich noch ein halbes Jahrhundert Pa
lazzo Malcolm heißen.
Des Bühnenkünstlers
Erdenwallen endet nicht immer auf den
Brettern, die die Welt bedeuten, nnd
namentlich Berlin ist reich an Schau
spielern und Sänger», die der Bühne
entsagt haben, um einem anderen bür
gerlichen Beruf sich zu widme», Kam
mersänger Fricke verkürzt seine Muße
durch reiche künstlerische Entfaltung
als Landschaftsmaler. Auch der frü
her dort am Opernhaus wirkende Te
norist Schleich hat sich der bildenden
Kunst zugewandt nnd steht als Land
schasts- und Marinemaler einem In
stitut sür Mal- und Zeichenunterrichl
vor. Helmerdings malt gleichfalls als
Dilettant und zur eigenen Zerstreuung.
Hofopernsänger Woworsky übt den
recht angenehmen Beruf eines Guts
besitzers aus. der frühere Tenorist Wal
ter Pielke wirkt jetzt im Westen Berlins
als vielgefucyter praktischer Arzt, der
frühere HoNchauspieler Abmeyer besitzt
in der Paiioraniastraßc eine Wein
handlung, der vom Belle - Alliance-
Thealer bekannte Schauspieler Ritter
ist Kneipwirth in der Mauerstraße, die
srühere Solotänzerin Emmy Allroggen
steht als Wittwe Greve einer Coniitü
renhandlung in der Jnvalidenstraße
vor. Der Charakterspieler Mar An
zinger, der in den siebziger Jahren n.
A. auch im Nationaltheater und bei
Kroll aufgetreten, ist dem modernen
Berlin als orientalischer Zauberer „Ben
Ali Bey" bekannt geworden, der Schau
spieldireclor Krämer nützt den leidenden
Berlinern als Heilmagneliseur, der
Barylonift Leichner sabrizirt Schminken
und Puder, der Schauspieler Waser
hat sich als Begründer des Vereins zur
Förderung der Kaninchenzucht um den
kleinen Mann verdient gemacht, dem
früheren Poisdamer Regisseur SchefSky
verdankt die Hintertreppen-Literatur
den Druck der „Werke" des Scharfrich
ters Krauts, der Tenorist Stückenbrock,
einst eine Zierde des Barmer Theaters,
besitzt jetzt in der DreSdenerstraß? eine
Blaitgoldhandlung, der Schauspieler
Bergmann ist „Vortragender" der wis
senschaftlichen Gesellschaft „Urania",
der Schauspieler Borueinann betreibt
in Alt-Moabit eine Musikalien-Hand
lung: zahlreich haben sich unsere Schau
spiel« der Presse zugewandt, so ist der
frühere Opernsänger Richard Fischer
jetzt Redakteur des „Torfbarbier", der
frühere Schauspieler Rudolf Eicha Re
dakteur der „Volks-Zeitung", der als
Schauspieler vom Wallner-Theater her
bekannte Manmilian Harden Heraus
geber der „Ziilunjt". Auch die Schrift
steller Rudolf Geriet. Leon Treptow,
Schmidt-EabaniS, Wilhelm Mann
städt, Dr. Adolf Schwarz, Julius
Freund u. A. gehörte» einst der Bühne
an.
—ln den Steinbrüchen
von Syene in Aegypten befindet sich
noch ei» Halbsertiger Obelist. der, noch
mit dem anderen Gestein sest verbunden,
die rohen Umrisse und die Spuren der
Steminrtzarbeiten noch so frisch zeigt,
daß man meinen möchte, die Arbeiter
hätten eben erst die Arbeit verlassen
und mußten zur Fortsetzung derselben
jede» Augenblick .wieder erscheinen.
Dieser ungeheure Steinblock zeigt, wie
die Alten lolche schwere Blöcke vom Ge
stein ablosten und IranSPortirten. Auf
der Sohle des Steines sind parallele
Reihen von Löchern eingebohrt, die
zweisellos zur Aufnahme von Baum
stämmen dienten, welche, scharf ausge
trocknet, in die Löcher eingeteilt und an
gefeuchtet wurden, wodurch die quellen
den Hölzer den Stein glatt vom Bode»
absprengt:». Ter Block wurde auf
«Baumsmnimen. die als Walzen dienten,
nach dem nahen Rilnser geschasst und
auf eine gezimmerte Barle geladen, i
Hier lag der Block, bis die Ueberichwem- !
mung eintrat, wodurch das Floß vom
Wasser gehoben »nd den Nil hiuunter
nach seinem Bestimmungsort geschasst l
wurde. Dort angekommen, fanden sich
tausend willige Hönde, die ihn mittelst
Rollen eine geeignetetzbene hinaufschaf.'
ten, wo er vor einem Tempel ausgerich- >
tet ward. Tas UniergesteU war dort schon
vorgerichtet, eine aus Sand und Baum
stämmen zu diesem führen»! Rampe
angelegt, auf welche der Obelisk heran
geschasst und mit Seilen undPalmen
stämmen ausgerichtet wurde.
Aus Oe st erreich meldet
Wien: Der praktische Arzt Dr.
Ludwig Seeger. der sich unter seinen
Vorarlberger LandZleuten und auch i»
weiteren Kreisen als Dialektdichter eineir
Namen gemacht hat, ist gestorben.^ —
Ferner starben: Dr. Josef Aiyer.
Domherr, Frau Maria Neuman».
Professors - Gattin, Franz Ritter ».
Fleißner, Sektionsrath, Wenzel Mi
chael Janowetz, geistlicher Rektor dS
Allgemeinen Krankenhauses, Alois
Bentl, Bäckermeister, Eugen Hörner.
Regierungsrath, und Adolph MM
berger, Ministerialdeamter. —Ernestmr
Mayer-Alfo-Kusbach ist vor einign»
Tagen begnadigt worden, Sie war
vom Wiener Schwurgericht wegen deA
Verbrechens des Betruges, begangen
dadurch, daß sie ihrem von ihr getrennt
lebenden Gatten ein fremdes als ihr
eigenes Kind unterschoben hatte. anr
13. November 1891 zu zwei Jahr»
schweren Kerkers verurtheilt worden,
und hat somit im Ganzen ein Jahr
und zwei Monate in der Strafanstalt
zugebracht. Der Hofburgschauspiel«»
Krastel hat sich letzthin auf der Bühne
des Burgtheaters eine Verletzung ern
ster Natur zugezogen. Der Künstler
war während der Verwandlung im leg
ten Akte von Grillparzers „Das gol
dene Vließ", da der Bühnenrauin nicht
beleuchtet war, infolge eines Fehltrit
tes aus einer Höhe von 14 Meter a»f
das Podium herabgestürzt und, da er '
eine Rüstung trug, wurde der Fall noch
schwerer. Krastel legte einen ManM
um den verletzten Arm und spielte sei»«
Rolle zu Ende. Nach Schluß der Bor
stel! »ng erhielt er, nachdem die ärztliche
Untersuchung Brüche mehrerer Hand
wurzelknocheii. einen Sehnenriß unb
eine Muskelzerrung ergeben hatte, eine»
Wasserglasverband.—Schon über zwei
Jahre sind seit dem Tode BauernseldS
verflossen, und dem Dichter fehlt bis
heute ein Denkmal auf seinem Grate.
Nun hat sich ein Comite gebildet, m«
auf dem von der Gemeinde Wien ge
widmeten Ehrengrabe desselben en»
Monument zu errichten, das auch ko»-
Menden Generationen die Erinnerung
an Wiens hervorragendsten Lustspiel
dichter festhält. Der Eisenwaares
händler Franz Schetka ist wegen b-deu
tender Wechselfälschungen verhaftet
worden. Es sind gegenwärtig noch ra.
500 Wechsel aus Wiener uud Prager
Firmen in der Höhe von 70,000 fl. im
Umlaufe. Schetka hat diese Wechsel
fälschungen seit sieben Jahren betrie
ben. Geschäftsverluste haben ihn ans
die Bahn des Verbrechens getrieben.
Der Viehhändler Friedrich Fuchs hat
sich letzthin in seiner Wohnung ans
einem Revolver eine Kugel durch die
rechte Schläfe in den Kopf gejagt und
ist sofort todt geblieben. In einem zu
rückgelassenen Briefe bezeichnet er Ver
luste im Geschäft« als Motiv des Selbst
mords.
Alphonse Daudet ist mv
einem neuen Roman beschäftigt, der
demnächst vollendet und im Frühjahr
in den Händen der Leser sein wird.
Das Buch behandelt, wie der Verfasser
einem Besucher mitgetheilt hat, die hen
tige Jugend, das Geschlecht, das heute
25 Jahre alt ist und das Leben be
ginnt, ganz vernünftig, zu vernünftig
für die kleinen Dinge des Lebens,
aber ohne Fröhlichkeit und trockene«
Herzens, die Seele abgeschlossen gegen
großmüthigc Ideen, gegen Zärtlichkeit
und Thorhut, die ihren Reiz haben, des
denen der Mensch aber nicht auf die
Kosten kommt. Daudet ist keineswegs
begeistert von dieser Jugend und be
klagt sie als die natürlichen Früchte
einer Art Erziehung, die bei viel znr
Schau getragener Zärtlichkeit die Kin
der in mancher Hinsicht verwöhnt und -
im übrigen sich selbst überläßt und fern
vom häuslichen Herd aufwachsen läßt.
In deS Schriftstellers eigener Familie
geht es anders zu. Es klingt erfreu
lich, aber für das heutige Frankreich,
einigermaßen ungewöhnlich, wenn,
Daudet beschreibt, wie seine Kinder,
auch die Knaben, daheim heranwachse»
und bis zum zehnten Jahre, bis
aufs Gymnasium, das Lycee, kommen,
von der Mutter in Lesen, Schreiben
und Rechnen unterwiesen werden. Her
nach beginnt der Vater seine Thätigkeit
als Repetent und ackert mit dem Edim
nasiasten allabendlich ftine Schulart»,
ten durch, eine saure Arbeit, die aber
auch ihre Entschädigung findet in de«
engen geistigen Verkehr zwischen de«
Manne, der aufs neue die Anfangs
gründe feines Wissens erlernt, und de»
Kinde, das auch nicht ohne Anstrengung
und mit manchen Seitensprüngen a«H
den richtigen Weg gelangt. Daudet
gibt seinen Kindern eine religiöse Er
ziehung mit auf den Weg und überlSß»
es ihnen, ob sie später, wenn sie in d«S
Alter der Erkenntniß gelangen,
eigne Straße wandern wollen wie sein
ältester, der sich der Heilkunde zuge
wandt und dieselbe Richtung einge
schlagen hat wie so viele andere Medi
einer. Mit großem Ergötzen erzahlte
der Vater, wie sein jüngstes Kind, ein
sechsjähriges Mädchen, das von der
Mutter in die biblische Geschichte einge
führt wurde, ihm vom verlorenen Pa
radies und von dem verbotenen Apiel.
erzählt und fortfährt: als der liebe
Gott erfuhr, was sie gemacht hatten,
da gab es eine fürchterliche Geschichte.
In Bonn ist der be
rühmte Anthropolog Professor Her
! mann Schaafhausen einem Schlagflux
erlegen. Der Verstorbene alsolvirte
im Ausgang der dreißiger Jahre den.
größten Theil seiner Studien ivu
. Berlin unter dem Einfluß Heinrich
j Müllers, machte später groß» Reisen
und habilitirte sich 1844 als Physio
loge in Bonn, wo er später Proseff«
, und Geheimer Medizinalrath wurde.
> Schaafhausen war einer der ältesten
! und glücklichsten Verfechter der Lehre
von einer fortschreitenden Entwickelung
in der Natur und hat seine Richtung
in einer ganzen Reihe von Schriften ge
kennzeichnet. Er war im Jahre I8tt»
. zu Koblenz geboren. 7