Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, March 03, 1893, Page 6, Image 6

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    6 Der verhSngnibvoll« Fund»
war am Sonntag hell und klar,
Äks der Assessor Doktor Arthur Stein»
Hetz die residenzliche Promenade entlang
«lte. oder besser gesagt flog. Er
chatte gut fliegen, trugen ihn doch neben
«nein Paar von Meister KnieriemS al
lerelecxmteften Rappen die Flügel der
t>» dilf.n Himmelsstrichen auch Assesso
»n nicht verschonenden Liebe, uud
»arauf geht es bekanntlich schnell.
Doch plötzlich hemmt unser Thenns»
jSnger seinen Flug: ein rothes Etwas
auf dem Raseu hatte seine Aufmerk
jaiukeit erregt.
.Ei. sich da, eine Brieftasche." mur
melte er, .scheint zwar nichts Wichtiges
»rin zu sein, aber gleichgiltig, will
»as Ding doch an mich nehmen, um
später nachzusehen, wem es gehören
mag. Doch jetzt vorwärts! Mein klei
»eS Bräutchen wird mich wohl schon
mit Ungeduld erwarten."
Mit diesen Worten steckte er die
Nasche zu sich und weiter ging'S der
Aillenvorstadt zu.
.Wo nur Arthur heizte 'bleiben
mag?" schmollte inzwischen Friedchen,
»es EommerzienrathS Abendroth lieb-
Siches Töchterlein, und schaute zum
»rriunddreißigsten Male die Straße
hiuab, durch welche ei kommen mußte.
tiz Minute über die gewöhn
liche Zeit hinaus! O, ich unglückliche»
Madchen, wie werde ich vernachlässigt!"
Uud ein paar, für ähnliche Gelegenhei-
Srn stets in Bereitschaft gehaltene Thrä
nen drängten sich in ihre braunen
Schalt Sangen.
Aber nur einen Augenblick lang,
Oeun schon hatte sie energisch mit dem
Aajchentuche darüber gewischt.
.Nein, fort mit den Thränen, er ver
dient nicht, daß man seinetwegen weint,
ver abscheuliche Mensch! Aber rächen
«ill ich mich, furchtbar rächen, ich
ich iverde ihn auch warten lassen!
Zu. das will ich! Liselte!"
.Gnädiges Fräulein?"
.Liselte, wenn mein Bräutigam
so sagen Sie ihm, ich ich sei
«vch nicht zu sprechen, er möge nur im
znerhin etwas warten! Ha. da klin-
Aklt's, das muß er sein, nun schnell
Dort!"
Und während Lisette eilte, deni An
kömmling zu öffnen und den Auftrag
Fräuleins auszurichten, huschte letz
tere selbst flink iu ein Nebenzimmer,
«m mit der Uhr in der Hand genan die
Äkachefrist von 12 Minuten 34 Sekun
da, um welche Arthur sich verspätet
Hatte, verstreichen zu lassen.
Unser luuger Freund war natürlich
«in wenig erstaunt darüber, daß er
»»cht mit schmeichelhafter Ungeduld er
wartet wurde.
»Hm. Weiberlaunen," Vrummie er,
«nd da er die umherliegenden Albuins
inwendig und auswendig zur Genüge
Kannte, so vertrieb er sich die Zeit da
mit, die Karreaus der Tapete von oben
«ach unten, von rechts nach lints und
endlich auch in der Diagonale'zu zählen.
Nachdem er so eine fühlbare Lücke in
seinem Wissen ausgefüllt hatte, erin
nerte er sich plötzlich der gefundenen
Brieftasche. Schnell zog er sie hervor
»nd war gerade im Begriffe, sie zu ösf
«eu, als er sich von zwei weichen Armen
Ainschlunzen sühlte.
Ein Schock Küsse folgte dieser Um
armung. ein lauschiges Schäferstünd
chen nach sich ziehend. Jetzt noch der
Zepte, noch der allerletzte Kuß und die
Ahürslügel schlössen sich für diesen
Morgen unserem Helden.
Kaum war Arthur fort, als Fried
chenS Blick auf die rothe Brieftasche
fiel, welche Arthur bei der Ueberrumpe
!uug entfalle» und später von ihm ver
gessen worden war. Mit echt weibli
cher Neugier hatte Friedche» nicht so
bald das interessante Objekt entdeckt,
«ls sie es auch schon aus seinen Inhalt
An prüfen begann. Da flatterte etwas
»uttigeS Rosafarbenes zur Erde. Schön
KricdaS Mienen versinstern sich und
Haftig bückte sie sich, um eS aufzuheben.
Himmel, was ist das? Täusche» sie
ih-e Augen nicht? Eine fremde Damen-
Hand?
Nur einen Blick wirft sie noch auf
die Unterschrift „Deine Dich zärtlich
twbcnbe Amin", dann wird'S ihr
§ch«arz vor den Angen und geknickt
wie eine Lilie sinkt sie in den nächsten
Ceffel. „O ich schändlich betrogenes
Mädchen!" das war alles, was sie
Keriwibringen konnte. Alles U-brige er
starb meinem gewaltigen Thränenstrom,
welcher jeden Mnlee entschieden ver
unitcht haben würde zu überlegen, ob
«r <„ämlich der Thränenstroms nicht
zum Betriebe eines Elektricitätswerke-
HenLge.
In diesem Zustande fand die wenige
Minuten später in'S Zimmer tretende
Ztoulmerzienräthin ihr liebliches vor
lurzcm noch so glückliches Töchtcrlein.
.Ums Himmelswillin, Kind, was
tzM's, habt Ihr Euch gezankt?" fragte
fie erschreckt beim Anblick der Thränen
guth.
Aber es währte lange, bis die alte
Dame aus dem Schluchzen und Jam
mern und mit Hilfe des rosafarbigen
Anklägers herauSgesunden hatte, um
Mas es sich eigentlich handele.
.ArmeS Kind!" tröstete die Mntter,
Friedchen mit theatralischer Geberde in
ihre Arme schließend. „Ich hatte ja
immer eine Ahnung, daßdiesem RechtS
»erdreher nicht zu trauen sei, nun siehst
Du. wie recht ich hatte. Aber beruhige
Vch. meine Tochter, und sei froh, daß
«SeS zeitig genug an'S Licht gekommen
ift. Was aber diesen Herrn Steinselz
detrifst, so überlasse es mir, ihn abzu
fertigen, wie er es verdient!
Und Arthur? Nun, der speiste, da
«S inzwischen Mittag geworden, mit
Geradezu ungebildetem Appetit was gut
»i»d theuer war uud sreute sich nebenbei
iSaiglich aus den sür den Nachmittag
«erakredeten Ausflug.
Punkt !'> Uhr klingelte unser Held,
ser von dem Verlust seines Fundes noch
teiuc Ahnung hatte, von neuem an
»er Villa uns wurde au^
sogleich in den Salon geführt, wo die
Kommerzienräthin den Missethäter be
reits mit einem furchtbaren Jnquisito
rcngtsicht erwartete.
„Gnädige Frau, Sie erlauben,
daß —"
„Bitte, mein Herr, keine Komödie
mehr," unterbrach Madame Abendroth
aen, ob dieses EmpsangS natürlich et
was verwundert dreinschauenden Asses
sor, „Sie werden sich vielleicht schon
selbst gesagt haben, daß Ihre Rolle hier
ausgespielt ist. Nachdem —"
.Gnädige Frau," wagte der jetzt
ganz 'Verblüffte einzuwenden, „ich
wüßte nicht—"
„Thut nichts, die Hauptsache ist, daß
wir, meine Tochter und ich, trisscn, wo
ran wir sind, und Sie können froh
sein, wenn wir die Sache nicht weiter
verfolgen werden!"
„Aber, gnädige Frau, ich verstthe
wirklich nicht, was —"
„So," höhnte die Kommerzienräthin,
sollten Sit denn den Berlust Ihrer
Briestasche noch nicht bemerkt haben?"
„Meiner Brieftasche, gnädige Frau?"
versetzte der Assessor, dem jetzt ein Licht
ausging, wie die Sache zusammenhän
gen könne, in die Tasche greifend. Ja
richtig, wo war denn sein Fund von
heute Morgen? Fort, radikal fort.
„Bitte. Herr Steinselz. bemühen Sie
sich nicht, hier ist Ihr Eigenthum, wel
ches Sie heute Morgen hier verloren."
Mit diesen Worte» überreichte sie un
serm arme» Arthur das verhäugnißvolle
Portefeuille.
Hineinsehen, nach einem Unfchuld
beweis suchen und finden war eins.
Ei» halbes Dutzend Kärtchen mit dem
Aufdruck „Felix, Baron von Rollen
stein". konnte er der Kommerzienräthin
nach wenigen Sekunden entgegenhal
ten.
„Was, Baron Rollenstein ? Das ist
ja mein Neffe! Dürfte ich Sie bitten,
Herr Steinselz. mir zu sagen, wie Sie
in den Besitz dieser Karten gelangten?"
„Mit dem größten Vergnügen !
Ich fand die Tasche heute Morgen vor
meinem ersten Besuche und habe die
selbe dann, wie ich mich jetzt erinnere,
hier in die Hand genommen und liegen
lassen."
In diesem Augenblicke fühlte sich
Arthur zum zweiten Male an diesem
Tage von den uuS schon bekannten,
weichen Armen umschlungen und durch
doppelte Zärtlichkeit suchte unser über
glückliches Friedchen, welches natürlich
die ganze Auseinandersetzung belauscht
hatte, wieder gut zu machen. waS sie in
Gedanken. Worten und Werken an
ihrem arme» Bräutigam gesündigt
hatte. Mama Abendroth aber stand
dabei und vertieste sich in die tiefsten
Tiesen jenes rosafarbene» Billets, um
zu ergründen, wer wohl jene liebebe
dürftige Anna sein möchte. Aber eS
gelang ihr „flach" und ihr Neffe,
nun aus dem war später natürlich erst
recht nichts herauszukriegen.
Frühere «rdvtwohner.
Gar geistreich klagt des Dichters
Wort: „Die Welt ist vollkommen
überall, wo der Mensch nicht hinkommt
mit seiner Qual." Aber wenn wir
uns unsere Mutter Erde und ihre Kost
gänger in der Zeit, da der Mensch über
haupt noch nicht den Erdball unsicher
machte, vorstellen, so erscheint jene Voll,
kommenheit denn doch in einem sehr
sonderbaren Lichte, wenigstens vom
Standpunkt deSMenschen aus! Ichthyo
saurus, Mammuth, Mastodon u. s. w.
mögen darüber ja anderer Meinung
gewesen sein.
Wenn wir einen Blick in das „mezo
zoische Zeitalter" werfen, als es über
haupt auf unserem Planeten kein hö
heres Thier, als Reptilien gab aber
was für welche! so müssen wir uns
gestehen, daß wir uns kaum einen un
genehmereu, abstoßenderen Wohnort
denken können, als unser damaliges
Erdenhaus. Mit Hilse der Wissen
schaften haben wir nach und nach ge
nau erfahren, wie es damals „bei
uns" aussah, und was für Vorgänger
wir gehabt haben, und das Bild, das
sich da entrollt, könnte selbst einem
ausgewachsene» Elephanten die Haut
schaudern machen. Es wimmclte da
mals von Reptilien, gege» welche selbst
unsere größten Säugethiere nur harm
lose Schooßthierchen sind, nno die sich
höchstens mit den hie und da noch im
Gehirn eines Zeitungs-Münchhausens
(vielleicht aus unbewußter vererbter
Erinnerung?) auftauchenden Seeschlan
gen zur Noth vergleichen lassen. Kriech
thiere. »cbcu denen ein Elephant sich
wie ein niedliches Meerschweinchen
nehmen würde, und fliegende und
schwimmende Reptilien mit Zähnen.,
welche ein Boot zermalmen würden,
waren etwas sehr Gewöhnliches. Wehe
dem Nimrod, welcher dazumal aus die
Jagd gegangen wäre!
Professor Hutchinson, ein Schüler
des großen Naturforschers Euvier, hat
kürztich in England ein Buch über
„Ausgestorbene Ungeheuer" erscheinen
lassen, und die Bilder in demselben
sind nach den besten wissenschaftlichen
Hilfsmitteln entworfen und gehören
z» den vollkommensten, was bisher in
dieser Art geboten wurde. Einige der
selben mögen daher anch diese Skizze
ziere» und beredter, als Worte, spre
chen.
Im Reptilien-Zeitalter hatten die
Dinosanren, welche sich von Ricsenbäu
men nährten, thatsächlich das Monopol
über die ganze Erde. Hätte Zumbo
oder einer seiner dickfelligen College»
damals enstirt uud sich blicken lassen,
wo ein Iguanvdon sein Hunger stillte,
wupS! hätte dieses ihn in den Pa-
chen genommen, entzwei gebissen und
dann verächtlich wieder auSgespien
(denn es ist nicht zu vergessen, daß
diese Ungeheuer strenge Begetarianer
oder Pflänzenesser waren; Freunde
.der „naturgemäßen Lebensweise" mö
gen hieran darthun, wie weit die Welt
seitdem durch den Fleischgenuß zurück
zegangen ist). Ein solches Iguanvdon
war oft 80 und mehr Fuß lang und
entsprechend-hoch.
Eine merkwürdige Thatsache ist e«,
und die Darwinisten können viel Kapi
!al aus ihr schlagen, daß viele dieser
Niesenreptilien eine starte Aehnlichkeii
mit großen Säugethieren unserer Zeit
ausweisen, gerade als ob sie sich im
der Jahrhunderttausende theil
weise zu Säugethieren weiter entwickelt
hätten. Nur der GesichtSauSdruck ist
>i» wesentlich anderer und stets ein
überaus häßlicher. Man nehme z. B.
daS gehörnte Reptil „TriceratopS Pror
sus", das cine Länge von nur etwa 2S
Fuß erreichte.
Seinem allgemeinen Aeußeren nach,
erinnert dasselbe ungefähr an das
Rhinoceros unserer Tage. Aber welch
ein scheußliches Gesicht gegenüber dem>
jenigen des Rhinoceros, das gewix
auch nichts weniger als schön ist! Kein«
Spur von Gefühlen, wie sie auch
unseren wildesten Thiere innewohnen,
scheint darin vertreten zu sein. Der
artige Gesichter gibt es heutzutage selbf
bei den häßlichsten Krokodilen und Alli>
gatoren nicht. Der Schwanz diese,
Bestie ist, im Gegensatz zu demjeniger
des NaShornS, von riesigem Umfang
und, wie der ganze Körper und na
mentlich der Kopf, schwer gepanzert,
wie wir es bei keinem anderen Repti
jener Zeit finden. Ohne Zweifel wai
das Unthier dadurch befähigt, sich geger
größere Nachbarn zu vertheidigen,
welche 800—10 V Fuß lang waren,
z. B. gegen den Atlantosaurus.
Man nimmt an, daß letzteres Unge
heuer sich aus seinen beiden Hinterbei
nen fortbewegte, ähnlich den menschli
chen Zweisüßlern. Es ist von einem
solchen Atlantosaurus ein Schenkel
lnochen vorhanden, welcher allein 6 Fuß
2 Zoll hoch ist! Man male sich aus,
welches Bild eine derartige Bestie geben
mußte, wenn sie sich „aus die Hinter
füße gestellt" hatte, also wenigstens vier
Stockwerke hoch war.
Die gewaltigen Schwänze vieler die
ser Reptilien erinnern an diejenigen der
Känguruh-, und man kann annehmen,
daß sie auch demselben Zweck gedient
haben. In diesem Fall müssen diese
Bestien imstande gewesen sein, ganz
ungeheure Sprünge zu machen und sich
vielleicht in sehr kurzer Zeit, gegen
welche die „affenmäßige Geschwindig
keit" noch gar nichts ist. um die Welt
zu bewegen, deren Oberfläche sie dabei
erschütterte», wie die Turner das Reck.
Man bedenke, daß schon ein 4 Fuß
hohes Känguruh Sprünge von 20 Fuß
machen kann, und stelle sich statt dessen
K 0 Fuß Länge und die unglaublich
starken, schwungkräftigen Schwänze und
Arme vor. Die Erde muß einer solchen
Bevölkerung eigentlich sehr klein vor
gekommen sein.
Wenn es damals keine höheren
Thiere, als diese Reptilien, auf der
Erde gab, so war andererseits doch
allerlei kleineres „Kropzeug" vorhan
den, obwohl lauter Riesen für unsere
Verhältnisse. Da trieben sich z. B.
Frösche herum, welche eine Tonne wo
gen und Eidechsen von ungeheurer
srcuten sich des Lebens. Gewal
tige fliegende Reptilien, welche die
Eigenthümlichkeiten von Fledermäusen
mit denjenigen von Alligatoren vereinig
ten. schwirrten in den Lüften umher.
Längst dahingeschwunden sind alle
diese Wesen und haben nicht einmal
einige Nachkommen für die Weltaus
stellung hinterlassen. Ja, noch viele
Geschlechter, die nach ihnen kamen, sind
ebenfalls schon längst, ehe eS menschliche
Geschichte gab. in das Nirwana einge
gangen. Was wird wohl eine weit
entfernte Zukunft von der Erde und
den Erdbewohnern unserer Zeit besa
gen, besonders wenn, wie einige
hochgelehrte Schlaumeier schon ganz
bestimmt „wissen" wollen, in zwei
Jahrtausenden die Menschen durch
schnittlich mir noch 15 Zoll hoch sein
sollten? Am Ende gar geht die Well
noch an Kleinheit zugrunde.
Kochregel. (Schwäbisch.)
Was cm Koch sei' Leibschbeis' isch,
ttummt am beschte uf de Tisch.
Für unsere Frauen!
iUerein,.EHestandsmts«re."
Herrenabend.
Unlängst erhielt mein Mann eine
Einladung, einem Debaltirclub beizu
treten. Er dachte: ich will mir die Ge
schichte einmal ansehen. Als er nach
Hause kam. srug ich ihn, was der Zweck
dieses Vereins wäre und er sagte mir,
daß der Verein den Zweck hätte, armen,
verheirateten Ehemännern legen
heit zu geben, einmal u»ter sich ihren
vcrzen Lust zu machen. Ich frug ihn,
ob er sich auch Lust gemacht hätte; da
sagte er: „Schatz, das habe ich ja nicht
nöthig."
Da dieses meine Neugierde erregte,
denn ich bin auch eine Evastochter ünd
da ich immer aus der Suche nach Stoff
bin, so bestürmte ich ihn mit Fragen,
bis ich folgende? herausbrachte:
„Von alle» Frauen", sagte ein jun
ger Mann, „ist mir die Frau am lieb
sten. die jung in die Ehe tritt; so ein
liebes, reines, vertrauendes, anschmie
gendes Wesen, das de» Mann als sei
nen Erlöser betrachtet und sich ihm
ganz hingibt, das man noch erziehen
kann; so ein Kind ohne Tücken, das
gerade an der Grenze zwischen Jung
srau und Weib steht, das noch nicht
durch Flattusen verdorben ist, das noch
nicht durch Frau Vernunft aufgeklärt
ist, dem Tolstoi und Ibsen spanische
Dörfer sind das ist da» Wesen, daß
ich an mein Herz nehmen möchte um sie
zu dem zu modelliren, waS man heut
zutage nur noch in den Büchern sindet,
z» dem Ideal des Weibes, zu dem Weib
wie es sein soll."
„Ach", sagte Nummer Zwei, „das
ist Unsinn! Gebt mir ein Weib, das
Verstand hat; das nebe» leidenschaftli
cher viluth ein Weib ist im vollste»
Sinne des Wortes; das anch schon durch
die Mühle des Lebens gegangen ist; ein
Weib, stark in Gesahr, hilfreich in der
Noth, sympathisch im Unglück. Wenn
eine solche Frau liebt, dann ist der
Mann ihrer Liebe treuer Hut. Was
habe ich von einer solchen unreifen
Puvpe. die nur eine Zeit lang als
Spielzeug dienen kann und die zwischen
Lachen und Thränen schmollt, wenn
ihr Wunsch nicht erfüllt wird. Nein,
gebt mir eine Frau, welche wie ein
guter Kamerad durch Dick und Dünn mit
ihrem Manne geht, dann ist das Leben
auch der Mühe werth gelebt zu werden,
dazu hat auch ein strebsamer Mann
einen Lohn für sein Bemühen."
„Man hört Eurem Gesascl an, daß
Ihr alle Beide unverheirathet seid,"
sprach ein Dritter, der anscheinend ein
älterer Mann war. „Ihr sprecht, wie
der Blinde von der Farbe. Das sind
Träume, die nicht in Erfüllung gehen.
Mit dem Erziehen ist eS eine eigene
Sache, man weiß nie wie das Er
ziehungsobjekt ausfällt und eS ist schon
Manchem passirt, daß aus dem Er
zieher ein Schüler wurde. Da stimme
ich mit meinem geehrten Vorredner
überein, daß ein Mädchen, das schon
einige Erfahrung hat, einem Backfisch
chen vorzuziehen ist. Aber jeder Mann
sollte schon längere Zeit verheirathet
sein, ehe er sich ein Urtheil über den
Frau ncharakter erlaubt. Erzähle ein
mal ein Jeder der verheiratheten Män
ner eine Episode aus seinem Leben.
„Dann fangen Sie zuerst an," riefen
Nummer eins und zivei.
..Ich", sprach der Alte „habe eine
Jugendfreundin geheirathet, die ich
von ganz klein auf kannte; wir waren
immer gute Kameraden. Ich glaube
aber nicht, daß einer von uns große Lei-
aft für das Andere gehegt hat,
doch gaben wir uns in treuer Freund
schast die Hand zum Bunde. Wir
haben Noth, Sorge, Krankheit. An
fechtungen miteinander durchgemacht,
aber die Treue hielt ans. AIS eS uns
besser ging, und meine Frau durch die
Vergrößerung ' unserer Familie ein
Dienstmädchen halten mußte, traf es
sich, daß sie gerade eins von jenen Ge
schöpse» erwischte, die auf öffentliche
Kosten todtgeschlage» gehöre», denn die
Dirne bot sich mir aus dem Präsentir
teller an. Na, ich bin auch kein Spiel
berderbcr und kniff sie zuweilen in den
Arm odcr in die Wange.
Meine Frau, die den Braken riechen
mochte, kündigte ihr unter dem Vor
wand, daß das Mädchen ihr nicht passe.
Wüthend, daß sie ihren Zweck nicht er
reichte, sagte das Mädchen zn meiner
Frau! dies ist nicht der Grund warum
Sie mich fortschicken, denn ich habe
meine Arbeit gut gemacht, ich aber
weiß den wahren Grund. Sie schicken
mich fort, weil ich den Wünschen Ihres
Herrn Gemahls nicht nachkomme, denn
er bat mich, ihn an einer verabredeten
Stelle zu treffen. Was! rief meine
Frau und sprang auf, faßte das Mäd
chen am Arm. öffnete die Thür, schob
sie hinaus, wars ihr Hut und Mantel
nacy und schloß die Thüre.
Das Mädchen schimpfte draußen
drauf los, da öffnete meine Frau daS
Feilster und sagte: „Machen Sie, daß
Sie sortlommen, Ihre Kleider werde
ich Ihnen mit einem Expreßmann
schicken," und so geschah es anch. Als
mir meine Frau die Geschichte erzählte,
sagt' sie : „Und wen» ich die Sache
geglaubt hätte, so würde ich der Dirne
die Satissaction nicht gegeben haben,
abgesehen davon, daß ich Dir volles
Vertrauen schenke, denn entweder cine
Frau vertraut ihrem Mannt, oder
nicht, »an» läßt sie ihn aber links lie
ge», geht ihrer eigene» Wege und ist
nur seine Haushälterin. Tie- ist meine
Anficht." Meine' Frau und ich lebe»
nun friedlich zusammen. Ich setze vol
l«S Vertrauen in sie; ob sie mich für
ganz loyal hält, weiß ich nicht, aber sie
hindert mich in keiner Weife, läßt mich
in Ruhe und empfängt mich, ich mag
nach Hause kommen wann ich will, mit
freundlichem Gesicht; fragt nicht, wo
ich war und wo ich hingehe, beansprucht
aber auch dasselbe Recht für sich. Da
bei ist aber noch dieses zu bemerken,
daß wir keinerlei Geheimnisse vorein-
»nder haben, jeder nach seiner Fac?on
zlücklich wird, beide zusammen auch
incleS vereint genießen. So kommt eS,
»aß ich zu diesem Berein gehöre, wäh
rend meine Frau auch ihre Gesellschaf
ten hat. Nur keinen Zwang; wir sind
freie Menschen. Warum soll eine ver
ständige Frau nicht auch ihrem eigenen
Geschmacke folgen?
„So gut ist eS mir nicht ergangen,"
siel hier ein junger Mann ein, „mir ist
etwas Ähnliches passirt, doch hat meine
Frau, die noch sehr juug ist, sich von
der Anklägerin in die Hitze treibe» las
sen. Eines TageS stürzte sie. in Be
gleitung eines robusten WeibeS, in
mein Geschäft, packle mich am Arme,
zog mich in meine Privatoffice, ch ug
die Thüre zu und sich zu dem Frauen
zimmer wendend, rief sie: „Ist dies der
Mann?" „Nein", antwortetedas Weib,
„das ist er nicht." Meine Frau packte
nun das Weib und wollte eS zur Thüre
hiuauSzerrcn, ich aber rief: „Gemach,
erst will ich nun wissen, was die ganze
Geschichte bedeutet." Nach vielem Hin-
und Herreden brachte ich nun heraus,
daß das Weib meiner Frau erzählt
hatte, ich hätte noch eine Kran in einem
anderen Staate; meine Frau, leicht
erregt, hatte das Weib sofort zu mir
geschleppt und mich mit ihr konsrontirt.
Es stellte sich nun heraus, daß es ein
Namensvetter von mir war. Hätte
meine Frau gehandelt wie die Ihrige,
was wäre uns Beide» für viel Unfrie
den erspart worden, denn daß mich ditse
Scene meiner Frau nicht näher brachte,
liegt doch anf der Hand; es blieb im
mer ein Stachel zurück bei ihr Miß
kauen, bei mir Kränkung."
„Was doch ein böses Weib für Un
heil anstiften kann," stimmte ein ganz
junger Mann bei, „davon tan» ich ei»
Lied singe». Ich habe ein herziges
Weibchen vor ungefähr Jahresfrist
heimgeführt; im Anfang ging Alles
gut. meine Molly war wirklich liebenS
werth, willig, fleißig uud unverdrossen.
Da mußte ich einige Zeit wegen Ge
schäften fort; meine Frau lud. weil sie
nicht allein sein wollte, ihre Mutter zu
sich ein. —"
„Aha, die Schwiegermutter!" fiel
hier die ganze Gesellschaft unter wie
herndem Gelächter ein.
„Ja, die Schwiegermutter", fuhr der
Erzähler fort, „die ist an meinem gan
zen Unglück Schuld, denn meine Krau,
die früher die Selbstlosigkeit selbst war,
machte jetzt Ansprüche, die mich völlig
in Erstaunen setzten. Als ich eines
Abends nach Hause kam, stand kalter
Ausschnitt ans dem Tisch. Ich frug,
was dieses bedeutete, da sagte meine
Schwiegermutter, ich sollte des Mittags
in der Nähe meines Geschäftes z» Mit
tag speisen, da ihre Tochter eben jetzt zu
schwach sei, um des Abends kochen zu
können, es sei genug, daß sie ihre eigene
Arbeit verrichte und sie selber, die
Schwiegermutter nämlich, schlüge einem
Manne lieber iu's Gesicht, ehe sie des
Abends auch noch ein warmes Esse»
kochen würde.
AIS ich ihr erwiderte, daß ich dies
von ihr durchaus nicht verlange, eS
aber von meiner Frau erwarten könne,
oder doch wenigstens eine Berständi
gung; auch wäre sie, die Schwiegermut
ter. ja nur Gast und ihrer Abreise
stünde nichts im Wege —. da sing
meine Frau zu schreien an und wiegle
sich im großen Schmerze hin und her,
immer auSrusend: „Meine arme Mut
ter ! Meine arme Mutter!" während
die alte Frau an ihr herumstreichelte
mit den Worten: „Meine Tochter! Mein
Liebling! Ich hätte nie zu Dir kom
men sollen!" Jetzt bekam ich die Sach.'
dick. „Zum Teufel! Was habe ich
denn gethan!" schrie ich. „ES ist doch
nicht zu viel verlangt, wenn ich des
Abends nach Hause komme und ein
warmes Essen erwarte!"
Ich glaubte bei meiner Verheirathung
sehr klug zu handeln und miethete mir
nur vier Zimmer, aber die Mutter inei
ner Frau war noch klüger, denn sie
brachte sich ein „Foldingded" mit, das
sie in unserem Wohnzimmer ausstellte
und jeden Abend austlappke. tsie er
klärt, uoch einige Zeit bei uns zubrin
gen zu wollen, da ich öfters von Hause
in Geschäften abwesend wäre und sie
ihre Tochter, wenn ihre Stunde käme,
nicht allein lassen wolle; und da meine
Finanzen mir nicht erlaubten ein
Dienstmädchen zu halten, sie ihre Toch
tec alier in der Zeit gut versorgt sehe»
wollte, so würde sie ausharren, ob m t
oder ohne meinen Wunsch. Das hat
nun seine Richtigkeit, denn ich bin ein
armer Tropf, der sich erst emporarbei
ten muß. Meine Schwiegermutter ver
dirbt mir aber meine Frau ganz, da sie
ihre Strümpjc anzieht, die Hände küßt
und sie behandelt, als wäre sie eine
Märtyrerin. Als ob Mutterjchast ein
Unglück wäre uud nicht ein natürlicher
Verlaus des eheliche» Lebens. Ich
rathe jedem junge» Manne, nur ein sol
ches Mädchen zu freien, deren Mutter
noch viel mit ihrer eigenen Familie zu
thun hat, so daß sie keine Zeit hat,
sich in andere Angelegenheiten zu mi
schen."
„Da haben Sie ganz Recht", siel
hier ein älterer Mann ei», „lassen Sie
sich nur nicht unterjoche», denn, ivenn
Sie erst einmal unter den, Pantoffel
sind, dann ist eS sertig. Aber Sie
sind jung und können sich noch Helsen,
bei uns aber ist die Mutter meiner
Frau krank, und da eS KindeSpslicht ist
die Mutter zu pslege». denn, wer soll
sich der Mutter annehmen, wen» nicht
die eigene Tochter, so kann ich meine
Schwiegermutter nicht entserne», in
dem wir alle einmal alt werden und
der Pflege bedürsen. Aber waS ich da
bei ausstehe, das kann ich nicht sagen.
Früher, als die Kinder noch klein wa.
Ren, hat meine Frau, nachdem die Kin
der in die Schule fpedirt waren, sich
gemüthlich zu mir an den Frühstücks
tisch gesetzt und mir alle ihre kleinen
Sorgen und Pläne mitgetheilt. Jetzt,
wen» ich von meiner Zeitung ausblicke,
sitzt meine Schwiegermutter da und
schaut mir in den Mund, wie viel ich
esse.
Tann sagte sie: „Dies ist nicht zu>
träglich, das ist schwer zu verdauen, n.
s. w." Sie weiß ganz gut. daß mir
ihre Gesellschast unangenehm ist, Und
man sollte glauben, tackvolle Personen
würden sich von selbst nicht ausdrängen,
aber mit Nichten! Seit meine Schwie
germutter weiß, daß ich gerne mit mei
ner Frau allein wäre, pflanzt sie sich
mit Ostentation an den Tisch, was sie
doch gar nicht nöthig hätte, da sie doch
vorher mit den Kindern srühstückte.
Dieses schöne Betragen ist wahrschein
lich daraus berechnet, die Liebe zwischen
uns zu vermehren. Ich sollte doch
meinen, cine alte Frau, die so nahe am
Grabe ist, wolle ein gutes Andenten
hinterlassen und einmal:ltuhe halten,
aber nichts van alledem: sie intriguirt,
spionirt, berstet vor Neugierde, möchte
als Orakel gelten und macht sich mit
ihrer Anspasserei bei allen Mitgliedern
der Familie lästig.
Neulich wollte ich mit meiner Frau
etwas sprechen, wir gingen in den Par
lor. Wie ich ausblickte, sitzt meine
Schwiegermutter da. Jetzt riß mir die
Geduld; ich sagte zu meiner Frau:
„Entweder D'ine Mutter geht aus dem
Zimmer oder ich." Woraus die lie
benswürdige Schwiegermama ganz höh
nisch sagte: „ES steht Ihrer Entser
nung nichts im Wege." Einen anderen
Abend blieb ich etwas länger wie ge
wöhnlich bei dem Abendessen sitzen! da
sagte die liebenswürdige alte Dame!
.Nun, geht Dein Mann nicht bald aus,
ich will es mir bequemer machen?"
Wir habe» auch nur eine» Floor und
bei der Kälte mußte man noch enger
zusammenrücken, und was ich unter der
Hausatmosphäre leide, kann ich Euch
gar nicht sagen. Die Hitze, die in de»
Zimmern herrscht, spottet jeder Beschrei
bung; meine Schwiegermutter friert
stets, und wenn ich ihr vorstelle, daß
diese! ungesund sei, bin ich ein Barbar,
ein gefühlloser Klotz und was der schö
nen Titel mehr sind. Sehen Sie, dies
trieb mich in diesen Verein."
„Ich," sagte ein Herr in den besten
Jahren, „trete nun diesem Verein bei,
weil ich sehe, daß ich so viel Leidens
genossen habe. Ich habe eine ganz
gute Frau, aber mein Heim ist des
wegen doch nicht gemüthlich, denn sie
macht stets eine Märtyrermiene, wenn
sie sich an de» Tisch setzt, seufzt und
ächzt zum Herzbrechen, und nimmt mir
allen Appetit. Sie klagt sortwährend,
daß sie zu überbürdet ist, und wenn ich
und die Kinder einem Gericht Ehre an
thun, so sagt sie: ,Ja, eS sollte schon
gut sein, denn e- hat mich Zeit genug
gekostet lim eS fertig zu bringen." Den
ganzen Tag liegt sie mir wegen den
Dienstboten in den Ohren und wenn
ich müde bin und höre das ewige Ge
keife, so möchte ich aus der Haut
fahren.
Ich bin ein Freund der Gemüthlich
keit und sehe gern cin Paar Freunde
bei mir zu cinei» gemüthlichen Karlcn
abend-, ich vertange ein bischen kalten
Aufschnitt, einen Kartoffelsalat oder
dergleichen da sollten Sie den Auf
wand sehen. DaS ganze Hans kehrt
sie von niiterst zu obcrst: der Kehrbesen
und Scheuerlappen ist König und wenn
ich nach Hanse komme, stürzt sie mir
mit hochrothem Kopse enlgegen und
sagt: „Um GatteSwillen, Du hast doch
Deine Füße abgeputzt? Ich habe soeben
den HauZgang reinigen lassen." Wäh
rend des Abendessens hat sie keine Ruh«
und fegt fechS/nal um den Tisch herum,
und wenn ich mich mit meinen Freun
deu am Abend an den Tisch setze, sine
die Kartoffel im Salat nicht einmal
gar gekocht.
Ueberhaupt kocht sie mir die Kartof
feln nicht weich genug und das Fleiss
brät sie mir nicht hart genug. Alles sc
weich und sastig, nicht knusperig, wii
ich eS liebe; sie behauptet, das Fleisch
verliert an seinem Werth und halt
rohes Beefsteak wäre viel gesünder.
Dabei bin ich ihr zu häuslich, bring«
sie nicht genug zn Vergnügungen, den»
nach oben ist sie Socialistin. nach unte
aber Aristokratin. Vergnügungen er
müden sie nie, nur ihre Arbeit.
Neulich passirte mir eine schöne Ge
schichte: ich sagte zu ihrem Bruder, si«
wäre eine Aristokratin vom Scheitel bis
zur Sohle, denn das Leiiteschinven lieg«
ihr im Blute. Dies mußte sie über
hört haben, denn als ich sie nach ihre-
Bruders Weggang ganz ahnnngSloi
anredete, antwortete sie mir mit sehr
gekränkter Miene: „Ich bin eine Ari
ftotratin."
„Siehst Du." rief ich, „das habe ich
gerade Deinem Bruder gesagt, da hab«
ich doch recht gehabt. Ich behandl«
meine Leute wie Gentlemen, und wenn
ich noch zehn Jahren einen bei mir frü
her Angesteilten »och um eine Gefällig,-
keit bitte, so geht er für mich dnrch's
Feuer oder auch nicht! (Anmerkung
von mir.) Da lobe ich mir eine Frau
wie MrS. Hayes, die ist ein Weib, wi>
es sein soll."
„Gehen Sie mir mit der", sagte de,
Vertreter der temperamentvollen Krau,
„für die kann ich mich nicht erwärmen.
Zu gIU ist zu dumm und Nachbar-
Narr".
„Das ist auch meine Meinung", rie
fen alle bis auf den Schwärmer für
das Backfischchen und dem ältesten
Herrn. Der erstere sagt mit einem
sehnsuchtsvollen Blick der in die Fernt
zu schweifen schien: „So denke ich mir
die Liebe eines WeibeS."
»Da stimme ich mit Ihnen gar nicht
überein," sagte der Alte. „Frau HayeS
hat meine Achtung nicht. ZSenn ein«
Frau ihrem Manne verzecht und sie
wirk» abermals betrogen und sie tritt
dann noch für ihn ein. nachdem er von
seiner Maitresse des Meineids angeklagt
ist, dann höri alles auf. Eine solche
Frau ist ein Gemeinfchaoen und schadet
ihrem ganzen Geschlecht. Ich bin mit
den Worten von Mr. Wecks vollstän
dig einverstanden, als er seine Rede mit
den Worten einleitete. „Möge Gott
Erbarmen haben mit dem Gaiten der
Mrs. HayeS, denn auf das Ihrige,
meine Herren des Schwurgerichts
tijurv), hat er keinen Anspruch; er ist
die miserabelste Karrikatlir der Männ
lichkeit, dieser Schandfleck eines Man»
ieS. der sich hinter setne arme gequiMo
)rau versteckt!" Dies unterstütze ich."
(Ich auch mit vollem Herzen.
Mutter S.)
Berliner «ertchtSscrn«.
Ein „M or d p r oc e ß".
„Nu kann der jroße Mordproceb
-neinSweje» loSjehcn!" meinte der Zim
mermann U. zu einem der Zeugen, als
'r nach ersolgtem Aufruf de» Schöffen
zerichtsfaal betrat. Er begab sich so
fort i» de» Aiiklageraum. Vors.: An
geklagter, Sie scheinen sehr gewaltthä»
tiger Natur zu sein, wie Ihre Vorstra
fen beweise». Jetzt haben Sie wieder
ein recht böseS Stück auSgesührt.
Angekl.: Wenn ick eenen Freind habe
u» er befindet sich in vollständig unrech
nungSsähigem Zustand und ick bringe
ihn zu Hause, denn übernehme ick mir
»och, ihn in nnjedeetten Zustand bei
seme Schlummermutter abzuliefern un
nehmt ihn vor Menschen u>i Viehzeuch
in Schutz.
Vors.: Auf die Einzelheiten kommen
mir noch. Sie sollen einen Hund todt
beschlagen und sich dadurch der Sachbe
schädigung schuldig gemacht habe».
Angetl.: Den Hund habe ick dodtje
fchlagen, det streite ick »ich, aber eeneS
delS is et »ich mit vollständiger Absicht
un anderndeels aus Jutherzigkeit sor
meinen Freind un for den Hund ge
schehen. Vors.: DaS scheint ja eine
wunderbare Geschichte werden zn sollen.
Dann erzählen Sie mal den Vorfall,
aber ohne Uinschweise. Angekl.:
Wir hatten am 2. September in der
Badstraße «wedan geseiert, vitte Lieder
dabei jesungen und noch mehr dabei je
trunken. Mein Freind August, der
draußen steht, hatte sich so derbe eenen
in die Jacke geschwenkt, det er kaum
stehen konnte. Ick sage zu ihm: „Au
just, sage ick, uf mir kannst Du Dir
verlassen; ick verlasse Dirnich. ick bringe
Dir »ach Hause." Un ick sasse ihn nn
ter'n Arm un den» IoS mit ihm. Det
war keen leichtet Stück Arbeet, indem
er immer auS't Loth kam und stark mit
die Berne lallte un mit die Zunge tau
melte. Ick hatte meine Noth mit ihm,
indem er immer noch laut det latei
nische Studentenlied sang, wat mit „ca
ca jeschmauset" anfängt un mit Edel
mann, Bebelmann, Konsistorialrath,
Postmeister, Säbelmann. Popelmann,
Hurrah!" schließen dhut. Det kann en
Nachtwächter bezeugen,der ihn zur Ruhe
ermahnte.
Vors.: Nun gut, der Mann war de
trunken, das wollen wir Ihnen glau
ben. Nun weiter. Angekl.: Als
wir bei'n HumboltShain sind, springt
mit'n Mal so'n jrauhaariger Köter
von'n Damm an uns ra» un schnappt
een Paar mal nach Aujust'n seine
Beeile. Ick wehre ihm ab un sage
„Kusch Dir!" un trete nach ihn. kann
ihn aber nich treffen. Der o!le Köter
schnappt immer wieder nach Aujusten
seine Beene, wo er die sonderbarsten
Mowemang- mit machte un uff cenmal
reißt er ihm en'n rejulären Mutet in
seine Englisch-Lederne, so daß een
Stück von die blanke Wade zu sehen is.
I Jott bewahre, Aujust, sage ick, ick
jloobe, det Biest will Dir beißen. Ja,
Meente er, det dhäte ihm ooch beinahe
so vorkommen. Wenn er nu wieder
rankommt, denn schlage ick ihm mit det
Beil dor'n Brägen, sage ick, wir zah
len unsere Steiern un brauchen uns
»ich von jeden beliebten Köter uf offe
ner Straße anknabbern zu lassen. Da
rin jede ick Dir Beisall, sagte er, aber
nimm den Jriff un nicht die Schneide,
sagte er. Jh wo werde ick denn, sage
ick den», denn ick war mit die Weile
ooch suchtig jeworden, will /r un- denn
nich ooch mit die Zahne beißen? Ja,
wenn er »nS mit'n Schwanz beißen
wollte, denn wäre d'et wat anderes,
denn würde ick ihn ooch blos mit'n
Stiel abwehren, aber us scharf jehört
scharf, sag ick, faffe ihn mit den eenen
Arm wieder unter un halte in die an
dere Hand det B.il.
Vors.: Trug der Hund denn keinen
Maulkorb? Angekl.: Nee, det war't
ja eben, Herr JerichtShos, wenn so'n
Biest nudoll ist, wat denn? Wir sehen
langsam weiter und kaum sind wir en
kleenet Endeken weiter, is mein Köter
ooch wieder dicht hinter uns her un will
wieder an Auiusten seine Wade ran.
Mit eenem Male schlage ick mit det Beil
in'n kurzen Bogen hinter mir rum un
wenn ick den Hund »ich jetrossen hadde,
denn hädde ick Aujusten wohl in't Been
jehauen. Nu lag der Hund da un
schrie; er blutete mächtig. Ick sage zu
Aujusten: Du. dafor, det ick ihn abge
wehrt habe, dafor kann mir kcener wat,
aber wenn eener von'n Thierquäler
verein .kommt, kann er uns anzeigen,
ick werde ihm noch eenen jeden uud
wenn er seinen irdischen Lebenswandel
auSjehaucht hat. schlagen wir uns busch
wärtS in die «weiten. Also ick mach«
det ooch, in denselben Oogenblick kömmt
aber ooch een Wächter aiijerennt un da
war et mit die Essig. Ick tan» aber
wat Unrechtet nich darin sinden un muß
constatiren. det ick det nochmal so ma
che» würde. Ick derf mir ja jejen
Menschen wehre», warum denn nich
jejen eenen Hund? Vors.: Wenn
eS erwiesen wird, daß der Hund ohn»
Maulkorb war, liegt die Sache aller
dings anders.
Die Beweisaufnahme siel zu Gunsten
des Angeklagten aus, so daß ein srei?
sprechendes Urtheil erfolgte.
Begreiflich. Gefängniß»
director (zum Delinquenten): „Die
Stunde der Hinrichtung naht, siiii
Sie gesaßt?" Delinquent: „A bisserl
an Ausregung hat mec bei so was scho.
Herr Director..
Boshaft. .Die ganze fein«
Welt war bei der Premiere meine»
Stückes versammelt!" „Aha. Si«
meinen die Wett, in der man sich
langweilt!"
—Kat h eder bl ii the. Profes
sor: WaS ist denn aber das, mein«
Herren? Heule fehlt von den Anwesen«
den schon wieder mehr als die Hälft«l