Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, March 03, 1893, Page 2, Image 2

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    2 «in« ««»fahrt.
Eine Eissahr! auf dem Großen Bett
schildert ein Reuender der Kopenhage
»er „Politiken". Als wir. so erzählt
kr. am Morgen au« dem überfüllten
HotU in Korför traten, waren wir
überrascht von dem schönen Wetter, das
auch den Muih des Verzagtesten wieder
belebte. Es ist ein« bunte Gesellschaft,
die man zur Zeit des Eistransvorts
aus den Strogen Korsörs antrifft.
Zwischen halbbekleideten Gigerln, welche
gottsjämmerlich frieren, trifft man auch
die deutschen HandlnnzSreisende». die
sich so vorzitglich eingewicke» habe»,
»aß man weder deren Arme noch Beine
sehen kann. Die Damen sind am aller
unglitcklichsien bestellt, da sie meisten so
gelleidet sind, als gälte es einer Ver
gnügungsfahrt. Die meisten Reisen
den taufen sich in Korsör ein Paar
Filzschuhe und versehen sich mit weißen
Wollstrümpfen, die über Schuh« und
Beinkleider gezogen werden. Einige
junge schwedische Ossicicre nahmen sich
wundervoll aus, als sie mit diesen wei
ßen Socken ihre Uniform vervollstän
digt hatten. Di« Beine der Eistrans
portmannschaften stecken in langen
Stiefeln, deren Schäfte durch eine
Schnur am Leibgurt festgehalten wer
den. Ueber den Seestiefeln sitzen weiße
WollstrUmpfc, die ebenfalls bis zum
Leibgurt hinaufreichen. Der Oberkör
per ist mit einem dicken, kurzen Stocks
der Kopf mit einem Südster bedeckt.
Gegen Mittag ging es in größter
Eile nach dem Bahnhof. Der wartende
Zug war schiiell gesüllt und einen Au
genblick später dampfte er über die
schneebedeckten Felder, auf einem Ge
leise. welches nur zur Zeit des Eis
lransports gelegt wird, um die Reisen
den nach der äußersten Spitze Seelands
zu besördcrn. Am Endpunkte des
Stranges angelangt, ist man aus's
Höchste überrascht, ein großes Stations
gebäude mit herrlich durchwärmten
Räumen und ausgezeichneter Wirth
schaft anzutreffen. Draußen im Gro
ßen Belt, eben südlich von SNrogö,
sah man von hier auZ zwei schwarze
Punkte! es waren die Eisbrechdampser
„Staerkodder" und „Mjölner", die mit
der Post und etwa 3»0 Passagieren
von Nvborg an Bord seit dem friih-n
Morgen im Eise getrieben hatten. Nun
galt eS siir die Eisboote, die Reisenden
von Korsör nach den Dampfern hinü
berzuschassen und die Passagiere sowie
die Post von Nyborg wieder zurückzu
besördern. Um diese Aufgabe zu lö
sen, mußten die Boote mindestens zwei
Mal die gefährliche Fahrt unterneh
men.
In wirrer Eile begaben sich du
Passagiere zum Strande, der mit eine,
dicken Schneelage bedeckt war. Ein
schwedischer Landrath trug während
des beschwerlichen Marsches seine 20-
jährige Tochter auf dem Rucken. wäh>
rend vie Damen beständig ihre Galoscher
und die Herren ihre Filzschuhe ver
oren. Endlich befanden sich sammt
liche Reisende zwischen den Briefsäcken,
Fischern und arbeitenden Postbeamter
auf dem festen Eise. Und nun setz,
sich die Karawane in Bewegung. Vor
an schreitet der Führer mit einer law
gen Stange. Er zeigt den Weg an
Jedem Boot vorauf gehen vier Fischer,
welche die Fangleine ziehen, und que,
über jedes Boot sind zwei Riemen ge,
legt, mit deren Hilfe zwei Fischer ar
jeder Seite dasßoot gleichzeitig schicker
und balanciren. In den Booten selbst
sitzen die Frauen und Kinder, die jede-
Mal einen markerschütternden Schrei
ausstoßen, sobald das Boot das Ei
durchbricht. Hinter dem Boot schreite
die maniilichcn Reisenden, die sich, so
bald der vorauf schreitende Führe,
„Blöd Js" ruft, an der Reling de-
Bootes festklammern. Wie ein unge
heurer dunkler Schlangenleib, der sick
!in Spiralen sortbewegt, zeichnet sich dil
'EiSbootslottille auf der Schneefläche ab,
Da sinkt das erste Boot durch da!
Eis, einen der Fischer mit sich ziehend
Er liegt bis zur Brust im Wasser, wir!
aber schnell aus dem nassen Elemen
befreit, zieht seine Stiefel aus. gieß
das Wasser aus und lacht, als ob ihm
nichts passirt wäre. Die Fischer „singer
aus", ein kräftiger Ruck, und das ,'etz
vollbesetzte Boot steht wieder auf den
festen Eise. Jetzt ist man vor eine,
Eisbarrikade angelangt und die mann
lichen Reisenden müssen Hand anlegen
um das Boot über diese hinwegzubrin
gen. doch geht die Arbeit Verhältniß
mäßig leicht von Statten, da das Boot
an dessen Seiten sich Kufen befinden
wie ein Schlitten über die glatte Eis,
Wche hinweggleitet. Da. wo das Ei
fest und spiegelblank liegt, ist de>
Transport ein Vergnügen.
So ging es eine geraum« Zeit fort
bis die Karawane sich den Dampfen
näherte, deren Passagiere sie mit dorr
nernden Hnrrahrusin begrüßten. Beid
Dampser saßen im Eise fest, so datz di
ankommenden Boote sich ihnen von bei
den weiten nähern konnten. Augen
blicklich kletterten die Reifenden an alle,
nur irgend zugänglichen Stellen auf dil
Dampfer über, während sich die ar
Bord befindlichen auf das Eis begäbe,
und die Schiffsoffkiere versuchten, i>
dem bunten Durcheinander Ordnun,
zu schassen. Langsam setzte sich dil
Karawane wieder in Bewegung un!
verschwand allmählich mit ihrer leben
den und todten Last in der Richtung
nach Hölsker.
« l « O ».
Ich weiß schon, was soll es bedeuten.
Daß ich so traurig bin
Gefüllt war mein Geldsack vor Zeiten
Und jetzt ist kein Nickel mehr drin! -
Höhere Geographie. Leh
rer: So viel von Asien und Afrika
Was weißt Du nun von Europa?
Schülerin: Daß Jupiter al« Ochse sii
entführte.
Feld,
webel: .Schockschwerenoth, Einjährü ei
Schulze, marschiren Sie wie ein Sol
bat, und nicht wie ein blauer Farben-
Iler. dem Beine atwacbien sind!"
»er vlt>t«r».
Als die Nord-Pacisicbahn durch das
sruchtbare Land Dakota gebaut worden
oar, entstanden rasch, wie ja gewöhn
lich bei solcher Gelegenheit in Amerika,
zahlreiche kleine Ortschcf-en längs der
Bahnlinie. Eines dieser Städtchen
,ur Zeit unserer Geschichte noch recht
unbedeutend, aber jetzt immer mehr
tmporblühend heißt JameStown.
Dort hatte sich ein junger deutschn
Arzt niedergelassen und schnell eine
aute Praxis erlangt. Da es noch kein«
Apotheke im Qrte gab, war er auch zu
gleich Apotheker.
Doktor Ulrich Becker bewohnte mit
seiner Frau, einer hübschen, munteren
und liebenswürdigen jungen Dame, ein
»genes Haus, das er getaust hatte,
denn er war nicht ohne Mittel nach dem
Westen gezogen.
Eine gelungene Kur machte ihn rasch
in der ganzen Gegend weit und breit
bekannt. Ein alter Trapper nämlich,
der in der Nähe des Städtchens bei den
Indianern hauste, war seit Jahren am
grauen Staar völlig erblindet, bis ihm
Doktor Becker durch eine geschickte Ope
ration wieder das Sehvermögen ver
schaffte. Die Dankbarkeit des alten
Mannes war grenzenlos. Nicht nur,
daß er dem Arzte eine Menge harter
Dollars auforang, er ließ auch in
der Folgezeit keine Gelegenheit vor
übergehen, seinen Dank zu beweisen
und den Arzt zu empfehlen, wo er nur
konnte.
Nahe bei dem Blockhaus deS Trap
pers wohnten einige seßhafte Jndia
nersaniilien, die ihre alten Gewohn
heiten zum Theil abgelegt hatten und
in friedlicher Weise sich mit Viehzucht,
besonders aber mit Pfervchandel be
schäftigten.
Eines TageS im Sommer— der in
Dakota sehr warm und schön ist sah
Frau Doctor Becker aus dem Fenster
auf die Straße hinaus und erblickte
zwei berittene Indianer. Der Eine
war ein herlulisch gebauter Mann von
reichlich vierzig Jahren, und sein Kopf
mit einer schrägen weißen Binde um
wunden, welche das linle Auge völlig
verdeckte. Sein Gesicht zuckte zuweilen
vor Schmerzen, welche selbst der ihm
angeborene indianische Stoicismus nicht
überwinden zu tonnen schien. Sein
Begleiter war ein Jüngling, wahr
scheinlich sein Sohn.
„Ulrich!" rief sie, „ich glaube. Du
bekommst sogleich indianische Kund
schaft!"
„Das kann wohl sein," sagte der
junge Arzt, ebenfalls aus dem Fenster
blickend. „Ja, es ist schon so: die bei
den Rothhaule wollen zu mir. Nun,
sie sehen ja ganz anständig aus."
Das war auch wirtlich der Fall. Die
beiden civilisirten Indianer
gut gekleidet, so wie die Trapper des
Westens. Jetzt hielten sie an, saßen
von den Pferden ab, banden diese an
den Lattenzaun, welcher das Vorgärt
cheu umgab, und traten in's Haus.
Gleich darauf befanden sie sich im
Sprech,immer des Arztes.
„Ihr seid der kluge Medizinmann,
der Blinde sehend zu machen versteht,"
begann der ältere Indianer in ganz
gutem Englisch. „Der alte Jones ist
mein Freund und Schwager, er hat vor
dielen Jahren meine Schwester gehei
raihct. Ihr habt ihn wunderbar ge
heilt. So bitte ich Euch, belst nun auch
mir. Mein linkes Auge schmerzt fürch
terlich seit zwei Stunden. In unseren
Wigwams weiß Niemand Nath."
Der Arzt fchob einen Stuhl zum
Fenster und hieß den Patienten sich
darauf fetzen. Dann nahm er behut
sam die Binde von dem entzündeten
schmerzenden Auge. Zuerst vermochte
auch er die Ursache der Erkrankung nicht
j» erkennen. AIS er aber eine scharfe,
stark vergrößernde Lupe zu Hilfe nahm,
mtdeckte er die Ursache sosort. Es war
cin winziges Insekt, ein sogenannter
„Sandhüpjer", in's Auge des Jndia
ners gerathen und verursachte die hef
tigen Schmerzen. Das Thierche > hatte
sich an der Pupille sestgekrallt oder
varin eingebohrt und vermochte sich an
scheinend, trotz aller Anstrengungen,
die es m.chte, nicht wieder loszu
arbeiten.
Der Indianer ächzte vor Schmerzen.
„Sogleich will ich das Uebel beseiti
gen," jagte Doltor Becker tröstend.
Er nahm eine medizinische Flüssig
keit und bestrich damit sanft mittelst
rines kleinen weichen Pinsels die Pu
pille des erkrankten Auges. Das Mit
tel hals sast augenscheinlich. Denn das
winzige Thierchen, so empfindlich be
rührt, machte eine verzweifelte Anstren
gung. riß sich plötzlich IoS und war im
nächsten Moment spurlos verschwunden.
Ter Indianer entpfand sogleich mit
Behagen Linderung seiner Schmerzen.
~DaS wäre besorgt", sagte der Arzt.
~Morgen srüh wird Euer Auge wieder
zcjund sein".
Die beiden Rothhäute, Vater und
Sohn, schauten erstaunt de» Doktor
an, der nach ihrer Meinung nur durch
Zauber so geschwind die erwünschte Hei
lung bewirkt haben konnte.
Der Indianer stand auf, brachte be
dächtig ein Lederjäckchen voll Silberdol
larS zum Vorschein und überreichte es
mit dankbarem Blick dem Arzte. Dieser
öffnete das Jäckchen, entnahm demsel
ben zwei Dollar» und gab das Uebrige
zurück. „Zwei Tollars sind genug",
jagte er. ..Für eine s» einfache Hilfe
leistung beanspruche ich nicht mehr".
Ebenso erstaunt, wie über die ihnen
unbegreifliche Geschicklichteit. schienen
die Indianer über die Uneigennützig»«!
des deutschen Arztes zn'jej». Ein
'/'jankeedoltor hätte sicherlich anders ge
handelt und keinen Dollar zurückge
wiesen, das dachten sie wohl. Einige
Daiikesworte murmelten sie noch und
oerließen dann das Zimmer. Wenige
Minuten nachher ritten sie wieder ihrem
Torfe zu.
So warm und schön der Sommei
>n Dakota ist, so rauh, kalt und grim«
mig ist dort der Wint«r. Wenn von
Norden her über die ungeheueren Ebe
nen der eiskalte Sturmwind herunter
braust. Schneemassen vor sich her trei
bend, so wüthet er so entsetzlich, daß
man sich kaum «inen richtigen Begriff
davon machen kann. Nur in den wei
ten Steppen Sibiriens und in der gro
ßen Tartarei kennt man Aehnliches.
Ein solcher Schneesturm heißt in
Dakota ein „Blizzard".
Der Wind ist so hestig, daß nur fest
gebaute Hauser und starke Bäume ihm
zu widerstehen vermögen. Eisenbahn
wagen wirft er aus dem Geleise, bela
dene Frachtwagen stürzt er um. Men
schen und Thier« schmettert er mit
furchtbarer Gewalt nieder in den Schnee,
wo sie dann erfrieren.
Droht ein Blizzard, so sucht dort zu
Lande Jeder schleunigst sich nach einem
schützenden Obdach zu rette». Zuwei
len bricht aber dieser gefährliche Nord
srkan so plötzlich IoS, daß manche sich
im Freien aushaltende Leute ihm nicht
lnehr zu entrinnen vermögen. Vor we
nigen Jahren erst ist es in Dakota vor
gekommen, daß Schaaren von Schul
kindern, die auf dem einige englische
Meilen langen Wege vom Schulhause
bis zu de» Wohnungen ihrer Eltern
von einem Blizzard überrascht wurden,
sämmtlich umkamen. Man fand nach
her die jungen Leichen, zu Haufen zu
sammengewirbelt, im Schnee. Fast
alljährlich forlxrt der Blizzard auf
solche Art seine Opfer. Rinder kom
men oft hundertweise dabei um.
Es war im Januar und sehr kalt,
das Thermometer zeigte achzehn Grad
Eelsius Kälte an, dabei oder war der
Himmel blau und die Luft still ein
prächtiges Wetter für SchlittenfahAen,
wenn man nur Pelze genug hatte, um
sich warm und behaglich darin einzu
hüllen.
Eines Vormittags fuhr mit klingen
dem Schellengeläut ein Schlitten vor
Doctor Beckers Thür. AuS dem Ge
fährt stieg der in Pelz gehüllte Farmer
Zngraham und ging in s Haus.
Er hatte zwei kleine Kinder, welche
erkrankt waren die der deutsche
Arzt seit einiger Zeit behandelt»
»Doctor, es ist in letzter Nacht wie
der schlimmer geworden mit meinen
Kleinen," sagte er. „Meine Frau i>t
deswegen in großer Angst. Ich muß
sie bitten, gleich mit mir zu fahren."
„Ger-e," versetzte Becker und erkun
digte sich dann eingehend nach dem Zu
stand der kleinen Patienten.
Er hüllte sich in seine Pelze, nahm
Abschied von seiner Frau und stieg in
de» Schlitten zu dem Farmer. Ge
schwind glitten sie durch die Straße
hinaus über die schimmernde, weit«,
schneebedeckte Prairie nach nordwestli
cher Richtung.
Jngrahanis Farm lag etwa zehn
englische Meilen von dem Städtchen
ents«rnt. Die Strecke wurde in sehr
kurzer Zeit zurückgelegt. Ter Arzt fand
den Zuitand der Kinder nicht b.-sorgniß
erregend. Er beruhigte Frau Jngra
ham und gab ihr die nöthigen Weisun
gen in Betreff der Anwendung des
Arzneimittels, welches er mitgebracht
hatte. Darauf speiste er mit dem Far
mer auf dessen dringende Einladung zu
Mittag. Dann wollte er nach Hause.
Jngraham hatte befohlen, ein anderes
Pferd vor den Schlitten zu schirren.
Er wollte selbst den Doctor zurückbrin
gen nach der Stadt. Da kam der
Knecht, ein ältlicher Mann, herein und
flüsterte ihm zu. daß er befürchte, das
bisher so schöne Wetter werde sich bald
ändern. ES sei ein verdächtiger graue
Woltenstreifen am nördlichen Horizon.
zu sehen.
Der Farmer machte ein besorgtes
Gesicht und ging zu einem Barometer
hin, welches an der Wand des Zimmers
hing.
Nachdem er einen Blick darauf ge
worfen. sagte er zu dem Arzt: „Sir.
ich glaube, eS wird am Besten sein, Sie
bleiben vorläufig hier."
„Warum?" fragte Doctor Becker.
„Weil, wenn nicht Alles trügt, ein
Unwetter im Anzüge ist."
„Ist das Barometer gefallen?"
„Ganz bedeutend und auffallend
r<>sch."
Becker schau» aus dem Fenster.
„Der Himmel ist doch noch klar,*
sagte er.
„Ja. über un«. Aber im Norden ist
wolkiger Duust. Diese Nordstürme
kommen uns hier gewöhnlich blitzschnell
über den Hals. Sie wissen das nicht,
denn wir haben in diesem Winter noch
keinen richtigen Bjizzard gehabt."
„Ich muß aber nothwendig nach
Hause." sas.te Dr. Becker, „denn ich
habe in der Stadt Patienten, die mei
ner Hilfe auch dringend bedürsen."
„Dann ist es etwas Anderes. Doktor.
Wenn es durchaus nöthig ist —"
„Ja. es muß sein. Wir kommen
wohl mitJhrem sruchen Pferde noch
vor Ausbruch des Unwetters nach der
Stadt."
..Wollen das Beste hoffen. Doktor!
Will's zu meiner Frau sagen, daß ich,
falls es stürmisch würde, die Nacht über
in JameStow» bleiben werde, so daß sie
sich nicht zu beunruhigen braucht, wenn
ich heute nicht heimkehre."
So fuhren die Beiden denn ab. zu
erst an einigen benachbarten Farmen
vorbei, dann über die offene Prairie
nach Südosten zu, und rasch legten sie
die erste Hälfte des WegeS zurück.
Zuweilen schaute der Farmer besorgt
nach Norden. Immer unheilverkün
dender thürmte sich dort eine dunkel
graue Nebelwand empor, die sast schon
den Zenith erreichte. Er peitschte das
Pserd zu noch rascherem Laufe, so daß
es trotz der heftigen Kälte schäumte und
den Athem in dicken Dampsstrahlen
durch die Nüstern blies.
ES war merlwürdig still in der Na
tur, leiu lebendes Wesen ringsum zu
erblicken im meilenweiten Umkreis bis
zum Horizon«. Die Raben. Krähen
und anderen Vögel, welche im Winter
die Schneedecke der Prairie beleben, hat
ten sich alle anscheinend verkrochen in
instinktiver Vorahnung des kommenden
Unheils.
Da erscholl plötzlich von Norden he?
donnerndes, tosendes Gerauich. wie
von einer fernen furchtbaren Brandung.
Das Pfero vor dem Schlitten wieherte
angstvoll.
„Der Blizzard!* schrie Jngraham
:rschrocken. .Meich kommt das hölli
sche Wetter über uns!"
Und es lom nach einer Minute.
Mit einer ungeheueren Woge von
Schnee brauste der Orlan über die
Prairie, Alles vor sich hertreibend oder
niederwersend. Da war lein Stand
halten möglich. Tas Pferd sprang
zur Seite und raste dann mit dem
Schlitten nach Süden, mitten in der
Schneeivolte, mitten im heulenden
Lrlan.
Der Farmer mußte es wohl geschehen
lassen, denn die Richtung nach Süd
osten beizuhalten. wäre ganz unmöglich
gewesen, der Schlitten wäre umgewor
fen worden.
Und grimmigste EiseSkälte, wie direkt
vom Nordpol, brachte der Blizzard mit,
eine Kälte, welche durch die dicken
Pelze »nd sonstige Winterkleidung der
beidm Männer bis auf die Haut drang.
Man tonnte nur wenige Schritte
weit fchen, da der feine Schnee dicht die
Luft erfüllte. Und auch die Gesichter
der beiden Schlitteninsassen und das un
glückliche Pferd peitschte er wie EiSna
deln. ES war ein >ehr schmerzhaftes
Gefühl.
Die rasende Fahrt dauerte nur we
»ige Minuten, denn plöylich stürzte das
Pferd röchelnd im Schnee nieder. Es
war gegen einen «bgebrochenen und air
Boden liegenden Telegraphenpfahl ge
rannt, in dessen Drähten es sich ver
wickelte und hatte anscheinend beide
Vorderbeine gebrochen. Doch war gar
keine Zeit übrig, das Unheil näher zu
untersuchen. Das unglückliche Thier
mußte seinem Schicksal überlassen wer
den.
Das Geheul der tosenden Winds
braut war so gewaltig, daß Jngraham,
um verstanden zu werden, sich dicht an
den Doktor klammern und ihm in's
Ohr schreien mußte: „Wir müssen den
Schlitten verlassen! Wir sind hier am
Geleise der Pacisicbahn! Ich weis un
zesähr wo! Ein Stationsgebäude ist
nicht weit von hier! Dorthin müssen
-vir kriechen, am Geleise entlang, um
unser Leben zu retten!"
„Wär's nicht besser." schrie der Dol
lar, uno die Zahne klapperten ihm
sabei vor Frost, „hier im Schlitten
unter den Pelzdecke» zu bleiben?"
.Nein, Sir, wir müssen ein schützen
des Obdach suchen, sonst crsricrcn wir
hier! Die Kalte wird immer grim
miger!"
Dagegen war nichts einzuwenden.
Die Kalte nahm in der That gcwaüi,
;u; sie m-chte wohl schon 25 Gr>,:
Celsius übersteigen. Niemals zuvor ui
seinem Leben hatte Doktor Becker die
Wirkung der Kälte so einpsunden. Der
seuchte Athem gesror, so wie er aus dem
Munde kam. und überzog die Bärte der
beiden Männer mit Eis. Auf ihren
Gesichtern bildeten sich Eiskrusten; be
sonders schmerzhast war dies für die
Augen, die sie jeden Augenblick reiben
mußten, um nur noch einigermaßen
sehen zu können.
Als die Beiden aus dem Schlitten stei
gen wollten, sanden sie das auch
schwierig, denn es war unmöglich, sich
ausrecht zu erhallen. Der wüthende
Orkan erfaßte sie sogleich und wars sie
zu Boden.
„Vorwärts, Doktor!" schrie der Far
mer. ,Es gilt unser Leben!"
Und er kroch am Geleise des Bahn
körpers entlang nach Westen. Die
Schienen waien streckenweise zu sehen,
denn der Sturmwind hatte den Schnee
davon weggefegt. Freilich schüttete er
dann zuweilen auch ganze Massen von
Schnee wieder darüber hin.
Doktor Becker kroch hinterher, immer
sich un die Schienen klammernd. Diese
Fortbewegung war höchst anstrengend
für Beide in ihrer schweren Pelztlei
dung. Dabei durchkältete der furchtbare
eisige Wind sie immer mehr.
Nach einer Viertelstunde ermattete
der Deutsche zuerst.
„Jt, kann nicht weiter!" stöhnte er.
„Muth, Doktor! Es sind nur noch
einige hundert Schritte bis zur Sta
tion!"
Noch fünf Minuten vergingen.
„Ich kann nicht mehr!" ächzte der
Arzt. „Ich bin ganz starr und steis!"
Jngraham hörte ihn nicht. Das
Geheul des Lrkalis übertoste jeden
Laut. Als er nach einer kleinen Weile
wieder einmal die Schnee- und Eiskruste
aus den Augeu rieb und sich
gewahrte er seinen Begleiter nicht mehr
hinter sich.
„Er hat nicht mehr weiter können."
dachte er. „Der arme Kerl! Umkeh
ren. um ihn zu suchen, wäre auch sür
mich sicherei' Tod, denn ich bin auch sast
gänzlich erschöpft. Erreiche ich lebend
die Station, so sende ich ihm Leute zu
Hilfe!"
Und er kroch wieder vorwärts. End
lich sah er durch den Wirbelschnee die
Station seilwärts von sich, ein itarkeS
geräumiges Holzgebäude, das einiger
maßen vor dem Nordsturm geichützt
war, weil es vor einer Hügelschwellung
des Prairiebodens sich befand. Hier
raste deshalb der Orkan nicht ganz so
fürchterlich. Jngraham konnte sich auf
richten, Er stieg schwerfällig auf den
Bahnsteig und taumelte gegen die
des Hauses,
Im Wartezimmer de»
bäudeS saßen zehn Leute zusammen, die
theils zur Station gehörten, theils dort
rechtzeitig vor den Schrecknissen des
Blizzards Zuflucht gesucht und gesun
den hatten. Ein mächtiges Feuer, von
riesigen Holzscheiten genährt, prasselte
im Kamin. Entsernte man sich aber
nur wenige Schritte von der Gluth, so
spürte man doch sogleich, wie bis ent
setzliche Kälte, welche der Nordsturm
brachte. in'S Haus drang.
Einige Bahnarbeiter saßen beim
Feuer und rauchten ihre Pstisen. Sie
hatten ja nichts zu thun. Wegen
Schnecwthungen stockte der Bahnver-
kehr doch vorläufig völlig. Dann war>
.ier Stationsbeamte da, und auch des
sen Frau, ferner der alte Trapper
Jones, der schweigsam abseits saß.
Ter Stationsbeamte trat zum Fenster
und hauchte solange aus eine dcr dtck
gesrorenen Scheiben, bis er durch eine
kleine ilare Stelle blicken konnte aus
ein draußen besestigteS Thermometer.
„275 Grad Kälte," sagte er. Ich kal
kulire, am Nordpol kann's zu dieser
Zeit nicht viel schlimmer sein!
Fürchterlich erschüttert im selben Au
genblick der Sturmwind das Haus, so
daß die Dachbalken knackten und knarr
ten.
„Himmel!" rief die Frau, „ich
glaube daS HauS fällt um!"
~Es hat wohl keine Noth," sprach
tröstend ihr Mann, ~Das Gebäude
ist sehr sest. ES hat schon früher ein
mal einen solchen Blizzard recht gut
auSgihalten.
In diesem Augenblicke flog mit einem
Krach die Thüre auf. und herein tau
mclte dcr Farmer Jngraham, über und
über, auch das Gesicht, mit einer Schnee-
und Eiskruste bedeckt.
„Ich bin Jngraham von dcr Farm
am Hickorybach!" keuchte er. .Mit
Mühe habe ich mich hierher gerettet.
Leute, ich bitte Euch, eilt schnell dem
deutsche» Doktor von JamcStown zu
HHilse! Er liegt drei- bis vierhundert
Schritte östlich von hier auf dem Bahn»
gelcisc!"
Und ganz erschöpft sank er nieder.
Mehrere Leute bemühten sich gleich ge
schäftig um ihn.
„Ich darf meinen Posten nicht ver
fassen," meinje der StationSbeamte.
„Auch würde meine Frau das nicht
erlauben —"
..Nein, gewiß nicht, Charles!" schrie
die Frau.
Er wandte sich an die Bahnarbeiter:
~Jhr da aber, als krästige Männer,
könntet das RettungZwerk wohl ver
suchen."
„Fällt uns gar nicht ein!" rief Ei
ner. „Bei solchem Metter gehen wir
nicht auf die Prairie hinaus. Und
wenn der Präsident per Vereinigten
Staaten selber draußen läge, wir wür
den ihn liegen lassen! Jeder ist sich sel
ber der Nächste."
„Jawohl!" bestätigten die Anderen.
„Wer ein gutes Dach über dem Kopfe
hat, der rennt nicht in den Blizzard
hinaus. Jeder ist sich selbst der
Nächste!"
Der alte Trapper hatte sich er
hoben.
„Jones, was wollt Ihr?"
„Ich will den Doktor hereinholen,-
antwortete der Alte einfach. „Als ich
erblindet war, hat er mir das Augen
licht wieder verschafft. Ich helfe gern
jedem Menschen in der Noth, ganz be
sonders aber dem deutschen Doktor."
„Kalkulire aber, Ihr seid nicht mehr
kräftig genug, um der Wuth des Schnee
sturmes und der furchtbaren Kälte drau
ßen zu trotzen." '
„Will'S aber doch wenigstens ver
suchen!"
Und Jones ging hinaus. Der Sta
tionsbeamle begleitete ihn bis zur
Thüre und sah ibm nach, wie er sich
aus die verschneiten Schienen warf
und mühsam nach Osten zu die Bahn
entlang kroch. Kopfschüttelnd mur
melte er: „Glaube nicht, daß der Alte
das Wagestück fertig bringt! Vielleicht
geräth er dadurch selbst in's Verder
ben!"
„Thüre zu!" brüllten die Bahn?
arbeitcr.
Der brave Mann trat zurück in's
Zimmer und lief frostbebend sogleich
zum Feuer hin.
Füns Minuten vergingen. Da wurde
abermals die Thür geöffnet und herein
kamen zwei von Schnee und Eis star
rende Indianer, Vater und Sohn,
Beide sehr zweckmäßig in rng anschlie
ßende Pelzkleidung gehüllt. Mit ihnen
kam ein kleiner, häßlicher, struppiger
Hund, der eifrig den Schnee von seinem
zottigen Fell schüttelte. Es waren die
beiden Rothhäute, welche wir schon zu
Ansang unserer Erzählung kennen ge
lernt haben.
„Ist mein Schwager Jones hier?"
fragte, sich umblickend, der indianische
Herkules. „Meine Schwester ist in
Sorge um ihn; sie bat uns, hier nach
zusehen."
„Wie seid ihr Beiden denn durch den
höllischen Blizzard gekommen?"
„O. wir machen uns nicht so viel aus
Sturm und Kälte, wie die weißen
Männer! Wir hatten ja den Wind
aus dem Rücken, und da sind wir aus
unseren Schneeschuhen gleichsam herge
flogen wie Eisvögel. Also Jones ist
nicht hier?"
„Er war vor wenigen Minuten hier,
ist aber sortgekrochen. um den deutschen
Doktor zu suchen. Der liegt ob
noch lebend oder todt, wissen wir nicht
- einige hundert Schritte von hier auf
dem Schienengeltise."
„Der Doktor ist ein guter Mann."
sagte der Indianer. „Ich schulde ihm
Tank, und er nahm damals nur zwei
DotzarS."
Dann rief er seinem Sohne ein paar
Worte zu. und Beide eilten hinaus, mit
ihnen der kleine zottige Hund.
Der Stationsvorsteher sah ihnen
nach. Sie warsen sich aus die Schie
nen und krochen schnell und mit Schlan
gengewandtheit in das fürchterliche
Schneetreiben hinein.
„Jetzt ist wohl einige Aussicht auf
Rettung vorhanden, sowohl sür den
alten Trapper, wie auch sür den deut
schen Doktor, falls dieser noch nicht er
froren ist," sagte der Stationsvor
steher. „Ja, dieie Rothhäute! Selbst
in solchem schrecklichen Blizzard wissen
sie sich noch zu Helsen. Man hat nie
davon gehört, daß einer von ihnen in
einem Schneesturm um S Leben gekom
men ist!"
Nach kurzer Zeit kehrte der junge
Indianer zurück mit dem alten Trap
per. den cr hinter sich her schleppte.
Der alte Mann war sast erstarrt.
Jones hatte nur ungefähr zweihun
dert Schrille vorwärt» kriechen können,
dann hatte der Sturmwind eine unge>
! deure über die Prairie rollende Schnee»
! ooge über ihn geworfen, aus welcher er
üch nicht herauszuarbeiten vermochte.
Mit Hilfe des Hundes hatten die Jn-
ihn entdeckt und rasch aus seinem
öchneegrabe befreit.
Der ältere Indianer war dann wei
ter gekrochen mit dem Hunde, um den
Doctor zu suchen. In der That kam
er bald mit dem völlig Erstarrten an,
der schon bewußtlos war. Der halb
Erfrorene wurde auf Wolldecken ge
legt und die Indianer rieben ihn mit
sachkundigem Eifer und verstanden es
richtig, den Deutschen aus der Er
starrung wieder zum Leben zu er
wecken. Gerade zur rechten Zeit waren
sie gekommen. Bielleicht einige Mi
nuten nachher wäre «s zu spät gewe
sen!
Und der fürchterliche Schneesturm
tobte noch immer fort. Doch in
Sicherheit befanden sich nun die Ge
retteten im Stationsgebäude der Pa»
cificbahn. AIS nach vielen Stunden
der Blizzard endlich ausgewllthet hatte
»nd zugleich auch die strenge Kälte et
was nachließ, tonnten sie nach Haus«
zurückkehren.
In der Folgezeit verband den deut
schen Arzt mit seinen wackeren indiani
schen Rettern immer die herzlichste
Freundschaft.
Sehr viel Schaden hatte der gewal
tige Nordsturm in Dakota angerichtet.
Hunderte von Telegraphenpfählen um
geworfen, Häuser zerstört und Bäume
entwurzelt. Auch einige Menschen wa
ren dabei um s Leben gekommen. Das
des Doctors in Jamestown war nicht
beschädigt worden! nur den Lattenzaun
des Borgärtchens hatte der Wind weg
geblasen. Seine Frau hatte sehr viel
Angst um ihn gehabt. Wie froh war
sie, als er gesund wiederkam.
Das aber hatte sie sich sest vorge
nommen: droht ein Blizzard, darf er
ihr nicht wieder aus dem Hause.
Ei»»« „arme" (SemüschSndlerin.
In Wien starb dieser Tage eine
„arme" Gemüsehändlerin, Marie
Windschek, in ilirer Wohnung, Schwarz
spanierstraße No. 18, am Schlagfluß.
In den legten Tagen winde die amt
liche Inventur des hiiüerlassenen Ver
mögens vorgenommen, welches solgen
dcs überraschende Resultat ergab!
An Papiergeld fand man acht bereits
ungiltige Noten G 1000 Gulden, ser
ner 187 Stuck Hunderter. 82 Stück
Fünfzig-Guldennoten und anderes Pa
piergeld im Gesammlwerthe von 30.874
Guldcn. Ferner wurde eine Menge
von Gold.- und Silbermünzen gesun
den, darunter 73 Ducaten, alte Zwan
ziger. Vereins- und preußische Thaler,
anlile Silbermünzen und 288 durchaus
außer Cours gesejite Kupsermünzen.
In Kasten sand man zahlreiche Werth
papiere, darunter Credit-, Staats-,
Rudsls-, Waldstein-, Windischgrätz-,
Palffy- und Türkenloose, in erstaun
licher Menge Actien von Eifeiibahn-
und Jndustrieuiiternehmungen. Ren
tenscheine, einen Salinenschein zu 500
Gulden und einen solchen zu 10,000
Gulden. Lcxterer ist ebenfalls bereits
ungiltig.
An Pretiosen fanden sich vor: Zwei
goldene llh.en, fünf Ringe. Armbän
der, eine Broche und goldene Manschet
tenknöpfe. Die Möbel der drei Zim
mer und die Küchengeräthe repräsen
tiren ebenfalls einen nicht unbedeuten»
den Werth. Die „Am Hos" besinn
lichen Standgeräthe und die Waaren-
Vorräthe an Butter. Milch und Eiern
wurden um 60 Gulden vertäust. In
den Taschen der Todten fand man 162
Gulden 72 Kreuzer Baargeld und als
die Leiche im Allgemeinen Krankenhause
entkleidet wurde, noch weitere 27 Gul
den 70 Kreuzer. Außerdem förderte
man viele Schriften zu Tage, darunter
auch Privaiurtunden, von denen eine
sich als ein Schuldschein auf 14 !0 Gul
den entpuppte, welchen Betrag die Erb
lafferin a!s Tarlehen zu fordern hat.
Dagegen blieb die genaue Durchsuchung
aller Effecten und Möbel nach einem
Testamente erfolglos. Es hat sich je
doch bereits ein einziger Erbe gemeldet,
nämlich der Bruder der Todten. Herr
Karl Windschek, Ober-Finanzrath der
Tabakregie. Derselbe hat den
riaiS-Substituten Dr. Alexander Jörg
zu seinem Erbvertreter ermächtigt. Der
Werth des Nachlasses repräsenlirt in
nominal! eine Summe von etwa 79,000
Gulden: jedoch sind Papiere,
wie erwähnt, bereits werthlos. Wi«
verlautet, beabsichtigt jedoch der Erb>
Vertreter Dr. Jörg im Gnadenwege d>«
Honorirung der werthlos gewordenen
Slaatspapiere zu erlangen.
Das famose Bouquet.
Doktor: Ich habe Ihnen ab«
doch gesagt. daß Sie sich mitdemßrannt
wein, den ich Ihnen verordnet, du
Brust einreiben sollen; stall dessen ha>
den Sie ihn. wie mir Ihre Frau sagt,
getrunken!"— Palienl: „Sie. Herr
Toklor, den wenn Se g'rochen hätten,
da hatten S' auch nit widerstehen tön
na 5 !"
—Zu viel. Chef: „Mein lie
ber Müller, Sie waren so muthig.
meine Tochter vom Ertrinken zu retten.
Tasür muß ich Sie belohnen. Ich
l,ebe Ihnen meine Tochter zur Frau.'
- Buchhalter Müller: ..Sebr lieb
von Ihnen, aber ich bin wirklich nicht
lo muthig, wie Sie zu glauben sch.'i
lieii."
Boshaft. Frau (nach einer
hestigen Scene): „Wie mir scheint,
hast Du die Heirath mit mir ganz wie
riu kaufmännisches Geschäst betrachtet!"
- Mann (ruhig): „Du vergissest,
meine Liebe, daß man bei einem reellen
laufinännischen Geschäft Nichlkonveiii
rendes zurückgeben kann."
Faules Wetter. Baron:
Was lhut's draußen. Johann, regnen
-der schneien? Bedienler: Gar
liichts, gnädiger Herr. Baron: Fau
les Wetter!
Zu den guten Werken,
die man fleißig üden soll, rechnen die
Frauen vor Allem da» Mundw»rt.
Ter V«m»»raten.
Der „schwarze Christi", seines Zei
hen» ein armer Holzknecht, war al«!
Wilderer in der ganzen Gegend be-
Ännt. Ader obwohl der Förster mitl
einen Gehilfen rastlos darauf ausging,
hn einmal auf frischer That zu ertap»
>en, war dies doch noch nie gelungen.
Da kani ein neuer Landrichter in die
öegend, der schon wahrend der ersten
icht Tage, als er von dem berüchtigten
Wilddieb hörte, sich fest vornahm, den
elben zu überführen. Das wurde ge
viß. so dachte er. seinen Namen in dem
leuen Wirkungskreis rasch zu Ehren
«ringen und auch bei seinen Vorgesetz
ien ihm wohl vermerkt werden.,
Der Herr Landrichter war aber ein
>ewiegter Mann, der nicht überstürzte.
5r leitete die Sache vielmehr garl
chlau ein und suchte dem „schwarzen,
Zhnstl" erst den Honig recht dick um'
>en Mund zu streichen. Wo er ihn
!raf. stellte er sich außerordentlich
freundlich gegen ihn. Als er sein
Winterholz schneiden ließ, mußte es der
Christi besorgen und bekam ein schönes
Stück G?>d dafür kurz, überall, wo
ts möglich war. wurde er herangezogen
empfing zahlreiche unverlennbare
Au nst beweise."
Ja, einmal. als sie zufällig draußen
m Walde zusamnientrasen, ließ der
Herr Landrichter im jovialen Gespräche
»en Holzknecht ziemlich deutlich merken,
zas nach einer Privatanschauung die
Seligkeit deßhalb nach lange nicht ver
virkt sei, wenn just einmal Einer ohne
Jagdschein ein Stuck Wild vom Berg
herunterhole.
lI Nachdem der „schwarze Christi* so
genügend angelockt war, siel der Haupt
st reich.
„Du. Christi-, sagte nämlich der
Herr Landrichter eines schönen TageS.
„übermorgen hab' ich ein paar alte
zute Freunde auf Besuch ein paar
rechte Feinschmecker! Da wenn ich halt
«inen schonen Gemsbraten haben
lönnt' Du verstehst mich schon!
sas wär' mir fein recht! Mir soll's aus
:in gutes Trinkgeld nicht ankommen!"
Dabei zwinkerte er den Holzknecht
gar bedeutsam mit den schlauen Augen
an.
Ter „schwarze Christi'' rückte an sei
nem Hut und sagte: „Js schon recht.
Gnaden Herr Landrichter! Ich werd'S
H»k b'sorgeii!"
Vergnüglich schmunzelnd sehte der
pfiffige Herr seinen Weg fort und
brummte: ..Wart', Spinnt»', dieses
Mal kommst Du mir nicht aus!"
lind richtig! In der folgenden Nacht
tlopste der „schwarze Christ!" den Land
richter just aus dem besten Sch!as und
reichte ihm heimlich durch das Fenster
kinc prächtige Gemse hinein. „Gut'
Stacht!" sagte er dann und verschwand.
„Famos! Famos!" murmelte der
Landrichter, „der Streich ist gelungen!
!>tun, das wird ein Aussehen machen!"
Dann legte er die Gemse in die Küche
und sich wieder in's Bett.
Am andern Morgen frühzeitig würd?
der „schwarze Christi" vor Gericht
ntirt.
Im Sitzungssaal traf er den Land
richter und dessen Aktuar und aus dem
Berathungszimmer nebenan sahen durch
die offene Thüre die schadensrohen Ge
sichter des Försters und seiner Gehilfen.
Aus dem Gerichtstische aber lag das
Nun begann das VerhSr.
„Christian Seedorfer," sagte der
Landrichter mit feierlicher Amtsmiene,
„erkennen Sie diese Gemse als diejenige
wieder, welche Sie mir heute Nacht um
zwölf Uhr zum Fenster hereingereicht
haben?"
„Nein. Herr Landrichter!"
„Was? Nein? Leugnen Sit
nicht!"
„ES war nicht um zwölf Uhr, Herr
Landrichter, sondern um halb Eins!"
„Achums! Das ist Nebensache!....
Sie geben also zu. diese Gemse zu mir
gebracht zu haben?"
„Jawohl. Herr Landrichter!"
„Sie gestehen demnach auch, diese
Gemse unberechtigt geschossen zu ha»
beu?"
„G'schossen, Herr Landrichter?
Nein!"
„Wie?" fuhr der Beamte zornig auf,
„Sie leugnen auch jetzt noch, Sie, der
Sie als Wilderer berüchtigt sind, einem
solchen Beweis gegenüber?"
Da schmnnzelte der Christi. „Herr
Landrichter." sagte er, „ich hab' einen
Gegenbeweis!"
„Was, Gegenbeweis? Wo denn?"
„In der Hosentasche, Herr Land
richter!"
„Jntulpat! Erlauben Sie sich kei
nen unziemlichen Spaß mit dem Ge
richt!"
„Fällt niir nicht ein. Herr Land
richter! Da ,s er der Gegenbeweis!"
Der „Ichwaize Christ!" zog ein ver
knittertes Papier aus der Tasche, streifte
es aus dem Knie glatt und legte eS dem
Richter vor.
Dieser fing laut zu lesen an. dann
aber sank seine Stimme immer mehr
zu einem verblüfften Gemurmel herab:
„Ickshosen, den 15. November.
Wildprethandluiig von C. G. Geier ck
Söhne.
Hochwohlgeboren dem Herrn Land
richter von Hinterberg heute geliefert
eine Kemse zu 3>i Psund O 25 tr.,
macht in Summa 9 fl."
„lch kann jetzt wohl gehen?"
meinte der „schwarze Christ!" und
schmunzelte wieder. „Mein Trinkgeld
für die Besorgung hol' ich niir ein an
deres Mal!"
„Ein solcher Hallodri!!"
Ter Kemsbralen soll dem Herrn
Landrichter just nicht besouders gemun
det haben.
Schlau. „Wie. Sie setzen
Ihrer Haushälterin jedes Jahr hundert
Mark an Lohn zu; das ist aber doch
etwas start!" —„Sie können doch den
ken, dag ich dabei meine Absichten habe;
wenn sie sich etwas Ordentliches zusam
mengespart hat, werde ich sie selbst»»-