Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, January 27, 1893, Page 7, Image 7

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    »««tsche Loeal»»chrtchte».
/ Provinz Brandenburg.
s I» Potsdam der Rentier Julius
Adicke und die Wittwe Louise Meyen,
geb. Bensch. Infolge des Zusam
menbruchs der Banksirma Schulze in
Berlin erschoß sich in Potsdam der Re
staurateur Brand, welcher seine Er
sparnisse bei Schulze angelegt hatte.
Der Gerichtssecretär Baeck in Arnswalde
war seit einigen Tagen unsichtbar und
nun stellte es sich heraus, daß er wegen
begangener Unterschlagungen flüchtig
geworden ist. 112 In Bärwalde, N.-
M.. der frühere städtische Lehrer Theo
dor Fritz. 112 In Brandeubnrg a. H.
der Director der Müllereigenossenschast,
Dampfmühlenbesitzer Ludwig Krö
nagel. f. Der Director bei der physi
talisch-technischen Reichsanstalt, Dr.
Leopold Loewenherz in Charlottenbnrg.
Aus Gram über den vor etwa Jah
resfrist erfolgten Tod seiner Gattin hat
sich der in Chatlottenburg wohnende
Lo.omvtivsührer Jlsch erschossen.
Provinz Ostpreußen.
's Der LandgerichtSdirektor Spriinck
in Jnstcrburg. —Ueber das Vermögen
des wegen Unterschlagung verhafteten
Kreiskommunalkassen-Rendanteu Kro
pat in Lochen ist der Konkurs eröffnet
worden. Zum Staatsanwalt am
Amtsgericht in Memel ist der Gerichts-
Assessor Heinrich in Liegnitz ernannt
worden. fJn Passenheim der Haupt
mann a. D. Otto Czygan.—Der Erz-
Priester Fahl in Rössel wurde, als er
aus dem Bahnhofe Korschen in den Zug
nach Königsberg steigen wollte, von
einem Schlagansalle betroffen, der sich
im Hause des Nachmittags wiederholte
und den Tod zur Folge hatte. Kauf
mann Leß in Rössel hat Selbstmord
begangen. Ueber den Nachlaß ist Kon
kurs eröffnet worden. Die Passiven
betragen angeblich über 799,999 M.
Der Zusammenbruch des Geschäfts Hai
über viele Familien Unglück gebracht.
Einzelne ländliche Besitzer, welche in
Geldsachen mit dem Verstorbenen in
senden, haben ihre Zah
lungen eingestellt.
Provinz Westpreußen.
112 Rittergutsbesitzer, Rittmeister a.
D. Mar von Vogel ans Nielub, Mit
glied des Herrenhauses, des Provinzial-
LandtageS, des Kreistages und des
evangelischen Kirchenraths. 112 In
Deutsch Krone der Postdirector Major
a. D. Pachaly. Der Kunstgärtner
Brandt von Elbing wird auf der Chi
cagos Weltausstellung durch eine neue
von ihm gezüchtete Rosenart vertreten
sein. Einem Schlagansall erlag der
Jnstizrath und Notar Heinrich in El
bing; 112 daselbst der frühere Kantor
Panckrath. Das dem früheren Land
rath Birkner gehörige Gut Kadinen ist
bis auf wenige Gebäude abgebrannt.
Provinz Pommern.
Den Voltsschullehrer Kempfert in
Naugard vernrtheilte die Stargarder
Strafkammer wegen vorsätzlicher kör
perlicher Mißhandlung in Ausübung
seines Amtes zu 3 Monaten Gefäng
niß. Wegen Unterschlagung ihm
anvertrauter Gelder wurde der bei dem
Rechtsanwalt A. in Neusiettin beschäf
tigt? Bureauvorsteher Hinz ans dem
Bahnhof sestgenominen, als er eben im
Begriff war, nach Berlin abzudampfen.
Ter Gemeinde-Vorsteher Hübner in
Strcmlow wurde beim Schlichten eines
Streites erstochen. Als Thäter sind
der Handelsmann Michels »nd die
Kommissäre Göhl und Hinz, sämmtlich
aus Bnldeuburg, verhaftet. Der bei
dem Kaufmann Kühn anstellte Konimis
Paul Röther in Plathe ist infolge Ein
athmens van Kohlendunst in seinem
Zimmer erstickt. In Barzwitz feier
ten die Altsitzer Friedrich Pagel'fchen
Eheleute ihre diamantene Hochzeit.
s In Stargard der Präsident des Land
gerichts Irh. von Ledebur. —Zur
Feier des 156 jährigen Geburtstages des
Generalseldinarschalls Fürsten Blücher,
veranstaltete das in Stolp garnisoni
'rende Husaren-Regiment Fürst Blücher
ein dreitägiges Fest. Am 14. und 15.
December sand ein großartiges Reiter
fest in der Reitbahy des Regiments und
am 15. nach den. Reiterfest Souper
und Ball im Wallhause statt. Am
16. war Mittags Parade auf dem
Stephenplatz, Nachmittags Diner und
Abends Ball der Mannschaften.
I» dem Torfe Lüssow brachen zwei
Knaben im Eise ein und ertankn;
ebenso ein Arbeiter, der die Knaben
retten wollte. Ein Vierter wurde .ge
bettet.
Tic Brunnenarbeiter Bank sun. und
Rieß in Köslin kamen durch Einathmen
von Gas z» Tode. Dieselben warem
Heim Bohren eines Brunnens in der
Nähe des Kohlenberges beschäftigt;
durch Einathmen von Gas, das nus
Kam Erdboden strömte, fanden sie. als
-sie sich an den Grund gelassen hatten,
ihr Lebensende; das Gas hatte vorher
schon eine mitgenommene Laterne aus-
Aolöscht. Beide Verunglückte hinterlas
sen Familien. —In Tempelburg wird
Hsgenwartig der Plan, eine „Kalt-und
Warmwasser-Anstalt" zu gründen und
T«npeldurg damit zu einem Kurort zu
machen, lebhaft erörtert. Angesichts
der gesunden Laxe und der schönen An
lagen der Stadt ist die Ausführung des
Planes drrchaus nicht unwahrschein
lich.
Prodinz Schleswig-Holstein.
s In Haderslebe» der erste Gerichts
sekretär Setelhvhn, —Lehrer und Küster
«. D. Alse», Oberpolizist Betholm und
Schneidermeister Cartse» feierten in
HaderSleben mit ihren resp. Ehefrauen
ihre goldene Hochzeit. 112 In Heide
Kaufmann C. C. Thsmke». In
Nordhastedt gerieth der Polizeidiener
Banderob mit seinem Schwiegersohn
Petersen, einem früheren Müllergesel
len, in einen so heftigen Strsit, daß er
ihm mit einem Beil mehrere schwere
Schlüge versetzte, die schon nach einer
Stunde den Tod des Getroffenen zur
Holge hotten.
Provinz Schlesien.
Der wegen schweren Sittlichkeitsver
brechens inhastirte Rentier H. T. von
Landeck hat sich in seiner Gesängniß
zelle erhängt. In HernSdorf ist die
Besitzung des Gärtners Bunzel im
Oberdorfe total abgebrannt. Die
Schwester des Bunzel. eine in mitt
leren Jahre» stehende Frau, hat bei
dem Versuch, etliche Werthgegenstände
aus der oberen Giebelstube zu retten,
einen schrecklichen Tod in den Flammen
gesunden. Der Bankvorsteher der
Kommandite des Schleichen Bankver
eins, Michaelis, in Leobschütz ist wegen
Unterschlagung und Fälschung zu 1j
Jahr Gefängniß »nd einjährigen
Ehrverlust verurtheilt worden.
Bei dcm von der Schützengilde in Lieg
nitz veranstalteten Kaiser Friedrich-Ge
dächtnißschießen ging Brückenwagen
sabrikant Pseiler als Bester hervor.
Weitere Preise errangen Lederhändler
Goldmann. Partikulier E. Jungfer,
Blumenhändler Gutfche und Tischler
meister Bollmeier.
Provinz Posen.
Wegen Unterschlagung eingezogener
Steuerbeträge wurde der in Krone a.
Br. probeweise als Polizeisergeant und
VollziehnngSbeamte angestellte Wuwert
zu 5 Monaten Gefängniß verurtheilt.
Bürgermeister Bohn in Fordon hat
seinen Bureaugehilseu Sch. verhastet.
Es soll Unterschlagung, Urkundensäl
schnng und Diebstahl vorliegen.
112 In Inowrazlaw der Vorwertsbesitzer
von Sawicki - Rogowo. Er war der
Schwiegervater des viel genannten v.
Mazszewski. der 1848 als König von
Polen gewählt wurde. Durch ihre
Theilnahme am Aufstande gingen beide
ihrer Güter verlustig, so daß sie später
ein dürftiges Dasein fristeten, v. Mals
zewski starb als Ortsarmer in Tr.
v. Sawicki war trotz seiner geringen
Mittel ein großer Freund der Armen
und half ihnen, wo und wie er konnte.
Keins von seinen Kindern hat ihn über
lebt, ein Sohn fiel 1863 im Ausstände
gegen Rußland. Auf einem nächt
lichen Patrouillenritt wurde der Gen
darmerie - Oberwachtmeister Marschner
in Kempen auf dem Wege zwischen den
Döriern Opatow und Jankow er
schossen.
Provinz Sachsen.
Der Weichensteller Bauchstieß in
Roßla wurde von einem Zuge überfah
ren und ihm dabei der Kopf vom Rum
pfe getrennt. Die wirthschastliche
Lage ist in Suhl eine trostlose. Mehr
als IVO Arbeiterfamilien sind verdienst-
und brotlos. Unter den anläßlich
der Wittenberger Feier mit Ordens
dekoraiionen Ausgezeichneten besinden
sich auch die Abkömmlinge des Refor
mators, Sanitätsrath Dr. Luther zu
Luckenwalde. Postor Johannes Luther
zu Pissen im Kreise Merseburg, Major
von Wegnern, von Königin-Augusta-
Garde-Grenadier-Regiment und Land
rath von Wegnern zu OscherSleben.
Am 12. Dezember waren 35» Jahre
verflossen, daß in Lützen die Reforma
tion eingeführt wurde. Der Tag
wurde festlich gefeiert. In der Kirche
hielt der derzeitige Rektor»der Univer
sität Halle, Professor Dr. Theol.
Hering, der von 1874 bis 1878 Su
perintendent der Ephorie Lützen war,
die Festpredigt. Lützen war im da
maligen Bisthlim Merseburg die erste
Stadt, welche die lutherische Lehre an
nahm. Ter Tischlergeselle Lüders
von Lützen erschoß bei einem Getreide
dicmen seine Braut, die 19jährige
Anna Rothe, und setzte den Diemen in
Liand. Der Leichnam des Mädchens
wurde völlig verkohlt aufgesunden.
Lüders stellte sich der Polizei und gab
in. sie hätten gemeinschaftlich sterben
wollen, doch habe ihm der Muth ge
fehlt, sich selbst zu erschießen. Sei
nen 199. Geburtstag feierte in dem
Dorfe Reipisch der Veteran Gimpel.
Auf dem freien Platze an der Dors
ünde fand eine große Feier statt, an
»er die Krieger- und Landwehrvereine
Zer benachbarten Ortschasten mit klin
gendem Spiele und fliegend.» Fahnen
theilnahmcn. Dem alten Krieger
wurden zahlreiche Aufmerksamkeiten
iller Art zu Theil.
Provinz Hannover.
In Gr.-Rhüden feierten Kaufmann
W. Hosfmann und Frau ihre goldene
Hochzeit. Die Frau des Böttchers
ttichter in Ricklingen warf ihre beiden
Binder, einen vierjährigen Knaben und
!in vier Wochen altes Mädchen, in die
Leeke und sprang dann selbst hinein.
Die Kinder ertranken, die Frau wurde
>ioch lebend aus dem Wasser gezogen
and zur Beobachtung ihres Geisteszu
standes einem Krankenhause übergeben.
—f In Rodenberg Amtsgerichtsrath
Lerner.—Brandsälle: In H.ldesheim
drannte das Hintergebäude des Tape
zierers Abdecker nieder, wobei der Gärt
ner Schräder in den Flammen seinen
Tod sand. —In Pappenburg wurden
Wohnhausund Scheune des LandwirthS
L. Walker total «»geäschert, in Unsen
«as Vorwerk und kie Scheune des Hof
besitzers Twick, in Vörden (bei Osna
drück) das Wohnhaus des Kaufmannes
Kleyböcker. in W«ltersburg das Anwe
sen des Hofbesitzers Schierwater.
-f In Aachen der OberregierungSrath
». D. Claesse». Der Rentner L. H.
zu Ronheide bei Aachen hatte
»je evangelische Kirchengemeinde zu
Aachen zur Universalerbin seines nicht
iinbedeiitnideii Vermögens eingesetzt.
Nach seinem Tode haben seine gesetz
lichen Erber die Gültigkeit dieser Testa
mente unter der Behauptung angefoch
ten, daß der Erblasser zur Zeit der Ab
fassung der Testamente wahnsinnig
gewesen sei. In dem hierüber beim
Landgerichte erhobenen Rechtsstreite ga
ben die ärztlichen Sachverständigen ein
stimmig ihr Gutachten dahin ab, daß
Offergelt seit 1865 bis zu seinem Tode
geisteskrank gewesen sei und daß die Art
seiner Geisteskrankheit lichte Zwischen
räume ausschließe. Darauf wurden
durch Urtheil des Landgerichts die bei-
den Testamente für nichtig erklärt. Ge
gen dieses Urtheil legte die evangelische
Gemeinde Berufung ein, worauf hin
das hiesige Oberlandesgericht das erste
Urtheil aufgehoben Hai. Den Erden
bleibt nun das Rechtsmittel der Revi
sion an das Reichsgericht. 112 In At
tenkirchen KreiSschuliiispeitor Schulrath
Schwindt. Die mechanische Bau- und
Kunsttischlerei Franz Fischer inßarmen,
ist bis auf die Umfassungsmauern nie
dergebrannt.
Provinz Hessen-Nassau.
Der Kaufmann und Stadtverordnete
Louis Bickell in Hanau hatte einen
Hasen geschossen. Bei der Entbalgung
verletzte er sich in ganz unscheinbarer
Weise am Finger, was er anfänglich
gar nicht beachtete. Einige Tage spä
ter schwollen aber Arm und Hand plötz
lich an und der hinzugezogene Arzt kon
statirte eine Blutvergiftung, welcher
Bickell jetzt unter entsetzlichen Qualen
erlegen ist. Die Eheleute Weber in
Hünfel habendi« in ihrem Hanfe wohn
hafte 69 Jahre alte Auszüglerin Wie
gand seit drei Monaten in eine dunkle
Kammer, ein kleines, schmutziges Loch,
eingeschlossen und darin sörmlich gefan
gen gehalten. Die Aermste wurde in
ciiiem solch verkommenen Zustande aus
gesunden, der jeder Beschreibung spot
tet. Infolge dieser scheußlichen Be
handlung ist die Frau denn auch in
zwischen gestorben.—Der 19 Jahre alte
Postgehilse Karl Phildius von Ober
nrsel erhielt vom Schwurgericht in
Frankfurt wegen Amtsverbrechen 1
Jahr und 8 Monate Gefängniß.
112 In Rodenberg Amtsgerichtsrath Ber
ner. Als in Auhagen Landwirth
Nolte aus Rodenberg damit beschäftigt
war, Häcksel mit den Händen zusam
menzuraffen, riß er sich dabei einen
Tannensplitter in den Finger, wodurch
Blutvergiftung eintrat. Infolgedessen
ist der im besten Alter stehende Mann
gestorben.
Königreich Sachsen.
Die Ehefrau des Schulhausmanns
Uhlig in Gelenau wurde als Leiche aus
-dem Gemeindeteiche gezogen. Nach
Unterschlagung von 11.485 Mk. war
der in Grimma angestellte Postassistent
Grahmann flüchtig geworden. Er
wurde in Hamburg in einem übel
berüchtigten Hause verhaftet und in das
Gefängniß nach Leipzig zurückgebracht.
In feinem Besitz wurde» noch 6,500
Mk. gesunden. Der Desraudant ist
25 Jahre alt und aus Bromberg (Po
sen) gevürtig. 112 Der Rector der
Landes- und Fürstenschule in Grimma.
In Brösen verunglückte in einer
dortigen Brauiikohlengrube der Häuer
Hermann Rudolph, aus Schkorditz ge
bürtig, dadurch tödtlich, daß er von
hereinbrechenden Kohlen verschüttet
wurde. 112 Der Besitzer des Ritter
gutes Biehla bei Camenz. Theodor
Reich. Mitglied der Ersten Kammer des
sächsischen Landtages, welcher den drit
ten sächsischen Wahlkreis Bautzen-Ca
menz im Reichstage lange Jahre hin
durch vertreten hat. Auf einer Ge
fchäftstour begriffen, ist Fleischermeister
Peschel aus Kötzschenbroda mit seinem
Gefährt bei Wilsdruff verunglückt.
Ja Neutircheii wurde der Restaurateur
Ulrich i» dem zu feiner Behausung ge
hörige» Kegelschub erhängt aufgefun
den.
Thüringische Staaten
Die Naydamühle bei Größnitz ist
mit vielen Wirthschaftsgegenstönden
und großem Vorrath an Getreide und
Mehl vollständig niedergebrannt. Der
Schaden übersteigt 199,999 Mark.
Es heißt, daß d«S Feuer in Folge der
Explosion einer Petroleumlampe ent
standen war. Eine Liebestragödie
hat sich in Mühlhausen abgespielt. Ein
22 Jahre alter Reisender einer Magde
burger Chocoladenfirma. Namens H.
Stengel, hatte in Magdeburg ein 19-
jährigei Mädchen von dort. Selma
Opel, kennen und lieben gelernt. Da
seine Mutter (der Vater lebt nicht
mehr) der Verbindung mit dem Mäd
chen entgegen war, schickte er die Ge
liebte hierher, wo sie bei ihrem Bruder
Ausnahme sand. Vor mehreren Ta
gen kam Stengel gleichfalls hierher.
Bei einem Spaziergänge, den das Paar
am Freitag unternahm, kam es zu
einer Eifersuchtsscene, in deren Verlauf
der junge Mann dem Mädchen auf
offener Straße ein fcharfgeschlifsenes
Messer in die Brust stieß. Die schwer
Verletzte hatte noch die Kraft, das Mes
ser herauszuziehen und wegzuschleu
dern, brach aber dann nach einigen
Schrillen zusammen. Der junge
Mann trug darauf das Mädchen nach
ihrer Wohnung und ergriff sodann die
Flucht, wurde aber bald verhaftet.
Die Verletzung des Mädchens ist eine
schwere, der Stich ist dicht über dem
Herzen in die Lunge gegangen, doch ist
nicht ausgeschlossen, »ax es am Leben
erhalten ivcrden kann. Stengel selbst
bereut« was er gethan hat; er ist in
Allem geständig.
Hessen-Darmstadt.
112 Im Groß-Gerau Kreisveterinärarzt
Rothermel. —Nicht geringe Sensation
erregt in Gründerg die Verhaftung des
Lllgem.cin bekannten Gastwirths un»
Agenten Wilhelm Kurz. Derselbe steht
in dringendem Verdacht, mit seiner in
zwischen verheiratheten Adoptivtochter
in unerlaubten Beziehungen gestanden
zu haben, welche nicht ohne Kolgen ge
blieben sind. In Helperhom erschoß
sich der Lehrer Bock, anscheinend in
einem Anfall von Gemüthskrankheit.
Derselbe war auch als Schriftsteller in
den weitesten Kreisen bekannt und als
solcher geschätzt.
Königreich Bayern.
Im sogen. Grillenhölzl bei Geiselhö
ring wurde am 8. März 1878 die da
malige Botin Zöllner von Walltosen
todt aufgesunden unter Anzeichen, die
auf Mord hinwiesen. Den eifrigsten
gerichtlichen Recherchen war es nicht ge
lungen, den Thäter zu ermitteln. Die
ser Tage wurde nun in Geifing der
dortige Gemeindeviener begraben. Der-
ftibe gestand zwei Stunden vor seinem
Tode, daß er damals die Brodbotin
überfallen, vergewaltigt, ermordet und
ihrer Baarfchaft von 87 Pfennige be'
raubt habe. In Holzftrchen wurde
der OekonomenSfohn Hilgenrainer von
Oberwarngan, der bei feiner Schwester,
der OekonomenSsrau Lichtinger wohnte,
meuchlings erschossen. sI» Karl
stadt der Baumschulenbesitzer, Oekono
mierath Bernhard Müllerklein. Der
abgehauste Gütler Georg Beer in Leng
feld mißhandelte seine kranke Ehefrau
fortgesetzt m der Weife, daß sie infolge
der erlittenen Mißhandlungen verschie
den ist. I» ReicholdSgrün sind 15
Wohnhäuser mit allen Nebengebäuden
der untere, ältere Theil des Dorfes,
welcher nach dem Brande von 1852
stehen geblieben und noch aus schlechtem
Fachwerk gebaut und mit Schindel» ge
deckt war abgebrannt. Bon dem
ganzen Dorfe stehen noch 19 Anwesen.
Der Rechtsanwalt Marschall in
Fürth ist zum Bürgermeister in Lands
hut gewählt und als solcher bereits be
stätigt worden. —.f In Lichtenau der
Director der Gcsangcncnanstalt, Regie
ruugSrath Lichtenau.
Königreich Württemberg.
Schuldiener Kircher in Ravensburg
stürzte aus einem Fenster des obersten
Stockwerks des evangelische» Schulge
bäudes in den Hof hinab und war so
fort todt. 112 Der erst vor kurzer Zeit
in den Ruhestand getretene Präsident
des Landgerichts in Rottweil, Th. von
Glocker, Mitglied des Staatsgerichts
hoses, in Stuttgart. 112 In Tuttlin
gen Oberamtmän» Schmidt. An der
Landesuniversität Tübingen befinden
sich im laufenden Winterhalbjahr 1183
Studirende (im Wintersemester 1891—
92 waren es 1172), worunter 993
Württemberger und 289 Nicht-Würt
temberger. Zwei Töchter des Schiff
meisters Georg Käsbohrer in Ulm, 22
und 19 Jahre alt, sind Nachts in ihrem
Schlaszimmer durch Einathmen von
KohlengaS, das dem durch die Klappe
geschlossenen Ofen entströmte, gestor
ben. Der Monteur M. in Ulm hat
sich an einem Baume der alte» Frauen
steige erhängt. Unterosficier Straub
von der 11. Compagnie des Jnfanterie-
RegimcntS König Wilhelm l. No. 124
in Ulin hat sich wegen eines kleinen
Vergehens, das ?r sich während des
Pätronillendienstes zu Schulde» kom
men ließ, erschossen.
Großherzogthum Baden.
112 In Bruchsal der frühere demokra.
tische Landtagsabgeordnete Tob. I.
Schmitt. Der Buchhalter der Ger
lach'schen Brau»ei ist nach Unterschla
gung eines größeren Geldbetrages
durchgebrannt. Der pensionirte
Oberamtsrichter Ritzi, jetzt in Freiburg
wohnhast, hat seiner Heimathsgemeinde
Büßlinge» eine Stiftung von 18,999
Mark übergebe». 112 I» Edesheim der
pensionirte Lehrer Lazarus Grünewald.
Bei Ringsheim wurde auf dem
Bahnkörper die Leiche des noch jungeu
Ambros Metzger aus Ruft gefunden.
Die Gesammtfrequeuz der Univer
sität Freibnrg beträgt gegenwärtig etwa
1999 Studirende, gegen 856 im vori
gen Winter-Semester. Der Hslden
tenor des Stadttheaters in Freiburg,
Hopstock, ein großer Hundeliebhaber,
ließ sich gerne von seinen Hunde»
schlecken und hat dadurch die sogenann
ten Hundswürmer in die Leber bekom
men, die nach langem schmerzvollen
Leiden jetzt seinen frühen Tod verur
sachten. Auf dem Bahnhof in Han
gen wurde der Kronenwirth Kuhny von
einem Zuge, aus dcm er noch heraus
springe» wollte, als sich derselbe bereits
in Bewegung befand, Übersahren und
ihm dabei das linke Bein in der Knie
gegend und das rechte am Knoten ab
gedrückt.
Aus der Rheinpfalz.
Der seit mehreren Jahren in Grün
stadt ansässige Bildhauer Dursy ist mit
Hinterlassung erheblicher Schuldeil
durchgebrannt. Der Handelsmann
Moses Isaak in Grünstadt wurde we
gen Sittlichkeitsvergehen verhastet.
In Hallgarten ist das Wohnhaus der
Wittwe Maria Reinhard niederge
brannt. Um einem weiteren Umsich
greisen des Feuers vorzubeugen, mußte
das Nachbargebäude. Hrn. Josef Korz
gehörig, niedergerissen werden. Der
wegen Unterschlagung versolgte Buch
halter Seiler, seiner Zeit in der Zucker
ivaarensabrik Diel ck Lemk in Kaisers
lautern bedienstet, wurde in Mainz
ausgegriffen und von einem Polizeibe
amten von dort hierher transportirt
und in's Gefängniß eingekiesert.
112 Frau LandgerichtSrath Emilie Bechtel
geb. Wolff, Tochter des verstorbenen
Rentbeamten Wolff in Frankenthal.
Böhmen.
112 Herr Hans Löbl. Mitchef der Pa
pier-Großfirma Slavik <k Löbl in
Prag. 112 In Karolinenthal der
Professor der deutschen Staatsrealschule
Theol. Dr. Joseph Kutscher. Dieser
Tage ereignete sich im Orte Suchet ein
schrecklicher Unglücksfall. Die Frau des
dortigen Wirthschaftsbesitzers Herrn
Kraus. Frau KiOnciska Kraus, war
im. Begriff, eine Lampe mit Ligroin
zu füllen, als letzteres explodirte und
die Kleider der Frau in Flammen setzte.
Die Unglückliche erlitt fürchterliche
Brandwunden und g«b nach wenigen
Stunden den Geist auf. 112 In Klö
sterle der vensionirte Forstmeister Herr
Anton Hertau.
Elsaß-Lothringen.
Ein KindSraub setzt die Einwohner
schaft in Mühlhauscn in große Erre
gung. Das '.»jährige Töchterchen des
Kausinanns Kahn. Blanche, war bei
ihrer Eousine Blach aus Besuch gewe
sen und gegen 5 Uhr, also »och am hel
len Tage, geleitete die 6jShrige Blach
ihr Cousizche» durch die belebteste
Straße der Staat, die WildmaunS
straße, »ach Hause. Inmitten dieser
Straße trat eine Frau zu ihnen, ließ
sich in ein Gespräch ein, frug nach El
tern und Geschwistern und sägte schließ
lich zu den Kleinen, die Mutter der'
«ahn habx sie geschickt, um Beide nach
Hause zu geleiten. Dabei faßte sie
Beide am Arm. Die Kahn, ein schüch
ternes, zartes Kind, ließ sich das ruhig
gefallen, während die kleine Blach sich
wieder losriß und sagte, sie wolle allein
nach Hause gehen. Die Kahn wurde
seit diesem Augenblicke nicht wieder ge
sehen, doch glaubt man, daß sie iden
tisch mit dem Kinde ist, das um diese
Zeit in der Modenzeimer, einer in's
Feld hinausführenden Straße, am
Arme einer Frau gesehen worden ist.
Die Polizei macht alle Anstrengungen,
um die geheimnißvolle Sache aufzu
klären.
Braunschweig.
Es dürste kaum viele Kreise geben,
deren Vermögensbestand demjenigen
des GandersheimerGreises gleichtoinmt.
Ausweislich des letzten KreiSkassen
schluffes versügte der Kreis über 2,-
831,369 Mark Vermögensbestand,
gegen 2,823,999 Mark zu Ende des
Vorjahres. Die Jahresrechnung wies in
Einnahme 385,583 Mark, in Ausgabe
396,974 Mark auf.
Mecklenburg.
Die Koncil-Genossenschaft in Strück
lingen läizt jetzt den südlichen Theil des
Westkanals verbreitern; später soll der
selbe auch vertieft werden. Es ist dies
sehr nöthig, da manche der Kolonisten
wegen des seichten Wassers ihren Torf
nicht fortbringen können.
Oldenburg.
Die großherzoglich oldenburgische Re
gierung in Eutin hat für das „Fürsten
thum Lübeck" die Abhaltung von Bäl
len an Sonntagen verboten, auch wenn
dieselben von Vereinen veranstaltet wer
den. In der Bevölkerung herrscht
große Erregung. Efne Kommission
will beim Großherzog direkt gegen diese
Verfügung vorstellig werden.
Schweiz.
In FlimS betrauert man das Hin
scheiden des Leiters der großartigen
Kur- und Seebadanstalt, Guggenbühl.
Das Kantonsgericht in St. Gallen
hat einen Proceß entschieden, dessen
Ausgang man in den gesaminten
Stickerei-Industrie- und -Verbandskrei--
fen mit Spannung entgegensah. Es
handelte sich uin die Weigerung von
Oscar Tobler und Konsorten, den von
den Generalversammlungen des-Ver
bandes vom 28. December 1891 und
6. Januar 1892 beschlossenen Zuschlag
von 29 bczw. 19 pCt. per Stickerei zu
Gunsten eines Jndustriesonds zu erle
gen, insolge dessen der Genannte inui
gerichtlich belangt worden war. Das
Kantonsgericht hat die Klage des
Stickcreiverbandes gegen Osear Tobler
abgewiesen. Dr. Rilppanner's Te
stament ist aus Amerika nun an die
st. gallischen Behörden gelangt. Dr.
Ruppanner hat sür die Armen seiner
Heimathgemeinde 125,999 Fr. testa
mentarisch als Brotspende vermacht. —
Dem genialen Architekten I. G. Müller
von Wyl, der unter seinen Fachgenojse»
in der Ostschweiz weit hervorragte, soll
in Wien ein Denkmal errichtet werden.
112 In Rorschach Psarrer Albrecht. —
Die Gemeinde Rorschach beschloß Ein
führung der unentgeldlichen Beerdi
gung. Wegen des kürzlich in Uzwil
vorgekommenen Brandes sind jetzt auch
der Eisenarbeiter Lüthi (Vater der zwei
beim Brande umgekommenen Kinder)
und dessen Haushälterin verhastet.
Kürzlich erstattete Prof.
Dr. Mairet der naturwissenschaftlichen
Fakultät in Montpellier Bericht über
einen merkwürdigen Fall von Wahn
vorstellung, den man schon seit Jahren
bei einem dort im Krankenhause be
handelten Mädchen beohachtet hat.
Dasselbe wird nämlich beständig von
der Idee beherrscht, daß sast ununter
brochen Goldstücke auf ihre Kleider her
abfallen und sich selbst in den Falten
der Haut verbergen. Diese Illusion
versetzt das Mädchen in unsagbare
Angst davor, daß man sie beschuldigen
könne, das viele Geld gestohlen zu ha
ben. Beim Anblick gewisser Möbel er
reicht ihre Wahnvorstellung einen au
ßerordentlichen Grad von Intensität,
so daß sie die doch nur eingebildeten
Dinge ganz deutlich zu hören und zu
sehen glaubt. Um sich wieder zu be
ruhigen, ist die Kranke genöthigt,
sich aus die Kniee niederzulassen, die
Augen zu schließen und mit lau
ter Stimme alle Theile des Stu
bengerathes eintönig herzusagen.
Wenn darauf die Schwester zu ihr
sagt: „Es ist nichts weiter hier!" so er
hebt sie sich und wäscht ihre Hände;
dann schüttelt sie sich, als wenn sie sich
von einem Schauer besreien wolle, nnd
hat auf einige Zeit wieder Ruhe. Als
dieser eigenthümliche Zustand sich bei
der Person zuerst einstellte, war sie noch
ein Kind, zeigte aber schon für Alles,
was ihr aufgetragen wurde, eine pein
liche Gewissenhaftigkeit. Hatte sie einige
Worte ausgesprochen, so bildete sie sich
augenblicklich ein, etwas Unwahres
gesagt zu haben. Als eines Tages der
öffentliche Ausrufer anzeigte, daß Je
mand ein goldenes Armband verloren
habe, bemächtigte sich ihrer sofort der
Gedanke, dieses Armband sei an ihr
Hüngen geblieben und man könne sie
deshalb beschuldigen, dasselbe gestohlen
zu haben. Seitdem ist sie von dieser
seltsamen Idee besessen."
Aus Mecklenburg schreibt
man der .Magd. Ztg.": Vor dem
Schweriner Schwurgericht kam dieser
Tage der seltene Fall vor, daß der Ge
richtShos das auf „schuldig" lautende
Berdict der Geschworenen nicht a»cr
lannte, indem der Vorsitzende ausführte,
die Geschworenen hatten sich zum Aach
theil des Angeklagten geirrt. Dieser
war beschuldigt worden, auf dem Land
gebiete ein von Menschen bewohntes
Gebäude in Brand gesetzt zu haben.
Tie Geschworenen waren anfangs et
was verblüfft, aber es half nichis: es
blieb bei dem Erkenntniß, die Sache
zur nochmaligen Verhandlung an ein
neues Geschworenengericht zuruckzuver
weisen
Aus Warschau wird ge
schrieben : Vor etwa einem Jahre haben
mehrere hiesige und auswärtige ange
sehene Kaufleute aus Spanien die pri
vate Mittheilung erhalten, daß ihnen
dort eine Millionenerbschast zugesallen
sei und der uyter der brieflichen Mit
theilung unterfertigte Advocat forderte
die Betreffenden auf, ihm 801 l machten
und eine bestimmte Summe einzusen
den, damit er den Erbschaftsproceß in
Angriff nehme. Einem jeden dieser
Briefe war«» mit amtlichen Siegeln
versehene Docuinente angeschlossen und
ein jeder Brief schloß mit der stereotypen
Formel: „Um strengste DiScretion wird
ersucht.". Die meisten Kaufleute wand
ten sich hieraus an das hiesigt spanische
Consulat, welches nach Monaten her
ausfand, daß die Siegel auf den Do
cumente» sowie die Documente selbst
gefälscht sind und daß ein Advocat des
Namens, mit welchem die spanischen
Briefe gezeichnet waren, in Spanien
gar nicht existirt. Es wurde bei
dieser Gelegenheit auch noch von
den spanischen Behörden festgestellt,
daß sich dort eine Gaunerbande organi
sirte, welche auf diese gewiß nicht mehr
ganz originelle Weise leichtgläubige
vermögende Leute ausmbeutt» ver
suchte. Unter den von der spanischen
Gaunerbande anserkornen Opfern be
fand sich auch der reiche Kaufmann
Michael Schönmann in Odessa, dem
ebenfalls eine Millionenerbschast zuge
dacht wurde. Schönmann nahm die
Sache ernst und mit einer größere»
Baarschast versehen, reiste er im Fe
bruar dieses Jahres nach Valencia ab,
um seine Erbschast persönlich z» betrei
ben. Monatelang war jede Spur von
ihm verloren und alle Nachforschung
blieb erfolglos. Erst vor einigen Ta
gen erhielt dessen Familie durch die
Vermittlung des spanisclWii Konsulats
die betrübende Nachricht, daß Schön
mann seine Leichtgläubigkeit mit dcm
Leben büßte. Im September dieses
Jahres wurde in den städtischen Kanä
len in Valencia der Leichnam einer er
würgten Person aufgefunden, welcher
auf Grund der Personsbeschrcibung
des Odessaer Kausmanns Michael
Schönmailn's als mit demselben iden
tisch agnoszirt wurde.
Unter den in London
ziemlich stark verbreiteten „Theosophen",
deren Prophetiii Frau Besant ist, ist
die Herzogin von Pomar eine bekannte
Persönlichkeit. Ihr schottischer Titel
'st Gräsin von Caithneß. Sie ist tie
Besitzerin einer ungeheuren großen An
zahl von prächtigen und kostbare» Dia
manten. Das Gerücht geht, daß sie
einen geheimen Polizisten im Dienste
hat, der, wenn die Dame die Diaman
ten in' Londo» trägt, ei» wachsames
Auge aus dieselben wirft. Ihr religiö
ser Glaube ist eigenartig. „Reincania
tion" bilden den Hauptärtitel desselben.
Sie ist fest überzeugt, daß die Seele
ihrer unglücklichen Ähnfrau und Vor
fahrin, Maria Stuart, Königin von
Schottland, in ihren Körper gefahren
ist und dort lebt. Solch tiefe Wurzel
hat diese Idee im Geiste der Herzogin
gesaßt, daß sie sich einst nach Holyrood
Castle, dem ehemaligen Wohnsitze der
schottischen Königin begab und dort
i» dem Schlaszimmer Maria Stuart's
eine Nacht zubrachte. In diesem Schlaf
zimmer spukt eS. Der Geist der un
glücklichen Königin geht daselbst gespen
sterhaft uni. Ueber die Unterredung,
welche bei dieser Gelegenheit stattge
sunden, ist keine Kunde in die Oeffciit
lichkeit gekommen. Der Herzog de Po
mar, ein Sohn der Dame, welcher
einige Romane geschrieben, theilt den
religiösen Glauben seiner Mutter.
Der Londoner Polizei
richter Montagu Williams ist gestorben.
Diese Nachricht hätte für das Ausland
kaum Bedeutung, wenn Montagu Wil
liams nicht einer der vollslhümlichsten
Männer Londons gewesen wäre. Es
steckte außer dem Polizeirichter noch et
was mehr in dem Verstorbene». Mo»-
tagu Williams hatte ei» romantisches
Leben hinter sich, ehe erden Richterstuhl
einnahm. Urgroßvater, Großvater und
Vater waren Juristen gewesen der
Sohn wnrde also selbstredend zu der
selben Lausbahn bestimmt. Aber er
war ein „schändlicher Sünder". Als
ein Stipendium ihm verloren ging,
sattelte er um, studirte alles Mögliche
und wurde eine Zeit lang Schulmei
ster. Dann brach der Krimkrieg aus
und er trat in das Süd-Lincolnshire-
Milizrcgiment. Daraus wurde» er
Schauspieler und schrieb eine Posse, die
299 Abende aufgesührt wurde. Die
Kunst führte z>» Liebe. Der Schwie
gervater rieth ihm, zur trockenen Juris
prudenz zurückzukehren, und bald finden
wir Montag» Williams als Advocat im
Inner Templc. Die GerichtSfäle hall
ten wieder von feine» scharfsinnigen
Vertheidigungen in Strafrechtsfällen.
Dann kam das tragische Schicksal. Der
seurige Advokat, dem sast die höchsten
Ehre» vorbehalten schienet, verlor die
Stimme. Der deutsche Arzt Dr. Hahn
entsernte den Kehlkops. Die alte Krast
des Sprachorgans erhielt Montagu
Williams natürlich nicht wieder, und
die Advokatenlansbahn war ihm nun
mehr verschlossen. Er ließ sich jetzt
zum Polizeirichter ernennen. Als sol
cher ist er gestorben. London hat we
nig Polizeirichter besessen, die einen
solchen unerschütterlichen Freimnth und
solch tiefe menschliche Theilnahme für
die vorgeführten Uebelthäter bezeugten.
Wer kannte Montagu Williams nicht
in seinem Bezirk? Als ein Harun-al-
Raschid saß er selbst auf der Sünder
dank und beschaute Leben und Treiben
der Leute, über die er vielleicht am näch
sten Tage zu urtheilen hatte. Die Un
irbittlichkeit des Richters war ebenso
groß, wie das Herz des Menschen. Und
das war es. was MontSgu Williams'
Namen in London mit einem so lichten
Zauber bekleidete. Von der Londoner
Polizei hatte er keine sehr hohen Anfich
ten. In Wort und Schrift hat er sie
manchmal einen bitteren Tropse» kosten
lassen. Montagu William« hat zwei
Bände „Denkwürdigkeiten' veröffent
licht.
Das „British Museum"
hat soeben eine merkwürdige Urkunde
erworben, den Kausvertrag, durch wel
che» Joh» Batman, der „Gründer der
Colonie Victoria", von den drei Brü
der» Jagajaga, von Cooloolock, Ban
garie, Mowhip und Mom
marmaler als den Häuptlinge» des
Stammes Dutigalla bei Port Philip
am 6. Juni 1834 den Streifen Land
erworben hat, auf dem heute die Stadt
Melbourne steht. Als Kaufpreis, so
schreibt man der „Voss. Ztg."
werden 49 Bettlaken, 39 Tomahawks,
199 Messer, 59 Scheeren, 39 Spiegel,
299 Taschentücher, 199 Pfund Mehl
und 6 Hemden verzeichnet. Außerdem
inlißte sich Batman zu einem jährlichen
Tribut von 299 Bettlaken, 199 Messern,
199 Tomahawks, 59 vollständige» An
zügen, 59 Spiegeln, 59 Scheeren unt»
5 Mhlfässeru verpflichten. Die Lang
strecke ist jext Hund.'rte von Millionen
werth;, crst kürzlich wurde in Mel
bourne ei» größeres Grundstück sür
49,999 Mark den Ouadratfuß ver
kaust. Ebenso merkwürdig wie der
Inhalt ist die Geschichte des Documents.
Die Erben Batman's haben in Eng
land einen Proceß um Anerkennung
ihrer Rechte aus das Land ausgefoch
ten, aber verloren. Bei dieser Gelegen
cheit kam das Document nach London»
aus Juristenhänden gelangte es dann
in den Besitz Sir R. MacdoneU's, der
in den fünfziger Jahren Gouverneur
von Südaustralien war. Nach dessen
Tode versteigerte Lady Macdonell die
Bibliothek ihres Mannes. Ein kleiner
Antiquar brachte die Urkunde
los an sich. Jahre lang lag sie dann
auf der Karre dieses Händlers, der
einen Straßenbuchhandel betreibt, von
Niemandem beachtet, bis dieser Tage
ein BUchersammler darauf aufmerksam
wnrde, sie ankaufte und dem „British
Museum" anbot, wo die Echtheit unk»
der historische Werth des Kaufvertrages
sofort festgestellt werden konnte. Für
599 Mk. sicherte sich das Museum das
Pergament, das als älteste Urkunde der
Stadt Melbourne für alle Zeiten von
Bedeutung sein wird.
Das Schrecklichste für
weibliche Herzen ist Ereigniß geworden:
In Wien hat sich der „Erste Wiener
Junggesellenklub" gebildet, dessen Zweck
die Vereinigung aller Ehefeinde bildet.
Die Satzungen sind von der Statthal
terei bestätigt worden, und so konnte
der Klub seinen Vorstand wählen.
Mehr als 1999 Anmeldungen liegen
dem Comite vor, eine Ziffer, die in
weiblichen Kreisen zu denken geben
kann, und die der Einberufer der Ver
sammlung, Herr Paul Seegner, mit
Stolz und Nachdruck hervorhob. Im
übrigen aber scheint der »eue Klul»
einigem Unglauben in seine Dauerhaf
tigkeit zu begegnen, wie eine Reihe von
Zuschriften bewies, die im Saal bei
der „Goldenen Ente", wo die Ver
sammlung stattfand, zur Verlesung ge
langte und im Kreise der Junggesellen
große Heiterkeit weckte. Die Blumen
händlerin Frau Josephine Pawlik über
schickte ein prächtiges Rosenbouquet mit
einem Brieflein, in welchem sie sich dem
Klub für die ja gewiß recht zahlreich
in Aussicht stehenden Hochzeiten be
stens empfahl. Ein Brief, beschwert
mit einem Ehering, „zur gefälligen Be
nutzung des „theilweise verehrten"
Herrn Präsidenten". Ter Ring, echt
Talmi, wurde sofort versteigert und der
Erlös von fünf Gulden der RettnngS
gcsellschast zugewendet. Eine Sen
dung, die ein eleganter Karton barg,
enthielt ein—Tausgewand sür ein
Kind, selbstverständlich mit entsprechen
der brieflicher Randglosse. Die Ver
sammlung widmete das zierliche Object
dem—Rceonvalcs.entciiheim sür Wöch
nerinnen in Gersthof. Eine Dame, die
sich mit Heirathsvermittlungen
ersucht, ihr gegen hohe Belohnung die
Adresse» der Mitglieder zu überlassen.
Außerdem lief die bekannte „Fluth von
Schmähbriefen" ein. Ter Präsident
machte sodann die einigen Schauder
erweckende Mittheilung, daß er selbst
vor einigen Tagen zu nächtlicher
Stunde vor seinem Hausthore von einer
vermummten Frauensperson angefallen
worden sei, die ihm drohend die Faust
in das Gesicht streckte mit den Worten:
„Machen S' es nur so fort, Sie werd'n
jcho'seh'»!" (Grotzes Gelächter). Ader
auch an Zustimmlingskundgebungen
fehlte es nicht; aus Kronenburg. Melk,
Teplitz, Budapest waren Briefe und
Drahtgrüße eingelaufen.
Dem furch tb are» Bra n de
der drei verbundene» Getreidespeicher
sind, im ganzen fünf Menschenleben
zum Opfer gefallen. Außer dem durch
de» Sprung aus der dritten Etage ans
das Bollwerk verunglückten Oberfeuer
mann Treptow und den drei Feuer
wehrleuten. die sämmtlich Familienvä
ter sind, wird auch der unverheirathete
Feuerwthlman» Zymowski vermißt
und es ist nach den angestellten Nach
forschungen leider zweifellos, das auch
er bei seiner Pflichterfüllung in dem
gewaltigen Flammenmeer den Tod
gefunden hat. Von den vier in den
Flammen verunglückten Feuerwehrleu
ten ist auch bis jetzt nichts gefunden.
Wahrscheinlich werden ihre Gebeine,
falls von denselben noch etwas vorhan
den ist, unter dem großen Trümmer-
und Aschenhausen ruhen müssen, bis
die Gesahr der Mauereinstürze einiger
maßen beseitigt ist. Der durch das
Brandunglück angerichtete Schaden an
Gebäuden, Maschinen, Getreidelager zc.
wird auf 799,999 bis 899,909 Mark
geschätzt. Den Hauptantheil dieses
Schadens haben verschiedene Versiche
rungsgesellschaften zu tragen. Da das
verbrannte Getreide wohl größtentheilS
ausländischen Ursprungs und noch un
verzollt war, so entsteht zunächst die
Frage, ob, wie man zuversichtlich hof
fen zu dürfen glaubt, der Herr Finanz
minister de» Zoll erlassen wird. Tritt
dieser Fall ein, dann dürfte sich die
angegebene Schadensumme um etwa
199,999 Mark ermäßigen. 7