Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, January 20, 1893, Page 6, Image 6

Below is the OCR text representation for this newspapers page. It is also available as plain text as well as XML.

    6 «tue veryängntkvolle Wette«
»Ich wette mit Euch, daß ich morgen
von 1t) bis 12 Uhr der reizenden Olga
Kensterpromenaden machen werde, ohne >
daß sie mich erkennt, oder daß mir sonst
irgend ein Abenteuer begegnet," rief
Herbert Ellert, „ich Proponire Euch
zwölf Flaschen Rothspohn, daß ich ge
winne angenommen?" „Angenom
men. angenommen," tönte es lustig im
Kreise und neugierige Frager umdräng
ten den Helden, „wie er es beginnen
wollei'" „Das ist mein Geheimniß,"
wehrte Herbert ab; „wir treffer uns
morgen Mittag um 1 Uhr hier, wo ich
Euch berichten werde und wir gleichzei
tig einigen Pullen Eures Rothspohns
die Hälse brechen wollen!"
Es war eine lustige Herrengesell
schast, welche im goldenen Löwen. d?m
ersten Restaurant der Stadt, ver am
melt war. Unser Held war der lu
stigste von allen und noch manches Glas
wurde geleert und manches Witzwort
flog hinüber und herüber, bevor map
sich in später Nachtstunde trennte!
Geschäftiges Leben und Treiben
herrschte bereits in den Straßen, als
gegen l 0 llhr Morgens vor dem Hause
des Fräulein Olga X., dem reizenden
Prosesjorcntöchterlein, ein Dienstmann
erschien, in welchem wir trotz der blauen
Brille und der etwas ominösen No. 13,
welche derselbe an seiner Blouse trng,
unseren Freund von gestern Abend wie
der erkennen! Langsam wandelt er die
Straßen auf und ad, als ein eiligst des
Weges kommender Herr ihn anruft:
»Hier, Dienstmann, tragen Sie schleu
nigst den Brief an feine Adresse; Ant
wort ist nicht! Hier haben Sie 50 Pfen
nige, nehmen Sie aber Ihre Beine
etwas unter den Arm!" Sprachs,
drückte beides dem verblüfft Drein
schauenden in die Hand nnd ver
schwand! Wie er noch mit dem Brief
in der Hand rathlos dasteht, kommt ein
reizendes, kleines Backfischchen auf ihn
zugetrippelt und flüstert ihm leise fast
in's Ohr:
.Ach lieber Dienstmann, besorgen
Sic mir doch, bitte, diesen Bries mit
den Blume» an die darauf stehende
Adresse" und reicht ihm verschämt errö
thend ein rosadustendes Billet und ein
prächtiges Rosenbouquet, ihm gleich
zeitig heimlich ein Markstück in die
Hand drückend.
.Abcr mein Fräulein," stammelt der
Unglückliche, „ich kann ich bin -
—ich "
„Lasten Sie nur," wehrt die Kleine
od. ivelchc glaubt, daß der Dienstmann
in feinem Ehrgefühl das reiche Trink
Aeld nicht annehmen will, „besorgen
Sie mir nur den Brief recht gut," und
trippelt wieder von bannen!
„Du Angust!" schallt es aus einmal
von der aitvern Seite herüber, wo
einige Arbeiter mit dem Abladen eines
Kohlenwagens beschäftigt sind, „Du
kannst uns hier beim Abladen ein bis
chen hellen, kriegst bann auch nachher
naen Schnaps dafür."
Entrüstet wendet Herbert ihnen den
Rücken, als sich ihm aus einmal etne
schwere Hand auf die Schulter legt.
„Aha. da haben wir ja den Kunden!"
tönt es ihm iii'Z Ohr, und er sieht sich
einem in Uniform gegen
über.
Jnslinctiv sucht er sich los zu machen:
„Was wollen Sie denn eigentlich von
mir, und wie tönnen Sie es wa
gen "
.Immer ruhig, Männchen," lacht
»er Schutzmann, „vorläufig folgt Ihr
mir zur Wache."
Zur Wache?" wiederholt der entsetzte
Heid, „warum? Was soll ich denn ei>
gentlich begangen häben?"
„Tos werdet Ihr schon zeitig genug
erfahren, menu Ihr Euch nicht mehr
daraus besinnen könnt," meint gemüth
lich der Schutzmann.
„Aber lassen Sie sich doch erzählen,
ich bin ja doch gar kein Dienstmann
ich "
„Papperlapapp, das wird sich fin
den." unterbrach ihn grob der Schutz
mann. und nun marsch, jolgt Ihr
nicht gutwillig, muß ich Euch Hand
schellen anlegen!"
Zähneknirschend mußte sich Herbert
fügen, wüthend wie ex-war, mußte er
noch obendrein am Fenster der benach
barten Weinstube die lachenden und
ihm liergnügt und höhnisch zunickenden
Gesichter feiner Freunde entdecken!
Aus der Wache augclommcn, mel
dete der Schutzmann dem wachthaben
den Lieutenant: „Hier bringe ich den
Dienstmann, Herr Lieutenant!"
„Aha, Nr. 13, nun führen sie ihn
einstweilen aus Nr. 13," befahl der ge
rade beschäftigte Offieier.
„Herr Lieutenant, auf ein Wort,"
bat der Pseudo-Tienstmann, schon halb
verzweifelt!
„Führen Sieden Mann ab", herrschte
der Lieutenant und mit einem freund
schaftlichen Rippenstoß und einem lei
sen „Hatt S Maul, altes Kameel", schob
der Schutzmann seinen Günstling zu?
Thür hinaus!
In seiner Zelle tobte und schrie er
ansangS, doch als man ihm freundlich
mit dem Stock und der Zwangsjacke
gedroht hatte, ergab er sich endlich in
sein unabänderliches Schicksal!
Vier bis sünf Stunden hatte er Zeit,
über den Wechsel aller irdischen Dinge
nachzudenken, als der Schlüssel im
Schloß knqrrte und er wieder vor den
Lieutenant geführt wurde! Hier fand
er einen elegant gekleideten älteren
Herrn vor, welchen der Offieier an
redete: „Erkennen Sie diesen Dienst
mann als denselben wieder, welchem
Sie den Werthbrief zur Besorgung
Übergeben haben?"
dos ist der Mann nicht," er
klärt« der Herr zur großen Bestürzung
der beiden Beamten, „Nie Nr. 13 und
die blaue Brille scheint allerdings die
selbe, abcr der Mann war älter und
trug einen grauen Bort."
„Ja. zum Donnerwetter, wie kom
men Sie denn zu dieser Kleidung. eS
hier in der Stadt doch nur eines
Dienstmann Nr. 131' herrschte der
Offieier den Deliquenten an nnd nun
stellte sich endlich heraus, daß der arme
Herbert gar kein Dienstmann. sondern
uur in Folge einer Wette Mütze und
Blouse eines solchen geliehen hatte!
Unglücklicherweise war der Verleiher
mit einem ihm anvertrauten Geldbries
verschwunden und daher kam es, daß
sein Stellvertreter für ihn verhaftet
wurde.
„Nun, Sie haben sich Ihre Unan
nehmlichkeiten selbst zuzuschreiben,"
meinte der Lieutenant und ertheilte ihm
noch den Rath, seinen Mund zu halten,
da er sonst noch wegen unerlaubten
Tragens einer DienstmannSnummer
bestrast würde!
Nachdem er noch die beiden ihm an>
vertrauten Briese einem anderen Dienst
mann zur Besorgung übergeben hatte
die Rosen hatte er verloren stürzte
er nach Hause und warf wüthend die
verhaßte Mütze in die Ecke!
Vor seinen Freunden ließ er sich erst
wieder sehen, als die zwölf Flaschen
Wein längst aus s inejßechnung getrun
ken waren und noch lange Zeit mußte
er sich die Neckerei gefallen lassen:
.Dienstmann, Wette gefällig?"
DaS Tättowiren.
Zu den Bräuchen aus barbarischer
Zeit, welche sich noch am hartnäckigsten
erhallen haben, gehört auch das Tätto
wiren des menschlichen Körpers, das in
sehr verschiedenartigen Formen vor
kommt nnd auch bei unseren Indianern
weitverbreilet ist. Während bei wilden
und halbwilden Völkern oft ganze
Stämme, oder doch alle frei und edel
Geborenen tättowirt find, beschränkt
sich der Brauch bei civilisirten Völkern
auf bestimmte Klaffen, wie Soldaten,
Matrosen, Schiffer u. s. w. Ueber die
Entstehung des Tättowirens und der
Zweck, den es von Hause aus gehabt,
läßt sich nichts Bestimmtes mehr ermit
teln.
Das Tättowiren (in der tahitischei,
Sprache von dem alten poly
nesischcn Stammwort „t»", welches
Zustoßen bedeutet, vergleiche das
altgnechilche „r»ssc>" oder „tatto" gleich
stellen während den Sinn
hat: hineinstoßen, hineinschlage») hat
wahrscheinlich in seiner Anwendung bei
ganzen Stämmen den Zweck gehabt,
den Körper zu verzieren, zumal die
Kleidung „das Wenigste" war,
und zugleich eine Auszeichnung des
Freien oder des Höherstehenden auszu
drucken; solcherart erklärt es auch der
alte biedere Herodot. ES begreift sich
leicht, daß es dann auch mit den über
lieserten religiösen Bräuchen in Ver
bindung kam: unter Anderem wurde es
auch zur Feier der eingetretenen Mann
barkeit volllogen. Gewöhnlich wurde
es in alter Zeit, wie noch jetzt da und
dort, (und wie schon aus dem Wort
hervorgeht) in sehr schmerzhafter Weise
geübt, und als weibischer Feigling galt,
wer diese Schmerzen nicht heldenhaft
ertrug. Besonders barbarisch tritt
diese Sitte noch heute bei. den Kanaken
(Eingeborenen der Sandwichs-Inseln,
und dann von Polynesien überhaupt)
hervor, bei denen auch die phantastischsten
und tomischsten Zeichen in den Körper
eingerissen werden, von den Knien auf
wärts bis in das Gesicht, und nament
lich Antlitz und Hals geradezu greulich
verstümmelt werden. Wehe dem, der
dabei Schwäche zeigt!
Die Alaska-Indianer, namentlich die
Haida-Familie, gaben ihnen übrigens
nicht viel darin nach, obwohl sie das
Gesicht gewöhnlich unverstümmelt las
sen. Viele amerikanische Jndianer
stämmc, in Süd- sowohl wie in Nord
amerika, schneiden oder schlitzen einfach
die Hant ans, ohne einen besonderen
Farbstoff anzuwenden. Das Verfah
ren nimmt Monate, ja mitunter Jahre
in Anspruch, bis es vollendet ist, und
Schmerzen gibt es natürlich genug da
bei. Doch gibt es auch buntfarbig
tättowirte Indianer. Mit bloßen
Narben, die nachträglich oft noch künst
lich erweitert werden, begnügen sich
viele schwarze oder sehr dunkelsarbigen
Völker, weil derartige Zeichen aus der
schwarzen Haut niehr zur Geltung
kommen, als buntsarbene, namentlich
blaue Täitowirungsmale.
Tilltowlrter Matrose.
Hausig bedeuten bei den Indianern
die Tättowirungszeichen nicht blos die
Familiennamen oder den Rang (als
solche entsprechen die Male von Händen
und Armen oft den HänptlingS-Hand
schristzeichen sowie den Thierbildern auf
Emblem-Stangen und Zeltdecken ganz
genau), sondern verherrlichen auch die
Heldenthaten und Abenteuer der einzel
nen Krieger, und bei gewissen Festen
und Eeremonien, bei denen die Män
ner völlig nackt sind, und die Squawi
nur das „Allernothwendigste" tragen,
werden diese Abzeichen niit besonderem
Stolz zur Geltung gebracht. Die große
Aehnlichkeit zwischen den TättowirungS
arten der genannten Alaska-Indianer
und denen der Südsee-Jsulaner ist um
so merkwürdiger, als sich keinerlei son
stige geschichtliche Verbindung zwischen
diesen Menschengattungen nachweisen
läßt.
Viele Südfeestämme tättowiren sich
so vollständig und systematisch, daß ihr
ganzes Aussehen sich ebenso sehr verän
dert, wie dasjenige des Indianers,
wenn ex die Kriegssarbe c n'egt. Frü
her schrieben viele Reisende, welche!
solche Tättowirte sahen und den Brauch
nicht kannten, dieselben seien von der
Taille an abwärts mit Franken und
einem feinen seidenartigen Stoff beklei
det ; sie machten also den umgekehrten
Schnitzer, wie die treuherzigen India
ner in EolumbuS' Zeit, welche Roß
und Reiter für Eine Person hielten.
Eine Menge anderer Stämme am
Stillen Ocean entlang beschränken sich
übrigens aus wenige, ganz systemlose
Linien oder Flecke.
Bei unseren Eskimos ist das Tätto
wiren ebenfalls bis zu einem gewissen
Grade beliebt. Hat Einer ein Walroß
erlegt, so ist er berechtigt, in beide
Seiten der Unterlippe je ein Loch zu
stoßen, groß genug, daß man einen Blei
stift hindurchschieben kann, um ein
Stückchen Elfenbein, das aus dem
Stoßzahn des erlegten Thieres genom
men ist. hineinzustecken.
Was nun das Tättowiren bei be
stimmten Klassen unserer civilisirten
Bölker, besonders bei Soldaten und
Seeleuten anbelangt, so hat dies wohl
nie mit Verzierungen und Auszeich
nungen zu thun gehabt, denn die Male
sind und waren gewöhnlich durch die
Kleidung verdeckt. Wohl aber scheint
in früheren Zeiten, als die Feststellung
der Persönlichkeit viel schwerer war,
als heutzutage, und es ein viel aben
teuerlicheres Unternehmen war, als
Kriegsmann, Seefahrer oder auch
Handwerker in die Welt hinaus zu ge
hen, ein solches Mal, und die Stelle,
wo es sich befand, wenigstens häufig
zum Erkennen eines Lebenden oder
Todten gedient, und der Brauch scheint
sich dann als bloße Modesache in den
betr. Berufszweigen bis aus die Gegen
wart fortgepflanzt zu haben.
„sag Du UN» »er Deuwett"
Bei einer lustigen Gesellschaft im
Westen befand sich neulich auch ein New
?)orker Kaufmann, der von seinen Nach
barn auf's Eifrigste in alle möglichen
Eigenthümlichkeiten und Schönheiten
des Westens, namentlich auch in die
gegenwärtig dort mit verheerender
Macht austretenden Schrecken der
Schneestürme eingeweiht wurde. Wäh
rend einer kurzen Gesprächspause nahm
aber unser New Horker das Wort und
gab seinerseits nun auch ein Erlebniß
zum Besten. Er erzählte:
„Meine Herren, Ihre Blizzards in
Montana, Dakota, Washington u.s.w.
sind gewiß nicht von schlechten Eltern;
aber gegen unseren New Yorker Bliz
zard im März 1888 müssen sie sich doch
verkriechen. Also ich wohne in Brook
lyn, und muß nach meinem Geschäft in
New ?)ork über die Hängebrücke, die
bekanntlich 14V Fuß über den East
River gespannt ist. Nun ich sage Ih
nen, eine Dunkelheit herrschte an jenem
Morgen, daß keine Hand vor Augen zu
sehen war..
Ter Schnee kam in dichten Wolken
herunter und blendete mich vollständig.
Aber ich wußte ja die Richtung und ar
beitete mich tapser voran, denn ich
wohnte nicht weit von d,r Brücke. Von
Pserdebahneii war natürlich keine Rede.
Also ich erreiche auch die Brücke und
kämpfe weiter, bei jedem Schritt fast
über die Ohren in den Schnee einsin
kend. Doch der Weg wird mir entsetz
lich lang; ich schaute mich um, konnte
aber absolut nichts vor dem fürchterli
chen Schneetreiben sehen. Da. aus
einmal schimmert mir ein Licht entge
gen. Halt! denke ich; endlich das
Brückenende! Aber, meine Herren, wo
war ich ? Brücke, East River, Battery
war Alles total verschneit. Ich war,
ohne es zu wissen, von der Brücke ab
gekommen, über den East River gewan
dert und stand jetzt oben auf der Ga
lerie der Freiheitsgöttin, welche die
elektrische Fackel emporhebt! Erst nach
drei Tagen konnte man mich erlösen."
Einempsehlenswertyer
Stoff. CommiS: „Gnädigstes Fräu
lein, nehmen Sie doch diesen Stoff.
Er ist so zart, so poetisch, und ich kann
Ihnen im Vertrauen mittheilen: meh
rere Damen unserer Kundschast haben
sich schon in einer Toilette au» diesem
Stoffe „verlobt!" Junge Dame
(lächelnd): „Ichbin schon verheirathet!"
EommiS: „O, das macht bei diesem
Stoffe gar nichts!"
Wohin der Veget arianis
muS führen kann, lehrt folgende An
zeige des „Thüringer Waldboten":
> „100 Zentner Heu, auch in kleineren
l Posten zu lauen gesucht von O.
' Schramm, Alter Schützenhos."
Nett. praktisch und dMi«.
Gar manche zierliche und nützlich«
Sachen kann man mit den einfachsten
Mitteln herstellen, oft mit Gegenstän
den, welche sonst als nutzlos weggewor
fen werden. Der Winter mit feinen
langen Abenden ist die beliebteste Zeit
dazu. Eine der neuesten Ideen in die
ser Hinsicht sei den Lesern nicht vorent
halten.
In der Feiertagszeit, in welcher ge
wöhnlich an Geflügelabfüllen kein Man
gel ist, kann man aus einem Hühner
suß er sollte aber von einem srisch
geschlachteten Huhn sein einer Eier
schale und ein bischen feinem Draht
einen hochfeinen Streichholzbehälter her
stellen, wie Figura zeigt. Das erste ist,
daß man die Fußsehnen unten zieht
und reckt, bis das Füßchen schön flach
aussteht. Dann wird um das obere
Ende ein seiner Draht gebunden, den
man oben in einigen korbartigen Win
dungen verlaufen läßt, in welche die
Eierschale hineinpaßt. Am spitzen
Ende des Eis wird ein Löchlein gemacht,
und der Inhalt hinausgezogen; dann
schlägt man vorsichtig ein größeres
Stück des Endes ab, säubert die Schale
vollends, wenn es noch nothwendig ist,
und setzt sie dann in jenes Drahtge
winde hinein. Es erübrigt noch, das
Ganze zu vergolden,—und ein Pracht
stückchen ersten Ranges ist fertig. Steht
das Füßchen noch immer nicht ganz fest
auf, so kann man auch unten noch durch
Herumlegen von etwas Draht nachHel
sen, der natürlich gleichfalls vergoldet
werden muß. Das Goldfluidnm, das
man einfach mit einem Pinselchen darü
ber zu streichen braucht ist ja in den
letzten Tagen spottwohlfeil geworden.
Die Arbeit ist unterhaltend und bedarf
keiner besonderen Gechicklichkeit.
Auö dem Lebe» eines Geheim
polizisten.
Aus dem Leben eines dänischen Ge
heimpolizisten theilt die „Straßb. Post"
folgende Geschichte mit: Eine Kopen
hagener Sängerin, die in dem bekann
ten „Tivoli" allabendlich austrat, hatte
üach den Vorstellungen einen weiten
Heimweg zurückzulegen. Sie war eine
reifende Erscheinung.» und sobald sie
Abends den Fuß auf die Straße gesetzt
hatte, hefteten sich eine Menge „Nacht
salter" an ihre Fersen, und jeder trug
ihr mit vielen schönen Redensarten Arm
und Geleit au. Um diese Gefolgschaft
von sich abzuschütteln, versuchte sie Vie
les, aber es half nichts : Kein Ver
mummen, keine beschleunigte Gangart,
kein bittendes, kein unwilliges Wort,
die Ritter der Nacht zeigten eine merk
würdige Beharrlichkeit. Bis an die
Hausthür gingen sie mit ihr und schie
den erst, als ihnen die Thür vor der
Nase zugeschlagen wurde. Diese ewige
Bedrängniß ward unserer Sängerin
endlich zu lästig. Sie ging aus die
Polizei. Dort kam man der Dame
sehr sreundlich entgegen und versprach
ihr Schutz und Hilse. Es verstrich eine
Woche, die Sängerin dachte nicht mehr
an ihr Hilfsgesuch bei der Polizei, um
so weniger, als die Belästigungen nach
gelassen hatten.
Da ging sie eines Abends Wied«
yeim und ärgerte sich nicht wenig, als
wr dicht aus den Fersen ein Mann
solgte. Sie ging rascher, er auch. Sie
ging auf die andere Seite, er auch. Sie
blieb stehen, um ihn vorbeizulassen, er
blieb auch stehen. Dann ging sie wie
der rasch davon, der Mann auch. Jetzt
war sie nicht weit von ihrem Hause,
aber ihre Geduld war auch zu Ende
und wüthend drehte sie sich um und ver
setzte ihrem Verfolger mit dem Griffe
ihres Regenschirms einen gewaltigen
Schlag ins Gesicht. In demselben
Augenblick ergriff sie entsetzliche Angst
über ihre kühne That, und aus Leibes
Irästen rannte sie davon. Der Un
heimliche ihr spornstreichs nach, und er
holte sie gerade vor der Hausthür ein,
die die Dame vor Herzensangst nicht
auszuschließen vermochte. Zitternd
vor Furcht stand sie da, den Regen
schirm kampsbereit erhoben. Ihr
Schreck löste sich in Beschämung, als
der unheimliche Mann höflich seinen
Hut zog und lächelnd sagte: „Mein
Fräulein! Sie haben mir heute dii
Ausübung meines Dienstes sehr er
schwert. -Ich bin nämlich der Geheim
polizist K. und war zu Ihrem Schützt
auf Ihre neuliche Bitte bestimmt. In
Anbetracht der Gefährlichkeit dieses Am
tes und Ihrer erprobten Schlagfertig
keit werde ich um Enthebung von die
sem meinem Dienste nachsuchen. Sie
sind Manns genug, sich allein zu
schützen. Schlafen Sie wohl, mein
Fräulein!" Sprachs und verschwand.
Ans dem Leben. Wenn
es auch richtig ist, daß man den Mann
nach dem kiewand empsängt und nach
dem Berstande entläßt, so ist doch
ebenso wahr, daß es sehr oft nicht zum
Entlassen kommt, weil der Mann wegen
feines Gewandes nicht vorgelassen
wurde.
Aus dem Leben. Wer sich
am wenigsten selbstständig mit einer
Meinung herauswagt, schreit meist in
der Menge am Lautesten mit.
»te Mekkafahrt der do»«ischen
Pilgtr.
Das „Oesterreichische Sanitätswesen'
veröffentlicht soeben den Bericht des
Arztes Hadschie Mehmet Sami Scherbo,
der im Austrage der bosnischen Lan
desregierung die Pilger in diesem Jahre
begleitete. In diesem Berichte heißt
es: Aus der Hinfahrt von Trieft bis
Jambo, wo die Zahl der vaterländi
schen Pilger durch Zuzüge aus Zwor
nik und Bjelma aus 94 Perfonen
wuchs, waren die Pilger auf dem öster
reichischen Lloyd-Dampfer „Electra"
fehr gut untergebracht, weil die größt«
Reinlichkeit herrschte, indem die Eß-
Plätze, Schlafstellen und die Gebetstellen
täglich gewaschen wurden. Jambo,
ein bekannter Hafen Arabiens, besteht
aus einer Festung, 2 bis 3 Moscheen,
einem Bazar von aus Schilsrohr gebau
ten Kaufläden und aus ungefähr 509
festgebauteu Hiusern.
Die Luftströmung ist sehr lebhaft,
nachdem es jedoch seit ein bis zwei Jah
ren nicht geregnet hotte, war das Was
ser, welches man in Thiersellen aus den
Reservoirs und Eisternen bringt, meist
voll Mikroben und daher nur mit Vor
sicht zu genießen. Von Jambo aus
ging der Weg nach Medina durch die
Sandwüste mittelst Kameelen, aus
denen die Pilger die sogenannte» „Snr
bubs" 14 bis 2 Meter breite, oben
gedeckte Sitze—mietheten, welche außer
einen dreifüßigen Stuhl, Bett und
Reisegepäck noch einen Sitzplatz enthiel
ten lind überdies genügenden Raum
zum Verrichten der Gebete gewährten.
Zum Schutze gegen die Sonnenstrahlen
dienten Matten und leinene Tücher.
Nach sechs Tagen gelangte die Kara
wane nach Medina, das in einer von
Bergen umschlossenen Ebene liegt, von
Palmgärtcn umgeben ist, einen schönen
Bazar und solid gebaute vier- bis fünf
stöckige Häuser besitzt, und ein reines,
klares Trinkwasser hat, das ohne Scha
den reichlich genossen werden kann.
Die Nahrungsmittel sind schmackhaft.
Nach achttägigem Aufenthalte ging die
Reife wieder zurück über Jambo, wo
die Pilger eine Woche auf den türti
schen Dampfer warten mußten, der aber
so überfüllt war, wie die früher abge
gangenen englischen und französischen
Schiffe.
Da in Djedda die Luft drückend heiß,
das Gedränge groß war und einzelne
Pilger Diarrhöen bekamen, wurde die
Reise nach Mekka trotz großer Erschö
pfung ohne Unterbrechung fortgesetzt.
Während des zweiundzwanzigtägigen
Aufenthalts daselbst litten die Meisten
an Verstopfung. Einige wurden vom
Fieber b sallei'» Andere bekanun Ver
dauungsstörungen, doch wichen diese
Krankheiten rajch nach dem Gebrauche
der Arzneien, für deren Ankauf die bos
nische Landesregierung einen ausrei
chenden Betrag gewidmet hatte und
welche mitgenommen worden waren, da
in Arabien Arzneimittel nur schwer zu
bekommen sind. Von den 94 Pilgern
sind in Mekka, je einer in Arasat,
Djedda und in Konstantinopel undzwei
aus hoher See, daher im Ganzen neun
Personen gestorben, während die Sterb
lichkeit im Jahre 1891 26, 1899 sogar
45 pEt. betrug. Die Todesfälle betra
fen zumeist 69- bis 89jährige Personen,
welche bei der intensiven Hitze in Folge
Blutandranges einem Schlagansalle er
legen waren.
Am Humboldt-Gletscher»
Wenn gegen Anfang März in den
arktischen Breiten ein schmaler Licht
streif am östlichen Horizont erscheint;
wenn der Schein der Nordlichter zu ver
blassen ansängt und der Rand der
Sonnenscheibe wieder blntrothe Strah
len schräg über die sürchterliche Einöde
der Eisselder und der zu dichten „Hum
mockS" zilsammcngcfrorenen
blöcke wirft, dann athmct der Mensch
erleichtert auf. Denn das Ende der
langen Polarnacht ist nahe, und der
nordische Frühling wird seinen Einzug
halten. Aber erst gegen Ansang Juni
lassen sich in jenen hohen Breiten Grön
lands, in denen türzlich Lieutenant
Peary mit seinen kühnen Gefährten die
lcklge Polarnacht verbrachte, die ersten
Zeichen des wiederkehrenden thierische»
und pflanzlichen Lebens erkennen.
Zwar steigt das Thermometer höchstens
auf 59 bis 69 Grad Fahrenheit.
Aber das genügt für die bescheidene
Thier- und Pflanzenwelt, sich des kur
zen Sonimers zu freuen. Das nordi
sche Haidtkraut überzieht bald mit sei
nen leuchtenden rothen Blüthen alle
eisfreien Tristen und Anhöhen, unter
mischt mit den blauen Blüthen des En
zian. auch Anemonen und Hahnensuß
arten sind reichlich vertretene Zugvögel
in Masse, dem Geschlecht der Möven,
Taucher und anderer Seevögel ange
hörig, erscheinen in dichten Schaaren
und lassen sich die reichliche Nahrung
im offenen Wasser trefflich munden.
Der Sommer, d. h. der lange Som
mertag der Nordpolar-Region dauert
etwa bis Mitte August. Dann nähert
sich die Sonne wieder dem Horizont.
Sobald das lebenspendend« Gestirn,
weun auch nur aus Stunden, sich dem
Blicke entzieht, sangen die Nachtfröste
wieder an. und leichte Schneeschqner
senlen die Pflanzenwelt wieder in
Schlummer, aus dem sie erst wieder im
nächsten Sommer erwacht.
Liebenswürdiges An
erbieten. Vater (schreibt): „Wenn
mein Junge wieder saul und nachläs
sig ist, so bitte ich Sie, Herr Lehrer,
> -hn tüchtig durchzuhauen! Zu Gegen
diensten jederzeit bereit!"
In de» z«»ftrt«thttt.
Der Professor der Botanik Knöterich
war soeben damit beschäftigt, einige
mehrbändige Werke in einen Reisekoffer
zu packen, als seine Frau ins Zimmer
trat.
„Aber Hugo", rief sie, „was machst
Du denn da?" Du brauchst doch den
Koffer sür die Anzüge und die Wäsche;
was packst Du denn da ein?"
„Liebe Johanna", entgegnete der
Prosessor und blickte verwirrt vor sich
hin, „ich wollte diese unentbehrlichen
Werte mitnehmen, um vergleichen zu
können."
„Abcr, Hugo, Du wirst doch in den
botanischen Gärten, die Du besuchen
willst, diese Werke ebenfalls vor
finden."
Der Professor stutzte.
„In der That, Johanna, Du hast
Recht. Nun, so gib mir denn die
Dinge, die ich mitnehmen soll!"
„Ich packe sie lieber selbst ein," ent
gegnete die Gattin und nahm den
Kaffee mit. „Und nun komm zum
Essen, Hugo!" rief sie noch zurück.
„Gleich!" erwiderte der Professor,
,ich räume nur die Bände ein."
Zufällig ichlug er eine Seite auf und
oertiefie sich dann für die nächste Vier
telstuude in das Buch.
Endlich holie ihn die Gattin und
oermochte ihn, einen Teiler Suppe zu
genießen.
„Und es ist doch eine Orchidee!" ries
er daraus plötzlich aus und verschwand
mit umgebundener Serviette wieder in
feinem Studirzimmer.
Als ihm d:e Gattin nach einiger Zeit
folgte, fand sie ihn in seine Bucher be
graben.
„Du bist wohl so gütig", rief er ihr
entgegen, „mir hereinzuschicken, was ich
«sscii soll?"
Das Dienstmädchen brachte gleich
oaraus ein gebratenes Huhn herein.
Der Prosessor ließ es in den Ofen stel
len, in welchem, trotz des Frühlings
wettcrs, noch ein Feuer brannte.
Ein GlaS Wein und einen Heller
Compot verzehrte er dann, während er
weiterlas.
Bald darauf erschien das Dienstmäd
chen wieder und meldete ihm den Besuch
eines entsernten Vetters, der von Zeit
zu Zeit einmal mit verschiedenen Aniie'-
gen kam und die Besuchszeit nicht ge
nau einhielt.
Heut bat ihn der mit liebenswürdi
gem Lächeln eintretende Vetter, ihm sein
Fernglas zu leihen.
Der Prosessor ging hinaus, um es
zu holen, und wurde hier von einem
Bauern angeredet, der ihm eine eigen
artig gebildete Pflanze brachte. So
gleich verließ er erfreut feine Wohnung,
die im botaiiifchcn Garten lag. um sich
in einen entfernten Theil des letzteren
zu begeben, in welchem jene Pflanzen
wuchsen.
Indessen stieg dem wartenden Vetter
der Dust des Huhns iu die Nase. Der
Vetter gehörte zu den glücklichen Leu
ten. die immer Appetit besitzen. Er
öffnete daher die Osenthür und sah sich
das appetitliche Huhn an.
Endlich versuchte er eine Keule, und
als Niemand kam, diezweite.
Der feine Braten schmeckte ausge
zeichnet; die logische Folge davon war,
daß der freundliche Vetter allmälig das
ganze Huhn bis auf die Knochen ver
zehrte, die seine angeborene Bescheiden
heit auf dem Teller zurückließ.
Gleich darauf aber befiel ihn eine
Herzensangst und er war schon dabei
sich möglichst geräuschlos zu entfernen,
als der Prosessor eintrat und ihn er
staunt ansah.
In bescheidenen Worten erinnerte
nun der entsernle Vetter, der am lieb
sten auch örtlich entsernt gewesen wäre,
an den Zweck seines Kommens.
Der Professor holte hierauf das
Fernglas herbei und plauderte in gu
ter Laune mit ihm.
Plötzlich öffnete der Professor die
Osenthür, schüttelte den Kops und sah
sich dann im Zimmer um. Bald ent
deckte er denn auch die Gcbeine des
Huhu?.
Schon wollte der zusammenknickende
Vetter demütbig um Verzeihung bitten,
als der Professor sagte: „Nein, wie zer
streut wir Gelehrten doch biswellen sind!
Da will ich soeben ein gebratenes Huhn
aus dem Ösen nehmen, das mir hinge
stellt wurde, und denke gar nicht daran,
daß ich es schon gegessen habe, wie vor
liegende Knochen beweisen."
Unbeschreiblich war die Miene des
Vetters, doch faßte er sich und ver
sicherte mit einem blöden Lncheln, daß
gerade die größten Gelehrten am zer
streutesten wären.
Hieraus empfahl er sich höflichst: der
Proltssor abcr wunderte sich im Lause
des Nachmittags mehrmals über das
Knurren seines Magens, da er doch,
wie er glaubte, ein Huhn gegessen
hatte.
Gegeit Abend rief ihn die Frau
Professor in das Wohnzimmer.
„Sich, hier habe ich die Sachen, die
Du mitnimmst, zurcchtgclegt." sagte
sie. „Damit Du nun nichts vergißt
oder verlierst, habe ich Dir alles aus
diesen Zettel notirt. Hier liegen zwei
Anzüge, es macht also mit dem. welchen
Du trägst, drei, hier sind fünf Hemden,
im Ganzen also sechs, ferner zehn Kra
gen —" So las sie ihm die ganze Liste
vor und packte zugleich alles in den
Koffer ein, in den sie auch den Zettel
legte.
Der Prosessor sah alledem sehr re
spektvoll zu, saß mit seinen Gedanken
indessen schon längst wieder unter sei
nen geliebten Pflanzen.
Am nächsten Morgen reiste der ge
schätzte Gelehrte ab. Nachdem er zu
nächst aus Versehen das Dienstmädchen
statt seiner Gattin umarmt und bei
nahe einen aus dem Fl-ur stehenden Be
sen. statt seines Schirmes ergriffen
hatte, wurde er glücklich nebst seinen
Koffer in die Droschke gebracht.
Der Zweck der Reise war der. eine
Anzahl botanischer Gärten zu besuchen.
um einige Pflanzengattungen zu beo
bachten.
Zahllos warek natürlich die Aben
teuer, die dem ganz in seine Arbeiten
versunkenen Manne zustießen. Bald
blieb er in einem Eisenbahnwagen
sitzen, der hinten am Zuge stand und
nicht angekettet war, bald fuhr er über
sein Ziel hinaus, bald vergaß er das
Rundreisebiklet aus dem Koffer zu neh
men, und in den Hotels verwechselte er
immerzu Thüren, Schlüssel, Personen,
so daß er schließlich immer verwirrter
wurde.
In seinem Koffer herrschte ein furcht
barer Wirrwar. Schon zu Beginn der
Reise hatte der Proseffor Alles durch
einander gewiirselt, serner war das
Zahnpulver über die Kleider ergossen,
und ähnliches Unheil hatte die Seise
angerichtet, so daß der Professor endlich
wie ein halber Strauchdieb anzusehen
war. Im Grunde kümmerte er sich
jedoch wenig darum: brachte er doch
schöne wissenschastliche Resultate mit
heim. Nun war er aus der letzten
Reisestation.
Wieder einmal kramte er in seinem
Koffer und strengte sich an, ein sauberes
Hemd zu finden. Da er nie daran ge
dacht hatte, waschen zu lassen, so war
allerdings seine Mühe vergebens.
Plötzlich siel ihm der Zettel seiner
Frau in die Hand.
„Hm," sagte der Professor vor sich
hin, „sehr in Ordnung habe ich ia die
Sachen nicht gehalten, aber da ist noch
Alles. Ich habe immer genau aufge
paßt, daß nichts wegkam. Wollen ein
mal zählen! Was, nur zwei Anzüge?
Dort der und hier dieser, und hier
stehen drei? Wo ist denn der dritte?
Wie, nur süns Hemden? Hier stehen
sechs. Ach, nur neun Kragen und hier
stehen zehn notirt."
So ging es fort und überall fehlte
etwas.
Das war ein großer Schrecken für
den Professor, der einen gewaltigen Re
spekt vor seiner Gattin besaß und nun
mit derartigen Verlusten vor ihr for
schendes Auge treten sollte. Tiesbe
kümmert schloß er alles wieder in den
Koffer, entzog sich der AbschiedSfeier,
die ihm sein Kollege widmen wollte,
und fuhr sehr traurig nach seinem
Wohnort zurück.
Heute freuten ihn alle feine For
schungen nicht, mußte er doch immer an
die Gattin und ihre wohlverdiente Gar
dinenpredigt denken.
Zagend kam er zu Hause an. AIS
ihn seine Gattin sreundlich begrüßte,
dachte er bei sich:
„Ach, wie bald wird sich dies än
dern," und zog sich bald in sein Stu
dirzimmer zurück.
Hier lauschte er nun. jeden Augen
blick den unheilkündenden Eintritt sei
ner Ebehälste erwartend.
Endlich trat diese ein und bat ihn
mit sreuiidlicher Miene zum Abend
essen. Dann sagte sie:
„Sehr ordentlich hast Du ja Deine
Sachen nicht gehalten lieber Hugo!
Aber so seid Ihr Männer alle. ES ist
jedoch alles vollzählig, nichts ist verlo
ren gegangen." '
Der Prosessor erschrak ordentlich.
„Was hast Du?" fragte seine Frau.
„Ach, liebe Johanna," erwiderte der
Prosessor, „als ich gestern Abend die
Kleidungsstücke durchzählte, war mir.
als sehle überall ein Stück."
„Es ist doch abcr alles da!"
„Nun, erlaube, es sind doch nur zw«
Änzüge, süns Hemden und neun Kra
gen im Koffer, und Du haft j>rei, sechs
und zehn ausgeschrieben."
„Ja, die andern trägst Du ja auf
oem Leibe!" ries da die Krau Prosessor
mit fröhlichem Lachen, und auch der
Prosessor lachte herzlich mit, worauf sich
Beide vergnügt zu Tische setzten.
Ein« Cigarre fttr tSO Mark.
Zur Vorsicht bei Benutzung der
Pferdeeisenbahn mahnte eine Gerichts
verhandlung, die sich vor dem Berliner
Amtsgericht abspielte und mit der Ber
urtheilung des Beklagten endete. Die
ser. ein wohlhabender Hauseigenthü
mer R. aus der Potsdamerstraße, be
stieg eines Tages mit brennender Ei
garre den dichtbesetzten Hinterperron
eines Pserdebahnwagens der Linie Nol
leiidorsplatz-Alexanderplatz und stellte
sich an die Rückwand des Wagens.
Während eines Gesprächs mit einem
neben ihm stehenden Bekannten nahm
Herr R. die Eigarre aus dem Munde
und steckte sie zwischen die Finger der
linken Hand, welche er langsam herab
sinken ließ. Plötzlich entwickelte sich
aus dem Perron dichter Oualm und ein
brenzlicher Geruch wurde bemerkbar.
Eine Rauchwolke stieg direkt aus dem
Ueberzicher des an der linken Seite des
Herrn R. stehenden Fahrgastes, dem
die übrigen Fahrgäste schnell das Klei
dungsstück vom Leive rissen. Der un
sreiwillige Brandstifter war Herr R..
der fahrlässiger Weise seine Cigarre
den Ueberzieher seines Nachbarn zu sehr
genähert'und damit den theuren Rock
beschädigt hatte.
DaS Gericht verurtheilte Herrn R.
zur Zahlung von 12V Mark, weil eS
nach dem Ergebnisse der Beweisauf
nahme einen Zweifel an der Thäter
schast desselben nicht hatte. In gewis
sem Sinne kann Herr R. noch von
Glück sagen: wäre die linke Seite des
angebrannten Uederzieherö, in welcher
sich ein Couvert mit Werthpapieren he»
fand, zerstört worden, so wäre Herrn
R. die Genugthuung beschieden gewe
sen, eine Cigarre geraucht zu haben,
welche ihm HVOO Mark gekostet hätte.
Blitzableiter. A.: „Hören
Sie. Freund, die ewige Schimpserei
von Ihrer Frau wär' mir ober doch zu
wider!" B.: „Lossen Sie sie dochl
sie singt nicht, sie spielt nicht Klavier
und austoben muß sie sich doch
auch!"
Wenn du gegen ein»
Frau ungalant bist, so betrachtet sie
dich für einen Lümmel oder sie ist iq
dich verliebt.