Das Verhängnis). I. Mit Sturmesbrausen war der Früh ling in s Land gekommen. Tie Ge birgsbäche rauschten in wildem Tosen tiber mächtige Granitblöcke, gigantische Felsmassen, leichtes Geröll, übersluthe ten Wiesen, rissen Böschungen nieder und brachten manchen armen Landbe wohner um Hab nnd Gut. Wo man Helsen konnte, wurde geholfen. In der Kurstadt München gab es Wohlthätig teits - Eoncerte und -Bazare, und wer sich hierbei nicht betheilige» konnte, trug in anderer Weise sein Scherslein bei. In der Stadt selbst merkte man von deni angerichteten Schaden nichts. Die Frühlingsstürme hatten hier nur die Schneedecke von Dächern, Straßen, An lagen und Gärten hinweggeweht und, nachdem sie sich ausgetobt, einen sanf ten Regenschauer hinterlassen, unter dem die braunen Hüllen der schwellen den Knospen sprangen und ein Blüthen meer sich über die Bäume ergoß. Da zwischen jubilirten aus voller Kehle die Vögel, und unter den Menschen herrscht» «ine sröhliche Geschäftigkeit. In der Landhausstraße standen im ersten Stock eines einsachen Miethshau seS die Fenster weit offen und ließen «ine Fülle von Sonnenschein undFrüh lingSwärme hinein. Aus dem Fenster fims strömten Veilchen und Maiglöck chen in zierlichen Töpsen einen süßen, betäubenden Dust aus, und ein Vor garten machte sich um sammetweiche Rasenflächen gelber und blauer Erokuf mit stciser Liebllchkeit breit. Alles ajhmele Licht, Wärme. Leben; nur die blasse Frauengestalt nicht, welche neben den Frühlingsblumen im Sonnenschein sitzt. Sie hat ein ruhi ges, stilles Gesicht; wer aber in den Zü gen der Menschen zu lesen versteht, ent deckt in ihm viel Traurigkeit. Ihr Haar ist schneeweiß, obgleich sie in der Mitte der Vierzig steht, ihre mit einer Weiß stickerei beichäitigten Hände von krank hafter Durchsichtigkeit und Blässe, eben' so ihr seingefchniltenes Gesicht. Draußen nähern sich leichte, pasche Schritte dem Zimmer. Ein ft-nstes Leuchten gleitet über das blasse Antlitz. Die Thür öffnet sich, ein junges Mäd chen tritt ledhast ein. Unter der Stirn, die von braunem Gelock beschattet ist. blicken zwei dunkle, schwarze Augensterne mit seltener Tiefe, seltenem Gianz hervor. Das zarte Oval des Gesichts zeigt bei aller an muthigen Weichheit um den kleinen, nach unten zu geschweiften Mund Cha rakter und Energie. Die Fülle ihres reichen Haares hängt in einer schweren Flechte in ihren Nacken herab. Sie ist in eiiisacher Straßentoilette. Ein eng anliegendes, rehsarbiges Frühlings kleid, das vorzüglich zu der Elfenbein weiße, der Pfirsichblüthe ihrer Wangen kleidet, schniiegl sich anmulhig an ihre fchlanke, mädchenhaste Gestalt. Einen brauneif Filzhut mit kleinem Federstutz Hat sie bereits während deZ Eintritts vom Kops genommen und nicht gerade sorgsam aus einen Seitentifch nahe de>' Thür geworfen. „Grüß' Gott. Mütterchen!" ruft sie fröhlich dcr blassen Frau entgegen. „Sieh' mal, was ich Dir aus der Stad' mitgebracht habe!" Damit schüttet sie ihrer Mutter einen kleinen Goldregen in den Schoß. „Wie kommst Du zu dem Gelde?" Das junge Mädchen lachte über-- müthig. . „Das sollit Du rathen!" „Du welßt. ich rathe schlecht." „Nun wohl, so muij ich Dir Helsen. Ich war doch gestern als Verkäuserin im Bazar thatig. Ich nahm dort zum Besten der Ueberschwemmten riesig ein und verkaufte allein zwei meiner kleinen Bilder sür sechzig Mark. Da dachte ich nun, wenn das Geschäft so gut mit den Bildern geht, konnte ich doch auch einmal versuchen, so ein paar Bilder von mir aus meine eigene Rech nung zu verkaufen. Tu weißt, Mut ter," setzte sie lachend hinzu, „so ein wenig abgebrannt bin ich auch und thue der Wohlthätigkeit keinen Schaden, wenn ich statt vier Bilder nur zwei den Ueberschwemmten opfere. Ich ging da her heute nach der Malstube mit meinen Bildern dreist i» eine Kunsthandlung und bot sie zum Verkauf an. Der Kuiisthandler prüfte sie erst eine Weile, >ah mich dann lächelnd an und meinte, ob mir hundert Mark genug wären. Hundert Mark! Ich lächelte- —nein, ich lächle wieder, vor Glück und Stolz über diese Summe. Er gab mir das Geld und bestellte noch zivei neue bei mir. Ist das nicht herrlich! Du sollst sehe», ich erwerbe mir noch mit meinem Talent ei» kleines Vermögen und da»» tan» Kurts Vater ihm seine Zu stimmung zu unserer Verbindung nicht versagen. Ach, Mütterchen, lache ein einziges Mal, freue Dich mit Deiner Ange liebes gutes Mütterchen bitte, bitte, nicht dieses melancholische Lächeln, als ob Du an kein Glück für uuS mehr glauben könntest!" Und Ange kniete zu den Füßen ihrer Mutter nieder, zog ihren Kopf zu' sich herab und küßte sie stürmisch. „Ange. mein liebes Kind, nicht so leidenschaftlich! Du weißt, mich be unruhigt das." Das junge Mädchen senkte den lieb» lichen Kops, um die Thränen, welche bei dieser Mahnung jäh in ihre dunklen Augen schössen, zu verbergen. Ihre Multer hob sanft ihr Gesicht empor. „Mein armer Liebling, war ich wie der zu streng?" fragte sie sanst. .Nein, Mama, das bist Du nie!" Dabei rollten aber die glänzenden Tropfen über die sammelweichen Wan gen. Zärtlich küßte die Mutter sie fort und jagte mit milder Freundlichkeit: „Mein liebes Kind, wen» ich Deinen Jubel über den, Bertc---- e>cr Bilder nicht theilen kann, so steht im Hinter, gründe dieErsahrung, die Du möchtest hieraus Hoffnungen grün den, die sich nicht erfüllen." „Weshalb sollte sich die Hoffnung nicht erfüllen, durch mein Talent mir vorwärts zu Helsen und dadurch Kurts Vater zu einer Verbindung seines Sah nes mit mir geneigter zu machen?" „Wenn Feldheim in Deiner Armuth allein das Hinderniß zu Eurer Vereini gung und nicht in der von seinem Va ter für ihn bereits gewählten reichen Braut sieht, so hätte er sich Dir über haupt nicht nähern sollen, denn er wußte um unsere bescheidenen Verhält nisse und tann als ersahrener Mann besser als Du, mein Kind. beurtheNen, was zum Lebe», zur Gründung eine? Hausstandes gehört." „O Mama, so sprachst Tu ansang? nicht!" „Du haft Recht. Ich handelte sehr schwach, unverantwortlich, als ich im Glauben, Feldheim wäre in der Lage, sich ein armes Mädchen zu wählen, sei nem Drängen nachgab und Euch ver lobte, ehe er seines Vaters Zustimmung sich gesichert hatte. Wenn er sie ihm jetzt versagt, trifft Dich dieses viel här ter." „Das wird er nicht, daß kann er nicht, nun sich Kurt mit mir verlobt hat. Wenn er doch so grausam wäre, so hcirathen wir uns schließlich auch ohne seine Einwilligung, denn Kurt ist langst mündig." „Das könntest Du wirklich wollen. Kind?" fragle die Muller vorwurfs voll. Ange senkte beschämt den Kopf und antwortete nicht. „Gesetzt den Fall," fuhr ihre Mut ter fort. „Ihr wäret im Stande, ohne den Segen seines Vaters, Eure junge Ehe zu beginnen, von welchen Mitteln wolltet Ihr Eur'en Hausstand gründen? Feldmann.hat mir selbst erzählt, daß er noch vollständig von dem Geldbeutel seines VaterS abhängig 'und die Forst karriere eine sehr langsame ist. Ich vermag Euch nicht zu unterstützen; un ser kleines Vermögen ist mit den lah' ren sehr zusammengeschmolzen." „Äie ist das möglich!", entfuhr eS Ange überrascht. „Ich denke, der Ver kauf unseres Hauses sicherte uns ein Kapital, das groß genug war, um von den Zinsen ein sorgenfreies Lebe» süh' ren zu können." Ihre Mutter seufzte. Sie weckte nicht gern die Erinnerung an diesen Besitz und seinen überhasteten Verlaus. Getreu den Bestimmungen ihres Man nes, in der Tochter Gedächtniß die Er innerung an die Vergangenheit auszu löschen, hatte sie nie mit ihr über den großen Verlust gesprochen, den sie bei dein Verlaus des Hauses gehabt, blos um es u, tour Prix los zu werden. Sie hatte dabei als Zahlung Papiere an genommen, die sehr hoch standen, bald aber sehr sielen. Dazu kamen auch nochHypothelenschulden, die vom Hause abzulösen gewesen, genug, es war kaum so viel Kapital geblieben, um ihr eine kleine Rente zu sichern. „Du irrst," gestand sie widerstrebend, wenn Tu annimmst, daß wir durch den Verkaus sorgenlos gestellt worden. Es galt, sich einzurichle», sollten wir durchtommcn." Sie verschwieg ihrer Tochter, daß sie dies überhaupt nicht vermocht und be reits vom Kapital lebten. Draußen wurde die Klingel gezogen. Ange sprang elektrisirt empor. „Da ist Kurt! O Mama, sei freund lich zu ihm oder noch besser, laß mich ihn allein empfangen. Ich ver spreche, ihn zu bitten, seine Besuche so lange bei uns einzustellen, bis er mir die Zustimmung seines Vaters gebracht hat." „Gott segne Dich, mein Kind, für einen solchen Entschluß! Du nimmst mir damit eine schwere Last vom Der zen! Entschuldige mich bei Feldheim, ich se» nicht wohl. Du sagst damit keine Unwahrheit." 11. Ange trat ihrem Verlobten mit eini ger Befangenheit entgegen und so ent ging es ihr. daß Feldheim ebensalls nicht unbefangen war. Er kam von seinem Pater, mit dem er nicht über seine Verlobung damit halte es bei ihm »och leine Eile —, wohl aber über seine Schulden gesprochen, zu deren Zahlung ihn ungeduldige Gläubiger gedrängt. Er hatte in Folge dessen mit seinem Vater ein sehr ernstes Ge spräch gehabt, welches er in einem zärt lichev Plauderstündchen mit der arglo se» Geliebten zu vergessen wünschte. Er bemerkte sofort, welche Bitte die keiner Verstellung sahige Ange aus dem Herze» hatte; welche Frage ihr aus den Lippen ichivebte, die er gerade heute ab zuwehren wünschte. So gebrauchte er dann das Mittel, das selten bei einem liebenden, vertrauensvollen Weibe fehl schlägt. Er überhäufte sie mit Lieb kosungen. suchte ihre Theilnahme, ihr Mitgesühl sür seine bedrängte Lage dem strengen Vater gegenüber, der ihn in den kleinsten, über den gewöhnlichen Etat gehenden Ausgaden beschränkte, zu erwecken und »»sicherte lebhaft, daß er sich am liebsten von ihm ganz unal» hängig machen möcht.'. Der Eindruck, d-n dieser durchaus nicht eriistgeincinte Wunsch aus Ange machte, war ei» ganz anderer, als er erwartet hatte. Statt Mitgesühl und zärtliche Theilnahme zu zeigen, löste sie sich auS seinen Armen und ries leb hast: „Und was hindert Dich, den selbst» ständige» Man», dem die ganze Welt offen steht, diese Unabhängigkeit anzu streben? Ich sollte meinen, bei Deiner Begabung koiime e- Dir nicht sehlen. Dir ohne große A-isirengung die ge wünschte Unabhängigkeit zu verschos sen!" .Kleine Enthusiastin! Als wenn das heutzutage bci den nach allen Sei ten hin gesteigerten Anforderungen so leicht wäre! Jq Tniier blinden Liebe überschätzest Du edcilio meine B?ga- bung, wie Du die Kroft unterschätzest, die dazu gehört, mich ohne Hilse meines Vaters aus eigene Füße zu stellen; ver gißt, daß ich in meiner Forstkarriere nur langsam vorrücken, sie ohne Unter stützung meines VaterS überhaupt nicht weiter verfolgen kann." Ein leichtes Hüsteln im Nebenzimmer brachte Ange das der Mutter gegebene Versprechen in Erinnerung. „Deine Mutter ist zu Hause?" fragte er überrascht. Angc sah ihn erstaunt an. „Natürlich, Mama wird doch nicht ausgeben, wenn ich Dich erwarte. Sie läßt sich nur entschuldigen, wenn sie Dich heule nicht begrüßt, sie fühlt sich nicht wohl. Sie hat mir aber einen Austrag an Dich hinterlassen," sügt« sie ohne Ueberlegung ziemlich ungeschickt hinzu. „Einen Austrag an mich? Und der wäre?" fragte cr, wobei sein hübsches Gesicht Neugierde und zugleich Unbe hagen ausdrückte. Ange senkte die Blicke, und ein seines Roth stieg bis an ihr dunkles Gelock. Es war doch schwerer, als sie gedacht, ihr Versprechen zu halten, ihm die Entscheidung aufzudrängen. Ihr mäd chenhafter Stolz lehnte sich dagegen auf. Doch was half's? Gesagt mußte es sein, ihre Mutler wünschte eS, und leidend, kummervoll, wie sie schon ohne dies war. durste sie deren Herz nicht mit dcr Unklarheit dieses Verlöbnisses belasten. „Mama will Deine Besuche bei uns .ncht eher wieder gestatten," gestand Ange ahnungslos, wie ungünstig gerade heute der Zeilpunkt sür diese Erklärung gewählt war. „als bis Du die Einwil ligung Deines VaterS zu unserer Ver lobung bringst." „Da kann sie lange warten!" Anges liebliches Gesicht drückte be> oiesein brüsken, dem sonst so gewandlen Weltmann ganz wider Wille» ent schlüpften AuSrus. Schreck uno Ver wirrung aus. Sie entzog ihm ihre Hand, welche mit weichem Druck in der seinen geruht, rückte aus dem Sopha, wo sie während der Unterhallllng »eben einander Platz genommen, von ihm« fort und rief mit leicht vibrirender Stimme: „Wenn Du das geglaubt, Kurt, so hättest Tu nie nie von Liebe zu mir Iprechen dürfen!" Er fühlt,, daß cr eine große Unbe (onnenheit begangen und lenkte ein. „Tu hast Recht, Auge, ich habe un> überlegt, unverantwortlich gehandelt, mich von meiner Liebe zu Dir so be herrschen lassen, daß ich Verstand und Ueberleguug verloren. Da es nun ober geschehen willst Du deshalb dem großen Sünder Deine Liebe ent ziehen?" „O, Kurt," rief sie, nach diesen so glücklich aus ihr Herz gezielten Worten von Neuem in seine Gewalt gegeben, „Du weißt, daß ich, selbst wenn ich es wollte, nicht sähig dazu wvre. Ich liebe Dich, das sagt Dir alles! Du weißt, welchen Einsiuß Dein Geist aus den meinen sich erobert hat. wie Du mit ihm ein Theil meiner selbst genjorden bist, mit welchem Entzücken ich Deiner heitere» Lcbeiisaussasjung gefolgt bin. Meine gute, theure Mutter" hier dämpsteAnge unwillkürlich ihre Stimme „möchte sür mich ihr Herzblut hin geben, und doch hat sie die Schatten, welche aus meiner Kindheit und Jugend ruhen, nicht zu verscheuchen vermocht. Du allein hast dieses Wunder in weni gen Monaten zu Wege gebracht. Des halb verlange ober auch nichts von mir. wogegen sich eine innere mahnende Stimme auslehnt. Für zwei treu lie bende Herzen heißt es nicht scheiden, wenn sie dem Gebote der Sitte, der Pflicht gehorchen. Wir können zu ein ander hatten, im Kampf um unsere Liebe erstarken und über alle Hinder nisse hinweg zum Siege eilen, sobald wir mit ehrlichen Waffen kämpfen und muthig dem Feind in'S Auge sehen!" Sie hatte mit fliegendem Athem, leuchtenden Blickes Worte gesprochen, welche gut. brav und edel jeden bra ven. edlen Mann sreudig in diesem Kampf an ihre Seite gestellt hätte. Nicht so Feldheim, der ein Egoist war. „Wie schön Du bist, Ange!" rief er. „Wie Dich Deine Begeisterung vorzüg lich kleidet! Ja, Du mußt mein wer den, mein bleiben!" Sie lächelte unter lieblichem Erröthen, nicht ahnend, wie ihr Held, von dem sie geistig gereist, gefördert zu sein glaubte, neben ihr zu einem trivialen, alltägli chen Dutzendmenschen zusammen schrumpfte, dcr niemals das Panier nach cincm edlen Ziel hoch getragen, noch weniger darunter sterben konnte, wenn eS dic Ehre erforderte. Sie hatte ihren Helden mit eincm Nimbus aus ihrem reinen, unschuldigen Herzen her aus betlcidet, ihm Eigenschaften ange dichtet. die sie nur in Folge ihrer gänz lichen Unkenntniß der Welt, ihrer Un bckanntschast mit Männern und jedem geselligen Berkehr bei ihm voraussetzte einer Unkenntniß, die mit ihrer sonstigen Klarheit uno Reise des Ver standes in lebhaftem Widerspruche stand. Eine flüchtige Ahnung, daß er nicht ganz das sei, wofür sie ihn hielt, war ihr wohl heute gekommen, aber sie hatte noch keine Zeit gefunden, diesen Eindruck zu verarbeiten und so wehrte sie nur in diesem dunklen Gesühl einer schmerzlichen Enttäuschung seine stür mische Zärtlichkeit zurück und sagte mit sanfter Festigkeit: „Bitte. Kurt, denke nicht an mein«. Schönheit, laß uns jetzt nur das Ziel, die Ausgabe im Auge behaupten, welche zu unserer Vereinigung die nächste, überlegen, aus welchem Wege wir wohl am sichersten Teines Vaters Einwilli gung zu unserer Verbindung erlangen. Du sagst." suhr sie lebhast sort, als er schwieg und verstimmt über die Wen dung, welche das Gespräch genommen, mit der aristokratischen Hand sein bär tiges Kinn liebkoste, „daß eS Haupt sächlich meine Armuth ist. welche Dei nen Bater acgen unsere Verbindung stimmt. Vielleicht liegt eS in meiner Hand, verHilst mir mein Maltalent zu einer jährlichen Einnahme, mit der ich Deinem Bater den Beweis liefern kann, daß ich, obgleich arm. Dir doch mit diesem Talent ein Kapital mit bringe." Die Wolke der Verstimmung auf FeldheimS Gesicht zertheilte sich flüchtig und er lächle. „Du liebes Närrchen," rief er be lustigt. „aus Deinem kleinen Malta lent hoffst Du Kapital zu schlagen, durch dieses Dich bei meinem hochmüti gen Vater zu einer wünschenswerthen Schwiegertochter zu machen!" Sie verstand ihn nicht vollständig. „Spotte nur!" ries sie, indem Thrä nen in ihre Augen schössen; „ich habe heute hundert Mark sür zwei Porzellan bilder erhalten!" „Wirtlich! Und aus diesen Schatz baust Du unsere Zukunft auf —denkst, es tann Dir nicht fehlen, ein Dutzend solcher Bilder alljährlich zu verlausen und Dich damit zu einer reichen Partie zu machen? Was denkst Du kleiner Kaspar Häuser denn, was zum Leben gehört?" „Du glaubst, ich weiß das nicht?" erwiderte sie heftig. „Nun, Mama und ich haben kaum so viel jährlich zu ver zehren, wie mir ein Dutzend Bilder jährlich eintragen könnten und sind ganz gut damit ausgekommen!" „Das möchte ich denn doch bestreiten. Aber immerhin, mag es sein, ich will darüber nicht streiten, obgleich ich kaum einen Monat mit solcher Summe aus' kommen würde." „Das glaube ich nicht; dann wärst Du ein Verschwender!" ries Atlge lei-- denschastlich. Feldheim erinnerte sich, daß ihm sein Vater das auch gesagt, sich von seinem Platz erhebend, bemerkte er mit nach' lässiger Ueberlegenheit: „Mein liebes Kind, wir sind in ein Fahrwasser gekommen, in dem Du nicht zu segeln verstehst; eS ist daher besser. Du ziehst Deine Segel ein, und wir sehen uns bei günstigerem Winde wie der." Wie die kühle Ruhe seiner Haltung, seine Sophismen ihr stets zu imponiren verstanden, so auch jetzt, wo die Aus sicht des Scheidens die Wogen ihrer Empörung sosort beruhigte. „Du willst mich verlassen?" sagte sie und haschte nach seiner Hand. „Liebst Du mich nicht mehr. Kurt?" Dcr weiche, flehende Ton ihrer Stimme, der innige Druck ihrer Hand, die sich schüchtern in die seine staht, be schämte ihn. Er zog sie an sich uud küßte sie. „Eden weil ich Dich liebe, kränkt mich der Maugel an Vertrauen, den Deine Worte mir heute znm ersten Male ver rathen." „Gehört mir aber auch Deine Liebe in Zeit und Ewigkeit?" beschwor sie ihn mit einem heißen Blick ihrer dunk len Augen. „Welche Frage! Was ist Zeit, was Ewigkeit sür uns, die nut Herren des Augenblicks sind. Genieße ihn, Geliebte. Oimm aus meiner Hand das Leben, die Liebe. Verdüjtere Dir und mir nicht die Gegenwart durch Fragen, die in dem verhüllien Schoost dcr Zukunft ruhen!" „Ich vermag es nicht." gestand sie traurig, „ich tann nicht die Gegenwart von der Zukunft trennen, kann nicht in dem einen Augenblick lieben, um vielleicht in dem anderen schon zu ver gessen." , „Wer sagt denn, mein Herz, daß Du vergessen sollst?" scherzte er. „Du, der nur der Gegenwart lebt." erwiderte sie traurig. „Aus Wiedersehen!" sagte er ver stimmt. Sie wiederholte mechanisch: „Aus Wiedersehen!" Langsam verließ er das Zimmer. Hoffte er. sie würd« sich noch ein,mal mit der alten stürmischen Zärtlichkeit in seine Arme Wersen, ihn bald recht bald wiederzukommen bitten? Sie regte sich nicht; mit großen, dunk len Augen, die sich in ihrem jungen, weichen Gesicht sast unheimlich ausnah men, starrte sie ihm nach. Erst als die Thür hinter ihm in's Schloß fiel, ihre Mutter eintrat, kam Leben in ihre zarte Gestalt. Mit einem wilden Ausschrei warf Ange sich in die Arme ihrer Mut 'cr. „Du hörtest alles Mama." .Ja, mein armes Kind, Ihr spracht laut genug, um im Nebenzimmer ver standen zu werden. Dieser Mann ist Deiner Liebe nicht werth!" „O Mama, Du bist grausam!" „Zu Deinem Heile muß ich eS sein. Auch der Atzt gibt einem Kranken bit tere Medizin, daß er gesunde." „Ich werde ni< gesunden ich muß ihn lieben ich kann nicht anders! O Maina," setzte sie in grollender Ver zweiflung hinzu und löste sich aus ihren Armen, „weshalb hätte uns dann Gott überhaupt zusammengeführt?" „Vielleicht um Dir, der Vaterlosen, frühzeitig den Unterschied zwischen Lied» »nd Leidenschast zu lehren." „Ader ich liebe Kurt ich könnte für unsere Vereinigung jedes Opser bringen, wäre mit dem bescheidensten Heim, den kleinsten Verhältnissen zu frieden." „Ja, Du er aber nicht. Er würde jede» Kampf scheuen, keine Entbehrun gen, lelne Opser Eurer Liebe bringen tönnen. Tu würdest bald allein ganz allein die Kämpsende, Entbehrende sein, indeß er dem Genuß des Lebens in erlaubter und unerlaubter Weise nachjagt, danke Gott, daß er uns recht zeitig die Erkenntniß seines schwachen, selbstsüchtigen EharakterS gegeben hat." „Ich kann eS nicht. Mama, denn ich vermag nicht zu« glauben, daß cr wirk lich so ist, wie Du ihn siehst. Du hast 'ein Vertrauen zu den Menschen." Streng, sast hart gebot die Mutter: „Ange, mäßige Deine Leidenschast — denke an das Aerhängniß, an Deinen unglücklichen Bruder an Deinen Vater!" .Mutter!" Ange schrie auf. „Du glaubst?" Die Mutter erschrak. Was hatte fi» 'angerichtet! „Ange, mein Kind, mein Liebling, was soll ich glauben? Nichts nur zur Beherrschung mahnen wollte ich Dich, die wir armen schwachen Men schen alle nöthig haben." „Aber ich am meisten, soll mich nicht das Verhängnis ereilen'— wolltest Du das nicht sagen?" Und Ange sah sie mit ihren schönen tiefen Augen, aus denen alle Wildheit geschwunden, un sagbar traurig an. O diese Augen! Ihre Mutter küßte sie und antwortete nicht. IN. Da« Hochimt war bcmdet. An mulbig, leicht und schwebend stiegen auS den vergoldeten Rauchpsannen die bläu lichen Säulen zur mächtigen Wölbung des Domes empor. Geheimnißvoil schimmerten durch das duftige Gewölk die rothen Flammen der silbernen Lam pen. Mit feierlichen Schritten stieg der Priester die Stufen des Altars herab, die Schleppe des langen Sam mettalars aus dem Teppiche nach sich ziehend. Segnend erhob er die fun kelnde Monstranz, mächtig ertönte sein Durchschauert von an dächtiger Begeisterung warf sich die Menge' auf die Marmorfliesen nieder und beugte dehmüthig das Haupt. Nur ein Haupt blieb ungebeugt ein Geist unberührt von der segnenden Gegenwart des Priesters. In schmerz lichen Gedanken stand Angc im Schat ten ves Kreuzganges, den Schleier -dicht über ihr blasses Gesicht gezogen. Sie war in die katholische Kirche geeilt, ohne den Trost zu finden, nach dem sie mit der heißen Inbrunst eines des Kampfes noch ungewohnten Herzens verlangt«. Die Kirche leerte sich. Ange bemerkte eS erst, als sie fröstelnd zusammen« schauerte. Wenig gestärkt ynd ge tröstet, da der Widerstreit ihr» Ge fühle eS zu keinem Gebet hatte kommen lasftn, wandte sie sich dem Ausgange zu. Vor ihr schritt eine junge Dame, die ein dunkelblaues Sammelkostüm trug. Vor das Gesicht hatte sie einen weißen Schleier als Halbmaske gebun den, welcher einen breiten, unschönen Mund frei gab. Hinter dem Schleier sahen ein Paar stechende Augen und eine etwas starke Nase hervor. Bei dem Hinausgehen tauchte sie eine mit dänischem Leder bis zum Ellbogen be kleidete Hand in das Weihbecken, be kreuzigte sich andächtig und warf ein Goldstück fn die Opferbüchse, indeß Ange weder das Eine noch das Andere that, sondern hastig an ihr vorüber auf die «Straße eilte. Eiligen Schrittes, die Augen zu Bo den gesenkt, verfolgte sie ihren Weg, bis eine bekannte, ach nur zu bekannte Stimme sie zusammensahren und aus blicken ließ. „Haben sich die grollenden Wagen ge legt, darf Leander seine Hcio besuchen?" schmeichelte sich diese Stimme in ihr klopsendes Herz. „Mama ist krank, ich eile, nach Hause zu kommen," wich sie seiner Frage ans. „Und wegen dieser Sorge hat meine 'Hero kein freundliches Wort für mich?" „Du würdest niemals ein Leander sein und Dein Leben für Deine Liebe wagen." ,/Freilich mit einem kaltcn Bade, das einen lebensgefährlichen Ausgang ver heißt, nicht," lachte er. „Dafür hat man heutzutage einen zu kühl verstän digen Kops." „Ja. und kein Herz, das sür sein Glück Opser bringt!" forderte Ange ihn heraus. In diesem Augenblick schritt die junge Dame in blauem Sammet an Beiden vorüber und zwar so dicht, das, Feld- Heim ausweichen mußte, um sie aus dem schmalen Trottoir in der Marien straße vorbei zu lassen. Ihre Augen begegneten sich eine erschrockene, tiese Verbeugung FeldheimS, ein hochmüti ges. kurzes Neigen der Verschleierten und die Fremde passirte. „Wer war diese junge Dame? Sit hat ein unangenehmes Gesicht." „Eine oberflächliche Bekanntschaft ihr Name ist mir entsallen," warf Feld- Heim rasch hm. Dabei verlangsamte er seine Schritte, um der Fremden einen Vorsprung zu lassen. Er bemerkte, wie sie eine Droschke erster Klasse» die leer entgegenkam, anrief, hineinsprang und im Vorbeifahren einen bösen Blick auf die arglose Ange unter den schwereo Lidern hervorschoß. „Was hat diese junge Dame gegen mich, daß sie mich so zornig ansieht?" rief Angc. Plötzlich schien ihr ein Ge danke zu kommen. „Kurt, Du sagtest mir gewiß nicht die Wahrheit. Sie ist leine oberflächliche Bekanntschaft von Dir, sie ist sicherlich die von Deinem Vater sür Dich erwählte Braut!" „Unsinn! Wie kommst Tu überhaupt darauf?" .Weil sonst lein Grund vorliegt, daß sie mich so bös ansieht." „Davon habe ich nichts bemerkt, das bildest Du Dir ein." „Nein, das bilde ich mir nicht ein." beharrt« Ange. „Vielleicht ist sie ein Tugendspiegel," versuchte Feldheim Über seine Verlegen heit hinwegzuscherzen, „der es anstößig findet, daß eine so junge, hübsche Dame wie Du mit einem jungen Herrn allein aus der Straße geht." „Siehst Du! > Mama wünscht eS auch nicht. Du meintest aber, das wa ren für unsere vorurtheilssreie Zeit längst überwundene Ansichten." „Das sind sie auch. Ich frage Dich, was in aller Welt kann ein vernünfti ger Mensch dabei finden, wenn zwei junge Leute vor Aller Augen zusammen Sie halten die Landstraße erreicht. „Du gestattest doch, daß ich Dich nach Hause degleite und mich persönlich nach Deiner Mutter Befinden erkundige.*^ .Mama ist nicht zu sprechen der Arzt hat ihr die größte Ztuhe verord net." „So darf ich vielleicht morgen kom men, oder hältst Du an dem angegebe nen Grunde auch unter diesen Verhält nissen fest?" Ange zögerte mit ihrer Antwort. Es war etwas in. dem Tone FeldheimS, was sie verletzte: eine Leichtfertigkeit und Nachlässigkeit, die ihr bisher nicht ausgefallen. Oder sollte sie vielleicht erst jetzt darauf aufmerksam geworden sein, weil es so gar nicht zu ihrer trau rigen, gedrückten Stimmung, ihrer letz ten Unterredung paßte? „Ich denke," sagte sie nach einigem Besinnen, „Mama wird nichts dagegen haben, wenn Du Dich nach ihrem Be finden erkundigst." „Du bist außerordentlich gütig, wenigstens das einzugestehen," spot tete er. Sie waren an der Hausthür ange langt. „Also morgen auf Wiedersehen!" „Auf Wiedersehe«!" widerholte sie leise und reichte ihm die Hand. Er küßte sie mit ebensoviel Förmlich keit. als seine letzten Worte verrathen, verneigte sich, ohne den tief traurigen, fragenden Blick ihrer dunklen, sehnsüch tigen Augen zu verstehen und schritt leise pseisend den Weg zurück, den er gekommen. Sie hatte ihn selbst zu keinem zärt lichen Abschied ermuthigt. Als er aber so kühl, so ohne alles Bedauern, so bald zu scheiden, von ihr gegangen, da war es ihr, als müßte sie ihn zurückrufen, noch um einen Blick, ein Wort von ihm zu bitten. Er blickte aber nicht ein einziges Mal zurück und bog bald um die Ecke in die Sonnenstraße ein. Mit gewaltiger Anstrengung schluckte sie die Thränen nieder. Sie durfte nicht weinen, sie mußte stark fein, da mit ihre Mutter nichts von dieser Be gegnung erfuhr. Aber ein Mutterauge sieht scharf mag eigenes Leid und Krankheit es auch geschwächt haben. Als Ange zu'ihr in's Zimmer Irat und das durch weiße Vorhänge ge dämpfte Tageslicht auf ihr blasses Ge sicht siel, da las sie darin, wen sie ge sehen, gesprochen hatte. Aber sie sagte nichts. Sie streckte ihr nur beide Hände entgegen und zog sie so in ihre Arme, an ihre Seite nieder. „Du bliebst lange fort, ich sehnte mich recht nach Dir." „O verzeih', daß ich Dich allein ge lassen es soll nie, nie wieder ge schehen! Ich war im Dom." „Ich dachte es mir, meine Ange hat ja Vorliebe sür die katholische Kirche." .Weil sie immer offen steht Mama, man dort zu jeder Zeit seine Andacht verrichten tann. Aber ich war heute nicht andächtig, ich konnte nicht beten o Mama ..." hier brach nun doch die künstliche Beherrschung zusam men „ich bin so unglücklich!" „Du bist jung, mein Liebling. Ju gend ist der beste Arzt." Ange glaubte es nicht. Wenn nur die Mutter ihr blieb, die sie schützte. Mit leidenschaftlicher Innigkeit klam merte sie sich an ihr schwindendes Le ben sest ebenso machtlos, es zu hal ten. wie unfähig, die Liebe aus dem Herzen zu reißen. IV. ES ist ein regnerischer, naßkalter Tag. München macht an diesem Mor gen einen unfreundlichen Eindruck. Die Naßkalte, der graue Himmel, die dunstige Atmosphäre, das monotone Rollen der Wagenräder, die regentric senden Schirme der hastig dahineilen den Menschen, deren Aussehen frostig und mißgestimmt ist! alles trägt dazu bei, ein ohnedies schwer belastetes Ge müth noch tieser niederzudrücken. Von der Landhausstraße durch die Schöiiselder Vorstabt nach dem Kirch- Hose sährt langsam ein schwarzbchange ner Leichenwagen, auf dem ein ein facher, mit silbernen Beschlägen und wenig Kränzen verzierter Sarg steht. Ein einziger Wagen, in dem der Geist liche uno Ange sitzen, folgt ihm. Der Geistliche, ein alter, würdiger Mann, hat seinen Reichthum an Trostgründen und srommen Bibelsprüchen erschöpft, ohne de» leideiischastlichcn Thränen strom Anges in sanfte Ergebung zu wandeln. Das nasse Tuch vor dir Augen ge drückt, die Brust gehoben von convul sivischem Schluchzen, sitzt sie an seiner Seite, unzugänglich stir jeden Trost, und wenn er ihr mit Engelszungen ge spendet worden wäre. Nur Eins kaun sie fassen nur an Eins kann sie sich erinnern: Gott hat zu allem Elend sie auch des einzigen Herzens beraubt, das aus der großen, fremden Welt ihr ge hörte. und ihr nichts gelassen, als das Gespenst der Schutzlosigkeit. Nichts kann dieses von ihrer Seit» bannen, nicht die Worte deK Priesters: „Gott ist ein Vater der Waisen, wer ihm vertraut, wird nicht zu Schanden werden," nicht die Liebe des Mannes, welcher nach ihrem Verlust sofort her beigeeilt und ihr seinen Schutz, seinv Hilst angeboten. Er kam allein; nicht wie sie gehofft, erwartet, in diese ihr» Verlassenheit und Noth mit der Zu stimmung, dem Segen seines VaterS zu ihrem Verlöbniß. Sie konnte sich nicht unter dessen natürlichen Schutz stellen, nicht im Hause seiner Eltern die verlorene Heimath, die Liebe einer zwei ten Mutter, eines zweiten Vaters fin den. (Fortsetzung folgt. Im Friedensgericht. Richter: „Sind die beiden angeblich beleidigten Parteien Wamperb und Schlaucher erschienen? So! Nun gut! Wamperl soll also behauptet haben, daß Schlauchcr ein Esel und Schlau cher. daß Wamperl ein Kameel sei! Ist das die Wahrheit?'- Wamperl und Schlaucher: „Jawohl!" Richter: „Ja, aber meine Herren, was wollen Sie denn dann eigentlich hier?!" Zwei Frau»« und «tu Mau«. Aus Karlsbad wird geschrieben: Ei» kleines Gejchichlchen, welches hier kur> vor Thorschluß der Saison passirte, wird in eingeweihten Kreisen viel be sprochen. Herr Fl., ein in Berlin« Sportskreisen wohlbekannter, reicher Pferdehändler, theilte Mitte September seiner jungen, reizenden Gattin mit, daß er auf drei bis vier Wochen nach Ungarn zum Pferdeeinkauf reise. Das gute Weibchen sügte sich der Nothwen digkeit und nachdem der erste Tren nuiigsfchmerz vorüber, dachte sie da rüber nach, wie am besten die Stroh wittwenzeit zu verbringen wäre. Bald hatte sie erfahren, daß Herr v. G., eine Kundschaft ihres Mannes, init welchem sie schon seit längerer. Zeit zarte Be ziehungen pflegte, in Karlsbad weile, und ohne lange zu bedenken, faßte sie den Entschluß, Karlsbad und ihren Freund zu besuchen. Vor »ngesähr zehn Tagen brachte nun die hiesige Kurliste die Notiz, daß Frau Fl. aus Berlin hier eingetroffen uiH im Hotel X. abgestiegen wäre. Die betreffende Dame machte während d«r ersten Zeit ihres Eintreffens in Karlsbad durch ihre eleganten Toiletten und insbesondere ihres reizenden Ge sichtchens wegen unter den wenigen noch anwesenden Kurgästen viel von sich reden. Sie sand bald den Gesuchten. Er war überrascht und Beide freuten sich ihres Lebens und des ungarischen Pferdehandels. Inzwischen machte dcr Gemahl in Budapest die Bekanntschaft einer feuri gen Ungarin, die nicht nur Jlka hieß, sondern auch ein sehr hübsches Mädchen war. Der gute Mann erklärte ledig zu sein und soüiit stand einer zärtlichen Liaison nichts im Wege. Herr Fl. be schloß, als seine Geschäfte abgewickelt waren, seinen Heimweg »ach Berlin über Karlsbad zu nehmen, um hier noch ungestört mit seiner Jlka eimge - angenehm« Tage zu verbrin gen. . Vor wenigen Tagen traf er mit sei ner Getreuen Nachts in Karlsbad ein und stieg im Hotel X. ab, welches er schon por Jahren mit seiner Frau be sucht hatte. In's Fremdenbuch schrieb er sich als Herr Fl. sammt Gattin ein. Zeitig am Morgen Fl. schlief noch" begab sich Jlka, eigentlich Frau Fl. No. 2, in den Hotelspeisesaal, um hier zu frühstücken, da sie die Absicht hatte, die Morgenmusik unserer Kur lapelle anzuhören. Im Speisesaal be fand sich schon eine Dame, mit welcher Frau Fl. No. 2, was bei Damen selbst verständlich. bald in'S lebhafteste Ge spräch gerieth. Schließlich stellte sich Jlka als Frau Fl. aus Budapest vor. Frau Fl. No. 1 (denn sie war es) war momentan von dieser Namcnsgleichheit so überrascht, daß sie vergaß, sich selbst vorzustellen, sondern nur daß sie „sehr nahe" Verwandte besitze, die den gleichen Namen sührten. Eben waren die Damen im Begriff, ihre Ahnen herzuzählen, um zu ergrün den. ob sie nicht am Ende gar Bluts verwandte wären, als Herr Fl., der in zwischen Toilette gemacht, im Speise saal erschien und sofort von Frau Fl. No. 2 mit den Worten: „Hier ist mein Mann" vorgestellt wurde. (Tvbleau.) Augenzeugen behaupten, das Mienen spiel des Vorgestellten soll überwälti gend gewesen sein, trotzdem saßle sich Frau Fl. No. l bald und erklärte, daß es ihr ein besonderes Vergnügen wäre, die Bekanntschaft des Herrn Fl. zu machen. Herr Fl. Versicherle wie der, daß das Vergnügen ganz seiner seits gewesen wäre. Am anderen Mor gen war Herr Fl. nebst Gattin „plötz lich" abgereist. Natur und Kunst. Lame: Sie haben mein Porträt feije schön getroffen, Herr Prosessor, nur finde ich die Farbe meines Haares ein wenig zu hell! Meinen Sie nicht auch? Maler: Ganz wie Sie befehlen, meine Gnädige! Dem läßt sich sehr leicht abhelsen; nur fragt es sich, soll ich das Bild ändern, oder wollen Sit das Original ändern? BühntnreattSmuS. Neu engagirte Liebhaberin (in auf gebrachtem Ton zum Regisseur): Aber ich muß doch sehr bitten, diese Stelle im Faust abzuändern! Regisseur: Welche Stelle denn? Liebhaberin: Hier steht's: „Hin der Fräulein, weder schön!" Das ist doch eine ganz gemeine Beleidigung ge gen mich! Brausend» Telegra, phendrähte Sphkrenmutt! des ! Jahrhunveris- 3
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