Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, November 18, 1892, Page 8, Image 8

Below is the OCR text representation for this newspapers page. It is also available as plain text as well as XML.

    Neutsch» Loeamachrichtttt»
Provinz Brandenburg,
Berlin: Ein neuer Bankkrach ist zu
melden. . Die Inhaber der Firma
Schulz und Viert haben sich selbst der
Staatsanwaltschaft mit der Angabe ge
stellt, daß sie Depots in Höhe von 14
Millionen Mark veruntreut hätten.
Die Selbstdennnzianten habe» sich
direct an die Staatsanwaltschaft ge
wandt. um nicht erst von der Crimi
nalpolizei gesaßt zu werden. Als das
Geschäst geschlossen, spielten si>h Scenen
ab. die lebhaft an diejenigen eriXnerten,
wie sie sich vor kaum JahreSsrisNin der
Krachperiode bei Friedländer u. Som
merfeld. Hirfchfeld u. Wolfs
spielt haben. So kam ein Landmann,
der über 70,000 Mark in Papieren bei
Schulze liegen hakte, um noch weitere
Einzahlungen zu machen. Als der Be
dauernSwerthe im Hause ersuhr. daß
Schulze bankerott sei. brach er aus der
Straße zusammen und mußte nach
einer in demselben Hause befindlichen
Destillation geschafft werden, wo er
wie ein Kind weinte. Eine Frau, die
ihre dem Schulze übergebenen Erspar
nisse in der Höhe von 6000 Mark ab
holen wollte, brach ohnmächtig zusam
men, und wurde mittelst Droschke nach
ihrer in der Brunnenstraße belegenen
Wohnung überführt. Im Proceß
Hugo Löwy wurde der Angcklcigle we
gen einfachen Bankerotts, Betruges in
2 Fällen und Unterschlagung in 5
Fällen zu 2 Jahren 6 Monaten Ge
fängniß verurtheilt, ferner zn2OOOM.
Geldbuße. Im Beisein seiner zwölf
jährigen Tochter und seines sieben
Jahre alten Sohnes erschoß sich der
Locomotivsührer Jlsch in Charlotten
burg. Er hatte vor etwa Jahresfrist
den Tod seiner Gattin zu beklagen und
seitdem eine geschiedene Frau zur Füh
rung seines Haushalts angenommen.
Hierdurch kam er in seinen Verhültnis
fen zurück und wurde von materiellen
Sorgen gedrückt. Kürzlich beabsichtigte
er. mit seinen Kindern auszugehen.
Als diese sich in der Wohnstube bereits
fertig gemacht hatten, rief ihnen der
Bater aus der daneben liegende» Kam
iner plötzlich zn : „Kinder, wenn Ihr
Vater noch einmal lebend sehen wollt,
kommt rasch!" Kaum waren die Klei
nen in der Kammer eingetreten, da zog
er einen Revolver und schoß sich in die
rechte Schläfe. Der Tod trat auf der
Stelle ein. Kürzlich kam eine Dorf
schöne in die Apotheke in Crossen und
forderte allen Ernstes: „Doppelioh
len kauendes Nashorn !" Sie
wurde verstanden und erhielt nicht
etwa einen solchen ungeschlachten Dick
häuter, sondern Doppeltkohlensaures
Natron.
Provinz Ost Preuße n.
112 In Königsberg Prof. Fr. Aug.
Müller. Pros. Mäller nahm unter
den Orientalisten der Gegenwart eine
hervorragende «stelle ein. Die dies
jährige landwirthschastliche Ausstellung
in Königsberg hat mit einem Tesicit
von 62,000 M. abgeschlossen. In
Bartenstein hat der Äckerbürger K. un
ter Zurücklassung von Frau und Kind
und vieler Schulden das Weite gesucht.
Man spricht von 40,000 M.. welche er
mitgenommen haben soll. Durch den
Tod des Organisten Bitthin zu Gr.-
Peisten ist eine Lehrer-Dynastie ausge
storben, welche die dortige Kirch-Schul
lehrerstelle über 200 Jahrc innegehabt,
indem immer der Sohn auf den Vater
im Amte gefolgt ist. Eine helden
müthige That haben der Landbriefträ
ger Staschinsky und der Häusler Rat
tay aus Przyvoschetn vollbracht. Der
Arbeiter Piepiora war aus seinem kcn
ternden Kahne in den Niederste gestürzt
und lämpsle vergeblich gegen die Wel
len. Nicht achtend der eigenen Lebens
gefahr, stürzten Beide in die Fluth und
brachten, selbst zu Tode crschöpst. den
fast zu Tode Erstarrten an s Land.
Seitens des Regierungspräsidenten ist
jetzt den beide» wackeren Mannern eine
öffentliche Belobigung erlheilt. Das
Geburtshaus Herders in Mohrungm,
welches bereits arg,in Versall gerathen
war, wird nunmehr ein neues, festeres
Gefüge erhalten. Die ,alten bausälli
gen Theile, mit Ausnahme des vorde
ren au der Straße gelegenen Giebels
mit der daran befindlichen Jnschristta
fel, sind abgebrochen worden und werden
durch neue ersetzt. Es sollen wiederum
vier Wohnstuben eingerichtet werden.
Danach dürste diese Erinnerungsstätte
an den Dichter uafenn Nachkommen er
halten bleiben.
Provinz W>eftH r?eu ß en.
Nicht geringes Aufsehen erregt du
Nachricht, daß der General-Secretär des
westpreußischen Landwirthschaftlicbeu
CentralvereinS, Oekonomieralh Dr.
Oeinlcr in Danzig, einen längeren Ur
laub angetreten hat. Wie vcrlaulet,
Tr. O. von einem Wanderlehrer
ides Vereins mehrerer Berniitreuungen
ibezichtigt und die Angelegenheit bereits
«an die Staatsanwaltschaft gebracht sein.
Man ist den Ausgang des Processes
Hehr gespaisut. Da die Zerschlagung
.einiger Girier im Eulmer Kreise zu
Rentengutstellen geglückt ist, werden
-immer größere Güter zertheilt. So
mi<d in nächßer Zeit von ,dem in der
Nahe des Bahnhofs Kornatowo gekge
»en Rittergute Orlowo, das dem Kit
tcrgutLbesitzer Kon Slasci gehört, ein
Theil von unAfähr 800 prnißischb'l
Morgsn in kleinere Besitzungen zerlegt
werden.—Ter Dtvcetor der Diischauer
CreditgeseUschast, Wilh. Preuß, wurde,
wegen von M.,!
wegen Uttrugs uu» Büchersälschung
von der St?askammer in Pr. Stargard
sechsjährigem Gesä«gniß> sechsjähri
gem Ehrverlust und 3000 M. Geldbuße
Der Arbeiter Nieolajewzli
uud der FasHlnenhändl>tr Kiedrowsli
wurden wegen Beihilfe zn 18 Monaten
Gefingniß, die Krau Kiedr»wsli wegen
Beihilfe zu 6 Monaten Gefängniß ver
urtheilt. —In Könitz feiere der Amls-
GerichtS-Secretär Aoch sein 50>ahriges
Amts ? Jubiläum. Landes, Vmchl«.
Präsident BeleiteS beglückwünschte nn
Gerichtslocal in Gegenwart der Sub
alternbeamten dcs Land- und Amtsge
richts den Jubilar und übernichtc ihm
das Patent, nach welchem dcr Kaiser
ihn zum Kanzlei-Rath ernannt hat.
Die Iljährige Tochter eines Arbeiters
in Rose hatte ihre Stubennachbarn
wiederholt bcstohlcn und war dasür von
ihrem eigenen Bater gezüchtigt worden.
Wie sie selbst gestanden haben soll, hat
sie aus Rache dafür das zweijährige
Söhnchen des Bcstohlcnen in dem nahen
Bcha ertränkt. Im Torie Waldeck
hat eine Fcuersbrunst 14 Gebäude in
Asche gelegt.
Provinz Pommern.
Ein großes Schadenseuer wüthete aui
dem Rittergute Latzig, Kr. Schlanze.
Es sind die Brennerei, die Stärkefabrik,
der Kornfpeicher und der Ochsenstal!
heruntergebrannt. Das Vieh konnte
gerettet werden. 112 Bäckermeister Allert
in Folge einer Blntvergistung. Der
Bauerhofbesitzer Gottfried Hohn in Sa
bes, welcher während eines Gewitters
aus einem Wagen vom Felde zurück
kam, wurde vom Blitz im Genick ge
troffen und starb sofort.
Provinz Schleswig ° Hol
st e i n.
Der Alterlhumsvercin Hai in der
Nähe von Benz und Kummersee die
Herdstelle ciner Ansiedelung aus altger»
manischer Zeit und auf der Höhe einer
früher bewaldet gewesenen Koppel eine
Begräbnißstälte aufgedeckt. Um der
Arbeitslosigkeit abzuhelfen und den
durch die bisherigen Absperrungsmaß
regeln brotlos gewordenen Altonaer
Arbeitern nach Möglichkeit Verdienst zu
schaffen, hat die Stadtverwaltung be
schlossen. größere städtische Arbeiten so
wohl aus dem Gebiet zwischen Pinne
berger Chaussee uud Eimsbllttlerstraße
wie auch in Ottensen beschleunigt in
Regie aussühren zu lassen. Der
Ches-Jngenieur der stadtischen Wasser
werke in Attona, Nepolski, ist wegen
Unterschlagung städtischer Gelder im
Betrage von 40,000 Mk. in Unter
suchungshaft genommen worden.
112 In Beidenfleth der Rentier Michel
Frauen. Derselbe zählte zu den intel
ligentesten Männern der Marsch und
war lange Jahre Mitglied der holstei
nischen Ständeversanimlung. Frauen
war es auch, der 1882 die Versuche des
Seth Green in Amerika ausnahm und
hatte er die Freude, daß er der erste
war, welcher in Europa auf künstlichem
Wege Störbrut erzielte.
Provinz Schlesien.
Der älteste Bewohner der Stadt Gör
litz, Wirthschaft beamte Gottfried
Nitschke, beendete sein 94. Lebensjahr.
Der alte Herr, welcher im Jahre 1798
zu Tommendors geboren ist, entstammt
noch jener Zeit, wo in der Schule mit
Kreide aus eine Holztafel geschrieben
wurde und die Günfcfeder noch das
Privilegium des Herrn Lehrers war.
„Als ich noch in die Schule ging." so
erzählte der Bierundneunziger, „herrsch
ten in der Schulstube gar seltsame Zu
stände. denn der Herr Magister nahm
sein Frühstück, das ihm seine Ehehälfte
bereitet hatte uud aus Mehlsuppe be
stand, auf dem Katheder ein. Während
der KriegSzeit. als die Franzose» nach
Rußland gingen, sind wir mit unsern
wenigen Habseligkeiten und dem Vieh
nach versteckten Sümpfen getrieben
worden. Unseren Durst löschte» wir,
indem wir von den Kühen, die wir mit
uns führten, die Milch auf den Mutzen
deckel melkten. Als I2jähriger Knabe
habe ich in Tommondorf an dem
Trauergeläut mitgewirkt, das nach dem
Tode der Königin Louise abgehalten
wurde. Damals war cß auf dem Lande
Brauch, daß das Glockenläuten die
Schuljugend besorgte. —ln der Woh
nung eine- Restaurateurs in Oppeln
belustigten sich Abends einige junge
Leute durch Tanz. Hierbei stieß einer
der Tänzer an den Tisch, sodaß die
daraus stehende Petroleumlampe auf
das Sopha fiel, auf dem zwei Kinder
des Restaurateurs schliefen. Durch den
Fall zerbrach der Petroleumbchälter
der Lampe, der Inhalt ergoß sich über
die Knaben und im Augenblick brann
ten die Betten der Kinder. Alles ver
lor den Kops und stürzte hinaus. Als
die Eltern auf das Geschrei hinzuka
men, löschten sie zwar die Flammen,
doch retteten sie die Kinder nicht mehr.
Noch an demselben Tage starb der alten
achtjährige Knabe, und am anderen
Morgen solgtc ihm sein sünsjähriger
Bruder. Die Auffindung von Sil
bererz bei Knuro im Rybniker Kreis!
erregt bedeutendes Aussehe». Die von
der Bergbehörde veranstaltete» Bohr
versuche wurden, nachdem Kohle und
Solz erschlossen waren, zum Zweck
wissenschaftlicher Ersorschung der Ge
steinsschichten tieser gesührt. Bei die
ser Gelegenheit merkte der anfsichsfüh-
Bohrmeister, daß der Bohrer aus
.ganz eigenthümliches Gestein gekommen
sei. Als dieses zu Tage gesördert
.wurde, fand sich reichlich Silbererz vor.
Die weitere Bohrung und chemische
Untersuchung ergab, daß man auf eine
Silberader gestoßen war. Die Aus
beutung wird eifrig betrieben werden,
zumal das Silbererz sehr Hochpro
centig ist. Eiircm HanShälter in
Strehlen ist e>ui Lottcriegewmn der
Mecklenburg - Schwerin'schen Landes
loltcr.ie im Betrage von 20.4,00 Mk.
zugefallen. Das Loos war ihm kurz
vorher von einer armen Frau angetre
ten worden. Der auswärtige Collec
tor hat Sein Gewinner nur lÄ.OOO
Mk. ausbezahlt, de» Rest aber u«ter
nichtigen Gründen vorenthalten, ines
halb die Sache noch ein gerichtlichls
Nachspiel haben wird.
Provinz P-sen.
In der Sitzung des KreiSauSschusseZ
wurde beschlösse«, mit der Errichtung
von Kleinbahnen im Landkreise Brom
berg vorzugehen und die dazu erforder
lichen Mittel zu bewilligen. Mit den
Vorarbeiten soll unverzüglich begonnen
werden. Dieselbe.-? sind dem Iliiterneh.
vier Schwede in Bkiün übertragen
worden. Bei dem Gewitter, welches
vor einigen Tagen über Hohenstein hin
zog, tras ein Blitzstrahl die Brennerei
des Gutes Hascnberg. Der Blitz zün
dete zwar nicht, aber er tödtcte die älteste
Tochter des BrennerciführcrS. dessen
Wohnung sich in dem Gebäude befindet.
Auch der Brennereisührer wurde getrof
fen und gelähmt. Nachts ist aus dem
Rittergut? Schönwiese (Nicmojeivo)
Feuer ausgebrochen und hat in kurzer
Zeit eine große, mit Getreide gefüllte
Scheune, einen Stall, die Slcllmacher
wcrtstelle und noch einige angrenzende
kleine Gebäude in Asche gelegt. Etwa
.sechshundert Schafe, hundert Schweine,
25 Arbeits- und etwa fünf andere Wa
gen. sowie das gejammte Stellmacher-
Handwerkszeug. ist ein Raub der Flam
men geworden.
Provinz Sachsen.
Der im Krankenhause zur Bcobach
tung seines Geisteszustandes unterge
brachte Schuhmachermeister Ehristian
Bohnaaen i» Ascherslebe», welcher vor
einiger Zeit seine Ehesrau in so schänd
licher Weise mit einem Genicksanger
tractirte, hat seinem Leben durch Er
hängen ein Ende gemacht. Ueber
Freiburg entlud sich ein sehr starkes
Gewitter. Zum Schaden für unsere
Weinberge brachte es neben heftigem
Regen auch Hagel mit sich, der die
Größe von Taubeneiern erreichte und
stellenweise die Fenster zertrümmerte.
Ein Blitzstrahl entzündete die gesüllte
Scheune der Wittwe Thenring in Pöde
list, wodurch diese uud ebenso die sünf
angrenzende» Gebäude in Asche gelegt
wurden. Tic Frechheit der Brand
stifter in Hohenziatz kennt keine Gren
zen mehr. Seit dem 8. v. M. sind
dort Eriminalbeamte aus Magdeburg
in Thätigkeit, um den Urheber des
Schadenfeuers vom 1. September zu
ermitteln, anf dessen Feststellung Herr
Bodenstein aus Hohenziatz bekanntlich
einen Preis von 1000 Mk. ausgesetzt
hat. Trotzdem brannte es in voriger
Nacht wiederum in Hohenziatz, zum
siebten Male in de» beiden Ortschaften
Lüttgen- und Hohenziatz feit dem
1. September. Nachträglich wird ge
meldet, daß dort der Kutscher August
Lüte nach einem Verhör
als der Brandstiftung verdächtig festge
nommen ist.
Provinz Hannover.
Von Hannover sind nach bedeuten
den Betrügereien die Bankiers See
mann und Nosenbeig flüchtig gewor
den. In Altenwalde feierte der Ve
teran Altenheiler Heinrich Kohlmann
seinen 100jahrigcn Geburtstag. Am
1. October 1812 wurde K. beim 127.
Füsilier-Regiment in Namur als Re
krut eingestellt und hat als solcher den
Feldzug gegen Rußland mitmachen
müssen. 112 In Göttingen Prof. Ru
dolf von Jhering. Jherich. der im
Jahre 1818 zu Aurich geboren war,
hatte im Jahre 1848 schon als Dozent
des römischen Rechts in Berlin habili
tirt. Sein bedeutendstes Werk, „Der
Geist des römischen Rechts auf den ver
schiedenen Sinsen seiner Entwickelung"
erschien im Jahre 1852. Jhering
nahm bekanntlich vor einigen Jahren
in der Trinkgeldersrage das Wort und
legte in geistvollen Aussätzen die Ver
werflichkeit dieser Sitte dar, was zu
einem lange» u»d hitzigen Streit in der
Presse sühne. Große Berbreitung sand
feine Schrift: „Der Kampf um's
Recht. Ter Kaifer hat auf ein Ge
such des PastorS Tegener der Kirche in
Ritterhude zum Guß neuer Glocken
zwei bronzene Geschützrohre geschenkt.—
In Sittensen, wo bereits vor zwei
Jahren eine Typhu-cpitemie herrschte,
sind seit Juli d. I. wieder 6 Erkran
kungen am Typhus vorgekommen.
Schlechtes Wasser aus einem Brunnen
ist der Grund der Seuche, die hoffent
lich nach der angeordneten Schließung
leS Brunnens wieder erlischt.
Provinz Westfalen.
112 In Gütersloh Commercienrath
Wilhelm Bartels. —Der Landgerichts
director Geh. Justizrath Plato in Ha
gen feierte sein 50jährigcS Amts- und
Dienst-Jubiläum. Der LandgcrichtS
präfident überreichte dem Jubilar den
vom Kaiser verliehenen Rothen Adler-
Orden 3. Klasse mit der Zahl 50.
Stationsvorsteher Eckardt, z. Zt. der
älteste Stationsvorsteher der deutschen
Eisenbahnen, beging sein 50jährigeS
Tienstjubiläum. Tie StatioiiSbeam
ten überreichten ihm ein prachtvolles
Photographie-Album, die Zugsührer
ein silbernes Bierseidel. Abends sond
in der „Harmonie" FestcommerS statt.
Der Eisenbahnschasfner Wittemüller
in Huckarde glitt vom Trittbrett eines
Personenwagens aus, fiel unter die
Räder und wurde so schwer verletzt,
daß er bald nach seiner Ausnahme im
Dortmunder Krankenhause starb.
112 In Menden der Ehrenamtmann des
Amtes Menden, Frhr. Theodor v.
Ducker igeb. 1822). Derselbe war
rühmlichst bekannt durch seine hervor
ragende Thätigkeit auf dem Gebiete des
FischerciweseuS.
Königreich Sachsen.
112 Auf seinem Rittergute Biehla Her
Theodor Heinrich Reich, Er war Mit
glied des KreiSauSschusscs. Bezirks
ausschusses und der BezirkSvcrsamm
luug in Bautzen, sowie des Kirchcn-
und Schnlnorstsndes und geborte in
der Ersten Sländekuiiimer verschiedenen
Deputationen an. Weiter war er von
1877 bis 1889 im dritten sächsischen
Wahlkreise gewähltes Mitglied des
Reichstages. verzichtete im letztgenann
ten Jahre aber auf eine Wiederwahl.
Der i»i einer Privatvjlln befindliche
Gärtner Zeitz aus Aschersleben schoß
Abends versehentlich eine in der näm
lichen Villa als Gartenarbeiterin be
schäftigte Frau Heyne mit einem Te
fchin in den Hals. Hierüber war Zeitz
so bestürzt, da« er in voller Aufregung
in ein Gewächshaus lief und sich hier
mittelst eines Rev»lvers zweimal in die
Brust schoß. Schwerverletzt wnrde er
nack dem'Krankenbüvj gebracht. Eben-
daselbst fand auch die Heyne Aufnahme,
deren Wunde sich übrigens als keines
wegs bedenklich herausstellte. Vom
Landgericht wurde der Bankier Lücke in
Crimmitfchau wegen Wechselfälschung,
begangen in 112 Fällcn, zu 8 Jahren
ZuchtyauZ, sowie zum Berlust der bür
gerlichen Ehrenrechte auf die Dauer
von 10 Jahren verurtheilt. Beim
Stützen von Balken in dem von Deu
ben nach Tharandt im Ban begriffenen
Grabe» verunglückte» drei Arbeiter;
zwei wurde» verwundet, der Polier
Franke blieb todt. Die Gemüther der
Bewohner von Hcrisau besinden sich in
großer Auslegung. Nachdem erst vor
Kurzem zwei Gutsbesitzer insolge
Brandstistung um de» grüßten Theil
ihrer Güter und sonstigen Habe ge
kommen sind, ist verschiedenen Anzei
chen zusolge abermals versucht wor
den, die Gebäude zweier Einwohner in
Brand zu stecken. In dem einen Gute
sand man am Morgen das Thor auf
gesprengt vor und in einem anderen
Gute war in der Nacht die Lehmwand
der Scheune theilweije eingeschlagen
und Stroh herausgezogen worden.
Wahrscheinlich sind in beiden Fal!«n die
Thäter bei ihrem verbrecherischen Trei
ben gestört und verscheucht worden.
In einem zum Rittergute Rauenstein
bei Dorchheim gehörigen Teiche wurde
Krau Lehrer Müller von Lcngeseld ent
seelt ansgesundcn. In Gegenwart
dej Bundesvorstandes des Elbgau-
Sängerbuudcs erfolgte die Ablegung
der Rechnung über das im August dS.
IS. in Neustadt abgehaltene Bundes
sangerscst. Dasselbe schloß mit einem
Deficit von ca. 400 Mk. In Ober
seiserSdorf hat sich der Bäckermeister
Flügel in einem Schuppen durch Er
hängen sein Lebcn genommen-, Flügel
hatte sich das vorige Woche erfolgte Ab
leben seiner zweiten Frau so sehr zn
Herzen genommen, daß er in Schwer-
Auth vcrsicl.
Thüringische Staat» n.
Für die Landcsstistung zur goldenen
Hochzeit des Großherzoglich Sachfen-
Weimarischen Fürstenpaares sind in der
Stadt Eiseiiach 19,874 Mk. gesammelt
worden. Das macht auf den Kopf der
Bevölkerung etwa eine Mark. In
diesem Jahre feiert die frühere Henne
berg'fche Porzcllanfabrik in Golhu, de
ren gegenwärtige Bcsitzer dic Gebrüder
Simson sind, ihr 125 jährigeS Jubi
läum. Tie Fabrik ist im Jahre 1707
gegründet worden und soll das Zweit
älteste Geschäft in dieser Branche in
Teutschland sein. Telegraphensecre
tär Peist in Gotha feierte das 50jäh
rige Amtsjubi äiim. —Jn Meinin ,en
wurde cine Anstellung für Gewerbe,
Landwirthfchaft und Obstbau eröffnet.
Der Herzog hat zu derselben 1000 Mk.
gespendet. Die vielfachen Störun
gen. welche in letzter Zeit bei den Trau
ungen in der Kirche zu Pößneck vorge
kommen sind, haben das herzogliche
Lberpsarramt in Pößneck veranlaßt,
den Zutritt des Publikum» zu diesen
Feierlichkeiten fortan nur gegen Ent
richtung von 10 Pfennig pro Person zu
gestatten.
Königreich Bayern.
112 Die älteste Frau von Nürnberg,
Sophie Klatzkops, im Alter von 98
Jahren und 3 Monate». Postbote
Wetzet in Aitrang wurde wegen Verun
treuungen im Amte entlassen. Ter
17 Jahre alte Malergehilfe Ludwig
Kiemingcr in Passau kam AbendS an
gctrnntcn nach Hause. Als ihm seine
Mutter hierüber Vorhalt machte, ging
Kieminger vor die Thür nnd stieß sich
ein Dolchmesser in die Herzgegend. Tie
Verwundung ist voraussichtlich eine
tödtliche.—l» der Pfarrkirche in Sal
iern fand die Trauung des Kunstmalers
Braun von München mit der Branerei-
und OckonomiebesitzerStochter Zach von
Weichs, ciner allbekannten Schönheit,
statt. Dem Motzenbanern Sebastian
Lcitncr in Nistfcucht wurde jüngst in
ununterbrochener Reihenfolge der sie
bente Knabe geboren. Auf gestellte
Bitte hat nnn der Prinz-Regent die
Palhenstelle übernommen.
Groß herzogthu m Baden.
Darlanden wurde letzthin in nicht
geringe Auslegung versetzt durch den
Ausbruch eines großen Feuers in der
Brauerei Ganz, welche auch total nie
derbrannte. Ueber 100 Säcke Malz
sind verbrannt.—ln Emmendingen
feierte der Kirchenrath Dr. Schringer
am Sedanlag scincn 90jährigen Ge
burtstag zu gleichtut scinem 60 jährigen
Jubiläum als Seelsorger der Stadt.
Rührend war cS. als dcr älteste Mann
der Gemeinde, der 92jährige Höring,
feinem nm 2 Jahre jüngeren Seelsor
ger gratulirte. Zwei Kindei im
Alter von 9 und 11 Jahren, aus einem
Orte bei Breisach gebürtig, begaben sich
kürzlich vom Freiburger Bahnhof auf
die Reise nach Amerika. Sie waren
ohne jede Begleitung nnd trugen je ein
Täsclchen auf der Brust, woraus Na
men und Bestimmungsort verzeichnet
stand. Ein Berwandter hatte dic Kin
der. die arm und elternlos sind, kom
men lasscn. Seit einiger 'Pit wer
den die Ausgrabungen des römischen
GrenzwallcS unter dcr sachkundige»
Leitung des Professors Konradi soitge
sctzt. Nachdem die Grundmauern des
Kastells im Hettinger Walde bloßgelegt
sind, wurde nun in nächster Nähe des
selben ein neues noch größeres Kastell
entdeckt und bloßgelegt. Ter Bür
gerausschuß in Gengen dach beschloß die
Errichtung einer erweiterten Volks
schule und bewilligte einen Beitrag von
20,000 Mark aus den Ueberschüssen
der Spar- und Waisenkasse zur Restau
ration der Pfarrkirche.
Elsaß-Lothringen.
Tie Weinlese im Ober-Elsaß ver
spricht ein gutes Ergebniß und scheint
der Ernte des Jahres 1865. die für un
sere Gegend als die beste unseres Jahr
hunderts gilt, in nichts nachgeben zu
sollen. Ter Besuch von Weinkäufern
aus den Nachbarlanden, besonders aus
Bauern und Boden, ist dezhalb ein
starker, und die Weinsticher erhalten
schon jetzt zahlreiche Bestellungen.
Großes Aufsehen erregt die Perhaftung
zweier Bürger in Mosheim Bater
und Sohn, von denen der erstere Ge
meiudcrathZmitglied ist. Dieselben
haben einen hiengen Hiwdler auf dem
Heimwege vom WiNhShaufe aus An
laß eines kleinen Wortwechsels durch
Fußtritte aus den Kops derart mißhan
tztlt. daß der Verletzte wahrscheinlich
irrsinnig wei den wird. —Der Bürger
meisler Utzschneider im beiiachbarlcn
Neunkirchen hat dem Saargemiinder
Hospital 10.000 M., dem Armenrath
4000 M. geschenkt. 112 Der pensio
nirte katholische Hanptlehrer H. Mörsch
bacher in Snargeniünd. Die Ge
meinden Tambach, Schcrweiler,
Blientschwcilcr und Epsig in Unter-
Elsaß sind am 1. October, Abends,
schwer vom Wetter betroffen worden;
ein aus dem Mastriner Thal herziehen
des Gewitter, verbunden mit Hagel
schlag. hat den armen Winzern den
ganzen Herbst zerschlagen. Hagelkör
ner, wie Hühnereier groß, bedeckten den
B"den; ein Eigenthümer verliert über
300 Ohm Wein. In Sierk wird
jetzt eine nene Moselbrücke gebaut,
nachdem der preußische Kriegsminister
seinen Widerstand gegen dic AuSsüh
ning dcs Baues ausgegeben hat.
Schweiz.
Die aargauische Wcinbaugescllschafr
hat die Trauben in ihrem Weinberge
zu Klingnan an öffentlicher
dem Herrn Steigmeier zum Rebstock zu
00 EtS. das Kilo zugeschlagen. In
Elsingen sind die Trauben ab den Re
ben der aargauischen Wcinbaugefell
schast auf öffentlicher Versteigerung
ebenfalls zu 00 Cts. per Kilogr. ver
kauft worden. Die nachtheiligen
Folgen der Cholera werden wohl in
keiner Ortschast der Schweiz stärker ver
spürt, wie in Einsiedel«, indem nicht
nur ganze Pilgerzüge ausgeblieben sind,
sondern auch die familienweise» Wall
fahrte» sich auf Null reducirten.
112 In GcrZau Oberlieutenant Martin
Cainmcnzind, Bezirksrichter. Derselbe
war ein scingebildeter Mann, begabter
Publizist und tüchtiger Pomologe, wo
von die sorgsältig behandelten Baum-
Pflanzungen im väterlichen Heim, in
den schönen Gärten des Fleckens GerSau,
bis weit hinauf in die Berge, beredtes
Zeugniß geben. 112 In Galgenen Hr.
Franz Joseph Schattin, ein tüchtiger
Landwirth, ein guter Familienvater
und trefflicher Bürger, der verschiedene
Aemter bekleidete, so als Gemeinde
rath, Genossenvogt und 24 Jahre als
Bezirksrath. Am 1. October wurde
bei wundervollem Wetter die Wengern
alpbahn von etwa zwanzig eingeladenen
Vertretern der Presse besahren. Man
fuhr in Jnterlaken um 9 Uhr 15 ab
und kam um 11 Uhr 30 aus Wen
gernalp an. Nach der überaus ange
nehmen Fahrt durch die über alle Be
schreibung reizvolle Landschuft war hier
den Gästen ein Mittagessen bereitet,
bei dem es äußerst fröhlich herging.
Bei dem Brandunglück in Grindelwald
haben nicht weniger als dreizehn pa
kentirte Bergführer ihre Wohnhäuser
und allen ihren Hausrath verloren.
In Witteusbach bei Trüllikon seien ei
nige Weinkäuse gegangen und zwar
Rother zu 85 Fr. per Saum. Die
Gemeinde Dielsdors leistet an das dort
zu errichtende Bezirks-Krankenasyl eine
Subvention von 1700 Fr. —In Breiten
bach kam Joseph VcUbeisen ans Wah
len beim Dreschen mit der rechten Hand
in die Maschine, was eine sofortige
Amputation der Hand nöthig machte.
Bernhard leger, Zimmermann von
Meltlingen, geb. 1837, kehrte von
Fehren heim nach Mellingen. Er ge
rieth dabei in den stark angeschwollenen
Meltingerbach nnd fand in dem reißen
den Wasfer den Tod. Die Leiche blieb
an einem Strauche hängen, wo sie am
folgenden Morgen von Vorübergehen
den entdeckt wurde. 112 I» Langen
thal Herr Major Fritz Lehmann. Wein-
Händler. Zn Langenthal hat der
Gemeinderath einstimmig als Platz für
ein eidg. Postgebäude in dieser Ortschast
den „Letzten Batzen" bezeichnet.
O e st e r r e i ch
Wien: Leopold Hofmann, proto
kollirter Mannfactiirwaareiihändler,
hat sich insolvent erklärt. Die Passiven
werden mit 140,000 fl. angegeben.
Eine Nachricht, die nicht nur in dem
Wiener Geschäftsviertel, sondern i» den
gesammten Handelskreisen der Mo
narchie Aussehe» erregte, ereignete sich
dieser Tage. Eines der bedeutendsten
Gioßhäuser in Mode-und Manusac
turwaaren, die Firma Jacob Moor u.
Comp, hat sich insolge der andauernd
schlechten Verhältnisse des Zwischenhan
dels entschloffen, ihr Geschäst z» liqui
dire». Herr Jacob Moor, welcher die
Firma vor 44 Jahren gründete, ist vor
einigen Jahren aus derselben geschie
den. Die Firma, welche seit langer
Zeit in dem Hause Gonzogastrasn No.
1 ihre Eomptoirs und Lagerräume inne
hat, gerieth vor einem Jahre in finan
cielle Verlegenheiten. Die Höhe, der
Pafsiven übersteigt eine Million Gul
den. Im Gastho-e zur „Kaiserin
von Oesterreich" in Dornbach nahm
letzthin Abends eln junges Paar Ab
steigequartier. Am nächsten Tage iand
man Beide ols Leichen mit durchichosse
ner Schläse. Der Mann heißt Wenzel
Sntschek, ist ans Döbling uud verhei
rathet. Unglückliche Liebe icheint das
Motiv des Selbstmordes gewesen zu
sein. Aus einem hinterlassenen Zettel
baten sie um ein gemeinschastücheS Grab.
Den „Münchener Neu e
sten Nachrichten" zusolge ist der Haupt
mann z. D. Tanera, bekannt durch
seinen offenen Brief an Emile Zola, in
welchem er dessen Roman „I.»-tsbnclo"
einer abfälligen Kritik unterzog, mit
der Erlaubniß zum Tragender Uniform
pcnsionirt worden.
Ein Mu ihriger. „Also
wirklich, Herr Major, «Äe wollen mich
heirnthcn?" —„O gewiß. Gnädigste, ich
kann's wagen, bin ja aus allen Feld
jügen heil zurückgekommen!"
Eine wahrhaft vorbild
liche und erhebende Eintracht der Be
kenner verschiedener Konfessionen hat
sich unlängst in London gelegentlich der
bevorstehenden Demolirung eines jüdi
schen BethauseS gezeigt. Insolge eines
Beschlusses des County Council muß
nämlich das alte jüdische BcthauS
„listl, lisnnili-sscti" wegen Bausällig
keit abgetragen werden. Bevor dieser
Beschluß zur Ausführung kam. wurden
noch die jüngsten jüdischen Feste ge
feiert. Ans Anlaß des NeujahrssesteS
hattc ber Vorsitzende Mr. Simon Cohen
die üblichen Glückwünsche an die her
vorragendsten Persönlichkeiten ausge
sendet iin» von Allen kamen die herz
lichsten Danksagungen zurück. „Evening
News and Post" theilt diese Dank
schreiben mit und erwähnt, daß die
Königin, der Prinz von Wales, SaliS
bury, Gladstone, Rosebery, der Erz
bischof von Canterbury u. A. Tant
briefe an den Vorsitzenden gelangen
ließen. Der Lordmayor schrieb, „er
hoffe, es werde niemals eine Zeit
kommen, in der ein Lordmayor
seines wichtigen Amtes vergessen
werde, der Almosenier, der ös
fentlichen Wohlthätigkeit, der Dol
metsch seiner Mitbürger in Werken der
Philanthropie und des Wohlwollens zu
sein, allen Klassen und allen Secten ge
genüber, die verletzt und unterdrückt
sind." Und der Erzdechant Sinclar
schrieb : „Wir Alle beten zu demselben
Gott. Wir Christen glauben, daß er
derselbe ist im neuen wie im alten Te
stamente." Der Bischof von London
sagte in seinem Briefe: „Bon ganzem
Herzen bete ich zum himmlischen Bater,
dem Eurigcn, der auch der unsrige ist,
er möge Euch mit irdischem und gei
stigem Glücke segnen das ganze Jahr
hindurch, das Ihr soeben beginnt. Ich
werde mich glücklich sühlen, wenn ich,
geleitet von seiner himmlischen Liebe,
irgendwie beitragen kann, um Euer
Wohlergehen in dieser wie in jener Well
zu fördern." Die Briefe machten auf
Alle, die sie hörten, den tiefsten Ein
druck. Dann fand in feierlicher Weise
der Abschied vom alte» Bethause
statt. Nun wird ein neues Haus ge
baut werden, wo wie im altcn, für die
ärmsten Inden Gottesdienst wird gehal
ten werden und wo diese Armen in der
Zeit der Noth auch eine Zufluchtsstatt«
sinden werde».
—„O Hei delberg!" Diesen
Seuszer stellen die „Grcnzbotcn" an
die Spitze der folgende» Zuschrift:
„Am badischen Neckar, oberhalb von
Zwingenberg, liegt einsam und noch
bis vor Kurzem von der unvermeid
liche» „Zngänglichcrmachnng" sast
gänzlich verschont, schön in ihren Trüm
mern, lieblich in ihrer Umgebung und
durch ihren Namen die Ruine Minnc
burg. Den Namen hat ihr auch die
grobherzoglich badische OrtSstatistit
nicht nngcsochkcn, und so sollte man
gewiß meinen, es sei in Ordnung da
mit. Da kommen wir nun neulich zur
schönen Sommerszeit wieder einmal die
sogenannte Anlage in Heidelberg ent
lang, erblicken da einen offenbar städti
schen oder gemeinnützigen „Oricnti
rungspavillon" für die Fremden und
blsehen uns denn auch folgsam und mit
einer gewissen dankbare» Befriedigung
die aufgehängte» Karten. Ansichten
und Erklärungen. Aber o weh! da ist
sie ja auch mitten drunter, unsere nn>
bekannte Bürg, unser trauliches Idyll
vom Neckar, breit photographirt. und
darunter steht noch breiter: Minna
burg. Ja, Miunaburg! Da sind wir
also wieder einmal die Blamirten!
Freilich, wenn eS Jemand heutzutage
nicht wüßte, daß es in feinem Hoch
deutsch Minna heißt, und wie eine
dumme Bauersmagd Minne sagte, so
wäre das in der That sehr „ungebil
det"
Ein blutiges S ch ar>
mützcl hatte in der Nähe von Burg
steinfurt (Rgb. Münster) der Forster
Mittelstädt des Fürsten zu Bentheim-
Steinsurt mit zwei Wilderern, den Ko
lonatsbesitzeru Brüdern Hüging, zu be
stehen. Er traf diese Leute, als sie im
Begriff waren, Kramnietvögel aus den
Schlingen zu befreien, und wollte des
halb zur Verhaftung schreiten. Als die
Wilderer ihn kommen sahen, ergriffen
sie zunächst die Flucht, lehrten dann
aber ptvtzlich um uud gingen ihm mit
einem langen Messer und einem Beile
zu Leibe. Dem erste» der Wilderer
stieß der Förster die Läuse seines Ge
wehres so wuchtig in den Mund, daß
er wie leblos zn Boden stürzte, dann
schoß er dein zweiten, der schon die
Waffe zu tödtlichem Schlage erhoben
hatte, eine Kugel in den Unterleib, daß
auch dieser, schwer verwundet, zur Erde
fiel. In demselben Augenblick aber
krachte ein zweiter Schuß: dem Förster
war der linke Arm zerschmettert. Der
zuerst unschädlich gemachte Wilderer
hatte in dem Augenblick, wo der Beamte
sich gegen seinen Bruder vertheidigen
mußte, das Gewehr erhoben und den
Schuß abgefeuert. Die Verletzung des
Försters ist schwer, der Arm wird wahr
scheinlich abgenommen werden müssen.
Der durch den Schuß zu Boden ge
streckte Wilderer ist inzwischen an der
Verwundung gestorben.
Eine Skandalgeschichte
wird in Pariser diplomatischen Kreisen
lcbhast besprochen. Herr Georgando
pulo, der griechische Biceconiul dcs
griechischen Konsulats, hat insolge von
Klagen, die gegen ihn eingereicht wor
den, plötzlich Paris verlassen. Er
wird angellagt, der in Paris wohnen
den Wittwe eines griechischen Bankiers,
Frau V., die Zurückziehung bedeuten
der Summen, die sür ihre minderjäh
rigen Kinder in einer großen Kredit
anstalt niedergelegt waren, erleichtert
zu haben. Bon einer Erbschaft von
einer Million sollen so zum Nachtheil
dieser Kinder binnen wenigen Monaten
80V,VW FreS. verschwendet worden
sein. Herr Georgandopulo, der sich
übrigens in ziemlich bedrängten Um
ständen besän», ist sofort abberufen
worden.
Der Sohn eines her
vorragenden Advokaten und nebenbei
sehr reichen nnd kunstsinnigen Mannes
Namens Umberto Luzzatto in Venedig
unterhielt seit drei Jahren ein intimes
Verhältniß mit einer schönen, mehr
aber noch interessanten Dame der Halb
welt, mit der Bologneserin Ines Bo
schs, di»' dnrch ihren Hang zur Eleganz
nnd Verschwendung sich eines gewissen
Ansehens in der Welt hiesiger Lebe
männer erfreute, deren sie schon einige
finanziell zu Grunde gerichtet haben
soll. Umberto Lazzatio, seines Zei
chens Jurist uud seit Kurzem auch Ge
richtsbeamtcr, ein strebsamer und ern
ster junger Mann, wünschte längst
nichts sehnlicher, als mit Ines zu bre
chen, zumal seine Familie sich mit dem
Gedanken trug, ihn an der Seite eines
schönen und jungen Mädchens in den
Hasen der Ehe einlaufen zu lassen. Als
Luzzatto endlich die Kraft gefunden
hatte, mit Ines, wenn auch »l'smiadls
zu brechen, erwachte in ihr die „Leiden
schaft für den Mann" und sie beschloß,
ihn und sich zu tödten. Mch ciner an
geblich endgiltig letzten Unterredung,
zu der sie sich bräutlich in weiße Seide
gekleidet und bei der es, wie das Stu
benmädchen aussagt, sehr stille zu
ging, feuerte sie gerade, als er das
elegante Appartement, welches sie seiner
Großmuth dankte, zu verlassen im Be
griffe stand, aus einem zehnkalibrigen
Revolver eine Kugel aus ihn ab. Der
erste Schuß ging fehl-, Luzzatto jagte
instinktiv die wenigen Stufen des ersten
Stockwerkes hinab, ehe er jedoch unten
anlangte, drang eine zweite Kugel hin
ter dem rechten Ohr in das Hinter
haupt des Unglückliche», welcher gerade
noch die Straße erreichte, wo er blut
überströmt zusammenbrach. Zur
Stunde lebt Luzzatto noch, allein man
fürchtet, ihn nicht retten zu können.
Während dieses Borganges hatte sich
eine große Mcnschcnmcnge vor dein
Hause der Ines Boschi versammelt und
verlangte ungcstüm Eintritt. Da Nie
mand die Thür öffnete, denn auch das
Stubcnmädche» war in ihrem Schreck
auf die Straße geeilt und sah sich nun
hinnusgesperrt, wurde diese gewaltsam
geöffnet und man fand Ines noch im
weißen Seidenkleid, blutüberströmt und
mit dem Tode ringend, auf dem Boden
liegend; Theile ihres Gchinis hafteten
a» de» Wänden und auf den Teppichen.
Wenige Minuten später verschied sie.
I m „B er l. Tag c b l." vom
14. v. M. ycivt es: Die „Neue Deut
sche Oper", welche seit Ansang dieser
Saison im Bclle-Alliaiicc-Thcater ih
rc» Wohnsitz aufgeschlagen hatte, hat
seit gestern zu eristircn aufgehört. Ei
ner der Direktoren, Herr Kart Junker
inann, der Sohn des bekannten Reuter-
Darstellcrs, wird fcit gestern früh ver
mißt, und die Vermuthung liegt nahe,
daß er, um dem drohenden Krach aus
dem Wege zu gehen, flüchtig geworden
ist. Am schwersten geschädigt sind na
türlich die Mitglieder der Oper und des
Ballets. Man spricht davon, daß schon
zu Anfang des Unternehmens die Ga
gen unpünktlich und die Spielhonorare
gar nicht gezahlt worden seien. Herr
Director Karl Junkerniann hat seine
Mitglieder durch Ausflüchte so lange
hinzuhalten gewußt, bis er sich in Si
cherheit gebracht hatte, und als die Be
klagenswerlhen vorgestern auf dem
DirectionSbüreau erschienen, konnte
ihnen der Compagnon des Flüchtigen,
Herr Hock, nur von dem Vorgefallenen
Kenntniß geben. Eine ganze Anzahl
von Beamten des Theaters vertiert
durch den Krach namhafte Summen.
So der Ober-Controleur Unger 8500
Mark, der Kafsirer Volkman» die von
ihm gestellte Caiitio» in Höhe von
2000 Mark. Ferner verliert die Dar
stellerin der „Pandora" außer ihren
Spielhonorar- uud Gagenansprüchen
noch 1000 Mark, dic sie dem Herrn
Director Junkermann baar geliehen
hat; cin Oberkellner vom Cafe Bauer
büßt 1000 Mark cin. Vorläufig haben
sich die Besitzer des Belle-Älliance-
Theaters, die Directorcn Stcrnheim
und Bruckhoff, der Bedrängten ange
nommen und werden zunächst bis zum
1. November das Ballet „Pandora"
bei allerdings wesentlich reducirten Ga
gen weitergeben. So wird sich ihre
Menschenfreundlichkeit scheinbar recht
gut belohnen.
—A u s Göt ti n ge li. 12. Oc k.
schreibt man: Heute, am 400 jährigen
Gedenktage der Entdeckung Amerikas,
wurde in unserer Universitüts-Biblio
lhek eine Jubilüums-AuSstelluug eröff
net, in der alle Werke der Bibliothek
ausgelegt sind, wclchc aus die Geschichte
der Entdeckung Amerikas Bezug gaben.
Es befinden sich darunter alte Drucke
von großer Seltenheit, z. B. das Tage
buch dcs ColumbuS über seine erste
Reise, der Bericht von Ferdinand Cor
tez über dic Eroberung Mexikos und cin
Wcrk in lakcinischer Sprache, in wel
chem zuerst vorgeschlagen wird, den
iieuenkdecktcn Erdthcik „Amerika" zu
nennen. Unter den Handschriften find
interessant dic in mchrere» Bänden
vvrhändeuen saksimilirlcu Bücher des
ColumbuS über seine Entdeckungen,
sämmtlich unterschriebcn : Christofe--
rcns. Fcrncr sind cine große Zahl
interessanter Karten ausgelegt, u. A.
MercatorS Karte von Amerika (1595);
dic erstc Kartc, auf welcher der Name
„Amerika" vorkommt (l 520) u. f. w.
Welcher Herrscher hat
dic mcistcn Frauen? Der Kaiser von
Marokko. Muley Hassan, ist der Gälte
von 0000 Frauen, welche in den drei
Hauptstädten seines Reiches, Marokko,
Fez uud Meskines vertheilt sind. Die
ihm an Fraucnbcsitz nächststchendcii
orientalischen Herrscher sind: der König
der Aschantis, welcher 3000 Weiber hat,
der König von Siam, welcher deren
000 besitzt, der Schah von Persien mit
400 und der König von Dahoniey mit
250. Der Sultan der Türkei besitzt
wohl 300 Frauen, von diesen haben je
doch nur 7 den Titel „Kadin", welcher
sie als die eigentlichen Frauen erklärt,
während die übrigen „Odalik" gekiannt
werden. 8