Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, November 11, 1892, Page 7, Image 7

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    H»«tsche Local«achrichtt».
Provinz Brandenburg.
Berlin: In der Neuen Köuigstratz«
Nv. 3V führten die Kaufleute Rosen
berg »nd Sommerseld ein Leder-Groß
geschäst. Im Lause des Sommers kam
es zwischen den beiden Th.uyabern zu
Auseinandersetzungen, die zu einer Auf
lösung der Societät führten «nd Herr
Rosenlorg gedachte das Geschäst sür
eigene Rechnung weiterzuführen. Die,
Trennung »o» seinein seitherigen Sv-j
cius scheint Herrn Rosenbkrg jedoch seht
stark alterirt zn haben, denn dieser Togc
hat er sich in s,einem erichof
sen. Der hiesige Gpirltus-Moker
I. JtzÜH hat sich in Kowerg, wo er-als
Badegrst i .«eilte, ertrknkt. Der 68-
zäh-riste Bankier Aug. Schulze. Inha
ber «nes vor 37 Mhre don ihm ge-
Prtinvcten Bank- «nd Wcchsclgest'yäslcF
in «der lägerstrnßr, gegenüber der
MichSbank, jetzt Oberwallswäße 5,
Mtc sich selbst der Staatsaixmltschaft
mit der Erkläriiiift/'daß er sich Depotun
tsrjchlagunge» inHöhe von 300,000 M.
schuldig gemacht habe. Schulze wurde
!sofort in Hast behalten »ad auch sein
Socius und Echwiegersoli»!, der 38-
jährige Erich Viert wurde in Haft ge
nommen. Die fallite Firma galt als
solid und ssll 'Nicht fpeknlirt habe»;
ebenso war dvr Privatgebrniich des In
habers der Firma sehr bescheiden. Hin
gegen sotl Letzterer an seine Berwand
ten große Summen, u. Ä. sür nachge
suchte Patonte einem einzigen Berwand
ten 550,000 M., gegeben haben. Man
gab as deir Börse die Passiva mit 1,-
500,000 1.700,000 M. an. wäh
rend bezüglich der vorhandenen Aktiva
keine Aiu;iiben gemacht Bierden. Der
Kassirer »es „Hotel Bristol" Unter
den Lindk'U, Waldeninr Siebert, ist
unte-r Aiitnahiiie pon 7000 M. eia
kassirtor Gelder flüchtig geworden.
Der mit>fci»er Frn» und acht Kindevn
im Hanfe Ädmiralstraße 38 wohnende
47jÄhrige Arbeiter Wilh. Weigelt, wel
cher mit se-mer Faniilie schon länger .in
Unfriede», lebie »nd schon vor mehrercii
Tag»» den Versuch gemacht hatte, soi.ne
Frau im Schlaso z» erwürge», hat jetzt
NvchtS >die Frau erschossen. AIS «us
den Sch«rß die Nachbarn hinzu eilten,
schoß Weigelt sich eine Kugel in den
Kops U'iid da der Schuß nicht sosort
tedtlich war, tso brachte er sich »och
einen kefen Schnitt in den Hals
bai, worauf er alsbald starb.
Provinz Posen.
Das königliche Gymnasium in Brvm
bvrg beging sein 75jährigeS Stistu»gS-
durch einen größeren Festact.
Der Ingenieur Peise von Filehne 'ist
in der Netze ertrunken. 112 In Kvl
»nnr,i. P. die Frau des Schmicdemei
sterS und Stadtverordneten Milbrondt
on Blutvergistung. Durch Äer
»nächtniß des verstorbenen RentrerS
der Stadt Lissa zur Erdmi»
«u:g eines Knaben - Waisenhauses 40,-
<tOO Ivik. zugesallen. Ter MüP?äi
i»»sitzer Bartsch in Hammermiihle er
,ch»ß »aus dem Anstand den Arbeiter
Seipeit"U»d verwundete den Schäfer
Krieger um Arme; er hatte Beide in
der Dunkelheit >sür Hirsche angeschen.
Der unglückliche Schütze stellte sich Brei
«nllig der Behörde. Gegen den Pol-
KM unerlaubten Tragens weiß'roäher
Kokarden bei einem Boltssest Antrüge
e.hoben^wmden.
Provinz Sachsen.
tf.Jn Käsen der Gymnasial-Profefior
c. D. »Friedrich Hieronymus
In Zierlicher Weise wurde in Aisr
seburg >die Grundsteinlegung zn dem
<Äbliude sür den Proviiiziallandtag
Vollzvgon. Tie Weiherede hielt Super
intendent Pros. Tr. Martins, da<-
Hoch aus,>deu.Kaiser brachte der Ol»c>?-
Äiepier.ungörath von Aötticher aus.
-f In Naumburg a. S. Senats-Präß
dcnt bei dem Oberlandesgericht, Eitel
t>ink«r, Die in Sangerhausen schar,
jeit,v,e,len Jahren bestehende katholische
Grineiude!.konnte dieser Tage in wür--
diger Meise die Feier der Grnndstei».
iegung zu.«imr eigenen Kirche voll
ziehen, welche in einem Garten an der
Mugkstraße e»üaut werden wird. Die
Weiherode ehielt Domprobst Reick aus
<drfurt. In der Patzer'schen Loh
gerberei in Schkeuditz sind der Meister
und drei Gehilsen in der Lohgrube in
t«6ge »«-.giftigen Gasen erstickt. Die
Gehilfen Bong«.aus Berlin und Kös
lir aus Borth in Pommer» sind todt.
Die anderen beid«r Verunglückten wer
den gerottet iverder können. Ter be
taimte Agitator Pens war vom Mag
deburger Landgericht wegen Majestäis
lieleiÄgung zu zwei Jahren »itcfaiigniß
verȟr>thcill>worden. Das Reichsgericht
hob Kieses Urtheil a»?f und verwies die
Sache 'vor Gericht in Stendal.
Auch idieses (Bericht het eine M«festätS
beleidigung ats vorhcnden
»neu, hst das Strafiraß aber «ms ein
Jahr Gesanglich ermäßigt. der
Breite«bach«r Alur erschossen
Jager. die sich a.»f der Hasenjagd be
sanden. d,»S jüngste sowie die lii
jahrige Tochter Arbeiters Godehard
und verwuudelen vier andere Kindor
Proving Han n ever.
Tischler Vȧ von Dissen ist in dvr
Bauerschast Timm« vom Blitz ge
troffen und s»fort grlödtet nurden.
Das Ehepaar Stgdtrath L»,'wez in
Osterode a. H., beging das Fest der
Holdeiien Hochzeit und.erhielt v«ri Kai
i«r dazu die goldene Chejubi-itumS-
Medaille. Als Bote der Kaistri»
kam der Landrath in Stolzenau z« der
des GastwirihS Hilter, um ihr
da« goldene Kreuz für treue Dienste zu
überbringen. Die treue Dienerin, S«-
phie Brauning, hatte 50 Jahre lang
ununterbrochen in derselben Familie
gedient. Der einzige hoffnungsvolle
Sohn de» Gutsbesitzer? Lübbecke in
Esterholz, welcher das Realprogymna
fium in Uelzen besucht und hier auch in
Pension ist. bekam während des Schul
unterrichts Lu»s«llläh>nung, an deren
Mzt« er trotz schleunigster ärztlicher
hk.se starb. Im Dorf Änderte» (bei
Hannover) wurden durch eine große
FeuerSbrunst mehrere ausgedchnte Ge
höste mit >,em ganzen ErMsegen in
Äsche gelegt. —ln Beckstedt (bei Bas
sum) »r-.iiinte das GeHöst des Halb-
Dietrich Lindeiiiann nieder.
Hn Gerzen (bei Alfeld) wurde» die
Fabrikarbeiters Strohmeyer.
deH Rangirers Weber und der Wittwe
Un»e ein Raub der Flammen.
Zu Grevenwiese zerstörte ein Schaden
feuer Wohnhaus nebst Scheune des
Schuhmachers Mittelberg. Im
Dorfe Magrlsen (bei Hoya) sind 21
Gebäude und die Kirche
Zu Osterode «scherte eine Feuersbrunst
das GeHöst des Landwirths Niemeyer,
sowie inehrere Nachbargebäude mit vie
lem Mobiliar und einen Speicher mck
12,000 Zentner Wolle (Werth 120,050
Mk.) der Wollwaarenfabrik Allwörden
uiid Badendieck ein.
Ätheinprovinz.
Ein Opfer seines Berufes ist 'der in
Lärmen besonders in den Arbeiterkrei
sen betannte Tr. med. Schmidt «gewor
den. Derselbe, seit einiger Zeit in
Hamburg lebend, soll dort an 'der Cho
lera gestorben sei». In Bonn ist dem
'Bürgermeister Spiritus durch könig
liche Cabinetsordre der Atel Ober
bürgermeister verliehen worden.
s In Boppard Tr. med. I. Heist.
Dir Grafin Beissel-Gymmich, eine be
ehrte Dame, stürzte in Bonn Nachts
Versehens aus vom Fenster der
tzwsitm Etage ihres Hauses und war
bald darauf eine Leiche. Düsseldorf
Gefitzt gegenwärtig 560 Gast- und
Zchankwirthschasten, und zwar 127
Nastwirthschasten, 267 unbeschränkte
und 74 beschränkte Schankwirthschaf
lten, 33 Kasfecwirthschastrn, 43 Klein
handlnngen und 16 Kleinhandlungm
>nit Spirituosen. Der von Düssel
dorf flüchtig gewordene Wechselsälscher
Rudolf Erwig ist in Chicago ergriffen
worden und wird hierher zurücktrans
portirt werden. Dem Fabritbesitzer
Otto Böninger in Duisburg ist der
Titel Commercieiirath verliehen wor
den.
Königreich Sachsen.
Aus dem Bezirk Crimmitschau sind
seit einiger Zeit zahlreiche Weber nicht
nur nach Amerika, sondern auch nach
Rumänien, Serbien und Bulgarien
lusgewandert, um sich dort eine bessere
Existenz zu gründen. Bei den geringen
Löhnen, die in der sächsischen Weberei
meistens gezahlt worden, ist das natür
lich. —ln welchem Umfange Heuer der
sen Forsten so gefährliche Gast, die
„Nonne", auftritt, beweist der Umstand,
oak auf dem Stsatsforstreviere Reud
nitz bereits 3v.t)W Falter gesammelt
worden sind. Der Kohlenhändler
Kirchhübel, welcher sich nach Gröba be
zeben hatte, ist Al»eiids in der Nähe des
Bahnhofes Riesa «uf dem Geleise lie
gend todt ausgehuilden worden. Er
hatte enie Summe von ISOM. bei sich.
Wahrscheinlich ist, daß Kirchhuber schnell
über das Geleise hat'springen wollen,
öo» einem Eisenbahnzuge aber über
rascht und übersahren wurde. Unter
ven bis jetzt verhältnikmäßig reichlich
:ingegangenen Spenden sür die Abge
brannlen in Eibenpock befinden sich auch
viele Gaben aus dem Auslande, von
NeschästSsirmen, welche, mit den Eiben
stocker in Verbindung stehe». So
sandte die bekannte Firma Eornely ck
Lohn in Paris 4WM., eine Firma in
/London 1«2 M., e«ne Schweizer Firma
.50 M. .'e. Aber auch im Jiilande öff
nen sich die H.'rze« und Hände vieler
wohlthätiger Menschen vor dem Anblicke
der großen Noth. Die Stadt Schwar
zenberg spendete a»S dem Stadtsäckel
M. Bezeichnend für den Rück
gang der GrundftückSwerthc.ist folgende
Meldung: Die Glauchaner Stadt-
Mitinde hak am l. Okt. als einzige
Hypotheken - Gläubigerin die Bruno
Billa in Schweinsburg für
Zgs Höchstgebot von 2,1,400 M, zuge
schlagen eryalten. Der schätzungsweise
?rmittelte Werth des Kesammten Grund
stückes war auf 5>5>,75>0 M. festgestellt
iworden, wäbrend die
etwa 100,000 M. betragen haben wer
ben. Dieser Tage wiiwde in !>tir,ßdorf
Her Slriiinpswirker Türpe 'verhastet.
vTürPe steht im dringenden Aerdachte,
'sein, nni 21. v. M. verstorbenes Kind
zu haben. Dir Leichenschau
?!M?b, daß die beiden seitlichen Stirn
wayde eingedrückt und die Schädeldecke
'infolgedessen gesprungen wirr. Ein im
oinigen Jahre vcrstorbe»es Kind Tür
lpS's wird aus Ansuche« der Staats
anrvaltschast nochmals «ausgegraben
warten. Ter Kassirer Emil Rnnst
in -der lönigl. Porzcllan-Mun',usactur
in Meißen beging sein 6«sj.oHr>ig«- Ar
deitsiubiläum, welcher Tag für chen
Jnbilor reich an Uebl'rraschungr'n war.
Tue Poruntersiichung He.ge» .den
ükan'fmiann Ott» Fischer is, Meißen,
ooruwli.qen Kassioer des EreKii»wrein6.
ist ntmniehr geschlossen und die Sache
dem Landgericht Dresden überwiesen
wurden. Mischer befindet sich kereit-c
Über tch» Monale i-n Hast.
Z Hai«,! n gi s che Staaten.
Der Fli'itiucnincister.Kurzills aufdem
Callenberg <üei oburs- feierte sein <»0-
jähriges Die'istjubilüWn i» herzoglichen
Diensien. Mar PcrKel, Gera, Me
chanische Weberei, befindet sich in Zah
>!nngSichw>erikkei>en. Tie Berbkndlich
leiten betragen, -wie „Ter E-nfeetionär
enklärt, 340,'W1 Mark. Aus dem
2!t, Berbandsiti.g?' des Gothaer Krieger
vertondes waren 82 Bereine init üO'»3
Mitstiederu durch 08 StiinÄm vertre
len. In Halle deabsichtigt inm nicht
nur. binnen Jahretlrist eine elektrische
Centrale anzulegen und dieselbe fertig
zu stellen, sondern s«gar wegen der im
künftigen Juli dort in Aussicht genom
menen großeii Bühnensestspiele für die
Straßenbahn schon zu Mitte des So»-
niers den Betrieb zu eröffnen. We>
gen Gotteslästerung, begangen durch
Abdruck des Artikels .Volt werde hart,"
wurde der Redakteur des in Saalseld
.'rs^.'M»bensozjLldrinokratischk»^ZHü-
ring« VolkSblktieS*, H. Becker, zu
6 Wochen Hast verurtheilt.
Hessrn-Tarmstadi.
Die Straskammer verurtheilte den
Kaufmann Hermann Oppenheimer in
Tarmstadt wegen Wechsclsälschung in
153(> Fällen zu 4 Jahre» Zuchthaus.
Zur Errichtung eines Kaiser- und
Kriegerdenkmals iu Alzey soll eine Lot
terie veranstaltet werden in der Höhe
von 20,000 Mark bei 5000 Mark
Reinertrag. Das Denkmal wird auf
etwa 18,000 Mark zu stehen kommen;
bis jetzt sind c. 10,000 Mark zur Ber
fllgung. Gastwirth Korell in Bosen
heim entfernte sich aus seiner Wohnung
und suchte und sand den Tod in der
Appelbach. —Großes Aufsehen erregt
in der Hiernshciiner Gegend das plötz
liche Bcrschwinden des Wirthes G. Da
derselbe beträchtliche Geldsummen mit
sich «»hm, glaubt man, daß er die
Reis« über den Ocean angetreten hat.
Die Fcstling Mainz soll wieder eine
Militär-tz?trasabtheilung erhalten; 200
Mann Arbeilsioldaten der Militärstras
airstatt von Magdeburg werden hier
eintreffen und in dem Fort Bühlcr bei
Erbeuheim untergebracht werden. B»n
dieser Zeit ab sollen fortwährend 200
Mann Militärgefangene in dem Fort
verbleiben. Bor Jahren zog aus
-dem Dorfe Weinheim bei Alzey ein
schlichter Schlosserlehrling in die weite
Welt. Fleiß nnd Glück machten diesen
einfachen Handwerlsburschen zu einem
reichen, weltbekannten Manne. Es ist
dies der Hamburger Nähmafchinenfa
brikant Georg Neidlinger. Seitdem
dieser über große Mittel verfügt, ijst er
-ein Wohlthater feines Geburtsortes ge
worden. Jedes Jahr sendet er große
Mittel zur Unterstützung der ortSärme
ren Einwohner. Sein großartigstes
Werk ist jedoch die vollständige Renovi
rung der hiesigen evangelischen Kirche,
die letzten Sonntag unter zahlreicher
Betheiligung eingeweiht wurde.
Königreich Bayern.
112 In Augsburg der Domkapellmeister
Karl Kainmerlanoer, erster Director der
Augsburgcr „Liedertafel." Der seit
mehrere» Tagen vermißte Großhändler
und Gemeindcbevollmüchtigte Fritz
Stöcklein aus Bamberg wurde in der
Nähe des Walkspundes todt ans dem
Canal gezogen. Wegen Betrugs,
Unterschlagung und Wechselsälschung ist
in Vormberg der Großhändler Theodor
Gückel verhastet worden. Gymnasial-
Reetor Georg Großmann in Bayreuth
beging das vierzigjährige Jubiläum als
Gymnasiallehrer. Er tritt nunmehr
in den wohlverdienten Ruhestand. An
seine Stelle kommt Gymnasialprofeffor
Hofmann vom Maximilians-Gymna
sium fn München. Der Wirth An
gerer in dem Vororte St. Johannis hat
mit feinem Fuhrwerk sein eigenes vier
jähriges Kind tadtgefahren. Das Kind
lief.zwischen die Räder und kam mit
dem Kopse ss unglücklich zu liegen, daß
ihm derselbe buchstäblich abgefahren
wurde. s Zn Dachau der Oberst a.
D. Karl SebuS, früher längere Zeit
hindurch Platzmajor bei der Komman
dantur München. In TagmerSheim
hat der Tagelöhner Gall seine Frau er
schlagen »nd ist dann flüchtig gegangen.
112 In Erding Bezirksthierarzt Josef
Gasteiger. 112 In Fürth der Oberleh
rer Schmkißer. Auf oeni Ludwigs
bahnhof zu Nürnberg wurde der Fabri
kant Winter kon Fürth überfahren und
sofort getödtet. Wegen Ermordung
der seit dem 23. Mai 1887 verschwun-
Tebora Berk, genannt „Levi", deren
Knochcnreste erst im Frühjahr 1892 im
Hause Gartenstraße 2 in Fürth, wo
selbst die Anubrust'schtn Eheleute vom
l. Mai 188« bis 10. August 1891 ge
wohnt hatten, beim Wegräumen von
Schutt gesunde» wurde», hatte sich die
Maschiuenheizevehefrau Armbrust jetzt
vor dem Schwurgericht in Nürnberg zu
verantworten. Tie Geschworenen
konnten sich trotz der zahlreichen Jndi
cienbeweise. von der Schuld der Ange
klagten nicht überzeugen und so wurde
die Angeklagte von Schuld und Strafe
freigesprochen und aus der Hast ent
lassen.
Königreich Wü-r t t e m de rg.
Geh. Eommerci-enrath Gustav Siegle
yat anläßlich der Berheirathung seiner
Tochter den Arbeitern der beiden
Fabriken Stuttgart-Feuerbach 10,000
Mark zugewandt, welches in der Weise
vertheilt wnrde, daß jedem der Betrag
von 50 Mark zukam. Der Stations
meister ans der Station in Bempflin
gen wurde verhaftet. Man spricht von
einer Unterschlagung Hon MOO Mark,
welche er in amtlicher Eigenschaft be
gangen haben soll. —Dem in Hast be
sindlichcn Arinciipflegez Herburgsr von
JSuy sind außer den bisherigen 5,000
M. weitere Unterschlagungen im Be
trage von 3000 M. bis jetzt nachgewie
sen worden, und die Gesammtsumme
der von ihm unterschlagenen Gelder
dürste sich auf 10—12.000 M. belau
fen. Seine Kaution betrug nur 4000
Mark.—DaS Testaiiient des Eoiiimu
eienrathS Louis Laiblin in Pfullingon.
welcher scho» z» seine» Lebzeiten einen
'.wohlthätigen, gcmeinsiniiiqen ltzebrauch
wo» seine«-. Vermöge» machte, hat
Trost in inciiche Hütic gebracht: nebe»
'Mehreren Tausenden, welche den Ar
beitern seiner Papiersabrik gespendet
wurde», erhielte» die Ortsarmen t'osort
lOOS Mark u«d di» Ortsarmenbehörde
erhikllt 20,000 Mark zur Vertheilung
der Zinsen am jährlichen Todestage,
ebenso die Armendchörde im benachbar
ten Reutlingen 10.000 Mark. Nimmt
man hierzu die Stiftung einer schöne«
Kirchenor«cl. aus der Meisterhand
Walker», des Erbauers der Ulmer
Münfterorgel. »nd die Freilegung des
„Laiblinplaj>es" der Stadt,
so dürfte ei, ziemliches Mehr als die
Summe von 100.000 Mark diesem
edl,n Werte ge»psert worden fein.
Großherzogthum Baden.
T«r bewährte Künstler Professor H.
Tölz in Karlsruhe Hot jm Auftrag, des
Mannheimer TenkmalauSschusseS einen
Ciitivurs sür das hier zu errichtende
Kriegerdenkmal fertiggestellt. Die das
Wert krönende Figur stellt de» Sieg
dar als eim-n Jüngling, der mit mäch
tigen Flügeln die Lust durchschneidet.
Jm rechten Arm hält der SiegcsgeniuS
die Rcichsiiisjgnicn, Reichsschwert und
Kaiserkrone. Mit der ausgestreckten
Linke» läßt er den Palmzweig als Zei
chen des Dankes und der Berehruug
niedersinken. Diese Figur soll in
Bronze ausgeführt uud ohne die Figur
drei Meter hoch werden. —f Fabrikant
Ernst Vöhringer, Besitzer von Schloß
AllmannShausen nnd Ches der bekann
ten Chinin-Fabrik in Mannheim.
Herr Schreiber in Meersburg feierte im
Gasthof „Zum Schiff" fein -wjähriges
Jubiläum als städtischer Musiklehrer
und Organist. s In Meßkirch Ge
richtsschreiber Karl Lndwig Bender.
Der Dirigent der Feuerwehrkapelle in
Psorzheim, Ruschenweyh, hat zu der
C.hicagoer Weltausstellung für nächsten
Sommer ein glänzendes, ehrendes
Engagement erhalten. Seine Aufgabe
besteht darin, eine Kapelle nach dein
Muster unserer Militärkapellen zu
organisiren und bei den Concerten der
Weltausstellung zu dirigiren. Im
Oktober tritt die Kapelle zum ersten
Male zusammen. Die ersten Proben
sinden im April in Berlin statt. Die
Uebersahrt nach Amerika ersolqt Ende
April nächsten Jahres, das Engage
ment währt bis Oktober 1893.
Der Büchsenmacher Ludwig Klein in
Psorzheim war dabei gesehen worden,
wie er den Versuch machte, das an
sein Haus anstoßende Holzmagazin der
Möbelschreinerei Veihl in Brand zu
stecken. Als er dann verhastet wurde,
hat er sich im Amtsgericht erschossen.
Anhalt- Braunschweig»
Lippe-Waldeck.
s In Bernburg Amtsgerichtsrath
Bölkel. In Coswig brannte die
Holzschncideinühle von Otto Aehle nie
der. Der durch den fürchterlichen
Hagclschlag am 1. Juli v. I. im Her--
zogthiim Braunschweig in einer Breite
von l 6 Kilometern angerichtete Flur
schade» hat nach dem Bericht der Han
delskammer in den betroffenen 73 Ge
meinde» 3,643,000 Mark betragen,
wovon die Hagelvcrsicherungs - Gesell
schaste» 1,400,000 Mark ersetzt haben.
Ueber den schweren Unfall des Prin
zen Hermann von Schaumburg Lippe,
der sich, wie alljährlich, zum Herbstaus
enthalt nach dem fürstliche» Jagdschloß
Steyerling bei Wels in Oesterreich be
geben wollte, wird gemeldet: Der Prinz
machte den letzten Theil seiner Reise
von Wels nach Steyerling zu Pserde,
stürzte und erlitt einen Schädelbruch;
er verlor das Bewußtsein und wurde
nach Kirchdorf geschafft. Der Zustand
des Prinzen ist sehr bedenklich, die Be
wußtlosigkeit hält an. Der Linzer
Primärarzt Brenner entfernte die Kno
chensplitter aus dem Gehirn. Es be
steht die Befürchtung, daß. wenn der
Prinz auch mit dem Lebe» davonkommt,
mindestens ein Auge gelähmt bleibt.
Die Eltern des Prinzen sind in Kirch
dorf eingetroffen. In Lemgo feierte
Dr. Pape sein 50jährigeS Doctorjubi
lüum. In Talle wurde das 400-
jährige Bestehen des Gotteshauses ge
'eiert.
Mecklenburg.
Indem Bororte vonZedenick, Damm-
Hast, sind in diesen Tagen vier Perso
nen an der Cholera gestorben. Die
Schuhmacher-Innung in Güstrow fei
erte ihr Stiftttiigsfest. welches dadurch
eine besondere Bediu>t»iig hat, daß jetzt
gerade 200 Jahre verflossen sind, als
sich das Schnhmachcramt, aus'welchem
die jetzige Innung hervorgegangen ist,
bildete. —ln Malchin sind S CHolera
erkraiitungeii, darunter 2 mit todt
lichem Verlause vorgekommen.
Oldenburg.
Ein Millionenproceß gegen den
Staat Oldenburg schwebt zur Zeit vor
dem Oldenbnrger Landgericht. CS
Hände» sich um einen Schadenersatz vo»
3 Mill. Mark für abgetödtetes Fifch
wafser. Ter Fifchziichter Chr. Wagner
hatte gegen 260 Goldfifchteiche in der
Nähe angelegt, die vom Hunteflusse
aus mit Wasser versorgt wurd-n. Trotz
vorsorglichster Behandlung starben die
Goldsische. an einem einzigen Tage sür
63,840 Mark. Aus Veranlassnng d.'S
Deutsche» Fischercivereiiis wurde nun
eine gründliche Untersuchung des Hun
tewassers vorgenommen, welche den
Beweis lieferte, daß dasselbe durch das
Abwasser aus der Spinnerei Ostern
burg. dem starke Mengen Erdöl beige
mengt ivaren, derartig verunreinigt
wurde, daß die Fische in den Wagner
schen Teichen daran zu Grunde gingen.
Wagner strengte Schadeiiproceß gegen
die Spinnerei an, ist aber kostenpflich
tig abgewiesen worden. Er hat nun
mehr seine Ansprüche in der Höhe von
3 Millionen Mark gegen die oldenbnr
gischeStaalSregiernng gellend gemacht.
Eine mildherzige Frau in Delmen
horst mrabreichte einem Fechtbruder
wieber kam, um den Teller nnd silber
ne» Lössel wieder i» Empsang zu neh
men, war alles sammt dem Bettler
der Kreideschrift: „Herzlichen Dank!"
Schweiz.
In Madretsch fand die zweite dies
jährige Gesangsaufführung des KreiS
gesangoereinS Biel - Nidau - Aarberg
statt. Trotz des schönen Herbstsonnt»,
ze« war die Betheiligung ziemlich stark;
von Hrn. Kreisdirector K. Zahler
konnte» nicht unbedeutende Fortschritte
S«r einzelne» Bereine constatirt werden.
Tie Verluste der Spar- und Tepofi
tenkafje St. Jmier sollen 170,000 Fr.
betragen. Der Verwaltungsrath strebt
:ine außergerichtliche Liquidation an,
welche unter Leitung der bernischen
KantonalbZiil durchzuführen wäre.
In Spiez bat sich ein Turn- unk
Schwingvercin gebildet, zn dem sich
schon über 20 Mitglieder angemeldet
haben. Bei Dittlingen wurde der
Leichnam eine-Z 10jährigen Knabe».
Friedrich Blatter von Unteren, aus
dem Thunersee gezogen. Der unglück
liche Knabe war in die Aare gefallen
und fortgeschwemmt worden, als er
Holz aus dem Flnß ziehen wollte.
Im Einverständniß mit dem schweiz.
Eisenbahndcpartenicnt hat das Direkto
rium der Centralbahn beschlossen, eS
sei der Name der Station Scherzligen
aus den Zeitpunkt der Eröffnung der
Thunerseekahn in Thunersee umzuän
dern.— Ausgewandert sind aus dem
Kanton GlaruS 172 Personen, welche
von acht Gemeinden mit 3970 Kr. Aus
wandcrungSbcilrag unterstützt wurden.
Das größte AuSwanderungScontingent
stellte Schwanden mit 35.—Bei Ober
hosen-Turbenthal wurde der seit meh
reren Jahren in Selinatlen thätige
Sticker Bastiani in einem Bächlein todt
ausgefunden. 112 In Turbenthal Hr.
Lehrer Th. Beec, eine unermüdliche,
s-it 1875 an dortiger Primarschule ar
beitende Krast. s In Hirschthal der
älteste Bürger der Gemeinde, Herr alt
Seckclincistcr Kaspar Müller. Er hat
es aus 90 Jahre gebracht. Der
Elektrizitätsgesellschaft von Baden und
der Gemeinde Brugg wird je unter den
nöthigen sichernden Bedingungen die
Conzession zur Erstellung des Leitungs
netzes für die von ihnen projektirten
elektrischen Licht- und Kraststationen in
Baden und Brugg ertheilt. 112 In
Eggeuwyl (Bez. Bremgarten) der lang
jährige beliebte Seelsorger, Psarrer
Michael Huber, nach kurzer Krankheit
im Alter von 59 Jahren. Huber hul
digte in srühere» Jahren freisinnigen
Ideen und hat dies ost in Zeitungs
artikeln bekundet. Herr G. Baum,
Stickmafchinenfabrikunt in. Norfchach,
hat eine völlig neue Handstickmafchine
coustruirt, die 25 Procent mehr leisten
soll, als alle bisherigen Systeme.
Ueber .eine Massen - Vergiftung
in Briffago wird den „BaSl.
Nachr." berichtet: „Schon feit zwei
Wochen haben mehrere Personen Alles
erbrochen, was sie aßen, und beklagten
sich über Kolik. Das Kinderasyl hatte
geschlossen werden müsse», weil die
Kinder nach dem Genuß der Suppe er
krankt waren. Diese außergewöhnli
chen Erscheinungen regten die Bevölke
rung lebhast aus. Der Kantons-Che
miker untersuchte nun aufs sorgfältigste
das und die Nahrungsmittel »nd ent
deckte in einer Probe des Kochsalzes,
das von de» Gebrüdern Branka, Spe
zereihändler», verkaust wird. Spuren
von Arseniksalz. Es scheint nunmehr
als festgestellt, daß die BergiftungSsälle
auf die Mischung von Arsenik mit
Kochsalz zurückzusühren sind. Immer
hin ist es zur Zeit noch so schwer, zu
sagen, wie die Sache zugegangen ist.
Man glaubt allgemein, daß die Gebrü
der Branka mißbräuchlich in ihrem La
den Arsenik sührte», der sast gleich aus-,
sah wie Salz, und daß sie es aus Nach-'
lässigkeit mit dem Salz vermengten."
Am Morgen noch ist der Maschinist
Ouaglia iu Folge des Genusses arse
nikhaltigen Salzes gestorben. Ober
wil soll elektrische Belenchtung erhal
ten. Die Wasjerkrast wird dem Bir
sig entnommen, Unternehmer sind die
Herren Gschwind und Dettwiler. In
der Nordwestschweiz wird Oberwil zu
erst die «lektri'che Beleuchtung einfuhren
meinen die „Basl. Nachr."
O e st e r r e i ch.
Briefliche Nachrichten bestätigen das
am 23. Juli d. I. in Dar-es-Salaam
(Teutsch - Ostafrika) ersolgte Ablebrn
des Herrn Richard Jirku, welcher als
Architekt und Baumeister dort durch 2t
Jahre thätig war »nd theils Regie
rung?-, theils Privatbauten in dieser
deutschen (iolonie auSsührte. Jirku,
ein gebürtiger Mährer, hatte in Zürich
»nd an der Wiener technischen Hoch
schule studirt und fiel nun trotz feiner
sehr kräftigen Constitution, kaum 38
Jahre alt, dem mörderischen Fieber
der Tropengegenden zum Opser. Der
TodcSsoll ist um so tragischer, da Jirku
eben seine Heimreise antreten wollte,
um seine jetzt trostlose Braut zu eheli
chen. Neulich wurde aus der Be
sitzung des Baron Hirsch dessen Heger
Franz Bradzda im Schebeieiner Revier
von Raubschützen meuchlings erschossen.
Aus des Hegers Leiche sand man dessen
scharfgeladenes Doppelgewehr. Die
Gendarmerie fahndet nach den Thätern.
Neulich hat sich in der Erbrichterei
zu Gotschdorf der 2ljährige Kauf
manns-Poinmis Konrad Horny mit
einem Gewehre erschossen. Der Ge
nannte ist erst vor einigen Tagen aus
Thüringen, Ivo er in einem Geschäfte
stand, hierher zurückgekehrt. Horny
schi'int die That mit voller Ueberlegung
gethan zu haben. Er hat ein Testa
ineiit über sein über 1600 fl. betragen
des Bermögen und einen Brief hinter
lassen. Bor Kurzem brach in der
strohgedeckten Scheuer des Grundbesitzers
Franz Wolf in Lodenitz ein Feuer aus,
welches sich tosort über das ganze Dach
und in wenigen Augenblicken auch über
das Dach des Wohnhauses verbreitete.
In weniger als einer halben Stunde
dehnte sich der Brand auch über die
Dächer der drei anstoßenden Häuser aus
und vernichtete dieselben. 112 In
Raußuitz ei» alter, 35jühriger Dorf
patricier. der im Jahre 1848 eine
kleine Rolle gespielt hat. Sptinka
war ein geborener Slave. Vor dem
Jahre 1848 war er in Alt - Raußnitz
Gemeindevorstand. jedoch bei den
Bauern nicht beliebt. Im Jahre 1848
wurde er in den Landtag gewählt.
Der Einsturz des Räuberthurms in
Znaim hat der Gemeinde nicht nur
große Kosten verursacht, dieselbe sieht
sich überoieS verpflichtet, alles zu ver
meiden, was derartige Unglückssälle
künstighin veranlassen lönnic.
Ueber siebzehn Tausend
Sorten Seidenwaaren sind im Handel
bekannt.
Emile Zola hatte s i
während seines Aufenthalts an der
viera dahin geäußert, daß er auf du
Angriffe wegen ~l» schweigt »
werde: bei seiner Rücklehr nach Paris
hat er sich, wie bekannt, eine? „Schlech
teren" besonne». Damals erklärte er:
„Wozu antworten. Die Rollen, die
Kaiser und Armee gespielt habe», sin!
wahr, sind Geschichte, wozu also dariiber
streiten?" Nach Genua fuhr er, weit
sein Pater, ein geborener Veiietianer,
lauge Zeit dort lebte, ehe er nach Ai;
ging, wo Emile Zola gebore» und er
zogen wurde. Es sei unwahr, daß er
über den „Schandfleck der Küste",
Monte-Carlo, schreiben wolle. Er
wollte einsach Spiel und Spieler sehen,
und habe ansmerksam Alles beobachtet,
sinde aber diese Leidenschast langwei
lig, egoistisch. Bei allen anderen Pas
sione», z. B. bei der Liebe, müssen we
nigstens Zwei dabei sein, während der
Spieler sich selbst Frend' uxd mehr
noch Leid zufügt; immer fei, nameiit
lich hier, das Cnde Schande oder
Selbstmord „Man könnte die einz«!.
neu Typen schildern, aber es ele'.t m>ch
an. Den ganzen Tag höre ich vom
Hotelfenster ans das Gold klappern
aus den Bureaux der Adininistralion;
das macht ganz nervös. Gold hat hizr
gar keinen Werth. Wenn morgen de»
Kellner hundert Francs für ein Cote
lette verlangte, werde ich nicht erstaunt
sein, aber leben oder schreiben in
Monte-Carlo möchte ich nicht." Zola
besichtigte, wie der „Nene» Freie»
Presse" des Weitere» berichtet wird, in
Cannes die srühere Billa Maupassant.
Er schildert den Dichter als unheilbar
und will dessen in AniibeS ankernd«
Uacht „Bel-Ami'' ankausen sobald
er seinen neuen Roman .Louidcs»
Rom-PariS" vollendet hat.
Die Ursachen der „Sach>
sengängerei" werden vom KreiSphysikuS
Dr. Richter in der Zeitschrist sür Medi
zinlNbcnmte auf Grund seiner mehr
jährigen Ersahrungen iin Kreise Groß-
Wartcuberg scharf beleuchtet: „Unter
den Ursachen der „Sachsengängerei"
stehen obenan die traurige», zum Theil
menschenunwürdigen Wohnniigsver-
Hältnisse unserer landwirthschastlichen
Arbeiter. Es ist, und zwar leider be
sonders auf großen, den wohlhabend
steil Besitzern gehörigen Gütern kein«
Seltenheit, daß inehrere Familien z».
famiiic» einen einzigen, oft nicht mal
gedielten, sondern mit rohen Ziegeln
gepflasterten Raum bewohnen, i:r wel
chem sich ein gemeinsamer offener Herd
befindet. Man fpricht neuerdings fe
gern von einer „sittlichen Hebung des
Volkes". Wie kann auf einer solche»
Grundlage die Sittlichkeit gedeihen?
.. ..In der That, so jagt KieiSphysi
kus Dr. Richter, sind denn auch die
sittlichen Berhällnisse aus dem flache»
Lande nach meine» Erfahrungen, der
ich 6 Jahre unter den Arbeitern Berlins
als Arzt gewirkt habe, um nichts besse
rer, als in den großen Städten, denen
man so gern etwas anhängen möchte.
im Gegentheil, eher schlechter!
Daß in den Wohnungen unser-r länd
lichen Arbeiter Regen »nd Schnee ofl
durch die Decke» dringen, daß weder
Thüren noch Fenster schließen und die
Feuchtigkeit ost bis zur Manneshöhe in
den Wänden steht, gehört noch zu den
erträgliche» Uebelständen. Man täusch!
sich aber, wenn man glaubt, daß unser«
ländliche Arbeiterschaft für bessere Woh
nungSvcrhällnijje unempsanglich sei.
Etwas, was auch dein ländlichen Ar'
beiter unserer Gegenden keineswegs
mehr gleichgiltkf ist, so sehr er im All
gemeinen das Pslischerthuni begünstigt,
ist eine prompte Svrgc sür ärztlich«
Hilse an sich und seiner Familie. Aber
auch hierin wird ost schwer gesündigt,
und nicht selten sind «S wieder dir Ber
waltungen der größten Güter, welche
es am meisten fehlen lassen. Den
»nznreichciidc» Lohn- und Brodver
hältnissen unserer ländliche» Arbeiter,
welche die meisten, besonders größere
Familien dazu zwingen, buchstäblich
von „Kraut und Kartoffeln" zu leben,
steht, zumal im Sommer, eine under
hältnißmäßig lange Arbeitszeit gegen
über. Zumeist beginnt während der
Sommermonate die Arbeit um 3 Uhi
früh und ist. bei zweistündiger Mittags
pause, erst um 9 Uhr Abends beendigt.
Kein Wunder also, wenn die Leute
trotz der langen Arbeitszeit nur wenig
leisten. Die iibcrinäßige Jiiunspnich.
nähme der Frauen, welche mit den
Männern von Morgens bis AbendZ
mitarbeiten müssen, bedingt eine wei
tere Lockung der Familienbande. Ei«
ist serner die Ursache der hohen Kinder
sterblichkeit »nd der Verschmutzung der
Wohnungen. W.ihrend man .Gesix«
über Gesetze erläßt, welche den Arbeiter
schutz bezwecken, aber größtentheils nur
den Arbeitern der großen Städte uuli
der Jndnstriebezirke zu gute kommen,
bleibt bei uns auf deni Lande das Loo?
der Arbeiterschaft das alte, ja «S ver
schlechtert sich noch mehr.
Englische Blötter mel
den. daß der Kaiser von Japan ent
schlossen sei. im nächsten Sommer ein«
Reise nach Europa anzutreten. ..Th«
Globe" schreibt darüber: „Die Reis«
des Mikado wird sicherlich ebenso gro
Bes Interesse erwecken, als die Reisen
des Schahs von Persien. Man kann
sicher sein, daß alle Personen aus dem
Gefolge des japanischen Oberherrn sich
wie europäische Gentlemen benehmen
werden. Der Kaiser selbst ist >n >eder
Hinsicht ein civilisirter Monarch; er ist
an öffentlichen Verunstallungen >ede,
Art gewöhnt und liebt leidenschaftlich
den Sport, besonders die Pie.dereniikii,
Er ist außerordentlich stolz auf «ein
Heer, das von deutschen und sranzzsi
schen Osfilieren organifirt wurde. u»l
auf seine Flotte, die ihre Tüchtigte»
den Unterweisungen englischer Seeossi
ciere verdankt, CS ist daher wahr
scheinlich, daß die europäischen Monar
chen den Kaiser von Japan einladen
werden, wilitarischen Schauspielen, so
wohl Paraden o>S SchiffSmanövern,
beizuwohnen. Man glaubt, daß de,
Mikado bereits im Mai nächsten Jahre«
ngckl Enc-land abreise» wird "
Am 7. October wurde iir
Rußland die Gcdciikscier des vor 500
Jahren, am 25. September (7. Oet.)
1392 verstorbenen heiligen Sergius,
des Gründers des 05km von Moska»
gelegenen weltberühmten Troize-Ser
giew'schen Klosters, gefeiert. Dort, an
Ort und Stelle, im Kloster mit seinen
13 Kirchen und zahlreichen Kapellen,
wo auch die Gebeine des Heiligen iir
silbernem, mit Juwelen besätem Sarge
ruhen, fand natürlich die Hauptgedent
feier statt, und es wird von über 100,--
000 Wallfahrern gemeldet, die daselbst
aus alleu Theilen des Reichs zusqinincii
geströmt, aber auch in sämmtlichen
anderen orthodoxen Gotteshäusern Ruß
lands wurde der Tag feierlich began
gen, und besonders ist auch die lernende
Jugend ans die hohe Bedeutung hinge
wiesen worden, die in kirchlicher wie in
politischer Beziehung das Lebe» und
Wirken des Heilige» auf Rußland aus
geübt hat. Als Bojarenfohn geboren,
aber dem weltlichen Treiben abhold,
widmete sich der spätere Mönch Ser
gius, in Gemeinschaft mit eiuem seiner
Brüder, beschaulichem asketischem Leben
in einer selbst errichteten Wald-Einsie
delei. Allmählich schlössen sich ihnen
gleichgesinnt? fromme Leute an, und
so entstand im Laufe der Jahre daK
Troizc-Kloster, dessen Abt der Mönch
Sergius wurde; der Ruf 6eS frommen
Lebens, das daselbst Abt wie Mönche
führte», drang in immer weitere Theile
des Reichs und Fürsten und Bojaren
zogen zu dem ärmlichen Waldkloster,
um sich von dessen srommem Abt Ser
gius Rath und Segen zu holen. Und
der Rath, den er in kirchlichen wie welt
lichen Sachen ertheilte, erwies sich als
gut, der Segen, den er spendete, be
währte sich, und beides konnten die
Großen dieser Erde mehr denn je brau
chen, denn es war das zur Zeit der
Tatarcn-Herrschast. Wenn auch Groß
fürst Dimitri (DonSkoi) die wilden
Horden des Khans bereits einmal ge
schlagen, im Sommer 1380 sammelte
Mamai selbst alle seine Schaaren, ver
band sich mit Jagello von Litauen und
zog gen Moskau, um Nußland von
Neuem zu knechten, allc seine christlichen
Kirchen zn zerstören »nd cs zumJslain zu
bekehren. Die endgültige EntscheidunA
durch die Waffen stand bevor; da suchte
Großsürst Dimitri znvor noch den Adt
Sergius in seinem Waldkloster auf und
erbat sich feinen Rath. Dieser prophe
zeite den Sieg und am 8. September
1380 wurden die wilden Tataren-Hor
den des Khans aus dem Kulikowscherr
Felde gänzlich geschlagen. Der dank
bare Großfürst aber überschüttete das
Kloster mit Geschenken und holte noch
oft in spätern Jahren in kritischen An--
genblicken den weisen Rath des AbleS
ein, der selbst bis an sein Lebensende
der einfache, anspruchslose Mönch blieb,
sein Kloster aber zu stets steigender
Macht und Ansehen brachte. Ten Rus
sen erscheint der heilige Sergius als
einer der thätigsten Begründer die rus
sischen StaatSeiuheit uud Unabhängig
keit. Zwei der großartigsten histori
schen Ereignisse, welche einen sesten
Grund zur politischen Unabhängigkeit
und staatlichen Einheit Rußlands leg
te», werden stets unauslöslich mit dem
Namen des heiligen Sergius verbunden
bleiben: der Sieg auf dem Kulitowschen
Felde über die Tataren uud die Abän
derung der Thronfolgeordnung anstatt
des Systems der Theilfürsten, denn auch,
in dieser Beziehung ertheilte der Abt
Sergius den Moskauer Großsürsten
seinen Rath.
. Um die Sorge für die
Hamburger Waiseu aus der (iholera
zeit hat sich ein erfreulicher Wettkaiiipf
entfaltet. Aus allen Theilen des
Teutschen Reiches sind Spenden, sind
Aiierbietuugen, Kinder zu adoptiren
oder in Pflege zu nehmen, eingegangen.
Inzwischen hat Hamburg selbst sich der
Verlassenen in großartigster Weise an»
genommen und ob in Asylen, ob in
Privatpslege, ob bei Angehörigen, die
verwaisten Kinder sind unter guter
Aufsicht aufgeblüht und gelrästigt. ES
werden ihrer etwn tausend sein, auf
die sich die weitere Fürsorge zu erstreckn»
haben wird, und das WaifeühauS-Eol
legium gedenkt eine Anzahl davon iir
den umliegende» Provinzen Holstein,
Hannover und Mecklenburg unterzu
bringen, soweit beachtungswerthe Aner
bietungen von Instituten, Waisenhäu
sern und Privaten vorliegen. Erst in
zweiter Linie wird man sich dazu ent
schließen, die Kinder in entserntcren
Provinzen, namentlich in Siiddeutsch
laiid unterzubringen, da es sür die
Entwickelung der Kinder doch nicht un
bedenklich ist, sie ihrer norddeutschen
Heimath zu entfremden. Selbstver
ständlich werden die Waisen nicht eher
aus Hamburg fortgegeben, als bis die
Krankheit dort völlig erloschen ist.
Gegen die barbarische
Mode, die Federn nnd Bogelflügel zum
„Schmnck" von Tamenhüten zu ver
wenden. wird jetzt in Holland Front
gcmacht. Der „Nieiiwe Rotterdamfche
Eourant" schreibt: Ter Handel in Vo
gclbälgen nimmt sehr zum Nachtheil
der Ernte täglich an Ausbreitung zu.
Ein einzelner Händler in Paris empfing
nach der Zeitschrift „L'Jllustration" im
vergangenen Jahre 40,000 Bogel aus
Afrika, uud eiuer feiner Kollegen in
London erhielt vor einiger Zeit eine
Sendung von 6000 Paradiesvögeln,
von 360,000 Vögeln verschiedener Art
aus Ostindien und von nicht weniger
als 400,000 Kolibris! Bei einem an
deren Händler wurden im Jahre 188 V
sogar mehr als 2 Millionen auserlesene
Vogelbälge vertaust! Auch in gewissen
Gegenden Frankreichs hat die Vertil
gung der kleinen Vögel solch eine Hdhe
erreicht, daß die öffentliche Meinung
anfängt, sich mit der Sache zu beschäf
tigen. Nun darf man doch nicht ver
gessen, daß die größte Zahl dieser Bö- -
gel, die man dem „Putze" der Damen
zum Opser bringt, sich von Insekten er
nährt, daß also die Landwirthschaft
ihrer fleißigsten und nuKlichstea Bun
desgenossen beraubt sein wird. 7