Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, November 04, 1892, Page 7, Image 7

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    »tUtsche LotaMachricht««».
ProvinzO st Preußen.
Welches Unheil das Lesen von Räu
bergeschichten, in jugendlichen Köpfen
anrichten kann, zeigt wiederum ein Vor
fall, der in der Stadt Rössel gegenwär
tig das Tagesgespräch bildet. Dort
hatte sich nämlich eine aus sechs Köpfen
bestehende „Räuberbande" zusammen
gethan; nachdem ihre Mitglieder
sämmtlich schulpflichtige Burschen
den „Eid" geleistet, gingen sie eines
SamstagS srüh allen Ernstes daran,
die Stadt Rössel an vier Stellen in
Brand zu stecken. Ein von ihnen an
gezündeter Stall auf dem dortigen An
ger brannte vollständig nieder; die in
den Hintergebäuden der Apotheke und
eines Kaufmanns angelegten Feuer
wurden aber rechtzeitig entdeckt und ge
löscht. Auch ein von der „Räuber
bande" in der MUHlenstrciße in Brand
gesetztes Haus wurde gerettet. Wie sich
später herausstellte, hatten sich die Bu
ben „verschworen", die ganze Stadt
abzubrennen. Dem Schwörenden wurde
vom „Hauptmann" ein Revolver auf
die Vrust gefetzt und im Falle des Eid
bruchs, d. h. wenn Einer das Vorha
ben verrathen würde, der Tod ange
droht. Zwei der Jungen sind schon
zur Haft gebracht. Sie waren in de»
letzten 14 Tagen nicht mehr zu Hause
gewesen, hatten schon srüher in Korschen
einen Fleischer bestohlen und den Raub
unter sich getheilt.
Provinz WestPreuße «.
Der seit lange gehegte Plan, bei
Mimannsfeldc einen Hafen anzulegen,
wird nunmchr zur Verwirklichung ge
langen. ES soll ein fester Damm ge
schüttet nnd neben demselben der Boden
zu einem großen Bassin ausgehoben
werden. Der verstorbene Kaufmann
Friedrich Silber hat die Stadt Elbing
zu seiner Universalerbin eingesetzt. Die
Erbschaft belauft sich aus 12,000 Mk.
Nach dem Wunsche des Verstorbenen
soll die Stiftung zur Verschönerung der
Stadt, insbesondere zur Herstellung
eines Springbrunnens vor dem Rath-
Haufe angewandt und niemals ganz
aufgebraucht werden. Die Straf
kammer in Dt.-Eylau verurtheilte den
Posthalter Gaull wegen Betruges und
Unterschlagung in 146 Fällen, die er
als Kassirer des Kreditvereines began
ge», zu sünf Jahren Gesängniß und
Ehrverlust. Die veruntreute Summe
beträgt 90,000 Mark. Der größte
Theil des Gutes Freihof wurde ein
Raub der Flammen. Leider ist auch
ein Menschenleben bei dem Brande zu
beklagen. Der Arbeiter Engler aus
FriedrichSselde. der in der Scheune sei
nen Mittagsschlaf hielt, konnte sich
nicht mehr retten. Ein zweiter Arbei
ter wnrde »och glücklich gerettet. In
der Orlschast Ostrowitt brannten 8
große Gehöfte vollständig nieder. Die
Leute waren gerade in der Kirche, als
das Feuer ausbrach, so daß beim hesti
gen >Winde an eine Rettung nicht zu
denken war. Als die Erweiterung
der Thorner Festungswerke mit allem
Eiser betrieben wurde und dabei Tau
sende von Arbeitern lohnende Beschäfti
gung fanden, da entwickelte sich in den
Vorstädten nnd benachbarten Orten
eine fieberhafte Bauthätigkeit; vor ei
nem drohenden Krach wurde gewarnt,
die Bauherren schlugen aber jede War
nung in de» Wind nnd bauten immer
weiter. Doch die Festungsbauten ha
ben aufgehört, die Arbeiter habeu an
derweit Verdienst gesucht, die Wohnun
gen stehen leer und die auf Spekulation
gebauten Häuser kommen nach und nach
zum Zwangsvertauf.
Provinz Pommern.
In Gollnow entstand auf zwei Stel
ien, in der Wollweberstraße und auf
der Wiek, Feuer, das während 8 stündi
ger Dauer 7 Hofstelleir in Asche legte.
Brandstistung scheint zweisfellos auf
beiden Stellen vorzuliegen. —Auf dem
städtischen Gute Freienlande hat ein
Feuer die erst vor kurzer Zeit vergrößer
ten Wirtschaftsgebäude total zerstört.
Provinz S.ch lesw i g-H o l ste im.
112 Fabrikant Heinrich Rudolph Wal»
ther, Inhaber der FlenSbnrger Papier
fabrik. Die Handelskammer erklärte
den Kieler Hasen für verseucht. Die
Cholera scheint glücklicherweise in Lau
«nbnrg a. d. Elbe im Schwinden zu
sein. Im Ganze» dürsten l 8 Personen
an der Seuche umgekommen sein. Die
meisten derselben waren Schisser oder
deren Angehörige. Die Oberstadt ist
völlig intakt geblieben.
Provinz Schlesien.
In der neuen WagenrevisionSwerk
statt der Eisenbahndirektion Breslau
brach n« Brand aus, welcher den aus
gedehnten Gebäudekomplex bis aus die
Umfassungsmauern zerstörte. Außer
den Werkzeugmaschinen und Materia
lien sollen 120—150 Eisenbahnwagen,
vorwiegend Personenwagen zweiter und
dritter Klasse, verbrannt seien. Der
angebliche Schaden wird aus mehr als
eine Million Mark geschätzt. Der
durch Lokomotivfnnken m der Görlitzer
Haide verursachte Brandschaden beträgt
über eine viertel Million Mark. In
Krobnitz. woselbst bekanntlich General
feldmarschall Gras Roon seine letzte
Ruheslatte gesunden hat, wird demsel
ben ein Denkmal errichtet, welches aus
einer über der Gruft zu erbauenden
Kapelle besteht« sott. Nachts wurde
in der Nahe der Brücke über die Weich
sel bei Bor in Ober-Goczatkowitz von
dem Grenzausfeher Kuukcl der Schmug
gler Galuschka aus Lonkau, welcher jeit
drei Tage» verheirothct ist, erschossen.
Der Rektor der höheren Töchter
schule in Sprottau. Herr Hase»balg,
wurde todt in scinem Bette aufgcfuu
deii: ein Schlaganfall hatte dem tha>
tcnreche» und mühevollen Leben des
tüchtigen und allseitig beliebten Päda
gogen ein vorzeitiges Ziel gesetzt.
Provinz Sachsen.
In Burg ist am Sedantoge «in vom
Bildhauer Habs in Berlin iiiodellirte«
Kaiser - Wilhelm - Denkmal entbiilN
worden. Der Künstler hat den Kaiser
mit ungemein ähnlichen Zügen und in
der ruhigen, schlichten Haltung, die ihm
in seinem vorgeschrittenen Alter eigen
thümlich war, dargestellt. DaS De',k
mal Hot in den städtischen Anlagen beim
Exercierplatze seine Stelle erhalten.
Der Buchhalter Koch in Ersnrt, welcher
im Vorstand des Thüringer Central-
Krieger - Verbandes die Stelle des
Schriftführers bekleidete, wurde wegen
wissentlichen Meineids verhaftet. Im
alten Bürgerschulgebäudc an der Post
straße in Halle sand die Eröffnung der
vom Kunstgewerbe-Verein veranstalte
ten Kunstgewerbe-Ausstellung durch den
Regierungspräsidenten v. Diest statt.
Die Ausstellung ist sehr reich mit Er
zeugnissen des Kunsthandwerks, Fraue
nhandarbeiten, sowie alten Kunstgegen
ständen beschickt. Auf der Mersebur
ger Chaussee kurz vor Ammendorf würd:
der Arbeiter Langenspier. welcher sich
auf dem Rückweg nach scinem Wohnorte
Radewell bejand, ermordet. fln
Quedlinburg Obergärtner Christian
Hahn, der 67 Jahre ununterbrochen der
Weltsirina Gebr. Dippe als Lehrling,
als Gehilfe und als Obergärtner treue
Dienste geleistet hat.
Provinz Westfalen
Zur Erbauung einer katholischen
Pfarrkirche sind der Gemeinde Bruch
durch eine landesherrlich bestätigte letzt
willige Zuwendung der Rentnerin Ma
ria Hötte in Münster 40,000 Mk. zu
gefallen.—Gegen den Obersteiger Klein
der Grube „Fischbach" ist von ruchloser
Hand ein Dynamitattentat verübt wor
den. Klein erwachte in der Nacht durch
einen donnerahnlichen Krach und sand
sämmtliche Thüren und Fenster seines
Hauses zertrümmert. Auch die eine
Mauer war stark beschädigt. Er selbst
hatte keine Verwundung erlitten.
Der Gasthof „Zum Grasen von der
Mark" in Iserlohn ist total niederge
brannt. Mit großer Lebensgefahr
wurden noch in letzter Minute die vielen
Bewohner gerettet. Drei Dienstmäd
chen aber käme» in den Flammen um.
Zwei Schauspieler sprangen in ihrer
Angst aus dem dritten Stockwerk aus's
Pflaster und wurden, lebensgefährlich
verletzt, mit gebrochenen Gliedmaßen
in's Krankenhaus tranSportirt. In
einer zahlreich besuchten Versammlung
wurde die Gründung einer „Soester
Spar- und Kreditbank" in gesetzlicher
Form beschlossen und die Feststellung
der Statuten vorgenommen. Das
Grundcapital ist auf 200,00Y Mk. be
messen worden, wovon in der Versamm
lung sofort 72,000 Mk. gezeichnet wur
den.
Rhcinprovinz.
Der um 12 Uhr Nachts von Köln
abfahrende Frankfurter Zug 100 stieß
bei der Station Köln Südbahnhof mit
einem Güterzug zusammen. Zwei
Kürassieoßeservisten aus Elsaß-Loth
ringen, die Gesreite« Carl Joses Schnei
der aus Osthausen und Karl Röcker
aus Booszheime find getödtet, zehn
Kürassier-Reservisten und ein Reservist
der Marine, zum Theil schwer verletzt;
schwer verwundet ist auch ein Civilist,
den ein im UnglückSzug befindlicher
Arzt verband und mit noch Bonn
nahm. Ein professioneller Butter
fälfcher. der Händler Wilhelm Saure
von Dortmund, wurde zu sechs Mona
ten Gesängniß und außerdem noch zu
einer Geldstrafe von 400 Mark verur
theilt. In Elberfeld ist eine jugend
liche Diebesbande, die sich mit dem
Stehlen von Feuerwerkskörpern abgab,
durch nnen Zusall entdeckt worden. Die
Knaben stehen im Alter von 10 bis 13
Jahren; ihre Eltern gehören dem Bür
gcrstande an und sind über die Ent
deckung entsetzt. Eine gerichtliche Ab
urtheilung wird unvermeidlich sein.
112 In Koblenz der Gründer der Hof-
Pianofortefabrik von Karl Mand, Herr
Karl Mand. Die Fischer Lemken
Pater und Sohn in Wesel sind unter
choleraäynlichen Erscheinungen gestor
ben; eine Tochter des Lemken und ein
Handwerkermeister liegen in der Baracke
schwer trank unter denselben Sympto
me» darnieder.
Königreich Sachsen.
s In Dresden einer der bedeutend
sten Großindustriellen Sachsens, der
Geh. .Kommerzienrath Ernst Jordan.
Mitinhaber der Firma Jordan «k
Timäus. Am Typhus liegen gegen
wärtig in Borna mehr als 100 Per
sonen trank darnieder. Die Krankheit
nimmt glücklicherweise aber einen guten
Verlauf. —Seit dem Bestehen der Mc-
Kinley-Bill sind nordamerikanisch« Un
ternehmer eisrig bemüht, besonders
tüchtige Wirkereiarbeiter nach den Ver.
Staate« zu ziehen. Da diese Arbeiter
zur Entwickelung der nordamerikani
schen Wirkerei-Industrie wesentlich bei
tragen sollen und thatsächlich es den
amerikanische» Fabrikanten ermög
lichen, sich auf gewisse sächsische Wirk
artikel einzurichten, so hat man ihnen
hohe Löhne versprochen und anfänglich
auch bezahlt. Aber nach einer der
Chemnitzer Handels- und Gewerbe
kamnier zugehenden Mittheilung, scheint
man jetzt gegen jene über das Weltmeer
gelockten sachsischen Arbeiter arge Lohn
drückereien zu verüben, so daß sie sich
dort kaum in einer bessern Lage, als in
der alten Heimath befinden, wo sie
Frau und Kind zurückließe». Diese
anscheinend betrogenen Arbeiter kann
man bedauern, aber sächsische Fabri
kanten haben kein Recht, ihnen jetzt
Vorwürse zu machen, daß sie ihre Kraft
ausländischem Miterwerb zur Ver
fügung stellten. Denn durch unerhörte
Konkurrenzmanöver haben sächsische
Wirkereisadrilanten den Preis der
Waare und damit den Arbeitslohn der
Wirker so tief herabgedrückt, daß sich
die Auswanderung dieser Leute schon
durch den Trieb der Selbsterhaltung
genügend ertlärt. Jene, auch die säch
sische» Wirkcreiarbcitcr zum Erbarmen
ausnutzende Geschäft-Praxis gewisser
heimischer Fabrikanten, ist besonders in
drn Berichten der Chemnitzer HandelS-
lammer stets scharf gegeißelt. Ei«
schweres Brandunglück hat wiederum
die Stadt Frankenberg betroffen. Du
Gebäude des Lohnkellners Barthel,
Webers Rudelt und Cigarrenfabrikan
ten Breitfeld sind zerstört, wodurch IL
Familien mit 60 Köpfe» obdachlos ge
worden.
Thüringische Staaten.
Für das Fürstenthum Greiz ist ein
Gesetz in Geltung, nach welchem jedes
neue Ehepaar, das im Lande seine»
Wohnsitz nimmt, zur Laudesschulkasse
eine Abgabe von 2.50 Mk. zu entrichten
hat. Die im verflossenen Jahre erho
bene Abgabe beträgt von 424 Ehepaa
ren 1060 Mk. Das auf Anregung
der Gesellschaft „Erholung" dem Dich
ter Friedr. Hosmann errichtete Denk
mal in Ilmenau ist feierlich enthüllt
worden. Auf dem Festplatz, einem
früheren Lieblingsplatz des Dichters,
an der Straße nach Gabelsberg gele
gen, trug der Singverein unter Beglei
tung der Stadlkapelle die Fcsthymiie
„Gott, Herr der Welt" vor, woraus
Sanitätsrath Dr. Preller die Festrede
hielt. Dem Lehrer Wiegand in Mei
ningen, welcher kürzlich sein 50jähriges
Amtsjubiläum seierte, gingen von dem
Dichter Rudolf Baumbach zwölf Fla
schen edlen Sicilianer-Weines zu, be
gleitet mit folgender Widmung: „Er
labt Dir das Herz, macht flammende
Wangen und stärkt Dich zum Kamps
mit den wildesten Rangen. Wegen
Gotteslästerung wurde der Redacteur
des in Saalfeld erscheinenden socialde
mokratischen „Thüringer Bolksblatt",
Heinrich Becker, zu sechs Wochen Haft
verurtheilt. Die allgemeine Waifen
verforgungSanstalt des Großherzog
thums Sach'en-Weimar-Eisenach hatte
für das Jahr 1891 1963 Zöglinge in
der Anstalt. Der Rechnungsauszug
ergibt eine» Vorrath von 43,583 Mk.
69 Pf. Das goldene Bürgerjubi
läum beging der Privatus Friedrich
Jähningen in der Stadt Wehlen, dem
aus diesem Anlaß viele Auszeichnungen
zu Theil wurden. Der Stadtgemein
derath erfreute den Jubilar durch
Uederreichling eines Ehrendiploms.
Ein Hauptagitator der Socialvemokra
tie im Wahlkreise Annaberg-Eibenstock
Oskar Riedel aus Raschau, der s. Zt.
auch als Reichstags-Candidat in dem
genannten Kreise aufgestellt war, hat
sich der Staatsanwaltschast in Zwickau
wegen begangener Wechselfälfchung
selbst gestellt.
Königreich Bayern.
Der Privatier Dil. Deminger in Jp
hosen hat sich in einem Wahnansalle
den Hals abgeschnitten. Er hinterläßt
seinen Erben 80,000 Mk. Der ehe
malige Turnlehrer Pappermann in
Kempten, welcher wegen mehrerer Sitt
lichkeitsvergehen bereits zu 7 Monaten
Gefängniß verurtheilt worden war. er
hielt jetzt wegen Meineids im Zu
sammenhang mit den ersten Vergehen
--- 1 Jahr 3 Monate Gefängniß.
Großherzogthumßaden.
Auf der Tour vom Blauen nach dem
Belchen wurde der Finanzpraktikant
Nik. Ott aus Altmünsterohl von einem
unbekannten Manne überfallen und zu
Boden geschlagen und seiner Uhr und
Kette beraubt. An der vollständigen
Ausraubung seines Opsers wnrde der
Verbrecher durch das Herannahen eines
Hirten gehindert. Der Ueberfallene
wurde in das Rathhaus gebracht, wo
er seinen Verwundungen erlegen ist.
Als des Mordes dringend verdächtig
wird der Metzger Fritz Thierstein ver
folgt. 112 In Singe» im gräfl.
Enzenberg'fchen Schlöffe der Haupt
mann a. D. Karl du Moni. Der
selbe nahm nach dem Feldzuge 1870—
71, als die militärische» Verhältnisse
sich änderten, den Abschied. Accisor
Joh. Kratzer in Zaznegz hat sich in
einem Anfall von Schwermuth erhängt.
Der Landwirth und Uhrmacher
Jos. Fehrenbach in Triberg, der schon
seit 15 Jahren von einem Rückenmark
leiden gepeinigt wurde, hat sich in einem
Weiher eriränkt. Die Frau des
Gendarmen Greiner in Owingen goß
Petroleum auf das Feuer. Im Nu
standen ihre Kleider in hellen Flam
men. Auf ihr Hilfegeschrei eilte ihr
Mann herbei, der sich beim Löschen
gleichsalls schwere Brandwunden zu
zog. Die Frau liegt hoffnungslos
darnieder, der Mann dürfte, trotz schwe
rer Verwundungen, mit dem Leben
davonkommen. s Der Privatier
Anton Kohler in Ueberlingen. —f Der
frühere Besitzer des bekannten Hotels
„Blume", Alfred Blum, in Lauten
bach (Renchthal). s In Wollmatin
gen der Werkmeister Martin Gletscher.
Concurse: Bühl, Gutsbesitzer Karl
Mellens auf Hof MgelSfrist bei Barn
halt. Ettlingen. Firma Dcni-l Einig.
Freiburg, Bierbrauer Matth. Jung
maycr. Kehl. Nachlaß des Bankdirec
tors E. Durain. Lörrach, Restaura
teur Ed. Epprecht. Mannheim, Kaufm.
Max Broda: Kaufm. Josef Meyer;
Bäcker Lukas Kühner! Bäcker Otto
Stengel. Ottersweiler, Maschinen
fabrikant Maxime Müller. Pforz
heim. Bäcker Jacob Schmidt; Fabri
kant Ernst Brenner; Fabrikant Ehrist.
Eckert. Villinge». Schreiner Jos.
Schütz von Qbercschach. Waldesbut
Färber Karl Schmid in Untcralpfen.
Aus der Nheinpfalz.
Eine interessante, praktische Neue
ruug auf dem musikalischen Gebiete be
absichtigen die Schweinehirten der Ge
gend von Niedelberg in der Pfalz. Da
es nämlich öfters vorkommt, daß
Schweine, wenn sie von einem Dorf
auf da-Z andere „verziehe»", beim Er
töne» des dortigen ungewohnten Sig
nales plötzlich sich unartig gcberden »ii»
Fluchtversuche machen, so beschlossen
die Herren Vorgesetzten der viersilbigen
Borstier zur Verständigung und Beruhi
gung ihrer Unterthanen ein einheitliches
Signal einzuführen. Dieses soll aus
einem in diesem Monat noch in Horn
bach abzuhaltenden Kurse, der einen
Tag in Anspruch nehmen soll, eingeübt
werden. Als Lehrmeister wurde Col
lege K. von Riedelberg bestimmt, der
sich durch besondere musikalische Ta
lente aiiszeichnet und schon mehrere
prachtvolle Signale selbst komponirt
hat. Das gegenwärtig ertönende hätte
bei der Einquartierung dortselbst bei
nahe die Garnison alarniirt. Es
klingt nämlich dem Generalmarsch sehr
ähnlich, eilten die Soldaten,
die gerade Ruhetag hatten, beim Er
tönen desselben bestürzt an die Fen
ster, da sie wirklich Generalmarsch
vermutheten. Möge der Schwcinc-Sig
nalkurs zum Besten der edlen Vier
füßler und ihrer verehrten Chefs aus
fallen!
Elsaß-Lothringen.
Unter lebhafter Theilnahme der Be
völkerung fand in Hagenau das erste
Verbandsturnen de» elsaß-lothringischen
Landesverbandes statt, an welchem sich
fast sämmtliche Turnvereine der ReichS
lande betheiligten. Im Beisein des
Bischofs Fleck von Metz fand in Nieder
giningen die Grundsteinlegung des Er
ziehungShauseS sür verwahrloste Kinder
statt. Die Kapuziner haben ihre neue
Niederlassung in Königshofen jetzt an
getreten. Desinitor der Provinz ist
Pater Fridolin, der früher mehrere
Jahre im Kapuzinerkloster zu Lyon die
Deutschen pastorirte und in den letzten
Jahren in Münster i. W. als Vikar
und Studienmagister thätig war.
Mecklenburg.
Nach der Ernteftatistik sür das Groß-
Herzogthum Mecklenburg-Schwerin sür
das EtatSjahr 1891—92 wurden ge
erntet: 77.505 Tonnen Weizen; 228.»
47V T. Roggen; 34,807 T. Gerste;
13<i,356 T. Hafer; 2799 T. Buchwei
zen ; 10,104 T. Erbsen; 9093 T.
Bohnen; 1860 T. Wicken; 5858 T.
Lupinen; 404,464 T. Kartoffeln; 117,-
135 T. Runkelrüben; 46,476 T. weiße
Rüben; 11,168 T. Raps und Rübsen.
Unter den Kartoffeln waren 7j Procent
kranke. Im zweiten Quartal dieses
Jahres sind aus Mecklenbnrg-Tchwerin
455 Personen nach überseeischen Län
dern ausgewandert. Aus der Paul
straße in Schweriii wurde der im vori
gen Jahre in den Ruhestand getretene
HofniusituS Heinrich Voß vom Schlage
getroffen und starb, bevor ärztliche
Hilst zur Stelle war. Der Verstorbene
war Dirigent des Marstall-Sänger
chors. Häusler Joachim Hinrichs
aus Grebs, der schon seit mehreren Mo
naten an Geistesstörung litt, wurde aus
der Loissower Feldmark im Rögnitz-
Kanal als Leiche ausgesuuden. Zu
dem in Passow abgehaltenen Rendez
vous von Kegelbrüdern hatten sich 160
Theilnehmer aus Schwerin, Wismar,
Grevesmühlen. Schönberg, Rehna und
Gadebusch cingesunden. Aus dem ver
anstalteten Preiskegeln ging als Sieger
Maler Gilbert von hier hervor, dem der
I. Preis, ein Tafelaufsatz, zuerkannt
wurde; den 2. Preis eine Fruchtschale,
erhielt Kaufmann Pölkow. Erb
pächter Lierow zu Strenz feierte sein
50jähriges Schulzenjubiläum. Der
Großherzog verlieh dem Jubilar die
silberne Verdienstmedaille. Anleger
Penkert hatte sich am 2. April d. I.
beim Spazierengehen auf Unterhains
dorfer Flur eine Cigarre angezündet,
das noch brennende Streichhölzchen weg
geworfen und dadurch einen Wald
brand hervorgerufen, durch welchen
dem Gutsbesitzer B. ein Schaden von
60,000 M. entstanden ist. Penkert,
welcher deshalb sich vor dem Landge
richt Plauen zu verantworten hatte,
wurde wegen fahrlässiger Brandstif
tung zu zwei Wochen Gefängniß ver
urtheilt. ES verunglückte der Guts
besitzer Schöniger in Rodewisch in sei
ner Behausung, welcher aus Versehen
eine falsche Thür öffnete und aus dem
ersten Stock in den Hosraum hinab
stürzte. Der Verunglückte lebte noch
einige Stunden.
Schweiz.
In Sirnach verunglückte Hr. Mül
ler, Schreinermeister zu Oele, indem
ihm durch die Hobelmaschine zwei Fin
ger der rechten Hand abgeschnitten und
ein dritter stark verwundet wurde. Der
junge, strebsame Handwerksmann wird
allgemein bedauert. Am Geburls
hau« des berühmten Bildhauers Vin
cenz» Vela, in Ligorneeto, ist eine Ge
denktafel angebracht worden. Die
Erinnerung an den elfter September
(Tag der Revolution) ist im ganzen
Kanton Tessin ruhig begangen worden.
In Bellizona sah man decorirte Häu
ser: es wurden liberale Versammlungen
abgehalten in Bellizona, in Arogno, in
Maroggia n. s. w. Zu gleicher Zeit
hielten konservative Körperschaften
Trauerfeiern für den getödteten Staats
rath Roi'si ab: doch wurde nirgends die
öffentliche Ruhe gestört. Eines rüsti
gen Alters erfreut sich der Veteran Leut
hold in Oberstraß. Wie man mittheilt,
unternahm er letzthin mit einer zehn
jährigen Enkelin eine Fahrt in den
Sihlwald und marschirte von da aus
über den oberen Siblwald und den Al
dis nach Hause», und von da aus über
den Schnabel zurück zum Sihlwald,
lezte also eine Strecke von 25 Kilometer
oder sechs Stunden zurück. Und das
trotz seiner 36 Jahre! Der bekannte
Jacob Marsort von Allesheim. Basel
land, Stud.'nt der Medicin und Inha
ber einer Wirlhschast in Gens, der im
Juli d. 1.. als die Wirthschaft auf
Verfügung de» StaatSratheS geschlossen
werden sollte, mit dem Revolver gegen
die betreffenden Beamten agirte, einen
derselben verwundete und überdies eiüe
am Fenster vorübergehende Fiau ver
letzte, wurde am 23. September vom
Kriminalgericht in Genf des Mordver
suches unter mildernden Umständen
schuldig ertlärt und zu einer Gesäng
nißstrase von drei Jahren verurlycilt.
AuS Bözen meldet man den« „Aarg.
Tagbl.", daß dort ein ordentlicher
Herbst zu erwarte« ist. Die Reben sind
prächtig grün, di« Trauben schon jetzt
lCnde Ltvtemver) beinah' reis. Alles
das sind Zeichen, daß ter W.in gut
werden wird. Di» Quantität wird
zwar hinter der Qualität zurückbleiben,
doch könne» noch immerhin mindestens
1500 Hectoliter verkauft werden.
In Boniswyl und Meisterschwanden
grassiren gegenwärtig die Masern.
t In Boniswyl Herr Wilhelm Holliger,
Posthalter und Telegraphist; in Bünzen
Baumeister Johann Huwyler. Lie
stal hat seinen ältesten Bürger verloren,
Bäckermeister Johannes Spinnler.
Sein Alter brachte er auf 86 Jahre.
Er war noch der einzige männliche
Pensionär vom 3. August 1833. In
den Revolutionswirren mit Basel ein
eifriger Patriot, betheiligte er sich auch
am Entscheidungstage und wurde im
Oehrli verwundet. Die bescheidene
Pennon von 5 Fr., welche dem Ver
wundeten zuerkannt war, holteer regel
mäßig selbst von der Staatskasse.
Jetzt lebt nur noch eine Pensionärin
aus jener Zeit, eine Jungsrau Marga
rethe Rieischin von Prattein. Diese
wurde verwundet beim Brand, den die
„Stänzler" von Basel am dritten Au
gust gelegt hatten. Dclegirte der 22
protestantischen Gemeinden des freibur
gischen SeebezirkS haben kürzlich mit
Mehrheit die Gründung eines Waisen
hauses beschlossen und den Ankauf d«S
Schloßgutes Burg bei Murten geneh
migt. Die Anstalt soll gleich nach
Wiederherstellung de» Hauptgebäudes
des etwa« verlotterten Gutes mit 30
Zöglingen eröffnet werden. Zum Gute
gehören ca. 30 Jucharten Kulturland
und Wald. Von der Stickereikrisis
im Züricher Oberland berichtet man aus
Hinweil FilgendeS: „Die ca. 55 in
unserer Schulgemeinde stehenden Stick-
Maschinen waren im ersten Quartal
1892 durchschnittlich je 5 Wochen außer
Betrieb. Der Tagelohn eines Sticker«
bewegte sich zwischen 2 und 3 Franken,
derjenige einer Fädlerin beträgt unge
fähr I Fr. 50 Rp. Unsere Kirchen
gemeinde hat etwa 140 Stickmaschinen,
die Stickerei beschäftigt 300 Personen
und ernährt über 700 Menschen, somit
ungefähr ein Viertel unserer gesamm
te» Einwohnerschaft. Was für einen
Schlag daher diese böse Zeit sür allen
unseren Handel und Wandel bedeutet,
'st leicht zu begreifen."
Oesterreich.
Dieser Tage erhängte sich der Sohn
des GastwirlhS Franz Baumgärtner in
Hartberg in der Kegelstätte des HauseS
mit einem Hosenriemen. Während
eines jüngst über der Gegend von
Seckau niedergegangenen heftigen Ge
witters fchlng der Blitz in verschiedene
Objecte, welche er in Flammen setzte
und großen Schaden verursachte. Durch
Blitzschläge wurden eingeäschert die
Scheuer des Grundbesitzers Anton
Sundl. vulgo Mar, in Ober-Farrach,
die Scheuer des Besitzers Mathias
Sonnleitner, vulgo Stocker, in St.
Marein und die Stallungen des
Grundbesitzers Georg Protti. vulgo
Pommer, in St. Margarethen. s In
Bozen Johann Ritter von Putzer-Rei
begg. Die Eltern des Anfangs Sep
tember bei der Forcirung der Fünf
singerspitze verunglückten Stuttgarter
Touristen Egon Stückler haben sich an
heischig gemacht, für die Hinterbliebe
nen des mit ihrem Sohne'veruivglückten
Ampezzaner Führers Josef Jnnerkofler
zu sorgen. Auch die Angehörigen des
am 20. September nach langem Su
chen an der Nordseite der westlichen
Plattachipitze gesunkenen Dr. F. Main
zer verpflichteten sich, der Familie des
in treuer Pflichterfüllung veruiiglücktcn
Führers I. Dengg a»S Gamifch beizu
stehen. 112 In Klagenfurt Staats
anwalt Dr. Karl Sulzer. —Die re
nommirte Glockengießerfirnia Samaffa
in Laibach hat Heuer das einhundert
undfünfundzwanzigste Jahr ihres Be
standes erreicht. Aus Venetien stam
mend, ließ sich die Familie Samassa
1725 in Laibach nieder, übte 1734 zum
ersten Male die
same daselbst aus und hatte seit 1767
ununterbrochen die Laibacher Glocken
gießerei in ihrem Besitzt. In diesen
125 Jahren hat die Glockengießerei Sa
massa 5091 Glocken im Gesammt
gewichte von 2,027,743 Kilogramm
gegossen, eine Leistung, die von keiner
Glockengießerei Oesterreichs je erreicht
wurde. 112 Der Gerichts- und Stadt
arzt i. R. Herr Andrea« Gregoric in
Laibach. Ein schrecklicher Unglücks
fall traf den Gemeindesecretär in Rei
chcnbttrg, Franz Arnsek. Als er einen
anläßlich eines Raufhandels dem Josef
Salamun aus Satteldorf abgenomme
nen Revolver untersuchte, entlud sich
derselbe und traf eine Kugel dessen 15-
jährige Tochter tödtlich in den Hals.
Neulich wurde dem Restaurateur Lack
ner im Hotel Plomberg an, Mondsee
von einem italienischen Eisenbahn
arbeiter mittelst eines scharfen Messers
der Bauch aufgeschlitzt und ist Lackner
den erlittenen Verletzungen erlegen.
—Maje st ä t Ibs e n. Es ist
nicht allgemein bekannt, daß der nor
wegische Dichter Henrik Ibsen mittel»
der alten Forsarshire - Familie der
Dischingtons von Aberlemiio von der
schottischen Königssamilie abstammt.
Ein Dischington wanderte 1720 nach
Norwegen au» und tick sich in Bergen
nieder. Dessen Tochter, WencheDisching
ton, heirathete den SchiffScapitän Hen
nk Persen Jbien. Er wählte die Stadt
Skien in Süd-Norwegen zu seine»!
Wohnort. Diese Wcnche Dischington
ist die Urgroßmutter des Dichters. In
Ibsens Adern ist aber auch eine Bei
mischung deutschen Blutes. Der Sohn
Henrik Petersen Ibsens, Henrik, hei
rathete eine Deutsche. Ihr Sohn
Kund, der Vater des Dramatikers,
vermählte sich mit Maria Cornelia Al
tenburg. welche auch von Deutschen ab
stammle. Der Dichter ist 1828 in
Skien geboren. Die ersten Ibsens
kamen von der dänischen Insel Moen
1720 nach Norwegen.
Bestätigt. Lehrer: Die Kar
toffeln kommen sowohl im Thal als auch
aus den Bergen sort Jatob: Ge
wiß. denn gestern san erst zwei
Sack' a'ltoblen worr'-
Das Annweiler Wochen
blatt erzählt folgendes Stückchen, das
sich dort zugetragen hat : Ein Braut
paar hat um 10 Uhr sein Erscheine»
auf dem Standesamt angezeigt. Alles
ist bereit, der Akt ist geschrieben, doch—
das Brautpaar verzieht mit seinem
Kommen. Es wird II Uhr, es schlägt
12 Uhr, das Brautpaar erschnut
nicht. Was nun? Man berathet hin
und her. Da erbietet sich der Stadt
schreiber, er wolle selbst zum Bräutigam
gehen und ihn ersuchen, gütigst im
Verlaus des Nachmittags mit seiner
holden Braut betreffs Eheschließung im
Rathhaus erscheinen zu wollen. Die
ser Vorschlag wird einstimmig ange
nommen. Der Stadtschreiber kommt
zum Bräutigam, sragt ihn um den
Grund seines Nichterscheinens, woraus
der verdutzte „Jakob" die Antwort gibt,
er habe ganz vergessen, eS seiner Braut
zu sagen, daß sie heute Hochzeit machen
wollten. Als letztere dies erfährt, über
schüttet sie ihre» Liebsten mit Vorwür
fen und erklärt ihm, sie wolle ihn gar
nicht mehr, sie könne einen solchenMauii
nicht brauchen. Jetzt wird dein Herrn
Stadtschreiber die Sache doch auch zu
bunt, und er erklärt dem betrübte»
Bräutigam, die Suche sei damit nicht
abgethan, er werde die Folgen schon
sehen. Dies einschüchternde Wort, Reue
über seine Vergeßlichkeit und die alte
Liebe ermuthigten den armen Jakob,
von Neuem um die Liebe seiner Braut
zu werben, und nicht ohne Ersolg, denn
sie erhörte sein Flehen und nm 4 Uhr
wäre» sie doch ein glückliche» Ehepaar.
AuS Baden, 2. Oc tober
wird geschrieben; Die Weinlese hat be
gonnen. Soweit die Herbstnachrichten
bis heute vorliegen, herrscht mit sehr
geringer Ausnahme i» den Kreisen der
Weinbauer» frohe Stimmung: dieHoff
nuiig, das! die Mißjahre vorüber find,
ist von Neuem ausgelebt. Diese Hoff
nung ist eine berechtigte, den» die Vor»
bedingungeu sür gute Weiujahre, ge
sundes Holz und üppiges Grün der
Blätter, haben sich voll erfüllt, wenig
stens in den Oberländer Rebgcbicten,
im BreiSgau, am Kaiserstuhl und im
Markgraflerland. Uebereinstimmend
laute» die Herbst berichte dahin: gerin
gere Quantität, vorzügliche Qualität.
Der 92er wird sich den allerbesten Jahr
gängen anreihen lönnen, in einzelnen
Lagen noch den berühmten 65er über
treffen. Jnsolge der guten HerbstanS
sichten hat sich das Weingeschäft befe
stigt; die Preise haben allgemein ange
zogen. Wege» des Neuen hat sich eine
bestimmte Preislage noch nicht herans
gebildet, dürste aber der vorjährigen
durchaus nicht nachstehen. Der Assen
thaler verspricht einen Zwei-Drittel-
Herbst und vorzügliche Qualität: das
Holz ist schön gesund. Ueberaus hoff
nungssroh lautet ein Herbstbericht aus
Varahalt im Amte Böhl, der vornehm
lich die besten Aussichten für kommendes
Jahr eröffnet. In den Höhenlag«
gibt eS ein Viertel-, in den niederen
Lagen einen halben Herbst. Die Qua
lität kommt dem 65er mindestens gleich.
Ettenhcim hat einen Glücksherbst; ein
zelne Rebstöcke geben Vollherbst, unge
spritzte lieser» kaum einen Zehntels-
Ertrag. Bezüglich der Qualität gilt
das Vorgesagte. Für die Ohm werde»
45 Marl bezahlt. Der Kaiserstühler
wird eine Zierde jeden Weinkellers bil
den. Auch in den mittleren Lagen sind
die Trauben so süß und kräftig, wie es
seit vielen Jahren nicht der Fall war.
Nach vorläufiger Schätzung werde» i»
dieser Gemarkung allein 15,000 Hekto
liter Wein erzeugt.
Die Arbeiten am Bau
der Fordoner Eisenbahnbrücke (über die
Weichsel), der längsten Deutschlands,
schreiten rasch vorwärts. In den letz
ten Monaten ist besonders der Ausban
der Strompseiler 2 und 3 und der
Vorlandpsciler 15—19 fertiggestellt.
Die Brücke wird, wie die „M. Z."
schreibt, so lang sein, wie die Berliner
Linden, nämlich 1325 Meter. (Die
Dirschauer Brücke hat eine Länge von
785 Meter.) An der Fordoner Brücke
arbeiten augenblicklich 920 Arbeiter,
während die durchschnittliche Arbeiter
zahl nur 800 beträgt. Den Van leiten
23 technische Beamte, ein Bauinspector.
drei Regierungsbaumeister, zwei Inge
nieure, acht Bauassistentcn u. s. w.
Wie im vergangenen Jahre, so werden
auch wohl dies Jahr die Arbeiten im
November eingestellt nnd erst im Früh
jahr wieder aufgenommen werden. Tie
Brücke wird vorläufig nur eingeleisig.
es können aber im Kriegsfalle zwei Ge
leise gelegt werden. Die VerkehrS
übergabe der Brücke, deren Herstellungs
kosten sich auf neun Millionen Mark
belaufen, erfolgt im Herbst 1893. Di«
Fahrstraße sür Wagen auf der Brücke
ist durch einen hoben eisernen Gitter
zaun vom Schienenweg getrennt, die
Wege für den Fußgängerverkehr liegen
außerhalb der Brückenträger. Di«
Brücke wird hauptsächlich aus militari,
scheu Rücksichten erbaut.
Trox der nachhaltigen
Bewegung, die in der Schweiz gegen
TodeSstrase im Zuge ist, soll, wie man
dem „Luzerncr Tagblatt" vom Rigi
schreibt, in wenigen Tagen aus Rigi-
Kulni eine Hinr chtung und zwar durch
Dynamit vollzogen werden. Ein Bru
der des berühmten Rigikvpses, der soge
nannte „Grindstein", welcher sein ver
wittertes Haupt neben dem Trace der
Rigibahn zum Ergötzen des Reise
pnblilumi zum Aether emporhebt, ist
angeklagt, die Züge zu gesährden. Mit
der constitutione»?» Mehrheit der über
ihn zu Gericht sitzenden VerwaltungS
räthe wurde beschlossen, dem Koloß das
Haupt abzuschlagen, weil sein Hals zu
schwach geworden, den riesigen Kopf zu
tragen. So bedenklich ist aber die
Sache nicht, und auf alle Fälle lassen
sich mit wtiiig Kosten die nöthigen
Schutzvorrichtungen treffen, daß jede
Gefahr für den Bahnkörper verschwin
det. Die Naturfreunde sind denn auch
in der letzten Stunde bei der Direction
der Rigibahn um Begnadigung einge
kommen. damit der landschastlich wie
naturhistoriich interessante.Grindstein"
der Welt erbalten bleibe.
Die „Kreuz-Ztg." theilt
einen merkwürdige» Fall von Miß
handlung eines Deutschen in London
mit. Der Thatbestand soll folgender
sein: Ein in sehr bescheidenen Verhält
nissen lebender junger Deutscher, Na
mens Curt Max v. Hertzberg, der sich
aber hier Krause nennt, hatte bei der,
als „dentsche Soldaten" verkleideten
Truppe der,im Vorjahre hier abgehal
tenen deutschen Ausstellung Dienste ge
leistet und dabei zahlreiche Landsleüte
kennen gelernt, meist gediente Solda
ten, die sonst hier als Arbeiter leben.
Dies brachte ihn auf die Idee, einen
deutschen Arbeiterverein zu bilden unt»
sich als Wirthschafter desselben einen
Erwerb zu schaffen. Das Projekt ge
lang und am 13. Juli d. I. eröffnete
o. Hertzberg sein Clublokal in 27.
Brunnel - Street, Canningtown im
Ostende der Stadt, in welcher Gegend
die meisten Mitglieder wohnten. Er
genügte den gesetzlichen Vorschriften,
ließ den Club, auf dem Haupt-Steuer
aint, Somerset House, eintragen, und
erstattete auch dem Polizeipräsidenten
die nöthige Meldung. Das Geschäst
ging ausgezeichnet, allein gerade da
durch wurde der Neid, der englischen
Schankwirthe in der Nachbarschaft er
regt, welche nach der Aussage eines
Mannes gegenüber Hertzberg beschlossen
haben sollen, das Lokal desselben
durch einen gedungenen Pöbel zer
stören zu lassen. Das geschah denn
auch am 21. August und der Janhagel
soll fünf Stunden lang gew>>ibet haben;
es sei nicht nur alles kurz und klei»
geschlagen worden, sondern dem Hertz
berg sei auch die Kasse mit 700 Marl
geraubt worden. In Folge de»
Schreckens starb ein Kind desselben.
Von der Polizei, welche später behaup
tete, daß die ganze Affaire nur zehn
Minuten gedauert habe, sei keine Spur
zu finden gewesen. Eine Eingabe
Hertzbergs an das deutsche General
consulat sei erfolglos geblieben, weil
jener die Sache verkehrt dargestellt habe.
Vor einigen Tagen habe nnn ein
Polizei-Offizier dem Geschädigten ge
rathen, sich an das Polizei-Präsidium
zu wenden. „Dort wird man schon
was für Sie thun," soll derselbe dem
Hertzberg gesagt haben. „Man wünscht
nämlich nicht, daß es zur öffentlichen
Verhandlung kommt." Der Gewährs
mann der „Kreuzzeitung" deutet an,
daß die Polizei, absichtlich nicht einge
schritten sei. Die englischen Nachbarn
des Hertzberg, welche meist dem Arbei
terstunde angehören, Hütten sich frei
willig erboten, vor Gericht zu
daß der „Aufstand" fünf Stunden
lang gedauert habe und nicht 10 Minu
ten, wie die Polizei behaupte. Für
einen durch einen „Aufstand" (riot)
verursachten Schaden müsse die Obrig
keit auskommen. Hoffentlich wendet
die deutsche Botschaft ihre Aufmerksam
keit der Sache zu, damit wenigstens
Klarheit in dieselbe kommt.
Staatssekretär des
Reichspostamts v. Stephan feierte die
ser Tage die Vermählung seiner älte
sten Tochter mit dem Premierlieutenant
v. Napolski. Auf dem Polterabend
wurde nach der „Köln. Ztg." ein reich
ausgestatteter Postzug vorgeführt. In
getreuen Zeittrachten erschienen aus
dem Alterthum ein assyrischer Briesbote
mit seinen Briefen, die noch Ziegelsteine
waren, ein ägyptischer Landbriesträger
mit feinen PapyruSbriefeu, ein atheni
scher Hemerodrom, zwei Tabellarrii aus
der Zeit der römischen Republik und
des Cäsareiithnms, ein reitcnderConrier
des Kaisers Augustus, und endlich ein
römischer Postmeister. Da»» kam aus
dem Mittelalter ein würdiger Kloster
bote mit einem sünf gnte Meter lange»
Botenzettel, ein Studentenbote von der
Pariser Universität, ein Metzger, ein
Briesjunker des Deutschen Ritterordens
und schließlich zwei Konstanzer Stadt
botcn. Aus der Neuzeit erschienen so
dann ein Turn und Taxis'scher Postil
lon. vier kursürstlich brandenburgische,
vier preußische Postillone, ein Schirr
meister und ein preußischer Feldpost»
meister, weiter die Darstellerin der Te
legraphie, vier norddeutsche Postillone
niit den Abzeichen der Feldpost, endlich
vier Reichspoftillone in Gala mit der
Reichsstandarte und Matrosen von
einem Reichspostdanipfcr. Die ganze
Vorführung dieses Postznges, der in
einer allegorischen, den Weltpostverein
darstellenden Gruppe gipfelte, wurden
von Herolden eingeleitet und erläutert,
während musikalische Leistungen, da
runter zwei Quartette auf Postillons
hörnern, ihn begleiteten.
Von zwei Militärpser
den erzählt ein Leser dem „Ostd. Local-
Anz.": Im Herbste 1884 beauftragte
der Königl. Oberförster des Reviers
Lindenbusch den Förster T. in W. da
mit. auf dem in Blomberg zum Ver
kauf von Draganerpferden anstehenden
Termin zwei Pferde zn kaufen. Dem
Kennerblick des mit diesem wichtigen
Austrage betrauten Försters gelang es,
zwei recht brauchbare Thiere für einen
angcincssencn Preis zu erstehen. Unser
Förster ritt nach dem Ankaufe sofort
ab und langte gegen Abend am Be
stimmungsort mit den Pferden an.
Nachdem die Thiere noch einer gründ
lichen Prüfung unterzogen, ließ der
Oberförster die Geschirre auslegen und
anspannen, um den Beamten nach der
nahegelegenen Fösterei zu fahren. Der
Wagen war bestiegen, aber beide Dra
gonerpserde rührten keinen Strang;
auch gütliche an die Pserde gerichtete
Worte hatten keinen Erfolg. Da er
hob sich vom Wagensitze kerzengerade
unser Förster, der von der Fußsohle
bis zum Scheitel den Naumburger
Oberjäger nicht verleugnete und kom--
maiidirte mit weit über das Weichbild
der Oberförstern hinfchallender Stim
me, die nach Aussagen von Oberzeu
gen einem Schwadronschef alle Ehre
gemacht hätte: „Ganze Eskadron?
Marsch, Marsch!" Die Thiere warfen
sich sofort in die Geschirre, zogen wun
dervoll und waren für immer einge
fahren. Noch heute leisten die Pferde
als treue Dienste. 7