Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, October 14, 1892, Page 7, Image 7

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    T»uts«e «oealnachrichten.
Provinz Brandenburg.
In Crossen feierte das Rentner Adolf
Gcricke'fche Ehepaar seine goldüie Hoch
zeit. zu welcher ihm vom Superinten
denten Fraedrich die goldene Ehejubi
läumSnicdaillc überreicht wurde. 'An
dem KreiSturnfest der Mark Branden
burg in Perlcberg nahmen 1500 Tur
ner aus allen Theilen der Provinz
Theil. Aus Berlin kamen u. A. auch
Schulrath Professor Duler. Prof. Dr.
Angerstein, Prof. Eckler und Prof.
Voigt. Ueber die Hälfte des Dorfes
Seebigau wurde ein Raub der Flam
men. Ein blutiges Liebcsdrama hat
sich im Park von Sanssouci abgespielt.
Der löjährige Tischlergeselle Franz
Former unterhielt mit der 22jährigen
Johanna Weinzierl ein Liebesverhält
niß. Former wurde in diesem Jahr
zum Militär ausgehoben und dies gab
der Tante seiner Geliebten Veran
lassung, dieselbe auf die Aussichtslosig
keit ihres Verhältnisses hinzuweifeu und
da- Mädchen dahinzubringen, daß es
zu Former sac;le, es sei besser, das Ver
hältniß zu lösen. Dies hat sich Former
so zu Herzen genommen, daß er den
Enischliiß saßte, sich und das Mädchen
zu tödten. Er führte seine Braut »ach
dem Park von Sanssouci. Aus einer
Bank in der Nähe des japanesischen
Tempels wollte sich das Liebespaar
etwa um 8 Uhr Abends niederlassen,
staum bückte sich aber Johanna Wein
zierl, um den Staub von der Bank zu
entfernen, als Former einen Revolver
hervorzog und aus seine Braut feuerte.
Die Kugel traf dieselbe in die rechte
Seite. Erschreckt suhr das Mädchen
mit den Worten: „Aber Franz!" in die
Höhe, da erhielt es einen zweiten Schuß
in die Brust und nun ergriff es, laut
schreiend, die Flucht nach der Brücke zu,
die über den Pataisgraben bei <shar
lottcnbiirg führt. Former folgte aber
seiner Geliebten und feuerte nunmehr
einen dritten Schuß auf dieselbe ab,
welcher das Mädchen in die Stirn, ge
rade über den Augen traf, so daß das
selbe bewußtlos zusammenbrach. Her
beigelockt durch die drei Schüsse kam
nun ein Gefreiter vom Jnsanterie-
Lehrbataillon heran und warf sich auf
F., welcher nun seinen Revolver ans
den Soldaten richtete. Derselbe hatte
aber sein Seitengewehr gezogen und
schlug mit demselben den bereits schuß
bereit erhobenen Arm Formers zurück,
wodurch der Schuß fehl ging, aber bei
nahe noch den inzwischen hinzugekom
meuen Hosprediger der Friedenskirche.'
Dr.. Wendtlandt, traf. Noch ehe der
wüthende Mensch überwältigt werden
tonnte, hatte er noch Zeit, einen sünf
ten Schuß auf sich selber abzugeben.
Der letzte Sproß der allbekannten
„Weißbier-FamVlie" Pickenbach, welche
feit Decennien die alte renommirte
Weißbiertneipe aus dem ihr gehörigen
Grundstück, Weinmcisterstraße 18, in
Berlin innegehabt, ist gestorben. Der
Name dieses Letzten, eines alten und
weitbekannten Berliner Geschlechtes, er
weckt neben wehmüthigen Reminiscen
zen auch die Erinnerung an eine Thea
ter-Episode, die den Namen „Picken
bach" zu einem geflügelten Worte
machte und vom „Kleinen Journal"
wie folgt erzählt wird: „Eines Tages
wird bei Mutter Gräbert am Wein
dergsweg „Wilhelm Tell" vorbereitet.
Der Regisseur Schütz, der den Atting-
Hausen gibt, fühlt das Bedürfniß, „an
ständig" uud im Sinne der Dichtung
zu sterben. Zu diesem Zwecke aber
sehlte der Lehnstuhl, in welchem der
brave Attinghausen seine edle Seele
aushaucht. Da Schütz trotz aller ge
gentheiligen Vorstellungen aus diesem
Verlangen bestand, ein Lehnstuhl aber
nicht zu beschaffen war. so wandte sich der
Requisiteur in seiner Nothan den alten
Pickenbach und lieh sich den stadtbekann
ten. ledergepolsterten Lehnstuhl, in wel
chem der Alle stets zu sitzen pflegte.
Ganz Berlin kannte den ungeheuren
Thronsessel des populären Wirthes »nd
der stilvolle Oberregisjeur erreichte des
halb mit seiner Slerbescene eine unge
ahnte »nd unbeabsichtigte Wirkung.
Denn kaum hob sich der Vorhang »nd
der Schweizer Patriarch begann in dem
Sessel zu stöhnen, als eine Stimme aus
dem Publikum ertönte: „Det ist ja
Pickenbnch'n sein Lehnstuhl!" Unge
heure Heiterkeit folgte diese» Worte»,
hatte der lühne Sprecher doch nur der
Empsindilng Ausdruck gegeben, die
Alle beherrichte. Denn Jeder hatte das
ehrwürdige Möbel erkannt, in welchem
ausnahmsweise statt des alten Picken
bach der alte Attinghausen saß. Die
feierliche Stimmung schlug natürlich
sofort in s Gegentheil um, Herr Schütz
starb und das Publitnm lachte sich halb
todt. —Viele Jahre lebten die denkwür
digen Worte noch im Berliner BoltS
mllnd: wenn man z. B. einen Witz als
„neu und großartig"schilderte und er ent
puppte sich als alt uud unwirksam, so
hieß es sicherlich: „Det is ja Picken
dach'n sein Lehnstuhl!"
Provinz Ostpreußen.
Welch' unsinnige Wetten, trotz der im
Folge derselben schon oft eingetreienen
Unglücksfälle, noch immer zum Aus
trage gebracht werden, lehrt folgender,
weniger tragische als Unappetitliche
Vorfall, der aus den Kreisen unserer
Landbevölkerung berichtet wird. Ein
Mäher in Königsberg wettete mit Ge>
Vossen um ein Haides Liter Schnaps,
er werde einen lebendigen Frosch her
unterschlucken. In kurzer Zeit war ein
feister Frosch herbeigeschafft nnd von
dem Wettenden lebendig verschlungen.
Der Mann verspürte im Leibe ein ge
waltiges Unbehagen; aber der halbe
Liter Schnaps machte Alles gut.
Ueber das Duell, welches bei JatobS
bürg von zwei Ossicieren des OrtelS
burger Jägerbataillons lLieut. Z. und
Hauptmann M.) auSgefochten wurde
und mit dem Tode des Ersteren endete,
wird berichtet: Hauptmann M., ein
Mitkämpfer des Krieges 1870—'71.
nannte ein bildschönes Weib sein eigen.
Nor zwei Jahren kam Lieutenant Z.
zu den Jägern und wurde von dem
Hauptmann in sein Hau« eingeführt.
Z. entbrannte in Liebe zu der schönen
Hausfrau, und hatte leider Erfolg.
Der Hauptmann ahnte lange nichts
davon, bis er von einem Freunde dar
auf aufmcrtsam gemacht wurde. Haupt
mann M. wollte sich nun von der Be
rechtigung seines Verdachts überzeugen,
gab vor, zur Jagd zu reisen, Unver
inuthet von dem fingirte» lagdansflug
zurückkehrend, fand er den Lieutenant
Z. zu unpassender Zeit in seiner Woh
nung. er trieb ihn mit der Reitpeitsche
aus dem Hause bis zur Kaserne, und
die Folge war das Duell. Ter Gl
tödtete war der einzige Sohn seiner
Eltern.
Provinz Hannover.
Im Vorort Moritzberg in HildeS
heiw ist an einem von Humburg Zuge
reisten die Cholera lonstatirt worden.
Der Buchdrucker-Invalide G. I.
Vaupel in Linden, welcher srüher der
Kius'schen Buchdruckerei angehörte und
als langjähriges Vorstands-Mitglied
der Allgemeinen Buchdrucker Kranten-
und Invaliden - Kasse Hierselbst sich
grobe Verdienste erworben, feierte seinen
90. Geburtstag in noch gutem Wohl
sein. In dem Dorfe Hagen sind Il>
Gebäude abgebrannt: zehn Familien
sind obdachlos. ..Vom Regen in die
Traufe" könnte man einen Vorfall be
titeln, der sich in Osnabrück zugetra
gen. Eine von Bielefeld hier zugereiste
und als „choleraverdächtig" signalisirte
Frauensperson sie hatte während der
Reise mehrere Brechdurchfälle gehabt—
wurde bei ihrer Ankunft hicrjelbst so
fort in Empfang genommen und unter
sicherer Bedeckung ins Krankenhaus
gebracht. Tort stellte sich bald heraus,
daß die Frau bis auf einen schwachen
Magen ganz gesund war. sie wurde
als „vollständig choleraunverdächtig"
entlassen, nachdem sie die übliche Des
inseltionS-Reinigung hinter sich hatte.
Vorschriftsmäßig wurden nun auf dem
Polizeibureau ihre Personalien festge
stellt und siehe da—es stellte sich heraus,
daß sie sich noch von einem zweiten
Verdachte zu reinige» hatte, denn sie
wurde von dem Königl. Amtsgericht in
Minden wegen Diebstahls steckbrieflich
verfolgt. Schleunigst wurde sie uun
in das sür diese Zwecke schon seit Alters
her eingerichtete „Jsolirhaus" mit den
bekannten „rothen Ziegeln" gebracht,
wo ihr Zeit gegeben ist. Über die heim
tückische Pseudo-Eholera nachzudenken.
Rheinprovinz
Das Eisenbahnunglück in Köln dürfte
nach einem amtlichen Bericht auf un
vorschristsmäßiges Verfahren bei Ab
lassen des Güterzugs veranlaßt sein.
Von einem Passagier des Personenzu
ges erhält die „Köln. Ztg." folgenden
Bericht: „Unser Zug fuhr mit einer
Verspätung von ca. 15 Minuten von
Köln ab. Die meisten Wagen waren
mit den von ihren Garnisonen in die
Heimath zurückkehrenden Reservisten der
beiden See - Regimenter, sowie der
Deutzer schweren Reiterei angefüllt.
Ungefähr l<> Minuten hinter dem Köl
ner Südblihnhof hielt unser Zug an,
da zwei Soldaten in der Trunkenheit
aus dem Wagen gefallen waren. Ich
saß mit zwei Marineosficieren im
allerletzten Kupee des ganzen Zu
ges und sah zum Fenster hinaus,
um mich zu erkundigen, warum der
Zug so lange auf freiem Felde
wartete. Plötzlich sehe ich ca. IVO Me
ter hinter mir einen Zug heranbraufe»
und hatte auch sofort die Gewißheit, daß
dieser Zug, obgleich der unsere bereits
weiterfuhr, in diesen hineinfahren
würde. Ich machte die beiden Offi
ziere schnell darauf aufmerksam; wir
sprangen alle drei aus unserem Wagen
heraus, wobei wir zum Glückt vollstän
dig unversehrt blieben. Einige Sekun
den nachdem wir am Boden lagen,
fuhr auch fchou der Güterzug mit riesi
gem Getöse in unsern Zug hinein.
Hätten wir drei nicht die Entschloyen
heit gehabt, aus dem Wage» zu sprin
gen, so wären wir in den nächste» Se
tunden unrettbar verloren gewesen.
Der Zugsührer des Güterzuges halte
schon vorher Contredamps gegeben, so
daß zu allem Glücke der Znsammenstoß
geschwächt wurde. Der Wage», in dem
ich saß, hatte sich beinahe senkrecht in
den nächstsolgcnden eingebohrt, alles
zerstörend und zertrümmernd. Mit
bewnndernswerther Unerschrocken heil
machten sich uun hauptsächlich die Ma
trosen und Kürassiere an die Reitling
ihrer Kameraden. In den zertrüm
merten Wagen saßen ausschließlich Re
servisten. Es war grauenhaft, das
Gestölme und Gejammer der armen
Verwundeten, die erst nach ziemlich lan
ger Zeit aus den Trümmern hervorge
zogen wcrd n konnten, z» hören. Die
Todten sind Teutzer Küraniere, d-ie
nach beendeter Militärzeit in die Hei
mnth zurückwollten und nun soelendig
»ich umkommen mußten.
Provinz Hessen - Na s fori.
Der „Männergesangvercin Biebrich-
Mosbach" feierte sein 50jähriges Jubi
läum in großartiger Weife. Die Stadl
war reich beflaggt. Der durch Wech
scllälschuugeu de-Z I. M. Thoma von
Kastel geschädigte Porschußverein in
Eltville, der Mitglieder im ganzen
Oberrl,eingau hat, wird den Schaden
durch Verwendung des diesjährigen
Reingewinnes und durch Abschreibe»
vom Reservesoud, decken, so daß die
Mitglieder zu Nachschliffen nicht heran
gezoge» werden. Unter Führung von
Laur von der Firma Holzmann Eo.
in Franksurt a. M., begaben sich 40
Bauhandwerter zur Errichtung der
deutschen Abtheilung der Weltausstel
lung nach Chicago. s Daselbst die
Schriftstellerin Elise Henke, die preis
gekrönte Versasserin der Lustspiele
..Durch die Inieiidanz" und ..Der
Erbonkel". Geh. Kommerzienrath
Heye in Lbcrkirchen. der Besitzer de,
Glasfabrik Schauenstein, hat zur Be
schaffung einer neuen Orgel 10,000 M.
geschenkt. In Sontra, welches kaum
2000 Seelen zählt, sind 140 Gebäude
in Schutt und Asche verwandelt wor
den, darunter 40 große Wohnhäuser.
Etwa 55 Personen, die sich auf 80 Fa
milien vertheilen, sind obdachlos. Di«
zum größten Theil bereits eingebrachie
Ernte ist verbrannt; ebenso ist viel
Vieh in den Flammen umgekommen
Königreich Sachsen.
Eire schreckliche FeiierSbrunst Haiden
älteren Stadttheil Erodense, alles Holz
häuser mit Schindeldächern, betroffen.
Abgebrannt sind ungesähr 40 solcher
Häuser und 140 Familien sind obdach
los geworden.—Ter an Vermächtnissen
und Stiftungen so reiche» Stadt Leipzig
ist abermals eine Millionen-Erbichast
zugefallen. Tie kürzlich verstorbene
Bürgerin AgneS Berndt hat nämlich
einen großen Theil ihres Vermögens
im Betrage von über eine Million
Mark zu Gunsten wohlthätiger Stif
tungen der Stadt vermacht. Gleich
zeitig hat sie der Stadt das einen bedeu
tenden Werth repräsentirende Grund
stück „Löhrs Hos" hinterlassen. —Medi-
cinalrath Dr. Hessen in Zittau feierte
fein 50jahriges Doctorjubiläum. Er
entfaltete in dem Kampfe gegen das
Gcheiinmittelivesen stets eine energische
Thätigkeit und wurde dadurch in de>>
weitesten Kreisen rühmlich belannt.
Königreich Bayern.
Vor einigen Tagen fuhr ein Ge
schäftsreisender mit der Bahn zu kur
zem Ausenthalt nach Aschaffenburg.
Noch ehe Aschaffenburg erreicht wird,
haite er einem srtmden Mitreisen
den von der augenblicklichen schlechten
Geschäftslage erzählt und bemerkt, wie
gar schwer es halte, von den Kunde»
Geld zu bekommen, so daß er in Folge
schlechter Inkassogeschäfte, um mir Wei
terreise» zu können, jetzt genöthigt sei,
bei seinem Haus telegraphisch 200
Mark Reisekosten-Vorschuß zu erbitten.
Der Andere hört dies, die Firma zu er
fahren wird ihm bei der Redseligkeit des
Geschäftsreisenden auch nicht schwer,
und ehe noch letzterer kaum eine Vier
telstunde in Aichaffenburg weilt und
Kundenbesuche macht, hat jener saubere
Patron eine Depesche mit dein Namen
des Reifckollcgcn abgeschickt, binnen
kurzer Zeit die 200 Mark Reisekosten-
Vorschuß auch prompt erhalten und ist
mit feindn, Raub alsbald verduftet.
s In Augsburg Tomtapellmeister Kam
merlandcr. Ter seit turzem vermißte
Großhändler und Gemeindebevollmäch
tigte Friß Stöcklein in Bamberg wurde
iu der Nähe des WalkspundeS todt aus
dem Kanal gezogen.
Königreich Württemberg.
Der in Stuttgart verstorbene Kauf
mann Theophil v. Heider hat sein gan
zes Vermögen im Betrage von 500,000
Mark der „Gustav-Adolph-Stistung"
vermacht. —Vom Reinertrag des um
24. Juli vom Männergesangverein
.Arion" aus New Pork in der Lieder-
Halle in Stuttgart veranstalteten Wohl
thätigkcitsconcerteS erhielten die Stadt
armen 1000, der LokalwohlthätigkeitS
verein 400, die Knabenhorte 300, die
Ferienkolonien 250 und die Stuttgar
ter Sanitätskolonne 00 Mark. Ein
Feuer legte Wohnhaus uud Scheuer
des Ehristoph Jäger in Biberach, 0.-A.
Heilbronn, vollständig in Asche. Ter
Brand entstand durch Kinder, welche
hinter der Scheuer ein „Feuerle" mach
ten. Wohnhaus und Ockonomie
gebände des Enderle in Torndorf
brannten nieder, ebenso das Wohnhaus
des Seb. Pfänder. Im Konkurse
des Bankiers Kaufmann in Ellwaiigen
betragen die Passiva 390,000 Ml.
und die Aktiva 80,000 Mk., so daß
eine Ucbcrschuldung von 320,000 Mk.
und eine Dividende von höchstens 17
Procent für die Konkursgläubiger sich
ergeben dürste. Schultheiß Johan
nes Bessing in Hattenhofen ist von der
Anklage des Betrugs sreigesprochen
worden und H derselbe bereits wieder
in sei» Amt eingesetzt, von welchem er
suspendirt worden war. Allgemeines
Aufsehen erregt die Verhaftung des
Hoflieferanten RiviniuS in Ludwigs
bürg. Derselbe soll seit einer Reihe
von Jahren durch einzelne in. der be
nachbarten Mälzerei der Aktienbrauerci
beschäftigte Arbeiter sich billiges Hüh
iicrsuttcr auf nicht reelle Weise erwor
ben halben. Bei der Haussuchung wurde
ein Theil der veruntreuten Gerste ge
funden. Fabrikant Andreas Peintcl
in Ulm, der schon seit langen Jahren
leidend lind an der linke» Körperlulfle
gelähmt war, hat sich in seinem Schlaf
zimmer mit einem Revolver erschossen.
Die Versorgung der Stadt Wangen
i. Allgäu mit elektrischem Lichte ist end
giltig beschlossen. Die Kosten sind ins
gesammt aus 200,000 Mark be
rechnet.
Groß Herzogthum Baden.
Ein früherer Zögling des Lehrersemi
nars hat die sechzehnjährige Tochter des
Odermeisters Maisch von der Ettinger
Spinnerei erschossen und dann sich selbst
eine Kugel durch den Kops gejagt.
Die studentische Eorps - Verbindung
.Vandalia" seierte in Heidelberg ihr
sechzigjähriges Stiftungsfest in solenner
Weise. In der Anklageiache wegen
der verganteten Aktiengesellschaft „Ere
ditbank Kehl" wurde der Bierbrauer
Karl Müller (zweiter Vorstand) zu
einer Gefängnißnrase von zwei Mona
ten und 10l>0 Mark Keldstrase. Frie
drich Walter zu einer Gefängnißstrafe
von drei Monaten und 500 Mark Geld
strafe, Emil Dnrain zu einer Geldstrase
von 500 Mark, Jakob Müller van Bo
desweier uud W. M. Heidt von Auen-
Heim zn Geldstrafen von je 100 Mark,
I. G. Horn, Franz Meyer, Emanuel
Strohmeyer. Johann NückleS, G. Küh
ler von Kehl zu Geldstrafen von je 800
Mark. Bankdirector Friedrich Thorwart
und Procnrist der Genosscnschaslsdank
z» Frankfurt Karl Kompter zu je 300
Mark Geldstrafe verurtheilt. In
Mannheim wurde Fabrikant F. Thor
becke zur letzten Ruhe bestattet.
Bureaudirner Henne u» Mannheim
lebte schon tauge mit seiner Frau in
Zwietracht. Neulich AbendS stritten sie
sich wieder und auf einmal vernahmen
die Nachbarn einen schweren Fall auf
der Straße. Ks war die Ehefrau
> Henne, welche drei Stockwerke herab
stürzte und fofort ihren Geist aufgab.
I Od Mord oder Selbstmord vorliegt, ist
noch nicht festgestellt. Vorläufig wurde
der Ehemann verhaftet. In St.
Gilgen sind zehn Fälle von ichwarzen
Blattern vorgeloinmen. Mit dem
Anspannen der Pferde beschäsligt, erhielt
Alt-Löwenwirth Franz Stezenbach in
Wmbsiadt durch ein Pferd eine» folch'
heftigen Schlag aus den Unterleib, daß
derselbe in Folge der hierbei erlittenen
Verletzungen bald darauf starb.
Aus derßheinpfalz.
l Der in Frankenthal verstorbene
! Adrian Brugger hat den Münchener
Künstlerverein zum Universalerben ein
gesetzt; das Erbe beträgt ca. 140,000
Mark. Das große Fabrikgebäude
von Albert Munziiiger in Kaiserslau
tern brannte vollständig aus, so daß
nur die Umsassungsmauern stehe» blie
ben. Der Schaden wird auf 100,000
Mark angeschlagen. Die Glocken der
Stiftskirche haben durch diesen Brand
auch Schaden gelitten. Zwei derselben
wurden beim Feuerläuten zu stark in
Bewegung gesetzt, überschlugen sich und
zersprangen. Heinrich und Ehrist.
lakobi, beide Schuhmacher in Pirma
sens, welche unlängst ihren Zunftgenos
sen Karl Bayer erstachen, wurden nach
Zweibrücken abgeführt. Die 77jäh
rige Wittwe Katharina Pfeiffer wurde
in Pirmasens in der Kirche vom
Schlage gerührt und war sofort eine
Leiche. Ein bei Ackerer Lorenz Fuchs
in Waldsee ausgebrochenes Feuer ver
breitete sich so schnell, daß in kurzer Zeit
10 Wohnhäuser, 12 Scheunen und ver
schiedene Schuppen ein Raub der
Flammen wurden. Die Bewohner sind
obdachlos und deren Erntevvrräthe ver
brannt. 7?er Schaden wird auf unge
fähr 100.000 Mark veranschlagt. Das
Feuer soll durch ein mit Streichhölzchen
spielendes Kind einstanden sein.
Elsaß-Lothringen.
In Altweiler stürzte das schon längst
bausällige Haus des Tagelöhners Beau
court unter lautem Getöse zusammen
und begrub vier Kinder des B. unter
seinen Trümmern. Zwei davon wa
ren auf der Stelle todt, die beiden an
deren wurden schwer verletzt herausge
zogen. Beaucourl war kurz vor Ein
tritt des Unglücks aus die Arbeit ge
gangen. Die Regierung sah sich ge
nöthigt, den sranzösische.n Polizeitoin
missür Freyburger in Colmar aus dem
Reichslande auszuweisen. Derselbe
war in Weier im Thal geboren und im
Jahre 1832 mit EntlasjungSurkuiide
ausgewandert, hatte dann eine Stelle
als Polizeikommiffar in Duukerque in
Nord-Frankreich erhalten und war in
letzterer Zeit, man sagt agitatorisch,
im Reichslande ohne Paß und Anfeiit
haltserlaubniß herumgereist. Unsere
Rebbauern haben die beste Hoffnung.
Die Reben stehen überall gleich vorzüg
lich. Die Trauben sind vollständig
ausgewachsen und es gilt jetzt nach dem
Regen der Vorwoche vielen Sonnen
schein zu erhalten, um eine gute Qua
lität zu erzielen. Die Reben sind bis
jetzt ohne Krankheit geblieben und wer
den im ganzen Oberelsaß uud, wie die
Nachrichten aus dem Unterelsaß laute»,
auch dort eine reiche Quantität abgeben.
Man rechnet auf einen Dreivierlel-
Herbst. Der Schnitter Johann Motz,
aus Schoppcnheim (Baden) stand auf
dem Pachtgut St. Johann in Dienst.
Am letzten Zahltag zog er einen Betrag
von 55 M. Mit diesem Gelde begab
er sich nach Ensisheim, wo man ihn
noch an demselben Tage gegen Abend
gesehen hat. Am andern Morgen sand
man ihn auf der Straße zwischen En
sisheim und St. Johann mit gespalte
nem Schädel todt und beraubt. Im
Jahre 1370 hatte Kaiser Friedrich als
Führer der 111. Armee in Petersbach
Ouartier'genommen. Zum Andenken
daran hat Wilhelm 11. der Gemeinde
jetzt ein lebensgroßes Bild seines Vaters
zum Geschenk gemacht.
Anhalt, Braunschweig, Wal
deck, Lippe.
Archivar Dr. Henning in Zerbst hat
oei Sichtung der sehr werthvolleu
Schriften und Werke der Stadtbibliothek
eine Anzahl von Briefen von Luther
»nd Melanchtho» anfgefunden, die
einen hohen Werth haben dürften als
Beitrag zur Geschichte der Reformation
in Zerbst »nd den anhaltischen Län
dern. Im „Lechlumer Holz" feierten
die Socialdemokraten Braunfchweigs
und Wolfeubüttels ihr seit Jahren her
gebrachtes Volkssest und sollen a» dem
selben 10,000 bis 12,000 Personen
Theil genommen haben. Das Fest
verlies in der besten Weise. —112 In Pyr
mont Brunnknmeister a. D. Julius
Wiegand. Vor einigen Jahrzehnte»,
als der Verstorbene aus dem fürstlichen
Dienst schied, gründete er eine Privat-
Badeanstalt, die bald einen gewissen
Rus genoß. Besonders die dort berei
teten Fichtennadelbäder hatten eine
ganz besondere Heilkraft; ebenso die
eisenhaltigen Moorbäder. Wiegand
ist als der Bahnbrecher anzusehen, der
unsere reichhaltigen Moorbäder zuerst
für Heilzwecke nutzbar macht«.
Schweiz.
IN Hägendorf hat sich unter der Lei
kung von Turninspector von Burg ein
Turnverein gebildet, welcher bereits 23
Mitglieder zählt. Jüngst brach in
Goßliwil im Hause der Wiltwe Anna
Maria Emch. geb. Stuber, Feuer aus,
wodurch das Gebäude eingeäschert
wurde. DaS HauS war bewohnt von
Otto Hosstetter. Stephan Stuber. bei
des Mechaniker, und Elisadclh Stuber.
—Letzthin wurden auf dem Bahnhof in
Derendingen die Pferde des Herrn
Meyer ck Co.. Müller von Derendin
gen. scheu. Johann Schupbach von
Landiswyl, Bern, der auwtsende
Knecht, versuchte dieselben zum Stehen
zu bringen, gerieth aber so unglücklich
unter den Wagen, daß in Folge der
l Verletzungen an seinem Aufkommen ge
zweifelt wird. —An der kantonalen
> Industrie- und GewerbeauSstellung in
Freiburg sind bis jetzt täglich durch
schnittlich 1000 Eintrittskarten gelöst
l worden, bis Ende August 23,000.
> Im Einverständniß mit dem AuSstel
luiigscomne veranstaltete der srcibur
> gische Müllerverein eine Ausstellung
l von Saatweizen. Diese Ausstellung
> fand im kantonalen Ausstellungsge
> bäude statt. —f In Bern Major S.A.
' Salqui», Sekretär im schmeizerische»
> Militärdepartement. Er zeichnete sich
> durch seine Ucbersetzungen aus, was.
wie es scheint, im Bundesrathhause als
eine Seltenheit vermerkt zu werden ver
dient. Der von Bern nach Thun bei
' einem Nilsmarsche am Hitzschlage ver
storbene Batterie-Arzt Herr Oberlieut.
' Dr. Ochsner in Bremgarten war der
Sohn des Herrn Ochsner, Möbel
händler in Zürich. —f I. Rindlis
bacher, Pianosabrikank in Zürich.
> 112 Ter in weitesten Kreise» bekannte
' Wirth Burkhard zur „Walliserhalle" in
" Zürich. Das sünste Bundesrennen
des schweizerischen Belobundes nahm in
> Zürich einen glänzenden Verlauf. Tie
Preisvcrtheiluug ergab im Sektions
fahren: Lorbeerkranz: Bicycteklub St.
Gallen. Zweiter Preis, Eichenkranz:
Veloklub Thun. Dritter Preis, Ei
chenkranz: Veloklub Basel. Vierter
Preis: Veloklub an der Sihl. Zürich.
Die Schützengesellschask „Wilhelm
Teil", eine der ältesten Sektionen des
KantonalverbandeS, hat sich um das
Kantonalschützcnfest in Zürich für 1893
beworben. 1 In Zürich Herr Fritz
Conradin, Oberstlieutenant der Infan
terie.
Oesterreich.
Die Enthüllungsfeier de? Komensky-
Denkmals in Unqarisch-Brod wurde
aus sanitären Gründen verboten.
Das Bahnhofmagazin in Hohcnclbe ist
vollständig niedergebrannt. Auch ver
brannten fünf mit Waaren beladen?
Waggons, welche an der Verlade-
Rampe des Magazins standen. Der
Schaden beträgt gegen 1V0,009 fk.
112 In Olmütz Kardinal Fürsteiiberg.
Der Kardinal vermachte sein Vermö
gen den Armen der Städte Olmütz und
Kremsier und jener Gemeinde», wo sich
erzbischöfliche Güter befinde». Der
größte Theil der Gemeinde Kolnhof
brannte nieder. 45 Häuser, viel
Frucht und Vieh fielen den Flamme»
zum Opfer. In dem aus 159 Num
mern bestehenden Dorfe Luschowice ist
ein Feuer ausgebrochen, und in zwei
Stunde» standen bereits 120 Häuser
nebst Scheun.n in Flammen. Zum
dritten Male binnen Jahresfrist wurde
in Wien in einer belebten Straße und
am hellen Tage der einzige Hüter eines
GoldarbeitergeschüstS ermordet und das
letztere ausgeraubt. In dem Laden
des Goldarbeiters und Uhrmachers Her
mannStolle, der in demHauseNr. 13»
der Schönbrunnerstraße in FünshauS
etablirt ist, wurde dessen Gehilse Jo
hann Lammel Nachmittags zwischen
und 42 Uhr, kurz nachdem sich der
Geschäftsinhaber zum Speisen begeben
hatte, überfallen und durch einen mit
einer Hacke geführten Hieb, der ihm den
Schädel spaltete, tödtlich verletzt, wo
raus der Raubmörder aus dem Schau
fenster Werthsache» von beträchtlichem
Werthe, nainentlich 47 Goldkettcn. zu
sammenraffte und mit dieser Beute
unbemerkt entkam. Die Frequenz
in der Schönbrunnerstraße ist eine
sehr große: es verkehren unaus
gesetzt Trammaywagen, Omnibusse
und Privatfuhrwerkc aller Art,
sowie Fußgeher, außerdem sind gegen
über dein Hause drei offene BerkaufS
stände mit Obst und Grünwaren, deren
Besitzerinnen den Ausblick gerade auf
dieses Haus habe». Um so rätselhaf
ter erscheint es, daß der Thäter ganz
unbemerkt das Uhrengeschäst betreten
und verlassen konnte. Ein Briefträ
ger, der einen Brief abgeben wollte,
entdeckte zuerst das Verbrechen. Die
Personalbeschreibung des Mörders be
sitzt die Polizei. Seit drei Tagen war
nämlich ein junger Mann täglich zu
einer in der Nähe stehenden Obstver
käuserin mit der Anfrage gekommen,
ob Herr Stolle im Local fei. Er
wünsche mit Lammel allein z» spreche»,
traue sich jedoch nicht hinzugehen aus
Besorgniß. de» Chef des Lammes dorl
anzutreffen. Der Freinde eniferute sich
auf die unbestimmte Auskunft, die ihm
stets ertheilt wurde, scheinbar enttauscht.
Auch von anderen Nachbarn wurde der
Mörder gesehen.
Ueber die Entstehung,
den Verlauf und die furchtbare» Fol
ge» der Explosion, welche bei dem Pho
tographen Ehapron in der Rue Buffon
zu Paris stattgefunden, wird noch Nach
stehendes bekannt. Eine übel ange
brachte Sparsamkeit hat die Katastrophe
verschuldet. Frau Ehvpro» hat eine
Flasche Eollodium zerbrochen »nd ries
das ganze Haus zusammen, um die
Flüssigkeit mit Schwämmen vom Bo
den zu entfernen und neu einzufüllen.
Während dieser Thätigkeit gerieh das
Eollodimn durch aus der «ebenliegen
den Trockenkammer herausdringende
Aethergase in Brand. E>ne furchtbare
Detonation erfolgte und der Fußboden
stürzte ein. In den bereits brennenden
Räumen des ErdgefchoffeS spielten sich
gräßliche Scenen ab. Zwei Arbeite
rinnen und der Sohn Ehapron'S spran
gen. bereits schwer verletzt, durchs
Fenster, wo sie mit gebrochenen Glie
dern liegen blieben. Die Tochter des
Photographen rannte, in Flammen ge
hüllt, durch die ganze Rue Buffon und
tonnte erst im Jardin des Plantes aus
gehalten werden.. Ihre Arme waren
nahezu verkohlt; das Dienstmädchen
und Herr Ehapron wurden später voll
ständig zerquetscht zwischen dem Pla
fond und Fußboden vorgesunden; die
beiden Kinder starben Nachts und die
F> au, sowie eine Arbeiterin sehen jede
Minute unter namenlosen Oualen bei
vollem Bewußtsein ihrer Auflösung
entgegen. Die übrigen Versandun
gen sind weniger gefährlich.
DerPaxiser ~T e m p S" hat
den russischen Arzt Doktor Haffkin.
welcher bekanntlich eine Eholera-Jm
pfuug gefunden zu haben glaubt, über
seine Entdeckung interviewen lassen.
Der Genannte, welcher als Assistent im
Pasteur'schen Institut sungirt, äußert
sich in ungemein bestimmter Weise.
Nach den Experimenten, die er an sich
selbst sowie an den Personen vorge
nommen, die sich freiwillig angeboten
es sind dies der Doktor Jawein aus
Petersburg, der Doktor Tamamschess
aus TifliS und Andere nach diesen
Experimenten sei es keinem Zweifel un
terworfen. daß die Jnoculation der
anlicholerischen Lymphe keine Gesahr
für die Gesundheit biete und daß sie
in vollster Sicherheit an Menschen
vorgenommen merden könne. Außer
dem sei es wissenschastlich nachgewie
sen, daß sechs Tage nach der Im
pfung der menschliche Organi-mus ge
gen Cholera-Ansteckung immun gewor
den sei. „Es ist richtig." fügte er
hinzu, „daß Herr Posteur vor drei oder
vier Tagen an den Prinzen Damrong,
den Bruder des Königs von Siam. ge
schrieben hat, um ihn zu ersuchen, er
möchte einen seiner Mitarbeiter em
psangen. Der Brief wird dem Prinzen
durch den französischen Generallonsul
in Bangkok übermittelt werden. Das
Resultat der Experimente, die dort in
den von der Eholera-Epidemie betrof
fenen Gegenden vorgenommen werden
sollen, werden für die Wissenschaft
werthvolle Dokumente ergeben. Das
Gelingen ist übrigens keineswegs zwei
felhaft, und obwohl es bisher noch nicht
möglich gewesen ist. die erzielten Re
sultate genau aufzuzeichnen dies«
Arbeit kann erst gemacht werden, nach
dem die Epidemie aufgehört Hot, zu
wüthen, und muß aus genaue stati
stische Aufnahmen begründet werden
so zweifle ich nicht, daß man binnen
Kurzem, um mich eines Ausdruckes des
Herrn Pasteur selbst zu bedienen, im
Stande sein wird, mit Erfolg gegen
die furchtbare Landplage anzukämpsen,
die man die Cholera nennt." Wenn
man sich daran erinnert, mit welchcr
ängstliche» Reserve die größte» Gelehr
te» die Welt von ihren Entdeckungen
benachrichtigt habe», so erscheint die
Bestimmtheit dieses jungen und unbe
kannten Arztes etwas befremdend, und
man wird daher gut thun, die obigen
Mittheilungen mit aller Reserve entge
genzunehmen. Sollten sie sich freilich
bewahrheiten, so würde der Dottor
Haffkin damit unter die Reihen der
Wohlthäter der Menschheit rücken.
Ein fast unglaublicher
Fall von Aberglauben bildete den Un
tergrund einer Verhandlung vor dem
Landgericht in Augsburg. Die Mül
lerin Franziska Pfander in Großailiw
ge» war durch Wahrsage in den Glau
ben versetzt worden, daß in ihrem Sta
del ein großer Schatz verborgen liege,
der aber erst nach dem Tode des Müllers
zn heben sei. Diesen Umstand machte
sich die Taglöhnerin Stcingrubcr zn
Nutze. AIS der Müller im Jahre 1838
gestorben, erschien sie bei der Psänder
und theilte ihr mit. eine verschleierte
Frau sei ihr am Kreuzw.g crschiencn
und habe ihr versichert, uun sei es Zeit,
den Schatz zu hebe». Zugleich erzählte
sie der erfreute» Müllerin, sie kenne
eine Frau, welche die nöthige „Zauber
kraft" besitze. Diese Wunderthäterin,
die Taglöhnerin Eineter, brachte sie das
n.lchste Mal gleich mit. Beide wurden
zu festlichem Mahle geladen. Die
Emeter erzählte, der Erzbifchof von
München habe ihr alle Bollmachten er
theilt, und mehrere fromme Patres
seien mit ihr im Bunde, den bösen
Geist, der den Schatz drei Millionen
bewache, auszutreiben. Natürlich
bedürste'es zn diesem Zweck verschie
dene Opferungen und Beschwörungen,
die alle Geld kosteten. Immer wie
der erschien die heilige Frau zu ihrem
viel versprechenden Werke, das zwar lei
der nicht merklich vom Fleck kam, aber
stets hunderte von Reichsmark kostete.
Selbst Mitternachts stellte sie sich plötz
lich ein; und ihr bann doppelt unheii».
liches Thun bedingte natürlich auch eine
doppelte Tare. Für solch' nächtlichen
Besuch nahm sie 500 M.! Bis in den
Herbst 1891 dauerte die Beschwörung.
Schließlich hatte die Pfänder in ihrem
unglaublichen Wahn all' ihr Geld her
gegeben: da ließ sie sich noch bestimmen,
ihre Wcrthiachcn zu versetzen, schließlich
ihr 'Anwesen zu verkaufen und für die
endgiltige Hebnng des Schatzes 300i,i
M. herzugeben. Jni Ganzen ist sie
7000 Mai k IoS geworden. Um jeden
Verrath zu verhindern, war ihr ange
droht worden, sowie ein Wort über die
Beschwörung fallen lasse, würde sie
verzaubert. So schwieg das arme,
diimmc Weib. Erst als sie sast völlig
ausgeraubt nach Augsburg übersiedelte,
kam der Schwindel ans Tageslicht.
DaS Gericht nahm sich der Sache an.
In der Verhandlnng sagte die Betro
gene sehr naiv, „all das heilige Zeug
habe sie bestimmt." Von den beiden
.Wnndcrthäterinnen" wurde nach der
„Frank». Ztg." die eine zu 4 Jahren
Zuchthaus und 1500 M. Geldstrafe,
die aiidere zu 2j Jahren Gefängniß
verurtheilt.
Aus Lemberg wird be
richtet: In Tarnopol erschoß der Gym
nasialschüler Johann Schweb zuerst sei
nen Professor Felix Glowacki, dann sich
selbst. Der Vizepräsident des LandeS
schntratheS Dr BobrzynSki hat sich zur
Untersuchung dieses Falles nach Tarno
pol begeben. —Ueber diese Affaire wer
den folgende Einzelheiten berichtet:
Johann Schwed, Schüler der siebentem
Gymnasialtlassc, war ein Bauernkind.
das sich durch Lektionenertheilen er
nährte. Schwed klagte nun, daß ihm
Professor vllowacki schon seit langer
Zeit aufsässig sei und ihn vor den Mit
schülern einen „Bauernlümmel"
schimpfte. Er überfiel nnn von hin
ten den Professor, als dieser aus der
Klaffe in den Korridor trat »nd erschoß
ihn. woraus er sich selbst d'irch eine
Vevolvertuack tödtete
Daß man jetzt von Ham
burg nach Königsberg 14 Tage zur
Reise braucht, sollte kürzlich ein junger
Mann, geborener Memeler, erfahre»,
der von Hamburg nach Königsberg zum
Besuch von Angehörigen und darauf
nach feiner Vaterstadt reiste. Derselbe
mnßte sich, wie die „K. Allg. Z.» er
zählt, zuerst in Berlin einer vorlchrifts
mäßigcn Quarantäne unterwerfen, wo
selbst ihm bei feiner Entlassung eine
Bescheinigung darüber ertheilt wurde.
Allein in Bromberg angekommen,
schützten den „Hamburger" weder diese
Bescheinigung noch seine Gesund
heitsbetheuerungen; er mußte sich da
selbst gefallen lassen, zum zweiten
Male sechs Tage hindurch im Laza
reth einer Observation unterzogen zu
werden, so daß seine Reise von Ham
burg nach hier nicht weniger als 14
Tage in Anspruch genommen hat.
Aehnlich erging es jüngst einem jun
gen Mann, der über Bremen und
Königsberg nach Rußland reiste. Der
selbe stieg, von hier stammend, in Tilsit
um uud in den nach Memel gehenden
Abendzug. Er erzählte seinen Mitpas
sagieren gerade von seiner Reise, als er
Plötzlich, was das Manchem unterwegs
so häufig pafsirt, Leibschmerzen bekam.
Sosort glaubte» die Kupecinsasseu na
türlich einen Eholerakranken entdeckt zu
haben. Mit dem Ausdruck des größ
ten Schreckens sprangen auf der näch
sten Station die Reisenden aus dem
Waggon, alarmirten das Zugpersonal
und denunzirten den Fahrgast als
choleraverdächtig. Dieser wurde sofort,
ohne daß seinen gegentheiligen Erklä
rungen Beachtung geschenkt wurde,
isolirt gehalten, und dem Bahuhoss
vorstandc in Memel von der Ankunft
eines anscheinend O'holerakranken tele
graphisch Nachricht gegeben, während
die Mitreisenden, sich gcheimnißvoll zu
flüsternd, die Reise in Angst uud Ban
gen fortsetzten. In Memel wurde der
junge Mann Polizeilicherseits in Em
pfang genommen nnd der Qnaran
täneanstalt zugeführt. Natürlich wur
de» an dem Betreffenden ärztlicherseits
nicht die geringsten Erkrankungssymp
tome wahrgenommen; derselbe ist daher
schon entlassen worden.
Die japanische Presse
klagt über den Verfall der guten Sit
ten, welcher bei den jungen Mädchen
eingetreten ist, die nach der westlichen
Methode erzogen werden. Das mo
derne japanische Mädchen benimmt sich
fast wie ein Mann. Am schlimmsten
ist es mit denjenigen Mädchen bestellt,
welche die Töchterschulen in Tokio be
sucht haben. In Japan bisher gänz
lich unbekannte Sitten haben sich bei
diesen jungen Fräulein eingeschlichen.
Sie wohnen allein in einem Mieth
hnnse, gehen nach Eintritt der Dunkel
heit allein spazieren, trinken Sake und
spielen Karten zusammen in Theehäu
sern. „Was für eine Art Mütter sol
len diese Mädchen gebe»?" fragt ein
japanisches Blatt. „Einige führen
zwar zur Entschuldigung an. daß. sich
Japan in einem Uebergangsstadium be
finde und daß Alles in das richtige Ge
leise kommen wird, sobald die Sitten in
allen Beziehungen westlich geworden
sind. Wir können diese Ansicht nicht
theilen. Es ist zu bedauern, daß die
Schulen, welche nach europäischer Art
eingerichtet sind, ihre Zögtinge einen
neuen Sittenkodex kehren, wo ihre Aus
gabe doch so unendlich leichter gewesen,
wenn sie sich an die ausgezeichneten
Vorschriften der weiblichen Etikette,
welche in jedem japanischen Hause gel
ten, gehalten hätten. Was das Be
nehmen der Frauen angeht, so kanir
uns der Westen nichts lehren, im Ge
gentheil könnten die Europäer viel von.
japanischen Damen lernen-"
Ein gewaltiger Fels
sturz hat sich bei Guldvangen in Nor
wegen ereignet. In „Bergensposten"
wird Folgendes darüber mitgetheilt:
Abends 10 Uhr 20 Minuten wurde ein
schrecklicher Lärm laut, viel ärger als
die kaum verstummten Kanonen und
Gewehrsalven aus dem benachbarten
Manöverterrain. Die Touristen stürz
ten aus den Altan »nd bemerkte» links
von dein Hotel ein knisterndes Feuer,
das sich von dem 4000 Fuß hohen Fel
sen herab durch blendend weißen Rauch
und Nebel bewegte. Dem Wirth uud
seiner Frau folgend, stürzten alle von
Schrecken ergriffen aus der Thür »nd
suchten Schutz unter einem großen Fek
senabhang, Ivo sie 8 bis 10 Minuten
in namenloser Angst verharrten, wäh
rend große Felsen herabstürzten. Beider
herrschenden Finsterniß konnte man sich
unmöglich darüber klar werden, in wel
cher Richtung und wie weit der Absturz
erfolgte. Noch lange, nachdem man
sich von der Schutzstätte hervorgewagt
hatte, wurde der Donner der herab
rollenden Steine laut. Feuerschein
wurde sichtbar, wenn die Steine gegen
die Bergwand schlugen, mährend ein
dichter Nebel sich horizontal nach beiden
Seiten vertheilte. Am nächsten Mor
gen wurde man endlich gewahr, das;
der sogenannte „Raatanut", von der
Bergkette durch eine Kluft
ganz verschwunden war. Die größten
Steinmassen waren in einer Felsenkluft
inmitten der Bergkette aufgehalten,
während kleinere Stein- und Erdmassen
die Anhänge bedeckten bis zu einer Ent
fernung von 200 Meter von dem Ho
tel.
Zweihundertfiebenund
siebzig Jahre sind verflossen, seitdem
der erste Theil des unsterblichen Wer
kes „Der sinnreiche Hidalgo Don
Quixote von der Mancha" von Miguel
de EervantheS Saavedra erschien. Seit
dieser Zeit wurden von dem Buche 528
spanische Ausgaben, 304 englische, 17i>
französische. 99 italienische. 84 portu
giesische, 75 deutsche, 18 schwedische, S
polnische, 8 dänische, v russische, 5
griechische, 4 eatalanische, 3 rumäni
fche. 1 baskische und lateinische, im
Ganzen 1324 Ausgaben veranstaltet,
eine Zahl, die von keinem anderen
Werke auch nur annähernd erreicht
werde. 7