Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, September 30, 1892, Page 6, Image 6

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    6 »«r Mann, b«r nicht schwitzt.
Wer kennt ihn nicht, den Mann, de.
„icht schwitzt, sondern bei 98 Grad im
Schatten so kühl wie eine Gurke zu uns
kommt?
Stehkragen und Kravatte sitzen wie
«ngegossen; der elegante und offenbar
aus den besten Stoffen gefertigte Anzug
ist in so unauffälligen, harmonischen
Farben, daß wir, nachdem uns unser
Freund verlassen hat, absosut nicht
mehr sagen können, ob sie braun, grau
vder schwarz waren. Die Schuhe sind
spiegelblank gewichst; der Hut ja,
was für einen Hut hatte er doch? Wir
wissen es nicht mehr, aber er hat jeden
falls zum Ganzen gepaßt, ebenso wie
die einfache goldene Uhrkelte, welche die
Stelle anzeigt, wo er seinen, ohne Zwei
fel ebenfalls goldenen Zeitmesser trägt.
Er hat uns eine Mittheilung ge
macht oder Etwas fragen wollen. E»
war nichts Epochemachendes, noch Auf
regendes. Wer hätte den Mann über
haupt je aufgeregt gesehen ? Er kann
ja nicht einmal schwitzen, sondern ist
rmmer gleichmäßig trocken, ruhig und
gefaßt. '
Er trinkt nicht, raucht nicht; ist nu
lustig oder gar begeistert, aber auch nie
katzenjämmerlich und schlecht gelaunt;
enthält sich aller boshasten Bemerkun
gen über Andere: ist bis zu einem ge
wissen Grade gefällig und dienstbereit,
verlangt aber nie Etwas sür sich selbst;
macht zuweilen einen harmlosen und
dabei guten Witz, kurz, der Mann ist
jeder Beziehung correct. Und doch,
oder vielmehr gerade deshalb haben wir
ieine besondere Zuneigung zu ihm und
sein Händedruck läßt uns kalt. Der
Mann, der bei großer Hitze schwitzt und
sich über die schnöden und häßlichen
Dinge dieser Welt von Herzen freuen
«nd ärgern kann, ebenso wie wir auch,
ist uns lieber, selbst wenn er uns zum
zehnmillionsten Male srägt, ob es uns
«uch „heiß genug" ist, und uns manche
seiner übrigen Eigenschaften gerade
«icht sehr sympathisch sind.
Die Menschen dichten ihren Göttern
-nlle möglichen und unmöglichen Vor
züge und Tugenden an, aber Ihres
gleichen wollen sie menschlich sehen,
vorausgesetzt, daß sie dieselben nicht
freiwillig, wie es z. B. mit den Für
sten und sonstigen mächtigen oder her
vorragenSen Persönlichkeiten geschieht,
aus eine Art von Halbgott-Piedestal
stellen, aus welchem die Betreffenden,
als die Repräsentanten eines großen
Princips oder einer gewaltigen Idee,
keine alltäglich-menschlichen Gefühle
mehr zu zeigen brauchen, wenn sie nicht
«ollen.
Von einem Millionen von Soldaten
kommandirenden Generalissimus wird
nicht erwartet, daß er beim Anblick
«ineS mit Todten und Verwundeten
bedeckten Schlachtfeldes irgend welche
Rührung zeigt, und ein König oder
Präsident einer Republik würde eine
ziemlich unpassende Figur spielen, wenn
er auch beim schwersten persönlichen
Verlust, der ihn betroffen haben mag.
vor den» versammelten Volk in Thrä
nen ausbrechen würde. Selbst von
Gelehrten, dem Philosophen u.s.w.
klangt man nicht allein auf dem Ka
theder. sondern auch sonst eind gewisse
stoische Ruhe. Und doch sreut man sick
über jede Mittheilung aus dem Privat
leben jener Männer, welche beweist, daß
auch sie als Menschen menschlich sühlen.
wenn sie es auch nicht immer zeigen
/ollen oder dürfen.
Was immer wir in dieser Beziehung
hören, bringt sie, die entweder geistig
wirklich unerreichbar hoch stehen oder
»»n uns selbst aus eine solche Höhe ge
stellt worden sind, daß sie auf uns her
unterschauen können, uns wieder mensch
lich näher. Es ist daher durchaus
' keine leere Phrase, wenn es z. B. bei
einem Trauersall in der Familie eine»
populären Präsidenten oder Monarchen
heißt, daß das ganze Volk mit ihm
sühlt. Der Betreffende steht eben den
Massen menschlich nahe und daher thei
len sie seinen Schmerz, während sie da,
wo dies nicht der Fall ist. zwar eine
jede ihrem höchsten Repräsentanten zu
gefügte Beleidigung als solche empfin
den und eventuell rächen, sich aber um
seine persönlichen Gesühle nicht weiter
kümmern werden.
Was bei Nationen, die ja doch nur
Konglomerate so vieler Millionen sind,
richtig ist. daß sie nämlich nur an dem
Wohl und Wehe Derjenigen theilneh
men, mit welchem sie sich auch mensch
lich EinS sühlen, das gilt erst recht im
Alltagsleben der Menschen unter sich.
Trau' keinem Freunde sonder Mängel.
Äeb' ein Mädchen, leinen Engel!
«räth Lessing. Und er hat Recht und
wäre eS auch nur deshalb, weil die
Freunde „sonder Mängel" und die
weiblichen Engel ihre Ansprüche an die
Vollkommenheit ihrer Mitmenschen für
gewöhnlich allzu hoch spannen.
Doch ist dies nicht der einzige Ge
sichtspunkt, von welchem wir Lessing
beistimmen müssen. Der Hauptgrund
»st der, daß viele dieser sehlerlosen,
«ngelgleichen und nie schwitzenden Men
schen, ob männlich oder weiblich, vol
lendete Heuchler sind und irgendwo
im Verborgenen Schattenseiten haben,
welche alle ihre wirtlichen und ange
nommenen Vorzüge überwiegen.
Es gibt allerdings Menschen, welche
dein guten Spruch des alten Horaz
soll sich seinen Gleichmuth unter
.allen Umständen bewahren" mit einer
solchen Virtuosität nachleben, daß sie
ihn wirklich nicht verlieren, und sich da
her auch nie und unter keinen Umstän
de erhitzen. Wer es einmal so weit
gebracht hat, der besitzt auch Willens
kraft genug, um etwaige Anlagen zu
Neid, Mißgunst und andere böse,. Hei
zmittel" zu überwinden, und ist im
Stande, sich über das Glück Anderer zu
freuen und an ihrem Unglück theilzu
nehinen. Leider ist jedoch die Zahl der
Leute, welche dies können, nicht allzu
-vog, während diejenige der Anderen.
die sich über die günstige Lage ihrer
Mitmenschen ärgern und über etwaiges
Elend auch noch boshafte und schaden
frohe Bemerkungen machen, Legion ist.
Zu dieser Legion gehören auch nicht
wenige der von Lessing genannten Tu
gendmuster, obwohl sie, wie schon oben
benierkt. meist tlug genug sind, ihre
Gedanlen sür sich zu behalten und die
selben nur in unbewachten Momenten
durch gelegentliche malitiöse Ausfälle
verrathen.
Wie immer dem sei, Menschen, von
denen wir nichl' ganz bestimmt wissen,
daß ihr Horaz'scher »equ» msns oder
Gleichmuth und die daraus resultirende
souveräne Ruhe wirklich ächtist. sind,
wenn auch nicht geradezu unheimlich,
so doch nicht die Leute, welche wir uns
zu unserem näheren Umgang aus
suchen.
Lessing wollte uns sicherlich nicht den
Rath geben, nur Diejenigen zu Freun
den zu wählen und nahezu fehlerfreien
Menschen fern zu möglichen Laster ha
ben. Ebensowenig wollteer uns veran
lassen, uns vonden wirklich guten und
nahezu sehlersreien Menschen sern hal
ten.Wovor er warnen will, das sind os
senbardie schon erwähnten Heuchler,
welche ihre Bosheit und Niedert a ht uu»
ter tec Masle der Bonhommie jnird
Gleichgültigkeit zu verbergen wissen.
Uebrigens bedarf es gerade keiner
sehr großen Warnung vor dieser Spe
zies. so lange es den Verkehr der Ge
schlechter unter sich angeht. Denn in
der Geiellschast von Männern ist wohl
keiner so unbeliebt, als derjenige, wel
cher sich als den Tugend
bold ausspielt und dadurch den Anderen
mehr oder minder deutlich zu verstehen
gibt, daß er selbst ihre harmlosesten
Vergnügungen für große Laster hält.
Und wenn wir recht insormirt sind, so
erfreuen sich unter den Damen Muster-
Haussrauen, bei denen .so etwas nie
vorkommt," auch gerade keiner besonde
ren Popularität. Im Gegentheil,
man läßt sie links liegen, wenn man
irgend kann, und wenn dies aus socia
len Rücksichten nicht thunlich ist. so dul
det man die Betreffenden, macht sie
aber sicherlich nicht zu seinen Vertrau
ten.
Was schließlich den Verkehr der Ge
schlechter unter einander betrifft, so
brächte der Versuch einer strikten Be
folgung von Lessing's zweitem Räth:
„Lieb' ein Madchen, keinen Engel", die
Männerwelt in ein heilloses Dilemma.
Denn bekanntlich sind alle Damen En
gel; aber Lessing sagt, wir sollen keine
Engel lieben, was für einen Schluß
sollen wir daraus ziehen?
Das wir unbeweibt, beziehungsweise
unbemädelt durch s Leben gehen sollen ?
Oder daß doch nicht alle Mädchen Engel
sind oder daß diejenigen, welche einen
Mann zu lieben beginnen, aushören,
Engel zu sein ? O, diese Dichter.
Zwei iniercstante Moment« im
Leben «incs Mannes.
Im Alter von zwanzig Jahren ver
folgt er sehnsüchtig Sa» Sprossen des
ersten Barthaares,
iL
und mit vierzig Jahren beobachtet er
mit Angst und Grauen das Aussallen
der Scheitelhaare.
Nicht die, sondern das.
Der „Nürnberger Anzeiger" berichtet
aus Nürnberg: An das hiesige Sta
tionSpersoncl deSStaatsbahnhofeS wer
den vom Publikum ost sonderbare Fra
gen gestellt. Fragt da ein Engländer
kürzlich einen Stationsdiener in gebro
chenem Deutsch, wo sich denn der dent
sche Kaiser befinde. Als ihm zur Ant
wort wurde: in Berlin oder in Pots
dam. meinte der Engländer: Ich will
nicht wissen die deutsche Kaiser, ich Wils
wissen das deutsche Kaiser, was ist Ho
tel.
Schwer zu finden. „Wie,
Fritze. Du hast immer noch keene Ar
beit jefundeii?" „Nee, 'S hält riesig
schwer, bis ick eene Iriege, die nach mei
nem Geschmack is! Wceste so eene, bei
der man die Hände in der Tasche stecke»
lassen und ooch noch 'n bischen dabei
duseln kann!"
Ein pietätvoller Neffe.
.....Sie thun gar nichts, leben nur
von Ihren Zinsen?" —„Ja. Schau'n
S', Sie hatten sehen sollen, wie mein
Onkel sich abgearbeitet hat, bis er das
Vermögen zusammengebracht—und da
ruh' ich mich jetzt aus!"
Die Frauen haben das
beste Gedächtniß: Sie erinnern sich im
mer, noch etwas vergessen zu haben.
Mancher hat nichts, als
seine Frechheit, und er macht doch sein
Glück in der Welt.
Die At»Sst«llung»«rSffnungSr«d«.
Humoreske.
.Ja. meine Herren", meinte der alt«
Steuereinnehmer Dickele. der in Kar
toffeldorf seine kleine Pension verzehrte,
am Herrentisch des Gasthauses „Zu den
drei Runkelrüben" zu den übrigen Ho
noralionen des Torfes gewendet, „ja,
meine Herren, die Rede bei die Eröff
nung von unser neues Denkmal, die
will ich Sie schon hallen, denn im Re
den war ich doch stets, wie man so sagt,
ein Held in Fidelis. Aber eins bitt'
ich mir aus, nämlich, daß Karl, eine
kleine Weiße! also daß ich von die
feste Erde herab zu Euch reden dars und
mir nicht aus einer Kanzel oder so
etwas zu stellen brauche. Da habe ich
Sie doch zu schlimme Erfahrungen mit
gemacht".
Wenn nun auch der Körperumfang
unseres Helden es sehr nahe legte zu er
rathen. worin die sogenannten schlim
men Ersahrungen bestanden, so wollten
die Väter der Gemeinde die Geschichte
doch gern aus Herrn Dickeles eigenem
Munde vernehmen und da ließ sich denn
der „joviale" alte Herr auch nicht lang
nöthigen und begann bald also:
„Ja. meine Herren, das war zu die
Zeit, wo ich Sie noch Steuereinnehmer
in Wurstenau war. Wurstenau ken
nen Sie ja alle und ebenso Käsewitz.
Das waren nun zwei Gemeinden, die
vertrugen sich wie Katzen und Hunde
oder eigentlich noch schlechter, denn die
eine that immer alles, um die an
dere zu ärgern.
Wählten die Wurstenauer zum Exem
plar einen neuen Ortsschulzen, so wähl
ten die Käiewitzer sicher zwei, und freute
sich der Käsewitzer Schandarm. nach
langes Abhetzen endlich mal wieder ei
nen von die berühmten Strauchdiebe,
die da in die Gegend hausten, eingesan
gen zu haben, dann ließen die Wurste
nauer, die in s Einlochen immer mehr
Glück hatten, sicher drei Kerle unter die
Bedingung lausen, daß sie sich sofort
auf dem Train von Käsewitz begaben.
Bisher hatte Sie nun noch kein Dorf
das andere unterkriegen können, aber
endlich Karl, wo bleibt denn die
Weiße? also endlich sollte es Sie
doch kommen. Die Wurstenauer woll
ten nämlich eine große Rindvieh-Aus
stellung veranstalten. Ich war Sie
natürlich dazu ausersehen. um die Rede
bei die Eröffnung zu halten, denn alle
wußten ja. was der Dickele kann, wenn
er mal will.
Na, was da für Vorbereitungen ge
troffen wurden, das will ich Sie hier
nicht alles auszählen, sondern nur kurz
sage», es war alles wunderschön. Auf
dem Marktplatz war eS. wo die Aus
stcllung stattfinden sollte, und vor, das
Denkmal, was in die Mitte stand, hatte
m«n aus einen Baumstamm und ein
leeres Cementfaß ein Ding wie eine
Kanzel für mir gemacht. Es war Sie
allerdings nicht ganz leicht, da herauf
zu kommen, denn man mußte mit eine
kleine Leiter von oben hereinsteigen.
Aber es ging doch und so stand ich denn
glücklich oben, wie'S los gehen sollte,
natürlich in meinen Frack und Cylin
der, denn ohne den geht's ja mal nicht.
Selbstredend hatte ich mich auch eine
pitfeinc Rede einstudirt und wartete Sie
nur noch auf den Bürgermeister, um
loszuschießen. Endlich kam der und
nun holte ich mal tief Athem und rier
dann so laut wie ich nur konnte:
„Ihr Bürger von Wurstenau! Freuet
Euch! Soeben ist unser Herr Bürger
meister hier erschienen, unsere Rindvieh-
Ausstellung ist Sie also eröffnet!!!
Und nun wollen wir zuerst unsern lie
ben Herrn Bürgermeister mal kräftig
hoch leben lassen!"
„Hoch unser Bürgermeister!" schrie
da alles, „hoch!" und nochmals
.hoch!"
Der Mann hatte Sie das nun sicher
nicht erwartet, denn er war zuerst ganz
paff, aber gefallen that es ihm doch,
denn gleich drauf lachte er mit'S ganz»
Gesicht und das that mich gut.
Wieder nehme ich einen tiesen Athem
zug und ruse: „Karl, einen kleinen
Kümmel !" also ich ruse: „Mitbür
ger ! Nachdem wir soweit wären, wol
len wir nun auch mal unsere Rindvieh-
Ausstelliing hoch leben lassen!"
Und wieder ging'S : „Hoch ! hoch >
1ind...." Doch weiter käme» sie nicht,
denn schon bei's zweite Hoch gab's'un
ter mich einen surchtbaren Krach und
schwupps, sitze ich mitten auf den Boden
von die Tonne. War mich Sie taZ
ein Grunzen und Brüllen um mir her
um ! Es mag nun allerdings auch
was komisch ausgesehen haben, denn
von meine ganze werthe Persönlichkeit
war nichts zu sehen außer die Beine,
die unten, und den Cylinder, der oben
ans die Tonne herausstanden. Ich
selber tonnte mir natürlich nicht regen
.»och rühren und mußte Sie da ruhig
warten, bis endlich der Herr Bürger
meister, wohl aus Dank für dem Hoch
leben-lasscn, und noch ein paar Bauern
kamen, um mir herauszuziehen.
Kaum stehe ich nun wieder auf mein«
Beine, da sehe ich zu meinen neueste»
größten Schrecke», daß meine seine,
schwarze Hose, die Sie nicht auf Ein
brüche eingerichtet war. von oben bis
unten an die rechte Seite aufgerissen
ist und lustig in den Wind flattert.
Doch der Herr Bürgermeister wußte Sie
auch hier Rath. Schnell holte er von
irgend eine Kuh den Strick, womit die
sestgebuttden war. und wickelte mich den
um dem Bein. Das ging ganz gut
und der Schaden war sur dem Augen
blicke geheilt.
Für die kavntte Kanzel wurde nun
ein großes Bieriaß ausgestellt, welches
der Wirth, Herr Gottfried Möhrenfeld,
für später in Bereitschaft hielt, ich
darauf und dann ging'S weiter.
Was ich geredet habe, das werden
die Käsewitzer wohl nicht mehr wissen,
aber ich weißes noch ganz genau.
„Mitbürger!" sagte ich Sie fo unge
fähr, „seht einmal um Euch! Habt Ihr
jemals schon eine solche Masse von
Rindviehe bei einander gesehen. Ei
gereicht die Gemeinde zu alle Ehre, solch«
Rindviehe erzeugt zu haben.
„Aus die ganze Welt giebt es das
nicht mehr! Mit Neid schauen die Käse
witzer auf uns, ab»r sie haben auch
Grund dazu. Außerhalb die Grenzen
von Wurstenau hört das echte Rind
viehthum ganz und gar auf. In
Käsewitz giebt es keine solche Rindvieher,
die giebt es nur in unsere Gemeinde!"
Natürlich brüllte Sie alles Volk nur
so Beisall, daß es ein Spaß war, und
immer feuriger fuhr ich fort:
„Wer hätte das gedacht, daß die
Wurstenauer mal ihre Rindviehe zur
Schau stellen würden? Das ist ein ge
waltiger Fortichritt und hoch erheben
wir uns Z'
Da zcyichscht! Hülfe! ich
versinke! psui! nein! bah!
schreie ich und mit mich ganz Wurste
nau. Der Boden von das Faß, wo
raus ich die Prachtrede hielt, sank näm
lich unter mich und leider auch mit mich
in die Tiefe hinab und durch dem Druck
wurde das Bier wohl tausend Fuß hoch
in die Luft gespritzt» Ich stand wie
mitten in einem Kater, wie man das
nennt, Augen, Ohren und Nafe voll
Bier, so daß ich Sie nichts mehr hören
und sehen konnte, dafür aber ganz
schrecklich niesen mußte. Daß die
Wurstenauer sich wegmachten, so schnell
sie nur konnten, brauch' ich wohl kaum
besonders zu sagen, denn so gern sie
auch das Bier sür „innerlich" gebrauch
ten, „äußerlich" schwärmten sie ebenso
wenig dafür wie ich.
Na, endlich, endlich war's zu Ende,
d. h. also, es war Sie alles Bier glück
lich aus dem Faß herausgespritzt und
die beiden Böden lagen aufeinander.
Und da stand ich Sie nun halb erstickt
in der Tonne wie ein begossener Pudel,
wischte mich das Bier aus die Augen
heraus und nieste zum Abschied noch
zwölf Dutzend mal. daß es nur so
sprühte. Aber wie sah ich Sie aus,
wie ich nun aus daS Ding herausgekro
chen kam und inir mal in Augenschein
nahm. Mit meinem seinen schwarzen
Anzug und mein nobles Faltenhemd
konnte ich Sie ruhig eine Bierwirth
schaft anfangen, so patschnaß waren
sie. Dazu kam dann noch das aufge
rissene und mit Kordel zugebundene
Hosenbein und der ausgeweichte Cylin
der, der mich über's linke Ohr herab
hing. Na, meine Herren, Sie erlassen
es mich wohl, zu erzählen, wie ich Sie
damals eigentlich wieder nach HauS ge
kommen bin.
Daß meine Alte an dem Tag nicht
besonders angenehm war, können Sie
sich ja auch leicht denke»; aber was that
das bei die Anerkennung, die ich sür
meiner Rede in das „Wiirstenauer
Wochenblatt" erhielt. Ich habe Sie
die Nummer noch aufbewahrt, hier ist
sie und der Artikel lautet da wörtlich:
Besonders muß die brillante, leider
mehrfach unterbrochene Rede des Herrn
Dickele hervorgehoben werden, welcher
unwiderleglich bewies, daß die größten
Rindviehe und Esel nur aus Wurste
»auer Gebiet zu finden wären. Zu
seinem gewaltigen Talent erlauben wir
uns, Herrn Dickele bestens zu beglück
wünschen und bedauern nur, daß der
Preis, welchen der größte Ochse von
Wurstenau erhielt, nicht dem Herrn
Festredner zugewandt werden konnte.
Er wäre sonst redlich verdient gewe
sen."
Mit bewundernden Blicken schauten
die Väter von Kartoffeldorf auf den
Mann, der solches Lob aufzuweisen
hatte und jetzt doch so bescheiden das
alte Zeitungsblatt wieder in seine Tasche
schob.
Wie aber die Rede verlief, die Herr
Dickele bei Enthüllung des Denkmals
hielt, das will ich später einmal erzäh
lt-.
Ein« nette «egend.
Fremder: „Na, wollen 'mal sehen,
was heute in dem verfluchten Neit lo»
ist.'
„Himmel! meine Börse!"
„Haltet den Dieb!!!"
Manche grüßen wir nicht,
weil wir sie nicht genau geniig, und
Swaere nicht, weil wir sie zu genau
tennen.
Wie gerne wollten wir
ven Frauen oft das letzte Wort lassen,
wenn wir nur wüßten, weiches daz
texte Wort wäre!
Das wildeste Thier
schont seinesgleichen; der deutlichste
'Leweis, daß der Mensch lein Thier ist.
ES iväre eine Freude zu
leben, wenn Jeder die Hälfte von dein
thäte, was kl von Andern verlangt.
T«utschlan»kahrt.
I.
Zwischen den Andern.
Zu den Päonien und Rosen roth.
Die auf den Tischen lagen.
Hab' ich meinen weißen Strauß
Von Maßliebchen getragen.
Seid, ihr Blumen, die FreundeShant
Mir zur Fahrt gegeben.
Ein Symbol von meiner Art
Und von meinem Streben!
Zwischen purpurner Rosen Pracht
Und verschwendrischem Prangen
Hebt sich euer bescheidenes Weiß
Wie ein hehres Verlangen.
Laßt den Andern das bunte Kleid,
Werth nur liegt im Kern.
Stolzer sind jene, doch ihr allein
Traget das Bildniß der Sterne.
11.
S chisssges el l sch a 112 t.
Was gestern fremd und kalt sich maß.
Rückt heut' sich traulich näher.
Man fragt sich dies, man fragt sich
das,
Ohr wird und Aug' zum Späher.
An Deck von Kokett'rie und List
Die Dame» promeniren.
Indeß im Rauchsalon bei m Whist
Die Herren sich amüsiren.
Doch bald gesellt sich Art zu Art;
Man schwatzt, um nichts zu denken.
Und läßt, vereinzelt und gepaart.
Sich Sect und Porter scheitlen.
In ollen Sprachen leis und laut
Weltplatte Reden gaukeln,
Ein Jeder läßt sich, mecrumblaut,
Ja'S süße Nichtsthun schaukeln.
Rur Wogen rings. Kein Land, kem
Ziel.
Kein Prüfen und kein Messen.
Das Leben wird ein tändelnd Spiel
Und morgen ist alles vergessen
111.
Eine von Vielen.
Sie war noch jung. Aus ihren Augen
brach
Zuweilen ein pikantes Kinderlachen.
Wenn rührend sie vom Ernst des Le
bens sprach
Und dann von hundert andern toller
Sachen.
Oft stand sie bei mir spät noch in der
Nacht,
Wenn sich die Andern stumm zurückge
zogen.
Und wie ein Glockenton durch Sturm
und Schlacht
Klang ihre Stimme durch den Brau?
der Wogen.
Sie schien noch gut. Ein leichtes Trau
men wies
Den Weg ihr noch empor zu gold'nen
Sternen.
Vom Westen kam sie und ging nach
Paris.
Um dort des Pinsels Führung zu er
lernen.
Noch jung und gut, und doch so ganz,
allein
Und nach Paris mit diesem Weltver
trauen
Mir war'S, als sah' ich ein verlorenes
Sein
Aus diesen hellen Kinderaugen
schauen....
Macht v«r Gewohnheit.
Junge Gräfin, früher Miß Astoria
Van Rensselaer: „Aber, lieber Gras,
erkläre mir doch, weshalb Du eigentlich
jedesmal, wenn ich Dir Geld gebe, den
Arm in die Hohe reckst und dann eine»
krampshasten Ruck machst?"
Graf: ..Meine Theuerste, ganz ein
fach deshalb, weil ich mir das von der
Zeit her angewöhnt habe, als ich noch
Pferdebahiischaffner aus der Dritten
Avenue in New °Z)ork war!"
Modern« Dienstbote».
Köchin: „Gnädige Frau, Sie spielen
diese Stelle falsch; erlauben Sie. bitte,
daß ich Ihnen diese Steile einmal vor
spiele?"
K»r französtsch« Büch«ann.
Büchmann hat in Frankreich Schul«
gemacht. Nach seinem Vorgang stellt,
wie wir in der „Köln. Ztg." lesen,
Roger Alexandre in feinem kürzlich er
schienenen Buche „1.0 blusss cls l,
Loiivsr»»tion" die von Mund zu Mund
gehenden geflügelten Worte zusammen
und sucht ihre ursprüngliche Bedeutung
und ihren ursprünglichen
hang festzustellen.
Am beliebtesten sind, wie Nlerandn
bemerkt, die am wenigsten bezeichnen
den Redensarten: .Je weniger Sinn
ein Ausdruck hat. um >o größer ist seine
Neigung, sich zu verbreiten, denn ge
rade diese Ausdrücke, bei denen sich oft
gar nichts denken läßt, können auf tau»
senderlei Art gedeutet und angewand'
werden."
Dahin gehören nicht nur die Stich
worte geschickter Reklamen, die im
Voltsgedächtniß hängen geblieben find,
und der stumpssinnige Rus .Hs
Ksrt!". den man etwa durch das Ber
linische „Wo ist Naucke?" übersetzen
könnte, sondern z. B. auch das bis zum
Ueberdruß abgedroschene La äs »ioots,
über das der Verfasser seinen ganzen
Zorn ausgießt: „Heute ist eine hübsch«
Frau, ein Richter, die Mode, die Er
xiehung, kurz Alles, Alles tin äs sisolv.
In der ersten besten Zeitung, die wir
in die Hand nehmen, finde» wir da»
Wort zehn- und zwanzigmal wiederholt,
auf allen Seiten, fast aus jeder Spalte
ES ist zum Schreien."
Der Erfindung de» Wortes rühmen
sich die Herren Micard und de Jouve
not» die a»i 17. April 1338 ein Stück
unter diesen Titel im (,'kstv»u-ä'd)»u
aufführen ließen. Auf eine hübsche
Soldatenschelmerei ist der noch immer
viel gebrauchte !>' iovsliäs », l» tsr«
äs bvi» zurückzuführen; er stammt aus
dem Ende des 17. Jahrhunderts und
zeigt, daß die Stelzfüße im Invaliden-
Hause sich den Humor in ihr krüppel
hasteS Dasein herübergerettet batten.
Kamen Besucher ins Hutsl cle» luv»,
liclss, die danach aussahen, daß man
sich mit ihnen einen Spaß erlauben
könne, so wurden sie von den alten
Schelmen stets darauf aufmerksam ge
macht, daß die größte Sehenswürdig
keit des HauseS der Invalide mit deir
hölzernen Kopse sei.
Im zweiten Stockwerk, wo der Wun
derinensch Hausen sollte, wurden die
Leichtgläubigen in das dritte verwiesen;
hier hieß es: „Der Holzkops ist soeben
in den Hos hinabgegangen, er läßt sich
rasiren." Wer auch jetzt noch nicht
merkte,, daß er cm der Nase geführt
wurde, ging weiter auf die Suche. An
dere zogen beschänit von dannen. Keiner
aber verrieth wohlweislich den spätern
Besucher» das Geheimniß. Die Ueber
lieferung von dein Holztopf ging unter
den Invaliden von Geschlecht zu Ge
schlecht weiter, bis ihnen schließlich der
philiströse Verfasser eines „Führers
durch Paris" den Spaß verdarb und in
seinem Leitsaden schrieb, daß es „einen
Invalide» mit einem hölzernen Kop'
nie gegeben habe."
Nicht ganz aufgeklärt ist die Herkunft
der zum Gemeingut der ganzen Welt
gewordenen Ausdrücke L»ns - vulart«
und (>'lia.avii,. Ob das Wort
oulotta in einem Theaterstück des glei
chen Namens zur Verspottung des Dich
ters Gilbert, der ein armer Teufel war
und sich erlaubt hatte, einige hoch
müthigc Philosophen in seinen Satiren
bei Seite zu, nehmen, zuerst angewandt
und dann als Spottname der socialisti
schen Schriftsteller der Revolution wie
der aufgenommen worden ist, ob der
Abbe Maury es in seiner Sitzung de,
Constituante gegen die lärmenden
Gosfciiheloen auf der Tribüne zuerst
gebraucht oder ob der Marquis de
Laqueille bei einer ähnlichen Gelegen
heit die Sprache damit bereichert ha»
ist nicht festzustellen. .
Für hält der Ve
rfasser die Angabe Friedrich Kapps in
seinem Buche „Das Leben des amerita-
Nische» Generals Fr. W. v. Stenden",
wonach das Wort im Lager von Wa
shington während des UnadhängigkeitS
triegcS im Winter 1777—78 entstan
den sei; General v. Steuden habe da
malS die tapferen, ober abgerissenen
französische» Offiziere der
armee Lkns-oulotts» genannt.
dtiauvio ist ein Familieniiame; die
Persönlichkeit aber, die dem Wort seine
heutige Bedeiituiig gegeben hat, läßt
sich nicht mehr nachweisen. Jacques
Arago nennt zwar in seinem liierioo.
Soldaten der Napoleonischen Zlrmee,
nach dessen Namen die Gattung be
nannt sei, einen in Rochefort geborenen
Nicolas Chauvin, führt aber Be
lege für die Behauptung an.
Immerhin könnte dieser Nicola»,
wenn die Heldenthaten, die Arago voir
ihm erzählt, richtig wären, der Bater
aller Chauvins sein. Er schildert ihn
also: Soldat mit 13 Jahre», hat er
alle Feldzüge mitgemacht. 17 Wun
den, alle auf der Brust; drei Finger
abgenommen, einmal die Schulter ge
brochen, die Stirn schrecklich zerfetzt,
ein Hhrcnsäbel, ein rothes Bündchen
der Ehrenlegion, 200 Fr. Pension: das
ist der alte Haudegen, der sich an der
Sonne seines Baterlandes sonnt und
ruhig abwartet, bis ein Holzkreuz sein
titrad schützte." Allmählich mischte sich
aber mit dieser Vorstellung des Helden,
die des Provinztölpels. des Kraftmen
schen mit dem großen Magen und dem
guten Herzen, der von den Kameraden
gehänselt und mißbraucht wirb, und
neuerdings ist zu alledem, in der Aus
fassung des Auslandes wenigstens, dank
den Maulsechtcreien der Deroulede und
Genossen noch der Xlilvz ge
treten. der Prahlhans mit der Fallstaff»
Natur.
Moderne Annonce. Ro
mMtisch gelegenes Wildbad. klimati
scher Lustturort. idyllische Plätzchen,
aus 500 Badegäste durchschnittlich zehn
Verlobungen.
A r « » » s ch.
Obgleich die Araber Algeriens heut»
nicht mehr Franzosen sind als vor etli
chen Jahrzehnten, bequemen sich diesel
ben bei Bedarf doch den ihnen von der
europäischen Civilisation gebotenen
Hilfsmitteln an. So schiffen sich jedes
Jahr Hunderte von algerischen Ara
bern auf einem französischen Dampser
zur Pilgerreise nach Mekka ein. Der
Dampfer Victavia hatte längs der alge
rischtll»esischenKüstel2ooMohan?edaner
eingenommen, brachte dieselben nach
Djeddah im Rothen Meer und holte
dieselben und 200 Mann mehr nach er
folgtem Pilgergange wieder ab. Die
ses Jahr kamen zwei Sterbefälle an
Bord vor, was ausnahmsweise günstig
ist. Der eine der Verstorbenen hat sich
unter folgenden Umständen umS Lebe»
gebracht: Etwa 2-t Stunden vor Malt»
kam der Commandant zu früher Mor
genstunde auf Deck, als ihn ein Musel
mann im ruhigsten Tone wie folgt an
redet:
„Weißt du, ei» Mann ist ins Mee»
gefallen."
„Aber du bist verrückt," antworte»
der Capitän. über das Phlegma seine»
Gegenüber erstaunt.
„Ich bin nicht verrückt, ich sage dir,
daß ein Mann ins Meer gesaüen ist,
da, auf dem Hintertheile."
„Wie lange ist escher?" „10 Mi
nuten bis 5 Stunde."
„Warum hast du> eS nicht früher ge
sagt?"
„Ich verrichtete mein Gebet und war
tete, bis ich-es vollendet hatte, um dich
von dem Falle zu unterrichten." ES
ist nicht möglich, mehr.... Muselmann
zu sein.
Als die Thatsache von andern Passa
gieren bestätigt wurde, ließ der Com
mandant umkehren und fand denn auch
nach einer Viertelstunde den Ertrunke
nen, dessen Turbane allein aus dem
Meere hervorragte. Er wurde an Bord
gezogen, woselbst de? Arzt nur seinen
Tod feststellen konnte. Man erkannte
ihn als einen Kranken von abstoßender
Unreinlichteit, der sich in's Meer ge
stürzt hatte, um einem vorgeschriebenen
Bade zu entgehen. Die muielmänni
schen Kranken geben' den Schiffsärzten
viel zu schaffen. So' entschloß sich ein
Araber nach einigen Tagen unsäglicher
Leibschmerzen infolge d» Bitten feiner
Freunde, endlich den Arzt in Anspruch
zu nehme».
„Ich habe seit einigen Tagen Leib
schmerzen," sagte er zum Doctor, „und
ich leide schrecklich."
Der Arzt sühlt ihm den Puls und
verlangt, seine Zunge zir sehen.
„Ich habe dir gesagt, daß ich Schmer
len im Leibe habe und nicht an der
Zunge."
„Das macht nichts, zeige mir deine
Zunge."
„Niemals." antwortete der starr
köpfige Muselmann, „ich habe «wchmer
>en im.Leibe und nicht an der Zunge;
>ch werde dir meinen' Leib zeigen,
über niemals meine Zunge, denn dies
ist unnütz, weil sie mir nicht weh' lbut."
Und der Kranke ist immer noch über
zeugt. daß er wohl gehandelt habe, fveil
der Arzt ihn geheilt habe, ohne seine
Zunge zu sehen. Und so ging eS die
zanze Reife über mit Zwischenfällen
fort. Dabei haben aber die Araber
eine Ricscngeduld, denn sie lassen sich
geduldig so eng wie Heringe in das
Schiff einpacken..
Im Londoner zoologi
schen Garten hat man jüngst wiederum
interessante Versuche angestellt über den
Einfluß, welchen verschiedene Musik
instrumente auf einzelne der ständigen
Bewohner des Gartens ausüben. Man
wählte die Bioline, Flöte, das Piccolo
und den schottischen Dudelsack als Ver
gnügungs- resp. Marterwerkzeuge. Die
„wissenschaftliche" Cimmission begab
sich zuerst zu dem jungen Orang-Utang,
Namens Jack; so gebührte es sich wohl
auch, denn infolge seiner nahen Ver
wandtschast' mit, dem Herrn der Schö
pfung war er, wie Reuters Frau Pa
storin, gewiß „der Nächste dazu". Jack
empsing die Commission mit der Würde
seiner Stelle im Thierreich. Hörle sich
die eisten Tön« der Bioline andächtig
an, allein ball» verkroch er sich mit al
len Anzeichen der Furcht in den Hinter
grund und wickelte seine Decke um sich
bis über die Ohren. Vielleicht aber
gefiel ihm auch nur das Stück nicht
das Programm ist bisher nicht veröf
fentlicht —; denn bald kam er wieder
an das Gitter des Käfigs und lauschte,
dir eine Hand ia die Seite gestemmt, mit
großem Ernste und Bedacht „genalt
s» wie unser Kapellmeister bei der ersterr
Gesammtprobe", meinte mehr offenher
zig als schmeichtlhast der auSsührende
Künstler. Die Flöte änderte nichts m
seinem Benehmen. Das Piccolo in
dessen trieb ihn in wilde Angst. Dan»
kam der Dudelsack und mit ihm zum
Erstaunen aller Anwesenden—sin Aus
bruch tollster Heiterkeit von. Seiten
Jack'S. Er sprang auf und ab,, warf
die Strohhalme empor und sing sie auf
und schoß einen Purzelbaum nach dem
andern, ein Benehmen, wofür ihm
Schottland ewig dankbar sein sollte.'
Ist eS doch nunmehr bewiesen, daß außer
dem Schotte» noch ein Gespops aus die
ser Erde Vergnügen und Musik in
seinem National-Jnstrument entdecken
kann. Man operirte mit ziemlich glei
chen Erfolgen später an dem musikali
schen Gehör eines Königstigers. Die
Töne der Violine, welche ihn aus sei
nem VormittagSschläschen weckten, ent
lockten MietzenS ausgewachsenem Better
ein behagliches Schnurren. Wie beim
Orang-Utang war die Wirkung der
Flöte dieselbe wie diejenige der Violine
und ebenso trieb den Tiger das Pic:ol»
einfach zur Raserei. Er sprang zegen
die Wände, gegen das Gitter, heulte
und peitschte wüthend die Flanken mit
seinem Schwänze. Den schottischen
Dudelsack probirte an ihm die Com
mission nach einiger Ueberlegung aller
dings nicht, vielleicht aus Rücksicht auf
die Gesühlc beider Parteien.