Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, September 23, 1892, Page 7, Image 7

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    D««tsche Loealnachrtchtea»
Provinz Brandenburg.
Eine muthige That vollbrachte un
längst Dr. ms 6. Schuchardt in Pritz
walk. Von der Brücke am Bürgerplatz
war ein zweijähriges Kmd, Sohn des
Dachdeckers Häske in der Nachtkoppel
straße, in die Dömnitz gefallen. Dr.
Schuchardt, welcher gerade dazukam,
zog sofort seinen Rock aus, sprang in
das Wasser und holte das Kind heraus.
Auf einem See bei Hohenfelchow
unternahmen dieser Tage vier Knaben
in einem Boot eine Spazierfahrt. Beim
Schaukeln kippte das Boot um und die
jugendlichen Insassen sielen ins Wasser.
Obgleich bald Hilfe herbeikam, gelang
«s doch nur, einen der Knaben zu ret
ten; die übrigen drei tonnten nur als
Leichen aus dem Wasser gezogen wer
den. Bei dem unlängst abgehaltenen
Uebungsmarsch des Ulanenregiments in
Züllichau widerfuhr einem Unteroffizier
ein seltener Unsall. Sein Pferd trat
nämlich beim Tränken in ein Wespen
nest, dessen dadurch aufgestörte Insassen
sofort über die Pserde und die bei ihnen
beschäftigten Mannschaften herfielen;
ein Unteroffizier wurde derartig zuge
richtet, daß er in's hiesige Garnisons
lazareth ausgenommen werde« mußte.
ProvinzO st Preußen.
Durch einen Schuß in die Stirn
machte der Oberinspeetor Härder auf
Gut Kowahleu seinem Leben ein Ende.
Beim Baden ertrunken ist die 13-
jähriae Tochter des Kasernen-Jnspec
tors Schmidt in Lyk. —ln dem Dorse
Glinde wüthete eine gewaltige FeuerS
brunst, wodurch nach bisheriger Mel
dung etwa sünszehn Gehöfte zerstört
wurden.
Provinz Westpreußen.
Gastwirth Sch. in Zeyer besitzt ein
Kind, welches eine siii sein Alter äußerst
seltene Krast besitzt. Der Knabe, der
erst drei Jahre alt ist, hebt bequem
einen halben Centner von der Erde.
Vor einiger Zeit verschwand der drei
zehnjährige Sohn eine- Besitzers in
Sampol. Jetzt, beim Mähen des Rog
gens, fanden Leute die Leiche im Rog
gen liege». Wie man annimmt, soll
der Vater sein eigenes Kind ermordet
haben. Der Knabe besaß nämlich ein
Muttererbtheil von 1500 Mark, wel
ches nach dem Tode des Knaben dem
Vater desselben zusiel. Ter Posthilfs
bote Juni in Schinkenberg ist wegen
Unterschlagung «mtlicher Gelder ver
haftet worden. I. hat ihm zur Ein
zahlung und Auszahlung übergebene
PostanweisnngSbeträge nach Fälschung
des EinlieserungsscheineS bezw. der Un
terschrift in vier Fällen unterschlagen.
In Schloppe ist Bürgermeister Köh
ler seines Amtes enthoben worden.
Wie man hört, schwebt gegen denselben
das DiSciplinarversahren. Durch
eine» Waldbrand sind in der Herzoglich
Grabian Forst etwa hundert Morgen
alten Bestandes vernichtet worden. Erst
Abtheilungen des Jnsantcrieregiments
No. 21 gelang es. dem verheerenden
Elemente Einhalt zu thun.
Provinz Pommern.
Im Januar 1891 entzog sich der in
Stettin am Königsp.'atz 19 wohnhafte
Friseur Hermtmn Schmidt, nach Bee
ndung von Betrügereien, seiner Ver
hastung durch die Flucht nach England.
Jetzt ist Schmidt dort verhastet, hierher
zurückgebracht und in Untersuchungshast
genommen worden. —ln Grimmen
feierte der Zicgcieibcsitzer G. Meyer mit
seiner Ehefrau das Fest der goldenen
Hochzeit.. — In Linde brach Nachts
Feuer aus, welches bei der jetzigen
Trockenheit so schnell um sich griff, daß
in etwa einer Stunde It> Gebäude in
Asche lagen. —Das Verschwinden des
Schuhmacher-Meisters Gr. von in
Stargard macht in den betheiligten
Kreisen nicht geringes Aussehen. Der
Betreffende hinterläßt, dem Vernehmen
nach, eine Schuldenlast von über 25,000
Mark.
Provinz S ch leswi g-Hol
st ein.
Die Fernsprechleitung Schleswig-
Flcnsbiirg-Eckcrnfördc-Kiel wurde am
1. August in Betrieb gesetzt. Großes
Aussehen erregt die Verhaftung des
PolizciwachtmeistcrZ Hossmann in
Flensburg. In Heiligenhasen plant
man die Vertiefung des Hafens auf 15
Fuß. Die Stadtvertretung erklärte
sich damit einverstanden, wenn zu den
Kosten, die auf 123,000 Mk. resp.
151,000 Mk. veranschlagt werden, der
Kreis einen Zuschuß von etwa 30,000
Mk. und die Regierung ebenfalls einen
namhaften Zuschuß gibt. Die Hasen
vertiesung hängt jedenfalls mit der
Verlängerung der Kreis Oldenburger
Eisenbahn von Oldenburg bis nach
Heiligenhasen und daran schließenden
Tampfschiffsahrtsverbinduiig zwischen
Hciligeubasen und Bargenstacken a. F.
zusammen. Die Schwestern des am
26. April in Hamburg verstorbenen
Consuls Brumm haben der Stadtge
meinde Wandsbek eine' Summe von
10.000 Ml. zu wohlthätigen Zwecken
geschenkt.
Provinz Schlesien.
Der Volontair Julius Schubert von
Breslau ist in Begleitung der 23 Jahre
alten Gertrud Weiß. geb. Schipte, nach
einer Unterschlagung von 15,000 Mk.
flüchtig geworden. Selten hat Vol
kcnhain in ihren Mauern an einem
Tage fo viel Gäste vereinigt gesehen,
als bei Abhaltung des 12. Gesangs
sestes des niederschlesischen Sängerbun
des. Ueberall begegnete das Ange
frischem Waldcsgrün; zahlreiche Ehren
psorten mit Fahnenschmuck, Blumen
gewinde uud Flaggenmasten waren aus
allen Straßen errichtet und herzliche
Säugerspriichc begrüßten die ankom
menden Gaste. Ten Haupteingang
zur Stad! zierten zwei hohe, in imitir
iem Sandstcingrou aus's
Prächtigste deeorirte Obelisken. Ein
biederer Landmann in Goldberg hatte
jeinen Nochbar vor dem Schöffenge»
richte angeklagt, sein Vieh behext und
das Wasser seines Brunnens vergiftet
zu haben. Ihm wurde jedoch klar ge
macht, daß man in unserem Jahrhun
dert der Hexerei keinen Glauben mehr
schenkt, und wurde der biedere Land
mann deshalb mit seiner Klage kosten
pflichtig abgewiesen. Durch Erschie
ßen machte in einem Anfall von Schwer
muth der Landgerichtsrath und Haupt
mann a. D. Welthusen in Hirschberg
seinem Leben ein Ende. Seinen
schweren inneren Verletzungen erlegen
ist der Hauptmann Wager vom Feld
artillerie-Regiment von Clausewitz aus
Neisse, welcher beim Hürdenreiten in
Lamsdors verunglüt ist. Der Wacht
meister Czok in Ludgierzowitz hat eine
KindeSmörderin ermittelt. Das eine
Kind war in einer Kammer, das andere
im Düngerhaufen begraben. Bon dem
ersteren wurde nur noch das Skelett ge
funden, da es wahrscheinlich schon vor
zwei Jahren ermordet worden ist; das
zweite war ndch nicht verwest.
Provinz Sachsen.
Der Student der Medizin Pietrusky
in Halle a. S. erhielt ein Jahr Fe
stungshaft wegen Zweikampfes mit dem
Lieutenant de Nimes, wobei ersterer
einen Streifschuß an der Htiste, letzterer
einen Schuß in den Oberschenkel erhal
ten hatte. —Ter Oberstlieutenant a. D.
v. Lochau, welcher im Bankgeschäft von
Knlisch, Kämpf ck Co. in Halle Ge
schäfte erledigte, siel in jenem Geschäfts
lokale »in und verstarb bald darauf.
Ein Herzschlag hatte, wie der hinzu
gezogene Arzt konstatirte, seinem Leben
ein schnelles Ende gemacht.
Provinz Hannover.
Etwa 3000 Morgen Waldbestand
(Föhren) wurden dnrch einen Wald
brand vernichtet, der an der neuen
Feldeisenbahn bei Hermannsburg nach
Oberrohn zu ausbrach. Es wurden
die Mannschaften des Eiienbahnregi
ments zur Löschung kommandirt. Zwei
Soldaten haben erhebliche Verletzungen
erlitten. Im Goslar, braunschweig
preußischenCommunionbergwerk„Ram-
melSberg" ist eine reiche Erzader mit
30 pEt. Kupfer und 10 pCt. Silber
angeschlagen worden. In Hausbruch
entstand, bei dem im Hotel „Zur Hacke"
auf der Wiese abgehaltenen Säugcrsest
an welchem 35 Vereine Theil nahmen,
eine allgemeine furchtbare Schlägerei
unter Betrunkenen und Sängern, wo
bei ein Zelt vollständig zerstört wurde
und viele Personen schwere Verletzun
gen erlitten. Verstärkte Gendarmerie
stellte endlich die Ruhe wieder her und
verbaftete eine Anzahl der Ruhestörer.
Die Handelskammer hat einen Aus
schuß eingesetzt, der den Plan eines
Stichkanals von Hannover oder Lehrte
nach Hildesheim betreiben soll. Die
Kosten des Stichkanals Hannover-
Hildesheim belausen sich aus 6 7
Millionen Mark. Ein schwerer Un
glücksfall ereignete sich aus der Hartogh'-
fchen chemischen Fabrik in Tostedt. Der
Chemiker der Fabrik, Dr. Forcll, stieg
in ein sechs Fuß tieses Bassin hinab,
in dem Naphta ausbewahrt wird, und
kam nicht wieder zum Vorschein, da er
durch die in dem Bafsin befindlichen
Gase erstickt wurde.
Provinz Westfalen.
Im Regierungsbezirk Arnsberg feh
len z. Z. 172 Lehrer. Angesichts dieser
Zahlen ist es zu verwundern, daß man
in Hilchenbach 7 Zöglinge hat durch
fallen lassen. Von einer schweren
Betriebsstörung wurde die Zeche „Rin>
geltande" in Annen selbst getroffen,
indem auf der vierten Sohle Wasser
mengen in solcher Stärke durchbrachen,
daß dieselben zunächst nicht bewältigt
werden können. —Tos Schachtgebäude
und die Kohlenwäsche des Schachtes
„Wilhelm" der Zeche Pluto bei Wanne
sind ein Rauv der Flammen geworden.
Auch das BerladungSgebäude wurde
ergriffen und in Asche gelegt. Tie
Kohlenförderung wird für einige Zeit
ruhen müssen. Es wird zweiselhast
sein, ob die 800—900 Mann zählende
Belegschaft aus den umliegenden Zechen
sämmtlich beschäftigt werden kann.
Ter Besitzer einer Herdsabrik, Steunes
in Hamm, nahm in der freien Lippe
ein Bad. Er kehrte indeß nicht wieder
zurück; es mußte daher angenommen
werden, daß St. von einem lähmenden
Anfall betroffen worden und unbeachtet
gesunken sei. Seine Leiche iaud man
Abends etwa zwei Steinwurs oberhalb
der Badeanstalt. Ein Isjähriger
Knabe hatte aus Warburg für feine in
Liebenau wohnende kranke Mutter Arz
nei geholt und fuhr mit dem Nachmit
tagszug nach Hause zurück, verschlief
jedoch die Endstation Liebenau. Als
er bald daraus erwachte, sprang er aus
dem mit voller Geschwindigkeit dahin
brausenden Zuge und brach das Genick.
, Für den langjährigen Landtags-
Abgeordnelen des Wahlkreises Bochum-
Dortmund, Hrn. Louis Berger, beab
sichtigt man in Witten ein Tenkmal zu
setzen. Ein vorbereitendes Comite ist
bereits begründet.
Rheinprovinz.
Die Ruhmeszcichen des Kolner
Männerquarietts. drei prachtvolle sil
berne Becher, sowie 19 von ihm ersun
gene Medaillen, serner die Spitze des
Bereinsbanners sind gestohlen worden.
Tie gestohlenen Sachen waren in einem
Schrank in dem Vereinszimmer des
Männerquartetis in der Restauration
„Im Holz" untergebracht. 112 Rudolf
Ibach, Inhaber der Pianoforte-Fabrik
Rudolf Ibach Sohn in Barmen und
Schwelm. — Ein bei der Bahn an
gestellter Maschinenwärter in Türen er
schoß sich auS Eifersucht darüber, daß
seine Frau mit einem andern Manne
am Sonntag die Anna-Kirmeß besucht
hatte. In dem Kohlenlager der
Centrale der Trarbach-Trabcner Be
leuchtungs - Gesellschaft entstand ein
Brand, dem die gefammten Kohlen
vorräthe, ein daneben liegendes großes
Bauholzlager und die ausgedehnten
Bureauräume der Gesellschaft zum
Opfer sielen. Kessel- und Maschinen-
Haus konnten nur mit größter Mühl
gerettet werden. Die Stadtverord
neten-Versammlung in Trier hat die
lUeberlassung des Kaushaussaales zur
Lutherfestspiel-Aufführung verweigert.
Die Hetzrede de-Z Rechtsanwalts Müller
und die Hetzartikel der „Landeszeitung",
die vor Kurzem schrieb, man dürse den
Katholiken Trier s nicht zumuthen, sich
in ihrem Eigenthum beschimpfen zu
lassen, haben also ihre Schuldigkeit ge
than und das Vaterland ist wieder ein
mal gerettet. In Wesel feierte der
Faßbindermeistcr Dietrich Grafen sein
25jähriges Dienstjubiläum in der
Firma Christian Bettger 6 Co., wel
ches seitens der Firma festlich begangen
wurde.
Königreich Sachsen.
Mit anerkennenSwerther Zähigkeit
hält die Fischerinnung in Leipzig an
ihrem mehr als anberthalbhundertjäh
rigen Gebrauche fest, alljährlich mit der
ihr verliehenen königlichen Fahne einen
Umzug durch die Stadt zu halten, dem
ein Waisertournier folgt. Dem Schau
spiel wohnten wieder wohl an 20,000
Menschen bei; die Wasserpantoniime
behandelte das Vorkommniß im „Caie
Bauer" mit dem französischen General
konsul! —Ter Laternenanzünder Netzold
in Mittweida kam Abends spät nach
Hause und machte, da er keinen Haus
schlüssel hatte, tüchtigen Lärm, um
Einlaß zu erhalten. Als sein Haus-
Wirth Schlcnzig, ein ruhiger und allge
mein beliebter Mann, die Thür öffnete
und ihn wegen seines riihestörenden
Benehmens zur Rede stellte, biß der
Unmensch dem Schlcnzig in die Hand
und ließ erst wieder los, als die hinzu
gekommenen Personen dem Wüthenden
die Gurgel und Nase zuhielten. Leider
verschlimmerte sich der Zustand der
Hand, Blutvergistung trat ein uud er
verstarb. Netzold wurde verhastet.
Bergarbeiter Brückner in OelSnitz wurde
verhaftet, weil er feine Frau stark miß
handelt und ihr mehrere Messerstiche
beigebracht hatte, resp, sie umbringen
wollte. Am nächsten Morgen fand
man ihn in feiner Zelle erhängt vor.
Einen Beweis van Unerschrockenheit
und Umsich! bewies in Schandau der
Schulknabe Pöuicke, dessen jüngerer
Bruder, mit dem er gemeinschaftlich Hei
delbeeren suchte, plötzlich von einer
Kreuzotter gebissen wurde. Ter ältere
Knabs besann sich nicht lange, riß dem
Kleinen Schuh und Strumpf herunter
und sog das Gift aus der Wunde.
Nach diesem unterband er mit einem
Bindfaden den gefährdeten Theil des
Beines, welches bereits Anschwellungen
zeigte. Beängstigt dadurch, eilte der
Knabe zu einem nahe beschäftigten Ar
beiter, lieh sich dessen Taschenmesser
und schnitt in die Wunde. Dadurch
gelang es, das Blut auszudrücken und
mit Erfolg zu saugen; erst dann bockte
er den Bruder au? und eilte der Stadt
zu. Unterwegs unterließ er es nicht,
daß der Gebissene einen Schnaps zu sich
nehmen mußte. Heimgekommen, tonnte
der Arzt mit Freuden feststellen, daß
der wackere Bruder bereit- so viel gelei
stet hatte, daß er den Kleinen außer
Gefahr erklärte. Naturgeschichtsstun
den hatten den größeren Knaben über
die geeigneten Mittel belehrt, welche
man zunächst bei Schlangendiß anwen
den muß. Ein Bettler kam inßebes
grun in ein Haus, um anzusprechen.
Als er aber hier eine alte kranke Frau
bemerkte, die schon Jahre lang das
Bett hüte» mußte, griff er in seine
Tasche, überreichte derfelben ein Zwei
markstück uud sprach: „Liebe, Frau, ich
sehe, daß ihr das Geld viel nöthiger
braucht als ich; kaust Euch eine tleine
Erguickung hierfür!" Ohne den Tank
der Beschenkten abzuwarten, war der
Geber verschwunden. „Hoch klingst du,
Lied vom braven Mann!" Von dem
GemeindevorstandHofmann in Werms
dorf, der angeblich als Leiche aus der
Elbe gezogen worden sein sollte, hat
man noch immer keine Spur. Die von
dem Verschwundenen verübten Unter
schlagungen sind durch seine Frau ge
deckt werden. Der frühere Gastwirth
Meier aus Niederhohndorf überfiel seine
Frau, brachte ihr mehrere Stiche im
Unterleibs, am Arme und am Oberkör
per bei. worauf er hinter die Scheune
lief und aus einem Revolver 2 Schüsse
gegen seinen Kopf abfeuerte. Die
Schüsse trafen in den Mund und
Schläse und sührten den sosortigen
Tod Meier's herbei. Die schwerver
wundele Frau wurde in das Kreiskran
kenstift in Zwickau überführt.
Thüringische Staaten.
Das Staatsministerium hat die Aus
weisung des früheren Rectors und jetzi
gen sicialdeinokratischen Agitators Vehr
in Gera verfügt. Für das Wilhelm
Tschirch-Denkmal in Gera sind bis jetzt
rund 2000 Mark eingegangen.
Hessen-Darmstadt.
I« Darinstadt beging der Wirkliche
Geheimrath Obereonjistorialpräsident
Dr. Goldmann sein 50jähriges Doetor-
Jubiläum. —Der Musiker Lunkcnhei
mer in Büdesheim hat sich heimlich ent
fern! nnd Frau und vier Kinder im
tiessten Elend sitzen lassen. —Die hessi
sche Demokratie bat einen ihrer treuesten
Angehörigen durch den Tod verloren,
und zwar den Brauerei-Director Joseph
Dofflein in Aachen. Zum WeltauS
stellungs-Spediteur in Chicago ist laut
Vertrag des Reichs - Commissars die
Rheinische Transport - Gesellschaft W.
Egan Co. in Mainz ernannt wor
den.—Ter frühere Redacteur des social
demokratischen „Offenb. Abendblattes",
Max Jahn, ist flüchtig und wird von
der Staatsanwaltichast wegen Unter
schlagung steckbrieflich verfolgt. Das
in Schotten abgehaltene 13. Kirchen
gefangsest des evangel. Kirchengcsang
vereins sür Hessen nahm in allen Thei
len einen glänzenden Verlaus. Ter
Kaufmann Moder in Worms ist ein
ruinirter, bedauernswerther Mann.
Er hat durch die Benzin-Explosion in
seinem Hause und den dadurch entstan
denen Brand fast Alle« verloren. Eine
Entschädigung wird ihm von Seiten
der Versicherungsgesellschaft nicht be
willigt. Seine Frau wurde unter gro
ßer Betheiligung seitens der Bürger
schaft beerdigt. Das Kind derselben
befindet sich noch im städtischen Kran
kenhause und soll vollständig erblindet
sein.
Königreich Bayern.
In Erlangen wurde das Testament
des vor füns Monaten verstorbenen
Kommerzienrathes G. v. Loewenich er
öffnet. Erbe des gefammten aus baye
rischen Staatspapieren bestehenden
Mobilarvermögens ist der Stadtmagi
strat Erlangen, welcher die Zinsen zu
wohlthätigen Zwecken verwenden soll.
Der Leichnam des seit acht Tagen
vermißten 14jährigen PackerlehrlingS
Neder in Fürth ist in der Pegnitz ge
sunden worden. Der Vater und ein
Bruder des Knaben hatten im Borjahre
ebenfalls den Tod durch Ertrinken ge
funden, indem nach voranSgcgaiigencm
Wortwechsel zwischen Beiden der Bruder
aus dem elterlichen Hause lief und in
die Pegnitz sprang, und der Vater der
ihn retten wollte, nachstürzte, wobei
Beide ihr Leben verloren. Die Be
zirksgewerbc - Ausstellung der Städte
Ingolstadt, Abensberg, Pfaffenhofen,
Schrobenhausen, Aichach, Neuburg,
wurde durch Bürgermeister Dolch feier
lich eröffnet. — In Kitzingen wurde ein
Mann in Frauentleidern aufgegriffen,
welcher zuerst glauben machen wollte,
daß er ein Mädchen Namens Frantotti
und 17 Jahre alt sei; später gestand
er aber, daß er August Lirnert heiße,
It> Jahre alt und von Nürnberg sei.
Derselbe sitzt einstweilen hinter Schloß
und Riegel.—Der Kooperator Scheicher
in LeugmoS wurde von der Kirche aus
arretirt; Verhaftung und Ablie
ferung nach München erfolgte wegen
Sittlichkeitsverbrechen, begangen in der
Tölzer Gegend. Das Deficit in der
Stadtkajfe in Lohr beläuft sich auf
40,000 Mk., von denen 33,000 Mk.
wirklich unterschlagen sind; der Rest
sind inzwischen angewachsene Zinsen.—
Ein eigenartiges Legat hat die in
Würzburg verstorbene Frau Bezirks
arztswittwe Tr. Kubach hinterlassen.
Tie Tame, zeitlebens eine fleißige
Theaterbesucherin. hat nämlich einige
! tausend Mark dazu bestimmt, daß deren
Zinsen alljährlich bedürftigen Mitglie
dern des Stadttheaters zugewiesen wer
den sollen.
Königreich Württemberg.
Tem Kunst- und Handelsgärtner
Schmid von Aalen sind aus der großen,
ifielkcuausstellung in Wien 3 Preise
zuerkannt worden. Sein Nelkenflor
umfaßt 250 edle Sorten. Küfer
meister Oesterle in Bermaringen, wel
cher aus einem Fenster seines Hauses
herabstürzt, ist seinen Verletzungen er
legen. Tem Schullchrer Kölze in
Heilbronn wurde vom Preisgericht der
Pädagog. Gesellfchast zu Leipzig für
einen Aufsatz über „Pädagog. Patho
logie in der Erziehungswissenschaft des
19. Jahrhunderts" der Preis von 300
M. zuerkannt. Der verstorbene
Kaufmann Fr. Jnng hat der Stadt
gemeinde Mengen ein Kapital von
1300 Mark als Stiftung zugewendet.
Hofkellncrmeister Knoll in Oehrin
gen feierte im engeren Familienkreise
sein t'Ojähriges Dienstiubiläuin.
In Seitingen feierten Joh. Schmidt,
Hafner, und Audr. Hauser, Altunter
»lüller, ihre goldene Hochzeit. In
Sontheim OA. Heilbronu scierte der
Gesangverein „Cäcilia" sein 50jährigeS
Jubiläum. Nur drei Mitglieder sind
noch am Lebe», die bei der Gründung
des Vereins betheiligt waren.
Groß Herzogthum Baden. -
Ter Landwirth Jacob von Ow fiel
oeim Garbenabladen vom Schcunenge
bälk herab und erlitt derartige Ver
letzungen am Hintertopsc, das; er bald
darauf starb. Der Stadt Pforzheim
wurden von Wittwe Joh. Kiehnle zur
Hebung der Industrie 25,000 Mark
vermacht. Die schon lang ersehnte
Kleinkinderschule in Pfullerworf wurde
endlich im Bsiiein des Gemcinderathcs,
des Ausschusses, des hiesigen Frauen
vereinS und zahlreicher Eltern eröffnet.
Ueber 9V« Kinder sind bereits ange
meldet. Ter 20jährige Sohn des
Hechlers Wilhelm Bohnert in Renchen
wurde durch die Gendarmerie verhaftet.
Terieibe hat »ich mehrfacher Verbrechen
gegen die Sittlichkeit schuldig gemacht.
s In Schliengen F. Joh. Basler,
im 92. Jahre. Der Steuererheber
Lorenz Huber in Vöhrenbach wurde
wegen Unterschlagung im Amte und
Betrug zu I Jahr 9 Monat Gefängniß
verurtheilt.
Elsaß-Lothringen.
Ein Schiller in Strasburg hatte sich
in der Schule in Folge der mangelhaf
ten Beschaffenheit einer Schulbank eine
schwere Verletzung zugezogen. Die
Klage der gesetzlichen Vertreter des
Knaben hatte den Erfolg, daß die zur
Unlerbaltung der Schule veA»flichlctc
Gemoinde zur Zahlung von 6000 Mk.
Schadenersatz verurtheilt wurde.
Der 23jährige Sohn des Wirthes Jung
in Burbach wurde letzthin von einer
Mücke in den Arm gestochen. Es trat
Blutvergiftung ein, so daß trotz ärzt
licher Hilfe der blühende Bursche zwei
Tage spater eine Leiche war. Der
Maurer Xaver Weckerle aus Eschbach,
welcher schon seit einigen Jahren von
feiner Krau getrennt lebt, schoß kürzlich
Abends drei Mal anf seine cwach enen
Stiefkinder. Eine Kugel drang durch
dle Kleider der 22 Jahre alten Tochter
und prallte auf der Korsettstange ab.
Zwei Schüsse gingen fehl. Wackerle
wurde verhaftet. Georg Bechinger
von jWeißcnburg, der vor einiger Zeit
feinem Vater eine Stichwunde b-i»
brachte, iinolge deren derselbe verstarb
erhielt I Jahr Gefängniß.
Mecklenburg.
Der verstorbene Rentier Gustav Gdtz
in Neubrandenburg hat sein ganzes
Vermögen der Wohlthätigkeit gewidmet.
Senator Hofft in Röbel feierte sein
25jähriges Amtsjubiläum. Asg«.
brannt sind in Mustin in Folge Spie
lenS der Kinder mit Streichhölzern vier
Kathen, wodurch acht Familien obdach
los geworden sind.
Oldenburg.
Das wichtigste Beweismittel gegen
zen Mörder der Christine Schröder in
Achternmeer ist jetzt herbeigeschafft wor
den. Die Gendarmerie fand das Mes
ser des verhasteten, die That leugnenden
Albers 500 Schritte von der Stelle ent
fernt, wo dem 'unglücklichen Mädchen
der tödtliche Stich in den Hals beige
bracht worden ist. Der Fiskus will
im Jadebusen bedeutende Schlengenar
beiten vornehmen lassen, um die großen
Ebbeströmlingen einzuengen und den
selben eine Richtung zu geben, welche
eineSchlickablageruug bei Wilhelmsha
ven verhindern soll. Es wird zu die
sem Behuse wahrscheinlich ein Schlen
genwerk von der Butjadinger Küste
nach den Oberahn'schen Feldern ange
legt werden. Die Insel Arngast dürfte
durch Schlengenanlage mit der Küste
von Dangast verbunden werden.
Anhalt. Braunschweig.
Lippe. Waldeck.
Schloßverwalter Everding in Bücke
burg beging fein 50jähriges Dienstju
biläum. Die Zahl der bis jetzt be
kannt gewordenen Trichinosissälle in
Cöthen und Umgegend beträgt 30 bis
40. Der Amtsvogt a. D. Detlos und
Frau in Gandersheim konnten die Feier
der Goldenen Hochzeit begehen. Der
Barbier Christian Mäller in Burgdorf
hat seinem Erben durch Erschießen ein
Ende gemacht.
O e st e r r e i ch.
Wien: Unter dem Verdachte des Be
trugs wurde der Privatier Zdenko
Reichsritter von Adlerseis verhaftet und
dem Landesgerichte eingeliefert. Ritter
von Adlerfels soll früher sehr vermö
gend gewesen sein, kämpfte seit langem
mit Geldsorgen. Privatlehrer K.
Altbauer stürzte aus einem Fenster sei
ner im dritten Stockwerk befindlichen
Wohnung in den Lichthof hinab und
war bis zur Ankunft der rasch herbei
geeilten Freiwilligen Rettungsgesell
schast bereits todt. Der hochange
schwollene Ezeromoszfluß riß die Brü
ten zwischen Wiznitz-Kutty und Wiz
nitz-Putilla fort. Die Wasscrwerie
nächst Czernowitz und der Stadttheil
Zaryuek sind unter Wasser, so daß das
verlassen der gefährdeten Häuser ver
fügt werden mußte. Taufende von
Saumstämmsn und Flöße wurden
aom Wasser sortgeführt. Nordtirol
;üstet sich ganz besonders auf's Eif
rigste, um die tirolische Abtheilung aus
zer Chicagoer Ausstellung zu einer eben
o würdigen als effektvollen zu gestalten.
Einzelne Hoteliers und andereGeschärtS
eute haben Beiträge von 30 bis 300
Kulden gezeichnet. In den letzten
llonaten wurden in Galizien zahlreiche
Verhaftungen von Studenten vorge
kommen, welche unter dem Verdachte
tehen, daß sie geheimen sozialistischen
vereinen angehören, die ihren Hauptsitz
in Kongreßpolen haben sollen. Die
Theilhaber des in Konkurs gerathenen
großen Erdwachsgeschästes in Borys
law, Israel und Jos. Liebermann,
wurden wegen Verbrechens des Betru
zes verhastet. In Salzburg fand
sie feierliche Eröffnung der Seilbahn
auf der Festung Hohensalzburg statt,
lieber die neue Anlage, die eine Sehens
würdigkeit ersten Ranges ist, herrscht
.'instimmiges Lob.
Z u de m k a th o l i sehen Psar--
eer in Bornheim (Frankfurt a. M.)
kam dieser Tage ein Bauer aus O. und
verlangte 500 Mark. Er brauche das
Geld, so sagte der Ankömmling, um
eine Versteigerung seines Hauses abzu
wenden. Als der Geistliche dem Mann
bedeutete, daß er selbst das Geld nicht
habe, wurde der Fordernde grob, schlug
mit der Faust auf den Tisch und er
klärte energisch: „Wenn ich bis um 5
Uhr Nachmittags das Geld nicht hab',
so werd' ich protestantisch!" Der Bauer
ging sodann weg. setzte -seine Wande
rung durch Frankfurt fort und begab
sich zu mehreren Bankdirectoren und
Wechselstuben - Inhabern. Zu einem
„Sensal", den er ebenfalls heimsuchte,
sagte er. wenn ihm die Franksurter
das Geld nicht geben würden, so
werde er sich an der Stadt „in
furchtbarer Weife rächen," indem er
sich in der Promenade umbringen
und dadurch der Stadtgemeinde Un
kosten verursachen wolle! Das nützte
ihm aber Alles nichts. Am andern
Morgen sand man ihn auf einer Bank
regungslos. Mit einer Stecknadel hatte
er ein Papier auf seinen Kittel gehef
tet, auf dem zu lesen ivar: „Ich, der
Christian Sch. aus O. Hab in dem
raifche Fiankfort luinbige 500 Mark
gesucht und konnts bei dem raische 'Volk
iiet sinne, se h«n mich daderdorsch in
den Tod gctribbe, en arme Famillie
vatter. Su e Schand vor dess rai'che
Frantsort. Lumbezeig sein se. nicks
alls Lumbezeig. Deß segt der ster
bende Sch. aus O." Der Mann war
aber nicht todt, als man näher zusah,
sprang er auf und rief: „Tunner
wetter mei Haus ! Alleweil komm ich
zu spät." Er eilte nun nach der Bahn,
erzählte Jedem sein Leid und versuchte
noch unterwegs von jedem ihm entge
genkommende». einigermaßen anständig
gekleideten Herrn die nöthigen 500
Mark zu leihen. AlSdann ha» ihn der
Berichterstatter «us dem Gerichtssaal
verloren.
Ter Gerichtshof in Tif
lis hat auf Befehl des Zaren den Prin
zen Alexander OrgulinSky - Tolgoron
koff wegen Falschmünzerei zum Verlust
feiner Titel und Würden, zur Konns
kation seiner Güter und zu vierjähriger
Zwangsarbeit in den sibirischen Minen
veriirthcilt. Ter ganze „hohe Adel"
Rußlands ist bestürzt, denn es ist das
irste Mal. daß der Zar einem so hoch
geborenen Verbrecher gegenüber die
ganze Strenge des Gesetzes walten ließ,
ohne daß die That mit der Politik etwas
i» thu» «>atte.
In Bromberg ist der
Theaterplatz durch einen neuen großen
Brand zu einem Ruinenplatze gewor
den. Im Hotel Royal, dem großen
vierstöckigen Gebäude an der Ecke des
Theaterplatzes und dtr Kasernenstraße,
war Feuer ausgebrochen; bald stand
das Gebäude in hellen Flammen.
Außer dem Hotel brannte auch das in
der Kasernenstraße anstoßende Haus.
Da in demselben Alles bei Ausbruch
des Brandes in tiefem Schlafe lag, 112«
hieß es zuerst, den Bewohnern der obe
ren Etagen Hilft zu leisten, die unmög
lich sich selbst retten konnten, da du
Treppen vom Feuer zuerst erfaßt wor
den waren. Mindestens eine halbe
Stunde konnte man. fo berichtet der
„Ostdeutsche Lokal-Anzeiger", an nichts
Anderes als an die RettungSarbeiten
denken. Herzzerreißend war das Ge
schrei der arg bedrohten Bewohner des
Hauses, das laute Schreien der Kinder
und Frauen. Mit Hängeleitern kam
man den aus den zahlreichen Fenstern
des Hauses um Hilfe Rufenden entge
gen. Mit eigener Lebensgefahr klet
terte Herr Schmul von der Kafernen
straßenseite her auf einer Häugeleiter
nach der obersten Etage hinauf, wo die
Frau von Kukowski mit ihrem Kinde
und dem Dienstmädchen Bertha
mon in Todesangst und Lebensgesahr
schwebten. Ohne das muthige Vordrin
gen des Hrn. Schmul wären die Frauen
dem Flammentod preisgegeben gewesen.
In der obersten Etage des Hauses,
unter dem Giebel besand sich auch der
Reisende Deutsch aus Breslau, ein
junger Mann von einigen zwanzig
Jahren. Die Flammen drohten den
Bedrängten schon zu fassen. In seiner
fürchterlichen Angst hatte der Mann alle
Besinnung verloren. Obwohl man
ihm mit Hängeleitern entgegenzukom
men sich anschickte, so wartete er die
Hilfe nicht mehr ab, sondern stürzte sich
zum Fenster hinaus. Er siel auf einen
neben dem Hause stehenden Rollwagen
und stürzte dann von diesem aus
das Pflaster des Platzes. Er hat
sich dabei schwere innerliche und
äußerliche Verletzungen zugezogen. Die
Guttentagsche Familie wurde mit Hilfe
von Hängeleitern und Reltungsjacke»
aus den Flammen herausgeholt. In
einem Zimmer des zweiten Stockes be
fanden sich sieben Personen; sie alle
wurden in Säcken aus den Flammen
geschafft. Auf diese Weise rettete man
die Frau Tschatch und ihre Kinder.
Ter Tischlermeister Kuuert, ein hoch in
den Sechzigern stehender Mann, ent
kam dem Flammentode auch nur mit
knapper Noth. Den Flammen in dem
Hotelgebäude Einhalt zu thun, erwies
sich zunächst als ein Ding der Unmög
lichkeit. Man mußte sich darauf be
schränken, die Nebengebäude vor den
Feuer zu schützen.
Der Absturz jener bei
den jungen Leute Stölzle und PodgorSki
auf der Raralp hat der Österreichischen
Touristen-Zeitung Gelegenheit zu einem
Artikel geliefert, welcher geradezu auf
muntert, recht halsbrecherische Aufsteige
zu wühlen. Anstatt Besonnenheit zu
predigen, findet die Touristen-Zeitung,
daß „der nämliche thatendurstige
Drang, der Helden und Forscher schafft,
die beiden Jünglinge zu ihrem kühnen
Thun hingeriffen habe, möge diese gol
dene Jugend immer neuen Nachwuchs
sindeni denn in den Tagen der Gesahr
könne das Vaterland auf solche Söhue
rechnen und bauen". Das Neue
Wiener Tageblatt findet, daß das Va
terland auf Söhne, die von der Raxalpe
oder sonstwo Herabsalien und todt blei
ben. nicht rechnen kann, sondern wohl
vorziehe» wird, wenn seine Söhne auf
weniger gefährlichen Wegen die Berge
besteigen und hübsch am Leben bleiben.
Die genannte Zeitschrift zitirt aus einer
„Untersuchung des Prosessors Dr. Heim
über den Tod durch Absturz" folgende
Stelle: „Wir sind zu dem Resultat ge
langt. daß der Tod durch Absturz sub
jektiv ein schöner Tod ist. Ohne vor
ausgegangene Krankheit erfolgt er bei
klarem Bewußtsein, bei gesteigerter
Sinnes- und Gedankcnthätigtcit, obne
Angst und ohne Pein. Unsere im Ge
birge todlgestürzten Frenndc haben im
letzten Momente ihre eigene Vergangen
heit in Verklärung geschaut. Sie ba
den der Ihrigen noch liebend gedacht,
sie waren schon erhaben über körperli
chen Schmerz, reine, große Gedanken,
himmlische Musik, das Gcsühl des Frie
dens und der Versöhnung beherrschte sie,
sie fielen in einen blauen und rosigen
Himmel hinein, so sanft, so weich, so
selig und dann war plötzlich Alles
still." Der Professor Heim, bemerkt
das Nene Wiener Tageblatt treffend,
scheint seine Uutersuchnng über den
Tod durch Absturz in einer sehr gepol
sterten Gegend angestellt zu haben.
Es gibt immer noch Ju
biläen. die nicht gefeiert werde». Daß
zugleich mit der vierten Jahrhundert
feier der Entdeckung Amerikas auch die
Jahrhundertfeier der Entdeckung der
Cigarre veranstaltet werden müsse, da
ran habe» merkwürdiger Weise nicht
einmal die leidenschastiichsten Rancher
gedacht. In Euba sah Columbus die
ersten Cigarren, in seinem Tagebuche
berichtet er darüber Folgendes : Zwei
meiner Freunde trasen viele Jndianer-
Manner und Frauen mit einer kleinen
angezündeten Wurzel im Munde, die
von einer Art Kraut herrührt, das die
Indianer Tabak nennen ; die India
ner athmen ihren Sitten gemäß den
Duft dieser Wurzel ein. Nach Europa
wurden die ersten Tabakp'lanzcn erst
im Jahre 1500 gebracht, ,'ud zwar
durch Nieot. der mit seinen inMrtirten
Glimmstengeln durch die Stri » von
Lissabon spazierte und gewaltiges Auf
sehen erregte. Immerhin aber bleibt
dem Entdecker Amerikas das Verdienst,
auch Entdecker der „angezündeten Wur
zel" zu sein. Vielleicht lassen sich einige
der zahlreichen Rauchtlubs durch diese
Zeilen bestimmen, noch in elfter Stunde
eine würdige Feier zur Erinnerung an
die Entdeckung der Cigarre zu veran
stalten.
Auch in ganz Nordita
lien hat während der letzten Wochen eine
fast unerträgliche Hitze geherrscht, bis
sich endlich am 21. August unter furcht
baren Gewittern der sehnlichst herbeige
wünschte Regen über die Lombardei
ergoß. Leider ist dabei durch Blitzschläge
in Mailand selbst und in den umlie
genden Städten und Dörfern großer
Schaden angerichtet worden. In gera
dezu entsetzlicher Weise suchte das Ge
witter die Gemeinde Cascina del Pero
heim, ein stattliches Dorf, das etwa 10
Kilometer von Mailand entfernt liegt,
an der großen Landstraße nach den»
Simplonpasse. In der Kirche des
Dorfes hatte früh 6 Uhr der Kaplan
Messe gelesen. Plötzlich brach das Ge
witter über dem Dorfe los. Einer der
ersten Blitzschläge traf den Kirchthurm.
Ein furchtbares Krachen, als ob die
Kirche in ihren Grundfesten wanke, be
täubte die Anwesenden. Kaum waren
sie aber wieder Herren ihrer selbst ge
worden, so stürzten sie unter wilden
Angstrufcn nach dem Ausgange und
flüchteten ins Freie. An der Kirchen
thür herrschte entsetzliches Gedränge..
Mehrere Frauen wurden halb todt ge
drückt und langten ohnmächtig im
Freien an. Als die beherzteren Männer
wieder einigermaßen zu Besinnung ge
langt waren, kehrten sie in die Kirche
zurück. Neben der Kommunionbank
lagen regungslos fünf Menschen
der Kaplan, der Messediener, eine Frau
und die beiden Brüder Cesare und
Carlo Macerna. Die ersteren drei
athmeten noch, die zwei letzteren aber
waren todt. Es währte nicht lange, so
erholte sich der Kaplan wieder vollstän
dig. wie er auch keine Brandwunde
oder sonst eine andere äußerliche Ver
letzung davongetragen hat. Der
Messediener dagegen, ein vierzehnjäh
riger Knab? und die neben ihm getrof
fene Frau sind arg verbrannt worden
und schweben in Lebensgefahr. Die
Kirche ist der heiligen Maria Elisabeth
geweiht. Sie ermangelt eines Blitzab
leiters.
Tem Blatte „TbeField"'
wird von Australien berichtet, daß dort
die Kaninchen, gezwungen durch die kli
matischen Verhaltnisse. Aenderungen in
ihren Lcbensgewohnheiten angenommen
haben und nicht selten, um Nahrung
zu finden, selbst an den Bäumen
hinaufsteigen. Ter Berichterstatter fand
wiederholt todte Kaninchen drei Meter
hoch in den Zweigen ein AtazienbuscheS
eingeklemmt, und Erkundigungen be
stätigten das öftere Vorkommen derar
tiger Funde. Er tonnte Spuren der
Kaninchen vier Meter hoch an der
Rinde von selbst mäßig starken Büschen
beobachten. Ter Trieb
wandelte das ursprünglich 1859 einge
sührtc englische Wildkaninchen in ein
Kletterthier um. Tegelmeycr legte in
einer Sitzung der Londoner Zoologi
schen Gesellfchast die Vorderläuser eines
derartigen Kaninchens vor. Dieselben
sind erheblich schlanker, als jene des
englischen Wildkaninchens, Heller gefärbt
und gefleckt, die Nägel schärfer und
dünner als bei der heimischen Art.
Andererseits verzichten die australischen
Kaninchen in manchen Gegenden auf
ihre Baue. Die Jungen lagern in
Nestern aus dem Boden, ohne das ge
ringste Obdach; an anderen Orten fin
den sich dagegen wieder regelrechte Baue.
Während der heißen Jahreszeit beobach
tete man Kaninchen an dein Rande
von Wasserlöchern, nur mit dem Kopse
aus dem Wasser hervorragend; bei
Wanderungen und Verfolgungen er
wiesen sich die Kaninchen als vortreff
liche Schwimmer, die selbst große
Strömezu übersetzen vermögen. Bielsach
bilden stark salzhaltige Pflanzen in ein
zelnen Landstrichen Australiens die
Hauptnahrung der Kaninchen; können
selbe nicht ihren Durst löschen, so fin
det der Reisende oft Tausende verendet,
die dann die Lust verpesten.
Wieder „Wiener All g.
Ztg." von Riga gemeldet wird, ist es
dem dortigen Polizeimeister gelungen,
die Gaunerbande, welche in Europa
unter pem Namen „Goldklub" schon
längst berüchtigt war, dingfest zu
machen. Man weiß, wie groß die An
zahl der in allen europäischen Ländern
durch die Manipulationen dieser weit,
verzweigten Gaunerbande geschädigten,
leichtgläubigen Reflektanten aus sibiri
schen und Ural-Goldsand ist. Die da
bei eingebüßten Summen belausen sich
bei der Ausdehnung, welche das inter
nationale Betrngs'piel gewonnen hat,,
nach oberflächlicher Berechnung minde
stcnS aus zwei 'Millionen Rubel. Seit
nahezu einem halben Jahre war der
Polizeimeister von Riga beflissen, die
Erhebungen nach allen Theilen des
russischen Reiches auszudehnen. Ob
wohl die Anzahl der in großen russi
schen Städten bcthciligten Komplizen
des verbrecherischen Handels eine sehr
ansehnliche ist, so hat doch Riga das
Haiiptkontingent der mcisigravirten
Verbrecher geliefert. Man wird stau
nen, zu vernehmen, daß die Mehrzahl
derselben sehr reiche Leute, theilweise
anch große Grundbesitzer sind. Tic
Strasc, die ihrer-wartet, wird auf niqt
weniger als aus zwanzigjährige Depor
tation nach Sibirien veranschlagt.
Wie ein Märchen aus ve»
gaiigenen Zeiten klingt die Meldung,
daß das französische Staatsoberhaupt
in Fontainebleau großen Empfang ge
halten und ein glänzendes Garlenicft
gcgcgeben hat. Rothe Sammetzelte
mit goldnen Franzen waren im Garten
aufgeschlagen und im Salon LouisXV.
fand die Cour statt: und doch saßen
nicht ein Königspaar und nicht ein
Kaiserpaar auf dem Throne, waren
weder Bourbons. noch Orleans, noch
Bonapartes die Wirthe. Im schwar
zen. bürgerlichen Frack empfing—Prä
sident Carnot seine vierhundert Gäste,
während Madame Earnot allerdings
dem Orte und seinen Erinnerungen
weitgehende Concessionen gcinacht hatte.
Die erste Dame Frankreichs erschien in
einer Toilette—Pompadour! 7